25
1 Theaterpädagogische Handreichung für Kinderkrippen und Kindergärten THEATER FÜR DIE ALLERKLEINSTEN FUNKELDUNKEL FRAU SONNE UND HERR LICHTGEDICHT MOND MACHEN WETTER

THEATER FÜR DIE ALLERKLEINSTEN - tjg dresden€¦ · 2 Tipps für den Theaterbesuch im tjg Sie haben sich entschlossen, mit Ihrer Kindergruppe ins Theater zu gehen und es ist wahrscheinlich

  • Upload
    vananh

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

1

Theaterpädagogische Handreichungfür Kinderkrippen und Kindergärten

THEATER FÜR DIEALLERKLEINSTEN

FUNKELDUNKEL FRAU SONNE UND HERRLICHTGEDICHT MOND MACHEN WETTER

2

Tipps für den Theaterbesuch imtjg

Sie haben sich entschlossen, mit Ihrer Kindergruppe ins Theater zu gehen und es ist wahrscheinlich

das erste Mal für die Kinder. Bei unseren Inszenierungen für die Allerkleinsten achten wir darauf, dass

die Zuschauerschauerzahlen nicht zu hoch sind, damit eine geschützte Atmosphäre gesichert ist.

FUNKELDUNKEL LICHTGEDICHT können 30 - und FRAU SONNE UND HERR MOND MACHEN

WETTER 40 Kinder und deren Begleiter erleben.

Planen Sie für den Theaterbesuch genug Zeit ein. Fahren Sie ruhig etwas früher zu uns ins Theater,

damit die Kinder Zeit zum „Ankommen“ haben. Verweilen Sie mit ihnen noch etwas in der Spielecke in

unserem TheaterFamilienCafé.

Unsere Inszenierungen für die Allerkleinsten sind kein Mitspieltheater, doch alle Arten von Reaktionen

der Kinder sind erwünscht (lachen, mal aufstehen, klatschen, Worte der Spieler nachsprechen,

erstaunt sein…).

Entwickelt Ihr Kind Ihrer Meinung nach doch zu viel Aufgeregtheit, nehmen Sie es auf den Schoß oder

gehen Sie mit ihm leise hinaus. Jeder Zeit können Sie wieder in den Theaterraum zurückkommen.

Unsere bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass ein Theaterbesuch für die Allerkleinsten und ihre

Begleiter ganz unproblematisch verläuft. Genießen Sie einfach den gemeinsamen Theaterbesuch und

lassen Sie die Kinder entdecken.

Wir Theaterpädagogen empfangen Sie und Ihre Kinder in unserem Foyer und stehen Ihnen für Fragen

gern zur Verfügung.

Ihre Meinung interessiert uns sehr!

(In Anlehnung an die Tipps des HELIOS Theater Hamm, ebenfalls Partner im Projekt „Theater von Anfang an!“, zurInszenierung „Holzklopfen“)

Die Theaterpädagogische Handreichung finden Sie unter www.tjg-dresden.deTheaterakademie: 0351/ 4291228Kartenbestellungen: 0351/ 4965370Gruppenbestellungen: 0351/ 4291220 (Mo – Fr 9 -12 Uhr und 13 –16 Uhr)

Impressum THEATER JUNGE GENERATION / Spielzeit 2008/2009Meißner Landstraße 4, 01157 DresdenIntendantin Felicitas Loewe

Redaktion Katrin Jung | Bettina SeilerFotos FOTOGRAFisch Juliane Mosterz, Gabriele Suschke,

Bettina Seiler, Kindertagesstätte „Regenbogen“ und„Sachsenspatzen“, Dresden

3

Tipps für den Theaterbesuch im tjg

Sie haben sich entschlossen, mit Ihrer Kindergruppe ins Theater zu gehen und es ist wahrscheinlich

das erste Mal für die Kinder. Bei unseren Inszenierungen für die Allerkleinsten achten wir darauf, dass

die Zuschauerschauerzahlen nicht zu hoch sind, damit eine geschützte Atmosphäre gesichert ist.

FUNKELDUNKEL LICHTGEDICHT können 30 - und FRAU SONNE UND HERR MOND MACHEN

WETTER 40 Kinder und deren Begleiter erleben.

Planen Sie für den Theaterbesuch genug Zeit ein. Fahren Sie ruhig etwas früher zu uns ins Theater,

damit die Kinder Zeit zum „Ankommen“ haben. Verweilen Sie mit ihnen noch etwas in der Spielecke in

unserem TheaterFamilienCafé.

Unsere Inszenierungen für die Allerkleinsten sind kein Mitspieltheater, doch alle Arten von Reaktionen

der Kinder sind erwünscht (lachen, mal aufstehen, klatschen, Worte der Spieler nachsprechen,

erstaunt sein…).

Entwickelt Ihr Kind Ihrer Meinung nach doch zu viel Aufgeregtheit, nehmen Sie es auf den Schoß oder

gehen Sie mit ihm leise hinaus. Jeder Zeit können Sie wieder in den Theaterraum zurückkommen.

Unsere bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass ein Theaterbesuch für die Allerkleinsten und ihre

Begleiter ganz unproblematisch verläuft. Genießen Sie einfach den gemeinsamen Theaterbesuch und

lassen Sie die Kinder entdecken.

Wir Theaterpädagogen empfangen Sie und Ihre Kinder in unserem Foyer und stehen Ihnen für Fragen

gern zur Verfügung.

Ihre Meinung interessiert uns sehr!

(In Anlehnung an die Tipps des HELIOS Theater Hamm, ebenfalls Partner im Projekt „Theater von Anfang an!“, zur

Inszenierung „Holzklopfen“)

Die Theaterpädagogische Handreichung finden Sie unter www.tjg-dresden.deTheaterakademie: 0351/ 4291228Kartenbestellungen: 0351/ 4965370Gruppenbestellungen: 0351/ 4291220 (Mo – Fr 9 -12 Uhr und 13 –16 Uhr)

Impressum THEATER JUNGE GENERATION / Spielzeit 2008/2009Meißner Landstraße 4, 01157 DresdenIntendantin Felicitas Loewe

Redaktion Katrin Jung | Bettina SeilerFotos FOTOGRAFisch Juliane Mosterz, Gabriele Suschke,

Bettina Seiler, Kindertagesstätte „Regenbogen“ und„Sachsenspatzen“, Dresden

4

Theaterpädagogische Handreichung fürKinderkrippen und Kindergärten

THEATER FÜR DIEALLERKLEINSTEN

Liebe Erzieherinnen und Erzieher, liebe Eltern, liebes Publikum!

Im THEATER FÜR DIE ALLERKLEINSTEN können Kinder ab 2 Jahren ganz neue, unerwartete

Erfahrungen machen. Diese öffnen Zugänge zur Welt, regen die Fantasie und Kreativität an,

verfeinern ihre Wahrnehmungsfähigkeit mit allen Sinnen und setzen individuelle Entwicklungs- und

Bildungsprozesse in Gang. In diesem Sinne leistet das THEATER FÜR DIE ALLERKLEINSTEN einen

wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung im frühkindlichen Bereich.

Nach einer zweijährigen, intensiven Zusammenarbeit der Theatermacher des tjg mit

Kindertageseinrichtungen der Stadt Dresden, bei der im Rahmen des vom Kinder- und

Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik Deutschland initiierten Projektes „Theater von Anfang

an!“ das Rezeptionsvermögen Zweijähriger erkundet wurde, ist es nun ist soweit:

Wir laden Sie und Ihre Kinder zu uns ein, zum THEATER FÜR DIE ALLERKLEINSTEN, einer

Kunstform, die schon in etlichen europäischen Ländern zu bewundern ist.

Wir sind gespannt auf Ihre Meinung und die Reaktionen der Allerkleinsten im Theater!

Katrin Jung / Bettina Seiler

Theaterpädagoginnen tjg

5

Uraufführung

FUNKELDUNKEL LICHTGEDICHT

Ein großer Mann ist da.

Dann kommt ein alter Mann.

Dann eine kleine Frau und noch ein großer Mann.

Sie spielen, entdecken und singen.

Ist Licht ein helles Klingen?

Wer bin ich - im Hellen? Im Dunkeln?

Ein kleines Ding kann funkeln.

Siehst du meine Hand im Licht?

Ist das dein Schatten? Oder nicht?

Stell dir mal vor, wie die Welt begann.

Am Anfang, da fängt alles an.

Klaus Frenzel, Marja Hofmann, Manuel Krstanovic in: FUNKELDUNKEL LICHTGEDICHT

FUNKELDUNKEL ist ein LICHTGEDICHT für die allerkleinsten Theaterzuschauer. Drei Spieler und

ein Musiker beschäftigen sich mit Licht und Schatten. Ein Theater voller Bilder und Klänge entsteht,

eine Entdeckungsreise zu elementaren Fragen und überraschenden Einsichten.

Regie Ania Michaelis

Bühne und Kostüme Grit Dora von Zeschau

Musik Bernd Sikora

Premiere 27.06.2008

Spielort Theater auf der Treppe

6

Theaterpädagogische Projektarbeit im Kindergarten zuFUNKELDUNKEL LICHTGEDICHTvon Katrin Jung (Theaterpädagogin, tjg)

In den Projektkindergärten arbeiteten die Theaterpädagogen des tjg über einen Zeitraum von zwei

Jahren mit Kindern im Alter von 2 - 4 Jahren.

Jeweils einmal pro Woche für eine ¾ h spielten wir mit den Kindern zu verschiedenen

Themenkomplexen. Dabei beobachteten wir gemeinsam mit den Erziehern die Kinder und versuchten,

genauere Erkenntnisse über ihre Wahrnehmungsweise, ihre Kreativität und ihre Rezeptionsfähigkeit

zu erfahren.

Katrin Jung (Theaterpädagogin) mit Kindern der Kita „Sonnenkinder“ in Dresden

Folgende Spielprojekte sollen Einblick in diese Arbeitsphase geben:

Spielprojekt 1

ICH HÖRE WAS

- Die Kinder sind im Raum verteilt und werden aufgefordert, zwei Minuten lang bei weit

geöffnetem Fenster zu lauschen. Danach erzählen die Kinder, was sie hörten oder ahmen

diese Töne nach.

- Die Handflächen werden aneinander gerieben und wir hören auf diesen Klang im Raum. Dann

legen wir die Hände fest auf die Ohren und nehmen das Rauschen in uns wahr. Die Kinder

beschreiben, an was sie das Rauschen erinnert – z.B. an das Wasser, an ein Flugzeug…

- Wir erkunden, welche Geräusche mit den Händen noch erzeugt werden können, z.B.

Klatschen, Schnipsen, Schlaggeräusche, Streichgeräusche - z.B. über einen Kamm, über eine

Tischplatte…

- Beim Laufen im Raum entdecken wir den unterschiedlichen Klang, den viele Füße erzeugen

können, wenn sie stampfen, schleichen, hüpfen oder trippeln. Diese Übung wiederholen wir

auf Stein-, Holz- und Teppichfußböden.

7

- Nach dem schnellen Laufen legen wir unsere Fingerspitzen an unsere Handgelenke und

nehmen den eigenen Pulsschlag wahr.

- Zwei Kinder legen nacheinander den Kopf auf die Brust des anderen und lauschen dessen

Herzschlag. Mit den Fingern trommelt das lauschende Kind dem anderen seinen Herzschlag

zart auf den Bauch.

- Wir entdecken Dinge im Raum, die Geräusche machen können – z.B. der Lichtschalter, die

Gardine, der Wasserhahn mit dem fließenden Wasser, der springende Ball, die Fliege, die

knisternde Zeitung…

- Mit kleinen Holzstäbchen bringen die Kinder Dinge im Raum zum Klingen – z.B. ein

Wasserglas, einen Plastikeimer, die Gitterstäbe ihrer Betten, eine Metallkehrschaufel… Jedes

Kind wählt einen Geräuschgegenstand für sich aus und wir spielen gemeinsam ein Konzert.

Wir verabreden Zeichen für leise und laut, für Einzeleinsätze und für das Ende.

- Wir hören die menschliche Stimme in verschiedenen Verfassungen. Mit dem Satz: "Bald

kommt der Regen" - variieren wir verschiedene Stimmlagen - z.B. laut, leise, rufend, flüsternd,

singend, stotternd…

- Wir ahmen Tiergeräusche nach. Die Kinder schlagen Tiere vor und alle imitieren deren Laute.

Später veranstalten wir Tiergeräusch-Konzerte - z.B. im Wald, auf dem Bauernhof, am

Wasser…

- Mit verschiedensten Klanginstrumenten spielen und experimentieren wir. Dabei versuchen wir

gemeinsam einen Rhythmus zu finden, ihn zu halten und ihn in der Gruppe gemeinsam zu

verändern.

- Wir hören Musik von Bach bis Blues. Zunächst werden jeweils kurze Musikbeispiele nur

angehört, danach bewegen sich die Kinder dazu und dann wählen sie ein Geräuschinstrument

und spielen mit diesem in die Musik hinein. Jeder kann seine Improvisation vorstellen und die

anderen Kinder sind Zuhörer.

Spielprojekt 2

UNGEWÖHNLICHE BILDER

- Im Raum liegt auf dem Boden ein großes weißes Betttuch. Wir betrachten es, laufen

ringsherum, balancieren auf seinen Rändern, laufen vorsichtig darüber, umstellen es mit

unseren Körpern breitbeinig, mit gefassten Händen und bilden einen Bilderrahmen.

- Ein Kind legt sich auf das Tuch, später zwei Kinder oder auch noch mehrere Kinder. Wir

betrachten nun diese neu entstandenen Bilder und beschreiben, was wir darauf sehen – z.B.

ein schlafendes Mädchen, zwei spielende Kätzchen, Kinder am Strand.

- Wieder legt sich ein Kind auf das weiße Tuch und die Kinder malen mit bunter Kreide die

Körperkonturen nach. Wir heben das Tuch hoch und hängen es als Bild an die Wand.

- Im Garten suchen die Kinder verschiedene Dinge, die ihnen für ein Bild gefallen würden.

Gemeinsam gestalten sie nun auf dem Betttuch ihr Bild aus Blättern, Stöcken, Blumen, Sand,

Steinen, Bonbonpapier, Schrauben, Früchten…

8

- Ein neues Bild wird geschaffen aus vielen bunten Stoffen und Tüchern. Die Kinder legen die

Stoffe nach eigener Lust in Formen, Muster und Farbspielen auf das Tuch und erzählen dann,

was sie sehen – z.B. Flüsse, Elefanten, Wiese, Himmel, Schwimmbad …

- Mit Händen und Füßen, die in Farbbäder getaucht wurden, gestalten wir nun die weiße Fläche

zu einem Hand-Fuß-Spielbild.

Spielprojekt 3

HELL UND DUNKEL

- Die Kinder sitzen im hellen Raum, nach und nach wird es dunkler. Die Jalousien werden

zugezogen und das Licht wird gelöscht. Finsternis erweckt etwas Furcht bei den Kindern. Sie

rutschen aneinander und geben ängstliche Töne von sich.

- Mit einem kleinen Glockenton erscheint ein erstes Licht: eine Kerze. Beim zweiten Glockenton

leuchtet eine Taschenlampe, beim dritten Glockenton eine Stehlampe, beim vierten die

Deckenbeleuchtung und beim fünften das Tageslicht durch die Fenster. Es ist hell. Die Kinder

staunen und schauen sich interessiert im Raum um. Sie werden aufgefordert, einen

Gegenstand genau zu betrachten, ihn dann zu nennen und zu beschreiben, wie er aussieht.

- Mit je einem Trommelschlag wird es nun Schritt für Schritt wieder dunkel. Die Finsternis wird

nun schon gespannt und mit weniger Furcht wahrgenommen. Im Finstern tastet jedes Kind

nach einer anderen Hand und hält sie fest, während es mit neuen Glockentönen Schritt für

Schritt wieder hell wird.

- Die Kinder laufen im Raum umher, suchen Dinge mit grüner, roter, blauer Farbe. Dann

schließen sie die Augen, bedecken sie mit den Händen und versuchen auf diese Weise

vorsichtig im Raum weiterzulaufen.

- Ein Glockenton ist zu hören, die Kinder öffnen die Augen und laufen sehend weiter. Ein

Trommelschlag bringt sie zum Augenschließen und stehen bleiben.

- Der Raum wird verdunkelt und jedes Kind bekommt eine Taschenlampe in die Hand. Die

Kinder sitzen am Boden und lassen den Schein der Lampe an der Zimmerdecke spielen.

Dann laufen sie im Raum umher, die Lichtkegel sind auf den Boden gerichtet. Sie lassen die

Lichter tanzen und springen in die Lichtspuren. Am Ende verschwinden die leuchtenden

Taschenlampen in einer Korbtasche und diese wird, 1000 Lichtpunkte ausstrahlend, aus dem

Raum getragen. Es ist wieder dunkel.

- Die Stehlampe wird eingeschaltet und wirft nun in verschiedene Winkel des Raumes Licht. Die

Kinder werden aufgefordert, in dieses Licht zu laufen und sich danach bewusst wieder in die

Dunkelheit zurückzuziehen. Dabei achten alle gemeinsam auf den unterschiedlichen

Körpergestus und ihre Artikulation bei dieser Übung.

- Mit dem Schein einer hellen Taschenlampe beleuchtet der Spielleiter einzelne Gegenstände

im dunklen Raum. Sie werden sichtbar und von den Kindern beschrieben. Dann werden

verschiedene Körperteile an den einzelnen Kindern beleuchtet. Sie dürfen sich im Lichtschein

kräftig bewegen.

9

- An einer weißen Wand wird beobachtet, wie sich der Körperschatten eines Kindes im

Abstand zur Lichtquelle verändert.

- Die Kinder erraten die Schattenbilder unterschiedlichster Gegenstände, die auf ein

Polyluxgerät gelegt werden. Noch interessanter wird es mit Wasser. Es fließt, es kann gefärbt

werden und man kann Öl hinein spritzen.

10

Die Zuschauer haben ein Recht auf Kunst, auf Poesie,auf Theater – von Anfang an.Ania Michaelis – Regisseurin und Schauspielerin im Gespräch

Zur Person:

geboren 1965 in Westfalen

nach dem Studium an der Schule „Totales Theater“ in der Schweiz, Engagements an

verschiedenen Theatern (u. a. Schauspielhaus Köln und Westfälisches Landestheater) und in

freien Projekten, vorrangig in Berlin, z.B. aber auch für die Weltausstellung in Sevilla, 1992

seit 2001 in verschiedenen Konstellationen tätig, an Theatern und in eigenen Projekten: als

Erfinderin und Planerin, künstlerische Leiterin, Regisseurin und/oder Schauspielerin

Beschäftigung mit dem Theater für die Allerkleinsten seit 2005

2O07 Koproduktion mit dem Helios Theater Hamm: A.Michaelis als Spielerin in: O Himmel blau –

ein Theaterfest für Kinder ab 2

Ania Michealis hat zwei Söhne

Was ist das Besondere an der Theaterform für die Allerkleinsten?

Das Publikum ist besonders. Die Zuschauer sind sehr jung, ziemlich ernst, hoch bereit, sich zu

amüsieren, rundum mit Welterfassung beschäftigt. Ihr Erleben findet jenseits von Konventionen statt.

Sie erleben jeden Moment einzeln und sind nicht notwendig an kausalen Zusammenhängen

interessiert. Die Allerkleinsten sind außerordentlich kompetent im Bereich von Abstraktion und

grenzenlosem Vorstellungsvermögen. Was der Erwachsene als gegeben annimmt, z.B. dass das

Theater eine Geschichte zu erzählen hat, ist für das kleine Kind genauso neu, wie ein Bild von

Picasso, eine von Rothkos fantastischen Farbflächen oder eine Kuh auf der Weide, die den Schwanz

hebt, um zu pinkeln.

Warum sollte man Theater für die Allerkleinsten spielen?

Es gibt wohl zwei Blickwinkel, aus denen man die Frage betrachten kann. Einmal: Was bedeutet das

Genre für die Macher, und dann: Was bedeutet es für die Zuschauer?

Die Macher sind aufgefordert, ihre Mittel und ihre Motivationen zu überprüfen, da sie sich dem

ernsthaften Blick der Allerkleinsten aussetzen, der keine Albernheit verträgt. Das ist reizvoll und dem

sollten sich nur die stellen, die es wirklich wollen.

In unserer Zeit, in der sich alles wie wahnsinnig beschleunigt, scheint mir Verlangsamung

überlebensnotwendig. Wie durch eine Lupe sollte man hinsehen, das schärft den Blick für das

Wesentliche, entlastet gar, weil dann so ein Rumgemache einfach wegfällt. Diese Prozesse im

Theater haben mit Suche nach Wahrheit und Lebendigkeit zu tun.

Ich wage die These, dass das Interesse für dieses neue Genre aus einer Quelle gespeist wird, die mit

Sehnsucht nach Kontakt zu tun hat. Theater für die Allerkleinsten scheint mir Volkstheater im

ursprünglichsten Sinne zu sein, da hier ohne den Zuschauer gar nichts läuft, l’art pour l’art wird nicht

funktionieren, da interessieren sich die Kleinen eher für ihre Schuhe.

11

Die Zuschauer haben ein Recht auf Kunst, auf Poesie, auf Theater – von Anfang an. Ich habe mir

einen Satz gemerkt, den ich auf dem Festival FIRST STEPS in Hamm 2005 hörte; wir seien von

Beginn an „human beings“ und keine „human becomings“, hieß es da.

Auch die allerkleinsten Kinder sind Medienterror und Bilderflut ausgesetzt, da soll natürlich das

Elternhaus entgegen wirken, das Theater aber kann das auch. Und wenn es das kann, gibt es dann

vielleicht auch eine Verpflichtung, dieses Vermögen auszuüben? Ich finde ja.

Alles in allem - was ist das Wichtigste dabei?

Das Interesse am Zuschauer.

Wie kannst du deine eigenen Spielerfahrungen vor den kleinsten Zuschauern für die

Regiearbeit verwenden?

Ich versuche zu beschreiben, was ich als Spielerin erlebt habe und welche Konsequenzen ich daraus

zog: Den Blick noch ungetrübt von Konventionen, erwartet das sehr kleine Kind im Theater nichts

Bestimmtes. Es ist bereit, alles aufzunehmen, was wir ihm anbieten. Das ist eine Situation, die uns

herausfordert, die Grundlagen der theatralen Kommunikation neu zu untersuchen.

Wir zeigen unsere Weltsicht, unsere Phantasie für den offenen und fragenden Blick des Kindes.

Dessen Sicht auf uns und unsere Arbeit lässt keine Verstellung gelten, sucht nach Welterfassung,

ernst und zuversichtlich. Die Zuversicht erzwingt unsere Präzision, unsere Auseinandersetzung mit

dem, was wir zeigen wollen, inhaltlich und ästhetisch.

Wir sollten uns der Verantwortung bewusst sein, die uns bindet. Für ein außerordentlich junges

Publikum sind die Besuche unserer Aufführungen die ersten Begegnungen mit der Darstellenden

Kunst. Das empfinde ich als Verpflichtung und Herausforderung.

Zusätzlich ist die Situation zu bedenken, in der gespielt wird: Die kleinen Zuschauer kommen nicht

allein, sondern entweder in Gruppen oder mit ihren zugewendeten Begleitpersonen, die oftmals

genauso oder gar aufgeregter sind als ihre Schützlinge. Die Fragen der Begleiter könnten lauten: Wird

das Kind das Theater mögen, wird das für das Leben prägend sein, ist es richtig, mit dem Kind ins

Theater zu gehen, wird das eine Möglichkeit sein, in Zukunft die Nachmittage zu gestalten? Werde ich

es mögen? Wird es langweilig sein? Belanglos, beliebig, tümelnd?

Die Verantwortung der Theatermacher liegt darin, alle Wünsche und Vorstellungen ernst zu nehmen,

ihren eigenen Ansprüchen zu genügen und das ganze Unternehmen spielend leicht zu nehmen. Nicht,

dass das eine neue Anforderung an die Kunst wäre, nur hier ist sie noch deutlicher. Bei den sehr

kleinen Kindern ist die ganze Welt noch neu, unschuldig. Es gibt für sie keine Ironie, keine zynische

Distanz. Wir müssen konkret sein, müssen meinen, was wir sagen, tun, spielen.

Wie entstand „FUNKELDUNKEL LICHTGEDICHT“? Was waren die ersten Gedanken?

Hier ist ein Teil des Textes, der am Abend des ersten Probentags entstand:

12

Angenommen, es wäre notwendig, etwas heraus zu finden.

Diese Forschung würde gebraucht, um zum Beispiel die Welt zu retten, sich selbst oder andere zu

trösten, mit Wissen oder ungewohnten Blickrichtungen zu versorgen. Die Untersuchung könnte auch

deswegen notwendig sein, weil man mit einiger Sicherheit vermuten könnte, etwas Verborgenes und

Schönes zu entdecken, von dem man möchte, das es in der Welt ist und von dem man möchte, dass

es sich ziemlich kleine Kinder anschauen können.

Angenommen, mindestens 3 Menschen fänden sich bereit, auf die Entdeckungsreise zu gehen, dann

wäre es günstig, es wären zwei Männer, einer davon wäre älter als der andere und der andere wäre

größer als der eine. Und eine Frau müsste dabei sein, möglichst eine kleine, die Lust hätte, so wie ein

Kind zu schauen. Günstig wäre, es käme ein vierter dazu oder wäre schon vorher da, um für Klänge

zu sorgen.

Warum das so ist? Ein Geheimnis.

Jedenfalls müssten diese Leute jemanden finden, der ihnen einen Raum schenkt, einen Raum, der

ihnen fremd ist, und der ihnen gefällt. In dem Raum würden sie mal schlafen, mal singen, mal tanzen.

Vieles probieren. Der Raum würde vertraut werden, und nie seine Fremdheit verlieren.

Dann benötigten sie noch Zeit, nicht zuviel und nicht zuwenig und vielleicht ab und zu eine Beratung.

Sie würden sich also auf den Weg machen und sie würden bemerken, dass das Thema, um das sie

sich zu kümmern haben „Licht“ heißt.

Möglicherweise würden sie herausfinden, dass es im Dunklen wie im Hellen schön ist, beieinander zu

sein oder voneinander entfernt. Vielleicht würden sie Spiele kennen oder erfinden, sich überraschen

oder sich dem Genuss einer gemeinsamen Bewegung widmen.

Vielleicht könnte der für den Klang Zuständige die anderen zu etwas bewegen, das sie alle

zusammen, durcheinander oder in Balance brächte.

So oder so ähnlich könnte es sein und das wäre gut.

13

Über das Modellprojekt „Theater von Anfang an!“von Petra Franke, Abteilungsleiterin im Eigenbetrieb Kindertagesstätten Dresden

„Theater von Anfang an!“ stand für uns unter dem Motto „Lasst uns neue, noch unbekannte Wege

gehen“. Das Projekt begann im Jahr 2006 unter Führung des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in

der Bundesrepublik Deutschland sich der Aufgabe zu stellen, Theater für die Allerkleinsten zu

entwickeln. Interessierte, mutige und vor allem engagierte Partner, die in der Bundesrepublik

Deutschland einen noch nicht bekannten und sehr hinterfragten Prozess gemeinsam gestalten

wollten, wurden gesucht. Zu klären galt: Ist es möglich, Theater mit und für Zweijährige zu gestalten?

Wie kann eine Kooperation zwischen Theater und Kindertagesstätten unter pädagogischem

Gesichtspunkt konzipiert werden?

Im Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen Dresden lief der Prozess der Qualitätssicherung im Kontext

mit der Umsetzung des Sächsischen Bildungsplanes. Das Projekt „Theater von Anfang an!“ wurde als

eine Chance gesehen, diesen Qualitätsentwicklungsprozess besonders im Bildungsbereich –

ästhetische Bildung – zu unterstützen. Alle Kindertageseinrichtungen wurden über die Möglichkeit der

Teilnahme am Projekt informiert und konnten sich bewerben. Das Interesse war groß und so war es

notwendig, eine Auswahl zu treffen. Wir wollten aber keine der interessierten Kitas ausschließen. Ein

„Innenkreis“, d. h. drei Kitas, die als direkte Partner im Projekt arbeiten, und ein „Außenkreis“

bestehend aus Kitas, die punktuell am Projekt teilnehmen, d. h. Workshops, Gespräche,

Theaterbesuche und Informationen der erreichten Projektergebnisse, wurde gebildet.

Zum Innenkreis gehören die Kindertageseinrichtungen:

Helbigsdorfer Weg 3 in 01169 Dresden, mit einer Kapazität von

15 Plätzen für Krippenkinder, 147 Kindergartenkinder und 9 Integrationsplätzen

Hennersdorfer Weg 3 in 01189 Dresden, mit einer Kapazität von

32 Plätzen für Krippenkinder, 122 Kindergartenkinder und 8 Integrationsplätzen

Schönaer Straße 25 in 01259 Dresden, mit einer Kapazität von

20 Plätzen für Krippenkinder, 97 Kindergartenkinder und 155 Hortkindern.

Eine Projektgruppe wurde gebildet, die u. a. die Aufgabe hatte, Inhalte, Wege und

Organisationsprozesse zu beschreiben.

Ein Kooperationsvertrag zwischen dem Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen, Theater Junge

Generation und Amt für Kultur und Denkmalschutz bildete die Basis der gemeinsamen Arbeit.

Leitgedanken der pädagogischen Arbeit bezogen auf das Projekt, wurden erarbeitet, zum Beispiel:

- ästhetische Bildung; eröffnet eine komplexe Auseinandersetzung der Kinder mit den

verschiedensten Wissensgebieten

- Sprachentwicklung; sprachliche Ausdrucksfähigkeit wird bestärkt

14

- Teamentwicklungsprozesse

- Elternarbeit: hier Teilhabe der Eltern an den kreativen Prozessen in der Kita

- Netzwerkentwicklung, d. h. Zusammenarbeit mit Theaterpädagogen, Schauspielern, den Kitas

untereinander, Nutzung von kulturellen Einrichtungen im Wohngebiet und darüber hinaus

- Kommunikationsprozesse von verschiedenen Fachkräften, d. h.

Nutzen der Fachkompetenz, verschiedene Professionen und damit den schöpferischen

Prozess der Kinder zu gestalten.

Zur Erreichung der Zielstellung nennen wir hier zusammengefasst fachlich-inhaltlich und

organisatorisch einige methodische Schritte:

Jede Kita wurde einmal in der Woche von einem Theaterpädagogen besucht und mit entsprechenden

Spielpraktiken entwickelten sie Kreativität und Phantasie der Kinder. Manche Treffen begleiteten auch

Schauspieler, Puppenspieler oder Musiker des Theater Junge Generation.

Über die Begegnungen und die gesammelten Erfahrungen wurde ein reger Erfahrungsaustausch

geführt und neue Wege besprochen.

Ästhetische Bildung und Erziehung ist eng verbunden mit Kunst und Kultur und stärkt die Kreativität

aller (Kinder und Erwachsene) am Prozess Beteiligten.

Abschließend:

Wir sind einen neuen Weg gegangen. Dieser war voll von Überraschungen, Unerwartetem und

verbunden mit phantastischen Entdeckungen. Wir wollen ihn weitergehen und sind gespannt auf

weitere Erkenntnisse.

15

Szene aus FUNKELDUNKEL LICHTGEDICHT

Pressestimme

„…Der Puppenspieler Klaus Frenzel und die beiden neuengagierten Schauspieler Marja Hofmann und

Manuel Krstanovic erzählen kurze Geschichten vom Verstecken und vom Finden, vom Entstehen und

Verschwinden des Lichts und seinen Schattengestalten, von Kopf, Fuß, Hand, Gesicht im Licht oder

tanzend nach vielstimmigen Gesängen, die vor Schönheit glitzern. Aus dem Wasser fischen sie

Farben, präzise kommentiert von selbstbewussten Zweijährigen: Braun, nein Blau, Rot und Grün.

Rosa! Und am Schluss wächst aus dem Feuer ein kräftig rot glühender Kreis in der ansonsten

schwarz-weiß gehaltenen Bühne. Der Rhythmus ist langsam, aber nicht langweilig, es ist mal laut, mal

leise, aber nie grell, mal hell, mal dunkel, nie gleißend. Ying und Yang, das eine wie das andere. Und

alles ist schön.“ DNN

16

Uraufführung

FRAU SONNE UND HERR MONDMACHEN WETTER

Übernahme vom Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen

Christian Pfütze in: FRAU SONNE UND HERR MOND MACHEN WETTER

Die Wettermacher beginnen ihren Arbeitstag. Sie zeigen Regen und Schnee, Blumen und Wasser,

Wind und Blitze. Im Wetterlabor lassen sie sich immer wieder aufs Neue überraschen. Wird der

Regenbogen wirklich erscheinen, wenn Sonne und Regen zusammen kommen? Wo steckt der

Wetterfrosch heute und welche Wettervorhersage wird er wohl treffen? Wohin rollt die riesige

Schneekugel und kann man eigentlich auf ihr stehen? Mit der Hilfe alter Theatermaschinen,

bekannter Lieder zu den Jahreszeiten, mit Bauernregeln und technischen Experimenten lassen Frau

Sonne und Herr Mond den Lauf des Jahres erlebbar machen.

Das Bildertheater steckt voller Überraschungen, ohne jemals die Wahrnehmungsfähigkeit der kleinen

Zuschauer zu überfordern.

Regie / Ausstattung Otmar Wagner

Premiere 04.02.2007 im Burgtheater in Bautzen

Spielort Studiobühne

17

Theaterpädagogische Anregungenzu FRAU SONNE UND HERR MOND MACHEN WETTERvon Bettina Seiler (Theaterpädagogin, tjg)

Stephan Hoffmann / Bettina Seiler (Theaterpädagogen) mit Kindern der Kindertagesstätten „Regenbogen“ und„Sachsenspatzen“ in Dresden

WELCHES WETTER IST HEUTE

Die Kinder stehen am Fenster und beobachten genau: Welches Wetter ist heute? Scheint die Sonne?

Ist es windig? Ziehen Wolken am Himmel entlang? Welche Farben haben die Wolken? Wir öffnen das

Fenster und halten die Hand hinaus. Ist es warm oder kalt? Können wir den Wind auf der Haut

spüren? Regnet es? Können wir einen Regentropfen fangen? Welche Jahreszeit haben wir jetzt? Wir

gehen hinaus und tanzen in der Sonne, beobachten unseren Schatten, lassen uns den Wind um die

Nase wehen.

DIE REGENMACHER

Die Kinder stehen im Kreis. Wir legen die Hände auf die Schultern des Kindes vor uns. Wir stellen uns

vor, ein warmer Sommerregen fällt auf uns. Ganz sanft trommeln wir mit den Fingern auf die Schultern

des anderen Kindes, auf den Kopf, auf den Rücken. Der Regen wird stärker, noch stärker, lässt nach

und die Sonne beginnt zu scheinen. Nun streicheln wir dem Kind vor uns über die Arme, den Rücken,

die Schultern, den Kopf.

ICH WERDE EIN BAUM

Nun suchen sich die Kinder einen Platz im Raum. Wir machen uns ganz klein, so klein wie ein

Samenkorn. Ganz langsam werden wir größer, wie ein zarter Spross, der sich durch die Erde schiebt.

Sonne und Regen sorgen dafür, dass der Spross größer und kräftiger wird und schließlich ein großer

Baum, mit zwei großen Ästen und vielen Blättern ist. Ein Apfelbaum vielleicht. Im Frühling blüht der

Apfelbaum. Bienen umschwirren ihn und bestäuben die Blüten. Kleine Äpfel wachsen aus ihnen, die

größer und größer werden. Schließlich hängt der Apfelbaum voller Äpfel. Diese werden gepflückt und

die Äste haben somit nicht mehr so viel zu schleppen. Ein Wind kommt auf und wiegt den Apfelbaum

hin und her.

18

Legen Sie zu dieser Übung eine ruhige Musik ein. Die Kinder versuchen, die einzelnen

„Wachstumsphasen“ des Apfelbaumes körperlich darzustellen. Am Ende dieser Übung stehen die

Kinder im Raum, strecken ihre Arme und Finger.

Danach den ganzen Körper ausschütteln.

REISE DURCH DEN TAG

Alle Kinder sitzen auf dem Boden. Ein Ball symbolisiert die Sonne. Der Spielleiter zeichnet zunächst

den Lauf der Sonne vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang in die Luft. Nun beginnt eine

spielerische Reise durch den Tag, vom Erwachen am Morgen bis zum Einschlafen am Abend:

Wir erwachen, recken und strecken uns. Stehen auf, waschen uns und putzen uns die Zähne. Was

gibt es denn heute zum Frühstück? Nun machen wir uns auf den Weg in den Kindergarten. Dort

begrüßen wir die anderen Kinder und unsere Erzieher. Wir spielen und singen ein Lied von der

Sonne. Das Mittagessen wird serviert. Heute gibt es Nudeln. Nun machen wir Mittagsschlaf u.s.w.

Dabei wird der Ball immer wieder verwandelt, z.B. in den Zahnputzbecher, die Tasse, in Obst, den

Spielgegenstand, das Kuscheltier u.a., bis er als Mond am Firmament steht.

REISE DURCH DIE JAHRESZEITEN

In der Mitte des Raumes soll ein Jahreskreis entstehen. Verschieden farbige Stoffe kennzeichnen

Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Außerhalb des Kreises steht ein großer Korb, gefüllt mit

Dingen, die wir den einzelnen Jahreszeiten zuordnen, z.B. Blumen, Taucherbrille, Schwimmring,

Kastanien, Blättern, Weintrauben, Fausthandschuhe, Pudelmütze…

„Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder“ - wir singen oder hören in jedem Feld ein passendes

Kinderlied.

Wir hören klassische Musik, „Die vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi und versuchen, die

Jahreszeiten mit ihren Besonderheiten zu erkennen. Wir bewegen uns zu der Musik im jeweiligen

Abschnitt in unserem Jahreskreis.

KINDERMUND

Das Inszenierungsteam stellte zwei- und dreijährigen Kindern naturwissenschaftliche Fragen und ließ

sich von ihren Antworten gern inspirieren.

Wo kommen Blumen her?

Erst sind sie so klein, da sind so ein paar Blätter und da kommt die Blume raus. Wenn sie angemalt

sind, werden sie bunt. Blumen essen gar nichts. Die haben keinen Mund. Die trinken aus der Erde.

Vielleicht Wasser. Nachts gehen Blumen wieder runter in die Erde und trinken da.

Nachts können sie auch spielen, wenn sie unter der Erde sind.

19

Wo wachsen eigentlich Blätter?

Die Bäume sind von den Blättern die Eltern. Am sechsten September haben die Geburtstag. Blätter

haben einen Mund. Der sieht blau aus. Man sieht den nicht. Blätter essen Gras.

Im Herbst sind sie gelb und dann fallen sie alle runter, weil das immer so ist, und dann sind sie

gestorben und dann sind sie platt.

Und woher kommt der Schnee?

Schnee wohnt in den Wolken. Die Wolken sind die Schneewohnungen. Wenn`s kalt wird, fliegen die

Schneeflocken hoch in die Lüfte. Die sind nur auf der Erde, wenn sie wollen. Wenn es heiß wird, sind

die Schneeflocken wieder in den Wolken.

Welche Farbe hat die Sonne?

Die Sonne ist gelb. Die Baby-Sonne ist weiß, die ist noch in der großen Sonne im Bauch. Die kommt

morgen raus. Die Mama-Sonne ist in der Papa-Sonne entstanden. Die Papa-Sonne ist in den Wolken

entstanden.

Die Sonne gehört allen Leuten, zum Beispiel uns.

Woraus bestehen Wolken?

Wolken sind aus Weiß gemacht. Die Bauarbeiter hatten Stifte und malten die Wolken an, als Weiß. Ich

würde sagen, die Wolken sind ganz schön weich, aber nicht hart. Wolken können ganz einfach

fliegen, ohne Stützräder. Die fliegen sogar nach Italien und die Wolken, die ich gerade erzählt habe,

die sind sogar schon in Italien!

Wann entsteht ein Gewitter?

Gewitter kommt aus den Wolken. Es hat Lust, raus zu kommen. Das ist immer so. Donnern hört sich

wie gruselig an. Das gefällt mir am besten. Wenn Regen kommt, geht das Gewitter wieder rein in die

Wolken.

Wie entsteht ein Regenbogen?

Erst regnet es, dann kommt ein Regenbogen. Der ist mit Farben. Die kommen durch klitzekleine

Löcher vorne beim Gesicht. Der Regenbogen fühlt sich nass an, als Regen. Der kann Rosinen essen.

Auf dem Regenbogen kann man zu meiner Oma laufen, die gestorben ist. Und dann rolle ich einfach

aufs Gras und habe mir nicht weh getan.

20

Susan Weilandt und Christian Pfütze in:FRAU SONNE UND HERR MOND MACHEN WETTER (Probenfoto)

Pressestimme

„Im Wetterlabor von Frau Sonne und Herrn Mond werden Frühling, Sommer, Herbst und Winter

zelebriert, in Bilder geformt. Weder Klischees noch wissenschaftliche Erklärungen werden bemüht.

Das Bildertheater für Kinder ab zwei Jahren setzt auf Betrachten und Staunen. (…) Die Inszenierung

ist in erster Linie eine stark visuelle Erfahrung. Otmar Wagner setzt mit seiner Inszenierung nicht auf

Inhalte, sondern auf Formen. Er beschäftigt sich mit Materialien und Objekten. (…) Die Kinder

staunen, einige stehen. Äußerungen von Langeweile – keine.“ KUNSTSTOFF 3/4/5/2007

21

Zu ästhetischen Eigenarten des Theater für die Allerkleinstenvon Gerd Taube (Leiter des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland)

Das Kindheitsbild der Gesellschaft

Das Theater für die Allerkleinsten ist stärker als andere Formen des Theaters davon abhängig, welche

Haltung die Gesellschaft gegenüber Kindern hat. Als was werden Kinder begriffen? Als "human

beings" oder als "human becomings"? Werden sie als defizitäre Wesen, als gute, weil noch

unverdorbene Menschen, als Menschen auf einer bestimmten Entwicklungsstufe: oder als Menschen

mit speziellen Kompetenzen begriffen? Was wird von kleinen Kindern erwartet? Begreift man sie als

"human becomings", was oder wie sollen sie dann werden? In den Ländern, in denen wir

überzeugende Beispiele für ein Theater für die Allerkleinsten gesehen haben, ist der Status der

Einrichtungen der frühkindlichen Bildung und Erziehung ein anderer als in Deutschland. In Norwegen,

Italien und Frankreich sind diese Einrichtungen Bestandteil des Bildungssystems und nicht diesem

vorgelagert, wie dies in Deutschland der Fall ist. Während die Bildungskarriere eines Menschen in

Deutschland mit der Einschulung beginnt, beginnen die .Kinder in den genannten Ländern ihren

Bildungsweg bereits mit dem Besuch der Kinderkrippe bzw. des Kindergartens. Diese Tatsache stelle

eine ganz wichtige Voraussetzung für das Entstehen einer Theaterkunst für die Allerkleinsten dar.

Ästhetische Aspekte Kommunikation

So wie jede theatrale Kommunikation basiert auch die Kommunikation im Theater für die Allerkleinsten

auf der gemeinsamen Anwesenheit von Spielern und Zuschauern in einem Raum und ihrer direkten

oder indirekten Interaktion. Die theatrale Kommunikation im Theater für die Allerkleinsten ist jedoch

besonders fragil. Die Rezeptionshaltung im gewöhnlichen Theater ist derart konditioniert, dass sich die

fehlende Balance der Kommunikation nicht entäußert und man sie damit auch kaum äußerlich

wahrnehmen kann.

Wahrnehmung

Kommunikation beruht auf wechselseitiger Wahrnehmung. Akteure und Zuschauer begeben sich in

ein Verhältnis zueinander. Der Blickkontakt, den viele Akteure als wesentliche Voraussetzung einer

Aufführung für die Allerkleinsten beschreiben, ist eine Methode wechselseitiger Wahrnehmung.

Wahrnehmung heißt im Theater für die Allerkleinsten nicht nur Hören und Sehen, sondern

Wahrnehmen mit allen Sinnen.

Beteiligung

Das Theater für die Allerkleinsten muss immer eine gemeinsame künstlerische Erfahrung von Spielern

und Kindern sein. Dieser Satz kann als ästhetischer Imperativ für das Theater für die Allerkleinsten

gelten. Die Fähigkeit, über die ein Spieler verfügen muss, ist die Fähigkeit, auf kleinste

Stimmungsschwankungen im Publikum einzugehen und die Balance der Kommunikation wieder

herzustellen. Der Spieler muss über eine besondere Sensibilität für das Publikum verfügen. (...)

Man könnte sagen, das Theater kehrt an seine Ursprünge zurück, beispielsweise zum Ritual, aus dem

bereits in der Antike Theaterformen entstanden sind, auf die sich das abendländische Theater immer

22

wieder bezogen hat. Zu beobachten ist die tendenzielle Aufhebung der Trennung zwischen Spieler

und Zuschauer.

Spieler

Das Theater für die Allerkleinsten spricht nicht von Darsteller, sondern von Spieler. In den

Aufführungen wird in der Regel kein spezieller Anlass für das Auftreten des Spielers konstruiert wie

etwa in der Exposition eines Dramas. Der Spieler ist da. Er soll ernsthaft, wahrhaftig, ehrlich und

präsent sein.

Sprache

Das Theater für die Allerkleinsten kennt viele Sprachen und ist nicht auf die Verbalsprache reduziert.

Meist ist die Verbalsprache auch nicht das in der Hierarchie der künstlerischen Mittel dominierende

Mittel. Bilder, Töne, Klänge, Bewegungen, Materialität, Körper sind zumeist gleichberechtigte

Ausdrucksmittel.

Regeln und Grenzen

Jedes Spiel braucht Regeln. Diese Spielregeln müssen im Theater für die Allerkleinsten flexibel sein.

Die Gesamtsituation ist gesetzt und kann von den Kindern nicht verhandelt oder verändert werden.

Daher sind für die Macher des Theaters für die Allerkleinsten die folgenden Fragen von besonderer

Bedeutung: Wie werden die Kinder im Theater empfangen? Wie werden die Eltern, als Begleiter, als

Zuschauer und als die Kinder Geleitende, Unterstützende mit den äußeren Regeln vertraut gemacht?

Die Eltern und Begleiter sind die ausschlaggebende Instanz, die über die Akzeptanz der Regeln und

Grenzen entscheidet. Die Mutter, die entscheidet, dass ihr Kind mit seinem Weinen, seiner Unruhe

das gemeinsame Erlebnis stört, spürt diese Grenzen und akzeptiert sie. Der Vater, der während der

Aufführung den Bühnenraum betritt, um ein Foto zu machen, hat die Regeln falsch oder gar nicht

verstanden.

Geschichte

Ein dramatischer Konflikt als Interessenkollision zweier Figuren bzw. Figurengruppen existiert nicht

oder kaum. Das Theater für die Allerkleinsten ist kein Illusionstheater. Die künstlichen Welten, die

geschaffen werden, sind als Kunsträume sichtbar. Das Erzeugen und das Machen dieser speziellen

Welten werden nicht verschleiert, sondern gezeigt. Die Welten werden behauptet und diese

Behauptung von den Zuschauern akzeptiert. Das Theater für die Allerkleinsten ist aber nicht ohne

Geschichten. Die Geschichten oder Episoden werden aber nicht linear erzählt. Sie basieren auf der

Imaginationsleistung des Zuschauers. Jeder sieht so eine andere Geschichte.

Zeit

Das Theater für die Allerkleinsten hat auch einen eigenen Umgang mit der Zeit. Es hat einen eigenen

Rhythmus, der dem Rhythmus des Publikums entspricht. Den Rhythmus der Spieler und ihres

Publikums verbindet das Atmen. Der gemeinsame Atem ist das Band zwischen Spieler und Publikum,

der die Spannung aufrechterhält.

23

Zum Theater für die Allerkleinsten gehört auch die Stille. Die Wiederholung von Vorgängen findet sich

ebenfalls häufig im Theater für die Allerkleinsten.

Das Theater findet in jeder Aufführung neu und anders statt. Keine Aufführung gleicht der anderen.

Das trifft auf jede Form des Theaters zu. Im Theater für die Allerkleinsten dürfen weder Zuschauer

noch Spieler mit der Haltung in die Aufführung gehen, dass sie wüssten, wie die Kommunikation

zwischen beiden funktioniert. Es ist immer ein gemeinsames Wagnis.

Aus einem unveröffentlichten Vortrag gehalten beim Symposium „Frist Steps. Theater für die Allerkleinsten“ im Helios Theater inHamm 2005. Gerd Taube ist Leiter des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in Frankfurt am Main und hat dort u. a. dasModellprojekt „Theater von Anfang an!" initiiert.

24

Die 0 - 3 Jährigenvon Hartmut Kasten

Die frühkindliche Entwicklung ist von herausragender Bedeutung für die gesamte Entwicklung eines

Menschen. Bis zum vollendeten 3. Lebensjahr ist das Kind bereits mit allen für das menschliche

Zusammenleben wichtigen Grundthemen wie Liebe, Besitz und Gehorsam konfrontiert worden. Die

Allerkleinsten sind nicht nur, wie Jahrhunderte lang angenommen wurde, hilflos, instinkt- und

reflexgesteuert, sondern überaus kompetente, komplett ausgestattete Wesen, die mit natürlichen

Überlebensfähigkeiten und einer ungeheuren Flexibilität versehen sind und mit großer Energie, mit

einem sehr umfangreichen Verhaltensrepertoire, Lern- und Anpassungsfähigkeit an inneren

Reifungsprozessen arbeiten; die aber selbstverständlich Versorgung, Betreuung, Nähe und

Verfügbarkeit brauchen, um zu wachsen und Abhängigkeiten zu überwinden.

ENTWICKLUNGSAUFGABEN

1. Stufe: Im Laufe des ersten Lebensjahres geht es um den Aufbau von Urvertrauen. Das Kleinkind

muss lernen, dass die Mutter wieder kommt, wenn sie das Zimmer verlässt, also mit Trennung

umzugehen. Es lernt, darauf zu vertrauen, dass es auch nach dem Abstillen weiter versorgt wird und

zu Essen bekommt.

2. Stufe: Im zweiten und dritten Lebensjahr geht es um das Erlernen von Selbstkontrolle. Das Kind

nimmt sich wahr als Verursacher von Geschehnissen; nun gilt es eine Balance zu finden zwischen

eigenem Willen und Unterwerfung unter die Gebote der Eltern. Gehorsam und Festhalten versus

Loslassen sind zentrale Themen dieser Stufe.

3. Stufe: In der dritten Phase, die das Kindergartenalter umfasst, geht es um den Aufbau von

Vertrauen in die eigene Initiative und Kreativität. Dabei spielen die Themen "Initiativ werden und

Nachahmen" eine zentrale Rolle. Das Kind lernt, sich an Vorbildern zu orientieren. Es wird immer

wichtiger, sich mit anderen zu vergleichen, und mit ihnen zu konkurrieren. Ebenso lernt es, mit

Schuldgefühlen und Angst vor Strafe umzugehen.

Auch gesellschaftliche Normen werden als Entwicklungsaufgaben an den Einzelnen herangetragen:

- Laufen lernen

- Sprechen lernen

- Selbstständig Nahrung aufnehmen

- Körperausscheidungen kontrollieren

- Sich aus der symbiotischen Beziehung zur Mutter lösen

- Bindungen zu weiteren Bezugspersonen aufbauen

- Gut und Böse unterscheiden lernen

- Die eigene Geschlechtsrolle erwerben und Geschlechtsunterschiede

erkennen lernen

- Eigene Gefühle zu Eltern und Geschwistern in Beziehung setzen lernen.

25

Nur einige dieser Aufgaben werden schon in den ersten drei Lebensjahren vollständig bewältigt.

Bei der Geburt verfügt unser Gehirn über 100 Milliarden Neuronen, das sind so viele Nervenzellen,

wie unsere Milchstrasse Sterne hat. Unser Gehirn als körperliches Organ ist zugleich "ein

gesellschaftliches Organ: Schon im Mutterleib und in den ersten Lebensabschnitten saugt es sich mit

Gesellschaft voll" (G. Roth). Während der ersten Lebensjahre leistet das Gehirn Schwerstarbeit und

verbraucht dabei doppelt so viel Energie wie ein Erwachsenengehirn.

Mit dem vollendeten 2. Lebensjahr verlagert sich das Stadium des "Herumexperimentierens" mit der

Umwelt immer mehr nach innen. Das Kind baut eine INNERE VORSTELLUNG von äußeren

Vorgängen und Verhaltensketten auf. Der Übergang vom externen Explorieren zum internen

Explorieren markiert den Beginn des DENKENS. Dies wird möglich, weil das Kind jetzt auch Zeichen

und Symbole verwenden kann, durch die Objekte und Vorgänge der Umwelt in seiner Vorstellung

abgebildet werden.

Im dritten Lebensjahr wächst die Zahl von Begriffen und Konzepten, die das Kind erwirbt. Damit wird

es unabhängiger von der unmittelbaren Gegenwart. Es denkt nach, erinnert und nimmt vorweg. Mit

Hilfe dieser geistigen Prozesse kann es sich immer schneller auf neue Situationen einstellen, es kann

auch größere Brücken zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bauen. Es bildet

Zusammenhänge und erlernt symbolische Begriffe. Es gewinnt damit Freiheit. Die Sprache befreit das

Kind von seiner unmittelbar gegebenen Umwelt. Es kann sich aus der Gegenwart lösen und in

andere, auch Phantasie-Welten hinein denken. Die Sprache ist Ausgangspunkt und Ursache der

kindlichen Ich-Entwicklung. Durch die Sprache hat das Kind die Möglichkeit, sich selbst zu benennen.

Gegen Ende des 2.Lebensjahres wird ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung mit der erstmaligen

Verwendung des Personalpronomens "ICH" erreicht.

SPIELEN

Warum spielen Kinder? Darüber streiten die Experten seit Jahrzehnten. Es gibt Merkmale, die in

dieser Kombination nur dem Spiel eigen sind:

- Spontaneität

- Es hat keinen Sinn außer dem Spiel selbst -Es erfolgt in entspannten

Situationen

- Es ist variantenreich, flexibel in der Struktur

Im Spiel bewältigen Kinder ihre Ängste und Krisen; im Spiel findet Wunscherfüllung und

Verwirklichung des eigentlich Unmöglichen statt; im Spiel werden Aggressionen abreagiert; im Spiel

kann sich das Kind, das in der Realität klein, schwach und hilflos ist, als stark und mächtig erleben

und damit seine faktisch oft gegebene Ohnmacht kompensieren.

aus: Hartmut Kasten: 0-3 Jahre. Weilheim/Basel/2005