42
TERRY PRATCHETT & STEPHEN BRIGGS Die Scheibenwelt von A–Z

TERRY PRATCHETT & STEPHEN BRIGGS Die Scheibenwelt von A–Zmedia.hugendubel.de/shop/coverscans/560/5605602_LPROB.pdf · Terry Pratchett hingegen hat mehrfach darauf hingewiesen, dass

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

TERRY PRATCHETT & STEPHEN BRIGGS

Die Scheibenwelt von A–Z

Terry Pratchett, geboren 1948, ist einer der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart. Vonseinen Romanen wurden weltweit rund 45 Millionen Exemplare verkauft, seine Werkein 34 Sprachen übersetzt. Er lebt mit seiner Frau Lyn in der englischen Grafschaft Wilt-

shire.Informationen zu Terry Pratchett auch unter

www.pratchett-buecher.de und www.pratchett-fanclub.de

Terry Pratchett bei Goldmann und Manhattan

Die Romane von der bizarren Scheibenwelt:Voll im Bilde (42129) · Alles Sense! (42130) · Total verhext (42131) · Einfach göttlich(42132) · Lords und Ladies (44675) · Helle Barden (44873) · Rollende Steine (43049) ·Echt zauberhaft (43050) · Mummenschanz (45260) · Hohle Köpfe (45398) · Schweins-galopp (43779) · Fliegende Fetzen (45639) · Heiße Hüpfer (44232) · Ruhig Blut! (44233)Der fünfte Elefant (41658) · Die volle Wahrheit (45406) · Der Zeitdieb (45739) · DieNachtwächter (45941) · Maurice, der Kater. Ein Märchen von der Scheibenwelt (45513)Weiberregiment (46195) · Kleine freie Männer. Ein Märchen von der Scheibenwelt(46309) · Ein Hut voller Sterne. Ein Märchen von der Scheibenwelt (Manhattan HC,54608) · Klonk! (Manhattan HC, 54616) · Der Winterschmied. Ein Märchen von der

Scheibenwelt (Manhattan HC, 54619)

Zusammen mit Paul Kidby:Wahre Helden. Ein illustrierter Scheibenwelt-Roman (Manhattan HC, 54531) · Die

Kunst der Scheibenwelt. (Manhattan HC, 54612)

Zwei Scheibenwelt-Romane in einem Band:Voll im Bilde/Alles Sense. Zwei Scheibenwelt-Romane in einem Band (45068) · Totalverhext/Einfach göttlich. Zwei Scheibenwelt-Romane in einem Band (13334) · Lords

und Ladies/Helle Barden. Zwei Romane in einem Band (133939

Von der Scheibenwelt außerdem erschienen:Das Scheibenwelt-Album. Illustriert von Paul Kidby (44422) · Mort. Der Scheibenwelt-Comic. Illustriert von Graham Higgins (Manhattan HC, 54523)

Zusammen mit Stephen Briggs:Wachen! Wachen! Der Scheibenwelt-Comic. Illustriert von Graham Higgins (Manhat-tan HC, 54533) · Nanny Oggs Kochbuch. Mit Rezepten von Tina Hannan. Illustriertvon Paul Kidby (45050) · Die Straßen von Ankh-Morpork. Eine Scheibenwelt-Karte

(24719) · Die Scheibenwelt von A–Z (43263)

Dazu ist erschienen:Die gemeine Hauskatze. Illustriert von Gray Jolliffe (45557)

Außerdem sind Johnny-Maxwell-Romane von Terry Pratchett erschienen:Nur Du kannst die Menschheit retten (42633) · Nur Du kannst sie verstehen (42634)Nur Du hast den Schlüssel (43817) · Nur du kannst die Menschheit retten/Nur dukannst sie verstehen/Nur du hast den Schlüssel. Drei Romane in einem Band (13358)

Weitere Bücher von Terry Pratchett sind in Vorbereitung.

Terry Pratchett& Stephen Briggs

Die Scheibenweltvon A–Z

Neue, aktualisierte Ausgabe

Ins Deutsche übertragenvon Andreas Brandhorst

Die aktualisierte Originalausgabe erschien 2003unter dem Titel

»The New Discworld Companion«bei Victor Gollancz Ltd., London.

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das FSC-zertifizierte Papier München Super für Taschenbücher

aus dem Goldmann Verlag liefert Mochenwangen Papier.

7. AuflageVollständig aktualisierte Taschenbuchausgabe August 2007

Copyright © der aktualisierten Originalausgabe 2003by Terry and Lyn Pratchett and Stephen Briggs.

© der Illustrationen 2003 by Stephen Briggs.First published by Victor Gollancz Ltd., London.Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1996

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagillustration: Paul KidbyRedaktion: Tina HohlKC · Herstellung: Str.

Satz: Uhl+ Massopust, AalenDruck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in GermanyISBN 978-3-442-43263-9

www.goldmann-verlag.de

SGS-COC-1940

Inhalt

Wo bin ich? 7

Die Scheibenwelt von A–Z 13

Das Terry-Pratchett-Interview:Scheibenwelt Quo Vadis? 408

7

Wo bin ich?Fragt sich Stephen Briggs

Wenn ich über all die Jahre hinweg auf meine Einleitung der ersten Ausgabevon »Die Scheibenwelt von A–Z« zurückblicke, verblüfft es mich, wie viel in-zwischen geschehen ist.In meinem ursprünglichen Text hieß es: »Vor drei Jahren war ich ein Beamter,der sich aus Liebhaberei mit dem Laientheater beschäftigte. (Äh, ich bin esnoch immer.)« Na schön, in dieser Hinsicht hat sich nicht viel geändert, aberwoanders schon, und zwar eine ganze Menge.Wie viele von Ihnen wissen, bin ich gewissermaßen in die Scheibenwelt hinein-geplumpst, als hätte ich mich an eine morsche Tür in einer Mauer gelehnt undwäre plötzlich in einem magischen Reich voller Schnee, Faunen und gutmü-tigen Löwen gelandet. Es war zwar keine bewusste Entscheidung gewesen,aber jetzt bin ich froh, dass es mich dorthin verschlagen hat.Ich fand die Scheibenwelt bei der Suche nach Büchern, die wir für unserenTheaterklub dramatisieren konnten. Wir waren die Ersten – auf der ganzenWelt –, die aus Terry Pratchetts Büchern Theaterstücke machten. Als ich Terry1990 schrieb und um Erlaubnis bat, MacBest für die Bühne zu bearbeiten, warmir noch nicht klar, dass ich mit der Wahl dieses Buchs eine sehr wichtige Ent-scheidung getroffen hatte. Ich weiß noch, wie besorgt wir waren, als mich derAutor (Mr. Terry Pratchett) höchstpersönlich anrief und sagte, dass er kommenund sich das Stück ansehen wollte. Würde es ihm gefallen? Würde er uns erlau-ben, weitere Bücher von ihm als Vorlagen für Theaterstücke zu verwenden?MacBest lief so gut, dass wir elf weitere Scheibenweltromane auf die Bühnebrachten (und es sind noch mehr geplant). Neun Bühnenbearbeitungen sindinzwischen veröffentlicht (außerdem zwei weitere Pratchett-Stücke bei derOxford University Press) und von Amateur-Theaterklubs auf der ganzen Weltaufgeführt worden: von Australien bis nach Simbabwe, von Indonesien bis aufdie Bermudas, von Finnland bis nach Frankreich, von Südafrika bis in die USA.

8

Von den Tantiemen gingen über £40 000 an die Orang Utan Foundation.Wie dem auch sei, zurück ins Jahr 1992. Eines Tages, bei der Arbeit an mei-nem zweiten Scheibenweltstück, erwähnte ich Terry Pratchett gegenüber, dassich bei der Lektüre eine bildhafte Vorstellung von Ankh-Morpork gewonnenhätte. Das überraschte ihn – er meinte, er hätte Gebäude und Straßen einfachplanlos hinzugefügt, wann immer die Handlung es erforderte. Ich erwiderte,in dieser Welt wirke das alles durchaus folgerichtig; ich hielt es für möglich,dass man die Stadt kartieren konnte. Nur zu, meinte Terry Pratchett. Und dasführte zu Die Straßen von Ankh-Morpork, erschienen 1993, vermutlich dererste Stadtplan, der es auf eine Bestsellerliste schaffte.Die für dieses Projekt notwendigen Diskussionen und das endlose Suchennach Hinweisen in den Romantexten brachte mich auf die Idee, ein Scheiben-welt-Lexikon herauszubringen.Das war die Geburtsstunde von »Die Scheibenwelt von A–Z«.Seitdem ist meine eigene Veröffentlichungsliste immer weiter gewachsen undumfasst: drei Landkarten und Stadtpläne, Dramatisierungen von elf Terry-Pratchett-Büchern – MacBest, Gevatter Tod, Wachen! Wachen!, Helle Barden,Mummenschanz, Ruhig Blut!, Der fünfte Elefant, Die volle Wahrheit, Echtzauberhaft, Nur du kannst sie verstehen und Maurice, der Kater –, sechs Ka-lender, ein Kochbuch und einen Comic. Es ist schon seltsam, wenn Freundevon Auslandsreisen heimkehren und mir erzählen, dass sie die Karten in einemBuchladen in München gesehen haben, die Scheibenwelt von A–Z an einemfranzösischen Flughafen oder, was noch erstaunlicher ist, eins meiner Bühnen-stücke in einer Buchhandlung in Simbabwe.Noch seltsamer wird es, wenn ich ein Päckchen von Colin Smythe bekomme,Terrys und meinem Agenten, das Übersetzungen der oben genannten Titelenthält: das Kochbuch auf Deutsch, die Scheibenwelt von A–Z auf Franzö-sisch, einen Kalender auf Bulgarisch oder einen Stadtplan von Ankh-Morporkauf Polnisch.Vor einigen Jahren habe ich zwei Textzeilen für Dave Greenslades From theDiscworld-Album eingesprochen – noch so ein glücklicher Zufall, denn ich wareigentlich nur deshalb mit ins Studio gegangen, um als Tod verkleidet für Wer-befotos zu posieren. Jene beiden Zeilen (»Die Schildkröte bewegt sich« und»Die Schildkröte bewegt sich trotzdem«) führten dazu, dass ich seither siebenBände für Isis Publishing ungekürzt als Hörbücher aufgenommen habe. DieseAufgabe ist mit einer enormen Verantwortung verbunden. Es war nervenauf-reibend genug, den bisherigen Sprecher Nigel Planer ersetzen zu müssen, dersich großer Beliebtheit bei den Hörern der Kassetten und CDs erfreute, aberdarüber hinaus bin ich mir nur allzu bewusst, dass Terry und seine Familie zuden Ersten zählen, die Kopien der fertigen Aufzeichnung bekommen.

9

Inzwischen verkaufe ich – ebenfalls eigentlich nur per Zufall – Terrys Lesernin aller Welt eine Reihe von Scheibenwelt-Merchandiseartikeln. Angefangenhat alles mit einem Schal der Unsichtbaren Universität, aber dann wuchs dasAngebot immer mehr an und umfasst heute emaillierte Abzeichen, T-Shirts,Schlüsselringe, Geschirrtücher, Schürzen und noch vieles mehr.Bevor ich Terry kennen lernte, hatte ich weder eine E-Mail-Adresse nochZugang zum Internet, doch jetzt stecke ich voll im elektronischen Handel. Ichhabe eine eigene Website (www.cmotdibbler.com), und E-Mails haben dieKommunikation auf Papier zu neunzig Prozent ersetzt. Trotzdem habe ichzu Terrys Missfallen bei der Zusammenstellung der Scheibenwelt von A–Z dieguten alten Karteikarten verwendet.Die Scheibenwelt ist sehr gut zu mir gewesen, und ich weiß die wenigen Gele-genheiten zu schätzen, bei denen ich Terrys Lesern begegnen kann. Es ist wirk-lich seltsam, Leute mit den von mir entworfenen Abzeichen und T-Shirts zusehen oder zu beobachten, wie sie von mir entwickelte Kalender, Stadtpläneund Theaterstücke für ein Autogramm vorlegen. Das möchte ich um nichts aufder Welt missen.

Die neue Ausgabe

Bei der Erweiterung der Scheibenwelt von A–Z mussten wir wie Erster Ehelichervorgehen, der Totengräber vom Friedhof der Geringen Götter (siehe Die Nacht-wächter). Wir waren gezwungen, einige Leute vom Hauptfriedhof des Buches insBeinhaus meines Karteikastens zu bringen, um Platz für all die Neuen zu schaf-fen. Es gingen also einige Personen verloren, deren Zweck hauptsächlich darinbestand, einen Gag zu ermöglichen oder Rincewind eins auf die Rübe zu geben.Einige von ihnen sind geblieben – wir haben eine Schwäche für die Nebendarstel-ler auf der großen Bühne des Lebens. Ich habe auch die verschiedenen Scheiben-weltkalender berücksichtigt, denn sie enthalten gutes Hintergrundmaterial, undes wäre schade, es zusammen mit den kurzlebigen Kalendern verschwinden zulassen – wie der Flieder welken sie dahin, wenn das Jahr vorüber ist.Seit der letzten Ausgabe der Scheibenwelt von A–Z hat Terry Pratchett zahl-reiche neue Romane geschrieben. Außerdem hat er bei Nanny Oggs Kochbuch,drei Ausgaben der Science of Discworld (»Die Gelehrten der Scheibenwelt«,»Die Philosophen der Rundwelt« und »Darwin und die Götter der Scheiben-welt«) und sechs Scheibenweltkalendern mitgewirkt. Die Kalender bieten eineMenge zusätzliche Informationen über das Leben in Ankh-Morpork, unddie Recherchen haben mir viel Spaß gemacht. Sie fanden in Bibliotheken, imInternet und, in einem Fall, in einem sehr bekannten Internat statt.

10

Ein wichtiger Auszugaus der ersten Ausgabe

Wenn Sie dieses Buch gekauft, gestohlen oder geschenkt bekommen haben, sonehme ich an, dass Sie die Scheibenwelt bereits kennen. An dieser Stelle möchteder Verleger, dass ich von einem mächtigen Zauber namens Hier-kommt-die-Sache-mit-den-Ungereimtheiten Gebrauch mache.Nehmen wir Tolkien. Beim Lesen seiner Bücher merkt man schnell, dass derAutor diese Welt bis ins kleinste Detail durchgeplant hat. Man kann Landkar-ten von ihr zeichnen, Chroniken über sie schreiben und so über sie reden, alssei sie real, weil sie von Anfang an voll durchkonzipiert ist. Mittelerde scheintals Erstes dagewesen zu sein – die Bücher kamen später.Terry Pratchett hingegen hat mehrfach darauf hingewiesen, dass er gern Bü-cher schreibt, in denen er eine bestimmte Welt nur als Hintergrund benutzt.Das soll nicht heißen, dass er alles nur improvisiert hat, aber es ist deutlich zuerkennen, dass sich die Scheibenwelt den Geschichten anpasst, und im Laufeder Zeit hat sie sich… weiterentwickelt.Zum Beispiel Oma Wetterwachs. Zwar hat sich die Figur nicht im eigentli-chen Sinne verändert, aber jene Frau, die in Lords und Ladies die Elfenköniginherausfordert und sich praktisch um ein ganzes Königreich kümmert, erscheintmir reifer und komplexer als die Dorfhexe in Das Erbe des Zauberers, demersten Buch, in dem sie auftaucht. In Die Farben der Magie sind Trolle kaummehr als ganz normale Ungeheuer, doch in Das Licht der Phantasie wer den sierecht schnell gesprächig. In Helle Barden und Rollende Steine denken sie zwarnoch immer recht langsam, aber sie sind in der Lage, mit Messer und Gabelumzugehen – wenn auch nicht auf die herkömmliche Art und Weise.Dabei handelt es sich gewissermaßen um eine natürliche Evolution – und auchum schriftstellerische Freiheit. Der Autor meint, in den Scheibenwelt-Bücherngäbe es keine Widersprüche, nur alternative Vergangenheiten.Es gibt einige andere Schwierigkeiten, und die meisten von ihnen lassen sichleicht überwinden. Zum Beispiel die unterschiedliche Schreibweise von Na-men: Dafür ist die auf der Scheibenwelt recht freizügige Verwendung derRechtschreibung verantwortlich. Das ist nicht ungewöhnlich. Man nehme nurWilliam Shakespeare. Shakespear, Shakespere … wie auch immer.Gelegentlich wird die alte Sprache von Ankh-Morpork – das Latatianische – inschlechtes, holpriges Latein übersetzt. FABRICATI DIEM, PVNC gehört insgleiche Wörterbuch wie NIL ILLEGITIMI CARBORVNDVM. Erwarten Sienicht, dass dies der genauen Prüfung durch einen Latein-Professor standhält.Dieses Buch beschreibt eine Welt, die ganz am Rand der Realität existiert – von

11

dem aus man sehr gut unsere Art von Wirklichkeit betrachten kann. Die Ge-zeiten der Geschichte zerren ebenso an der Scheibenwelt wie die Kräfte narra-tiver Kausalität. Trotzdem scheint sie bemerkenswert stabil zu sein.Aber das alles ist Ihnen natürlich längst bekannt – es sei denn, Sie haben ausirgendeinem Grund noch keinen Scheibenweltroman gelesen und überfliegendiese Zeilen bloß, weil Sie in einem Buchladen darauf warten, dass der Regenaufhört. Wenn das der Fall sein sollte, so ist es noch nicht zu spät! Die bishererschienenen Scheibenweltgeschichten stehen wahrscheinlich gleich daneben.Nur zu… Versuchen Sie es mit einem Roman. Sie brauchen kein Fantasy-Fanzu sein – ich war keiner. Es sind einfach gute Bücher. Na los! Sie müssen ja nichtjeden Tag Geld fürs Mittagessen ausgeben.

ANMERKUNGKapitälchen weisen darauf hin, dass der betreffende Begriff in einem eigenenEintrag erklärt wird. Bei häufig auftauchenden Begriffen wie Ankh-Morporkoder Unsichtbare Universität bleibt eine Hervorhebung aus.Wenn sich der zu erläuternde Begriff nur auf ein oder zwei Bücher bezieht,werden die Titel am Schluss des Eintrags genannt.Dabei finden folgende Abkürzungen Verwendung:

Die Farben der Magie (The Colour of Magic) FMDas Licht der Phantasie (The Light Fantastic) LPDas Erbe des Zauberers (Equal Rites) EZGevatter Tod (Mort) GTDer Zauberhut (Sourcery) ZMacBest (Wyrd Sisters) MPyramiden (Pyramids) PWachen! Wachen! (Guards! Guards!) WWEric (Eric) EVoll im Bilde (Moving Pictures) VIBAlles Sense (Reaper Man) ASTotal verhext (Witches Abroad) TVEinfach göttlich (Small Gods) EGLord und Ladies (Lords and Ladies) LLHelle Barden (Men At Arms) HBRollende Steine (Soul Music) RSEcht zauberhaft (Interesting Times) EZHMummenschanz (Maskerade) MSHohle Köpfe (Feet of Clay) HKSchweinsgalopp (Hogfather) SG

12

Fliegende Fetzen (Jingo) FFHeiße Hüpfer (The Last Continent) HHRuhig Blut! (Carpe Jugulum) RBDer fünfte Elefant (The Fifth Elephant) FEDie volle Wahrheit (The Truth) VWDer Zeitdieb (Thief of Time) ZDMaurice, der Kater(The Amazing Maurice and His Educated Rodents) MKWahre Helden (The Last Hero) WHDie Nachtwächter (Night Watch) NWKleine freie Männer (The Wee Free Men) KFMDiscworld Map DMA Tourist’s Guide to Lancre TGLDeath’s Domain DDNanny Oggs Kochbuch (Nanny Ogg’s Cookbook) NOKScheibenweltkalender 1999(Unseen University Diary 1998) SK 1999Scheibenweltkalender 2000(City Watch Diary 1999) SK 2000Scheibenweltkalender 2001(Assassins’ Guild Diary 2000) SK 2001Scheibenweltkalender 2002(Fools’ Guild Diary 2001) SK 2002Scheibenweltkalender 2003(Thieves’ Guild Diary 2002) SK 2003Scheibenweltkalender 2004(Reformed Vampyres’ Diary 2003) SK 2004Die Gelehrten der Scheibenwelt(The Science of Discworld) GSWDie Philosophen der Rundwelt(The Science of Discworld 2) PRWThe Sea & Little Fishes (Kurzgeschichte) SLFTroll Dich (Troll Bridge*) TDGefährliche Possen (Theatre of Cruelty**) GP

* Diese Kurzgeschichte erschien in After the King. Eigentlich handelt es sich dabei nicht um eineScheibenwelt-Story, aber sie wurde auch in der ersten Ausgabe der »Scheibenwelt von A–Z«erwähnt und hat es verdient zu bleiben.

** Diese Kurzgeschichte erschien in W. H. Smith’s Bookcase und hat heute Sammlerwert.

Die Scheibenweltvon A bis Z

15

Abbys. Bischof. Prophet der omni-anischen Kirche; angeblich hat er denText des Buches Ossory direkt vomGroßen Gott Om empfangen. Vondiesem Mann ist nur wenig bekannt,abgesehen davon, dass er einen langenBart hatte, wie es sich für einen Pro-pheten gehört. Da wir gerade vonBärten sprechen… Bei den Ephebia-nern gibt es in diesem Zusammenhangein berühmtes Rätsel. Es lautet: DieMänner in dieser Stadt rasieren sichnicht selbst, sondern lassen sich vomFriseur rasieren. Wer rasiert den Fri-seur? Diese Worte wurden in einemAlmanach gedruckt, der bis nachLancre gelangte und einige Verwir-rung stiftete. Die Leute dort wusstennicht, was an einem derartigen Rätselso philosophisch sein sollte. Der Fri-seur in Lancre ist eine gewisse FrauDiakon, die sich zweimal in der Wo-che um Haare, Warzen und Zähnekümmert. [EG]

Abfluss. Obergefreiter der Wachevon Ankh-Morpork. Ein Wasserspei-

er mit großen, spitzen Ohren. Eineeinsame Seele, wie alle Wasserspeier,aber unglaublich gut beim Observie-ren.

Abraxas. Ephebianischer Philo-soph, auch Abraxas der Agnostikerund »Holzkohle« Abraxas genannt(weil er fünfzehnmal vom Blitz ge-troffen wurde – was darauf hindeu-tet, dass man als Agnostiker sehr wil-lensstark und auch dickschädlig seinmuss. Kurz vor dem fünfzehntenBlitz meinte Abraxas: »Die brauchensich keine Hoffnungen zu machen,dass ich an sie glaube, nur weil siemich ständig piesacken.«). Er schriebdas Buch Über die Religion und fanddie verlorene Stadt Iieeh. Wahr-scheinlich verlor er sie auch wieder.Man konnte ihn leicht am Geruch vonversengtem Haar erkennen. [EG]

Abrim. Großwesir von Al Khali.Ein großer, finsterer Zauberer mitdünnem Schnurrbart und einem Tur-ban, aus dem ein spitzer Hut heraus-

16

ragte. Einst verweigerte man ihmeinen Platz an der Unsichtbaren Uni-versität, angeblich aufgrund seinerLabilität. Diese Entscheidung ist um-so erstaunlicher, wenn man den geis-tigen Zustand der meisten Fakultäts-mitglieder berücksichtigt. Angetrie-ben vom Hut des Erzkanzlers zoger in eine magische Schlacht, die mitseiner Niederlage endete. »Traue niedem Großwesir« ist zu einem geflü-gelten Wort auf der Scheibenwelt ge-worden. Viele Abenteurer im Aurienthätten wesentlich länger überlebt,wenn ihnen diese Weisheit bekanntgewesen wäre. [Z]

Abt, der. Der 493. Abt der Ge-schichtsmönche ist ein alter Mann mitfaltigen Händen, als wir ihm im Zugeder Ereignisse von Einfach göttlichzum ersten Mal begegnen. In DerZeitdieb hat der arme Mann Prob-leme mit den Zähnen und Mühe beimGehen. Der Grund dafür ist, dass ermehrfach wiedergeboren wurde.Zwar ist er geistig um die 900 Jahre altund außerordentlich klug, aber er hatnie die Kunst des zirkulären Alternsgelernt (allgemein als »Unsterblich-keit« bekannt). Deshalb blieb ihmnichts anderes übrig, als sich auf her-kömmlichere Weise seine Langlebig-keit zu bewahren, nämlich durchwiederholte Reinkarnation. Der Abtwird immer wieder neu geboren, wo-bei ihm die Erinnerung an seinefrüheren Leben stets erhalten bleibt.In Der Zeitdieb ist er ein Baby, mussjedoch nicht mehr gestillt werden

(was unter den Umständen für alleBeteiligten ziemlich unangenehm wä-re), sondern begnügt sich mit einerunpeinlicheren Ernährung wie zumBeispiel Zwieback.Ein Akolyth trägt ihn in einer Schlin-ge auf dem Rücken durchs Kloster OiDong, und dabei hat er oft eine be-stickte Rotkäppchenmütze als Schutzvor der Kälte auf dem Kopf. SeineSprache wechselt zwischen den wei-sen Worten eines sehr alten Mannesund unverständlichem Gebrabbel,wenn der Babykörper die Regie über-nimmt. Er benutzt seine zahlreichenSpielzeuge als Waffen gegen aufsäs-sige Kollegen. So mancher Mönchwurde bereits von einem Gummiyak,einer hölzernen Giraffe oder einemgroßen Bauklotz aus den kleinenPatschhändchen des Abts getroffen.Da ihn diese Menschen kurz vorherherablassend behandelt und ihm Din-ge ins Ohr gebrüllt haben, nutzt ervielleicht seine Kleinkindphasen, umeinige offene Rechnungen zu beglei-chen.

Achatenes Reich. Hauptstadt:Hung hung. Wichtigster und einzigerHafen: Bes Pelargic. Bevölkerung:etwa 50 Millionen. Ein altes, listen-reiches und sehr, sehr reiches Landauf dem Gegengewicht-Konti-nent, wegen seiner Goldvorkommenauch Aurient genannt. Einst vomSonnenkaiser regiert, der von seinenUntertanen für einen Gott gehaltenwurde (also für jemanden, der eineneinfach so töten kann, ohne sich dafür

17

entschuldigen zu müssen). Nach denEreignissen von Echt zauberhaft warDschingis Cohen eine ZeitlangHerrscher des Achatenen Reichs. Dieachatene Architektur hat einen Hangzu gedrungenen Pyramiden. Das gan-ze Reich ist von einer etwa sechs Me-ter hohen Mauer umgeben, die auf derInnenseite ganz glatt und schmucklosist. In der schlechten alten Zeit pa-trouillierten darauf die OrdentlichenWächter und traten mit ihren äußerstschweren Stiefeln allen Neugierigenauf die Finger. Leitern und hohe Bäu-me wurden in der Nähe des Schutz-walls nicht geduldet.Es gibt nur einen Hafen, weil sichdas Reich auf die notwendigsten Kon-takte mit der Außenwelt beschränkt.Die Bürger des Achatenen Reicheshielten sich für besonders privilegier-te Sterbliche, und die Regierung woll-te, dass sie auch weiterhin davonüberzeugt waren. Aus diesem Grundförderte sie den Glauben, dass sichjenseits der Grenzen barbarisches, vonzahllosen Vampirgeistern bewohntesÖdland erstreckt. Außerhalb der Mau-ern das Landes hat jedoch noch nie-mand begriffen, worin die Vorteileder Regentschaft eines echten barba-rischen Eroberers bestehen sollen.

Achmed der Verrückte. Klatschia-nischer Nekromant, der die Magiehauptsächlich durch Ausprobierenerlernte. Autor des Nekrotelicom-nicon. Es heißt, er hätte es geschrie-ben, nachdem er tags zuvor zu vielvon dem sehr speziellen klatschia-

nischen Kaffee getrunken hatte (siehe:Essen und Trinken), der ein Über-maß an Nüchternheit bewirkt. Er ließsich gern Achmed-mit-den-Kopf-schmerzen nennen und schrieb nochein anderes Buch mit dem Titel Hu-morvolle Geschichten über Katzen.Angeblich verlor er dabei den Ver-stand. [VIB]

Acht. Eine Zahl mit enormer ok-kulter Bedeutung auf der Scheiben-welt. Rein theoretisch darf sie vonkeinem Zauberer laut ausgesprochenwerden, aber im Bereich der Unsicht-baren Universität scheinen damit kei-ne besonderen Gefahren verbundenzu sein. Außerdem kommen Zaube-rer auch anderenorts damit durch,ohne ernste Konsequenzen befürch-ten zu müssen. Allerdings: Außerhalbvon magisch geschützten Bereichenvermeidet es jeder vernünftige Zaube-rer, diese Zahl zu nennen. Das Prob-lem besteht darin, dass es kaum ver-nünftige Zauberer gibt. Viele Gene-rationen junger Zauberer haben vorAngst schaudernd die Worte gespro-chen: »Sag nie die Zahl zwischen sie-ben und neun. Darauf solltest du gutachtgeben, wenn du nicht bei leben-digem Leib gefressen werden willst«,ohne sich zu fragen, wie jene schreck-lichen okkulten Kräfte zwischen zweiSilben unterscheiden können, dienicht nur gleich klingen, sondern auchnoch gleich geschrieben werden. Wiedem auch sei: Der Klang des Worteslockt die Dinge aus den Kerkerdi-mensionen an, und außerdem han-

18

delt es sich um die Zahl von Bel-Shamharoth, einem von dort stam-menden Wesen, dem es gelang, sichseine Gestalt und Lebenskraft imDiesseits zu bewahren. Die Wocheauf der Scheibenwelt hat acht Tage,und ihr Spektrum hat acht Farben.[FM]

Agantia. Königin von Skund. Einevon den Figuren, die nur ab und zuauftauchen. Der Zwerg Casanundaist angeblich von Agantia zum Gra-fen ernannt worden, weil er ihr einenkleinen Dienst erwies. Aber da Skundzum größten Teil aus Wald bestehtund keine nennenswerte Bevölkerunghat, von einer königlichen Familieganz zu schweigen, muss diese Be-hauptung in historischer Hinsicht alsLüge bezeichnet werden. [LL]

Ahmed, 71-Stunden-. Prinz Cad-rams Polizist in Klatsch. Er hat beider Assassinengilde in Ankh-Mor-pork studiert und vertritt die Ansicht,dass einem nichts mehr etwas anha-ben kann, wenn man ein piekfeinesInternat überstanden hat.Ahmed ist ein dünner Mann unbe-kannten Alters und recht klein. Erschielt mit einem Auge, und sein Ge-sicht ist von einem Netz aus Narbenüberzogen. Seine Nase ist wie ein Ad-lerschnabel geformt. Er hat eine ArtVollbart, doch die Narben beeinträch-tigen das Wachstum, so dass die Bart-haare sonderbare Büschel bilden, diein seltsamen Winkeln aus der Hautragen. Dadurch sieht Ahmed aus, als

hätte er einen Igel in die Fresse be-kommen. Besagte Fresse steckt vollerGoldzähne und verströmt einen selt-samen Geruch, denn er kaut Gewürz-nelken. Auf dem Rücken trägt er eingroßes Krummschwert. In den entle-generen Regionen von Klatsch fun-giert Ahmed als Polizist, Richter, Ge-schworener, Henker und Küster fürKriminelle. [FF]

Albert. Tods Diener (siehe: Malich,Alberto).

Albrechtson, Albrecht. Ein Kandi-dat für das Amt des Niederen Königsin Überwald. Albrecht ist Traditio-nalist und trägt den kegelförmigenLederumhang der tief unter der Erd-oberfläche lebenden Zwerge. Er lehntdie Reformen ab, die Einfluss aufdie Zwergenheit nehmen, und würdeAnkh-Morpork am liebsten nieder-brennen. [FE]

Alchimistengilde. Wahlspruch:OMNIS QVIS CORVSCAT ESTOR.Wappen: ein vierfach unterteilterSchild. Oben links und unten rechtsbefinden sich goldene Tropfen auf

19

blauem Grund. Oben rechts und un-ten links sehen wir einen schwarzenTiegel, an dem Flammen emporzün-geln.

Das in der Straße der Alchimisten vonAnkh-Morpork gelegene Gildenhausist immer neu. Einmal wurde es imLauf von zwei Jahren viermal durchExplosionen zerstört und wiederauf-gebaut, beim letzten Mal ohne Vorle-sungssaal und Laboratorium – in derHoffnung, dadurch weiteren unlieb-samen Zwischenfällen vorzubeugen.Diese kleine, von vielen verachteteGilde hilft den Witwen und Waisenjener Alchimisten, die allzu sorglosmit Zyankali umgingen oder Saft ausinteressanten Pilzen destilliert undihn anschließend getrunken haben.Eigentlich gibt es gar nicht viele Wit-wen und Waisen, denn in den meistenFällen finden Alchimisten kaum Zeit,

Beziehungen zu knüpfen. Außerdemfällt es vielen Frauen schwer, Zunei-gung zu einem Ehemann zu entwi-ckeln, der durch eigenes Verschuldenin Einzelteilen an der Zimmerdeckeklebt.Auch in anderer Hinsicht zeichnensich Alchimisten durch einen großenMangel an Kooperationsbereitschaftaus. Jeder von ihnen ist ein Einzelgän-ger, der am liebsten in dunklen Kam-mern oder verborgenen Kellern ar-beitet und ständig auf der Suche nachdem großen Durchbruch ist, zumBeispiel dem Stein der Weisen oderdem Elixier des Lebens. Falls ihnendas nicht glückt, erhoffen sie sich zu-mindest Unmengen von Geld. Derar-tige Erfolge sind bisher jedoch ausge-blieben. Dafür können sie auf andereVerdienste zurückblicken: Es gelangihnen, Zelluloid und Popcorn zu er-finden (beziehungsweise Oktozellu-lose und Knallkörner, wie sie es nann-ten; beides diente als Grundlage fürden kurzen Aufstieg der Scheiben-welt-Filmindustrie in Holy Wood,dem Heiligen Wald); außerdemschafften sie es, weder die Atomkraftnoch die Elektrizität zu entdecken,geschweige denn den Computer zuerfinden. Wirklich großes Geschickzeigen die Alchimisten, wenn es da-rum geht, Gold in weniger Gold zuverwandeln.Sie sind meist dünn und haben gerö-tete Augen sowie einen geistesabwe-senden Gesichtsausdruck, der daraufhindeutet, dass die Betreffenden zuviel Zeit in der Nähe von kochendem

20

Quecksilber* verbracht haben. Er-wähnenswert ist auch die Tendenz zuNervosität, denn Alchimisten wissennie, welche Überraschung ihnen derSchmelztiegel bescheren könnte, mitdem sie gerade experimentieren.Gegenwärtiges Oberhaupt der Gildeist Thomas Silberfisch. Allerdingsfindet ein häufiger Wechsel statt.Nicht nur bei den ranghöheren Alchi-misten kann man im wahrsten Sinnedes Wortes von »Aufstieg und Fall«reden.

Al Khali. Stadt an der mittwärtigenKüste von Klatsch. Sie ähnelt Ankh-Morpork, nur dass sie statt ausSchlamm aus Sand gebaut ist. Wirdallgemein als Tor zum geheimnis-vollen Kontinent Klatsch bezeichnet.Die Tempelfresken von Al Khali sindweithin berühmt, zumindest bei Ken-nern. Besichtigungstouren beginnenstündlich an der Offler-Statue aufdem Platz der 967 Freuden**; teilneh-men dürfen jedoch nur Männer über18 und verheiratete Frauen.Die Stadt ist auch für den Wind be-kannt, der von den weiten Wüstenund den Kontinenten am Rand herweht. Es ist eine sanfte, aber beharr-liche Brise, und sie bringt »aroma-

* Daher heißt es auch »dämlich wie ein Alchi-mist«. Aus den gleichen Gründen sagt man»verrückt wie ein Hutmacher« – weil dieAngehörigen jenes Berufsstands früher denHutfilz mit Quecksilber bearbeitet habenund dadurch langsam den Verstand verlo-ren.

** Die Khalianer sind sehr genau, wenn es umDinge geht, die sie interessieren.

tische Nachrichten aus dem Herzendes Kontinents, die von verschie-denen Dingen berichteten: von derKälte nächtlicher Wüsten, dem Ge-stank der Löwen, der Fäulnis in un-durchdringlichen Dschungeln undden Blähungen von Gnus«.Der Palast des Serifen, Rhoxie ge-nannt, nimmt fast das gesamte Stadt-zentrum ein, soweit es nicht von demkünstlichen Paradies beanspruchtwird, das Serif Krösus im Strebennach einem intellektuell anspruchs-volleren Leben anlegte. Hauptgottvon Al Khali ist der KrokodilgottOffler, den man überall auf dem Kon-tinent verehrt. [Z, P, FF]

Allesweiß der Rote. Ein Zauberer.Achter Sohn eines achten Sohns. Hatgroße Macht und trägt natürlich einenhohen, spitzen Hut. Er entfloh denGefilden der Magie, verliebte sich undheiratete (nicht unbedingt in dieserReihenfolge). Er hatte acht Söhne:Die ersten sieben waren mindestensso mächtig wie die anderen Zaubererauf der Scheibenwelt; der achte wuchszu einem Kreativen Magus heran.(Siehe: Münze und Magie) [Z]

Allesweiß, Frau. Haushälterin derUnsichtbaren Universität und Ober-befehlshaberin des im Keller statio-nierten Bedienstetenheeres. Sehr dick(ihre Leibesfülle wird von einemFischbeinkorsett gebändigt). Sie hatein Fünf- oder Sechsfachkinn undtragt eine rötlich braune Perücke. Ihreglänzende Haut sieht aus wie eine an-

21

gewärmte Kerze, und in Sachen Klei-dung und Möbel hat sie ungünsti-gerweise eine Vorliebe für Rosarot.Irgendwann hat es vermutlich aucheinmal einen Herrn Allesweiß gege-ben, aber er wird nie erwähnt. Füreinige ältere Mitglieder der Fakul-täten ist sie eine Art Lustobjekt, ins-besondere wegen ihres Verhaltenswährend der allgemeinen Begeiste-rung für »Musik mit Steinen drin«.

Alten Erhabenen, die. In den Schei-benwelt-Religionen gibt es nur sehrvage Hinweise auf sie. Es heißt, esexistierten acht »Entitäten«, die dasUniversum überwachen – wobei von»Überwachung« eigentlich gar nichtdie Rede sein kann. Es fehlt an geeig-neten Worten, um die Rolle der AltenErhabenen angemessen zu beschrei-ben. Offenbar beobachten sie die Weltauf eine dynamische Weise, damitdie beobachteten Ereignisse stattfin-den können. Vielleicht kann man es soausdrücken: Das Universum existiert,weil sie daran glauben. Man darf dieseEntitäten nicht mit Göttern verwech-seln. Aus ihrer Sicht sind Götter nureine etwas unbequemere Ausgabevon Menschen. Sie stehen weit überden Revisoren der Realität, die inihrem Auftrag exekutive Pflichtenwahrnehmen. Von sieben von ihnensind die Namen nicht bekannt – fallssie überhaupt Namen haben. Derachte Alte Erhabene heißt Azrael.

Alten Mannes Schwierigkeiten,Des. Eine von vielen »anthropo-

morphen Personifizierungen«, derenExistenz durch den niedrigen Rea-litätsquotienten des Scheibenwelt-Universums ermöglicht wird, dasheißt, wenn man auf der Scheibenweltfest genug an etwas glaubt, so wird esfrüher oder später Wirklichkeit.Des Alten Mannes Schwierigkeitenträgt einen langen Regenmantel undeinen ziemlich ramponierten großenHut mit breiter Krempe. Zwischendiesen beiden Kleidungsstücken sindnur zwei schrecklich glühende Augenzu sehen. Mal ist er die Inkarnationvon Murphys Gesetz (demzufolgeschiefgeht, was schiefgehen kann),mal die der allgemeinen Widerspens-tigkeit des Universums und mal dieder Dunkelheit im Keller. Er wirdleicht auf den Plan gerufen, wenn eseinem an 1) Rhythmus, 2) Musik oder3) weiblicher Gesellschaft fehlt. Wennman in solchen Fällen ein leises Klop-fen an der Tür hört, sollte man bessernicht öffnen.

Al-Ybi. Langweilige klatschianischeWüstenstadt. Der Überlieferung nachbehauptet jeder Verbrecher, dem et-was zur Last gelegt wurde, zumTatzeitpunkt dort gewesen zu sein.Der Serif von Al-Ybi wurde einst voneiner legasthenischen Gottheit ver-flucht, woraufhin sich alles, was erberührte, in Glod verwandelte, einenZwerg. Das ist das Interessanteste,was jemals in Al-Ybi geschehen ist. Esheißt, die Klatschianer hätten in die-ser Stadt den Begriff »Null« erfunden.Mehr muss eigentlich nicht gesagt

22

werden, um eine Vorstellung davonzu vermitteln, womit man sich in Al-Ybi abends die Zeit vertrieb. [TV]

Amanita. Siehe: DeVice, Amanita.

Amonie. Für ungefähr drei StundenKönigin von Lancre. Bei ihrer Hoch-zeitsfeier spielten die Gäste Verste-cken. Amonie verbarg sich in einergroßen, schweren Truhe auf demDachboden und wurde erst nach sie-ben Monaten gefunden. Offenbarwird die Erinnerung an sie in den Sa-gen der Scheibenwelt bewahrt, weilihre Geschichte als romantisch gilt.[LL]

André. Ein Mitglied der reformier-ten Sondergruppe Ankertaugasse.Allerdings ist er bei seinem erstenAuftritt ein Klavierspieler im Opern-haus von Ankh-Morpork. Er ist jung,blond und hat ein sympathischesLachen. Außerdem ist er Mitgliedder Musikergilde (Mitgliedsnum-mer 1244). [MS]

Anfang, der. Es gibt verschiedeneTheorien über den Ursprung desUniversums, unter anderem die vondem Großen Ei und die vom GroßenRäuspern, auf das Das Wort folgte.Manchmal ist auch die Rede vom»Atemholen« oder dem »Versuch,sich an das richtige Wort zu erinnern,das einem auf der Zunge liegt«. Diesogenannten Lauscher – die lau-schenden Mönche – bemühen sich,durch die eingehende Analyse sehr

ferner Echos herauszufinden, wie DasWort gelautet haben mag. Per defini-tionem sind alle Theorien über denUrsprung des Universums richtig.[LP]

Angua. Feldwebel und Chef-Spür-hund der Wache von Ankh-Mor-pork. Ihr voller Name lautet DelphineAngua von Überwald, und sie ist einWerwolf. Ihr Vater (beziehungsweiseErzeuger) ist Baron Guye von Über-wald (auch Silberschwanz genannt).Ihre Mutter, die Baroness, war Ma-dame Serafine Soxe-Bloonberg vonGennua (auch Gelbfang genannt).Angua hatte zwei Brüder und eineSchwester. Ihre Schwester Elsa wareine Yennork (in dauerhaft mensch-licher Gestalt) und wurde von ihremBruder Wolfgang getötet. Ihr zwei-ter Bruder Andrei ist ein Yennork, derstets als Wolf herumläuft. Er wurdevon Wolfgang vertrieben und lebtderzeit als preisgekrönter Schäfer-hund in Borograwien. Angua ist einklassischer Biomorph: Den größtenTeil des Monats ist sie eine gut ent-wickelte junge Frau mit aschblondemHaar, doch bei Vollmond verwandeltsie sich in einen Werwolf mit blon-der Mähne, der sowohl über einenmenschlichen Intellekt als auch einigezusätzliche Fähigkeiten verfügt. Sokann sie zum Beispiel Farben riechenund einem Mann die Halsschlagaderzerfetzen.Angua pflegt eine langfristige Liaisonmit Korporal Karotte Eisengießer-sohn, der ebenfalls zur Wache gehört.

23

Nun, eigentlich ist es mehr als nureine Liaison. Da Karottes Hobbydarin besteht, durch die Gassen vonAnkh-Morpork zu schlendern, ist ergern bereit, einmal im Monat in seinerBeziehung zu Angua einen leichtenDämpfer hinzunehmen – immerhinhat er dafür jemanden, mit dem er je-derzeit einen schönen, langen Spa-ziergang machen kann.

Ankh, der. Auf dem Weg von denSpitzhornbergen zum RundenMeer fließt dieser mächtige Stromdurch Ankh-Morpork. Hier ist er be-reits den Gezeiten unterworfen undträge geworden vom Schlick der wei-ten Ebenen. Doch aus dieser Trägheitwird auf der zum Meer hin gelegenenSeite der Stadt Apathie – dort könnteselbst ein Agnostiker auf dem Wasserwandeln. Die Bürger von Ankh-Mor-pork sind seltsam stolz darauf. Siemeinen, im Ankh könnte man kaumertrinken, höchstens ersticken.Im Lauf der Jahrhunderte haben sichso viele Ablagerungen angehäuft, dassdas Flussbett jetzt höher liegt als dietiefsten Stellen der Stadt. Wenn amEnde des Winters der Schnee schmilzt,werden die ärmlicheren Teile der Stadtüberflutet – falls man bei einer Subs-tanz, die sich mit Netzen fangen lässt,überhaupt von »Überflutung« redenkann. Nachdem das »Wasser« dieStadt passiert hat, verdient es die Be-zeichnung »flüssig« nur noch deshalb,weil es sich schneller bewegt als dasLand.Angeblich gibt es mystische Flüsse,

deren Wasser so giftig ist, dass schonein Tropfen einen Mann umbringenkann. Auch der Ankh könnte dazuge-hören, nachdem seine trüben Flutendie Stadt durchquert haben. Die Ein-wohner der Metropole behaupten al-lerdings, das Flusswasser zeichne sichdurch große Reinheit aus: Eine Flüs-sigkeit, die von so vielen Nieren gefil-tert wurde, muss sauber sein. Es gibtauch Fische, die sich an das Leben imAnkh angepasst haben. Über ihre Ge-stalt ist nichts bekannt, denn sie ex-plodieren, wenn man sie der Luft oderfrischem Wasser aussetzt.An der Stelle, an der der Ankh dieStadt verlässt, befindet sich ein großesSchleusentor. Es wird ebenso wie dieTore an den Brücken der Stadt beiFeuersbrünsten geschlossen, um dieStadt zu fluten. Es sagt viel über denStoizismus der Bürger aus, dass siesich lieber vom Wasser des Ankhdurch nässen lassen, als bei lebendi-gem Leibe zu verbrennen.Der Ankh dürfte der einzige Fluss imganzen Universum sein, auf dem Po-lizisten die Umrisse einer Leiche mitKreide markieren können.

Ankh-Morpork . Leitsprüche :MERVS IN PECTVM ET IN AQ-VAM und QVANTI CANICVLAILLE IN FENESTRA.Wappen: ein Schild, gehalten von zweiHippopotâmes Royales Bâillant – einsmit einer Kette, das andere mit einerKrone um den Hals. Darauf sitzt einMorpork Vautré Hululant, in denKrallen ein Ankh d’or, an Hals und

24

Flügeln ein Spruchband mit der Auf-schrift:Merus In Pectum Et In Aquam.Ein Turm ohne Fenster teilt den Schildder Länge nach. Für die Querteilungsorgt ein welliger Fluss in silber undblau. Oben links sehen wir ein grünesFeld mit brassicae prasinae. Das Feldunten rechts ist schwarz. Die beidenFelder oben rechts und unten linkspräsentieren Goldsäckchen auf silber-nem Grund. Unter dem Schild befin-det sich ein zweites, größeres Spruch-band mit der Aufschrift. QuantiCa nicula Ille In Fenestra.Bevölkerung: etwa eine Million (Vor-orte eingeschlossen). Wichtigste Ex-portgüter: Fertigprodukte, der Groß-teil all der Dinge, die aus den tierischenund pflanzlichen Erzeugnissen derfruchtbaren Sto-Ebene hergestelltwerden, Scherereien. Wichtigste

»unsicht bare« Exportgüter: Bankge-schäfte, Mord, Zauberei, Scherereien.Importgüter: Rohstoffe, Leute, Sche-rereien.Der Schild des Wappens zeigt denKunstturm, das älteste Gebäude inder Stadt. Darüber hinaus würdigter sowohl den Fluss Ankh als auchdie weiten Kohlfelder außerhalb derStadt, die einen wichtigen Beitragzum Wohlstand der Stadt und vorallem auch zu ihrem Geruch leisten.Der jüngere der beiden Wahlsprüche– Merus In Pectum Et In Aquam(wörtl.: »Rein in Geist und Wasser«)– wurde in den Anfangstagen derErsten Republik von einem Komiteemit äußerst edler Gesinnung erdacht.Heute hält man ihn für einen gutenWitz.Der ältere – und seltsamerweise auch

25

beliebtere – Wahlspruch lautet Quan-ti Canicula Ille In Fenestra (etwa:»Wie viel kostet das Hündchen indem Fenster?«). Um den Ursprungdieses Spruchs ranken sich viele Le-genden, er lässt sich jedoch – wie soviele kuriose Eigenheiten der Stadt –auf die Regierungszeit von KönigLudwig dem Baum zurückführen.Es versteht sich von selbst, dass Kö-nige nicht den Verstand verlieren kön-nen. Bauern werden verrückt. Hand-werker und Geschäftsleute klinkenaus. Adlige neigen manchmal zu Ex-zentrizität. Und König Ludwig? Nun,er war ein wenig… verwirrt. Er hattedermaßen den Kontakt zur Realitätverloren, dass er nicht einmal durchlautes Schreien und Fuchteln mit ei-nem langen Stock mit ihr in Verbin-dung treten konnte.König Ludwigs vierjährige Regie-rungszeit gehört zu den glücklichstender ganzen monarchischen Epoche.Die Untertanen freuten sich auf seineProklamationen, in denen er zumBeispiel die Züchtung neuer Fröscheforderte. Manchmal sprach er auchvon unsichtbaren Wesen, die ihn be-obachteten, wenn er auf die Toiletteging. Die Adligen hingegen betrach-teten ein solches Verhalten eher mitArgwohn. Da die gesamte Monarchievom Zusammenbruch bedroht gewe-sen wäre, wenn man zugegeben hätte,dass die ganze Macht in den Händeneines Mannes lag, der von morgensbis abends mit seiner Unterhose aufdem Kopf herumlief, postulierte manöffentlich den ebenso einzigartigen

wie subtilen Intellekt des Königs. Mo-nographien wurden veröffentlicht, indenen der zeitgenössische Frosch tat-sächlich als längst überholt bezeich-net wurde. Für kurze Zeit war es so-gar Mode, Dessous auf dem Kopf zutragen.Alles, was der König von sich gab,bekam orakelhafte Bedeutung. Alsman ihn nach einem geeigneten Wahl-spruch für die Stadt fragte, unterbrei-tete er drei Vorschläge, und ein klei-nes Komitee aus Höflingen wählteden ersten: »Wie viel kostet das Hünd-chen in dem Fenster?« Die beidenanderen lauteten: »Bduh bduh bduhbduh« und: »Ich glaub, ich muss malauf den Topf.«Später gelangte man zu der Ansicht,dass dieser Spruch hervorragend zudieser Stadt passt, da er die drei we-sentlichsten Eigenschaften ihrer Ein-wohner in sich vereint: a) ihren Wis-sensdurst, b) ihr kaufmännischesIn teresse und c) ihre Tierliebe. Werihn seltsam findet, sollte bedenken,dass die Worte auf dem Großen Siegelder Vereinigten Staaten von Amerikaaus einem lateinischen Gedicht überdie Zubereitung eines Salatdressingsstammen.*

Ankh-Morpork ist die älteste Stadtauf der Scheibenwelt und wird vonihren Bewohnern die Große Wahoo-nie genannt. Der Ankh, der mittendurch sie hindurchfließt, teilt sie zweiStädte: das stolze Ankh, drehwärts

* Moretum, wird gemeinhin Virgil zugeschrie-ben.

26

vom Fluss, und das grässliche Mor-pork auf der entgegengesetzten Seite.Nun, in Morpork ist die Grässlichkeitzumindest ziemlich gerecht verteiltund praktisch überall anzutreffen.Die Stadt liegt in der Sto-Ebene, un-weit des Runden Meers. Theoretischwurde sie auf Lehm gebaut, aber inWirklichkeit besteht das Fundamentaus früheren Ausgaben von Ankh-Morpork – so wie bei Troja, nur mitweniger Stil. † *

Ankh-Morpork wurde im Laufe sei-ner langen Geschichte viele Male nie-dergebrannt, ob aus Rache, Achtlo-sigkeit, Bosheit – oder schlicht undeinfach, um die Versicherungssummezu kassieren. Die meisten Steinhäuserhaben die Katastrophen überstanden.Viele Bewohner (vor allem Leute, diein Steinhäusern wohnen) vertretenden Standpunkt, dass ein ordentlichesFeuer alle hundert Jahre für das Wohl-ergehen der Stadt unentbehrlich ist:Es dezimiert Ratten, Schaben, Flöheund natürlich Bürger, die es sich nichtleisten können, in Steinhäusern zuwohnen. Bei jedem Wiederaufbau ver-wendet man die herkömmlichen Bau-materialien: knochentrockenes Holzund Stroh fürs Dach, das mit Teer ab-gedichtet wird.Als erstes und damit ältestes Gebäudeder Stadt gilt der Kunstturm, um denherum die Unsichtbare Universitätals eine Art Feste erbaut wude. Teile

† Allerdings ist Ankh-Morpork wesentlichgrößer. Troja umfasste nur etwa 28300 qm,doch Homer hat für die Stadt mächtig dieWerbetrommel gerührt.

der alten Stadtmauer sind noch vor-handen. Im Lauf der Jahrhunder-te verlagerte sich das Zentrum vonAnkh-Morpork flussabwärts, als anden schiffbaren Bereichen des Stromsein Hafen entstand. Von oben be-trachtet sieht die Stadt aus wie eineaufgeschnittene Zwiebel, nur dasseine Zwiebel anders riecht.***

Im Lauf der Jahrtausende hat Ankh-Morpork verschiedene Regierungs-formen ausprobiert. Eine uralte Ka-nalisation, von der (bis zu HelleBarden) nur die Assassinengildewusste, sowie einige andere Über-bleibsel zeugen von einer glorreichenVergangenheit – wobei »glorreich«bedeutet, dass mit Schwertern be-waffnete Krieger Tausende von Wehr-losen dazu »überredeten«, großeDinge aus Stein zu bauen. Ankh-Morpork erlebte Monarchien, Oli-garchien, Anarchie und Diktaturen.Das gegenwärtige Regierungssystemscheint eine sehr spezielle Form derDemokratie zu sein. Es herrscht dasPrinzip ein Bürger, eine Stimme. LordVetinari ist der Bürger, und er hatdie Stimme.Im Wesentlichen werden die Geschi-cke der Stadt vom Wechselspiel ver-schiedener einflussreicher Gruppenbestimmt. Lord Vetinari förderteEntstehung und Wachstum der Gil-den, von denen es inzwischen etwa300 in der Stadt gibt. Seine Gründelassen sich gewissen Passagen seinesbislang unveröffentlichten Buches

* Nämlich besser.

27

Diener der Stadt entnehmen. Es han-delt sich um einen Leitfaden mit Rat-schlägen und Richtlinien für jungeMänner, die eine fiktive Stadt (nurAM genannt) regieren wollen. An ei-ner Stelle heißt es: »Wenn es in einerAngelegenheit zwei verschiedene Mei-nungen gibt, so sorg dafür, dass raschzweihundert daraus werden.« Daspolitische System von Ankh-Mor-pork setzt sich aus einer großen An-zahl von Interessenverbänden zu-sammen, die sich gegeneinander ver-schwören, sich offen bekämpfen,miteinander paktieren, Gemeinheitenaushecken, Allianzen schmieden, sichanbrüllen, Intrigen spinnen und sichmit ähnlichen Aktivitäten befassen.Und in diesem Durcheinander regeltein ganz bestimmter Mann heimlich,still und leise die Dinge so, wie es ihmpasst.In wirtschaftlicher Hinsicht stellt dieStadt das Tor zwischen der Sto-Ebeneund dem Rest der Scheibenwelt dar.Mit Dienstleistungen fürs Hinterlandkann man hier reich werden. Die Be-wohner der Stadt erledigen all das,was Städter gewöhnlich für ihre Vet-tern vom Lande tun – zum Beispielihnen die Messingbrücke zum Schleu-derpreis andrehen.Ankh-Morpork ist die typischeGroßstadt, in die man zieht, um seinGlück zu machen und eine MengeGeld zu verdienen. Allerdings man-gelt es dort auch nicht an Leuten, dieeinem das bisschen Geld, dass mangerade hat, möglichst schnell wiederabnehmen wollen.

Zwar weist die Metropole viele Attri-bute der klassischen Fantasy-Stadtauf – Gilden, Mauern, Zauberer undso weiter –, aber in Ankh-Morporkwird auch gearbeitet. Es gibt dortviele kleine Fabriken und Werkstät-ten, die meisten von ihnen in derFleißigen Straße, der Ankertaugasseund seit jeher vor allem in der StraßeSchlauer Kunsthandwerker. Hinzukommen ein florierender Viehmarktsowie ein Schlachthausdistrikt.Trinkwasser wurde einst über einViadukt zur Stadtmitte geleitet, vondem heute nur noch wenige Reste inder Wasserstraße übrig sind. Es istschon vor Jahrhunderten eingestürzt,und aus irgendeinem Grund kamman nie dazu, es wiederaufzubauen.Das Wasser stammt nun aus Brunnen,die aufgrund des hohen Grundwas-serspiegels von Ankh-Morpork nichtsehr tief sind.Dieser Umstand trägt zusammen mitden Schlachthäusern, Kohlfeldern,Gewürzmühlen und Brauereien zurberühmtesten Eigenschaft der Stadtbei: ihrem bereits erwähnten Ge-ruch.Die Bürger sind stolz darauf. An be-sonders schönen Tagen setzen sie sichnach draußen, um ihn zu genießen.Man hat dem Geruch sogar ein Denk-mal errichtet, das an einen Zwischen-fall besonderer Art erinnert. Einmalversuchten feindliche Truppen, desNachts in die Stadt zu gelangen. DieAngreifer kamen nur bis auf dieSchutzwälle – wo sie entsetzt feststel-len mussten, dass ihre Nasenstöpsel

Blick über den Ankh

29

versagten.* Seit damals sind keineFeinde mehr nach Ankh-Morporkgekommen.Nun, das stimmt nicht ganz. Eigent-lich kamen sogar sehr viele – dieStadt steht barbarischen Eroberernmit vollen Geldbeuteln weit offen.Allerdings bemerken die Eindring-linge nach einigen Tagen zu ihrer Ver-wirrung, dass ihnen die Pferde abhan-dengekommen sind. Innerhalb vonwenigen Monaten gesellen sie sich zuden anderen Minderheiten der Stadtund reichern das ohnehin schon rechtüppige Lokalkolorit mit eigenen Graf-fiti und Feinkostläden an.Die Bewohner der Stadt haben dieKunst des Zuschauens zur Meister-schaft entwickelt. Die überaus kom-petenten Gaffer und Glotzer beob-achten einfach alles; besonderes In-teresse zeigen sie dann, wenn dieChance besteht, dass jemand auf amü-sante Weise verletzt werden könnte.Die »malerischen« Schatten vonAnkh-Morpork mit ihren Hafenanla-gen, zahlreichen Brücken, Suks, Kas-bahs und Straßen, in denen sich einTempel an den anderen reiht, zeugenvon dem kosmopolitischen Flair derStadt. Hier ist jeder willkommen,ungeachtet von Herkunft, Hautfarbe,Stand und Glauben. Voraussetzung

* Die inzwischen leider verwitterte Statuesteht unweit des Gebäudes, in dem die Gil-de der Kurzwarenhändler untergebracht ist.Offiziell hat die Straße keinen Namen, aberdie Einheimischen nennen sie Gezankgasse– was vermutlich nichts mit Zank zu tun hat,eher mit Gestank.

ist allerdings, dass er die Taschen vollGeld hat.Es heißt, die größte Zwergenkolonieauf der ganzen Scheibenwelt befindesich in Ankh-Morpork. Das könntestimmen. Eins steht fest: In der Stadtwohnen viele Zwerge, immer mehrTrolle, zahlreiche Untote und Ange-hörige anderer Minderheiten. Darausergeben sich nicht nur gewisse Prob-leme, sondern auch Vorteile – zumBeispiel auf dem Arbeitsmarkt. DaTrolle größtenteils aus Silizium be-stehen, machen ihnen schmutzigeArbeiten nichts aus; denn organischeAb fälle sind für sie nicht ekliger alsSand und Kies für Menschen. Vam-pire landen meist in der Fleischbran-che und führen häufig Läden fürKunden, die auf koschere SpeisenWert legen. Untote reparieren dieDä cher von hohen Häusern und erle-digen andere gefährliche Aufgaben,schließlich ist ihnen bereits alles zuge-stoßen, was einem zustoßen kann.Eine derartige ethnische Vielfaltbringt natürlich die üblichen Prob-leme mit sich. Trolle hassen Zwerge,und Zwerge hassen Trolle. Diese ge-genseitige Abneigung ist Tausendevon Jahren alt, und es hat sich so vielGroll angestaut, dass die eigentlicheUrsache des Konflikts überhaupt kei-ne Rolle mehr spielt. Dennoch ist ermit den Kontrahenten in die Stadteingezogen.Trollhaut ist ebenso flexibel wie Le-der, aber weitaus strapazierfähigerund haltbarer. Manche Leute, denenes in sozialer Hinsicht an Feingefühl

30

mangelt, verwenden sie noch heutezur Herstellung von Kleidung. Esgibt eine (selbst in Ankh-Morpork)verrufene Kneipe, die nicht nur ZumTrollkopf heißt, sondern bei der aucheiner an einer Stange über der Türhängt. Andererseits stehen Trolle indem Ruf, gelegentlich Menschen zuverspeisen (wegen ihres Mineralien-gehalts). Außerdem verwenden sie beiihrem Aargrooha-Spiel einen mensch-lichen Schädel, den zwei Mannschaftenmit Stiefeln aus Obsidian hin und hertreten, bis er entweder im Tor landetoder platzt. Es heißt, in einigen ab-gelegenen Bergregionen wird Aar-grooha noch immer in der traditio-nellen Form gespielt.In den Straßen der Stadt sind alsoBürger unterwegs, deren Vorfahrensich gegenseitig fraßen, häuteten undköpften. In manchen Fällen sprangensie auch mit schweren Stiefeln aufein-ander herum. Nur die einigende Kraftdes Ankh-Morpork-Dollars verhin-dert, dass permanent Krieg herrscht.Über die Gründung der Stadt gibt eszwei Legenden.In der ersten geht es um zwei ver-waiste Brüder, die Ankh-Morporkerbaut haben sollen. Sie wurden voneinem Nilpferd gefunden, das sie mitseiner Milch nährte. Die Messingbrü-cke ist mit acht zum Meer blickendenNilpferden geschmückt. Es heißt,wenn der Stadt jemals Gefahr drohensollte, würden sie weglaufen. Nie-mand weiß, warum das Nilpferd zumWappentier Ankh-Morporks wurde.Die Gründe haben sich im Nebel der

Zeit verloren. Immerhin hat Rom sei-ne Existenz einer Wölfin zu verdan-ken, es scheint also nicht völlig ausge-schlossen zu sein, dass ein Nilpferddie Gründer Ankh-Morporks säugte– und vielleicht auch auf ihnen he-rumtrampelte. Wie dem auch sei: Esgibt noch viel seltsamere Wappen-tiere, zum Beispiel die Nacktschneckevon Seattle, Washington. Man ver-mutet, dass einst Nilpferde im Ankhlebten. Wenn das stimmt, so haben siesich inzwischen längst aufgelöst.Die zweite Legende wird wenigerhäufig erzählt: Zu einem noch frühe-ren Zeitpunkt haben ein paar weiseMänner eine von den Göttern ge-schickte Flut überlebt, indem sie eingroßes Boot bauten und von jeder aufder Scheibenwelt existierenden Tier-art zwei Exemplare mitnahmen. Nacheinigen Wochen hatte sich so viel Mistangesammelt, dass das Boot zu sinkendrohte. Die Weisen kippten das Zeugüber Bord und nannten den Mist-haufen Ankh-Morpork. (Siehe auch:Bürgerkrieg, Gesetze, Monar-chie, Patrizier.)

Ankh-Morpork-Times, die. Die ers-te richtige Zeitung Ankh-Morporks,gegründet von Gunilla Gutenhügelund William De Worde. Die Redak-tion befindet sich hinter dem Eimerin der Schimmerstraße. Ihre Losunglautet meistens: »Die Wahrheit machtdich frei.« [VW]

Anstand, Eulalie. Frau Anstand istMitbegründerin und Leiterin des In-

31

ternats für junge Damen inQuirm. An dieser Schule ist nur einGeschlecht zugelassen (das weibli-che), obwohl Frau Anstand vermut-lich vollständige Geschlechtslosigkeitvorgezogen hätte. Sie ist klein, dochihr Gebaren weckt in anderen Leutendas Gefühl, noch kleiner zu sein, auchwenn sie von oben auf sie herabschau-en. Man kann sie nicht unbedingt alsunfreundlich bezeichnen, doch einssteht fest: Der Ofen des Schulwesenshat sie im Lauf der Jahre ausgetrock-net. Sie ist sehr gewissenhaft, legtgroßen Wert auf korrektes Benehmenund hat es nicht verdient, SusanneSto-Helit als Schülerin zu bekom-men. [RS]

Anti-Kriminalität. Wie nicht anderszu erwarten, hat auf der Scheibenweltauch die Kriminalität ihr Gegenstück.Jemandem einfach nur etwas zu ge-ben ist nicht das Gegenteil von steh-len. Ein Anti-Krimineller muss dasOpfer verärgern und/oder in Verle-genheit bringen. In diese Kategoriefallen unter anderem der Tapezier-einbruch, Peinlichkeitsgaben (zumBeispiel gewisse Pensionierungsge-schenke) und Entpressung (etwa dieDrohung, den Rivalen eines Gangs-ters zu verraten, dass er eine MengeGeld für wohltätige Organisationengespendet hat). Aus irgendeinemGrund haben sich Anti-Ver brechennie richtig durchgesetzt. [AS]

Antiphon. Ephebianischer Schrift-steller. Hält sich für den besten Ko-

mödienautor der Scheibenwelt. Inseinen Stücken schlagen sich die Dar-steller bei jedem Witz mit Knüppelnauf den Kopf und machen erst dannweiter, wenn das Publikum gelachthat. Antiphon sieht aus, als bestündeer aus Schweinefleisch. [P]

Apokralypse, die. Das halbherzigeEnde der Welt. Der Triumph der Eis-riesen. Der Kaffeeklatsch der Götter.Man glaubt, dass sich bei der Apokra-lypse die von den Göttern gefangenenEisriesen befreien und auf ihren gräss-lichen Gletschern losreiten, um ihreHerrschaft wiederherzustellen unddas Feuer der Zivilisation zu löschen– bis die Welt vor Kälte erstarrt unterdem frostigen Glanz der Sterne liegtund die Zeit selbst gefriert. So heißt esjedenfalls. In dieser Hinsicht (wieauch in vielen anderen) sind die Schei-benwelt-Legenden nicht besonderszuverlässig. Daher ihr Name.Sollte die Apokralypse mehr sein alsnur eine interessante Geschichte, diejemand nach dem Genuss von zu vie-len Pilzen niederschrieb, und tatsäch-lich eines Tages eintreten, so beginntsie folgendermaßen: Ein furchtbarerHerrscher ergreift die Macht; einschrecklicher Krieg bricht aus, unddie vier apokralyptischen Reiter (Tod,Krieg, Hunger und Pestilenz) rei-ten durch die Lande. Anschließenddringen die Dinge aus den Kerkerdi-mensionen wieder ins Diesseits ein.Einmal wäre all das beinahe gesche-hen, aber das Spektakel wurde erstunterbrochen und dann verschoben,

32

zum Teil deshalb, weil dreien der vierapokralyptischen Reiter die Pferdegestohlen wurden, während sie in ei-ner Taverne speisten.Während der Ereignisse von DerZeitdieb drohte der Welt so etwaswie eine ausgewachsene Apokralyp-se. Die vier apokralyptischen Reiterstellten sich auf die Seite der Mensch-heit (warum die einzigen Geschöpfetöten, die an einen glauben?) und er-hielten Hilfe von dem in Vergessen-heit geratenen fünften Reiter namensKaos, der, lang bevor sie berühmtwurden, wegen kreativer Differenzenaus der Gruppe ausgestiegen war.

Arif, Schmieriger. Ein Fischer ausKlatsch. Zusammen mit seinemSohn Akhan gehörte er zu den erstenMenschen, die während der Ereig-nisse von Fliegende Fetzen das verlo-rene Königreich Leshp wiederent-deckten. [FF]

Arkanum, Frau. Inhaberin von FrauEukrasia Arkanums Pension für re-spektable arbeitende Menschen inAnkh-Morpork. Frau Arkanum magrespektable Leute, die sauber undanständig sind. Sie bietet respektableBetten an und kocht billige, aber re-spektable Mahlzeiten für ihre respek-tablen Gäste, die meist mittleren Al-ters, unverheiratet und stocknüchternsind, außerdem natürlich respektabel.Sie nimmt auch Trolle und Zwergeauf, sofern sie respektabel sind. DasEssen, das sie auftischt, ist reichhaltigund schmeckt, nun ja, respektabel.

Einer ihrer Gäste war William deWorde. [VW]

Artela. Frau von TeppicymonXXVII. und Mutter von Teppic. Frü-her Konkubine. Eine zerstreute Frau,die durch einen Schwimmunfall (mitKrokodil) ums Leben kam. [P]

Arthur, Bellender Irrer. Mitgliedder Hundegilde. Ein einäugiger,recht launischer Rottweiler. Wurdevom Grossen Fido getötet. [HB]

Arthur, kleiner irrer. Ein zehn Zen-timeter großer Gnom und Ratten-lieferant für die Zwergen-Esslokalein Ankh-Morpork. Dadurch kann ergratis als Rattenfänger arbeiten undverkauft die Ratten zum halben Gil-denpreis. Er hat menschliche Gestaltund trägt Hosen aus Rattenleder. Zu-mindest bei der Arbeit ist er bis zurTaille nackt, abgesehen von zwei Pa-tronengurten, die er über der Brustgekreuzt trägt. Er raucht kleine Zigar-ren, ist mit einer winzigen Armbrustbewaffnet und hat meistens schlechteLaune. Auf seinem Schild steht:

»KLEINER IRRER« ARTHURFür die kleinen Ärgernisse im Leben

Ratten *GRATIS*Meuse: 1 Cent für 10 Schwänze

Maulwürfe: jeweils ½ CentWäspen: 50 Cent pro Nest.

Hornißen 20 Cent extraKakerlaken und ähnliche Plage-

geister nach FereinbarungKleine Preise • GUTE ARBEIT

33

Der kleine irre Arthur kann voneinem Ankh-Morpork-Dollar am Tagbesser leben als die meisten Menschenvon fünfzig und ist somit ein Parade-beispiel für das Gesetz des unglei-chen Entgelts. Außerdem geht ausden Ereignissen von Ruhig Blut! her-vor, dass er, obwohl die Bürger vonAnkh-Morpork ihn gedankenlos alsGnom bezeichnen, in Wirklichkeitein urbanisierter Vertreter der Wir-sind-die-Grössten ist.

Ashal, General. Prinz CadramsChefberater und Kommandeur seinerArmee. [FF]

AshkEnte, Ritus von. Ein Zauber,mit dem man den Tod heraufbe-schwört und in die Pflicht nimmt. Erwird nur sehr ungern eingesetzt, denndie dafür zuständigen Zauberer sindmeistens sehr alt und vermeiden eslieber, die Aufmerksamkeit des Todesauf sich zu lenken. Andererseits kanner sehr nützlich sein, denn Tod weißüber fast alles Bescheid, was auf derScheibenwelt vor sich geht – schließ-lich ist er in den meisten Fällen daranbeteiligt.Der Ritus hat sich im Lauf der Jah-re weiterentwickelt. Früher glaubteman, dass acht Zauberer dafür nötigsind. Jeder musste sich auf eine Spitzeeines großen Oktagramms stellen, dieArme ausbreiten, so dass er die Fin-gerspitzen seiner beiden Nachbarnberührte, sich dann hin- und her-wiegen und den Zauberspruch skan-dieren. Außerdem verwendete man

tropfende Kerzen, Weihrauchfässer,grü nen Dampf und diverse anderelästige Utensilien der Hohen Magie.In Wirklichkeit genügen zwei Per-sonen für das Ritual. Sie brauchen nurdrei kleine Holzstücke und vier Ku-bikzentimeter Mäuseblut. Die Be-schwörung klappt sogar, wenn mannur zwei Holzstücke und ein frischesEi zur Verfügung hat.Es gibt insgesamt zehn Möglichkei-ten, den Ritus von AshkEnte durch-zuführen. Neun von ihnen bringeneinen auf der Stelle ins Jenseits, unddie zehnte kann man sich nur schwermerken.

Asphalt. Sehr kleiner und breiterTroll mit Erfahrungen im Showge-schäft – vor allem hat er die Ställe vonZirkuselefanten ausgemistet, die sichimmer wieder auf ihn setzten. Er ar-beitet als Roadie für die Band MitSteinen Drin. Zwar ist er kleiner alsein Zwerg, dafür aber ein ganzes Stückbreiter. [RS]

Assassinengilde. Leitspruch: NILMORTIFI, SINE LVCRE.Wappen: ein Schild, unterteilt voneinem purpurnen Band, das von rechtsoben nach links unten führt. Oben

34

links ein poignard d’or, drapiert voneinem schwarzen, grau gefüttertenUmhang auf rotem Grund. Untenrechts zwei croix d’or auf schwarzemGrund.

Das helle, geräumige Gildenhauswirkt eher wie der Sitz eines vorneh-men Clubs. Es befindet sich in derFiligranstraße in Ankh-Morpork.Angeblich wird das Eingangstor niegeschlossen, weil Tod immer imDienst ist. In Wirklichkeit sind dieAngeln schon seit Jahrhunderten ein-gerostet. (In Helle Barden scheinensie jedoch von jemandem ausgetauschtworden zu sein.)Die Assassinengilde vermittelt dieumfassendste Schulbildung der Schei-benwelt. Ein qualifizierter Assassinekann sich in allen gesellschaftlichenKreisen bewegen und mindestens einMusikinstrument spielen. Wer von

einem Absolventen der Gildenschuleinhumiert wird, kann sicher sein, dasser seinen Tod einer mit Geschmack,Takt und Diskretion gesegneten Per-son verdankt, die mit großer Wahr-scheinlichkeit aus der gleichen gesell-schaftlichen Schicht stammt wie er.Die Zulassungsprüfung ist nicht be-sonders schwierig: Man kommt leichtin die Schule hinein und auch wiederheraus – der Trick besteht darin, sieaufrecht zu verlassen.

EIN KURZER BUMMELÜBER DEN CAMPUS

Begleiten Sie uns auf einem klei-nen Rundgang durch die Gilde. AmHaupttor in der Filigranstraße geht eslos. Achten Sie auf das Pförtnerhaus,in dem der Pförtner Stippler sitzt.Auch sein Vater war hier Pförtner,und dessen Vater ebenfalls. Er hat al-les gesehen, und die wenigen Dinge,die seiner Aufmerksamkeit entgangensind, kann er sich denken. Unser Wegführt am Pförtnerhaus vorbei aufden Schulhof, wo die Statue von EllisWilminius Nettlich steht, dem Schü-ler, der beim Mauerspiel den Ball ein-mal mit solcher Wucht warf, dass ereinen gegnerischen Spieler vom Simseines Fensters im zweiten Stock stieß.Er wurde dafür grün und blau ge-schlagen, aber dieses Missgeschickverwandelte ein bis dahin eher lang-weiliges Spiel in das aufregende, blu-tige Spektakel von heute.Auf der einen Seite des Hofs siehtman noch die reparierte Stelle in der

35

Museumsmauer, die an die unglück-seligen Ereignisse im Zusammenhangmit der Amtsenthebung des vorhe-rigen Oberhaupts der Assassinengil-de erinnert, Professor Kreuz. Wennman den Blick hebt, sieht man denGlockenturm und ganz oben die be-rühmte Wetterfahne der Gilde in Ge-stalt eines in einen weiten Mantel ge-hüllten Mannes (bekannt als »Reiz-barer Charlie«). Es kommt immerwieder vor, dass zu Streichen aufge-legte Studenten an den Schalktagendem Reizbaren Charlie einen Nacht-topf aufsetzen oder ihm Frauenunter-wäsche überstreifen.Wir kehren zum Kreuzgang zurückund gehen dort an den Gemäldenund Büsten berühmter Inhumiertervorbei. Die erste Büste stellt einenfrüheren Kronprinzen von Brindisidar, aber er ist kaum mehr zu erken-nen, weil Generationen von Schülernimmer wieder seine aristokratischeNase getätschelt haben – angeblichbringt das Glück. Auf der Tafel steht:»Verließ dieses Jammertal am 3. Gru-ni im Jahr des seitlichen Blutsaugers,mit Hilfe des Ehrenw. K.W. Dobson(Viper-Haus).«Wir erreichen jetzt den Gemein-schaftskorridor, der am Museum vor-beiführt. Ein Besuch dort ist äußerstlehrreich, und es lohnt sich immer,sich in diesen Räumen irgendwelchenernsthaften Betrachtungen hinzuge-ben. Ein Ausstellungsstück beschäf-tigt die Schüler meist viele durch-wachte Nächte lang: der einarmigeTeddybär namens Wuggel. Croydon

Minimus inhumierte damit im Jahr1687 den Baron von Wendeltreppe-Steckenpferd. Seit jenem verhängnis-vollen Tag haben die Wendeltreppe-Steckenpferds ein Gebiet im Umkreisvon 20 Meilen um ihr Schloss in Über-wald zur plüschtierfreien Zone er-klärt.Hinter dem Museum befindet sichdie Große Schule, einst das einzigeKlassenzimmer der Gilde. Heutedient sie vor allem als Bankettsaal so-wie für Hallensportveranstaltungen,Versammlungen und Prüfungen. DieGroße Schule ist der größte unver-ändert gebliebene Raum der Gilde.Obwohl die Deckenbalken eigentlichnicht zu erreichen sind, haben die be-rühmtesten Ehemaligen dort ihre Na-men eingeritzt.Kurz vor der multikonfessionellenKapelle führt eine kleine Tür in denGlockenturm, in dem sich die Inhu-mierungsglocke befindet. Sie schlägtjede Stunde, aber immer ein wenig zuspät, wie es sich für das elegantesteBildungsinstitut von Ankh-Morporkgehört. Außerdem schlägt sie auch,wenn ein Assassine einen Auftrag er-folgreich durchgeführt hat oder einEhemaliger ums Leben gekommenist, was natürlich nur allzu oft direktmiteinander zusammenhängt.Wir setzen den Weg fort und gelangenzum Kalkkorridor, der an Herrn Wil-kinsons Arbeitszimmer vorbei zurBib liothek führt. Sie gilt als die zweit-größte von Ankh-Morpork – um-fangreicher ist nur die Bibliothek derUnsichtbaren Universität. Doch zu

36

den Themen Mord und Totschlagenthält die Bibliothek der Assassinen-gilde vermutlich mehr Bücher als dieder Universität.Das Gildenhaus hat fünf Stockwerke,Keller, Mansarden und Dachbodennicht eingeschlossen. In vielen Teilendes Gebäudes ist Schülern der Zutrittverboten, aber wie Lord Witwenma-cher sagen würde: »Wer sich immeran die Regeln hält, wird nicht zueinem großen Assassinen. Anderer-seits: Wer die Regeln missachtet undsich dabei erwischen lässt, wird eben-falls nicht zu einem großen Assassi-nen.«Jeder Schüler bekommt irgendwanneinmal das Arbeitszimmer des Schul-leiters von innen zu sehen. Einige be-treten es, um mit Herrn Witwenma-cher Tee zu trinken und zu plaudern,wobei sie ganz automatisch die Man-delplätzchen verschmähen. Andere er-wartet Strafe oder eine gute bezie-hungsweise schlechte Nachricht. DerRaum ist das klassische Beispiel fürein Arbeitszimmer in einem Gilden-haus. Die Wände sind mit Eichenholzvertäfelt, und ein dicker Teppich be-deckt den Boden. Das Zimmer dientauch als Tagungsraum für den Gil-denrat – an einer Wand steht der langeKonferenztisch aus Mahagoni. Da-rüber hinaus beherbergt es die per-sönliche Bibliothek des Schulleiterssowie seine Werkbank. Und wer weiß,welche geheimnisvollen Substanzenin den vielen interessanten Schubla-den des Apothekerschranks lagern?Vier dicke Säulen aus schwarzem

Granit stützen die reich verzierteDecke. Zwischen ihnen steht LordWitwenmachers Schreibtisch, in denebenso wie in die Säulen die NamenberühmterAssassinen eingraviert sind.Das dazugehörige schmiedeeiserneGestell für Ruten und Rohrstöcke istein Relikt aus der guten alten Zeit.Inzwischen haben sich andere Er-ziehungsmethoden durchgesetzt – anmodernen Schulen hält man nichtsmehr von so harmlosen Dingen wieder Prügelstrafe.

AUSZEICHNUNGEN UNDPREISE DER SCHULE

Nach oben schickenTrotz des ominösen Namens ist daseine gute Einrichtung. Wenn einSchüler eine Hausarbeit abgelieferthat, die sein Lehrer besonders gelun-gen findet, so schickt dieser ihn nachoben ins Arbeitszimmer des Schullei-ters, wo ihm ein Glas Sherry und einMandelkeks angeboten werden. Dannwird sein Name in der Schulzeitungveröffentlicht.

Der Kaffeetrinken-PreisDieser Preis wird nach den Silvester-und De-Murforte-Ferien für die zweibesten Aufsätze zum Thema »Wenich in meinen Ferien umgebrachthabe« vergeben. Natürlich erwartetman von den Schülern nicht, dasssie tatsächlich jemanden inhumieren,aber ein Team von erfahrenen Assas-sinen prüft ihre Karten, Wegbeschrei-bungen und Recherchen, die Ziel-person und die »Lösungsvorschläge«,

37

bevor sie die beste virtuelle Inhumie-rung auszeichnen.Der Preis wurde nach dem verstor-benen Jonathan Kaffeetrinken be-nannt, dessen Pläne, den Tod, denSchneevater, die Seelenkuchen-ente, Des Alten Mannes Schwie-rigkeiten und mehrere wichtigeGöt ter zu inhumieren, einst Furoremach ten. Seine Leiche wurde nie ge-funden.

Der HeiligkeitspreisEr wird an einen Schüler aus demzweiten oder dritten Schuljahr für dierealistischste Darstellung einer belie-bigen Gottheit verliehen, für die ernur altes Brot und Sesamkörner ver-wenden darf.

Das PrüfungstrioSo bezeichnet man die drei Jungen,die bei den Prüfungen am Ende einesjeden Schuljahrs am besten abschnei-den.

Der Körper-PokalBenannt nach dem beliebten altenProfessor Willibert Körper. Verliehenwird er der Mannschaft, die das Mau-erspiel gewinnt.

Der Wilkinson-CupDamit wird jedes Jahr der Junge aus-gezeichnet, der beim Fechten diemeisten Punkte erzielt.

Das Erleuchtete ManuskriptGeht an den Schüler, der beim Sport-fest den Kletterwettbewerb gewinnt.

Der Preis wird einfach auf einem ho-hen Gebäude der Stadt platziert, undwer damit zur Gilde zurückkehrt, giltals Sieger. Da sich dabei viele Mög-lichkeiten bieten, jemandem aufzu-lauern, ihm Fallen zu stellen, und aus-zutricksen, ist dies eine gute Übungfür einen zukünftigen Assassinen.

Der Veneficus-KelchDer Professor für Nekrotische Medi-zin und Angewandte Pathologie ver-leiht diesen Preis bei der protzigenNacht dem Schüler, der auf diesen Ge-bieten die vielversprechendsten Leis-tungen gezeigt hat.

Die Tücke-MedailleWird vom Dekan der Assassinengildeam Gründungstag an den Studentenverliehen, der am Tag der offenen Türdie beste selbst konstruierte Falle prä-sentiert hat. (Hinweis: Ein tatsäch-licher Todesfall führt zur Disqualifi-zierung.)

Der Ars-Plumaria-CupDiesen Preis gewinnt der Schüler mitdem gepflegtesten Äußeren. Er istsehr begehrt.

DIE VERSCHIEDENENHÄUSER DER SCHULE(und ihre Haustutoren)

Viper-Haus (Herr Nivor)Skorpion-Haus (Lady T’Malia)Haufen-Haus (Frau Band)Haus der Gebrochenen Monde(Herr Launisch)

38

Raguineau (Baron Strifenkanen)Pernypopax Dampier (Professor

Stein)Kobra-Haus (Herr Mericet)Perücken-Haus (Kompt de Yoyo)B2-Haus [Tagesschüler] (Professor

von Übersetzer)C1-Haus [Tagesschüler] (Professor

Perdore)Mykkim-Haus (Herr Linburg-

Court)Frau Beddauers Haus (Monsieur le

Balourd)Baumfrosch-Haus [Tagesschüler]

(Herr Bradlofrudd)Schwarze-Witwe-Haus [Mädchen]

(Madame les Deux-Épées)Willkommenseife-Haus (Herr

Graumunchen)Raben-Haus (Frau Richtsgutan)

EINE KURZE GESCHICHTEDER GILDE

Der Beruf des Assassinen entstand inden bergigen Regionen von Klatsch.Anwärter auf diesen Berufsstand nah-men dort eine Droge namens Ha-scheesch, die, in ausreichenden Men-gen konsumiert, dafür sorgte, dassman Schlaghosen trug und voller Hin-gabe ausgesprochen monotoner Mu-sik lauschte.Jene frühen »Assassinen« verschwan-den bald von der Bildfläche undtauchten später in der uns heute be-kannten Form wieder auf, vermutlichdeshalb, weil sie keinen Nachschubmehr bekamen.Gegründet wurde die Gilde von Sir

Gyles und Lady de Murforte. SirGyles war ein Krieger, der zur Re-gierungszeit von König Cirone I.,genannt »der Unstete«, lebte. Auf derSuche nach Ruhm und vor allem nachGold zog er durch ganz Klatsch.Während eines seiner Kreuzzüge ge-gen reiche Klatschianer erfuhr er vonder Bruderschaft der Assassinen. Zujener Zeit boten die Assassinen ihreDienste gegen Bezahlung an undspielten bereits eine wichtige Rollein der Innenpolitik des Komplezia-nischen Reiches, in dessen Hoheits-bereich Klatsch damals fiel.* Sir Gyleswar von dem Können, dem selbstbe-wussten Auftreten, der Intelligenzund dem Esprit der klatschianischenAssassinen so beeindruckt, dass erals Mensch mit Weitsicht beschloss,in seiner Heimstadt Ankh-Morporkeine Schule für Assassinen zu grün-den. Den Aufzeichnungen seines per-sönlichen Schriftführers zufolge sagteer wörtlich: »Irgendwann müssen wirdie Mistkerle vielleicht mit ihren eige-nen Waffen schlagen.«Als er nach Ankh-Morpork zurück-kehrte, besprach er die Angelegenheitmit seiner Frau, Lady de Murforte,die den Plänen ihres Mannes volleUnterstützung gewährte. Daraufhinänderte er sein Testament, um dengrößten Teil seiner Ländereien in derSto-Ebene und wichtigen Grundbe-

* Der verwirrenden und manchmal recht wi-dersprüchlichen Politik des Reiches, das vonder Hauptstadt Komplez aus regiert wurde,verdanken wir das heute gebräuchliche Wort»komplex«.

39

sitz in Ankh-Morpork dem Projektzu hinterlassen.Die Bauarbeiten an der neuen Schulebegannen 1511. Man holte Lehrer ausKlatsch, um die intelligenteren Aka-demiker und Psychopathen der Stadtin all den Künsten auszubilden, dieein guter Assassine beherrschen muss.Die Fakultät sollte bei der Fertigstel-lung der Gebäude einsatzbereit sein.Wo heute das Gildenhaus steht, be-fand sich damals ein Lager für Schrift-rollen und Bücher. Man riss es ab,um Platz zu schaffen für ein helles,luftiges Gebäude, das die Glorie derneu gegründeten Schule widerspie-geln sollte.Die »De-Murforte-Schule für vor-nehme Assassinen« wurde am 27. Au-gust 1512 von König Cirone II. of-fiziell eröffnet. Der erste Schulleiterwar Professor Guillaume de Chacal.Er war zwar selbst kein Assassine,stammte jedoch von der renommier-ten Academie Quirmienne, wo er sichden Ruf erworben hatte, eiserne Dis-ziplin zu halten und ein moralischesLeitbild zu sein – wenn man die wil-den Anschuldigungen einiger Leuteaußer Acht lässt, die jedoch nie in derLage waren, stichhaltige Beweise zuliefern.Zu Beginn hatte die Schule 8 Lehrerund 72 Studenten, »Königsschüler«genannt. (Der König gewährte derSchule die Königliche Charta und ei-nen kleinen Betrag für den Erwerbvon Lehrbüchern, Waffen und Ana-tomie-Schaubildern. Zufälligerweisewar sein ältester Sohn Cirone, Prinz

von Llamedos, unter den ersten Schü-lern.) Die meisten Schüler wohnten inSchlafsälen im Gildenhaus, und einigebezogen Quartier in nahe gelegenenHäusern, die einfach nach den Code-bezeichnungen in den Plänen des Ar-chitekten benannt waren.Innerhalb weniger Jahre sorgten diekönigliche Schirmherrschaft und dieausgezeichneten Prüfungsergebnisseder »Königlichen De-Murforte-Schu-le für vornehme Assassinen« dafür,dass die reicheren Bürger der Stadtauf das Institut aufmerksam wurden.Sie verlangten, dass die Assassinen-gilde ihre Pforten auch für Schüleröffnen sollte, die zwar von dem ho-hen Bildungsstandard der Schule pro-fitieren, sich ihren Lebensunterhaltaber später nicht unbedingt dadurchverdienen wollten, dass sie andereLeute umbrachten. Der König geneh-migte eine diesbezügliche Erweite-rung der Charta, die 24 Studienplätzefür Kinder von Bürgern der Stadt vor-sah. Jene Studenten bezeichnete manals »externe Schüler« beziehungswei-se »Oppidaner«, nach dem latatia-nischen Wort für »Städter«.Die Schule entwickelte sich immerbesser. Im Lauf der Jahre stieg dieAnzahl der Studenten und Lehrer,und viele Jungen wurden außerhalbdes Schulgebäudes untergebracht, inHäusern, die von sogenannten »Da-men« geleitet wurden – man nanntesie so, weil sie große weiße Schlüpfermit roten Punkten trugen und einetanzende Kuh ihr Eigen nannten.Im Jahr 1576 verliehen die Stadtältes-

40

ten der Schule den Status einer Gil-de, wodurch sie Stimmrecht im Gil-denrat der Stadt bekam. Ihr Namelautete nun »Königliche Gilde derAssassinen«. Nach den Ereignissenvon 1688 wurde das Attribut »könig-lich« klugerweise gestrichen, und vonda ab sprach man nur noch von der»Assassinengilde«.Leider verlor 1767 der damaligeSchulleiter, der meinte, zwei Paarewürden jedes andere Blatt schlagen,das Gildengelände beim Kartenspiel.Der Grundbesitz ging übergangslosan Sir John »Irrer Jack« Käsedick undblieb fortan bei der Käsedick-Familie.Lady Sybil Käsedick machte darausein Hochzeitsgeschenk für ihren Ge-mahl Sir Samuel Mumm, später SeineGnaden der Herzog von Ankh, zudem die Gilde gute Beziehungen un-terhält.Derzeit bildet die Schule 72 Königs-schüler (so nennt man sie noch im-mer), 180 externe Studenten und ei-nige Stipendiaten aus, deren Anzahlim Lauf des Studiums meist abnimmt.Ansehen und Einfluss der Gilde sindnicht nur in Ankh-Morpork gewach-sen, sondern überall auf der Scheiben-welt. Inzwischen lockt ihr guter Rufauch Schüler aus Klatsch an.Manchmal treffen Assassinen im Zugeihrer beruflichen Laufbahn auf Kli-enten, die selbst einmal auf die Gil-denschule gegangen sind, und dannsingen sie einige Verse der alten Schul-hymne zusammen, bevor die Inhu-mierung erfolgt. Gelegentlich freutsich der Klient so sehr darüber, mit

seinem Tod Teil einer alten und wun-dervollen Tradition zu werden, dasser der Gilde einen großen Teil seinesVermögens überschreibt. Das Geldwird genutzt, um weitere Stipendienzu finanzieren. Und natürlich kennenalle jungen Assassinen die Geschichtevon Sir Bernard Selachii. Einst begeg-nete er einem Assassinen, der voneinem geschäftlichen Konkurrentenbeauftragt worden war, ihn umzu-bringen. Sie verbrachten den ganzenAbend damit, in Erinnerungen an diegemeinsame Zeit im Perücken-Hauszu schwelgen, und schließlich schlugSir Bernard vor, sie sollten auf die alteSchule trinken. Als der andere Assas-sine sein Glas hob, nahm er die Bran-dy-Flasche und erschlug ihn damit.Später stiftete Sir Bernard den bisheute sehr begehrten »Sir Bernard Se-lachii Preis für Kaltschnäuzigkeit«.

TRADITIONELLE BRÄUCHEDER GILDE

HeimlichschachNeue Mitglieder der Assassinengildesind bei diesem spannenden und an-spruchsvollen Sport stets willkom-men – man braucht einige Stunden,um ihn zu verstehen, und ein ganzesLeben, um ihn zu meistern. Heim-lichschach schult hervorragend dasGedächtnis und trainiert sehr effektivdie kostbarste Eigenschaft eines As-sassinen, seine maßlose Paranoia.Es heißt, Heimlichschach sei die ur-sprüngliche Form von Schach. DieseThese geht auf die Entdeckung einer

41

antiken Grabstätte in Muntab zurück,in der man eine Mumie mit einem achtmal zehn Felder großen Schachbrettim Schädel und einem Bauern in je-dem Nasenloch fand.Heimlichschach wird ganz anders ge-spielt als sein besser bekannter Nach-folger, obwohl es dabei nur eine Figurgibt, die beim gewöhnlichen Schachfehlt: den Assassinen natürlich.Es gibt zwei auf beiden Seiten, nebenden Türmen: Die gegnerischen Assas-sinen stehen sich am linken und rech-ten Rand des Spielfelds gegenüber(die Randfelder sind auf dem Mun-tab-Brett rot und weiß gefärbt, derRest schwarz und weiß). Die rot-weißen Felder nennt man »Schleich-wege«. Sie sind den anderen Figurenverwehrt. Es heißt schließlich, As-sassinen würden stets an den Wändenentlangschleichen.Streng genommen darf sich ein Assas-sine ein Feld weit in jede beliebigeRichtung bewegen. Um jemanden zuschlagen, darf er eins überspringen.Schlagen kann er jede Figur außer ei-nen anderen Assassinen. Das heißt,der Spieler darf zwar einen gut positi-onierten Assassinen sichern, indem erihn eine seiner eigenen Figuren »um-bringen« lässt, um ihr Feld für sichzu beanspruchen. Er wird jedoch nie-mals einen gegnerischen Assassinenangreifen, denn schließlich ist das einehrbarer Beruf.All das macht den Assassinen zu einerstarken, wenn auch langsamen Figur.Doch seine wahre Stärke ist »die Be-wegung im Schleichweg«, und die ist

äußerst spannend. Es darf bezweifeltwerden, dass man damals schon et-was von der Unschärferelation wuss-te, aber: Die eigentliche Bewegung desAssassinen führt nicht unbedingt indie Richtung, in der er sich zu bewe-gen scheint. Die Figur zeigt nur an,dass sie sich bewegt, doch das Wohinbleibt offen. Sie bewegt sich in eineranderen Dimension, wie die Zaube-rer sagen würden. Wenn der Assassi-ne auf dem Schleichweg zum Beispieldrei Felder zurücklegt, so kann erbeim nächsten Zug in jeder beliebigendrei Felder entfernten Position auf-tauchen und dann mit einem Zug eineFigur schlagen.Wer die jüngere, konventionelleSchachversion spielt, hat Mühe, diesesKonzept zu verstehen und sich, wenner es verstanden hat, damit abzufin-den, dass ein stiller Tod mitten in ei-ner klassischen klatschianischen Kö-nigsverteidigung erscheint und denKönig matt setzt. Anfänger stellenbald fest, dass es ein Fehler ist, sich zusehr auf die Assassinen zu verlassenund die gegnerische Königin zu ver-nachlässigen, die würdevoll und dochregelgerecht auf dem Schachbrett vor-rückt – sie geben dann meistens auf.Doch es ist außerordentlich spannendund faszinierend, eine Partie zwischenzwei geübten Spielern zu beobachten,bei der alle vier Assassinen heimlichin einer Atmosphäre angstvoller Kon-zentration mit den anderen Figurenihr Spiel treiben.Der anerkannte Meister dieses Spielsist der Patrizier, Lord Havelock Veti-

UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Terry Pratchett, Stephen Briggs

Die Scheibenwelt von A - ZNeue, aktualisierte Ausgabe

Paperback, Broschur, 416 Seiten, 13,5 x 20,6 cmISBN: 978-3-442-43263-9

Goldmann

Erscheinungstermin: April 1996

Vollständig aktualisierte und überarbeitete Neuauflage. Wer hat Oma Wetterwachs eigentlich das Zaubern beigebracht? Was steht auf dem Schreibtischvon TOD? Was ist ein Quantenwetter-Schmetterling? Wo liegt Hargas Rippenstube? Ist derGenuss von Bärdrückers homöopathischen Leckertropfen zu empfehlen? Und dies sind nureinige Fragen, die jedem Scheibenwelt-Reisenden auf der Zunge brennen. Dieses Buch weißauf alle eine Antwort – und wird damit zu einem Hilfsmittel, das kein Anhänger der Scheibenweltentbehren kann. Eine unverzichtbare Orientierungshilfe für alle Neulinge im Pratchett-Multiversum.