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AUSGABE #26/27 EHEMALS DIE BUNTE ZEITUNG - MEDIUM FÜR WÜRDE, GERECHTIGKEIT UND DEMOKRATIE THEGLOBALPLAYER.ORG Erste Straßenzeitung für ganz Österreich GERTI SENGER Frauen haben zu wenig Vaginalbewusstsein „DIE PARLAMENTARISCHE DEMOKRATIE IST AM GERECHTESTEN.” Nationalratspräsidentin Barbara Prammer

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GERTI SENGERFrauen haben zu wenig Vaginalbewusstsein

„Die parlamentarische Demokratie ist am gerechtesten.”

Nationalratspräsidentin Barbara prammer

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Die Europawebsite der Bundesregierung

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Integration beginnt besonders dort, wo mich die Gesellschaft und die staatlichen Institutionen zwischen meiner kulturellen Kompetenz und meiner mentalen Kapazität in Würde respektieren. Ich bin Roma und ein integraler Bestandteil Wiens. Ich bin Chief of the distribution department für die Magazine „TGP” und „WTP”.Wir alle sind ein Teil Europas. Wir reden nicht nur über Integration, sondern wir setzen durch. Das ist unsere Devise.

Auf deine Unterstützung und deinen Beitrag sind wir angewiesen und dankbar!DIE BUNTEN FORUM IBAN: AT946000000510019512 BIC: OPSKATWW

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Im Bewusstsein der eigenen Grenzen und Beschrän-ktheit neigen viele Menschen dazu, sich einen ver-meintlich Mächtigeren als man selbst an seiner Seite zu wünschen, der die Fähigkeit besitzt, das kaum Er-

reichbare zustande zu bringen, um eine Aufgabe erfolg-reich, noch besser, ästhetischer etc., bewältigen zu kön-nen. Das ist menschlich, und zwar nicht nur männlich. Ist dieses Verlangen auch die Kausalität für die Personifizier-ung Gottes als Ausdruck des allumfassenden Schutzes in eigener Sache? Wie der Fall David Snowden zeigt, sollten wir gleichzeitig nicht die Transzendenz des leitbildlichen sanften Diktats des Allmächtigen, der alles sieht, hört und weiß, des Schnüfflers Numero 1, vergessen: „Ihr sollt im Garten Eden nicht die Früchte vom Baum der Erkenntnis essen.“ Waren Adam und Eva die Ersten, die mit ihrer Tat einen demokratischen Akt der Mündigkeit gesetzt haben? Die Resistenz gegen den Allmächtigen einerseits und im gleichen Atemzug die Partizipation in eigener Sache gegen einen theokratischen Willen – die Quelle der Demokratie?

In den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts erlebten wir im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus die Substitution der theokratischen Herrschaft durch einen Herrenmenschenmythos, weil die Menschen einen göt-tlichen „Hitler“ süchtig brauchten. Ist diese Glaubenskon-stante typisch für Menschen? Vor noch nicht allzu langer

Zeit haben uns Saddam Hussein und Mohamed Gaddafi, die Ex-Staatschefs von Irak bzw. Libyen, gezeigt, ebenso wie der noch amtierende Präsident Assad in Syrien, dass, wenn es enger wird, im Namen der Demokratie, die sie an die Spitze gebracht hat, gegen die eigene Bevölker-ung mit Panzern, Flugzeugen oder sogar mit Giftgas vorgegangen wird, um im Namen der Sicherheit die eigene Macht zu erhalten. Aus dem Hauch des Staates riecht reichlich die Lüge. Ist dies anders bei Hollande, Merkel oder Faymann? Werden wir nicht alle rund um die Uhr abgehört?

Die Menschen sollten längst wissen, dass sie die „Got-theit“ deswegen geschaffen haben, weil es keinen Ver-lass auf sich gibt, und zwar in allen Kulturen. Die histo-risch-politisch-kulturelle Materialisierung der Gottheit – vom Kaiser- und Königtum bis zum Staatsoberhaupt – stammt aus derselben Quelle: Ein Auge, das alles sieht, das dir vermittelt, dass du klein und nichtig bist, ist die Logik des Systems. Die Seinsfrage, ob am Anfang die Mi-kroben waren oder der „Gott“, treibt die Menschen, etwa die Monotheisten-Christen, bis heute dazu, ihren Papst zu wählen, dem sie die Beantwortung dieser Existenz-frage überlassen: Die Angst der Menschen wäre uner-messlich, wenn sie wüssten, dass sie nur von den Mik-roben in den menschlichen Bereich transzendiert sind. Daher haben sie Gott geschaffen. Um dieser Tradition

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Di-Tutu Bukasa [email protected]

SPIONAGE

Das Snowden-SyndromDie Macht der Spionage, Kapitalismus, die Grundwerte der Demokratie westlicher Prägung,

Sicherheit und Schutz der eigenen Bürger, die nationalstaatliche Karambolage: Das Weiße Haus ist herausgefordert.

Di-Tutu Bukasa [email protected]

Whistleblower Edward Snowden

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freies Geleit zu geben, haben die Kardinäle – wie bekannt – am 13.03.2013 einen neuen Papst, Franziskus I., gewählt. Sie haben sich damit über den „Simplizissimus“ erhoben und ihre Hoheitsgewalt über die Mikrobe manifestiert. So amalgamieren sie Angst und Lüge im Glauben an einen einheitlichen, einsamen, im Zölibat lebenden Gott ne-ben dem ewigen Sportsfreund Satan …

Was heißt das im Klartext? Freies Geleit für Pädophilie und Angst vor „Fremd“; verlogene Homosexualität; Klub der westlichen „Taliban“/ „Mullahs“, die aus Furcht vor normalen Frauen die Nonnen verhüllen und sie zuglei-ch missbrauchen – monotheistisches Symbol der poli-tischen und religiösen Doppelbödigkeit der westlichen Hemisphäre … Die Frage bleibt offen, wann und in welcher Kontextualität das Leben auf der Erde begann. Die bislang ältesten Spuren von Bakterien hat womöglich eine Forschergrup-pe um die Geomikrobiologin Nora Noffke entdeckt: „Unsere frühesten Vorfahren, die Uralt-Fossilien, wären demnach 3,49 Milliarden Jahre alt“, so Noffke gegenüber der Washington Post. Der Nachweis erfolgte aber nur indirekt. Bei dem Fund handelte es sich nicht um die Organismen selbst, sondern lediglich um deren Spuren auf Sandstein aus der australisch-en Region Pilbara. Immer wieder tauchen dort früheste Lebensspuren auf, bislang lag der Altersrekord bei rund 3,4 Milliarden Jahren. Möglich-erweise lebten die Uraltorganismen in mikrobiellen Matten gemeinsam mit anderen spezialisierten Arten, mit denen sie sich ergänzten.

Der Hang, dass das Auge für die „Sicherheit“ die Verantwortung trägt, dass dir nichts Schlimmes passiert, in deinem Verlangen nach Papa Staat, an ihn Forderungen zu stellen, oder etwa die Erwartung, dass der Nachfolger des Petrus, der Papst, oder der Prophet Mohamed durch Gebete Wunder wirkt und Sicherheit bringt, steckt tief. Heutzutage ist das Auge des Staats zum Beispiel der NSA in den USA, der BND in Deutschland oder der GCHQ in England; ihr Unterschied liegt vielleicht im Ausmaß der Datenspeicherung und Überwachung. Die Rede ist manchmal auch von den „Five Eyes“. Dahinter verber-gen sich die Geheimdienste der Amerikaner, der Briten, der Australier, der Neuseeländer und der Kanadier. Die Deutschen stecken genauso mit den meisten westlichen

Staaten unter einer Decke und der österreichische Nach-richtendienst hat zumindest mit dem BDN direkte Kon-takte. Unter den Geheimdiensten der westlichen Welt scheint es eine Aufgabenteilung und einen teilweise re-gen Datenaustausch zu geben. Der Grundsatz, dass ein Auslandsnachrichtendienst seine Bürger nicht oder nur aufgrund individueller Gerichtsbeschlüsse überwachen dürfe, ist in dieser Welt der globalisierten Kommunika-tion und Überwachung de facto überholt: Der britische Nachrichtendienst (GCHQ) darf alle Menschen bis auf Briten überwachen, die NSA alle bis auf Amerikaner, der deutsche Nachrichtendienst (BND) alle, nur keine Deutschen. In England, Frankreich, Deutschland, den USA, Österreich etc. soll vermieden werden, dass die in

den jeweiligen Ländern garantierten Grundrechte beschnitten werden. In diesen Ländern darf die volle Härte des Überwachungsstaats nicht die ei-genen Staatsbürger, sondern nur die Ausländer treffen. Es ist eine unver-schämte Selbstlüge im Namen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, dass die eigene Bevölkerung nicht überwacht wird, aber sie von den an-deren überwachen lässt, indem jeder dem anderen mit verteilten Rollen be-hilflich ist. Das ergibt ein System der hemmungslosen Rundumüberwac-hung, dessen Dimension jede Vorstel-lungskraft sprengt. Das Schlimmste daran ist, dass es keine Diskussion darüber gibt. Dies scheint Snowdens Motivation gewesen zu sein, nach außen zu gehen: „Die Öffentlichkeit muss entscheiden, ob diese Pro-gramme und Strategien richtig oder falsch sind“, so Snowden. Damit habe Snowden den USA „unwiderruflichen, schweren Schaden zugefügt“, klagte der Direktor der NSA und Cyber-Kommando-Chef des US-Militärs, der

4-Sterne-General Keith Alexander. Mit dem „Prism“-Pro-gramm habe die NSA 10 Anschläge verhindern können, weltweit sollen sogar 50 Terrorplots aufgeflogen sein, so NSA-Chef Alexander. Der deutsche Innenminister Fried-rich betonte im Zusammenhang mit der Ausspähaffäre, dass Deutschland glücklicherweise in den letzten Jahren von großen Anschlägen verschont geblieben sei; dies sei auch den Hinweisen unserer amerikanischen Freunde zu verdanken.

Die Katastrophe dieses Vorgehens liegt in der Inter-pretation der Grundrechte westlicher Prägung und dem

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wEnn DiE DEmokratiE alS bESSErE gESEll-

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Umgang damit. Es scheint, als ob die Werte der Demokra-tie und Rechtsstaatlichkeit keinen Überzeugungsgehalt, sondern einen Double-Standard-Charakter, wie in einem Casino, hätten. Der Fall Snowden hat demonstriert, wie die Welt pyramidal nach den Maßstäben der Mächtigen klein geworden ist. Wie viel Überwachung des Internets will und kann eine freie Gesellschaft ertragen? In einer Demokratie bedarf Überwachung nicht des blinden Ver-trauens, sondern einer breiten Akzeptanz informierter Bürger, Politiker und Partnerstaaten. Davon kann im Fall von „Prism“ keine Rede sein. Warum reagieren die Regier-ungen so gelassen auf etwas, was sie mit Sorge erfüllen müsste? Weil die Enthüllung für sie nichts Neues war und man selber gern können würde, was die Amerikaner dank „Prism“ können. „Prism“ ist der Trend. In Wahrheit wollen auch andere Länder mehr im Internet spionieren. Der Unterschied zwischen den Ländern der westlichen Hemi-sphäre liegt nicht in der Philosophie der Demokratie westlicher Prägung samt ihrem Double-Standard, sondern in der Professionalität ihrer jeweiligen Nachrichtendienste. Das Programm der NSA ist für die Geheimdienste der anderen Länder großartig. Im Bereich der Spionage will jeder Staat und jeder Geheimdienst in der ersten Liga sein.

Der Grundsatz, dass man die Ver-bündeten und die eigenen Leute nicht ohne deren Zustimmung ausspionie-ren darf, ist in der Demokratie de facto nicht haltbar: Erstens ist im Alltag des Internets jeder Versuch einer Trennung zwischen „Österreich“ und „Nicht-Ös-terreich“ schwierig. Wo sich die Nutzer aufhalten, die bei Apple, Google oder Yahoo gespeichert sind, ist nicht auf den ersten Blick festzustellen. Wie soll Diensten etwa ein Taliban-Anführer auffallen, der sich eine österreichische GMX-Mail-Ad-resse zugelegt hat? Total unübersichtlich ist die Lage bei Chat-Gesprächen via Facebook oder per Skype. Zweitens ist dieser Grundsatz unhaltbar, weil im Spannungsfeld der Spionage das Streben nach Macht jedes Nachrich-tendienstes entscheidend ist, wobei die Professional-ität und Technologie die Währung dafür ist, in das Lager des anderen penetrieren zu können. Ist so gesehen die Spionage bei den eigenen Leuten nicht noch effektiver, indem man sich ihrer Informationen bedient, um sie als Munition für die Fremdspionage zu verwenden?

Es wird uns langsam klar, wie die Welt der Demokra-tie heute wirklich tickt, was ihre wahren inneren

Gesetze sind. Mit Snowden sind die Schleier gefallen. Die Demokratie westlicher Prägung sieht plötzlich anders aus. Christian Rainer, profil-Redakteur, fasst die Situation rund um die Demokratie so zusammen: „Die fortschre-itende Demokratisierung der Welt kann auch als eine fortschreitende Tarnung von scheinlegitimierten Diktat-uren, Plutokratien und Oligarchien interpretiert werden“ … und … „dass kein Naturgesetz besagt, der Mensch sei grundsätzlich für Demokratien gemacht“…, „was aber öfter und besser begründet behauptet wird: Zunehm-ende Bildung und wachsender Wohlstand führen zwang-släufig in Richtung Demokratie. Der Augenschein spricht derzeit nicht dafür“, so Rainer (profil vom 15. Juli 2013). Wenn die Demokratie als bessere Gesellschaftsform die Menschen am effizientesten schützen soll, dann stellt

sich die Frage, wer sie, die Demokra-tie, am effizientesten schützen kann, wenn nicht die Reichweite des Au-ges des Whistleblowers? Nach dem Kalten Krieg und dem Zusammen-bruch des Sowjetimperiums war ein neues Feindbild zweckmäßig für die weitere Revitalisierung des Kapital-ismus, um profitable Geschäfte zu ermöglichen. Donald Rumsfeld, der damalige US-Verteidigungsminister, hielt am 10. September 2001 eine Rede vor Mitarbeitern im Pentagon über einen Gegner, der aus seiner Sicht eine Bedrohung für Amerika sei – es war die „Pentagon-Bürokra-tie“, welche mit brutaler Konsistenz freies Denken unterdrückt und Ideen vernichtet. Als einen Tag später die Twin Towers einstürzten, brauchte Amerika seinen Staat – um Kriege zu führen in Afghanistan und im Irak. Mit 9/11 wurde evident, dass die Welt eine Welt voller un-kontrollierter Kommunikation, also

eine Welt voller potenzieller Bedrohungen geworden ist, jedenfalls aus der Berufsperspektive von Geheim-diensten. Dies sei die „Herausforderung“, so der ameri-kanische Abhörgeheimdienst NSA. Realpolitisch ist die alte Weltordnung durch eine neue ersetzt worden. Selbst der Ex-Systemadministrator der NSA, Eduard Snowden, beschreibt die NSA als Superbehörde, als riesigen Krak-en, der weltweit gigantische Datenmengen abgreift. Er hat das „Prism“-Programm der NSA enttarnt, das Daten von Facebook, Google, Microsoft und Skype nutzt; er hat die Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdi-enst GCHQ bekannt gegeben, dessen Programm „Tem-pora“ Daten von Hunderten Glasfaserkabeln abschöpft.

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ersprechen. Erstens die Logik bzw. der Kodex zwischen China, Russland und den USA, Streitfälle aus der Welt der Geheimdienste nur im Ausnahmefall vor den Au-gen der Weltöffentlichkeit auszutragen. Während China verspricht, Teile oder den gesamten Bestand der NSA-Dokumente nicht zu veröffentlichen, schlagen in der Brust von Vladimir Putin zwei Herzen. Einerseits sieht der ehemalige KGB-Auslandsaufklärer in Snowden einen ve-rachtenswerten Verräter, noch dazu einen unberechen-baren Querkopf. Andererseits fiel Putin mit Snowden ein Werkzeug in den Schoß, Amerika eines auszuwischen. Er würde Snowden nur dann schützen, wenn dieser die Interessen Amerikas nicht weiter schädige. Die zweite Logik ist die von Snowden selbst, dass er nach seiner Auf-fassung der Menschenrechte nicht weiter zulässt, wie die Menschen in dieser Welt ausgenützt und ausgebeutet werden. Mit ihm beginnt die Welt des Hoheitsrechts des Nationalstaates unterzugehen, zugunsten der globalen Verhältnisse, obgleich Snowden bald feststellen musste, dass es außerhalb der Welt des Nationalstaats keine an-dere gibt: Aus den USA zu flüchten und sich nach Russ-land zu begeben, ist wie einen Fluss durchschwommen zu haben, um einen Ozean zu durchschwimmen – damit wurde sein Asylantrag von Moskau angenommen. ¬

PRISM-Demo in Berlin, 19. Juni 2013

Rumsfeld nützte damals die Gelegenheit, um den poli-tischen und bürokratischen Umbau erst recht voran-zutreiben und Aufgaben, die bisher der Staat erledigte, an Privatfirmen zu vergeben. Das ist ein Trend, der un-ter dem Spardruck der 90er-Jahre begonnen hatte, dem Jahrzehnt des großen unverbrüchlichen Glaubens an den Segen der Privatwirtschaft. Dies ging Hand in Hand mit dem unkontrollierten Aufstieg des „militärisch-indus-triellen Komplexes“.

Man muss sich vorstellen, dass das Geschäft mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak aus Söldnerfir-men, wie Academi, vormals Blackwater, finanzkräftige Konzerne mit großem politischen Einfluss gemacht hat – ein total unkontrollierter Aufstieg. Firmen wie Aca-demi verleihen ihre Söldner an andere multinationale Konzerne, die aus privatwirtschaftlichen Gründen in anderen Ländern Krisen schaffen. Die jährlichen Ausga-ben für die Geheimdienste übersteigen in den USA 75 Milliarden Dollar. Die Enthüllung war wahrscheinlich die unvermeidbare Konsequenz des massiven Wachstums des Sicherheitsindustrie-Komplexes.

Bei dem Ganzen entstehen zwei Logiken, die sich wid-

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Erscheinungsjahr 2013. Medieninhaber, Verleger, Herausgeber: Verein Die Bunten Redaktion: The Global Player - Medium für Würde, Gerechtigkeit und Demokratie. Offenlegungsgesetz: THE GLOBAL PLAYER steht für gesellschaftliche Diversität und sozialen Frieden, und ist materielle Stütze für Menschen, die prekarisiert leben.

Adresse: Rotenlöwengasse 12/1, A-1090 Wien; Tel/Fax: +43/1/961 10 29; Website: www.theglobalplayer.orgEmail: [email protected], [email protected]. Obmann des Vereins Die Bunten: Dr. Di-Tutu Bukasa, Stellvertretung: Sintayehu Tsehay und Madge Gill Bukasa; Executive Director: Madge Gill Bukasa

Chefredakteur THE GLOBAL PLAYER: Di-Tutu Bukasa - RedakteurInnen der Ausgabe: Di-Tutu Bukasa, Madge Gill Bukasa, Ruud van Weerdenburg, Kofi Annan, Norbert Prettenthaler, Johannes Ithaler, Harald Schebach, Birgit Werl, Kyoni kya Mulundu, Peter Lippman, Gaby Sohl, Martin Delius, Wolfgang Weitlaner, Suzanne Ebeid, Irene Kaufmann, Carlos Heredia, Indrajit HazraErgänzende Information und Kooperationen: Jeune Afrique, Project Syndicate, openDemocracyFotos: OJP, Wikimedia, DTT, MGB, Kommunistische Initiative, Carlos Heredia, Peter Lippman, Irene Kaufmann, Movimento, Suzanne Ebeid, Tante Jolesch, @ben_de_biel CC-BY, Wolfgang Weitlaner, clean politics, Franziska Stachl, Carlos Ostos Sabugal, YouTube, PPÖ, LIF, NeosLayout: EmbryoLektorat: MGB, Mag. Gregor Jank Übersetzungen Englisch: Marianne Kirchmayr

THE GLOBAL PLAYER IST ERHÄLTLICH IN DER REDAKTION ROTENLÖWENGASSE 10 1090 WIEN, IM MAX FRISCH FREUNDESKREIS GLACIS 25 8010 GRAZ, IN DER VINZENZGEMEINSCHAFT EGGENBERG LILIENTHALGASSE 20 A-8020 GRAZ UND BEI KOLPORTEURINNEN IN GANZ ÖSTERREICH.HERSTELLunG: DRUCK STYRIA AUFLAGE: 20.000 STÜCK. DER VEREIN IST MITGLIED DER „VEREINIGUNG ALTERNATIVER ZEITUNGEN UND ZEITSCHRIFTEN“ (HTTP://VAZ.MEDIAWEB.AT); BANKVERBINDUNG: PSK 60000 KONTONR. 00510019512 NAMENTLICH GEKENNZEICHNETE ARTIKEL GEBEN NICHT UNBEDINGT DIE MEINUNG DER REDAKTION WIEDER! TITEL UND VORSPANN FALLEN IN DIE VERANTWORTUNG DER REDAKTION, FOTOS, ILLUSTRATIONEN, BILDER, CARTOONS IN DIE FREIHEIT DER KUNST UND ALLES IN DIE MEDIEN UND MEINUNGSFREIHEIT. WEITERE PROjEKTE: FC SANS PAPIERS, WE THE PEOPLE, RADIO ICAP JEDEN SAMSTAG UM 16.30 UHR AUF RADIO ORANGE 94.0

I M p R E S S U M

4Comprendre, c‘est pardonner.Alles verstehen heißt alles verzeihen.Madame de Staël

4 L‘honnêteté est la meilleure des lignes de conduite - lorsqu‘il y a de l‘argent à la clé.

Wenn Geld im Spiel ist, ist Aufrichtigkeit die beste Haltung.Mark Twain

4 Les gens intelligents et les imbéciles ont en commun de se croire intelligents et de prendre les autres pour des imbéciles.

Die intelligenten Leute und die Dummen haben einen gemein-samen Nenner: Sie glauben beide intelligenter zu sein und nen-nen die anderen für Dumme.

Romain Guilleaumes

4Le renard trouve toujours des raisons pour étrangler la brebis.

Der Fuchs hat immer Gründe, um das Schaf zu erwürgen. Afrikanisches Sprichwort

4La caractéristique des mauvais romanciers est qu‘ils sa-vent d‘avance ce qu‘ils savent d‘avance ce qu‘ils vont raconter.

Ein Merkmal der schlechten Romanautoren ist, dass sie im Vo-raus wissen, was sie sagen werden.

Jean Dutourd

4Être d‘accord avec soi-même, je ne connaus pas meilleur bulletin de santé!

Ich kenne keinen besseren Gesundheitsbericht, als mit sich selbst im Einklang zu sein.

François Mitterrand

4La diplomatie sans les armes, c‘est la musique sans les instruments.

Diplomatie ohne Waffen ist wie Musik ohne Instrumente. Otto von Bismarck

4Travaille pour ton monde comme si tu devais vivre éter-nellement; travaille pour ta vie dernière comme si tu de-vais mourir demain.

Arbeite für deine Welt, als ob du ewig leben würdest; arbeite für dein Leben als ob du morgen sterben würdest.

Hadith de Mohamed, Prophet des Islam

4En politique, on succède à des imbéciles et on est rem-placé par des incapables.

In der Politik sind die Nachfolger oft Dummköpfe und werden durch Unfähige ersetzt.

Georges Clémenceau

4Quand on a un nez, le minimum, c‘est d‘avoir un mou-choir.

Wenn man eine Nase hat, sollte man zumindest ein Taschen-tuch haben.

Alltagsweisheit

4 Rien n‘est jamais sans conséquence. En conséquence, rien n‘est jamais gratuit.

Nichts ist ohne Konsequenz. Folglich ist nichts jemals frei. Konfuzius

4Un oeil est un meilleur témoin que deux oreilles.Ein Auge ist ein besserer Zeuge als zwei Ohren. Dänisches Sprichwort

4L‘aventure: un événement qui sort de l‘ordinaire, sans être forcément extraordinaire.

Das Abenteuer: ein Ereignis aus dem Üblichen heraus, ohne un-bedingt außergewöhnlich zu sein.

Jean-Paul Sartre

4 L‘homme ne pourra plus accepter de travailler sans créer ni participer aux décisions.

Der Mensch wird die Arbeit ohne die Gestaltung und die Teilha-be an den Entscheidungen nicht mehr akzeptieren.

François Mitterrand

H U M O R & W E I S H E I T E N - Um euch zum Lachen zu bringen und um euch zu besänftigen.

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die größte Volkswirtschaft der Welt spare, müssen das alle anderen spüren. Die berühmte Subprime-Krise war nur ein Dominostein innerhalb dieses Szenarios: der, der als Erster umfiel.

Haben diese Krisen den „Arabischen Frühling“ indi-rekt durch Finanz- und Wirtschaftskrise und die damit verbundene Arbeitslosigkeit als gemeinsamer Nenner für weitere Krisen in anderen Ländern wie Syrien, Brasilien, Türkei etc. ausgelöst? Der brasilianische Ökonom Paulo Nogueira Batista, als ständiger Kritiker westlicher Dominanz im IWF, verspottet diese Welt-organisation als „Nordatlantik-Währungsfonds“, weil Amerikaner und Europäer vor allem damit beschäftigt seien, ihre Besitzstände zu verteidigen und Schwellen-ländern, wie Brasilien, den ihnen gebührenden Ein-fluss vorzubehalten. Nogueira nimmt den Europäern sehr übel, dass sie zunehmend Mittel des Fonds in Anspruch nehmen, um ihre Eurokrise zu bekämpfen … „Die Euroländer missbrauchen ihre Macht”, wettert Batista gern. Auf der Anklagebank finden sich neben dem IWF auch die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) wieder, die beiden anderen Mitglie-der der sogenannten Troika sowie die Länder der Euro-Zone. Die komplette Riege europäischer Rettung-spolitiker fühlte sich angeklagt: von Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble über Frankreichs Staatspräsident François Hollande bis hin zu EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Bar-roso und Währungskommissar Olli Rehn. P. N. Batista gibt auf der Finanz- und Wirtschaftsebene die Logik des Edward Snowden wieder.

Diese Vorwürfe dokumentieren die Mängel der De-mokratien und somit die Grenze des Parlamentarismus westlicher Prägung. Das Gespräch mit Barbara Pram-mer, Präsidentin des Nationalrats, zur repräsentativen Demokratie ermöglicht, den Stand des österreichisch-en Parlamentarismus zu reflektieren. Das Gespräch hat verdeutlicht, welche Komplexität die Funktion der Zivilgesellschaft im Parlamentarismus hätte!

In dem Artikel von Kofi Annan wird widergespiegelt, in welcher Weise die „Demokratien“ im Schatten des ruchlosen Kapitalismus keine Rolle spielen. Mit dem Thema des fehlenden „vaginales Bewusstseins“ der Frauen versüßt Gerti Senger diese Ausgabe.

Im Namen unserer KolporteurInnen und AutorInnen wünsche ich euch eine gute Lektüre.

DI-TUTU

Pour que le monde avance!

Angesichts der herrschenden weltpolitischen Lage stehen wir vor geopolitischen Heraus-forderungen, die es uns perspektivenmäßig schwer machen, eine klare Antwort zu geben: Angefangen mit dem „always whistleblower“

Edward Snowden, der nicht in Stille seinem Job di-enen konnte, und weil die Lüge um die Sicherheit der USA auch aus dem „Mund des Staates“ – der Demokra-tie – riecht, wird sich sein Name wahrscheinlich nicht in Fort Meade, Hauptquartier der NSA, auf einer riesi-gen Gedenktafel aus Granit finden. Dort stehen bis jetzt nur Namen der 171 im Dienst getöteten Agenten mit dem Spruch: „Sie dienten in Stille“. Es ist eine sehr, sehr amerikanische Art, an die eigenen Helden zu erin-nern. Snowden wird vorgeworfen, Hochverrat sowie Diebstahl und Weitergabe von Regierungseigentum begangen zu haben. Gemäß dem Doppelspiel Putins: Einerseits wird Russland Snowden nicht nach Amerika ausliefern und andererseits seien Snowdens Infor-mationen am Ende nicht so viel wert. „Das ist wie ein Schwein zu scheren“, mit diesen Worten spielte Putin Snowdens Wissen herunter: „Viel Gequieke, aber wenig Wolle.“

Ob der Staat eine andere Gedenktafel errichten wird für jene Agenten wie Ed Snowden, der im eigenen Namen als Buddhist und damit erkenntlich der Gewaltlosigkeit verpflichtet ist, und im Namen der Transparenz mit dem Argument: Die Öffentlichkeit muss entscheiden, ob diese Programme und Strat-egien richtig oder falsch sind. Hier wird die Geschichte entscheiden, wie er damit die US-Verfassung, nämlich die Beziehung zwischen Staaten und deren Grenzen (Hoheitsrecht im Sinne des Nachrichtendienstes) auf seiner Kappe revolutioniert hat. Gleichzeitig steht diese Vorgangsweise gegen die Verteidigungslinie des Weißen Hauses – Barack Obama, Commander in Chief. Aber dafür muss man gewählt werden. Edward Snowden, mit seinem „des Kaisers neuen Kleid“, mit seiner kindlichen Wahrheit, „habe unwiderruflich den USA Schaden zugefügt“, so Keith Alexander, NSA-Di-rektor.

Dass die EU eine geopolitische Größe ist, ist ein Fak-tum. Was ihre Krise anbelangt, bleiben die zentralen Ursachen die damalige dramatische Verschuldung der USA durch den Irak- und den Afghanistankrieg, die dramatische Verschuldung der privaten Haushalte im Zuge fahrlässiger Kreditvergabe und immer größerer Leistungsbilanzdefizite im Handel mit China und Japan. Diese Faktoren haben eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst: Sie zwingen die USA zu sparen – und wenn

E D I T O R I A L

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WORAN ICH GLAUBE .............................................. 3HUMOR & WEISHEITEN ........................................... 7IMPRESSUM ............................................... 7GLOBAL NEWS ...................................................... 10WIR WERdEN ALLE AUSSpIONIERT - WARUM BIN ICH NICHT üBERRASCHT?! | MARTIN dELIUS ............... 14„pIRATEN UNd MUT …“ | BIRGIT WERL .............. 16„DIE PARlAMEntARISchE DEMokRAtIE ISt AM gEREchtEStEn.“ | IntERvIEw BARBARA PRAMMER ................................................. 18

STOppT dIE pLüNdERUNG vON AfRIkA | kOfI ANNAN ............................................................................... 24GELdTRANSfER | BUCHREzENSION kyONI kyA MULUNdU ............................................................. 27kULTUR füR GRüNE ENERGIE IM SpüdEN vON ÄGypTEN | SUzANNE EBEId................................... 36

ITALIENS füNf STERNSCHNUppEN. | IRENE kAUfMANN ........................................................... 28GROSSE TRISTESSE AM BALkAN | WOLfGANG WEITLANER .......................................................... 34vERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG - LESSONS fROM GERMANy, THE U.S. ANd fORMER yUGOSLAvIA. | pETER LIppMAN .................................................... 42

MExIkO kANN vORREITER füR dEN WELTWEITEN SCHUTz vON WANdERARBEITERN WERdEN | CARLOS HEREdIA ................................................................ 39

SO kANN MAN vERGEWALTIGUNG NICHT vERHINdERN | INdRAjIT HAzRA .......................... 46GEfLIRTET WIRd AUf dEN dÄCHERN | RUUd vAN WEERdENBURG ..................................................... 48

FRAUEn hABEn zU wEnIg vAgInAlBEwUSStEIn | IntERvIEw gERtI SEngER ........................ 50ICH BIN kIRCHE | INTERvIEW fRANzISkA STACHL .. 54

CUTTING EdGE | HARALd SCHEBACH .................... 56dAS ALTER MEER | NORBERT pRETTENTHALER .... 58

SEIT jAHREN BEkOMMEN IMMER MEHR kINdER pSyCHOpHARMAkA. | GABy SOHL.........................62INTEGRATION INTO THE WORLd/EvOLUTION Of MEN | MAdGE GILL BUkASA ........................................... 65

Jetzt, wo der globale Bedarf an Rohstoffen so groß ist wie nie zuvor, ist Afrikas Reichtum im Visier weltweiter Begehrlichkeiten. Dies stellt eine noch nie dagewesene Gelegenheit dar, Millionen von Menschen aus ihrer Armut zu befreien, wenn mit dem Ressourcenreichtum des Landes in die Schaffung von Arbeitsplätzen und in ein besseres Leben für künftige Generationen investiert wird.

Kofi Annan

„Ich kompensiere sicherlich nicht beschädigte Sexualität, sondern es ist mir ein Anliegen, weil Sexualität der Motor unseres Lebens ist.”

Interview mit Gerti Senger

An einigen Teehäusern war ich schon vorbeigegangen, durstig wie ein Kamel, das ans Ende vom Hindustan gelangt war. Beim Erblicken eines Zeitung lesenden Mannes mit weißem Bart entschied ich, in demselben Etablissement ein Glas Tee zu trinken.

Ruud van Weerdenburg

Als das erste Mal das Thema „Griechenland-Krise“ zum Schlagwort wurde, gab es einige politische Kräfte, die nichts anderes getan haben, als uns zu erklären, dass das die Menschen am Peloppones eben einfach faul, korrupt und unfähig sind und man denen es daher zeigen müsste.

Wolfgang Weitlaner

Ein Stück Columbit-Tantalit (Coltan)

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A S I E N

I N H A L T

Seite 24

p O L I T I K & G E S E L L S C H A F TStoppt die Plünderung von afrika

große tristesse am balkan

Geflirtet wird auf den Dächern

frauen haben zu wenig vaginalbewusstsein

Seite 50

Seite 34

Seite 48

A F R I K A

E U R O p A

L A T E I N A M E R I K A

S O Z I A L E S & R E L I G I O N

K U N S T & K U L T U R

p S y C H O L O G I E & F O K U S

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