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Zwar tragen die Fahrzeuge am Bug noch ihren charakteristischen Delfin, am Heck aber prangt gleichzeitig ein Dop-pelname. Irisbus Iveco steht dort, auch
die Verkaufsunterlagen weisen darauf hin, dass jetzt ein anderer Wind weht. Die Pres-sekonferenz zur Busworld in Belgien zeigte klar, wer bei Irisbus Iveco künftig den Ton an-gibt. Statt eines Irisbus-Chefs sprach Franco Miniero, der CEO bei Iveco. Die Omnibusfrak-tion kehrt in den Schoß des Truck-Konzerns zurück. Das Dach bildet Fiat Industrial – der neue Konzern, der alle Truck-, Land- und Bau-maschinenaktivitäten vereint.
Davon unberührt rollt der Überlandbus Crossway vom Band. Er zählt ja zu den erfolg-reichsten Omnibussen in Europa. Schon mehr
als 10.000 Einheiten wurden seit 2006 gebaut, sein Marktanteil im Segment Überlandver-kehr soll sagenhafte 34 Prozent betragen. In vielen europäischen Märkten lehrt er seine Wettbewerber das Fürchten, nur auf dem deut-schen Markt spielt er eine Außenseiterrolle. Wer ihn kennt, scheint ihn zu schätzen. Wie beispielsweise der Augsburger RBA (Regional Bus Augsburg), wo man seine Zuverlässigkeit und den niedrigen Kraftstoffverbrauch lobt.
Low-Entry mit ReisebusoptikSeine Keimstätte ist das tschechische Werk Vysoke Myto, wo er mit beträchtlichem Auf-wand und ansehnlichen Stückzahlen gefertigt wird. Im Mittelpunkt einer jeden Werksfüh-rung steht immer die vollautomatisierte KTL-
Test_Irisbus Iveco Crossway LE
Er kostet wenig und sieht gut aus, damit setzt der Crossway LE von Irisbus seine Wettbewerber ge-hörig unter Druck. Als Low-Entry zielt er auf den Umland-verkehr, wo er seine stärksten Seiten zeigt.
Für Stadt und LandIrisbus Crossway LE: In Europa ein Hit, an
deutschen Haltestellen noch eine Ausnahmeer-
scheinung.
Bus-Fahrt 02/2012 - Stünings Medien GmbH, Krefeld - www.busfahrt.com
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Lackierung mit ihren Tauchbecken. Weil die Prozesse schon seit Jahren erfolgreich laufen, profitiert auch der Crossway davon – er sollte gegen Korrosion gefeit sein. Mit seiner Reise-busoptik spielt der Crossway einen wichtigen Trumpf aus. Er teilt sich die technische Platt-form mit dem Hochboden-Reisebus Arway, der wesentliche Clou ist allerdings die Low-Entry-Variante. Der LE vereint den Unterbau des Niederflurbusses Citelis mit dem Hochboden-Hinterteil des Crossway, die Fahrgäste entern das Fahrzeug bei 320 mm Einstiegshöhe, die Kneeling-Funktion senkt die Fahrzeugkante um weitere acht. Und der Fuhrparkbetreiber schätzt die einfache Hypoid-Antriebsachse, die gegenüber einer komplizierten Portalachse Kraftstoff spart.
An der Haltestelle gefällt der Crossway mit harmonischen Proportionen und sanften Radien – sein gefälliges Outfit kommt ohne radikale Linien und Chromschmuck aus. Die Rückansicht, die selten Beachtung findet,
lohnt aber einen Blick. Das Crossway-Heck sticht aus der Menge – das Spiel mit konvexen und konkaven Linien würzt das Designmenü beträchtlich. Auch der Innenraum bleibt dem Betrachter nichts schuldig. Die Innenverklei-dungen aus pflegeleichtem Material präsen-tieren sich nicht schmucklos grau in grau. Farbige Akzente setzen taubenblaue Seiten-wände und Halterungen für die Gepäckan-lage, orangefarbene Haltestangen, hellblaue Abschrankungen kontrastieren die Optik. Der rostrote Stoffbezug der Lineo-Sitze heißt Terra-cotta – der schmucke Crossway-Innenraum ist kein Container mit Sitzen. Für die handfeste Qualität stehen die rustikalen Stützfüße der Sitze, andererseits kann man darunter nicht so gut rauswischen. Für längere Strecken gibt es Hochfest-Sitze mit Armlehnen, auf Wunsch gar verstellbare Rückenlehnen und Sitzgurte. Oder vandalismusresistente Lehnen, um un-gezogenen Rüpeln auf den letzten Reihen kei-ne Chance zu bieten. In unserem Testkandida-
Für Stadt und Land
Wer ihn kennt, scheint ihn zu schätzen. Wie
Regional Bus Augsburg, wo man
seine Zuverlässigkeit und den niedrigen
Verbrauch lobt.
Wechselspiel mit konvexen und konkaven
Linien im Heck
Harmonische Proportionen mit 6 m Radstand
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Test_Irisbus Iveco Crossway LE
ten jedenfalls sitzt man auch länger bequem, die Geräuschkulisse bleibt vergleichsweise dezent. Ins Testprotokoll notiert steht: Der ein-fach verglaste Crossway klappert und knistert kaum. Nur an der Vordertür pfeift es bei Tem-po 80, eine exakte Einstellung könnte Abhilfe schaffen. Nichts zu beanstanden haben wir an der Spheros-Klimatisierung, sie funktioniert so, wie sie sein soll – unauffällig zugfrei und ohne Lärm.
ZweckdienlichVoll ausgestattet bringt der Überland-Irisbus 11.680 kg auf die Waage, er ist damit kein Leichtgewicht. Aber die Nutzlastreserven rei-chen locker für 45 sitzende und 39 stehende Fahrgäste, der 12,8 m lange Crossway kann gar für 53 Passagiere bestuhlt werden. Über zwei Außenschwingtüren geht es nach innen. Die Stehplatzinsel mit Klappsitzen in Fahr-zeugmitte dient als Puffer, als Rollstuhl- oder als Kinderwagenplatz. Die tiefhängenden Ge-päckanlagen, immerhin 3 m3 groß, können überall einfach erreicht werden. Große Mit-fahrer, wenn sie nicht aufpassen, stoßen sich beim Aufstehen allerdings den Kopf.
Im Stadtbetrieb nervt den Fahrer nur das langsame Öffnen und Schließen der Türen.
Der Fahrer kommt am Iveco-eigenen Arbeits-platz nach einer kurzen Orientierungsphase schnell zurecht. Der zentrale Armaturenträger mit Digitaldisplay stammt ebenso wie die Elek-tronikstruktur aus dem Schwer-LKW Stralis, das stehende Bremspedal leider nicht. Alle In-strumente gruppieren sich rund um den Fah-rer, die großen Schalter sind vielfach selbster-klärend und allesamt bedienungsfreundlich. Das Funktionslenkrad lässt sich pneumatisch auf das Körpermaß einstellen, die Tasten für Bordrechner, Radio und Telefon sitzen in den Speichen.
Der Crossway-Chauffeur freundet sich mit seinem Irisbus schnell an, er hat es nicht schwer, einen guten Job zu versehen. Eine leichtgängige und präzise Lenkung, die den 18-Tonner sicher auf Kurs hält, sammelt auf Anhieb gute Noten. Auch die Fahreigenschaf-ten, der Crossway LE steckt einiges weg. Sein Fahrwerk mit Einzelradaufhängung vorn und Reisebushinterachse distanziert starrachsige Wettbewerber klar. Ohne sich stark zu vernei-gen, eilt er um enge Kehren, ohne kräftig über die Vorderräder zu schieben – der Stabilisator an der Hinterachse begünstigt den fahraktiven Charakter. Nur auf gemeine Dellen im Fahrbe-lag oder deftige Kanaldeckel reagiert die Vor-
In der Stadt läuft der Iveco-Voith-Antrieb zu großer Form auf, der Voith-Automat sorgt für auskömmliche und wirtschaftliche Fahr-leistungen.
Links: Fahrerorientiertes Cockpit mit guter Ergonomie. Rechts: Eine hohe Stufe vor der letzten Reihe – die ohnehin gern von jüngeren Fahrgästen belegt wird
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Test_Irisbus Iveco Crossway LE
Fakten Kompakt Irisbus Iveco Crossway LE
Antriebausreichend kräftiger Sechszylinder-Diesel
sauber abgestimmter Antriebsstrang
im Überlandverkehr günstiger Kraftstoffver- brauch
Fahreigenschaften
leichtfüßig sicheres Fahrverhalten
vorbildliche Federung
feinfühlige und standfeste Bremsanlage
Fahrgastkomfortguter Fahrgastkomfort (Sitze, Heizung/Lüftung/Klima)
Tür 1 mit Windgeräuschen
angenehmes Geräuschniveau
kaum Fahrzeugresonanzen
Fahrerarbeitsplatzeinfache Fahrzeugbedienung
übersichtlich modernes Cockpit mit gutem Bedienungskomfort
stehendes Bremspedal
Testbewertung auf einen Blick
Technische Daten
MotorWassergekühlter Cursor 8-Rei-hensechszylinder im Heck stehend, Pumpe-Düse-Einspritz-system, VTG-Turbolader und Ladeluftkühlung, vier Ventile pro Zylinder, Abgasgrenzwerte nach Euro 5/EEV mit SCR-Abgastech-nologie.Hubraum 7.790 cm³Leistung 243 kW (330 PS) bei 1.550–2.050 U/minMaximales Drehmoment 1.500 Nm bei 1.250–1.550 U/min
KraftübertragungAutomatisches 4-Gang-Getriebe Voith D865.5 mit Sensotop-Schaltprogramm, einfach über-setzte Hypoidachse, i = 4,10.
FahrwerkEcas-Luftfederung (optional), Vorderachse mit Einzelradauf-hängung an Querlenkern, zul. Achslast 6.300 kg, 2 Luftfederbäl-ge, 2 Stoßdämpfer. Hinterachse:
Meritor-Starrachse mit 4 Luftfe-derbälgen und 4 Stoßdämpfern, Stabilisator, zul. Achslast 11.500 kg; Reifengröße 275/70 R 22,5
Bremsen, Lenkung Pneumatische Zweikreis-Druck-luftbremsanlage mit EBS-Rege-lung (optional), ABS und ASR, innenbelüftete Scheibenbremsen (Knorr-Bremse) an allen Rädern, Dauerbremse Voith-Retarder, Auspuffklappen-Motorbremse, Servocom-Lenkung ZF 8098.
Maße, GewichteLänge/Breite/Höhe 11.995 x 2.550 x 3.210 mm Radstand 6.030 mm Überhang vorne/hinten 2.673/3.292 mmEinstiegshöhen vorn/Mitte 320/330 mmWendekreisdurchmesser 22.200 mmBöschungswinkel Front/Heck 7°/7°Zulässiges Gesamtgewicht 18.000 kg Leergewicht (lt. Hersteller) 11.510 kg
FahrgastplätzeSitzplätze/Stehplätze 45/39 oder 45/34 + 1 Rollstuhlplatz
Preis des Testwagens 195.000 Euro
Messwerte Testgewicht16.040 kg (70% Auslastung)Fahrdynamik, Beschleunigung 0–50/60/80/90km/h 13,9/17,6/27,5/34,7 sInnengeräusche in dB(A) 60 km/h Front/Mitte/Heck 65,6/64,1/67,5 80 km/h Front/Mitte/Heck 69,2/67,2/68,4Kraftstoffverbrauch bei Konstantfahrt bei 80 km/h15,07 l/100 kmKraftstoffverbrauch (mit Durchschnittstempo)Citykurs: 45,68 l/100 km bei 21,01 km/h; Überlandkurs: 31,06 l/100 km bei 42,74 km/hGesamtverbrauch über 227 km30,85 l/100 km
Niederflureinstieg über zwei Außen-schwingtüren
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Ihre Meinung ist gefragt
Sie haben wiederholt Ärger mit
Ihrem Omnibus? Ist es die Elek-
tronik? Macht der Antrieb Pro-
bleme? Oder sind es eher die
kleinen Details, die Sie ärgern?
Mailen Sie uns Ihre Sorgen und
Nöte, wir kümmern uns darum
derachse etwas unwirsch, lange und tiefe Bo-denwellen werden sanft federnd genommen.
Maßgenau motorisiertAusreichend Motorleistung ist für einen sou-veränen Fahrstil unentbehrlich, hier lässt sich der Crossway nicht lumpen. Der kleinvolumi-ge Cursor-8-Sechszylinder (7,8 l Hubraum) aus dem Iveco-Regal passt haargenau zum Fahr-zeug, ganz ohne Kompromisse. Mit 330 PS und maximal 1.500 Nm Drehmoment ist er ausrei-chend gut bei Kräften, wenn er mit Drehzah-len bei Laune gehalten wird. Zuständig dafür zeichnet der Voith-Getriebeautomat, der mit vier Gangstufen und neuem Sensotop-Schalt-programm arbeitet. Der Fahrleistungswunsch (am Gaspedal), die aktuelle Geschwindigkeit und die topografischen Verhältnisse werden vom Getrieberechner stetig abgeglichen, die passenden Schaltpunkte variiert.
In der Stadt läuft der Iveco-Voith-Antrieb zu großer Form auf, der Voith-Automat sorgt für auskömmliche und wirtschaftliche Fahr-leistungen. Schnell ist die gewünschte Fahr-geschwindigkeit erreicht, über 40 km/h senkt der vierte Gang die Drehzahlen. Und in die Haltestelle bremst der Sekundärretarder im Getriebe stets komfortabel und ruckfrei. Geht es zügig über Land, wird der kultivierte Mo-tor kräftig gefordert. Die breite Spreizung des Viergang-Getriebes erweist sich hier als se-mioptimal – mit zwei Gängen mehr wäre der Irisbus dort besser bedient. Aber in Getriebe-fragen, die durchaus Einfluss auf die Betriebs-kosten haben, bleibt Irisbus neutral. Der Kun-de bekommt für seinen Crossway LE, was er möchte – ein Sechsgang-Handschaltgetriebe von ZF oder automatische Lastschaltgetriebe von Voith oder ZF.
Weil der Crossway zur flotten Truppe ge-hört, sind auch seine Stopper dafür ausgelegt. Der Hersteller setzt zumindest optional auf eine gefühlsechte, gut funktionierende EBS-Bremsanlage mit Scheibenbremsen rundum. Der ins Getriebe integrierte Retarder ist aufs Pedal vorgeschaltet, optional blockiert die An-fahrsperre ein Wegfahren mit geöffneter Tür. Den Begriff ESP findet man in den Verkaufs-unterlagen nicht, das Stabilitätsprogramm als Schleuderschutz ist für den Crossway LE nicht zu bekommen.
Geht es ums Geld, werden andere schweig-sam. Bei Irisbus zeigt man sich offen, der uni-verselle Crossway LE soll für 195.000 Euro zu haben sein. Damit unterbietet er seine Wettbe-werber teils beträchtlich, in seiner Grundaus-stattung ist er gar ab 175.000 Euro verfügbar. Auch mit seinen Betriebskosten fährt er vo-
raus. Im reinen Stadtverkehr, das zeigen die Messwerte, kann er sich noch nicht entschei-dend absetzen. Viele Anfahr- und Bremsvor-gänge stehen dagegen, die Fahrzeugmasse ist die entscheidende Größe. Aber im Überland-verkehr, wenn die Haltestellenabstände länger werden, knausert der Irisbus mit Kraftstoff. Einen Vorgeschmack aufs Endergebnis gibt der Messwert bei 80 km/h Konstantfahrt. Die Überlandlinie ist sein Metier, der Crossway spart Liter für Liter und fährt hier Bestwert, der nicht mit einer Schleichfahrt erkauft wird.
Unser Fazit Noch wird der Crossway LE als Geheimtipp ge-handelt. Er ist flexibel einsetzbar, kostet nicht viel und zeigt sich auch im Betrieb genügsam. Man kann mit ihm sehen lassen, die Fahrgäste werden ihn schätzen. Beim Fahrpersonal sam-melt er schnell Sympathiepunkte, er macht seinen Bedienern die Arbeit leicht. Der Cross-way LE ist gegen Rost gut gewappnet, mancher Wettbewerber hat hier weniger zu bieten. Wir meinen, der Crossway LE ist einen Seitenblick wert, der schnell zu einem Seitensprung wer-den könnte. Wolfgang Tschakert
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