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398 12. l’heoret6sche Bestiwbrnung des Verhdltnhges von Warme- und Elektricitclltsleitumq cler Metalto UUR der Dru d e’schem EJektronentheor#e; vom Max Rehnyamurn. Hr. Drude hat kurzlich eine Elektronentheorie der Metalle gegeben’) und gezeigt, dass sich aus dieser Theorie das Ver- hiiltnis R /c der Leitfahigkeiten fur WlZrme und Elektricitat der Grossenordnung nach berechnen lasst.a) Diese Rechnung giebt deshalb iiur die Grossenordnung dieses Verhaltnisses, weil in derselben von zwei nur hochst ungenau bekannten Zahlen, dem Loschmid t’schen Wert der absoluten Zahl von Gasmolectilen im Gramm und dem Thom- son’schen Wert des elektrischen Elementarquantuins, Gebrauch gemacht wird. Es liisst eich nun zeigen, dass die Benutzung jener beiden Zahlen nicht notig ist, nnd dass inan durch eine einfache Um- formung mit den gut bekannten Werten des elektrochemischen Aequivalentes und der aus der Gastheorie folgenden Geschwindig- keit von Wasserstoffmolectilen das Verhiiltriis k / c berechnen kann. Hierzu gehen wir yon der Drude’schen Gleichung (20) aus Hierin bedeuten k und cr die Leitfahigkeiten des Metalles fiir Wkme und Elektricitat, e ist die Ladung eines Elektrons im elektrostatischen Maasse, I’ bedeutet die absolute Tem- peratur und u ist durch die Gleichung defir~irt~) worin me die Masse eines Elektrons und u, die mittlere Ge- schwindigkeit desselben bezeichnet. Gleichung (1) ist fur den -. -. - . . . . . - . 1) P. Drude, Ann. d. Phys. 1. p. 566. 1900. 3) Vgl. 1. c. p. 572. 2) I. C. p. 577--579.

Theoretische Bestimmung des Verhältnisses von Wärme- und Elektricitätsleitung der Metalle aus der Drude'schen Elektronentheorie

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12. l’heoret6sche Bestiwbrnung des Verhdltnhges v o n Warme- und Elektricitclltsleitumq cler Metalto

UUR der Dru d e’schem EJektronentheor#e; vom M a x Rehnyamurn.

Hr. D r u d e hat kurzlich eine Elektronentheorie der Metalle gegeben’) und gezeigt, dass sich aus dieser Theorie das Ver- hiiltnis R /c der Leitfahigkeiten fur WlZrme und Elektricitat der Grossenordnung nach berechnen lasst.a)

Diese Rechnung giebt deshalb iiur die Grossenordnung dieses Verhaltnisses, weil in derselben von zwei nur hochst ungenau bekannten Zahlen, dem Loschmid t’schen Wert der absoluten Zahl von Gasmolectilen im Gramm und dem Thom- son’schen Wert des elektrischen Elementarquantuins, Gebrauch gemacht wird.

Es liisst eich nun zeigen, dass die Benutzung jener beiden Zahlen nicht notig ist, nnd dass inan durch eine einfache Um- formung mit den gut bekannten Werten des elektrochemischen Aequivalentes und der aus der Gastheorie folgenden Geschwindig- keit von Wasserstoffmolectilen das Verhiiltriis k / c berechnen kann.

Hierzu gehen wir yon der Drude’schen Gleichung (20) aus

Hierin bedeuten k und cr die Leitfahigkeiten des Metalles fiir W k m e und Elektricitat, e ist die Ladung eines Elektrons im elektrostatischen Maasse, I’ bedeutet die absolute Tem- peratur und u ist durch die Gleichung def i r~ir t~)

worin me die Masse eines Elektrons und u, die mittlere Ge- schwindigkeit desselben bezeichnet. Gleichung (1) ist fur den -. -. - . . . . . - .

1) P. Drude, Ann. d. Phys. 1. p. 566. 1900.

3) Vgl. 1. c. p. 572. 2) I. C. p. 577--579.

Drude'sche Elektronentlieorie. 399

Fall aufgestellt, dass die Zahl der Elektronen von der Tem- peratur unabhangig iet, sie liefert daher den ,,normalen Wertl' von k / cr.

Durch Combination von (1) und (2) erhalten wir

(3)

Nach der Qrundhypothese der Dru d e'schen Theorie ist nun

(4) m, ii: = mR iik , wenn mH und uH Masse und Geschwindigkeit eines Xolectiles gasfdrmigen Wasserstoffs von gleicher Temperatur bezeichnen.

Die Gleichung (3) wird daher

Diese Beziehung Yasst sich aber einfach priifen. Aus der Gastheorie ergieht sich fir T= 291

emg sec'

u ~ I = 3,605. 10" *

Die Elektrolyse liefert, da gasformiger Wasserstoff zwei-

= 9,654. lo3. 3.10'O elektrostat. Einh.,

atomig ist, 2 e nhH

also --?- = 1,4481. lolo. 9%

Beidcs in (5) eingesetzt ergiebt f i r T=291

-. . = 0,7099.10 -lo . Vergleicht man diese Zahl mit den von den Herren J a g e r und Dies se lho r s t experimentell gefundenen Wertenl), so er- giebt sich eine iiberraschende Uebereinstimmung zwischen Theorie und Erfahrung.

D e r berechnete ;W/trt reiht sich, wie die Tabelle bei D r u d t zeigt, ganz unter die experimentell gefuiidenen ein, er ist etwas qrosser als der kleinste der experimentellen Werte, welcher (fur Aluminium) 0,706 . 1 O - l o betragt.

1) Vgl. 1. c. p. 578; W. Jiiger u. H. Diesselhorst , Sitzuiigsber. d. k. Akad. d. Wieeensch. zu Berlin 38. p. 719. 1899.

400 M Reinganum.

Um iibersehen zu konnen, inwieweit durch die sich be- wahrende Gleichnng (1) unsere Kenntnis der Metalle vermehrt ist, haben wir zu untersuchen, welche Hypothesen der D r u d e’- schen Theorie zur Ableitung der Gleichung (1) unbedingt not- wendig sind.

Es zeigt sich, dass wir auch etwas andere Annahmen, als sie Hr. D r u d e macht, uber die Beweglichlieit der Elektronen einfuliren kijnnen , dass aber f ’iir die Zebendige lrraft derselbeii immey Gleicliiing (4) anzitnehmen ist, und ebenfalls irnmer fu r die Griisse iliivr Ladany eine einfache Lndung eines elektrolytischen Ions angenommen werden muss.

Wir konnen zum Beispiel die Hypothese uber die Be- weglichkeit der Elektronen so abiindern, dass wir, statt Stosse oder niit solchen aquivalente Ablenkungen der Elektronen untereinander anzunehiiien , solche zwischen Elektronen und Metallatomen einfuhren. l) 1st die Grosse eines Elektrons klein gegen die eines materiellen Atomes, so ist dann die inittlere Wegknge eines Elektrons nnch einer bekannten Formel von C l a u s i 11 s z,

a w 1 - - - s ’ worin W den von Masse freien Raum im Metall und S die gesamte freie OberfiHche cler Metallatome bedeutet. Bei dieser Auffassung der Beweglichkeit Bndert sich in den D r u d e’schen Formeln nur die Bedeutung der mittleren Weglange. Da aber diese Grosse nicht mehr in Gleichung (1) enthalten ist, so fiihrt auch diese Auffassung zu derselben Beziehung. Diese Theorie wurde die Leitfahigkeit in Beziehung zur Zustands- gleichung der Metalle setzen, da fur letztere ebenfalls der von Masse erfullte Rauin und die Oberflache der Molecule maass- gebend seiri muss.

Es ist aber auch wahrscheinlich, dass auch die Giese’sche Vorstellnng 3, der Wanderung von Elektronen in Metallen zu demselben Wert von k/cr fiihrt.

Alsdann ist die Vorstellung etwa folgende:

1) Yon einer derartigen Voi.stellung geht R i e c k e nus; Wied. Ann.

2) R. C l a u e i u s , Mlechan. WLrmeth. 2. Aufl. 3. p. 54. 1889-1891. 3) W. G i e s e , Wied. Ann. 37. p. 576. 1889.

. ._ -

66. p. 353 u. p. 545. 1899.

Bi-ude'sche Elehtroneiitheorie. 401.

Die Elektronen wandern wie in Elektrolyten an materielle Atome gebunden, werden aber bei Stossen der Atome ohne Arbeitsleistung an andere Atome weiter gegeben. Die Wiirme- leitung im Metall geschieht d a m durch Stosse der Metallatome, und bei eben denselben Stossen geschieht im Falle eines elek- trischen Stromes die Weitergabe der Elektronen.

Nehmen wir fur den Augenblick an, die Dichte des Me- talles sei nicht grasser als die eines Gases, so bleibt dann Qleichung (7) von Drude offenbar bestehen, nur dass I jetzt die Weglange eines Metallatomes bedeutet. Nbenso bleiben Gleichung (11) und (12) dsselbst bestehen, indem wir durch dieselben nicht die Bahn und Geschwindigkeit eines materiellen Atomes, sondern eines Elektrons, dessen Masse sich immer auswechselt, beschreiben.

Nimmt man die Dichte des Metalles von der wirklichen Grossenordnung an, so ist es wenigstens aehr wabrscheinlich, dass man zu dem gleichexi Resultat gelangt, da sich in der Endgleichung die Weglilnge heraushebt.

Wegen der Versuche des Brn. Kaufmann iiber Kathoden- s t rhlen, und der durch die Zeeman'schen Versuche glilnzend bestatigten Loren t z 'schen Theorie, welche den gebundenen Elektronen leuchtender Qase eine Anzahl Freiheitsgrade zu- schreibt, erscheint zwar die Annahme nicht zu kiihn, in Me- tallen ganz freie Elektronen anzunehmen ; dennoch verdient wohl auch die erweiterte Giese'sche Theorie der Er*Bgung l), denn wenn man freie Elektronen annimmt , so wiirde, wenigstens wenn ihre Zahl n i t der der Metallatome vergleichbar ist, die Theorie des Dulong-Petit 'schen Gesetzes der specifischen Warmen, wie sie nach Principien von Boltzxqann durch Hicharza) ausgebildet wurde und bis jetzt nicbt zu Wider- spruchen fiihrt , durch eine ghzlich andere Theorie dieser Gesetzmassigkeit zu ersetzen sein.

SelbstverstLndlich iet fur die Wahl einer der Theorien, die E'rnge von grosster Bedeutung, welche Theorie die thermo-

1) Hr. H. A. Lorentz entecheidet sich in seinem Buche ,,V@WLIC~ einer Theorie der elektriachen nnd optischen Erscheinungen bewegter KBrper" (Leyden 1895) mehr aua mathematiechen ale physikaliachen Grunden fur die Annahrne ganr freier Elektronen in Metallen.

Annalen der PhyslL. IV. Folge. 2. 26

Es folgt daher Gleichung (1).

I . . -

2) 1'. Richarz , Wied. Ann. 48. p. 708. 1893.

402 M; Reinganii m .

elektrischen , thermomagnetischen und magnetooptischen Er- scheinungen am besten beschreibt.

Ich habe mir auch aus dem Grunde die Andeutung dieser Theorien gestattet , weil die Beriichsichtzgung der Geschwindig- keitsverteilung je nach der Wahl der Theorie die Gleichung (1) in verschiedener Weise abandert. Die Berucksichtigung dieses Gesetzes erweist sich deshalb als wiinschenswert, weil wir nur dann den theoretischen Wert fur h / c als :,normalen Wert" betrachten konnen.

Nehmen wir mit Hrn. D r u d e Stosse der Elektronen untereinander an, so tritt durch die Geschwindigkeitsverteilung an Stelle der Gleichung (5) daselbst die andere:

a % a x I'=0,350271 . u . Z . m - --.l)

Die Bedeutung der Buchstaben vgl. bei D r u d e p. 573. I bedeutet jetzt die mittlere WeglLnge bei Berlicksichtigung

der Geschwindigkeitsverteilung. Fiihren wir , was allerdings durch eine genauere Unter-

suchung gerechtfertigt werden miisste, denselben Wert von 1 in Gleichung (10) (1. c.) ein, so wird, Gleichung (I), indem wir gleichzeitig die D r u d e 'sche Gleichung (5) durch unsere Glei- chung (6) ersetzen,

k

Die fruhere Rechnungsweise ergiebt dann k - = 0,7460. lo-'".

Diese Zahl liegt den experimentellen Werten ftir Cu und Zn am nachsten. Doch ist diese Ableitung nicht zu sicher, zumal auch fur dieselbe die schon in der Gastheorie vor- handenen Schwierigkeiten bestehen. a)

Nehmen wir aber an, dass die Stosse zwischen Elektronen und Metallatomen stattfinden, 80 kann die Geschwindigkeit der letzteren gegen die der Elektronen als verschwindend klein betrachtet werden, wenigstens wenn die Masse der Elektronen den Wert hat , den Hr. Kaufmann aus der Deflexion der

1) Vgl. L. Bo l tzmann, Gastheorie 1. p. 79. 2) 1. c. p . 93 ff.

Drude'sche Elektroiientheorie. 403

Kathodenstrahlen findet. Durch die Geschwindigkeitsverteilung der Elektronen wurde dann also nicht ihre Weglilnge modi- ficirt werden, weil die Stosse gegen praktisch ruhende Flilchen geschehen. In diesem Falle bleibt also Gleichung (1) ohne Abanderung bestehen.

Die letzte der oben angedeuteten Theorien durfte wohl bei Einfuhrung der Geschwindigkeitsverteilung zu dem Resultat der Drude'schen Hypothese fuhren da die StGsse gegen materielle Ionen, die sich mit gleicher mittlerer Geschwindig- keit bewegen, ausgeiibt werden.

Auf alle F d l e andert die Berucksichtigung des Verteilungs- gesetzes das Resultat nur um wenige Procente.

Es erscheint daher, auch ohne Rucksicht auf die Geschwin- di~kez'tsverteilung , durch die hier nacliyewiesene gute Bestatiguny der D r u d e 'schen Gleicliung die dnschauung als bewiesen , dass aucli in den Metallen die Elekfricitat in discreten Menyen con der Griisse elektrolytischer Ionenladunyeti sich bewegt , und dass fur die mit den Ladungen Bewegten Massen die Princgien der Gas- tlieorie anzuwenden sind.

Dieses Resultat bedeutet eine weitgehende Analogie zwi- schen der elektrischen Leitfahigkeit der Elektrolyte und der MetalIe.

Lei t len, Mai 1900.

(Eingegangen 2 1. Mai 1900.)

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