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1 TEXTE ZU SCHULBIBLIOTHEKEN UND LESEFÖRDERUNG Günter Schlamp

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TEXTE ZU SCHULBIBLIOTHEKEN UND

LESEFÖRDERUNG

Günter Schlamp

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Impressum

© Alle Rechte liegen beim Autor

Gestaltung und Herstellung:PeakADVERTISE, Sulzbach/Ts., www.peakadvertise.com

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Inhaltsverzeichnis

Zeitraum Seite

1994 Schulbibliothek von unten: Der hessische Pfad 5

1999 Vorauseilende Autonomie von Schule:Beispiel Bücherei 11

1997 Im Keller oder unterm Dach. Kuriose Erfahrungen mit Bibliotheksräumen in Schulen 14

2002 In der Schulbibliothek Arbeitstechniken trainieren 18

1998 15 Jahre Bibliothek der Friedrich-Ebert-Schule,Schwalbach a.Ts. 22

2005 Schulbibliotheken in Hessen:Das Ende des Sonderwegs 27

2005 Und jetzt Portugal. Bericht von einer Studienreise 33

2002 Warum Schulbibliotheken in Deutschland keine Zukunft haben 38

1995 Zurück aus dem Internet. Reisenotizen eines Bibliothekslehrers 55

New Impulses for School Libraries in Germany 65

Bücher für Bücherliebhaber 69

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Schulbibliothek von unten: Der hessische Pfad 1994

Da Schulbibliotheken anders als Schulturnhallen nicht zurGrundausstattung von Schulen gehören, andererseits aber zu-nehmend Eltern und Lehrkräfte das Lesen fördern möchten,sind „Barfußbibliotheken“ entstanden: ehren- und nebenamt-lich mit Hilfe von Spenden aufgebaute Büchereien. Der nach-folgende Text beschreibt die Grundsätze dieser Bewegung.

Auch der Staat will in den nächsten Jahren Personalstellen einsparen.Hessen kann in Zukunft seinen Schulen nur noch einen Minimal-standard garantieren. Die 1995 wirksam gewordene Neuregelung desLänderfinanzausgleichs traf die Haushalte der Alt-Bundesländer emp-findlich. Diese und ähnliche Informationen haben Konjunktur.

In der öffentlichen Verwaltung ist „lean administration“ analog zur„lean production“ zum Trend geworden. Die Grünen im HessischenLandtag raten den Schulen, sich Sponsoren zu suchen (FAZ vom14.5.92).

Die Kostenträger für die hessischen Schulen – Landkreise und kreis-freie Städte – wollen Personal einsparen. Unter den ersten Opfernwaren die Schulassistenten, deren Stellen zu einem kleinen Teil auchfür die Verwaltung von Schulbibliotheken genutzt wurden. Stadtteil-büchereien stehen an hervorragender Stelle auf den Streichlisten derKämmerer.

Das Ende der großen Pläne und HoffnungenWas bedeutet dies für die Schulbibliotheksentwicklung (nicht nur) inHessen? Die bisherigen Konzepte, Pläne und Denkschriften sind revi-sionsbedürftig geworden. Ein Beispiel, wie schnell aus einer Denk-schrift ein Denkmal werden kann, sind die Empfehlungen zum„Aufbau eines leistungsfähigen Schulbibliothekswesens in Hessen“aus der Feder einer Arbeitsgruppe, die vom hessischen Kultusminister

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1990 berufen worden war. Im wesentlichen besagte das Papier:• Für die 2000 Schulen in Hessen werden hauptamtliche Bibliothe-

karinnen und Bibliothekare gebraucht.• 17 schulbibliothekarische Arbeitsstellen (SBA) mit (in der ersten

Fassung) 85 Planstellen sollen schulnahe Dienstleistungen erbringen.

Es war ein durchdachtes Konzept.Angesichts der Rotstiftpolitik deröffentlichen Haushalte wäre aber das Beharren auf solchen Lösungen„fundamentalistisch“.Zweifellos sind gesetzliche Festschreibungen,diezu flächendeckenden Infrastrukturmaßnahmen führen, unverzicht-bar. Sie stehen jedoch derzeit unter einem ungünstigen Stern.WelcheStrategie verspricht noch etwas? Um zu weiterführenden Überlegungen zu gelangen, ist es ratsam, dieVeränderungen der Schule und des Unterrichts in den letzten Jahrenzu berücksichtigen.

Die „heimliche“ SchulreformEinige Reformen haben zu einer Neuentdeckung der Schulbibliothekgeführt. Vor allem in den Grundschulen verändern Lehrkräfte ihrenUnterricht: Die Fibel, das gemeinsame erste Lesebuch, ist vielerortsabgeschafft worden. Statt dessen werden vielfältige, an die Bedürf-nisse der Kinder angepasste Materialien verwendet. Manche Klassenschreiben ihre eigene Fibel. Die Stundentafel gibt mehr Möglichkei-ten für einen differenzierenden und offeneren Unterricht, in demnicht mehr alle zur gleichen Zeit dasselbe tun müssen. Der Wochen-plan verlangt selbständiges Herangehen an die Lernaufgaben. Lesen,Vorlesen, (kreatives) Schreiben tauchen nicht nur in der fachdidakti-schen Literatur, sondern auch in der Unterrichtspraxis häufiger auf.Viele Grundschulen widmen längst nicht mehr nur dem Lesenlernenihre Aufmerksamkeit, sondern auch dem Erhalt der Lesemotivation.Ebenso gibt es in der Sekundarstufe innere Reformen, wenngleichnoch weniger verbreitet als in Grundschulen. Projekttage, -wochenoder Unterrichtsprojekte gewinnen an Boden. Leseförderung wirdThema in Rahmenplänen.

Die Zahl der Ganztags- und Betreuungsschulen wächst. Dies garan-

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tiert berufstätigen Eltern gleichbleibende schulische Anfangs- undSchlusszeiten. Vor und nach dem Unterricht oder in ausfallendenRandstunden werden Aufsicht und sinnvolle Betätigung ermöglicht.Offener Anfang, ein Zeitabschnitt vor dem eigentlichen Unterrichts-beginn, erlaubt ein individuelles oder gemeinsames Einstimmen aufden eigentlichen Unterricht. Das können ein Gespräch mit der Lehr-kraft, eine Kleingruppensitzung, ein nachholender oder vorbereiten-der Arbeitsauftrag sein.Bei alledem sind die herausragenden Möglich-keiten des Lernorts Bibliothek unübersehbar.Gerne wird das Bild von einer Schule gezeichnet, die alle Inhalte undTätigkeiten mit einem „didaktischen Grauschleier“ überzieht und dieLust am Lesen gar nicht erst aufkommen lässt. Das ist aber allzu grob-schlächtig. Die Zahl der Übernachtungen in Schulbibliotheken steigt:Die lange Lesenacht ist der wohl überzeugendste Beweis, dass neueWege gegangen werden.

Die neuen Medien wie CD-ROM-Enzyklopädien und die Möglich-keiten elektronischer Kommunikation mit externen Datenbanken undweit entfernten Dialogpartnern verändern auch schulisches Lernen.

Der Wert einer Schulbibliothek/Mediothek als schulisches Informa-tionszentrum, als „Werkstatt“ für handlungsorientierten Unterricht,als Ort entspannten Schmökerns und der Begegnung mit Autorinnenund Autoren, wird von Lehrkräften und Schulleitungen zunehmenderkannt. Der Bedarf an Information darüber, an Beratung und handfe-ster Dienstleistung nimmt zu.

Wie soll es mit den Schulbibliotheken weitergehen, wenn sie im Be-wusstsein der Lehrkräfte im Aufwind sind, aber gleichzeitig den haus-haltspolitisch bedingten Gegenwind aus Politik und Verwaltung spü-ren? Dass der Bedarf an Planstellen und Sachkosten auch nur mittel-fristig gedeckt werden wird, damit ist nicht zu rechnen. AuchProteste und Denkschriften werden daran wenig ändern.

„Schulbibliothek von unten“ – der hessische TrampelpfadVor diesem Hintergrund ist die Entstehung der Landesarbeitsgemein-

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schaft Schulbibliotheken in Hessen e. V. zu sehen. In der zweitenHälfte der 80er Jahre gab es enttäuschende Briefwechsel mit dem füröffentliche Bibliotheken zuständigen Wissenschaftsministerium(„Nicht zuständig“), dem Kultusministerium („Nicht zuständig“) undden kommunalen Gebietskörperschaften („Kein Geld“, „freiwilligeAufgabe – kein Muss“, „Lesen ist Privatsache“).

Da ergab sich der Weg der LAG fast von selbst: „Hier und jetzt an-fangen“, nicht warten, bis eine kommunale oder staatliche Verwal-tung den Schulen eine Bibliothek „schenkt“.Das brachte einigen „Wildwuchs“ mit sich. Es gab keine Beratungs-und Dienstleistungsangebote für die zahlreichen Bibliotheksinitia-tiven. (Die beiden Büchereifachstellen im Lande waren nach Auskunftdes Wissenschaftsministeriums für Schulbibliotheken nicht zuständig.

Dennoch gab es von dort informelle Hilfe.Viel Zeit und Kraft wurdemit der Suche nach anderswo längst gefundenen Antworten vergeudet.Persönliche Kontakte zu einzelnen Bibliothekarinnen,die mit Rat undTat halfen, bestanden zwar. Eine Anlehnung an das öffentliche Biblio-thekswesen schien aber chancenlos. In Hessen gibt es allenfalls imRhein-Main-Gebiet und den größeren übrigen Städten ein, aber auchdort nicht überall befriedigendes Angebot.

Die Maxime „Hier und jetzt“ konnte nur erfolgreich sein, wenn dieNutzung aller schulischen Ressourcen gelang. Das heißt Beteili-gung am Finanzhaushalt der Schule, Einbeziehung der gesamtenSchulgemeinde, mit dem Ergebnis oft verblüffender Hilfsbereitschaft,Öffnung nach außen, Förderung durch Sponsoren, Zusammenarbeitmit Dritten. Dafür gibt es eine Fülle gelungener Beispiele.Es lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob sich über eine „Biblio-thek von unten“ dauerhafte Strukturen ausbilden lassen. In einigenSchulen lebt das Projekt Schulbibliothek seit mehr als 10 Jahren. Inder Gesamtschule „Busecker Tal“ in Buseck bei Gießen gar 20 Jahre.In dieser Zeit haben sich neue Gewohnheiten herausgebildet, Lehr-kräfte die Existenz einer zentralen, modernen Bibliothek an ihremArbeitsplatz schätzen gelernt und Schüler/innen den Nutzen selb-ständigen Lesens und Lernens in der Bibliothek erkannt.

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Die dritte Maxime lautet: Die Schulbibliothek ist nur ein, allerdingswesentlicher Baustein in einem Gesamtkonzept von Leseförderung,Medienerziehung und Bibliothekspädagogik. Es geht um dielesefreundliche Schule:Am Anfang kann eine Wandzeitung mit Lese-tipps stehen, ein Büchertisch, die Leseecke oder das regelmäßige Vor-lesen. Leseförderung beginnt nicht erst mit der schlüsselfertigenÜbergabe einer Schulbibliothek mit 10.000 Medieneinheiten. Es gibtGrundschulbüchereien mit 1.200 und Gesamtschulbibliotheken mit4.000 Büchern, in denen reges Leben herrscht.

Damit sind wir bei der vierten Maxime:Schulbibliotheken sind einepädagogische Einrichtung. Sie sind eng in den Unterricht und dieSchulorganisation eingebunden.Die Gremien der Schule sind für ihreBibliothek verantwortlich. Sie ist Thema der Fach-, Gesamt- undSchulkonferenzen und nicht zuletzt vielfältig im Lehrerzimmer prä-sent. Auch die schönste und größte Schulbibliothek wird eine toteBüchersammlung bleiben, wenn sie sich nicht als Dienstleistungs-betrieb innerhalb der Schule versteht, der nicht nur Bücher bereit-hält, sondern zum Lesen animiert und die Techniken der Informa-tionssuche beibringt. Die Bibliothek ist an schulischen Aktivitäten –Tag der offenen Tür,Projektwoche,Weihnachtsbasar – beteiligt. Sie war-tet nicht, bis jemand kommt und den vorhandenen Bestand nutzt. Siekennt die Lern- und Schmöker-Bedürfnisse der Schüler/innen,die did-aktischen Planungen,Wünsche und Zwänge der Lehrkräfte und machtmaßgeschneiderte Angebote. Der Bestandsaufbau erfolgt in enger Ab-sprache mit den Fachschaften, die Nutzungsmöglichkeiten sind imLehrplan vermerkt. Sie ist innerschulisches Informationszentrum.

Neue Wege Die rechtlichen und organisatorischen Veränderungen in denSchulen bieten Chancen für die Schulbibliotheksentwicklung. Durchdas neue Hessische Schulgesetz erhält die einzelne Schule seit 1993mehr Gestaltungsfreiheit. Die Förderung schulischer Autonomie,etwa durch zunehmenden Einfluss auf die Verwendung der Haus-haltsmittel („Budgetierung“), vielleicht auch bald der personellenRessourcen kommt dem Ansatz „Bibliothek von unten“ entgegen.

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Die Mitverantwortung der Eltern steigt. Sie sind in der Schulkon-ferenz vertreten,dem obersten Lenkungsgremium der Schule.Es wirdauch stark von ihnen abhängen, ob ihre Kinder an dem Ort, an demsie einen großen Teil des Tages verbringen, eine geöffnete Bibliothek,ein Zentrum für Lesen und Lernen, vorfinden oder nicht.

Neue Wege suchen, heißt auch, die Einrichtung kombinierter Stadt-teil- und Schulbibliotheken als dem Königsweg der Entwicklungeiner kritischen Prüfung zu unterziehen. Man kann nicht – wie es jageschieht – hier eine kombinierte Bücherei öffnen und dort eineschließen.Aber dies findet in Hessen zur Zeit statt.Man versuche einmal mit einer Klasse der Grundschule Linsenge-richt-Eidengesäß die Stadtbücherei in Gelnhausen zu besuchen!Wenn die Bibliotheksbenutzung zu einem selbstverständlichen Be-standteil des Schulalltags werden soll, wie macht man das in einerGesamtschule auf der grünen Wiese, fünf Kilometer vom nächstenDorf, dreißig Kilometer von der nächsten Stadtbücherei entfernt?

Es müssen neue, flexible Formen der Kooperation gefunden werden:Die Bücherei einer beruflichen Schule kann zur Wirtschaftsförderungim Landkreis beitragen, indem sie ein Informationszentrum wird, indem kleinere Betriebe Zugang zu Wirtschaftsdatenbanken erhaltenund junge Arbeitnehmer/innen Fachliteratur finden. Volkshoch-schulen, die häufig Schulräume als Tagungsstätten in Anspruch neh-men, können eine Oberstufenbibliothek mitbenutzen. BenachbarteSchulen können unterschiedliche Bestandsschwerpunkte verabre-den und die elektronische Suche in ihrem Katalog ermöglichen.OderRessourcen für eine gemeinsame Bücherei bündeln.Das Konzept der „Schulbibliothek von unten“ blieb nicht ohne Erfolg:In den vergangenen zehn Jahren sind 30 Bibliotheken „von unten“entstanden.

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Vorauseilende Autonomie von Schule: Beispiel Bücherei 1999

Regelmäßig hört man Klagen über fehlende Schulbibliotheken. Sosicher wie jährlich die Buchmesse stattfindet, so sicher wird die Zahlder Schulen ohne Bibliothek jährlich aufs Neue bekannt gegeben –angeblich 90%. Leider geht kein Ruck durch die Gesellschaft.

Alles halb so schlimm. Ein Blick in die Amtsblätter des hessischenKultusministeriums belegt nämlich, dass wir das Falsche gesuchthaben. Schulbibliotheken mag es kaum geben; also Informations- undKulturzentren mitten in der Schule, täglich geöffnet, mit Platz zumLernen und zum Schmökern,mit „alten“ und neuen Medien, in denenman lernt zu exzerpieren, wo gelegentlich ein Autor diskutiert undwo im Dezember ein Weihnachtsbaum mit hübschen Texten statt mitLametta geschmückt wird. Nein, solche Schulbibliotheken gibt eswohl wenig.Aber ...

In Hessen ist die Regelbeförderung der Gymnasiallehrkräfte von A 13nach 14 abgeschafft. Studienrätinnen und Studienräte müssen Zusatz-aufgaben, wie z.B. die Zeitung einer Schulbibliothek, übernehmen,um Oberstudienrat oder Oberstudienrätin zu werden. Sie müssen„mitarbeiten“, „koordinieren“, „aufbauen“, „betreuen“ oder „leiten“.Wer die Ausschreibungen für diese Beförderungsstellen liest,gerät insSchwärmen ob des biblio- und mediophilen Treibens in den Schulen.Die Vielfalt der Bezeichnungen für das, was da koordiniert, aufgebautoder betreut werden soll, erinnert an die maoistische Kampagne„Lasst 1000 Blumen blühen“: „Schulbücherei“ kommt unserer naivenVorstellung noch am nächsten. Auch eine „gemeinsame Gemeinde-und Schulbibliothek“ klingt vertraut.Von diesem viel gepriesenen Zu-kunftsmodell gibt es eine Hand voll, und alle paar Jahre kommt eineweitere dazu.„Schülerbücherei“, „Schülerbibliothek“, „Lehrer- und Schülerbücherei“überlassen wir erst einmal der Gleichstellungsbeauftragten. In einemFall hat sie wohl schon eingegriffen. Dort heißt es nämlich: „Lehr-kräftepräsenzbücherei“.Wer muss da präsent sein? Wird hier nicht die

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Bücherei zum Einfallstor für die Präsenzzeit, die über den Unterrichthinausgehende Anwesenheitsdauer der Lehrerinnen und Lehrer inder Schule, missbraucht? Die Aufgabe ist aus einem weiteren Grundbemerkenswert. Es muss an dieser Schule auch eine Schulbibliothekgeben. Der oder die zukünftige Planstelleninhaber/in koordiniertnämlich die Arbeit der Lehrkräftepräsenzbücherei mit dieser. Da fal-len Synergieeffekte an! Die „Präsenzbibliothek für Lehrerinnen undLehrer und Schülerinnen und Schüler“ wird einen extra großenStempel brauchen.Monate später taucht allerdings auch eine „Präsenzbibliothek fürSchüler und Lehrer“ im Amtsblatt auf. „Schülerhilfsbücherei“ erinnertan die frühen Jahre, als die Bücher per Care-Paket kamen und amRanzen ein Schwämmchen befestigt war. „Zentralbibliothek“ klingtsehr amtlich,hier wäre sicher die Besoldungsgruppe A 15 angebracht.Eine „studierendengerechte Bibliothek zum Selbststudium“ ist wohleine Spezialbibliothek. Da kenne ich mich nicht aus. „Mediothek“,eigentlich o.k.; aber notorischer Nörgler, der ich bin: Das österreichi-sche „Mediathek“ klingt in meinen Ohren korrekter und gefälliger.„Schülerpräsenzbibliothek“, „Lehrer- und Schülerbibliothek/Medio-thek“: s.o.Eine Gesamtschule hat eine „Videothek“ zum Aufbau ausgeschrieben.Für die rechte Gehirnhälfte? Oder um Hauptschüler/innen stillzustellen?

Wer sich für die „Betreuung ausgewählter Bibliotheken“ einer Schulebewirbt,sollte sich vorher sicherheitshalber nach der Zahl erkundigen.

Auch die Privilegierung einzelner Fächer und Fachbereiche kommtvor:Die „Chemiebibliothek“ und die „Mediothek für den FachbereichGesellschaftslehre“ seien hier stellvertretend erwähnt.Da es im Schul-bibliothekswesen keine empirische Forschung gibt, bleibt imDunkeln,ob die anderen Fachbereiche und Fächer die Ausschreibungund Stellenbesetzung vor oder hinter sich haben.

Damit diese Glosse nicht zu lang wird, überspringen wir die zahlrei-chen zur Betreuung ausgeschriebenen Lehrbuchsammlungen,die mitdem Wort Bibliothek geadelt werden. Welche Ressourcen frei wür-den, wenn Kauf, Verwaltung und Aufbewahrung der Schulbücher

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wegfielen: Anrechnungsstunden, A 14-Stellen und Räume; man darfnicht dran denken! Aber in Hessen hat die kostenlose Gewährung derSchulbücher Verfassungsrang.

Und dann gibt es auch das: „Betreuung der Bücherei“ steht da.Was istdas bloß für eine Schule?

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Im Keller oder unterm Dach 1997

Kuriose Erfahrungen mit Bibliotheksräumen in Schulen

Diesen Reisebericht verdanke ich meiner Tätigkeit als Berater fürSchulbibliotheken.

Einer meiner ersten Besuche führt mich in ein Gymnasium, das denNamen eines berühmten Wissenschaftlers trägt.An der großen Infor-mationstafel im Eingangsbereich steht nicht „Bibliothek“. Da steht:„Bibliotheken“. Mein Rundgang durchs Schulgebäude endet wiedervor der Hausmeisterloge. Der Hausmeister schickt mich ins Sekre-tariat. Dort wisse man sicherlich, wo die Räume seien, die ich suche.Immerhin gab es einen Büchereiraum.Überhaupt,die Zahl der Schulen,die auf Infotafeln auf ihre Bibliothekhinweisen, ist weitaus höher als die Zahl der Schulen, die wirklicheine haben.Einen Mittelplatz nimmt die Schule ein,die unübersehbarnach links verweist,wenn man in die Bücherei will.Zur Bücherei geht´sallerdings rechts. Inzwischen sind einige Wände renoviert worden.Die irreführende Inschrift scheint aber unter Denkmalschutz zu stehen.

In dem Gebäude, das ich an einem verregneten Nachmittag besuche,muss ich schon mal gewesen sein. Lange kahle, neonbeleuchteteFlure. Nein, das war damals der Bahnhof Berlin-Friedrichstraße, beimWechsel vom Ostteil in den Westteil der Stadt, ein Labyrinth vonGängen und Treppen. Ein Hinweis, erleuchtet, auf Milchglasscheiben:„Zur Bibliothek“, Pfeil nach unten, Treppe in den Keller. DerBibliothekslehrer zieht den Rolladen hoch. Auge in Auge mit derGrasnarbe.Aber immerhin, frische Luft.Wir hatten im Lehrerzimmerauf den Kollegen gewartet, die Elternbeiratsvorsitzende und ich.Aberwir flogen raus. Fachkonferenz, bitte nicht stören! Der Schulleiterfehlte, er hatte den Termin vergessen.Eine andere Schule erhält einen Neubautrakt. So entsteht ein post-moderner,überdachter Innenhof.Erinnert entfernt an Richard MeiersFrankfurter Museum für Kunsthandwerk.Aus einem Fenster im drit-ten Stock blicke ich hinunter. Das wäre eine schöne Bibliothekgeworden. Das ist der Theatersaal, sagt der Bibliothekslehrer.Was ist

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da oben unter der Decke über dem vierten Stock, das umlaufendeBand? Die Heizung. Unten in Bodenhöhe war kein Platz mehr, dahabe sie der Architekt unters Dach gehängt.Auch die Bibliothek bekommt einen neuen Raum.Vorher war sie mitzwei Räumen im Keller, wie das Broschürenlager einer großen Firma.Jetzt erhält sie einen Raum im Neubau, 60 m2, ohne Fenster, ohneWasser- und Telefonanschluss.

Ich rufe vor meinem Termin in einer weiteren Schule noch einmal an,bitte die Schulsekretärin mich mit der (städtischen) Schulbibliothekim Schulgebäude zu verbinden. Leider kennt sie die Nummer nicht.

Eine gepflegte, freundliche Grundschule, viele bunte Schüler/innen-zeichnungen hängen an den Wänden.Mitten im Büchereiraum prangtein wunderschöner Lesesessel. Unter der Decke schwebt ein grünesTuch. In den Regalen stehen pralle,knallbunte Bücherstützen.Neben-an rauscht die Klospülung und der Sachbearbeiter des Schulträgerssagt: „Offiziell darf ich das gar nicht wissen, dass Sie einen Klassen-raum zweckentfremden.“

Der Jahrhundertwendebau, den ich als nächstes aufsuche, liegt imVorort einer Großstadt. Wiederum eine Grundschule. Ein breitesTreppenhaus, ein Büchertisch im Erdgeschoss, Bücherplakate an denWänden und im vierten Stock,unterm Dach,der gemütliche Leseclub.Die Decke ist himmelblau gestrichen,mit kleinen weißen Wolken,dergrüne Teppichboden wurde von der Sparkasse gestiftet.

Das Gebäude, in dem ich jetzt bin, wird in der Architekturwelt be-wundert. Die Vorworte in der Einweihungsbroschüre sind voll desLobes.Dabei ist es eine Art Lärmschutzwand,die die restlichen Schul-gebäude von einer Schnellstraße abschirmt. Ein Raum wie ein Torten-stück. Hier soll die Schulbibliothek rein. Streckt man die Hand ausdem Fenster – die Kollegin hat eine Plombe aufgebrochen, um es zuöffnen – fürchtet man, dass sie von einem vorbeifahrenden LKWabgerissen wird. Aber man muss das Fenster öffnen. Die Innenseiteund das halbe Dach sind verglast. Im Sommer ist der Raum eine Sauna.

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Anderswo wieder ein Kellerraum, groß, dunkel, aber immerhin nor-male Raumhöhe. Man könnte ihn durch Regale gliedern. Geht nicht,sagt der Rektor.Wir brauchen den Raum auch als Filmraum.

Wieder woanders blinzeln die Kolleginnen verschwörerisch. Siehaben mich eingeladen,um Verstärkung zu bekommen.Sie wollen eineSchulbibliothek. Ihr Kollege zeigt mir voller Stolz sein Reich. Einekleine, feine Oberstufenarbeitsbücherei. Gerade hat er im Rahmeneines Bauprogramms sein Territorium erweitert. Mitten in der Schuledagegen, architektonisch nicht ohne Reiz, ein großer, langgezogenerRaum,aus dem die Kolleginnen gerne eine zentrale Bibliothek für alleSchülerinnen und Schüler gemacht hätten.

Man betritt die Schule, eine typische Lernfabrik der 70er Jahre mitbemalten Betonwänden, durch einen hellen, transparenten Anbau,rechts die Cafeteria, links die Bibliothek.Geplant hatte der Schulträgereinen Verwaltungstrakt.Kollegium und Schulleitung votierten für dieseLösung und holten sich obendrein noch schicke Möbel in den Anbau.

In der nächsten Schule ist der Bibliotheksraum vom Architekten ein-geplant. Mitten in der Schule, groß, ein bisschen dunkel, schlechteLüftung,aber vergleichsweise luxuriös.Nach zehnjährigem Leerstandwurde in Eigeninitiative die Bibliothek eröffnet.Dann musste der Bauasbestsaniert werden.Die Bibliothekslehrer passen während der drei-jährigen Sanierungsphase auf wie die Schießhunde. Hinterher habensie Telefon- und Wasseranschluss, einen zusätzlichen Büroraum, einegrößere Grundfläche und als einzige im Haus einen Schall schluk-kenden Teppichboden. In letzter Minute haben sie den direkten Zu-gang zum Lehrerzimmer gerettet. Er sollte gestrichen werden, daTürelemente teurer als Wandelemente sind.

Der Schulträger muss an einer Schule eine neue Turnhalle bauen.Undwirklich, nicht zu fassen, ein Büchereiraum passt auch noch hinein.Mens sana in corpore sano!

Die Schule nennt sich nach einem der größten Denker Mitteleuropas.Am schwarzen Brett sammeln Schülerinnen und Schüler Briefe, auf

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denen der Vorname des Denkers falsch geschrieben ist. Ein Aufrufhängt daneben: Kämpft um Eure Rechte in der Bibliothek! Da lachtdas Herz des Beraters.Zu früh gefreut. Im Bibliotheksraum hängt eineBitte der Bibliothekslehrerin: Bitte nicht essen, trinken, rauchen undFüße hochlegen! Oder ich mache die Bibliothek zu! Ein wahresZeugnis der Reife.

Der Leiter einer anderen Schule führt mich durch seine Bibliotheks-räume. Da ist erst einmal die historische Abteilung, eine fürstlicheSammlung,durch ein Scherengitter abgetrennt,über eine Stahltreppeerreichbar von der Oberstufenarbeitsbücherei aus.Im Fachkabinett Englisch stehen Wandschränke voller Bücher. ImErdgeschoss, aufgrund der Hanglage eigentlich Keller, haust ein Jung-lehrer in einer Unterstufenausleihbücherei, einem Raum von derGröße einer Gefängniszelle.

Schweigend verlasse ich die Schule, vorbei an der Ahnengalerie derSchulleiter der letzten 150 Jahre. Der Direktor ist sichtlich stolz aufseine Bibliothekslandschaft.

Und schließlich war da noch ein Anruf:Wir haben keinen Raum undkriegen keinen Raum. Aber der Schulträger hat gerade Bibliotheks-möbel bestellt.

Hier wurden eher kuriose Erfahrungen erzählt. Man soll auch einmalschmunzeln dürfen. Lustig machen will ich mich aber nicht. Ich habegroßen Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen und den Eltern,die sich unermüdlich,allen Widrigkeiten zum Trotz, für das Lesen unddie Bibliotheken in ihren Schulen einsetzen.

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In der Schulbibliothek Arbeitstechniken trainierenEin Baustein für den Ergänzungslehrgang „Schulbibliothek“Bozen 2002

Vor zehn Jahren, zu Beginn der 90er Jahre,diskutierte man über funk-tionalen Analphabetismus.Ein Rundfunkreporter ließ in Frankfurt amMain Schüler einen Zeitungstext lesen und fragte anschließend nachdem Inhalt. Fazit: Die Schüler verstehen nicht mehr, was sie lesen.

Ebenfalls vor zehn Jahren wies Hilmar Hoffmann, damals Kultur-dezernent der Stadt Frankfurt, darauf hin, dass die USA wegen ähn-licher Befunde angefangen hatten, die Lesekompetenzen vonSchülerinnen und Schülern zu trainieren. Er rief dazu auf, auch in derdeutschen Bildungspolitik zumindest ähnliche Akzente zu setzen.Was damals funktionaler Analphabetismus genannt wurde, ist nichtsAnderes als das, was heute mangelnde Lesekompetenz heißt. DiePISA-Ergebnisse bescheinigen den USA und ähnlich agierenden angel-sächsischen Ländern, dass ihr Training erfolgreich war.

Amerikanische Schulbibliotheken spielen beim Training der Lese-kompetenz, der literacy, eine wesentliche Rolle. Für alle Schuljahr-gänge liegen detaillierte Lernzielkataloge vor, in denen festgelegt ist,welche Fertigkeiten zu trainieren sind. Dazu gehören alle Schritteeines Rechercheprozesses, von der Formulierung der Aufgabe bis zurDarstellung der Ergebnisse als Referat, Wandzeitung oder HTML-Dokument.Selbstverständlich gehört dazu das Zurechtfinden in einerSchulbibliothek. „Go, look it up in the card catalogue!“ ist ein Satz,der amerikanische Schüler noch im Traum verfolgt, wie mir eine ehe-malige Schülerin berichtet, die als Austauschschülerin in USA war. Sieempfand dieses Training als sehr kleinschrittig und formalisiert.Wer amerikanische Schulbibliothekszeitschriften durchblättert,glaubt, dass es nur noch um literacy zu gehen scheint. Kuscheleckenund „pleasure reading“ stehen jedenfalls nicht im Vordergrund.Nun muss man nicht gleich übers Ziel hinausschießen, aber dieSchulbibliothek ist der geeignete Ort für das Training von Lesekompe-tenzen.Schulbibliotheken sollten sich weiterentwickeln aus Räumen,

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in denen viele Bücher vorhanden sind, aber wenig genutzt werden,zu Werkstätten, in denen der Umgang mit Büchern (und anderenMedien) gelernt wird. Die Bibliothekslehrerinnen und -lehrer, dieSchulbibliothekarinnen und -bibliothekare sind die Moderatoren die-ses Prozesses, den sie gemeinsam mit Fachlehrerinnen und -lehrerngestalten. Die Schulbibliothek muss sich als „aktive“ Bibliothekbegreifen, nicht nur als „geistige Tankstelle“.

Für den Workshop hatte ich Arbeitstechnikbücher mitgebracht. DieseBücher sollten in der Bibliothek, zum Teil mehrfach bis zum Klassen-satz vorhanden sein:

Arbeitstechnikbücher

Als Raster für den Rechercheprozess bietet sich Software an, z. B. derRechercheplaner, der der Microsoft Encarta beigelegt ist und derMindmanager, ein Programm, mit dem Mindmaps hergestellt werdenkönnen.

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Untersuchung von„How-to“ - Büchern

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Mindmap-Beispiel

Mir scheint, dass im Unterricht zu sehr auf das Ergebnis geachtetwird.Wie oft heißt es in Musik,Biologie oder Geschichte: „Mach´ malein Referat!“ Aber wer übernimmt die Verantwortung für den Pro-zess? Wer hält die Schülerinnen und Schüler an, kritisch über ihrenRechercheweg zu reflektieren? Während früher Lexikonartikel abge-schrieben wurden, wird heute ein paar mal geklickt und dasGefundene ausgedruckt.

Für den Rechercheprozess selbst wurde ein Modell vorgestellt, das inAnlehnung an amerikanische Modelle entstanden ist. Jeder Schrittmuss ausgestaltet werden, durch Informations- und Arbeitsblätter,durch Evaluationsbögen. Als letzter Schritt des Rechercheprozesseswird daher über die Präsentation hinaus,die Reflexion des Verfahrens verlangt. Natürlich kann dieser Schritt bei fortschreitendem Kom-petenzzuwachs entfallen.

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5 Schritte eines Rechercheprozesses

Eine Schulbibliothek, die sich dieser Aufgabe annimmt, wird zumunverzichtbaren Bestandteil der Schule.Sie kann es sich sogar leisten,BIBLIOthek zu bleiben:Die Leseforschung schmückt sich mit dem Satz „Leser sind bessereFernseher.“ Dem liegen Befunde der Neurologen zu Grunde, die dieunterschiedliche Verarbeitung von Texten und Fernsehbildern imGehirn untersucht haben. Geübte Leser surfen erfolgreicher auf demMeer der digitalen Informationen. Zum Lernen am Computer und imInternet tauchen die ersten ähnlichen Befunde auf.

Internetadressen:www.kindred.k12.nd.us/CyLib/B6.html Big 6, das bekannteste Programm für information literacywww.isd77.k12.mn.us/resources/infocurr/infolit.html enthält Beispiele für ein Curriculum

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Rede zum 15jährigen Bestehen der Schulbibliothek der Friedrich-Ebert-Schule in Schwalbach a. Ts. 1998

Wenn man mich fragt, an welchen Vorbildern ich mich orientierthabe bei der Schnapsidee eine Schulbibliothek zu gründen, dannmuss ich ein Geheimnis verraten: An Bette Davis und Peter Sellers.Und zwar in ihren Rollen als Bibliothekare. Beide spielen sie nämlich– in verschiedenen Filmen.(P.Sellers, 1962, Only two can play.Er bedient einen etwas anrüchi-gen Ausleihe; B. Davis, 1956, Storm Center. Sie ist eine Kleinstadtbi-bliothekarin, die gegen Zensur und für Meinungsfreiheit kämpft.)

Was durch meine Vorbilder übrigens ganz nebenbei deutlich wird: Esgibt Spielfilme, in denen Bibliotheken eine Rolle spielen!!! Man ist jahierzulande nicht verwöhnt, was Bibliotheksbewusstsein angeht. Invielen anderen Ländern ist die Bibliothek selbstverständlicher als beiuns. Oder sie wird schmerzlicher vermisst. Ich hatte für dieses Jahreinen Kalender gemacht, der Fotos von Büchereien in der 3. Weltzeigt, Fotos von Eselskarren, Nilbooten und Kamelen. Das Kamelschleppt einen Bücherkoffer, ebenso der Esel und auf dem Boot isteiner. Es scheint so etwas wie ein Grundbedürfnis nach Literatur zugeben.

Aber Zurück zum Kino: Der Film Ghostbusters (1983) ist vielleichtnicht unbekannt.Wo gehen die Gespenster zuerst hin, wenn sie nachNew York kommen? In die Bücherei!!! Ein deutsches Gespenst würdenie auf diese Idee kommen.

Kürzlich habe ich eine E-Mail von einem kanadischen Bibliotheks-lehrer erhalten. In Kanada gehören Bibliotheken zur Schule wie dieButter aufs Brot. Aber es gibt auch da neuerdings Versuche dieBildungsausgaben zurückzufahren. Und er ist irritiert, weil ein ausDeutschland eingewanderter Mitbürger die Diskussion dadurchanheizte, dass er sagte, er sei in Deutschland ohne Schulbibliothekgroß und dennoch etwas geworden.

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Hier in der FES ist natürlich alles anders. Die Bücherei spielt sogar inzwei Filmen eine wesentliche Rolle. Den einen hat man zu Recht ver-gessen. (In einem Videoprojekt war ausgerechnet die neue Schul-bibliothek Schauplatz einer Schlägerei.). Den anderen Film zeige ichin Ausschnitten noch heute in Fortbildungsseminaren. (In Aus-schnitten deswegen, weil man im Vergleich Film damals und Realitätheute sieht, dass ich mich äußerlich genau umgekehrt entwickelthabe wie Joschka Fischer.) Dieser Film entstand in Wilfried Hülse-manns VideoAG.

Ray Bradbury, der Autor von Fahrenheit 451, einem Roman, in dem esgenau genommen um die Abwesenheit von Bibliotheken geht, sagt zuunserem Thema etwas sehr Schönes: „Es macht wenig Sinn in dieSchule zu gehen, wenn nicht die Bibliothek das eigentliche Ziel ist.“ Und noch ein – letztes – Zitat aus meinem angelsächsischen Zettel-kasten: „Das Interesse einer Schule an ihrer Bibliothek ist ein Grad-messer für die pädagogische Arbeit.“ Das hat ein ehemaliger US-Bil-dungsminister gesagt.

Mit diesem Zitat kehre ich wieder zurück in unsere Bibliothek. Ohnediese Schule drum herum wäre sie nicht geworden, was sie ist.Man hört die schmunzelnd geäußerte Vermutung, ich hätte zu Hausekein Wohnzimmer.Aber hinter dieser Bemerkung vermute ich zumin-dest wohlwollende Duldung. Dann gab es aber auch den Kollegen,der uns Flohmarktbücher abkaufte und nach einiger Zeit die Büchererneut in unseren Flohmarkt gab. Und sie dann .... Es gab Paten-schaftsabonnements und Patenschaft über einzelne Bücher. Ich willnicht alles aufzählen, was es gab und was es gibt. Es tut sich ja immermehr. Heidi Bächreiner-Vogt versteht es noch viel besser als ich,Unterstützung für die Bücherei zu gewinnen.Die Erkenntnis ist in 15 Jahren sichtbar gewachsen, dass die Biblio-thek nützlich ist, dass sie einen Beitrag zur Qualität des Unterrichtsund des Lebens in der Schule leistet, vermutlich sogar auch zum ent-spannteren und friedlicheren Umgang miteinander.

Einen ehemaligen Unterstützer möchte ich ausdrücklich nennen:Herrn Ahner,den ehemaligen Schulleiter. Im Rückblick wird mir noch

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deutlicher, was die Bibliothek ihm verdankt. Ich war oft ungeduldigund fordernd. Ich habe ja seit zehn Jahren Beratungskontakte zu vie-len Schulen und da sehe ich, was alles nicht geht, wenn derSchulleiter gleichgültig oder ablehnend ist.Ich weiß, dass Wilfried Hülsemann, der neue Schulleiter, die Arbeit,die hier von allen Beteiligten geleistet wird, schätzt und nach Kräftenunterstützt. Und sehe daher gelassen in die Zukunft.Es soll ja Eltern geben, die ihr Kind hier anmelden, weil sie meinen,dass eine Schule mit einer solchen Bibliothek nicht ganz schlechtsein kann.

Eine Verbeugung vor den mitarbeitenden Eltern! Ohne sie hätte ichdie Bücherei nicht in Gang gebracht und es liefe hier auch nicht die-ser großartige Betrieb.

Zwei Geschichten zum Schluss. Die eine habe ich vor zehn Jahrenschon mal erzählt, auf dem 5. Geburtstag. Die andere ist neu:Vor einigen Jahren lagerte die Kerschensteiner-Schule eine vierteKlasse zu uns aus. Natürlich waren diese Kinder in der Bibliothekwillkommen.Wir hatten uns extra altersgemäße Bücher aus der Kreis-bücherei ausgeliehen. Und dann erzählte eine Mutter, dass es zuHause Tränen gegeben hätte: Der Ältere, im 5. Schuljahr in der FES,habe geweint, wütend und enttäuscht. Seine Schwester, im 4. Schul-jahr an die FES ausgelagert, durfte nämlich schon ein Jahr früher inseine Bibliothek!

Jetzt übergebe ich mein Geburtstagsgeschenk an die BIBI:Es ist eine nahezu perfekte Lernmaschine.Und dieses Jubiläum ist gutgeeignet, sie vorzustellen. Diese Maschine wird viele andere Lern-hilfen, vor allem auch die elektronischen, alt aussehen lassen. Dasneue Gerät hat den Namen: (Flipchart)

brainusingcognitive hoard

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Also soviel wie „hirnorientierter Wissensschatz“ – schwerfällig über-setzt. Ich sage einfach: bi ju cie ehhtsch. bi ju cie ehhtsch hat vieleVorteile als Lehr- und Lernmittel. Aber es hat keine Drähte undSchaltkreise. Es ist gänzlich frei von mechanischen Teilen, die kaputt-gehen können und ersetzt werden müssen.

Wie funktioniert diese unglaublich revolutionäre Erfindung?Im wesentlichen besteht sie aus einer größeren Anzahl von Blätternaus Papier.Wenn bi ju cie ehhtsch einen großen Informationsgehalthat, können es mehrere hundert sein.Jedes Blatt trägt eine Nummer, so dass alle in der Folge geordnet sindund der sachgerechte Verlauf der Benutzung gewährleistet ist.Um es noch benutzerfreundlicher zu gestalten, werden die Blättervon bi ju cie ehhtsch durch eine spezielle Vorrichtung gehalten, dieBindung, für Fachleute: Es ist gelumbeckt.

Jedes einzelne Blatt präsentiert dem Benutzer eine Informationsfolgein Form von Symbolen, die optisch aufgenommen und der Bearbei-tung im Gehirn zugeführt werden.Wenn ein Blatt auf diese Weise ver-arbeitet wurde, genügt die Bewegung eines Fingers, um dieInformation auf dem folgenden Blatt zugänglich zu machen.

Der Gebrauch beider Seiten eines Blattes führt zu einem Höchstmaßan Ökonomie, weil Größe und Herstellungskosten reduziert werden.

Die Inbetriebnahme von bi ju cie ehhtsch ist durch einfaches Öffnenjederzeit möglich. Ohne Vorwärmzeit, booten oder Systemcheck istes in Sekundenbruchteilen bereit. Man braucht keine Kabelverbin-dungen herzustellen und muss nicht einmal anschalten. Benutzerkönnen ganz nach Wunsch und unproblematisch rück- oder vorwärtszu jedem beliebigen Blatt gehen.In der Nähe des Anfangs befindet sich eine Suchhilfe.

bi ju cie ehhtschss lassen sich in einfachen Regalen speichern. DerZugriff ist unkompliziert, denn die Programmbeziehungen sind aufder Rückseite dieser Geräte angebracht.

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Insgesamt also bietet B. U. C. H. enorme Vorteile ohne Einschrän-kungen. Ein intellektueller Genuss ohne Reue. Es hat eine großeZukunft vor sich.

Rede aus Anlass des 15jährigen Bestehens der Schulbibliothek 1998Lernmaschine B.U.C.H. nach: R.J. Heathorn, Punch 1963

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Schulbibliotheken in Hessen 2005

Das Ende des Sonderwegs

Das hessische Kultusministerium hat zwei halbe Lehrer-stellen an die Hessische Landesbibliothek gegeben. Nach Weg-fall der Büchereifachstellen bei den Regierungspräsidenten inKassel und Darmstadt wird der Landesbibliothek in Wies-baden eine zentrale Fachstelle für öffentliche Büchereien fürganz Hessen zugeordnet. Diese Fachstelle soll sich sich nebender Beratung und Unterstützung kleiner öffentlicher Büchereienauch Schulbibliotheksaufgaben widmen.Ob dem ein Konzept zugrunde liegt und wie es mit den schul-bibliothekarischen Projekten im Bereich des Ministeriumsweitergeht, konnte der Vorstand der Landesarbeitsgemein-schaft Schulbibliotheken in Hessen e.V. nicht herausbekom-men. Die Antwort auf unsere Fragen war vage und auswei-chend. Dies wurde ohne Diskussion und Beratung mit denschulbibliothekarischen Projektmitarbeiterinnen und -mitar-beitern beim Hessischen Kultusministerium eingeführt.

Ende der 80er Jahre begegneten sich Bücher- und Bibliothekenfansunter den hessischen Lehrern und gründeten eine Arbeitsgemein-schaft, später Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Schulbibliotheken inHessen e.V.genannt,mit der sie das Schulbibliothekswesen in Hessen,unterentwickelt, wie überall in Deutschland, voranbringen wollten.Mit glänzenden Augen kamen sie von internationalen Konferenzenzurück. Zu Hause nannten die Kolleginnen und Kollegen die Regalemit den zerfledderten Schulbüchern „Bibliothek“.Die Schülerausleih-bücherei war im Keller oder unterm Dach. Im Ausland war die Schul-bibliothek schon längst ein frequentiertes Medien-, Kultur- undKommunikationszentrum. So kehrte die hessische Kultusministerinbeeindruckt aus finnischen Schulbibliotheken zurück.

Der Versuch Ende der 80er Jahre, die für öffentliche BibliothekenZuständigen zu interessieren, misslang. Die inzwischen geschlossenenationale Beratungsstelle für Schulbibliotheken, von einem in der

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Lehrerausbildung tätigen Professor initiiert, war mit wiederkehren-den Fragebögen und Pflichtenheften zur Computerisierung vonSchulbibliotheken beschäftigt und beäugte die hessischen Lehrermisstrauisch.Auf der bibliotheca, der Bibliothekenmesse, wurden sieangeschwiegen (Buchstäblich! Ihre Fragen wurden nicht beantwor-tet!) Die Fachzeitschrift „Buch und Bibliothek“ machte sich lustig.Das brave Publikationsorgan „schulbibliothek aktuell“ der Beratungs-stelle profitierte zwar jahrelang von den Beiträgen aus Hessen, konn-te sich aber skeptische Bemerkungen und Prophezeiungen vom frü-hen Tod der hessischen Laienbewegung nicht verkneifen.Das für öffentliche Bibliotheken und damit auch für Schulbiblio-theken zuständige Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat eineZuständigkeit seiner beiden Fachstellen für öffentliche Büchereienabgelehnt.Die an Schulbibliotheken interessierten Lehrer nahmen die Ange-legenheit selbst in die Hand.An flache Hierarchien gewöhnt, belager-ten sie Landtagsabgeordnete und Ministerialbeamte.Angeblich sollenihre Briefe,Eingaben,Konzepte und Tischvorlagen die Registratur desMinisteriums an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gebracht haben.

Anfang der 90er waren die Umstände günstiger. Schulbibliothekenstanden dank der LAG-Vorschläge im Koalitionsvertrag der neuen rot-grünen Landesregierung. Im Landeshaushalt wurden Gelder fürSchulbibliotheken eingestellt, im Kultusministerium wurde einReferent für Schulbibliotheken zuständig.Er berief auf der Grundlageeines LAG-Vorschlages eine Kommission für Schulbibliotheken insLeben. Der Landtag ließ sich mehrmals über den Stand desSchulbibliothekswesens berichten. Die Kommission beschrieb einenPlan zur Förderung des Schulbibliothekswesens. Sie forderte fürjeden Landkreis eine schulbibliothekarische Arbeitsstelle. Den LAG-Vertretern gelang es in letzter Minute, die unrealistischen Vor-stellungen der öffentlichen Bibliothekare – Bibliothekarin – Assis-tentin – Hilfskraft mit jeweils unterschiedlich großen Arbeitsräumenund hierarchischer Aufgabenzuordnung – Wer foliiert Bücher? – aufeine Nummer kleiner zu schrumpfen. Es war dennoch zu teuer. EinVielfaches wurde kurze Zeit später für die Computerisierung derSchulen ausgegeben. Die Lehrer gaben nicht auf: Für Schulbiblio-

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theken wurde eine mailing list geschaffen, die erste in Deutschland.Auch eine Website richteten sie ein.Die Allianz zwischen einem Ministerialbeamten und den Biblio-thekslehrern trug Früchte. Der Ministerialbeamte landete einen bun-desweit einmaligen Coup. Er realisierte einen LAG-Vorschlag undkaufte für alle Schulen die Lizenz eines Katalogisierungsprogramms.Während „schulbibliothek aktuell“ noch viele Jahre EDV-Erfahrungs-berichte aus einzelnen Bibliotheken sammelte und manche Stadt-bücherei überteuerte EDV-Programme ankaufte, erwarb jede drittehessische Schule preisgünstig eine Bibliothekssoftware, selbstver-ständlicher Standard in den Schulbibliotheken der USA, Frankreichsoder Dänemarks.Leider mit dem Schönheitsfehler,dass ein deutschesKultusministerium das eigentlich nicht darf. Dafür sind die Schul-träger, die Landkreise, zuständig.

Die LAG-Lehrerinnen und -lehrer waren nicht zu bremsen.Sie erkann-ten frühzeitig die Bedeutung der Computerisierung der Schulen undversuchten, die Schulbibliotheken in den Horizont der Computer-Euphoriker einzubringen. Medienmix statt Tod der Bücher!

Das Kultusministerium unterstützte einen präzise ausgearbeitetenModellversuch zur multimedialen Schulbibliothek. Das Bundesbil-dungsministerium war aber der Auffassung, die öffentlichen Biblio-theken würden das schon erproben und lehnte die Mitfinanzierung ab.Der konservative Ministerialbeamte wollte im damaligen Bildungs-planungsinstitut HIBS einen Dezernenten für Schulbibliotheken ein-setzen. Das sozialdemokratisch geführte Institut wusste das zu ver-hindern.Die LAG-Lehrer erkannten sehr früh, dass die Schulbibliothek der ide-ale Ort für das Training von Arbeitstechniken war. (Die LAG machteAnfang der 90er(!) auf die verstärkten Bemühungen der angelsächsi-schen Bildungspolitik um „reading literacy“ aufmerksam) Als sie demhessischen Lehrerfortbildungsinstitut die Kooperation bei „Klippert“,dem Arbeitstechnik-Trainings-Projekt für die Schulen, anbot, bekamsie keine Antwort.Die LAG legte einen Weiterbildungslehrgang für Lehrer, die Schulbi-bliotheken leiten sollten, vor.Vorbild waren Dänemark und Südtirol.

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Das Ministerium hatte rechtliche Bedenken.Weiterbildungslehrgängegab es bisher nur für Unterrichtsfächer.Es hatte aber keine Bedenken,einige hundert Gymnasiallehrer zu befördern, die Schulbibliothekenleiten sollten, ohne Qualifizierung. Ein LAG-Lehrer saß inzwischen imsüdtiroler Prüfungsausschuss für Bibliothekslehrer.Die LAG legte eine Resolution zur multimedialen Schulbibliothek vor,arbeitete beim Konzept der österreichischen multimedialen Schul-bibliothek mit und erreichte in Hessen immerhin,dass die Computer,die das Ministerium den Schulen spendierte, auch in Schulbiblio-theken aufgestellt wurden. Es gab Schulträger, die Probleme damithatten, diese Computer in der Bibliothek aufzustellen: Die vomMinisterium bezahlten Computer sollten nämlich ausschließlich fürden Unterricht verwendet werden. Die Schulbibliothek gilt abernicht als Teil des Unterrichts, sondern ist eine Einrichtung wieTurnhalle oder Sekretariat. Und dafür ist der Schulträger und nichtdas Ministerium zuständig!

Das hessische Schulgesetz sah in seiner ersten Fassung vor, dass dasMinisterium dem Schulträger Vorschriften zur Ausstattung derSchulbibliothek machen konnte. Die LAG entwarf eine Rechtsver-ordnung mit Ausstattungsnormen. Der Entwurf war intern umstrit-ten. Die Bibliothekare in der LAG wollten die Schulbücher nicht mit-verwalten, weil das eine niedriger besoldete Tätigkeit als die biblio-theksfachlich anspruchsvollere Tätigkeit in der Schulbibliothek war.Als man sich innerverbandlich endlich geeinigt hatte, war dieErmächtigungsklausel für eine Rechtsverordnung aus dem Gesetzgetilgt worden. Als das Ministerium dennoch den – verwässerten –LAG-Entwurf dem Landkreistag vorlegte, sagten dessen Juristen,warum sollten wir das unterschreiben, wo doch das Ministeriumkeine Ermächtigung mehr für eine Verordnung besitzt?

Die Schulbibliothekslehrer hatten sich inzwischen weiter in dieArbeit gestürzt. Nicht nur Konzepte, Memoranden und Entwürfe lie-ferten sie ab. Sie berieten Schulen, führten Lehrgänge durch, die vonüber 400 Lehrerinnen und Lehrern besucht wurden, und veranstalte-ten Schulbibliothekskongresse, die von anfänglich 30 auf 400 Teil-nehmer anwuchsen. Sie versuchten ihre Vorstellungen von einer

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„aktiven Schulbibliothek“ zu propagieren. Nicht nur Bücher verwal-ten und ausleihen, sondern das Lesen fördern, den Unterricht ver-bessern, das Internet sinnvoll nutzen, waren Themen der Seminare.Sie führten eine der ersten deutschen Lesenächte durch.In derselben Zeit verschliefen die öffentlichen Bibliotheken ihreChancen als Internetcafés, Literaturhäuser und Jugendtreffs.

In Hessen wurde die staatliche Lehrerfortbildung abgebaut. Nachüber 30 Wochenlehrgängen in 10 Jahren war damit auch Schluss fürSchulbibliothekslehrgänge. Die LAG-Lehrer referierten stattdessen inden neuen Bundesländern, in Österreich und Südtirol. Sie regten einEU-Projekt zum Erwerb von Informationskompetenz in der Schulbi-bliothek an und konnten dann nicht teilnehmen, weil Hessen seinenComenius-Etat erschöpft hatte.

LAG-Lehrer organisierten ein bundesweit beachtetes Bücherkisten-projekt. Es gab in einigen Schulämtern Fachberater/innen für Lese-förderung und Schulbibliotheken. Ein Preis für gelungene Schulbi-bliotheksprojekte wurde gestiftet. Eine Gruppe von Lehrern betreutedie inzwischen in 800 Schulen laufende einheitliche Bibliothekssoft-ware, zwei LAG-Lehrer organisierten 15 Jahre lang den bundesweiteinmaligen Schulbibliothekskongress. Die LAG schlug einen Truck alsmobile Modellbibliothek und Schulungsraum vor. Er wurde gebaut,als Fortbildungsfahrzeug für kreatives, künstlerisches Arbeiten inSchulen. Für die Kunstlehrer des Mobils waren die kreativen LAG-Lehrer immer noch zu verstaubt bibliothekarisch. Die Schulbiblio-theksarbeit darin hatte es erst schwer und versandete dann.

Bald zwei Jahrzehnte haben hessische Lehrer das Schulbibliotheks-verständnis, wie es in angelsächsischen, französischen oder österrei-chischen Schulen gilt, propagiert: Die Schulbibliothek ist vor allemeine pädagogische und weniger eine bibliotheksfachliche Einrich-tung. Lehrerinnen und Lehrer werden als Bibliothekslehrer fortgebil-det. In jedem Landkreis sollten sie von einer in die Medienzentrenintegrierten bibliotheksfachlichen Arbeitsstelle unterstützt werden.Das Ministerium konnte die Vorschläge der LAG zur Weiterent-wicklung des Schulbibliothekswesens nicht aufgreifen. Denn es gab

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kein Gesetz, das dem Ministerium die Zuständigkeit dafür auferlegte.Dann schaffte das Wissenschaftsministerium die Fachstellen füröffentliche Bibliotheken ab und konzentrierte deren Aufgaben in derhessischen Landesbibliothek. Trotz dieser „Verschlankung“ soll sichdie einzige überlebende Fachstelle auch um Schulbibliotheken küm-mern.Dafür sind zwei Lehrerinnen zur Landesbibliothek abgeordnet!Einstiegsbedingung war, dass die beiden Lehrerinnen einenKurzlehrgang in Katalogisierung ablegten.Die Landesbibliothek legt sich sogleich ins Zeug. Sie lädt zu Schulbi-bliothekskonferenzen ein. Sie hat nach Aussage des Kultusstaats-sekretärs Fortbildung für Bibliothekslehrer anzubieten. Dafür sollennicht mehr die hessischen Lehrer als Fortbildner, sondern Biblio-thekare aus Hamburg geholt werden. Sie unterstützt eine Kon-kurrenzfirma, die die in 800 Schulen des Landes laufende Biblio-thekssoftware unterlaufen will.

Für die öffentlichen Bibliothekare und ihre Verbandsfunktionäre istdie Welt wieder in Ordnung.

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Und jetzt Portugal 2005

Bericht von einer Studienfahrt

Wenn man funktionierende Schulbibliotheken und Unterstützungs-systeme sehen will, muss man jetzt auch nach Portugal fahren. Diehessischen LAG-Mitglieder kennen das schon: Die Schweiz, Däne-mark, Südtirol haben sie besucht.

Das Programm „Schulbibliotheksnetzwerk“ des portugiesischen Er-ziehungsministeriums startete 1996.Gefördert werden Einzelschulenmit fortgeschrittener Schulbibliotheksnutzung und Stadtbüchereien,die sich bereit erklären, Schulbibliotheken zu unterstützen. DieZuschüsse für Schulbibliotheken betragen 5.000 bis 12.500 €, fürStadtbüchereien, die Schulbibliotheken unterstützen, zwischen17.500 und 38.000 €. Die Gewährung der Mittel ist an Bedingungengeknüpft, wie Ausstattungsstandards, curriculare Aktivitäten, und beiStadtbüchereien bestimmte Unterstützungsleistungen.Im Jahr 2004 waren 600 Grundschulen (Klassen 1 - 4) und über 800Schulen mit Klassen ab dem 5. Schuljahr beteiligt. Damit können ca.30% der Grundschüler und ca. 60% der Schüler ab Klasse 5 eineSchulbibliothek benutzen.Neben den Fördermitteln bezahlt das Ministerium auch die Lehr-kräfte, die Schulbibliotheken leiten. Kleinere Grundschulen teilensich eine Bibliotheksleiterin, in der Mittel- und Oberstufe gibt dasMinisterium Entlastungsstunden in Höhe einer halben Lehrerstelle(11 Stunden). Die Schule stellt aus ihrem Entlastungsstundenpoolweitere 11 Stunden.Die Stunden werden in großen Schulen meist aufmehrere Lehrkräfte aufgeteilt. Teilweise sind zusätzlich Bibliotheks-assistenten vorhanden.

In Portugal gibt es eine neunjährige Gemeinschaftsschule. Die Kin-dergärten werden als pädagogische Einrichtung gesehen. In neuerenSchulgebäuden sind Kindergarten und Grundschule gemeinsamuntergebracht. Die Schulzeit ist in 3 Zyklen geteilt. Die Grundschuleumfasst die Zyklen 1 - 4 und 5/6, wobei in der Regel der erste Zykluseine selbstständige Grundschule bildet.

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Der Schulbesuch bis zur 9. Klasse ist Pflicht, danach gehen dieSchülerinnen und Schüler ab oder besuchen eine Berufsschule, einetechnisch-naturwissenschaftliche oder eine gymnasiale Oberstufe.

Die EU-Lehrergruppe, der ich angehörte, besuchte Grund- und Mittel-stufenschulen und zwei Stadtbibliotheken im Großraum Lissabon.In Lissabon und Umgebung sind in den letzten Jahren zahlreicheneue Stadtteile und Wohngebiete entstanden.Die U-, S-Bahn- und Bus-netze sind hervorragend und dennoch gibt es jeden Morgen kilome-terlange Staus nach Lissabon hinein. Wie Portugal sich nach derRevolution 1974 und dem EU-Beitritt 1985 gewandelt hat, ist atem-beraubend. In den Zeiten der Diktatur wurde die Schulpolitik ver-nachlässigt. Die Analphabetenrate auf dem Land ist noch heute hoch.

Auch wenn es den Besucher aus dem EU-Nettozahlerland Deutsch-land ein wenig schmerzt, Portugal hat vom Geld aus dem Regional-und Sozialfonds profitiert. Nicht Neid regt sich aber, im Gegenteil,europäisches Bewusstsein entsteht. Die Vertreterin des Erziehungs-ministeriums, die die Gruppe begrüßt, sagt den beeindruckendenSatz,dass wir in der Europäischen Union eine Gemeinschaft aus einerVielzahl von Völkern, Staaten, Sprachen, Kulturen schaffen wollenund müssen, das sei ein schwieriger, aber auch spannender Prozess.Am Detail wird es sichtbar: Die Kolleginnen aus Spanien, Frankreichund Italien bezahlen die bica, den guten portugiesischen Espresso,mit Euro, die Ungarin und der Engländer müssen in zwei Währungenrechnen.

Die Zusammenarbeit der öffentlichen Büchereien mit den Schulen istsehr unbefangen. Für die Bibliothekarinnen ist es kein Problem, dassdie Schulbibliotheksleiter und -leiterinnen Lehrkräfte sind. Die Zu-sammenarbeit steht wohl erst am Anfang, es ist das übliche Pro-gramm: Beratung, Ausbildung, Veranstaltungsangebote in der Stadt-bücherei.Die Gruppe besuchte zwei nagelneue, fabelhafte Stadtbüchereien. InSintra, dem Sommersitz der ehemaligen portugiesischen Könige inden Bergen nördlich von Lissabon,entstand eine Kombination aus Alt-und Neubau mit viel Glas und Edelstahl, ein Kulturzentrum mit Lese-

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garten,Teehaus, Open-Air-Bühne,Theatersaal, einem um 18 Uhr nochgut genutzten Lesesaal und einer ganzen Reihe übers Jahr verteilterliterarischer Veranstaltungen.Die Leiterin der Lissabonner Stadtbücherei stellte anderntags ihreneueste Stadtteilbücherei vor. Der Stadtteil macht einen urbanen Ein-druck,mehrgeschossige Häuser mit Eigentumswohnungen,viel Grün,breite Straßen und ein hübsches Ladenzentrum. In der Mitte Restedes früheren Dorfes, ein alter Bauernhof. Der wurde zur Büchereioder besser, zum Kulturzentrum, umgebaut, weiße Mauern, Natur-steinwände, Glas, Edelstahl, ein Innenhof für Veranstaltungen.In perfektem Englisch, im Schneidersitz auf der kleinen Bühne sit-zend, spricht die Büchereichefin nicht von Fernleihe und Ausleih-statistik, sondern davon, was Leser erwarten. Das Erdgeschoss ist inWissenszyklen aufgeteilt, Reisen, Gesundheit und Ernährung, Rechtim Alltag, Freizeit, Nachschlagewerke. „Die Leser brauchen keineSystematik, die bleibt für nur für uns Bibliothekare im Hintergrund“.Das Erdgeschoss ist fürs schnelle Nachschlagen und für die Ausleihevorgesehen. Auf derselben Ebene, aber räumlich getrennt, die Lese-ecke für die Kleinsten mit Bilderbüchern, Decken und Kissen. Im sel-ben Raum Bücher über Erziehung für die Mütter. Auch Sintra hateinen verlockenden Kinderleseraum. Im ersten Stock der Lesesaalund die Computertische. Darüber im zweiten Stock gemütlicheLeseecken und eine riesige CD- und Hörbuchabteilung.Am liebstenhätte die Direktorin jede Stadtteilbücherei auch sonntags geöffnet.Wenigstens eine hat sonntags auf, ansonsten sind alle bis spätabendsgeöffnet. Geworben wird für die Lissabonner Büchereien in der U-Bahn, im Fernsehen und auf Plakatwänden:Zwei der Slogans sind mirin Erinnerung geblieben: „Mit Büchern träumen“ und „Mit Büchernwachsen.“

Während die beiden städtischen Büchereien mit Recht als Vorzeige-objekte präsentiert wurden, bestand bei den Schulbibliotheken Ge-legenheit, unterschiedlich gute Ausstattung und Nutzung zu beob-achten. Da gibt es die Schule im sozialen Brennpunkt mit hohemMigrantenanteil (aus den ehemaligen Kolonien und Brasilien und ausOstmitteleuropa) oder die neu gebaute Schule, in der der Architektfür die Schulbibliothek einen untauglichen Raum vorgesehen hat.Wir

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konnten auch zwei Grundschulen vergleichen, die ihre Bibliothekganz unterschiedlich nutzen, die eine intensiv, die andere weniger.Die Schulbibliotheken sind sehr zweckmäßig eingerichtet, derSchwerpunkt liegt eindeutig auf dem Informations- und Medien-zentrum. Die computer literacy ist – ganz angelsächsisch – eine Auf-gabe der Bibliothek. Schon die Grundschüler arbeiten mit Power-point, um ihre Rechercheergebnisse zu präsentieren. Man kann darü-ber streiten, ob das sinnvoll ist.Aber das, was wir zu sehen bekamen,entsprach dem Niveau der deutschen Mittelstufe. Die Schülerinnenund Schüler machen durchweg einen aufgeschlossenen, neugierigenEindruck und können ab oberer Mittelstufe gut Englisch.

In jeder Bibliothek konnten wir bei mehreren Aktivitäten hospitie-ren. (Das ist ein Merkposten für die zukünftigen Veranstaltungen:Nicht länger leere Lesesäle besichtigen!) Schülerinnen und Schülerfertigten Steckbriefe für Pflanzen und Singvögel an, stellten Literaturfür ein Projekt „Entdeckungsreisen“ zusammen (Die Klassenzimmersind mit der Bibliothek vernetzt, so dass sie dort schon im Katalogrecherchieren konnten.) Kindergartenkinder suchten in Bilderbü-chern nach Frühlingsmotiven und malten sie im Innenhof der Schuleauf Staffeleien nach, Grundschüler suchten Gedichte und übten dasVorlesen. Kreative Teams malten mit MSPaint ausgedachte Geschich-ten. In Estoril,wo Hans Christian Andersen gelebt hat,gab es eine klei-ne Theateraufführung der Erstklässler mit Andersen-Motiven. In denBibliotheken war was los! Trotz der Besucher arbeiteten die Schülerkonzentriert und waren erkennbar nicht zum ersten Mal dort.

Es gibt regionale Zentren für Lehrerfortbildung (Teacher Center). FürLehrkräfte besteht Fortbildungspflicht.Die Teacher Center bieten u.a.auch die Weiterbildung für Bibliothekslehrkräfte an: EDV- und Inter-netnutzung, Intranetorganisation, bibliotheksfachliche Fragen undRecherchetechniken. Die Ausbildung umfasst, nach dänischem Vor-bild (!), ca. 250 Stunden.

Was nehme ich mit? (Wieder einmal) die Gewissheit, dass wir in derLAG Schulbibliotheken propagieren und, so gut es geht umsetzen,was anderswo Standard ist: Die Bibliothek als innerschulisches Infor-

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mationszentrum, die Bibliothek als Medienzentrum, die Integrationder Bibliothek in das Curriculum, pädagogisch und fachlich weitergebildete Lehrkräfte als Leiter, ein regionales Unterstützungs undWeiterbildungsangebot.Mittel aus dem EU-Regionalfonds erhält Hessen nicht, aber die 150Millionen, die in den umstrittenen Ausbau des Flugplatzes Kassel-Calden gesteckt werden, hätten für 20 Jahre Schulbibliotheksför-derung ausgereicht. Die Erfolgsautorin Cornelia Funke formulierte esin einem Zeitungsinterview (FAZ 3.5.05) noch drastischer: „Solangees sich der Staat leisten kann, jedes Schlagloch auf den Straßen umge-hend zu reparieren, gleichzeitig aber Bibliotheken schließt undSchulen das Geld für Autorenlesungen nimmt,stimmt hier etwas nicht.“

Was in Hessen fehlt: Eine gesetzliche Grundlage und ein Masterplan.Und 10 Millionen €, die das Ministerium Schulen und Stadt-büchereien gibt. Damit wir Anschluss an Portugal oder Polen oderSpanien, Frankreich, Dänemark oder Schweden, Finnland, Groß-Britannien oder Österreich bekommen ...

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Warum Schulbibliotheken in Deutschlandkeine Zukunft haben 2002

PISA ist in aller Munde. Es gibt zahlreiche Vorschläge, wie mander Misere abhilft. Was die Leseergebnisse angeht, so reichensie von dem Vorschlag, die Eltern sollten mehr vorlesen überden Vorschlag, Erzieherinnen sollten mehr vorlesen bis zu demVorschlag, den Schülerinnen und Schülern einen Literatur-kanon zu verordnen. Ein Vorschlag kommt so gut wie gar nicht vor: Schulbiblio-theken einzurichten. Dabei ist fast durchgängiges Merkmalder erfolgreichen PISA-Staaten, dass sie ein hoch entwickeltesSystem von Schulbibliotheken und schulbibliothekarischenUnterstützungssystemen geschaffen haben.1

Schulbibliotheken sind kein Büchermagazin und keine geistigeTankstelle. Schulbibliotheken sind Zentren der Information, derKommunikation und der Kultur mitten in der Schule. Die Schulbi-bliothekarin oder der Schulbibliothekar unterstützen den Prozess desLesenlernens und der Informationsbeschaffung. Sie sind Kultur-manager/in,Wissensmanager/in und Medienpädagogin-pädagoge. Siearbeiten mit den Fachlehrerinnen und -lehrern eng zusammen. Ineinigen Staaten hat man sich schon seit längerem auf den Weg dort-hin begeben. „Aktive“ Schulbibliotheken sind z. B. in Dänemark zubesichtigen. In Südtirol kann man sich anschauen, wie dafürLeiterinnen und Leiter fortgebildet werden.

Deutsche Fünfzehnjährige lesen besonders ungern. Sie sind darin imVergleich zu 30 Industrieländern „führend“. Man sollte meinen, dassder PISA-Schock günstig für Schulbibliotheken wäre. Ich sage voraus,dass er nichts Derartiges bewirken wird.Vor einigen Jahren kam ich ziemlich deprimiert von der internatio-nalen Schulbibliothekskonferenz in Malmö in Schweden zurück.VonMalaysia bis Portugal, von Neuseeland bis Schweden gab es Praxis-berichte,Projekte,Konzepte und Bilanzen.Als einziger(!) anwesenderDeutscher hörte ich mit offenem Mund zu.

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1993 hat der Bibliothekar Reinhold Heckmann aus dem gleichenAnlass berichtet: „... fällt immer wieder auf, dass international diepädagogischen Aspekte schulbibliothekarischer Arbeit stark betontwerden. Die Schulbibliothek ist keine Ausleihbibliothek mit traditio-nellen bibliothekarischen Funktionen. Dementsprechend stehennicht Katalogisierungsfragen und andere bibliothekstechnischeFragen im Vordergrund der Diskussion. Aus diesem Verständnis vonSchulbibliothek als pädagogischer Einrichtung ergibt sich, auch hierbesteht international große Einigkeit, dass der Schulbibliothekar inerster Linie Lehrer sein muss, der zwar bibliothekarische Kenntnisse,aber keine Vollausbildung benötigt. ... Wie jeder weiß, wird dem-gegenüber bei uns die bibliothekarische Komponente der Schulbi-bliotheksarbeit stark betont. Ein Weg, der nicht sehr erfolgreich war,wie man nach nahezu 25 Jahren Schulbibliotheks-“entwicklung“ inder Bundesrepublik wohl konstatieren muss. Wann probieren wir,neue Wege zu gehen?“2

Das, was Heckmann anspricht, ist einer der Punkte, die mich zu derPrognose veranlassen, dass sich in Deutschland nichts ändern wird.Ich berichte vornehmlich von hessischen Erfahrungen. Vielleichtübersehe ich „Durchbrüche“ in Sachsen-Anhalt, Bayern oder Rhein-land-Pfalz. Ich würde mich freuen.

Sechs Aspekte sind es, die mich zu der im Titel stehenden Vermutungkommen lassen:1. Die hohen Kosten: Ein Schulbibliothekswesen, das diesen Namen

verdient, scheint heute nicht mehr finanzierbar.2. Die fehlende Bibliothekskultur:Wer braucht schon Bibliotheken?3. Die angestaubte Schultradition:Wir sind schon immer ohne Schul-

bibliotheken ausgekommen.4. Die falsche Zuständigkeit: Schule und Bibliothek gehören zu ge-

trennten staatlichen bzw. kommunalen Verwaltungen.5. Die vorschnelle Computer-Euphorie: Wozu Bibliotheken, wenn es

das Internet gibt?6. Die fehlende Lobby: Roter Teppich für Lesespektakel, aber Kamera

aus bei tagtäglicher Schulbibliotheksarbeit.

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1. Die hohen KostenLehrer beaufsichtigen Mittagessen in Ganztagsschulen, Lehrer haltenVertretungsunterricht, Lehrer verwalten die Erdkundekarten-sammlung. Aber ihr Einsatz in der Schulbibliothek gilt als zu teuer!Mehrere Anfragen nach Deputatstunden für Bibliothekslehrer wur-den vom hessischen Kultusministerium abschlägig beschieden.Lehrer in Schulbibliotheken seien zu teuer! Niemand hat etwas gegenSchulbibliotheken. Nur für die Kosten will keiner aufkommen.

Vor 40 Jahren schlug Günter Grass vor, die damals neu eingeführteWahlkampfkostenerstattung für die Parteien den Schulbibliothekenzu spenden. Das schien so abwegig, dass der Vorschlag fast unbe-kannt blieb.

1990 habe ich zusammen mit dem damaligen Direktor der Frank-furter Stadtbücherei an einem Konzept gearbeitet, das in allen hessi-schen Landkreisen schulbibliothekarische Arbeitsstellen zur Unter-stützung der Bibliotheken in den Schulen der Landkreise vorsah, mitinsgesamt ca. 70 Arbeitsplätzen für Bibliothekarinnen und Biblio-theksassistentinnen, jährliche Kosten ca. 5 Millionen Mark. Der dama-lige Kultusminister winkte ab.10 Jahre später wendet das gleiche Ministerium den doppelten Betragfür die Computerisierung der Schulen auf. Nicht mitgerechnet istdabei, dass die Schulträger noch einmal genau so viel Mittel aufwen-den. (S. u. Punkt 5.) Der Mann, dessen Name Synonym für Computer geworden ist, BillGates,hat immerhin 400 Millionen DM für öffentliche Bibliotheken inUSA gespendet.

2. Die fehlende BibliothekskulturWer in die Stadtbücherei von New York geht, betritt einen Palast.Vonwelcher deutschen Stadtbücherei kann man das sagen? Da ist manmanchmal froh,wenn es wenigstens zu einem umgebauten Kaufhausgereicht hat.Auch Provinznester in Texas haben ihre Stadtbücherei, die manchmalbis 22.00 Uhr geöffnet ist.

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Deutsche Bürgerinnen und Bürger besichtigen aber staunend dieprächtigen fürstlichen und bischöflichen Bibliotheken aus vorbür-gerlichen Zeiten.

Die Bertelsmann-Stiftung hat herausgefunden, dass 90% der Deut-schen keine öffentliche Bücherei nutzen. Mangelnde Kundenorien-tierung, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen, unat-traktive Öffnungszeiten und wenig einladende Atmosphäre habensicher dazu beigetragen.Während sich die Konsum,Freizeit und Infor-mationsbedürfnisse der Menschen änderten, genügten die Biblio-theken lange Zeit sich selbst.3 Das ist heutzutage glücklicherweiseüberwunden, wie vor allem die Stadtbücherei Stuttgart beweist.

Dennoch, Bibliotheken haben gerade erst angefangen, ihre Moderni-sierungsrückstände abzuarbeiten. Ihre Finanzierung ist nicht üppig.Es nimmt daher nicht wunder, wenn der Ausbau von Schulbiblio-theken innerhalb städtischer Büchereisysteme nicht zu den oberstenPrioritäten gehört. Eher schließen sie sie, wie Offenbach und Wies-baden, um die schwindenden Ressourcen auf ihr Kerngeschäft zukonzentrieren.

3. Die angestaubte SchultraditionDeutsche Schulbücher sind gut. Der Lehrstoff ist motivierend aufbe-reitet (Sieht man von Mathematikbüchern ab), didaktisch durchdachtund bekömmlich portioniert.Der Dschungel einer Bibliothek scheinteher hinderlich beim Lernen zu sein.Lehrer in Deutschland brauchenkeine Schulbibliothek, sie haben Schulbücher! Lehrer in Deutschland„bringen bei“. Zeitraubende Suche in Sachbüchern können sie sichnicht leisten. Sie kennen sich selbst nicht in Bibliotheken aus (SiehePunkt 2) und meiden daher auch die Schulbibliothek. Für eine effi-ziente Wissensvermittlung scheint das Schulbuch zu genügen.PISA verunsichert ein wenig und wird zu mehr Methodentrainingführen.Aber ganz in deutscher Schultradition, ohne Schulbibliothek.In der hessischen Lehrerfortbildung läuft seit einiger Zeit ein auf-wändiges Projekt zur Ausbildung von Methodentrainern in Schulen.Als die LAG Schulbibliotheken in Hessen den Projektleiter anschrieb

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und eine Kooperation zwischen den seit Jahren stattfindenden Lehr-gängen „Arbeitstechnik in Schulbibliotheken trainieren“ und demneuen Methodentrainingsprojekt vorschlug, erhielt sie nicht einmaleine Eingangsbestätigung.4

Schulbibliotheken kommen weder in der Lehrerausbildung noch inder Lehrer und Schulleiterfortbildung vor. Eine Einführung in diepädagogische Nutzung gibt es nicht.Der Gesetzgeber schreibt wederRichtlinien vor, noch stellt er erforderliche Haushaltsmittel zur Ver-fügung. Immerhin sieht der Geschäftsverteilungsplan des Ministeriumsauf Vorschlag der LAG einen Schulbibliotheksreferenten vor. In vielenKultusministerien gibt es Medien- und Internetreferenten, aber seltenSchulbibliotheksreferenten.Wozu auch? In Hessen kann er Zuschüssean Schulen geben, die ausgezahlt werden, wenn gleichzeitig auch derSchulträger einen Zuschuss für die Schulbibliothek gewährt.Die einzige amtliche Erwähnung finden Schulbibliotheken in einemPapier zum Vertretungsunterricht. Da schlägt das Ministerium seinenSchulen vor,eine Schülerbücherei „vorzuhalten“,weil man dort Klassenbei Lehrerausfall versorgen könne.Die (häufige) Erwähnung der Schulbibliothek in den Lehrplänen bleibthier ausgespart. Der Einfluss von Lehrplänen auf den Unterrichts-alltag wird kontrovers diskutiert.Ein Bewusstsein von der Rolle der Schulbibliothek im Lernprozess istweder in den Köpfen der Bildungspolitikerinnen und -politiker nochder Lehrerschaft, noch der Erziehungswissenschaft vorhanden.5

Dabei lassen die schulbibliothekarischen Aktivitäten in Hessen in den90er Jahren ahnen, was möglich gewesen wäre, hätte es gesetzlicheRegelungen gegeben, die die Zuständigkeit für Schulbibliotheken beiden Kultusbehörden begründet hätten:

• 800 Schulen, ein Drittel aller Schulen verwenden dasselbe Katalogi-sierungsprogramm für Schulbibliotheken und Lehrbuchsammlun-gen. Das ist deutschlandweit einmalig.

• Über 400 Lehrerinnen und Lehrer wurden im Bereich „Pädago-gische Nutzung von Schulbibliotheken“ fortgebildet.

• Über 250 Oberstudienratsstellen für die Leitung von Schulbiblio-

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theken wurden besetzt.• Es gab in den Schulen,und gibt es vereinzelt noch, technische Assis-

tenten. Sie drucken Arbeitsblätter für die Lehrerinnen und Lehrerund verwalten die Tageslicht- und Diaprojektoren. Bibliotheksassis-tenten gab es nicht. (Nur in einem Landkreis hatte der Schulträgersie tatsächlich eingeführt. Sie sind aber inzwischen fast alle wiederabgeschafft oder fallen künftig weg.)

• Es gibt einen Sattelschlepper, der ursprünglich als mobile Fortbil-dungseinrichtung für Schulbibliotheken konzipiert war. Er enthieltalles,was man für Schulbibliotheksseminare und -workshops brauch-te: Bücher, CD-ROMs, Fachliteratur. Aufgabe dieser Fortbildungs-einrichtung ist die sog. „Kulturelle Praxis“ an Schulen geworden:Künstlerisch-musische Betätigung, Leseförderung eingeschlossen.

• Das Ministerium war bereit gewesen, einen Modellversuch, in demInternet und CD-ROM in Schulbibliotheken erprobt werden soll-ten, mit 150.000 DM zu unterstützen. Gutachter des Bundesbil-dungsministeriums lehnten ab. Es gäbe genügend EDV-Projekte inöffentlichen Bibliotheken. Zwei Jahre später verschenkte diesesMinisterium von der Telekom gestiftete Medieninseln an öffentlicheBüchereien, nicht etwa an Schulbibliotheken.

• Das Ministerium erhielt auf Initiative der LAG – bescheidene –Haushaltsmittel zur Förderung der Schulbibliotheken.

4. Die falsche ZuständigkeitEntlastend ist die Zuordnung der Schulbibliotheken zu den kommu-nalen Aufgaben ohne Zweifel für die Kultusministerien der Länder.Sie seien eigentlich gar nicht zuständig, diesen Satz bekam ich imKultusministerium oft zu hören.

In den 60er Jahren wurden Schulbibliotheken durch ein, wie sichherausstellen sollte, verhängnisvolles Gutachten6 dem kommunalenBüchereiwesen zugeordnet. Die von wohl meinenden Lehrkräften inVorkriegstradition geführten Büchereien in Schulen sollten vonBibliothekaren nach bibliotheksfachlichen Maßstäben betrieben wer-den.7 Schulbibliotheken sollten der Unterbau des öffentlichen Biblio-thekswesens werden.Bibliothekare erhofften sich im Zuge der Schul-

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reformbewegung der 60er und 70er Jahre massenhaft Arbeitsplätzein Schulbibliotheken. Das erklärt die Nervosität, mit der Aktivitätenvon Lehrern in diesem Feld beobachtet wurden. Ein ÖTV-Funktionärließ Lehrern gerichtlich untersagen, sich in Schulbibliotheken zuengagieren. Die hoch gespannten Erwartungen der Bibliothekarsver-bände auf Arbeitsplätze erfüllten sich jedoch nicht.

Dass dieser Weg in eine Sackgasse führte, wurde schon sehr früh8

deutlich.Reinhard Heckmann deutet es nach 30 Jahren 1993 an (s.o.,S. 39). Nun sind 40 Jahre vergangen.Nach der Schließung der Beratungsstelle für Schulbibliotheken imDeutschen Bibliotheksinstitut9, die diese Position besonders hart-näckig verkörperte10, wäre eine minimale Chance für einen Neuan-fang gegeben. (Aber siehe dazu Punkt 6: Die fehlende Lobby) Die Zuordnung der Schulbibliothek zur öffentlichen Bibliothek undnicht zu den Kultusministerien führte zu einem unverbindlichenNebeneinander. Als ich Mitte der 90er Jahre in einer FrankfurterSchule anrief und die Schulbibliothek (eine Zweigstelle der Stadt-bücherei) verlangte, kannte die Schulsekretärin die Telefonnummernicht und verwies mich an die Telefonzentrale der Stadtverwaltung.

5. Die vorschnelle Computer-EuphorieBei der Computerisierung und „Internetisierung“ der Schule fallenfür Schulbibliotheken allenfalls Krümel ab. Da es kein Konzept fürInformationszentren in Schulen gibt, hängt es von engagiertenLehrerinnen und Lehrer ab, ob auch ein Kabel in die Bücherei gezo-gen wird.

Der Aufwand für die Computerisierung sollte nicht darüber hinweg-täuschen: Im Grunde darf Schule nicht viel kosten. Die Haushalte derGebietskörperschaften sind arg strapaziert. Die Bundesländer wissennicht, wie sie die Pensionen der Lehrerinnen und Lehrer aufbringen.Die Steuereinnahmen, besonders aus dem gewerblichen Bereich sin-ken.Außerdem sind Eltern schulpflichtiger Kinder kein allzu großesWählerpotenzial mehr.Daher haben „richtige“ Schulbibliotheken keineChance. Ich misstraue auch den Ganztagsschulplänen unserer Kultus-

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minister. Die Schülerinnen und Schüler werden länger in der Schule„abhängen“.Was sonst?

Vielleicht gelingt es im Rahmen der EDV-Ausstattungsoffensiven auch;einen Rechner in die Schulbibliothek zu bekommen. Dem Verfasserpassierte dabei dies: Der EDV-Sachbearbeiter des Schulträgers erklärtihm, dass in der Schülerbücherei zwar Rechner für die Schüler auf-gestellt werden können, aber kein Rechner für die Katalogisierung.Die informationstechnologische Offensive von Schulträger und Landes-regierung gälte der Pädagogik, nicht der Schulverwaltung!

In amerikanischen Schulbibliotheken spielen die neuen Medien einewichtige Rolle.Von der Homepage-Betreuung bis zur Linksammlung,von der Verwaltung der Computerräume bis zur Papierstaubehebungim Drucker, für alles sind in der Regel Teacher-Librarians oder ihnenzugeordnete Techniker zuständig.

In einem Gymnasium nahm ich an einer Tagung zu neuen Medienteil.Die Schule unterzeichnete feierlich einen Patenschaftsvertrag mitMicrosoft. In allen Computerräumen warfen die Beamer Link-Samm-lungen und Powerpoint-Referate an die Wände. Als ich nach derBibliothek fragte,ging ein Schüler mit mir zum Fenster. Sein Arm zeig-te an der Außenwand entlang zum Gebäudeende hin. „Da hinten,unterm Dach, glaub’ ich.“ Wenn es keine Schulbibliothek gibt, kanndaraus kein Informationszentrum werden.Es bleibt dann nur zu hoffen, dass es umgekehrt abläuft. Bei denen,die schon viele Jahre mit Computer und Internet in der Schule zu tunhaben, macht sich Ernüchterung breit. Ein Berufsschullehrer fragtemich einmal um Rat:Sie hätten jetzt neben ihren Computern ein paarBücher aufgestellt ...

Neben der IT-Offensive, die in diesen Jahren das beherrschendeThema ist, bleibt kein Platz für eine Schulbibliotheksoffensive. Dassdie Schulbibliothek gar das Ziel dieser IT-Offensive werde, wie esgerade Österreich vormacht, wird noch nicht einmal von allen, diesich in Schulbibliotheken engagieren, gewünscht.11

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Die informationstechnologische Offensive verschlingt viel Geld. DieSchulträger erschrecken gerade darüber. Aber es ist eine tragischeSituation.Eltern,Politik und „die“ Wirtschaft erwarten die Computeri-sierung der Schule. Ob die Millionen des Bundesbildungsminis-teriums für die Produktion von „Content“, von Lehrmaterialien indigitalen Medien,sich auszahlen,ob Schule besser oder noch schlech-ter wird, wenn mehr gesurft wird, werden zukünftige Leistungs-messungsstudien herausfinden.12

Ob man die Schulbibliothek als modernes Informationszentrum wirk-lich noch braucht? Zurzeit sind Verlage dabei, die klassische nachmit-tägliche Schülernachhilfe überflüssig zu machen und Hightech-Nach-hilfe im Internet anzubieten: Z.B. learnunited.com von Holtzbrinckoder learnetix.de von Cornelsen. Da könnten Teile des Bildungs-systems erfolgreich kommerzialisiert werden. Schulische Informa-tionszentren kann man dann vielleicht ganz entbehren.

6. Die fehlende LobbyDer letzte und wichtigste Punkt, der mich überzeugt, dass Schulbi-bliotheken in Deutschland keine Zukunft haben: Wer soll sich fürSchulbibliotheken einsetzen? Selbst pädagogische Zeitschriften und Erziehungswissenschaftler tunsich schwer.13 In den USA schreiben gelegentlich sogar das Wall StreetJournal und die New York Times über Schulbibliotheken. Immerhinschreibt die Bildungsredakteurin der Frankfurter AllgemeinenZeitung auf Seite 1(!) über Schulbibliotheken und bringt sie mit PISAin Zusammenhang.14 Das gab es in Deutschland bisher nicht,dass füh-rende Zeitungen über Schulbibliotheken schreiben. Aber wird dasausreichen?

Der Interessenverband der öffentlichen Bibliotheken, der deutscheBibliotheksverband e.V.,hat eine Expertengruppe „Schule und Biblio-thek“. Ihr Anliegen drückt sich ehrlicherweise jetzt auch im Namenaus. Früher hieß sie Expertengruppe „Schulbibliothek“. Ihr Nachteilist nicht nur der veränderte Schwerpunkt, sondern auch, dass siekeine echte nationale Kommission ist, sondern das Gremium einesVerbandes mit standespolitischen Interessen.

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Die LAG Schulbibliotheken hat einmal einen Bundespräsidenten an-gesprochen, obwohl er sich dezidiert gegen Kuschelecken, die wir jaauch in Schulbibliotheken haben wollen,ausgesprochen hatte.Er ließabwinken. Da gäbe es doch die Bertelsmann-Stiftung. Die Bertels-mann-Stiftung winkte ab, als ein Vertreter des hessischen Kultus-ministeriums die Unterstützung des Schulbibliothekswesens anregte,statt eines millionenschweren Projekts der Förderung der Zu-sammenarbeit von öffentlichen Büchereien und Schulen. ZumBundesbildungsministerium ist schon alles gesagt. Die Kultus-ministerkonferenz verabschiedet regelmäßig Empfehlungen zumBesuch öffentlicher Büchereien. Ihr Interesse an der Fußballwelt-meisterschaft 2006 ist größer als an Schulbibliotheken.15

Einmal hatte die LAG einen Vorschlag für den Erhalt der Beratungs-stelle für Schulbibliotheken im Geschäftsgang der KMK. Erst beimPräsidenten landete er im Papierkorb. Dem hessischen Minister-präsidenten klagten wir, dass die Situation der Schulbibliotheken inseinem Land zu wünschen übrig lasse. Er ließ uns antworten, dass erdie Kultusministerin gebeten habe, uns die Situation der Schulbi-bliotheken in seinem Lande zu erläutern.

An die Stelle grundlegender,struktureller Reformen im Bildungswesensind Projekte und Preisausschreiben getreten. Die kosten wenigerund machen mehr her. Deswegen gibt es Sponsoren für ein Lese-könig-Festival und literarische Wettbewerbe, bei denen ein Riesen-Buchpaket für die Klassenbücherei oder ein Kinobesuch für dieganze Klasse gewonnen werden kann. Aber es findet sich keinSponsor für die alltägliche, undramatische Leseförderung in und mitder Schulbibliothek. Erfahrene Eventmanager winken ab, wenn sie„Schulbibliothek“ hören. „Wie wär´s mit einer Internetplattform:Chatroom, Mailing List, kostenloser Clubkarte und Webspace für eureArbeitsergebnisse? Der Sieger darf zur Live-Aufzeichnung einer SAT 1– Talkshow.“ Organisationen, die sich die Leseförderung aufs Paniergeschrieben haben, fallen daher als Träger einer Schulbibliotheks-initiative aus.

1998 erschien ein Tagungsbericht: „Lesen im Umbruch – Forschungs-perspektiven im Zeitalter von Multimedia“, herausgegeben von der

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Stiftung Lesen16. Der Band enthält lesenswerte Beiträge, in denen u.a.erfrischend kritisch mit der Hypothese des wachsenden funktionalenAnalphabetismus umgegangen wird oder der Bedeutungszuwachsdes Lesens im Medienzeitalter herausgestellt wird. Zum Schlussunterhält sich eine Talkrunde über Perspektiven der Leseforschung.Die Experten skizzieren Forschungsfelder und -projekte: EmotionaleDimensionen des Lesens, Gender-Differenzen, Auswirkungen desUnterrichtsstils auf das Leseverhalten, Tests zum Status derLesefähigkeit, Lesen im Multimedia-Kontext. Sogar an Schulbiblio-theken denkt jemand (Seite 227):Pilotprojekte zu Schulbibliotheken!Ich erwarte diese Themen: Die Rolle der Schulbibliothek beim Erhaltder Lesemotivation, der Beitrag der Schulbibliothek zur Qualität derSchule, der Zusammenhang von Schulbibliothek und Schulnoten, dieAuswirkung regelmäßiger Schulbibliotheksnutzung auf die Qualitätvon Facharbeiten und Referaten. Schulbibliothek und die Integrationvon Migrantenkindern. Aber das deutsche Forschungsprojekt zuSchulbibliotheken, auf der Tagung der Stiftung Lesen in Zusammen-arbeit mit dem Börsenverein des deutschen Buchhandels, demBundesministerium für Bildung, Forschung und Technologie, derDeutschen Bibliothek u. a.1997 in Frankfurt a.M.von einer Experten-runde vorgeschlagen, lautet: Können Schulbibliotheken auch vonEltern geführt werden?

Wer fehlt? Standesorganisationen und Gewerkschaften der Lehr-kräfte? In Österreich haben die sich für Schulbibliotheken eingesetzt.Es gibt in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft einige sym-pathische Leseförderinnen und Leseförderer, aber deren Einfluss istnicht sehr groß. Parteien? Im letzten hessischen Wahlkampf nutztedie FDP ein Plakat, das Schülerinnen und Schüler vor einemBücherregal zeigte. Sie hatten versprochen, es mir zuzuschicken. Dastaten sie dann aber lieber doch nicht.

Klaus Doderers17 zartes Pflänzchen „Arbeitstelle für Schulbibliotheken“ist noch nicht einmal 30 Jahre geworden.Kein Bundesland hat in denvergangenen Jahrzehnten einen Masterplan „Schulbibliotheken“ wieSingapur verabschiedet oder gar ein Netz von Medienzentren (Däne-mark, Frankreich) geschaffen, die auch Schulbibliotheken unter-

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stützen oder einen Schulbibliotheksservice wie in Österreich?

7. Fazit und AusblickEs kommt also einiges zusammen:• die fehlende Wertschätzung öffentlicher und Schulbibliotheken,• die fehlende oder mangelhafte Finanzierung beider,• die Trennung der Zuständigkeiten für Schulbibliothek und Schule,• die vermeintliche Konkurrenz von Bibliothekaren und Bibliotheks-

lehrern,• die Computer-Euphorie in der Bildungspolitik,• die fehlende Lobby.

Hilmar Hoffmann wies vor 10 Jahren, als man das, was heute man-gelnde Lesekompetenz heißt, funktionalen Analphabetismus genannthat, darauf hin, dass die USA wegen ähnlicher Befunde – Die Schülerverstehen nicht mehr, was sie lesen – angefangen hatten, die Lese-kompetenzen zu trainieren. PISA stellt fest, dass das erfolgreich war.Die ersten Reaktionen auf die PISA-Ergebnisse – Ein Schloss für, wiees heißt, hoch Begabte in Hessen, ein Praxissemester mehr, einDidaktiksemester weniger für Lehramtsstudenten in Baden-Württemberg, mehr Bildung und Bücher im Kindergarten – lassenahnen, wie es weitergeht. Wer glaubt, dass PISA den Ruf nachSchulbibliotheken lauter werden lasse, wird ganz schnell ernüchtert.In „Forum Lesen“, Nr. 47, der Hauszeitschrift der „Stiftung Lesen“macht der Aufmacher: „Was nach dem PISA-Schock zu tun ist ...“ neu-gierig.Auf Seite 3, unter der Rubrik „Stiftung 2002“, wird der Schul-bibliothekar fündig. „Lehrer und Schüler können leere Drucker-kartuschen in Bücher für die Schulbibliothek oder sogar in neueComputer-Terminals eintauschen.“

Man war schon einmal weiter. Der preußische Schülerbüchereierlassvon 1928 schrieb vor:• Mindestens so viele Bücher wie Schülerinnen und Schüler.• In kleinen Schulen wird ein größerer Bestand nötig sein.• Vor allem sollten Bücher im Bestand sein, Bücher, die wegen des

Preises nicht privat angeschafft werden können.

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• Der Lehrer müsse die vorhandenen Bücher genau kennen.• In allen Unterrichtsfächern muss auf eine enge Verflechtung mit

der Bücherei Bedacht genommen werden.• Empfehlenswert sei eine Büchereistunde.• Der Erlass ist in den Schulkonferenzen zu erörtern.18

Das, was geschehen muss, ist seit vielen Jahren mehrfach dokumen-tiert worden. Es kann auch ganz einfach aus Dänemark, Österreich,Frankreich, USA, Neuseeland, Kanada, Südtirol oder Singapur über-nommen werden:

1. Ein Gesetz oder eine Schulgesetzergänzung, in der die Finan-zierung von Schulbibliotheken geregelt wird. Erforderlich wirdeine Mischfinanzierung durch Bundesland und kommunaleSchulträger sein, ähnlich wie bei den IT-Offensiven. Denkbar ist,dass die Schulträger den Sachaufwand (Gebäude,Ausstattung) tragen,das Land das Personal (Bibliothekare, Bibliothekslehrer) bezahlt.

2. Leiterinnen und Leiter von Schulbibliotheken müssen aus- undfortgebildet werden. Eine schulbibliothekarische Spezialausbil-dung für Diplom-Bibliothekare gibt es leider nicht (mehr) inDeutschland. Empfehlenswert ist eine Weiterbildung von Päda-gogen, da in Schulbibliotheken weniger bibliotheksfachliche alspädagogische Kompetenzen nötig sind.

3. Schulbibliotheken benötigen einen Unterstützungsapparat: Schul-bibliothekarische Arbeitsstellen, die die Schulbibliotheken einesLandkreises oder einer Stadt in ihrer Arbeit vielfältig unterstützen:Zentraler Einkauf, Katalogisierung, Online-Katalog, EDV- und Inter-net-Support. Weiterbildungskurse, Organisation von Lesereisen,Aufbau eines Ergänzungsbestandes u.a.

4. Integration der Schulbibliothek in das Curriculum: Abstimmungder Lehrpläne auf die Schulbibliothek (bzw. das Medien- oder In-formationszentrum), Fortbildungsangebote für der Nutzung derSchulbibliothek im Unterricht, Zuständigkeit der Schulleiter/innenfür die Schulbibliothek.

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Das klingt einfach und schlüssig, aber wenig realistisch. 1928 warman weiter.

In der Zeitung gelesen:Eine Schule feiert ihre langjährige Existenz. Als Highlight wird er-wähnt, dass die Schülerinnen und Schüler in der Pause die Büchereibenutzen dürfen.

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Erstfassung: 1.1.2002, aktualisiert im Dezember 2004

1 Zum Zusammenhang von Schulbibliothek und Schulleistung: HowSchool Librarians Help Kids Achieve Standards: The Second Colo-rado Study (2000 Colorado study) by Keith Curry Lance, ChristineHamilton-Pennell, and Marcia J. Rodney, Library Research Service,Denver, Colorado

2 Reinhold Heckmann, Ein Blick über die Grenze, ursprünglich inschulbibliothek aktuell, Nachdruck in: Arbeitshilfen, Schriftenreihefür die zentrale Schulbibliothek, Heft 24, S. 4f

3 Dazu zwei hervorragende Quellen: Kommunikationsort Stadtbiblio-thek, hrsg. von Olaf Schwencke und Birgit Dankert, 34. Loccumerkulturpolitisches Kolloquium, Evangelische Akademie Loccum1992; König, Johann-Günther: Institutionen für fiktive Adressaten,Zur Funktion der Kinder- und Jugendbibliotheken im Kommunika-tionsprozess, Bad Honnef 1986

4 Das Institut, das zum Jahresende 2004 geschlossen wurde, tat sichmit dem Thema „Schulbibliotheken“, das die LAG in Hessen forcierthatte, von Anfang an schwer. Es gelang nur in einem einzigen Jahr,das Stichwort ins Register der Fortbildungsprogramme zu beko-men. Im Vorwort zu den Programmen bedankte sich derInstitutsdirektor bei außerschulischen Kooperationspartnern. DieLAG war nie dabei.Der widerwillig geschaffene „Arbeitsbereich Schul-bibliotheken“, später „Projektbüro Schulbibliotheken“ genannt,wurde in die zunehmende Zahl der Tagungen und Kongresse zumThema Lesen, Leseförderung, Lesekompetenz selten einbezogen.

5 Das Schwerpunktheft „Lesekultur in Deutschland“ von „Erziehungund Wissenschaft“, der Zeitschrift der Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft, Nr. 1/2002, streift das Thema Schulbibliothek amRande (S.9f.); die Fachzeitschrift Praxis Deutsch tut sich schwer mitdem Thema. Es reicht allenfalls einmal zu einem Streiflicht „Schul-bibliothek light“. Der Hamburger Erziehungswissenschaftler Prof.Dr. Peter Struck erwähnt in seinem Buch „Schule der Zukunft“,Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1997, eine ganze Reihe vonRäumen der Ganztagsschule, aber nicht die Bibliothek. Den Vogelschießt Enja Riegel ab, die ehemalige Direktorin der KultstätteHelene-Lange-Schule in Wiesbaden, die neue Lehrer barfüßig auf

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dem Teppich empfing, aber eine Schulbibliothek für überflüssighielt, da die Kinder lernen sollten, sich draußen, außerhalb derSchule, also auch in der Stadtbücherei, zurechtzufinden:Riegel,Enja,Schule kann gelingen, Frankfurt 2004, Fischer-Verlag.

6 Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Schule und öffentlicherBücherei, Deutscher Städtetag 1961

7 In den Informationsprospekten dieser Beratungsstelle wurden„Schulbibliotheken kleinerer (!) Größenordnung“ beschrieben: Ge-samtmedienbestand im beschriebenen Beispiel: 19.500 Medien,davon 6.000 AV-Medien und 1,5 bibliotheksfachliche Angestellte.Eine Entmutigung für alle, die klein anfangen wollten.

8 Kallbach, Konrad: Von der Schulbibliothek zur Schulmediothek.Plan und Wirklichkeit, in: Materialien Jugendliteratur und Medien,Sonderheft 80 Jahre Konrad Kallbach, S. 8ff, hrsg. v. d. AGJugendliteratur und Medien.

9 Das Deutsche Bibliotheksinstitut verlor die Bundesförderung undwird in reduziertem Umfang als Einrichtung des Landes Berlin wei-ter geführt. Die zum Institut gehörende Beratungsstelle für Schulbi-bliotheken wird nicht weiter geführt.

10 s. Fußnote 711 Ich wurde zur allerersten Sitzung dafür ins Wiener Unterrichts-

ministerium eingeladen. Inzwischen hat die LAG die Nachdruck-rechte für die österreichische Broschüre über die multimedialeSchulbibliothek erworben.

12 Erste Befunde weisen allerdings darauf hin, dass Computer päda-gogische Probleme nicht wirklich lösen:„Computer machen dumm“,Frankf. Allg. Sonntagszeitung v. 19.12.04. Dort wird zitiert: Fuchs/Wößmann, Computers and Student Learning,www.cesifo.de/~doccidl/1321.pdf

13 s. Fußnote 514 FAZ v. 4.12.200115 Die KMK war Mitveranstalter eines Kongresses des deutschen Fuß-

ballbundes „Bündnis für den Fußball – Schule,Verein,Verband“ inPotsdam, 15. und 16.4.2002

16 Lesen im Umbruch – Forschungsperspektiven im Zeitalter vonMultimedia, hrsg. von der Stiftung Lesen, Bonn, 1998

17 K. Doderer gründete das Frankfurter Institut für Jugendbuchfor-

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schung, aus dem die Beratungsstelle für Schulbibliotheken hervor-ging.

18 aus: Die Schulbibliothek. Texte zu ihrer Geschichte und Theorie,hrsg. von Klaus Hohlfeld, Bad Honnef, Bock und Herchen, 1982, S.156 ff.

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Zurück@aus dem Internet 1995

Reisenotizen eines Bibliothekslehrers

„Das ist ja schlimmer als mit der Modelleisenbahn!“ lästert meineFrau. Das Spielen mit der Modelleisenbahn ist zwanzig Jahre her.Ohne Rücksicht auf Raum, Zeit und Rückenschmerzen habe ichdamals – natürlich für meinen Sohn! – Gleise verlegt, Stellwerke ge-baut und Züge zusammengestellt. Und jetzt: das Internet.

Dabei fing es harmlos an:Zwischen meinen Kollegen im Vorstand derLAG und mir gibt es intensiven Fax-, Telefon- und Briefverkehr. Wirbetreuen mehrere Projekte und verfassen gemeinsam Texte. Mit e-Mail, dem Versand von Mitteilungen und Texten auf elektronischemWeg, sollte das vereinfacht und, alles geschieht ja auf den „letztenDrücker“, beschleunigt werden. Um es vorweg zu sagen: Es klappt.Schon bei der Einführung des Faxgeräts fragte man sich nach einigenWochen, wie ein Leben ohne Fax möglich gewesen war. Anders alsbeim Fax quellen aber jetzt keine Papierrollen mehr über Schreib-tisch und Fußboden. Ich entscheide, wann ich meinen elektroni-schen Briefkasten leere und welche Nachricht ich ausdrucke. Text-dateien, die ich bearbeiten muss, verschiebe ich in den betreffendenFestplattenordner.

Unser Informatikfachmann im Vorstand empfiehlt als Provider die US-Firma CompuServe, deren (weltgrößter) Dienst als technik- und busi-nessorientiert gilt. „All work and no play“ urteilt Newsweek. Compuhat den kleinsten „sleaze factor“ unter den amerikanischen Online-Diensten (AOL, Prodigy, Community Boards, The Web). Dass ausge-rechnet sie Opfer eines eifrigen Münchner Staatsanwaltes wurde,reizte schon zum Lachen, wenn das Thema Kinderpornographienicht so schlimm wäre und die Zensur des Internets nicht dahinteraufschiene.Als Btx noch Btx hieß, konnte man den Eindruck gewin-nen, es wäre ein Gemeinschaftsunternehmen von Beate Uhse undBundespost.Aber das hatte keine Strafverfolgungsbehörde veranlasst,das Bundespostministerium zu durchsuchen.Compu soll auch die ausgereifteste Software (WinCim) besitzen.

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WinCim bietet zwar eine ganze Reihe Dienste an (u.a.Wetter, Börsen-kurse, Wirtschaftsnachrichten, Bahnfahrpläne, Lexika, Der Spiegel,Software und Gesprächsforen), der direkte Zugang zum Internet(World WideWeb) ist nur über ein zusätzliches Programm (Mosaic).Das ist etwas umständlich, soll sich aber ändern.

Alles ist bereit und dank des Fachmanns hervorragend eingerichtet.Das Modem rauscht, sirrt und klackert. (Kann man abstellen.) Wennsich ein Programm nicht selbst erklärt, ist es kein gutes Programm.Handbücher lese ich ungern.Nach drei Minuten bin ich im EducationForum. In einem der virtuellen Konferenzräume erörtern amerika-nische Mathematiklehrer ein fachliches Problem. Im Fenster obenlinks stehen die Namen der Teilnehmer, darunter plötzlich auch mei-ner.Auf der oberen Hälfte des Bildschirms laufen nach und nach dieTeilnehmeräußerungen auf. Die untere Hälfte ist meine Schreibtafel.Oh, je, ich bin mitten in einem Fachgespräch, das jenseits des Atlan-tiks geführt wird. Ich teile mit, dass ich Mathematik nicht besondersmag, und drücke auf das icon mit dem Männlein, das sich die Ohrenzuhält.

Mutiger geworden, verfasse ich eine Forumsnachricht. Ich sage, werich bin, was ich tue und was mich interessiert. Mitglieder im Educa-tion Forum sind wohl einige tausend nordamerikanische Pädagogen.Es gibt Themenschwerpunkte (z. B. Grundstufe, Computer in derSchule, Schulverwaltung, Bildungsreform). Jeder Bereich hat eineNachrichtenbörse, eine Bibliothek und einen Konferenzraum, allesvirtuell natürlich. Ich stöbere im Bereich Schulbibliothek/Medienund finde Literaturlisten über Gott und die Welt, Buchempfehlungenvon Kinderbuchverlagen, die US-Verfassung und ein gerade aktuali-siertes Lexikon der Internet-Fachbegriffe. So muss das mit demManna in der Wüste gewesen sein! Amerikanische Schulbibliothekarinnen tauschen ihre Erfahrungenaus:Dass man Barcode-Etiketten am besten auf der vorderen Einband-seite oben links anbringt. Wie man Computer in der Bibliothek auf-stellt. (Nicht alle auf einen Haufen, damit es kein Gedränge gibt.Aberwenn dezentral, dann doch so, dass man sehen kann, was die „littlebeasties“ anstellen.) Wie man die Bibliothek dem Kollegium „verkauft“.

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Die eine oder andere Idee notiere ich. Dafür wird im Gegenzug viel-leicht in einer Grundschulbücherei in Ohio der „Weihnachtswunsch-zettel“ unserer Schulbibliothek als Fundraising-Idee aufgegriffen werden.

Meine Forumsnachricht wird gelesen. Norma Heller, eine ehemaligeSchulbibliothekarin, die den Bereich Lib/Med/Reference im Forumbetreut, begrüßt mich und lädt mich zu einer Konferenz über Zensurin amerikanischen Schulbibliotheken ein, um 21 Uhr Eastern Time.Ich würde nur etwas wenig Schlaf kriegen, meint sie. Ein Kollege ausEngland schreibt und zwei Bibliothekarinnen an amerikanischenSchulen in Deutschland. Wertvolle Tipps treffen ein. Ich schreibeBriefe über Briefe. Die antworten so schnell! Dies auch als Dis-kussionsbeitrag zum Thema „Der Computer und der Zerfall derSchreibkultur“.

@LISTSERVSIch abonniere mehrere listservs, Diskussionslisten zu bestimmtenThemen,die über e-Mail abgewickelt werden. Jeder Teilnehmer erhältautomatisch alle eingehenden Nachrichten: LM_Net (Schulbiblio-theken/Medienzentren; [email protected]),BI-L (Bibliographic Instruction; frei übersetzt: Lernen, die Bibliothekzu benutzen; BI-L; [email protected]) und CHATBACK(Behindertenintegration; [email protected]).Die Bestellung geht so: E-mail-Brief schreiben. Die Betreff-Zeile sollfreigelassen werden. (Da CompuServe ohne Betreff-Zeile nichts ab-sendet, tippe ich einen „ – „. Das geht auch.) Als Text z. B.: „subscribeLM_Net Vorname Nachname“. Tageshöchstwert an Briefen in dennächsten Tagen:100.Hilfe! Über 5.000 T./L.s (Teacher-Librarians) neh-men teil. Aber es gibt Filter. Man kann eingrenzen, abbestellen oderbeim Überfliegen der Betreff-Zeile vorsortieren. Dabei bleiben dannunter vielen alltäglichen Sorgen oder Nichtigkeiten die zwei, dreihochinteressanten Tipps, Erfahrungen oder Meinungen übrig, die ichausdrucke oder abspeichere. Den listserv für´s Abgewöhnen vomRauchen brauche ich glücklicherweise nicht:SMOKEFREE, [email protected]

Was URL, http, html, telnet, gopher, ftp bedeuten, dafür entwickeln

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sich bei mir allmählich hausgemachte Vorstellungen. Wie sehr ichschon dem Jargon verhaftet bin, merke ich, als ich einem Kollegenerkläre, was ich gerade mache: Um eine www-homepage für die LAGherzustellen, lade ich ein entsprechendes Programm (HPWizard).

@KIOSKIch baue an einem virtuellen Bücherregal. Da zu meinen Lieblings-vergnügungen das extensive Zeitunglesen gehört, suche ich dasInternet ab. Meine Lieblingszeitung ist die New York Times – dieSonntagsausgabe. Man liest sie nicht, man gleitet hinein wie in einVollbad, so hat es Marshall McLuhan einmal beschrieben. Die NYTgibt´s nicht in Europa und leider auch nicht online.Aber täglich eineachtseitige Kurzausgabe, timesfax(http://nytimesfax.com/cgi-bin/tmp/login). Das Programm, mit demsie gelesen werden kann, Adobe Acrobat, gibt es kostenlos dazu.Noch einige Zeitungen nehme ich in meine „hotlist“ auf: Die taz unddie Süddeutsche Zeitung. Der Stern ermöglicht den Volltextzugriffauf den Jahrgang 1994. Die Neue Zürcher Zeitung erlaubt gegenGebühr den Zugriff auf ihre Artikel.

Zeitunglesen am Monitor – im Bett, am Frühstückstisch, in der Bahn– das wird wohl nicht kommen. Vielleicht, wenn es während derArbeitszeit am Bürocomputer geschehen kann. Der Zugriff auf dieZeitungsausgaben und -archive aber ist für Politik-Lehrer und dieSchulbibliothek eine Goldgrube. Das wird auf Dauer nicht kostenlosbleiben können.Zukunft hat aber wohl Fishwrap – die persönliche Zeitung – , die jenach Leserprofil zusammengestellt wird. (Information, aber keineTeilnahme, möglich, da im Versuchsstadium:http://fishwrap.mit.edu/).

@KATALOGEWie findet man im WWW etwas? Ca. 20 Millionen Adressen soll esgeben, also Informationsquellen. Eine gigantische Bibliothek, die ichvon meinem Schreibtisch aus durchstöbern kann. Lycos ist meineliebste, weil ergiebigste Suchhilfe geworden (http://twelve.srv.lycos.

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com/lycos-form.html). Lycos wurde gerade von Microsoft gekauft.Die Suche wird also demnächst Geld kosten, aber wohl noch schnel-ler und komfortabler werden. Es gibt eine Metasearch-Möglichkeit,bei der die Suchanfrage gleichzeitig in mehrere große Suchinstru-mente (Galaxy,WebCrawler u.a.) eingetragen wird:http://metasearch.com.Wenn ich im folgenden die Internetadresse vergessen habe:Lycos fin-det (fast) alles! Wer E-mail-Adressen sucht, kann Four11 benutzen:(http://www.Four11.com/) Drin ist natürlich nur, wer sich registrie-ren lässt.Mit der ABC-Bücherdatenbank (http://Buecher.com;vermutlich dasSortiment des Grossisten Koch, Neff und Oetinger) kann ich nach300.000 deutschen und ebensoviel amerikanischen Büchern suchen– und gleich bestellen.ERIC Query erlaubt mir die Suche in der erziehungswissenschaft-lichen Literaturdatenbank des US-Erziehungsministeriums. Da es ERICbisher nur auf einer Kauf-CD-ROM gab, wird die Online-Suche, diesich noch im Versuchsstadium befindet wohl auch bald gebühren-pflichtig werden. Durch ERIC erfahre ich mehr über die amerikani-sche Diskussion zu Internet und Bibliothek, zur Cybrary, der virtuel-len Bibliothek.UnCover zeigt die Inhaltsverzeichnisse von weltweit 17.000 Zeit-schriften. Die Artikel werden gegen Gebühr über Fax zugestellt..

Die Elektronische Bibliothek der Waterloo-Universtität in Ontario/Kanada (http://www.lib.uwaterloo.ca/) empfängt mit einem virtuel-len Katalog.Er orientiert über die einzelnen Räume und Sammlungen(Walking Tour), bietet einen (Telnet-)Zugang zu den eigenen Bestän-den, denen der Stadtbücherei und zu UnCover. Internet-Ressourcensind nach Sachgebiet, geographisch oder durch freie Suche zugäng-lich. So stelle ich mir das Paradies vor! (Zugegeben, Telnet erlaubtz.Zt. nur 12 Menschen gleichzeitig den Zugang zum Katalog.Aber insParadies kommt ja auch nicht jeder im ersten Anlauf.)

Die Frage, die die Gemüter bewegt ist: Braucht man da noch einereale Bibliothek und Bibliothekare? Meiner Meinung nach: Ja. Wenn

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ich vom Schreibtisch aus im Katalog meiner Stadtbücherei recher-chieren könnte,würde ich öfter hingehen als heute.Längere Texte amBildschirm, auch A4-Format, zu lesen ist kein Vergnügen.Auch wenn,wie bei den CD-ROMs des Reclam-Verlages, beim Aufrufen der nächsten Seite Papierrascheln zu hören ist.Ich wäre dankbar, wenn die Bibliothekarin mit dem Internet-Angebotso umgehen würde, wie sie es mit den Angeboten des Buchmarktesmacht: Einen Bestand aufbauen, der an den Bedürfnissen der Nutzer/innen orientiert ist. Es fasziniert, wie die Bibliothekarin der Europä-ischen Südsternwarte aus der Homepage die „Visitenkarte“ ihrer Bi-bliothek gemacht hat, zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Mitar-beiter/innen des Instituts.(http://www.dbi-berlin.de/dbi_pub/bd_art/95_11_05.htm)

@CYBRARYInternet ist hierzulande vor allem ein Thema der Informatikge-meinde. In einer 70 Seiten-Studie „Schulen an das Netz“, an der dieTelekom beteiligt ist, wird leider an keiner Stelle von der Schulbiblio-thek gesprochen (http://ftp.educat.hu-berlin.de/pub/schulen/netz.zip).Verständlich, da in Deutschland weder öffentliche Bibliotheken nochSchulbibliotheken als Informations- oder Auskunftsstellen im Be-wusstsein von Bildungsplanern, Bürgermeistern, Telekommanagernund in der Realität nennenswert präsent sind. Dennoch ärgern michSätze wie: „Die Leistungsfähigkeit unseres Landes wird in Zukunftdavon abhängen, wie effektiv wir mit Informationen umgehen“ (S.11).Man sollte nicht nur Quantitäten anbeten, sondern auch über dieQualität von Information nachdenken.

Im Politikunterricht verwende ich von meinem ersten Arbeitstag anaktuelle Informationen im Unterricht, klebe und kopiere Zeitungs-artikel in Arbeitsblätter, weil aktuelle Lehrbücher selten vorhandensind. Wie viele Kolleginnen und Kollegen versuche ich, meinenSchülerinnen und Schülern Arbeitstechniken der Informationsbe-schaffung und -auswertung, Inhaltsanalysen und Referattechniken,das Zeitunglesen, aber auch kritischen Umgang mit den Produktender „Nachrichtenindustrie“ beizubringen. An unserer und einigen

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anderen hessischen Schulen arbeiten Schülerinnen und Schüler ein-zeln, in Gruppen oder mit der ganzen Klasse in der Bibliothek. Siebenutzen Bücher, Videos, Zeitschriften und Zeitungen. Das Internetbedeutet für diesen Zusammenhang ein weiteres, nützliches Werk-zeug. Es ist nicht die Offenbarung, aber auch nicht zu verachten. DieÜberfülle der Information schafft auch Probleme. Ich habe manchmalstundenlang gesucht und der Ertrag der Fundstellen war gering.Waswirklich gut ist, kostet überdies Geld oder wird nach Beendigung derVersuchsphase Geld kosten.

Es ist traurig, dass Politiker/innen, die in der „Informationsge-sellschaft“ ihr goldenes Kalb entdeckt haben, es zulassen, dass Lehr-buchetats nicht erhöht und Bibliotheken geschlossen werden. Mansollte Bibliotheken und Internet aber nicht gegeneinander ausspie-len. Anders als in USA denkt man bei uns nicht an die Bibliothek,wenn man von Information redet. Für Bill Gates gehört die Schul-bibliothek zur Informationsgesellschaft. Hat man bei uns jemals denWirtschaftsminister oder den Vorstandsvorsitzenden einer Großbankvon Schulbibliotheken reden gehört? Das letzte Mal, dass auf natio-naler Ebene von Schulbibliotheken gesprochen wurde, war 1965, alsGünter Grass vorgeschlagen hatte, die Wahlkampfkostenerstattungder Parteien den Schulbibliotheken zu stiften.

In den angelsächsischen Ländern ist das Internet ein zentralesThema für Bibliothekare und Bibliothekarinnen. Über die Homepagedes internationalen Schulbibliotheksverbandes IASL stoße ich auf dieErgebnisse eines isländischen Lehrgangs für Bibliothekare mit demThema „Internet-Navigation“.Die Teilnehmer/innen fertigten zu selbst-gewählten Themen eine Seite an. Über „Berühmte Filmregisseure“stellte eine Teilnehmerin zusammen (http://www.rhi.hi.is/jennyc/),was sie im WorldWideWeb über Woody Allen fand:Eine Adresse (URL)mit der Biographie Allens, eine Adresse „Filmlexikon“. Ihre beidenLieblingsfilme kann man darin direkt anklicken.Auch eine newsgroupvon Woody-Allen-Fans gibt es. (In nicht allzu ferner Zukunft würdenwohl auch ein Link zu einem Interview mit ihm und seine Filme ent-halten zu erhalten sein.) Ich kann mir vorstellen, dass meine Schüle-rinnen und Schüler Referate über den Fall der Berliner Mauer, den

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Vietnamkrieg oder den Bundestagswahlkampf einmal nach diesemMuster zusammenstellen werden. Kathy Schrock, eine amerikanischeSchulbibliothekarin, hat einen „Guide for Educators“ zusammenge-stellt, nützliche Adressen, die in einer Schulbibliothek erreichbar seinsollten (http://www.capecod. net/Wixon/wixon.htm). Eine Fülle, dieeinen fast erschlägt.Da Sponsoren die Arbeit unterstützen, findet sichauch einiges Kommerzielle, darunter der Rentenplaner einer Lebens-versicherung.Ellen Berne´s „Resources for Librarians“ (http://k12.oit.umass.edu/rref.html) stellt im Lexikon-Stil Hunderte von (meist)Volltext-Informationen zusammen: von Abtreibung bis US-Bundes-staaten (Sie ist mit dem Alfabet noch nicht ganz durch);darunter zahl-reiche internationale Vertragstexte wie Atomwaffensperrvertrag undIsrael-PLO-Abkommen. Man klickt den Anfangsbuchstaben an undsucht dann nach dem Schlagwort. Ein Filmlexikon mit 40.000 anno-tierten Filmen und Current Contents von Fachzeitschriften gehörendazu. Ellen Berne´s Fleißarbeit macht ein Problem deutlich, das beiInternet-Informationen nicht vergessen werden darf: UnkritischeBenutzung ist (genau wie bei Gedrucktem) fahrlässig.Der einzige Bei-trag zum Stichwort Islam stammt von der Botschaft des KönigreichsSaudi-Arabien. Darauf wird aber hingewiesen.

In amerikanischen Schulen sind es meist die Bibliothekare, die dieWeb-Seite der Schule und der Bibliothek organisieren. Ihre neueAufgabe ist „Internet-Navigation“.Die meisten Homepages von Schul-büchereien sind übersichtlich und beschränken sich auf einige weni-ge Suchwerkzeuge und Links, z. B. zur Library of Congress oder zuJugendliteratur-Seiten. Für die Benutzer gibt es Einführungshilfen insInternet. Wer ran will, muss die AUP (Acceptable Use Policy) unter-schreiben (auch die Eltern). Benutzer dürfen nur in der Bibliothekgekaufte Disketten benutzen, nichts auf der Festplatte hinterlassen,müssen die „Netiquette“ beachten und nur mit Materialien arbeiten,die im Einklang mit den Erziehungszielen der Schule stehen.

Zeitgemäße Leseförderung findet im Internet statt: Zum zweiten Malgibt es ein READ IN. Einen ganzen Tag lang machen sich`s Schüle-rinnen und Schüler (vor allem der Mittelstufe) in der Schule gemüt-lich, lesen Bücher, tauschen sich in virtuellen Plauderecken (bei

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America Online und über IRC) über ihre Bücher aus, veröffentlichenBücherhitlisten und eigene Texte, diskutieren mit Autoren und ler-nen, die Internetangebote zur Literatur zu nutzen. Ich beteilige michmit einer Schülergruppe meiner Schule.

@MEIN VIRTUELLES BÜCHERREGALDie Mitbringsel meiner ersten Internetreise habe ich so aufgestellt:Im KIOSK stehen die o.a. Zeitungen bzw. Zugänge zu ihren Archiven.

Unter KATALOGE stehen u.a.: ERIC, das erziehungswissenschaftlicheLiteraturinformationssystem des US-Erziehungsministeriums, UnCover,die Current Contents von Fachzeitschriften, die ABC-Bücherdaten-bank zur Suche lieferbarer Bücher, Lycos und einige nach Sachge-bieten geordnete Instrumente wie Yahoo.

Die CYBRARY-Ecke enthält Texte, Links, Search-Tools zu allem, wasmit Cyberspace und Library zu tun hat, aber auch, was mit Lesen,Büchern, Literatur zu tun hat: die Angebote der Internet PublicLibrary, US-Kinderliteratur-Seiten,Verlage, Online-books u.a.

SCHULE/SCHULBIBLIOTHEK muss noch aufgeräumt werden.Es siehtaus, na ja, wie in einem Lehrerzimmer eben. Einige Wochen wird esdauern,das alles zu lesen,und die Spreu vom Weizen zu trennen:CoolSchool Tools, School Library Hotspots, MidLinkMagazine, die SeiteDINO – Staat und Politik,die Anschlagbretter für Brieffreundschaften,die schon sehr kommerzialisierten Kinderangebote, etwa die Home-page einer neunjährigen Erica, die Links zu Disney, Paramount undNintendo auflistet.(http://infosys.home.vix.com/people/lmb/erica/).Das Internet ist wie das wirkliche Leben: Was vermag das elabo-rierte Curriculum gegen den heimlichen Lehrplan von „Bravo“?

Der LESESAAL ist noch leer. Da soll das rein, was ich in meiner Schul-bibliothek bereitstellen würde. Wenn, ja; wenn der Schulträger, dasKultusministerium, die Telekom, der Förderverein dabei helfen, in derBibliothek eine Auffahrt zur Datenautobahn zu bauen.

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Es ist mal wieder weit nach Mitternacht. Auf meinem Bildschirmerscheint eine Warnung aus dem Online-Buch „Zen und die Kunst desInternet. Ein Führer für Anfänger“ (http://docserver.-bnl.gov/com/www/zen/zen-1.0_toc.html): „Das Internet ist ein grandioser Zeit-fresser. Die Stunden verrinnen. Du bist gefangen im Cyberspace.Vergiss darüber nicht Deine Arbeit!“

Anmerkung 1995Auf die Erläuterung der Fachausdrücke wurde bewusst verzichtet,um die Lesbarkeit nicht zu erschweren. Der Verständlichkeit desTextes tut es m. E. keinen Abbruch, wenn nicht jeder Fachausdruckerklärt worden ist. Im Internet gibt es eine Reihe von Glossarenund Fachlexika.

Anmerkung 2005:Die Gültigkeit der Internetadressen wurde nicht mehr überprüft.Einiges damals Beeindruckende ist durch noch Besseres oderSchnelleres überholt worden. Manches ist sang- und klanglos ver-schwunden.Beim Wiederlesen schwingt ein bisschen Nostalgie mit. Damals, alsalles anfing ...

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New Impulses for School Libraries in Germany?

The responsibility for school libraries in Germany is not in the samehands as schools and teaching are. The state is responsible for theschools and schooling, whereas libraries are a voluntary facility madeavailable by the municipal councils. School libraries are seen as partof the public libraries and not as part of the schools. As the publiclibraries do not receive sufficient financial support, a satisfactorydevelopment of school libraries does not exist.

About twenty years ago in the state of Hesse a group of teachers star-ted to overcome this stagnation and discover the school library as animportant place of education.They brought several projects to life,which stimulated the development of the school libraries in thisstate.These projects will be described in the following text.The impulses come from an organization, the „Landesarbeitsgemein-schaft (LAG) Schulbibliotheken in Hessen e. V“ (the Association ofSchool Libraries in Hesse), which consists especially of teachers, butalso of librarians and parents of school children.

The LAG’s concept can be found in two formulas:1. „Libraries from below“. Schools in Hesse are limited in theirautonomy. The library teachers as well as the supporting parentshave learned to use the school conference, school budget and schoolmanagement rules and regulations to help initiate libraries.

2. „The active school library“ which means a library, that is orien-tated to learning and the curriculum. It does not just offer books toborrow, it is integrated in as many subjects as possible and offers theteachers and the students the opportunity to use the books from thelibrary in the lessons. This is difficult to encourage, because text-books, which can easily be used for teaching, are available for everysubject in the classrooms.The „active school library“ is not only a learning centre but also a cul-tural and communications centre at the school. The library is the

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place for overnight-read-a-thons,creative writing workshops or authors’visits and can also be used in the breaks.

As mentioned before the municipal councils seldom take their res-ponsibilities towards school libraries seriously and hardly ever provi-de trained librarians. Due to this fact approx. 700 school libraries(there are 2000 schools in Hesse) are managed almost solely by tea-chers and volunteers from the parents.This creates a close contactbetween the colleagues in the staff room and also the personal tea-ching experience helps to form the library to the needs of teaching.The training for these teachers and volunteers takes place within thegovernment training scheme.To date approx. 400 people have takenpart in the workshops.The topics were for example: Lessons in theLibrary, The Organization of Reading Parties, The Use of Internet,The making of videofilms to support reading, visits to Swiss andDanish schools.

The rebirth of school libraries was positively influenced by the poorresults of the German pupils in the international comparison studies(TIMMS, OECD-Studies).The parents became unsure, because, up tillthen, the highly selective German school system was consideredexcellent. Even the economical newspapers are preoccupied withthe decreasing ability to read.

The new media will also be integrated into the „active school libra-ry“, whether by the production of personal videoclips, e.g. aboutbooks, or by the use of internet as a supplement information mediato books.

The LAG mainly produces ideas. It connects the school library with alot of fields of schooling: the encouragement of reading in the pri-mary and junior schools, reading training for pupils of senior schools,reading matter for foreign language lessons,co-operation in the all-dayschooling offer and help with lunchtime supervision, books for theyounger reader for German lessons and training in the use of media.It brings the school libraries to the attention of teachers, schoolmanagement, education authorities and their advisors and heads of

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department. Countless discussions, letters and readers’ letters arenecessary to achieve this.The library in German schools is not con-sidered a well-loved habit.The generation of teachers and politiciansbetween 30 and 50 years old did not have this facility during theirschooling and, therefore, do not understand the point of issue sowell, which results in a catch-22 situation.

The LAG carries out the biannual Hessian School Library Day withvarying themes. Study groups for stimulating reading or for questionsabout organization and the use of libraries for learning purposes,school or book-shop info-stands, lectures and readings. Guests, whocontinually take part tour around the Hessian school libraries, as eachtime a different school acts as host.

A highlight of the day is the presentation of a small award for the bestideas in the field of reading in schools, the „Hessian Bookcase“. Forexample one idea was a „reading carpet“,which would always be rol-led out, when reading activities are planned and one winner was amusic teacher, who wrote and sang rousing reading songs with hisclass.

The LAG managed to win over the ministry of education into buyingan Austrian cataloguing software programme (LITTERA), whichis used in approx.800 schools.No other German state has such a faci-lity available.

The first project, that the LAG organized was called „The Library inthe Box“, which consisted of reference books on interesting tea-ching subjects stored in practical, attractive, wooden boxes.The pro-ject’s booklists (on disks) are also suggestions for a stock of books forsmall libraries. Such wooden boxes have a long tradition in Hesse. Inthe nineteen-twenties books from the town and city libraries weretransported in such boxes to the shopkeepers in the surrounding vil-lages, so that the villagers could borrow books at the same time asdoing their shopping.The boxes can be borrowed and have alreadybeen used in over 500 classrooms and school libraries.

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An information service for school libraries has been first made avai-lable on the ministry of education’s server, then on The LAG´s ownHomepage: www.schulbibliotheken.de. Among other things it con-tains a mailing list and reading tips.

An articulated lorry owned by the ministry of education,which is cal-led the „Kulturmobil“ (culture vehicle) visits the schools to providefurther training in creative activities (e.g. acting,painting,writing, themaking of films and music etc.). Reading promotions and schoollibrary seminars also take place in the vehicle, as the trailer can beextended to a room for sessions.This idea was also initiated by theLAG.

The members of the LAG, approx. 80 people and 120 schools, areproud to be able to give encouragement to interested parents, headsof school and teachers and to have achieved recognition outside thestate of Hesse. We hope that the local and national authorities willrealize how important our cause is in the 21st century.

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Bücher für Bücherliebhaber 1998

Buchholz, Quint: BuchBilderBuchZürich: Sanssouci 1997 3 7254 1109 3 Autoren erfinden Texte zu Bildern von Buchholz

Darnton, Robert: Glänzende Geschäfte. Die Verbreitung von DiderotsEnzyklopädie oder Wie verkauft man Wissen mit Gewinn?Frankfurt/M: Fischer 1998 (1979) 3 596 12335 6Die Geschichte eines ketzerischen Buches als spannende Alltags-geschichte

Gorki, Maxim:Wie ich lesen lernteBerlin: Friedenauer Presse 1990

Die Kunst des Lesens, Lesemöbel und Leseverhalten vom Mittelalter bis zur Gegenwart,Ausstellungskatalog,Frankfurt/M: Museum für Kunsthandwerk 21989

Heidelbach, Nikolaus: Ein Buch für BrunoWeinheim: Beltz und Gelberg 19973 407 79194 1 Wie es Ulla gelingt, den Bruno vom Skateboard zu holen undmit ihm in die Tiefen eines Buches einzutauchen.

Manguel,Alberto: Eine Geschichte des LesensBerlin:Volk und Welt 19983 353 01101 3Eine Fülle liebevoll erzählter Geschichten von Lesern, Autoren,Lesegewohnheiten und Bücherdieben

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Pennac, Daniel:Wie ein RomanKöln: Kiepenheuer & Witsch 1994 (1992)3 462 02363 2 Ein Kultbuch

Thompson, Colin: Für immer leben Oldenburg: Lappan 19963 89082 158 8 Bilderbuch vom geheimnisvollen Leben in einer großenBibliothek.

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Texte zu Schulbibliothek, Leseförderung undneuen Medien, Powerpoint-Präsentationen

Schulturnhallen gibt es nur in einigen wenigen gut ausgestattetenSchulen!In: schulbibliothek aktuell 1987

Schulbibliotheken? Fehlanzeige!In: Hessische Lehrerzeitung 7-8/91

Hessens Schulen brauchen BibliothekenIn: Hessische Lehrerzeitung 5/92

Wer soll das bezahlen? Hilfen bei der Finanzierung und Organisationvon Schulbibliotheken (vervielfältigtes Manuskript; 1992; überarbei-tet 2000)

Bibliothek von unten. Das hessische Schulbibliotheksmodell (mit G. Brée). In: JuLit Informationen 1/93

Annotierte Literaturliste „Europa im Unterricht der S I“In: Europa-Schule in Hessen, Mat. z. Schulentwicklung, HeLP, 1993

Schulbibliotheken und wie man sie nutzt In:Arbeitsbericht 1993, Hessisches Institut f. Lehrerfortbildung

Die dänische amtscentralen – Eine Anregung für die Weiterent-wicklung der HILf-Außenstellen?(Vervielfältigtes Manuskript, 1994)

Das Buch, das aus der Kiste kam. Handbibliotheken für SelbstabholerIn: Praxis Deutsch 127/94, Nachdruck im Sonderheft Leseförderung1998

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Plädoyer für die Schulbibliothek als Lernort und Informations-zentrum der Schule In: Information im Bildungswesen, 3. GIB-Fachtagung 1995 in Soest,Gesellschaft für Information und Bildung

Mit dem Truck zu den Lehrern. Die etwas andere Lehrerfortbildungmit dem Kulturmobil In: schulbibliothek aktuell 2/95

Leseanimation in und mit der SchulbibliothekIn: Schulmagazin 5-10, 10/96

Straßenkinder in Lateinamerika. Eine LiteraturlisteIn: Thementag Nord-Süd,Wochenschau, Sonderausgabe, 1996

Überlegungen zur Verwendung von CD-ROM in Schulbibliotheken(Vervielfältigtes Manuskript, 1996)

Ein sehnsüchtiger Blick über den Zaun: Schulbibliotheken in derSchweiz (Vervielfältigtes Manuskript, 1996)

Die Bibliothek als Informationszentrum der Schule.Hessens Schulbibliotheken auf dem Weg?(Vervielfältigtes Manuskript, 1996)

Lust? Last? Luxus? Die Schulbibliothek – ein Ort zum Arbeiten undzum Schmökern In: Schule in Aktion, Loseblattsammlung, Raabe-Verlag, 1996; mit G.Brée

Zurück @us dem Internet. Reisenotizen eines Bibliothekslehrers In: schul-management, 2/96

Der größte Buchladen der Welt: amazon.com In: schul-management 6/96

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Die Internet-Diskussionsliste Library-Media-NetIn: schul-bibliothek aktuell 3/96

Ein Verlag liefert Unterrichtsideen übers InternetIn: schul-management 2/97

Im Keller oder unterm Dach. Kuriose Erfahrungen mit Bibliotheks-räumen in Schulen.Ein ReiseberichtIn: schul-management 4/97

Grundschule goes internet.Ein Werkstattgespräch mit Günter Schlamp(von Claus Claussen) In: Praxis Grundschule 5/97

Barfuß-Bibliotheken in Hessens Schulen In:Erziehung und Unterricht.Österreichische Pädagogische Zeitschrift,2/97

Zehn Jahre Schulbibliotheksarbeit in Hessen In: SchulVerwaltung HE 4/97

Und klick ... Leseratte trifft Computermaus In: schulbibliothek aktuell 1/98 undwww.shuttle.de/mtk/fritz/san_text.htm(Kurzfassung: Das Internetkonzept der FES, Manuskript)

Die Schulbibliothek im globalen Dorf, Internet in der Bibliothek derFriedrich-Ebert-Schule, 1998 (Broschüre)

Vorauseilende Autonomie von Schule am Beispiel Bücherei In: schul-management 2/98

Fünf Jahre Bibliothek in der KisteIn: Eselsohr 2/98

Die Akademietagung „Rund um´s Lesen“in: schulbibliothek aktuell 2/98

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Handreichung „Leseförderung in der Grundschule“ (Redaktion und Mit-arbeit), hrsg. vom Hessischen Kultusministerium 1998

Neue Impulse für Schulbibliotheken in Deutschland, Kurzinformationfür den Länderbericht Deutschland zur IASL-Konferenz 1998 Tel Aviv(als Teil eines Beitrags von Prof. Papendieck, Stuttgart)

Das Samstagseminar „Neue Medien in der Schulbibliothek“ in: sba 2/00

Lust, Last, Luxus? Zur Entwicklung von Schulbibliotheken in Hessen,hrsg. von LAG und HeLP,(Redaktion und Mitarbeit) 2000

Die Internationale Schulbibliothekskonferenz 2000 in Malmö.Bericht; in. sba 4/00, SchulRecht Hessen 10/2000

Kapitel „Schulbibliothek“ in der Loseblattsammlung „Schulleitungs-Handbuch“, Luchterhand, 2001

Warum Schulbibliotheken in Deutschland keine Zukunft haben,Päda-gogik 9/2002

In der Schulbibliothek Arbeitstechniken trainieren in: forum schule heute, Heft 1: Schulbibliotheken, 2002

Das Ende des Sonderwegs: Schulbibliotheken in Hessen 2005,unveröff. Manuskript

Und jetzt Portugal.ARION-Reisebericht 2005,Blickpunkt Schule 2/2006, Hessischer Philologenverband

Kurzvorstellung der LAG: Elternbrief, Nr. 85, März 2006,Elternbund Hessen

Die internationale Schulbibliothekskonferenz 2006 in Lissabon.Bericht, unveröff. Manuskript

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Powerpointfolien:Die Bibliothek in der Kiste 10 Folien, 1995

In der Schulbibliothek Arbeitstechniken lernen.26 Folien und Kurztext, 2001

Die Schulbibliothek der Zukunft, 15 Folien und Kurztext, 2001

Weitere Veröffentlichungen:Mitarbeit an Axel Görlitz (Hrsg.), Handlexikon Politikwissenschaft(Artikel „Verwaltung“,Artikel „Oberste Bundesorgane“),Ehrenwirth-Verlag 1973,Taschenbuchausgabe bei Rowohlt, 1975

Für einen situationsorientierten Ansatz in der LehrerausbildungIn: Hessische Lehrer/innenzeitung 1-2/1981 (mit Ricarda Clauß)

Redaktion von: Gewalt in der Gesellschaft und an den Schulen,hrsg. v. Schulamt Groß-Gerau, 1998 (Broschüre)

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