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Themenbereich B: Methoden Themenblock 1: Ökodesign-Prinzipien Ökopol – Institut für Ökologie und Politik GmbH Autorinnen und Autoren: Dirk Jepsen (Ökopol), Laura Spengler (Ökopol), Antonia Reihlen (Ökopol) und Dr. Annette Vollmer (Ökopol) PROBLEMSTOFFARMUT B1.5

Themenber B Mthoden Themenblock Öodesign-P B1 · einfach dieser Grundsatz zunächst ist, so komplex gestaltet er sich bei der Umsetzung. ... diesem eine eindeutige chemikalienrechtliche

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Themenbereich B: MethodenThemenblock 1: Ökodesign-Prinzipien

Ökopol – Institut für Ökologie und Politik GmbH

Autorinnen und Autoren:Dirk Jepsen (Ökopol), Laura Spengler (Ökopol), Antonia Reihlen (Ökopol) und Dr. Annette Vollmer (Ökopol)

PROBLEMSTOFFARMUT

B1.5

PRO BLEM STOFF AR MUT

Inhalt

1 Ein lei tung

2 Kon zep tio nel le Grund la gen

3 Zentrale Begriffe

4 Für Öko de si gner re le van te Che mi ka li en ge set ze

5 Ri si ko kon zept für Che mi ka li en

5.1 Ge fähr lich keit

5.1.1 Ein stu fungs- und Kenn zeich nungs ver zeich nis

5.1.2 ECHA-Da ten bank der re gis trier ten Stoffe

5.1.3 eChem Portal

5.1.4 REACH-Kan di da ten lis te

5.2 Ex po si ti on ge gen über Stoffen

5.3 Risiko und Schäden

6 Recht li che Vorgaben

7 Ansätze für das öko lo gi sche Pro dukt de sign

7.1 Gefahren basierte Ansätze des Pro dukt de sign

7.2 Risiko basierte Ansätze

7.3 Pro dukt de sign vom Stoff zum Er zeug nis

8 Si cher stel len von Pro blem stoff ar mut

8.1 Kon for mi tät mit (stoff-)recht li chen An for de run gen

8.2 Prüfung / Aus schluss von SVHC

8.3 Prüfung, ob Ökolabel exis tie ren

8.4 Ri si ko über le gun gen

8.5 Ent schei dung über die Ver wen dung von Stoffen

9 Un ter stüt zungs in stru men te zur Um set zung der Pro blem stoff ar mut

9.1 E-Learning: Er läu te run gen des Ri si ko be griffs

9.2 IT-Tool zur In for ma ti on über SVHC in Er zeug nis sen

9.3 Leit fa den für nach hal ti ge Che mi ka li en

1 EIN LEI TUNGDie Ab we sen heit von Pro blem stof fen in einem Produkt ist sowohl aus Umwelt- als auch

aus Ge sund heits schutz per spek ti ve ein an zu stre ben des Ziel der Pro dukt ent wick lung. So

einfach dieser Grund satz zunächst ist, so komplex ge stal tet er sich bei der Um set zung.

Zum einen werden die Funk tio na li tä ten heutiger tech ni scher Ma te ria li en oder Bau ele men te

vielfach durch Stoffe mit und gerade wegen ihrer pro ble ma ti schen Ei gen schaf ten erreicht.

Der Einsatz von weniger pro ble ma ti schen Al ter na ti ven ist ggf. mit Qua li täts ein bu ßen bei

der Funk tio na li tät des End pro dukts ver bun den. Daher ist ab zu wä gen, ob die mög li chen

Risiken und Nutzen einen Verzicht auf Pro blem stof fe recht fer ti gen bzw. nahe legen, z. B.

bei hoch fes ten und damit en er gie spa ren den Leicht bau ele men ten o. ä.

Zum anderen ent ste hen Risiken durch die An we sen heit von Pro blem stof fen erst dann,

wenn diese im Le bens weg des Pro duk tes frei ge setzt werden (können) und es dadurch zu

einer Ex po si ti on ge gen über Mensch oder Umwelt kommt. Bei einer voll stän di gen Be trach -

tung sind ent spre chend nicht nur das Produkt selbst, sondern gerade auch die Prozesse der

Her stel lung, der Nutzung und der Ent sor gung zu be trach ten.

Dieses The men pa pier er läu tert diese Zu sam men hän ge und zeigt, wie rich tungs si cher vor -

ge gan gen werden kann, ohne die Kom ple xi tät voll stän di ger Ri si ko ab schät zun gen be wäl ti -

gen zu müssen.

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2 KON ZEP TIO NEL LE GRUND LA -GENDas Öko de sign-Prin zip „Pro blem stoff ar mut“ besagt, dass Produkte

keine Stoffe ent hal ten sollten, die die mensch li che Ge sund heit oder der Umwelt schä di gen

können (ge fähr li che Stoffe) und

wenn die Ver wen dung ge fähr li cher Stoffe nicht ver meid bar ist, diese so ge hand habt und im

Produkt in te griert sein sollten, dass Mensch und Umwelt mit ihnen nicht in Kontakt

kommen (keine Frei set zung / Ex po si ti on).

Der Begriff „Pro blem stoff“ wird im Fol gen den durch „ge fähr li cher Stoff“ ersetzt, da

diesem eine ein deu ti ge che mi ka li en recht li che De fi ni ti on zugrunde liegt und somit klarer

wird, worum es wirklich geht.1

Ent spre chend ist es zur Um set zung dieses Prinzips not wen dig,

ge fähr li che Stoffe zu erkennen,

die Not wen dig keit ihres Vor han den seins im Produkt zu be ur tei len,

ggf. eine Ab schät zung der dadurch ent ste hen de Risiken zu machen und

darauf ba sie rend eine Ent schei dung über den Ersatz solcher Stoffe oder die Art ihrer Ver -

wen dung im Produkt zu treffen.

Ein um fas sen der Öko de sign-An satz be schränkt sich bei diesen Be trach tun gen nicht nur

auf das Produkt an sich und seine Nut zungs pha se, sondern bezieht die Her stel lung und

Ent sor gung in die Über le gun gen ein.

Die fol gen den Ab schnit te sollen einen Über blick über ver schie de ne Aspekte und Konzepte

geben, die zur Um set zung des Prinzips der Pro blem stoff ar mut hilf reich sind. Ins be son de re

das Konzept der „che mi ka li en be ding ten Risiken“ ist für die Um set zung der Pro blem stoff -

ar mut im Pro dukt de sign zentral.

1 Der Begriff „Pro blem stoff“ bzw. „Schad stoff“ wird z. B. auch für Stoffe ver wen det, die das Re cy cling von Pro duk ten er schwe -ren, die zum Treib haus ef fekt bei tra gen oder an der Ver saue rung von Ge wäs sern und Böden be tei ligt sind. Diese von Stoffenver ur sach ten Probleme werden hier explizit nicht be trach tet.

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3 ZENTRALE BEGRIFFEDie Kom mu ni ka ti on über ge fähr li che Stoffe im Pro dukt de sign kann durch die Ver wen dung

de fi nier ter Be griff lich kei ten klarer und struk tu rier ter werden. Ins be son de re die schon im

Namen „Pro dukt de sign“ ver wen de te Be zeich nung „Produkt“ ist miss ver ständ lich. Im Fol -

gen den werden die De fi ni tio nen des Che mi ka li en rechts er läu tert, die eine ein deu ti ge Be -

zeich nung der „Art“ eines Pro duk tes erlauben.

1. Stoffe sind che mi sche Elemente und ihre Ver bin dun gen, so wie sie syn the ti siert oder aus

der Natur gewonnen werden.2

2. Gemische sind ab sicht lich her ge stell te Mi schun gen aus Stoffen. Sie können zur Her stel -

lung weiterer Gemische (z. B. Ad di tiv mi schun gen) oder durch ge werb li che oder private

End ver brau cher ver wen det werden. Es re sul tie ren z. B. Farben oder Kleb stof fe, die vielfach

als che mi sche Produkte be zeich net werden.

Die Funktion von Stoffen und Ge mi schen ist durch ihre CHE MI SCHE ZU SAM MEN SET ZUNG

de fi niert.

3. Er zeug nis se sind Objekte, deren Funktion im We sent li chen durch die phy si ka li sche Form3

und weniger durch ihre che mi sche Zu sam men set zung de fi niert ist. Ge gen stän de und

„Produkte“ im normalen Sprach ge brauch sind in der Regel Er zeug nis se.

Das öko lo gi sche Pro dukt de sign zielt nor ma ler wei se auf die Ver bes se rung von Er zeug nis sen

ab. Aber auch Designer von Stoffen und Ge mi schen ori en tie ren sich an ent spre chen den

Prin zi pi en, z. B. im Kontext der nach hal ti gen oder „grünen“ Chemie.

2 Zu satz stof fe, die zur Sta bi li sie rung des Stoffes not wen dig sind und her stel lungs be ding te Ver un rei ni gun gen gehören zumebenso zum Stoff, weswegen ein „Stoff“ nicht not wen di ger wei se zu 100% aus nur einer einzigen Substanz besteht. Die recht li -che De fi ni ti on findet sich in REACH Artikel 3a.

3 Ein Stuhl ist nur deswegen ein Stuhl, weil er eine Form hat, die es erlaubt sich darauf zu setzen, und er sich z. B. bewegenlässt. Die che mi sche Zu sam men set zung ist un er heb lich – er kann aus un ter schied li chen Ma te ria li en bestehen, z. B. Plastik, Holzoder Metall.

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4 FÜR ÖKO DE SI GNER RE LE VAN TECHE MI KA LI EN GE SET ZEDie Her stel lung, Ver mark tung und Ver wen dung von Stoffen und Ge mi schen un ter liegt der

EU-Che mi ka li en ver ord nung REACH4. Ziel der Ver ord nung ist es unter anderem, sicher zu

stellen, dass durch Stoffe und Gemische keine Risiken ver ur sacht werden und ent spre -

chen de In for ma tio nen durch die Markt ak teu re erzeugt und allen zur Ver fü gung gestellt

werden.

Die REACH-Ver ord nung ist für Öko de si gner ins be son de re deshalb wichtig, weil sie eine

breite In for ma ti ons grund la ge zu den Ei gen schaf ten (ge fähr li cher) Stoffe schafft, auf die bei

der Über prü fung der eigenen Produkte zu rück ge grif fen werden kann.

Die Ver mark tung von Stoffen und Ge mi schen un ter liegt zudem der EU-Ver ord nung zur

Ein stu fung und Kenn zeich nung5 von Stoffen und Ge mi schen (CLP-Ver ord nung). Ziel dieser

Ver ord nung ist es, Regeln dafür fest zu le gen, wie die ge fähr li chen Ei gen schaf ten von

Stoffen er mit telt und kom mu ni ziert werden. Die CLP-Ver ord nung ist für Öko de si gner

wichtig, weil sie die Kom mu ni ka ti on über und das Auf fin den von ge fähr li chen Stoffen ver -

ein facht.

Des Weiteren gibt es für be stimm te Gemische, z. B. Kos me ti ka oder Bio zid pro duk te,

weitere Re ge lun gen. Diese spe zi el len Re gel wer ke sind für Öko de si gner nur dann wichtig,

wenn sie ent spre chen de Gemische (oder deren Ver pa ckun gen) be ar bei ten.

4 Für einen kurzen Über blick über die Ver ord nung siehe: http:// guidance. echa. europa. eu/ about_ reach_ de. htm. Wei ter ge hen deIn for ma tio nen unter http:// echa. europa. eu/ reach_ en. asp. Die In for ma ti on ist dort über wie gend auf Englisch ver füg bar.

5 Ein stu fungs- und Kenn zeich nungs ver ord nung; Ver ord nung (EG) Nr 1272/2008. Ein ein fa cher Leit fa den zur Ein stu fung undKenn zeich nung ist vom Um welt bun des amt ver öf fent licht worden unter: http:// www. reach- info. de/ do ku men te/ Lei tfad enbr osch uere _ GHS- Ver ord nung. pdf.

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5 RI SI KO KON ZEPT FÜR CHE MI KA -LI ENEin che mi ka li en be ding tes Risiko ergibt sich aus der Kom bi na ti on der Ge fähr lich keit eines

Stoffes und dem Ausmaß, mit dem Mensch und Umwelt mit dem Stoff in Kontakt kommen

(Ex po si ti ons hö he). Die folgende Formel gibt diesen Zu sam men hang wieder:

Ge fähr lich keit x Ex po si ti on = Risiko

Fehlt einer der beiden Faktoren, ist also kein ge fähr li cher Stoff vor han den oder kommt es

nicht zu einer Ex po si ti on, besteht kein Risiko. Dies ver deut licht die beiden zen tra len An -

satz punk te zur Um set zung des Prinzips der Pro blem stoff ar mut. Im Fol gen den werden alle

drei Teile der Formel wei ter ge hend er läu tert.

5.1 GE FÄHR LICH KEITDie Ge fähr lich keit eines Stoffes ist durch seine in trin si schen (un ver än der li chen und ihn

kenn zeich nen den) Ei gen schaf ten bedingt. Grund sätz lich wird un ter schie den in:

phy si ka lisch-che mi sche Ge fähr lich keit,

Ge fähr lich keit für die mensch li che Ge sund heit (To xi zi tät) und

Ge fähr lich keit für die Umwelt (Öko to xi zi tät).

Im Fol gen den wird nur auf Stoffe mit einer Ge fähr lich keit für Mensch (Hu man to xi zi tät)

und Umwelt (Öko to xi zi tät) ein ge gan gen, da die phy si ka lisch-che mi schen Ei gen schaf ten

für das öko lo gi sche Design von Pro duk ten in der Regel nicht von Be deu tung sind.

Die Stof f ei gen schaf ten werden durch stan dar di sier te Tests von den In ver kehr brin gern der

Stoffe iden ti fi ziert.6 Z. B. kann durch Füt te rungs ver su che mit Ratten die Dosis eines

Stoffes er mit telt werden, ab der schäd li che Wir kun gen auf tre ten (z. B. Lähmung oder Tod).

Durch den Ver gleich der er mit tel ten Dosis mit ent spre chen den Schwel len wer ten zeigt sich,

ob der Stoff die Kri te ri en für eine be stimm te ge fähr li che Ei gen schaft erfüllt und z. B. die

Ge fah ren kenn zeich nung „le bens ge fähr lich bei Ver schlu cken“ oder „ge sund heits schäd lich

bei Ver schlu cken“ zu vergeben ist. Dieses Ver fah ren nennt sich „Ein stu fung“ und ist ge -

setz lich in der CLP-Ver ord nung fest ge legt. Für jeden Stoff sollte so das Vor han den sein

mög lichst aller ge fähr li chen Ei gen schaf ten be züg lich der Ge sund heit und Umwelt er mit telt

werden.

Die so er mit tel ten ge fähr li chen Ei gen schaf ten eines Stoffes7 müssen vom In ver kehr brin ger

kom mu ni ziert werden:

auf dem Etikett der Che mi ka lie durch Kenn zeich nung mit Ge fah ren sym bo len und Ge fah -

ren hin wei sen,

im Si cher heits da ten blatt, das mit der Che mi ka lie mit zu lie fern ist durch Nennung von Ge -

fah ren klas se, Ge fah ren ka te go rie und Ge fah ren hin wei sen.

Stoffe, die schwer wie gen de und ir re ver si ble Ge sund heits schä den ver ur sa chen oder Öko -

sys te me nach hal tig stören können, sollten für Pro dukt de si gner höchste Prio ri tät haben. Sie

werden als „be son ders be sorg nis er re gen de Stoffe“ be zeich net (engl.: Sub stan ces of Very

High Concern (SVHC)). Dies sind Stoffe, die:

Krebs auslösen können (C), Gen mu ta tio nen her vor ru fen (M) oder die Re pro duk ti ons fä hig -

keit (R) stören à kurz CMRs

in der Umwelt kaum abgebaut werden (Per sis tent), sich dort an rei chern (Bio ak ku mu lier -

bar) und Toxisch sind bzw. sehr per sis tent sind (vP) und sehr bio ak ku mu lier bar (vB) à kurz

PBTs/vPvBs sowie

Stoffe die durch Be ein flus sung des Hor mon sys tems schäd li che Wir kun gen haben (engl.:

en do cri ne dis rup t ing chemical, EDC)

Die Be en di gung der Ver wen dung dieser Stoffe ist nicht nur für Öko de si gner, sondern auch

im eu ro päi schen Che mi ka li en recht ein er klär tes Ziel.

In for ma tio nen über die Ge fähr lich keit sind für viele Stoffe bereits im Internet ver füg bar.

Drei zentrale In for ma ti ons quel len sind:

6 Al ler dings wird nicht immer über prüft, ob ALLE Ei gen schaf ten vor lie gen oder nicht, sondern das Ausmaß der Prüfung richtetsich nach dem Ver mark tungs vo lu men und der be kann ten Ge fähr lich keit des Stoffes.

7 Auch Gemische müssen ein ge stuft werden. Hierfür gelten ähnliche Regeln wie für Stoffe. Al ler dings müssen außer zur Er mitt -lung der phy si ka lisch-che mi schen Gefahren keine Tests durch ge führt werden, weil die Ei gen schaf ten des Ge mi sches ausdenen der In halts stof fe be rech net werden können.

5.1.1 Ein stu fungs- und Kenn zeich nungs ver zeich nis

Im eu ro päi schen Ein stu fungs- und Kenn zeich nungs ver zeich nis (http:// echa. europa. eu/

web/ guest/ in for ma ti on- on- che mi cals/ cl- in ven to ry- database) werden die von den In ver -

kehr brin gern der Stoffe er mit tel ten ge fähr li chen Ei gen schaf ten ver öf fent licht.

Da jeder In ver kehr brin ger mel de pflich tig ist, gibt es hier teil wei se sehr viele Einträge für

den gleichen Stoff. Wenn ein har mo ni sier ter Eintrag vor han den ist (grüner, oberer

Bereich), so ist dieser zu ver wen den. An sons ten emp fiehlt es sich, den Eintrag zu ver wen -

den, bei dem unter „joint entry“ ein grüner Haken gesetzt ist8 (meist im oberen gelben

Bereich).

8 Dies bedeutet, dass hier mehrere Akteure ge mein sam einen Eintrag ein ge reicht haben; da hier eine Dis kus si on und Einigungauf die Ein stu fung statt ge fun den hat, kann von einer höheren Da ten qua li tät aus ge gan gen werden, als bei den Ein stu fun gen,die von (vielen) Akteuren separat gemeldet wurden.

5.1.2 ECHA-Da ten bank der re gis trier ten Stoffe

Die Nutzung der Da ten bank der re gis trier ten Stoffe (http:// echa. europa. eu/ web/ guest/ in -

for ma ti on- on- che mi cals/ re gis te red- sub stan ces) er for dert etwas Er fah rung im Umgang

mit der Da ten bank und Che mi ka li en in for ma tio nen. In dieser Da ten bank werden In for ma -

tio nen über Stoffe ver öf fent licht, die bei der eu ro päi schen Che mi ka li en agen tur re gis triert

wurden.

Unter dem Me nü punkt „Clas si fi ca ti on and La bel ling“ findet sich die Ein stu fung eines

Stoffes sowie In for ma tio nen darüber, welche ge fähr li chen Ei gen schaf ten über haupt

getestet wurden. Unter „PBT-as sess ment“ wird an ge zeigt, ob ein Stoff ein PBT/vPvB ist. In

den weiteren Me nü punk ten können die Test ergeb nis se für die ver schie de nen ge fähr li chen

Ei gen schaf ten ein ge se hen werden.

5.1.3 eChem Portal

Das eChem Portal der OECD (http:// www. ech em por tal. org) ist eine Me ta da ten bank für

Stoff in for ma tio nen, die auf ver schie dens te Quellen aus den OECD-Län dern zugreift. Auch

hier ist eine gewisse Ver traut heit mit Che mi ka li en in for ma tio nen hilf reich, um die Da ten -

bank zu nutzen.

Das eChem Portal kann hilf reich sein, wenn über die ersten beiden In for ma ti ons quel len

keine Daten über den Stoff gefunden werden.

5.1.4 REACH-Kan di da ten lis te

Erfüllen Stoffe, nach einer Prüfung durch die zu stän di gen eu ro päi schen Gremien, die oben

ge nann ten Kri te ri en für einen be son ders Be sorg nis er re gen den Stoff (SVHC) so werden sie

in die Liste der für eine Zu las sung in Frage kom men den be son ders be sorg nis er re gen den

Stoffe (kurz „Kan di da ten lis te“) auf ge nom men.

Der jeweils letzte Stand dieser Kan di da ten lis te wird von der Eu ro päi schen Che mi ka li en -

agen tur ECHA auf ihrer In ter net sei te ver öf fent licht. (http:// echa. europa. eu/ de/ can di da te-

list- table).

5.2 EX PO SI TI ON GE GEN ÜBER STOFFENWie aus der Formel zu Beginn des Kapitels er sicht lich ist, kann ein ge fähr li cher Stoff nur

dann ein Problem her vor ru fen, wenn es auch zu einer Ex po si ti on von Mensch und/oder

Umwelt kommt. Dies ist der Fall, wenn er in Kontakt mit Mensch und Umwelt kommt. Eine

Ex po si ti on wird in der Regel konkret be schrie ben hin sicht lich:

Was ist in Kontakt mit der Che mi ka lie (Schutz gut)?

Wie lange dauert der Kontakt (Ex po si ti ons dau er) und wie häufig findet sie statt (Ex po si ti -

ons häu fig keit)?

Wie viel eines Stoffes kommt in Kontakt (Ex po si ti ons hö he)?

Die Um welt schutz gü ter sind Luft, Boden, Wasser und Se di men te sowie die Or ga nis men

(Biota). Beim Schutz gut Ge sund heit wird in Ver brau cher und Ar beit neh mer un ter schie den.

Die Nah rungs ket te ver mit telt die Ex po si ti on des Menschen „über“ die Umwelt, da Stoffe,

die sich in der Umwelt an rei chern, über die Nahrung auf ge nom men werden können.

Bei der Ex po si ti on des Menschen werden zu sätz lich der Kontakt über die Atemwege (In ha -

la ti on (mg/m3), über die Haut (dermale Ex po si ti on mg/cm2) und über den Ma gen-Darm

Trakt (orale Aufnahme), die so ge nann ten Ex po si ti ons pfa de, un ter schie den. Die Ex po si ti on

wird meist als „externe Dosis“ aus ge drückt, also der Menge oder Kon zen tra ti on, mit der ein

Kontakt mit dem Menschen auftritt.9

Ab bil dung 1: Über sicht über Emis sio nen und Ex po si tio nen entlang des Le bens wegs vonStoffen

Eine Ex po si ti on ist dann möglich, wenn ein Stoff aus einem Prozess oder einem Produkt

frei ge setzt wird (Emission) und zum Schutz gut gelangt (Ver tei lung). Ist ein Stoff in einem

Er zeug nis fest ein ge bun den, z. B. ein Farb pig ment in einem Plas tik stuhl, so ist es un wahr -

schein lich, dass ein Ver brau cher, der auf dem Stuhl sitzt, diesen Stoff einatmet10; ent spre -

chend gering ist die Ex po si ti ons wahr schein lich keit über den In ha la ti ons pfad. Je nach Fes -

tig keit der Bindung an die Kunst stoff ma trix wäre al ler dings ggf. eine dermale Ex po si ti on

(Haut kon takt) denkbar.

Die Ex po si ti ons hö he der Umwelt, aus ge drückt als Kon zen tra ti on eines Stoffes in einem

Um welt kom par ti ment, ist das Ergebnis kom ple xer Ver tei lungs- und Um wand lungs pro zes -

se, die durch Re ak tio nen und In ter ak tio nen mit den Or ga nis men oder den abio ti schen

Faktoren ent ste hen. Diese Kon zen tra tio nen werden vielfach mo del liert und in einigen

Fällen auch gemessen.11

Die Höhe einer Ex po si ti on ge gen über einem Stoff ist also davon abhängig, welche Menge

aus einem Prozess / Produkt frei ge setzt wird, wie sich die frei ge setz te Stoff men ge verteilt

und ggf. abgebaut wird und welcher Kontakt mit dem je wei li gen Schutz gut besteht. Die

folgende Ab bil dung zeigt sche ma tisch den Le bens zy klus von Stoffen und ver deut licht,

welche Arten von Ex po si tio nen auf tre ten könnten.

Leider gibt es zur Ab schät zung der Frei set zung von Stoffen aus der Nutzung von Er zeug nis -

sen keine eta blier ten In stru men te oder Modelle.

Eine Ausnahme bildet das Schema des „Aus schuss zur ge sund heit li chen Be wer tung von

Bau pro duk ten“ (AgBB), mit dessen Hilfe Bau pro duk te, aber auch z. B. Möbel, darauf hin

un ter sucht werden können, ob sie mög li cher wei se ge sund heits schäd li che flüch ti ge or ga ni -

sche Ver bin dun gen (VOC12) in die In nen raum luft emit tie ren. Näheres zu diesem Be wer -

tungs an satz findet sich unter: http:// www. um welt bun des amt. de/ themen/ ge sund heit/

kom mis sio nen- ar beits grup pen/ aus schuss- zur- ge sund heit li chen- be wer tung- von.

Zur Er mitt lung der Ex po si ti on für Ar beit neh mer hingegen sind einige In stru men te ver öf -

fent licht, die sich aber nur auf Emis sio nen aus Ge mi schen beziehen. Dies ist für Pro dukt -

de si gner weniger in ter es sant. Ein ent spre chen der Ansatz und das Vorgehen werden am

Ende dieses Kapitels er läu tert.

Aus der Sicht des Pro dukt de sign ist zu beachten, dass in der Ab fall pha se von Pro duk ten

(Er zeug nis sen) ge bun de ne Stoffe vielfach frei ge setzt und in die Umwelt emit tiert werden

(z. B. Schwer me tal le werden in der ther mi schen Ver wer tung in die Luft emit tiert).

9 Al ter na tiv werden ins be son de re im Ar beits schutz auch interne Dosen er mit telt, indem die Kon zen tra ti on eines Stoffes z.B. imBlut oder im Fett ge we be er mit telt wird (Hu man bio mo ni to ring).

10 Ein direkter Haut kon takt kann hingegen statt fin den, wobei eine AUFNAHME in den Körper nur dann statt fin den kann, wennder Stoff aus dem Stuhl wirklich frei ge setzt wird.

11 Nach Was ser rah men richt li nie der EU müssen z. B. 33 prio ri tä re Um welt schad stof fe re gel mä ßig in den Ober flä chen ge wäs serngemessen werden.

12 Für die eng li sche Be zeich nung „volatile organic com pounds“.

5.3 RISIKO UND SCHÄDENIm Che mi ka li en recht13 ist ein grund le gen des Ver fah ren zur Be rech nung eines Risikos

durch Che mi ka li en de fi niert. Hiernach besteht ein Risiko (also die Mög lich keit, dass ein

Schaden eintritt) wenn die Ex po si ti ons hö he ge gen über einem Stoff den Schwel len wert14

über schrei tet, oberhalb dessen schäd li che Wir kun gen auf tre ten. („die Dosis macht das

Gift“).

Ent spre chend gilt:

Ex po si ti ons hö he > „Sichere“ Dosis à Risiko

Auch bei Vor lie gen eines Risikos muss es nicht not wen di ger wei se auch tat säch lich zu

einem Schaden kommen.15 Dennoch werden im Sinne des Vor sor ge prin zips für Stoffe, für

die bei be stimm ten Ver wen dun gen ein Risiko er mit telt wird, Maß nah men zum Ri si ko ma -

nage ment not wen dig. Das heißt für das öko lo gi sche Pro dukt de sign, dass jede Ri si ko ab -

schät zung ein Un ter schrei ten der sicheren Dosis ergeben sollte.

13 Z.B. in der Che mi ka li en ver ord nung REACH, aber z. B. auch in der Biozid- und Pflan zen schutz mit tel ge setz ge bung.

14 Es gibt ver schie de ne Arten von Schwel len wer ten, die je nach Da ten la ge und Methode etwas anders ab ge lei tet werden. ImKontext von REACH werden der DNEL (derived no effect level – Dosis un ter halb derer keine schäd li chen Effekte auf die Ge sund -heit be ob ach tet wurden) als Maß für die Ge fähr lich keit in Bezug auf die Ge sund heit und der PNEC (pre dic ted no effect con cen -tra ti on – Kon zen tra ti on un ter halb derer keine schäd li chen Effekte auf Was ser or ga nis men bekannt sind) in Bezug auf die Umweltver wen det. Die Werte werden anhand von Test da ten ab ge lei tet (s. Ab schnitt zur Ge fähr lich keit).

15 Dies liegt im sowohl daran, dass bei der Er mitt lung der Schwel len wer te Si cher heits fak to ren ein ge rech net werden, als auchdaran, dass die Ex po si ti ons hö he meistens nur be rech net wird und daher über schätzt wird.

B1.5

6 RECHT LI CHE VORGABENDie EU-Che mi ka li en ver ord nung REACH de fi niert in einigen wenigen, aber zen tra len

Punkten stoff li che Vorgaben für Er zeug nis se:

Stoff ver bo te im Anhang XVII16 von REACH: hier wird für eine Reihe von Stoffen fest ge legt,

dass sie in Er zeug nis sen gar nicht, nur in geringen Kon zen tra tio nen oder unter be stimm ten

Be din gun gen ver wen det werden dürfen.

Kom mu ni ka ti ons an for de run gen für SVHCs auf der Kan di da ten lis te17: diese Stoffe sollten

nach Mög lich keit nicht ver wen det werden. Sind sie dennoch in Er zeug nis sen in Kon zen tra -

tio nen oberhalb von 0,1  % ent hal ten, so muss der Her stel ler des Er zeug nis ses dies seinen

ge werb li chen und privaten Kunden mit tei len.

Weitere stoff be zo ge ne Vorgaben für Er zeug nis se finden sich teil wei se in pro dukt be zo ge ner

Ge setz ge bung, wie z. B. die Richt li nie über ge fähr li che Stoffe in elek tri schen und elek tro ni -

schen Geräten18 oder die Alt au to richt li nie19.

Grund sätz lich er mäch tigt die Öko de sign-Richt li nie20 dazu, ver pflich ten de An for de run gen

an die Ge stal tung von Pro duk ten zu erlassen, die deren Um welt leis tung ver bes sern. Bislang

wurden bei der Um set zung dieser Rah men-Richt li nie mit Hilfe von Durch füh rungs ver ord -

nun gen für un ter schied li che Pro dukt grup pen21 prak tisch aus schließ lich An for de run gen an

die En er gie ef fi zi enz for mu liert.

Recht lich bietet die Öko de sign Richt li nie aber auch die Mög lich keit, ver bind li che Min dest -

an for de run gen an den Schad stoff ge halt und/oder eine emis si ons ar me Pro dukt ge stal tung

zu for mu lie ren. Würden diese An for de run gen bei Pro duk ten der je wei li gen Pro dukt grup pe

dann nicht erfüllt, dürften die ent spre chen den Geräte nicht auf den eu ro päi schen Markt

gebracht werden.

Gerade aus einem engen Zu sam men spiel von REACH und der Öko de sign-Richt li nie

könnten sach ge rech te all ge mein ver bind li che An for de run gen an die Pro blem stoff ar mut von

Pro duk ten ab ge lei tet werden, wie ein schlä gi ge Analysen zeigen (s. Ar beits pa pier Schad -

stoff be wer tung in Pro duk ten). Bislang macht der eu ro päi sche Ge setz ge ber aber (noch)

keinen Gebrauch von diesem Po ten zi al.

16 echa. europa. eu/ reach/ re stric tion/ exis tin g_ re stric tion_ en. asp.

17 http:// echa. europa. eu/ chem_ data/ aut ho ri sa ti on_ process/ can di da te_ list_ table_ en. asp.

18 EG-Richt li nie 2011/65/EU (RoHS 2).

19 Richt li nie 2000/53/EG des Eu ro päi schen Par la ments und des Rates vom 18. Sep tem ber 2000 über Alt fahr zeu ge.

20 Richt li nie 2009/125/EG des Eu ro päi schen Par la ments und des Rates vom 21. Oktober 2009 (Öko de sign-Richt li nie).

21 Für den jeweils ak tu el len Über blick siehe z.B.: http:// www. eup- network. de/ de/ pro dukt grup pen/ ent wu er fe- ver ord nun gen/? PHP SESS ID=a05 e228 d93a 048a f962 2469 c493 2e32 3.

B1.5

7 ANSÄTZE FÜR DAS ÖKO LO GI -SCHE PRO DUKT DE SIGNZur In te gra ti on des to xi schen / öko to xi schen Aspekts der in einem Produkt ent hal te nen

Stoffe in das Öko de sign sind grund sätz lich zwei Ansätze zu un ter schei den:

Gefahren basierte Ansätze, die allein die ge fähr li chen Ei gen schaf ten als Kri te ri um ver wen -

den;

Risiko ba sier ter Ansätze, die neben der Ge fähr lich keit auch Ex po si ti ons as pek te be rück -

sich ti gen.

7.1 GEFAHREN BASIERTE ANSÄTZE DESPRO DUKT DE SIGNGefahren basierte Ansätze haben das Ziel, die Ver wen dung (be son ders) ge fähr li cher Stoffe

in Er zeug nis sen so weit wie möglich zu ver mei den, d. h. dass Stoffe mit ge fähr li chen Ei -

gen schaf ten durch andere Stoffe ersetzt werden bzw. dass nur Ma te ria li en zum Einsatz

kommen, die keine ge fähr li chen Stoffe ent hal ten.

Gefahren basierte Ansätze sollte in jedem Fall für das Design che mi scher Ver brau cher pro -

duk te ver wen det werden, denn hier ist jeder mögliche Kontakt mit ge fähr li chen Stoffen zu

ver mei den. Ins be son de re da auch mit nicht vor ge se he nen oder sach ge rech ten Nut zun gen

der Produkte (z. B. der Ver wen dung eines Kunst stoff gar ten ti sches als Schneid un ter la ge für

Le bens mit tel) zu rechnen und einer geringen Sach kennt nis im Umgang mit Che mi ka li en

(z. B. bei che mi schen Pro duk ten wie Rei ni gungs mit teln o. ä.) aus zu ge hen ist.

Gefahren basierte Ansätze ver mei den mögliche Risiken voll stän dig, da keine Ge fähr lich keit

vor han den ist. Für die Um set zung dieses Ansatzes können ver hält nis mä ßig einfache Kri te -

ri en eta bliert werden (z. B. Aus schluss von Stoffen mit be stimm ten Ei gen schaf ten), um

Ori en tie rung für die Ma te ri al aus wahl eines Pro duk tes zu geben. Diese Kri te ri en können

auch relativ einfach in der Wert schöp fungs ket te über prüft werden. Die tat säch li che Kom -

mu ni ka ti on darüber, ob ein (Vor-) Produkt Stoffe mit de fi nier ten Ge fähr lich keits merk ma -

len enthält, kann zwar zeit auf wän dig sein, bedarf aber keiner be son de ren Ex per ti se

(einfache Prüfung ba sie rend auf In for ma ti on von Lie fe ran ten). Aus den ge nann ten

Gründen wird der Gefahren basierte Ansatz auch im Rahmen der Um welt zei chen ver ga be z. 

B. beim Blauen Engel und/oder der des Eu ro päi schen Um welt zei chens ver wen det.

Der Nachteil an Gefahren ba sier ten Ansätzen für das Pro dukt de sign ist, dass sie meist

tech nisch nicht „einfach“ um zu set zen sind. Das liegt daran, dass ein Ersatz für die zu ver -

mei den den Stoffe gefunden werden muss, der die gleiche Funktion erfüllt (Sub sti tu ti on)

bzw. das Produkt grund le gend ver än dert werden muss (z. B. durch Wahl eines anderen

Grund ma te ri als), um die ge wünsch te Pro blem stoff ar mut bei gleicher funk tio na ler Qualität

zu er rei chen. Außerdem sind Al ter na ti ven ggf. teurer, schwerer zu ver ar bei ten oder ver ur -

sa chen eine Ver schie bung von Risiken.22

22 Der Verzicht auf die Ver wen dung von Flamm schutz mit teln kann z.B. das Bran d ri si ko erhöhen.

7.2 RISIKO BASIERTE ANSÄTZERisiko basierte Ansätze erlauben eine dif fe ren zier te re Be trach tung der Problem stellung,

wodurch z. B. das Vor han den sein eines ge fähr li chen Stoffes in einem Produkt dadurch re -

la ti viert wird, dass die Menge gering ist (niedrige Dosis), eine Frei set zung nicht statt fin det

(keine Emission à keine Ex po si ti on) oder eine Frei set zung nur dort statt fin det, wo die

Schutz gü ter nicht be trof fen sind (z. B. Frei set zung von Stoffen mit dem De po nie si cker was -

ser). Hier durch müssen Stoffe in einem Produkt nur dann „aus ge schlos sen“ oder ersetzt

werden, wenn durch sie ein Risiko ent ste hen könnte.

Risiko basierte Ansätze sind kom ple xer zu hand ha ben, da In for ma tio nen über mögliche

Ex po si tio nen von Mensch und Umwelt er mit telt und mit der Ge fähr lich keit der Stoffe ver -

bun den werden müssen. Da eine Er mitt lung von Ex po si ti ons hö hen sehr auf wän dig ist, wird

vielfach mit Pa ra me tern oder In for ma tio nen ge ar bei tet, die es erlauben, die Wahr schein -

lich keit und das Ausmaß der Ex po si ti on grob ab zu schät zen. Dies sind z. B. die Mo bi li tät des

Stoffes, die Art, wie er im Produkt ent hal ten ist (Ma trix bin dung, Ein schluss in „Con tai -

ner“) oder die An wen dungs be din gun gen.

7.3 PRO DUKT DE SIGN VOM STOFF ZUM ER -ZEUG NISDie Er mitt lung „ein fa cher“ In di ka to ren dafür, welche Stoffe wie in einem Produkt ver wen -

det werden können, ist ins be son de re dadurch er schwert, dass in einem End pro dukt in der

Regel viele ver schie de ne (ge fähr li che) Stoffe ent hal ten sind. Es kann jedoch keine „Ge -

samt ge fähr lich keit“ eines Er zeug nis ses mit einer „Ge samt ex po si ti on“ von Mensch und

Umwelt ver gli chen werden, da alle Stoffe sich in di vi du ell ver hal ten – also z. B. un ter -

schied lich leicht aus dem Produkt frei ge setzt werden – und sich dies außerdem entlang des

Le bens zy klus stark un ter schei den kann (Stoffe, die fest ein ge bun den sind werden z. B. in

der Ab fall pha se ggf. wieder komplett frei ge setzt).

Während die Ge fähr lich keit der Stoffe nur von ihren in trin si schen Ei gen schaf ten abhängt,

ist ihre Frei set zung aus dem Er zeug nis von vielen ver schie de nen Faktoren abhängig, unter

anderem der Art, wie der Stoff im Er zeug nis ein ge bun den ist, wie und wo das Er zeug nis

ver wen det wird, auf welche Weise es her ge stellt und entsorgt wird etc.

Stan dar di sier te Ansätze, wie einfache In di ka to ren für die Auswahl von Stoffen für z. B. Ma -

te ria li en oder Kom po nen ten von Pro duk ten ab ge lei tet werden können, exis tie ren derzeit

leider nicht. Qua li ta ti ve Be trach tun gen des Pro dukt le bens wegs sowie mög li cher Ex po si tio -

nen sind daher der erste sehr be deut sa me Schritt einer ent spre chen den Analyse.

Ein in ter es san tes, für den Nicht-Ex per ten in der Praxis aber leider nicht ganz einfach um -

setz ba res Konzept, ist das gestufte Vorgehen, auf das sich die Ver tre ter der ver schie de nen

Ex per ten- und In ter es sen grup pen im Rahmen der Um set zung des Eu ro päi schen Um welt -

zei chens einigen konnten. Ver ein fa chend aus ge drückt kom bi niert es einen Gefahren ba -

sier ten Ansatz (den ge ne rel len Aus schluss von Stoffen mit be son ders pro ble ma ti schen Ei -

gen schaf ten) mit einem Risiko ba sier ten Ansatz (Prüfung des Ex po si ti ons ri si kos). Dies ge -

schieht derart, dass zum einen die Stoffe (bzw. besser gesagt die Stof f ei gen schaf ten) in un -

ter schied li che Ri si ko grup pen auf ge teilt werden und zum andern der Vor schlag gemacht

wird, komplexe Produkte ge dank lich in ihre Kom po nen ten zu un ter tei len. Je nach dem, ob

es wahr schein lich ist, dass es von In halts stof fen in diesen Kom po nen ten zu einer Ex po si ti -

on ge gen über Mensch und / oder Umwelt kommen könnte, werden dann die Stoffe un ter -

schied li cher Ri si ko grup pen von der Ver wen dung in den je wei li gen Kom po nen ten aus ge -

schlos sen. Näheres dazu findet sich unter: http:// ec. europa. eu/ en vi ron ment/ ecolabel/ do -

cu ments/ Che mi cals  %20HT F_Ap proach  %20paper. pdf.

B1.5

8 SI CHER STEL LEN VON PRO -BLEM STOFF AR MUTDie Aus füh run gen dieses Kapitels sollen einen ersten Über blick über einen mög li chen Weg

zur Um set zung des Öko de sign-Prin zips der „Pro blem stoff ar mut“ geben. Für eine ver tief te

Analyse und Er ar bei tung von kon kre ten Optionen zur Stoff- und Ma te ri al aus wahl sind

diese In for ma tio nen zwar noch nicht aus rei chend; sie bilden aber eine gute Grund la ge für

erste vor be rei ten de Schritte.

8.1 KON FOR MI TÄT MIT (STOFF-)RECHT LI -CHEN AN FOR DE RUN GENAlle Er zeug nis se sollten min des tens den stoff recht li chen An for de run gen genügen. Die

Iden ti fi zie rung dieser An for de run gen ist daher ein zen tra ler, erster Schritt:

Re cher che pro dukt spe zi fi scher Re ge lun gen und Prüfung, ob be stimm te Stoffe (in be -

stimm ten Bau tei len) nicht ver wen det werden dürfen,

Suche nach Be schrän kun gen oder Stoff ver bo ten im Produkt im Anhang XVII23 der REACH-

Ver ord nung.

Werden ent spre chen de Re ge lun gen gefunden, sollten diese un be dingt dem Pro dukt her -

stel ler mit ge teilt werden, damit si cher ge stellt werden kann, dass diese An for de run gen ein -

ge hal ten werden.

23 http:// echa. europa. eu/ le gis la ti on/ reach_ le gis la ti on_ en. asp, Anhang XVII an kli cken, wird re gel mä ßig ak tua li siert.

8.2 PRÜFUNG / AUS SCHLUSS VON SVHCBe son ders be sorg nis er re gen de Stoffe (SVHC, siehe Kapitel 5.1) sollten nach Mög lich keit

ver mie den werden. Dies kann im De sign pro zess früh zei tig mit dem Pro dukt her stel ler ver -

ein bart werden.

Bei be ste hen den Pro duk ten, die neu ge stal tet werden: Der Pro dukt her stel ler sollte von

seinen Lie fe ran ten erfragen, ob SVHC der Kan di da ten lis te in den (Vor-) Pro duk ten des Er -

zeug nis ses in Kon zen tra tio nen > 0,1  % ent hal ten sind. Wenn ja, sollte auf Ersatz der Stoffe

ge drun gen werden.

Bei gänzlich neuen Pro duk ten: bei der Ma te ri al aus wahl sollten SVHC der Kan di da ten lis te

von vorn her ein aus ge schlos sen werden (z. B. durch Verträge mit Lie fe ran ten).

In beiden Fällen können die stoff li chen An for de run gen na tür lich auch auf weitere Stoffe als

die der Kan di da ten lis te aus ge dehnt werden, z. B. auf alle Stoffe (und nicht nur die der Kan -

di da ten lis te), die CMR- oder PBT- / vPvB-Ei gen schaf ten haben.

8.3 PRÜFUNG, OB ÖKOLABEL EXIS TIE RENFür viele Pro dukt grup pen exis tie ren Ökolabel. Die be kann tes ten sind der Blaue Engel

(Deutsch land), die EU-Blume (Eu ro päi sches Label), der Nordic Swan (Nor di sche Länder)

und das Um welt zei chen (Ös ter reich). In den An for de run gen an Produkte, die das Ökolabel

tragen (Kri te ri en) sind teil wei se auch stoff be zo ge ne Kri te ri en ent hal ten, die über die ge -

setz li chen An for de run gen und den Gehalt an SVHC hin aus ge hen.

Es emp fiehlt sich, im dritten Schritt zu prüfen, ob es solche Label für das je wei li ge Produkt

gibt und wenn ja, ob und welche An for de run gen an die che mi schen In halts stof fe dort for -

mu liert werden. Diese können dann für das Pro dukt de sign über nom men werden.

8.4 RI SI KO ÜBER LE GUN GENSind ge fähr li che Stoffe im Produkt ent hal ten so können grobe Ri si ko ab schät zun gen

Auskunft darüber geben, ob dies zu einem Risiko führen könnte. Schritte für eine solche

Ab schät zung wären:

Er stel lung eines ein fa chen Schemas zum Pro dukt le bens zy klus,

Qua li ta ti ve Be schrei bung der mög li chen Frei set zun gen und Ex po si tio nen von Mensch und

Umwelt,

Über le gun gen, welche ge fähr li chen Ei gen schaf ten bei diesen Ex po si tio nen zu Risiken

führen könnten.

8.5 ENT SCHEI DUNG ÜBER DIE VER WEN -DUNG VON STOFFENIn vielen Fällen werden die oben ge nann ten Schritte aus rei chen, um zu ent schei den, ob

und mit welchem Ziel wei ter ge hen de Über le gun gen zur Stoff aus wahl not wen dig sind.

Zumeist wird es dann hilf reich sein, einen Experten hin zu zu zie hen, der eine de tail lier te re

Analyse der mög li chen Risiken durch führt. Erst an diesem Punkt ist es not wen dig, sowohl

komplexe und voll stän di ge In for ma tio nen über die Pro dukt zu sam men set zung zu erhalten

und mögliche Ex po si ti ons hö hen kon kre ter ab zu schät zen und ggf. zu quan ti fi zie ren.

B1.5

9 UN TER STÜT ZUNGS IN STRU MEN -TE ZUR UM SET ZUNG DER PRO -BLEM STOFF AR MUT

9.1 E-LEARNING: ER LÄU TE RUN GEN DESRI SI KO BE GRIFFSEin Teil des e-Learning Pro gramms zur eu ro päi schen Che mi ka li en ver ord nung (http://

ereach. dhigroup. com/ Risk Plat for m_ German/ RISK_ Back ground. htm) be schäf tigt sich mit

der Er läu te rung des Ri si ko be griffs. Anhand ver schie de ner kurzer Filme werden die Grund -

la gen von Ge fähr lich keit, Ex po si ti on und Risiko er läu tert. Das e-Learning eignet sich gut,

um das Ver ständ nis über che mi ka li en be ding te Risiken zu ver tie fen.

9.2 IT-TOOL ZUR IN FOR MA TI ON ÜBERSVHC IN ER ZEUG NIS SENDer so ge nann te „SVHC-com mu ni ca tor“ (http:// svhc- in- ar ti cles- com mu ni ca ti on. de) ist

ein in ter net ba sier tes In stru ment, das Her stel ler und Im por teu re bei der Kom mu ni ka ti on

über SVHC in Er zeug nis sen un ter stüt zen soll. Das In stru ment soll primär darüber in for -

mie ren, wie Risiken aus Er zeug nis sen ab ge schätzt werden können und enthält viele Er läu -

te run gen und Hil fe tex te für den Nutzer.

Anhand eines ge führ ten Dialogs wird der Nutzer dabei un ter stützt her aus zu fin den, welche

In for ma tio nen über Stoffe in Er zeug nis sen er an seine Kunden wei ter ge ben oder von seinen

Lie fe ran ten erfragen sollte. Dieser Dialog zeigt auf, welche In for ma tio nen für eine Ri si ko -

be trach tung entlang des gesamten Le bens zy klus wichtig sind.

9.3 LEIT FA DEN FÜR NACH HAL TI GE CHE -MI KA LI ENDer Leit fa den für nach hal ti ge Che mi ka li en des Um welt bun des am tes (vgl. www. um welt -

bun des amt. de/ pu bli ka tio nen/ leit fa den- nach hal ti ge- chemie) ist ein In stru ment, das Her -

stel ler und Anwender von che mi schen Stoffen dabei un ter stüt zen soll her aus zu fin den, ob

ein Stoff in einer be stimm ten Ver wen dung nach hal tig ist oder nicht. Der Ansatz ist Risiko

Tabelle 1: Be wer tungs be rei che im Leit fa den für nach hal ti ge Che mi ka li en

basiert und be inhal tet damit sowohl Aspekte zur Ge fähr lich keit24 als auch zur mög li chen

Ex po si ti on, die sich aus der kon kre ten An wen dung ergibt. Die Be wer tungs kri te ri en sind in

der fol gen den Tabelle dar ge stellt.

Für jedes Kri te ri um werden In di ka to ren zur Be wer tung gegeben. Diese sind für das öko lo gi -

sche Design aller Produkte, also auch von Er zeug nis sen, an wend bar. Sie können Ori en tie -

rung darüber geben, ob eine be stimm te Ei gen schaft oder ein be stimm ter An wen dungs kon -

text auf ein Risiko hin deu ten oder nicht.

24 Da die Nach hal tig keit und nicht das Risiko der An wen dung bewertet werden soll, sind weitere Kri te ri en ent hal ten, wie dieVer ant wort lich keit in der Lie fer ket te oder der Res sour cen ver brauch.

Impressum

Erstellt im Auftrag des Umweltbundesamtes im Rahmen des UFOPLAN-Vorhabens FKZ 371295303

durch Ökopol – Institut für Ökologie und Politik GmbH, Nernstweg 32–34, 22765 Hamburg Tel.: +49 (0)40/39 100 2-0; Fax.: +49 (0)40/39 100 2-33; Internet: www.oekopol.de