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Ophthalmologe 2013 · 110:1171–1178 DOI 10.1007/s00347-012-2732-7 Online publiziert: 8. Dezember 2012 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012 M. Maier · C. Perz · J. Bockmaier · N. Feucht · C.P. Lohmann Augenklinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Therapie der retinalen  angiomatösen  Proliferation im Stadium III Intravitreale Ranibizumab-Injektionen Hintergrund und Fragestellung Bei der retinalen angiomatösen Prolife- ration (RAP) handelt es sich um eine bei- nahe immer bilateral auftretende exsuda- tive Makulaerkrankung, die von Yannuz- zi et al. [2] als Variante der neovaskulä- ren altersabhängigen Makuladegenera- tion (AMD) beschrieben worden ist [1]. Sie geht vermutlich von der neurosenso- rischen Retina aus und zeigt eine Pro- gression in den subretinalen Raum so- wie in den Raum unter dem retinalen Pigmentepithel (RPE; [1, 2, 3]). Es gibt verschiedene Thesen bezüglich des Ur- sprungs der Gefäßproliferationen: Wäh- rend Yannuzzi et al. [3] von einem reti- nalen Ursprung der Neovaskularisatio- nen ausgehen, vertreten Gass et al. [4] die Hypothese eines choroidalen Ursprungs. Letztendlich ist der Abfolge der Neovas- kularisationen bzw. deren Ursprung je- doch nicht vollständig geklärt und bleibt umstritten. Yannuzzi et al. [3] teilten die RAP in 3 Verlaufsstadien ein, die alle mit tiefen intraretinalen kapillären Proliferationen einhergehen [3]: F Stadium I – intraretinale Neovaskula- risationen, F Stadium II – subretinale Neovaskula- risationen: 1IIA: ohne Pigmentepithelabhebung (PED), 1IIB: mit PED sowie F Stadium III – choroidale Neovaskula- risationen. Wie auch bei anderen Formen der neo- vaskulären AMD, handelt es sich bei der RAP um eine multifaktoriell bedingte Krankheit, die durch ein Zusammenspiel von genetischer Prädisposition, infektiö- sen Agenzien und Umwelteinflüssen be- dingt wird [2]. Über einen aggressiven natürlichen Verlauf und die sehr schlech- te Prognose von RAP auch unter Thera- pie wird bei vielen Autoren berichtet [5, 6, 7]. Gründe dafür könnten neben den Neovaskularisationen auch die intra- und subretinale sowie die Flüssigkeitsakkumu- lation unter dem Pigmentepithel sein [7]. Krebs et al. [6] zeigten, dass bei Patienten mit unbehandelter okkulter choroidaler Neovaskularisation (CNV) das gleichzei- tige Vorliegen einer RAP (entsprechend dem RAP-Stadium III) einen wichtigen prognostischen Faktor darstellt und si- gnifikant mit einem größeren Visusver- lust und einer Zunahme der Läsionsgrö- ße einhergeht. Im Stadium III wurden häufiger Brü- che im retinalen Pigmentepithel beobach- tet und als Ursache der Therapieresistenz in diesem Stadium diskutiert [8, 9]. Eine Schwäche des RPE könnte zu Rissen und Blutungen prädisponieren [10]. Die Diagnose einer RAP-Läsion um- fasst neben der Funduskopie die Fluores- zenzangiographie (FLA), die Indozyanin- grünangiographie (ICGA) und die opti- sche Kohärenztomographie (OCT; [11]). Besonders bei intraretinalen Blutungen, harten Exsudaten, einem „hot spot“ in der ICGA oder bei Pigmentepithelabhebun- gen sollte eine RAP in Erwägung gezogen werden [12]. Für die korrekte Stadienein- teilung sind die Fluoreszein- und die In- dozyaningrünangiographie ausschlagge- bend [1]. In den letzten Jahren sind RAP- Läsionen durch eine verbesserte Kennt- nis über frühe klinische Merkmale häu- figer diagnostiziert worden. Laut Literatur weisen RAP-Läsionen meist ein schlechtes Ansprechen auf The- rapie auf, und bis heute ist die optimale Therapie, die zu einer zufriedenstellen- den Visusverbesserung führt, nicht end- gültig geklärt. Dazu kommt, dass Stu- dien über die einzelnen Therapieverfah- ren wegen kleiner Patientenzahlen, retro- spektivem Studiendesign, kurzen Follow- up-Zeiten und fehlender Stadienzutei- lung kritisch bewertet werden sollten. Je- doch ist davon auszugehen, dass die The- rapie der RAP stadienadaptiert erfolgen sollte. Ohne Therapie resultiert die RAP im Endstadium in einer disziformen Ma- kulanarbe mit entsprechendem Visusver- lust [1, 13]. Aufgrund der häufigen Rezidi- ve sind auch unter Therapie regelmäßige Kontrollen notwendig [14]. Zudem hat man herausgefunden, dass typischerweise auch Neovaskularisatio- nen im anfangs gesunden Partnerauge auftreten. Die jährliche und kumulative Rate übersteigt dabei deutlich die bei an- deren Formen der AMD mit Neovaskula- risationen [2]: In einer Studie von Gross et al. [15] entwickelte das Partnerauge in 40% der Fälle nach 1 Jahr, in 56% nach 2 Jahren und in 100% innerhalb von 3 Jahren eben- Originalien 1171 Der Ophthalmologe 12 · 2013|

Therapie der retinalen angiomatösen Proliferation im Stadium III; Therapy of stage III retinal angiomatous proliferation;

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Page 1: Therapie der retinalen angiomatösen Proliferation im Stadium III; Therapy of stage III retinal angiomatous proliferation;

Ophthalmologe 2013 · 110:1171–1178DOI 10.1007/s00347-012-2732-7Online publiziert: 8. Dezember 2012© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

M. Maier · C. Perz · J. Bockmaier · N. Feucht · C.P. LohmannAugenklinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München

Therapie der retinalen angiomatösen Proliferation im Stadium IIIIntravitreale Ranibizumab-Injektionen

Hintergrund und Fragestellung

Bei der retinalen angiomatösen Prolife-ration (RAP) handelt es sich um eine bei-nahe immer bilateral auftretende exsuda-tive Makulaerkrankung, die von Yannuz-zi et al. [2] als Variante der neovaskulä-ren altersabhängigen Makuladegenera-tion (AMD) beschrieben worden ist [1]. Sie geht vermutlich von der neurosenso-rischen Retina aus und zeigt eine Pro-gression in den subretinalen Raum so-wie in den Raum unter dem retinalen Pigmentepithel (RPE; [1, 2, 3]). Es gibt verschiedene Thesen bezüglich des Ur-sprungs der Gefäßproliferationen: Wäh-rend Yannuzzi et al. [3] von einem reti-nalen Ursprung der Neovaskularisatio-nen ausgehen, vertreten Gass et al. [4] die Hypothese eines choroidalen Ursprungs. Letztendlich ist der Abfolge der Neovas-kularisationen bzw. deren Ursprung je-doch nicht vollständig geklärt und bleibt umstritten.

Yannuzzi et al. [3] teilten die RAP in 3 Verlaufsstadien ein, die alle mit tiefen intraretinalen kapillären Proliferationen einhergehen [3]: FStadium I – intraretinale Neovaskula-

risationen, FStadium II – subretinale Neovaskula-

risationen:1 IIA: ohne Pigmentepithelabhebung

(PED),1 IIB: mit PED sowie FStadium III – choroidale Neovaskula-

risationen.

Wie auch bei anderen Formen der neo-vaskulären AMD, handelt es sich bei der RAP um eine multifaktoriell bedingte Krankheit, die durch ein Zusammenspiel von genetischer Prädisposition, infektiö-sen Agenzien und Umwelteinflüssen be-dingt wird [2]. Über einen aggressiven natürlichen Verlauf und die sehr schlech-te Prognose von RAP auch unter Thera-pie wird bei vielen Autoren berichtet [5, 6, 7]. Gründe dafür könnten neben den Neovaskularisationen auch die intra- und subretinale sowie die Flüssigkeitsakkumu-lation unter dem Pigmentepithel sein [7]. Krebs et al. [6] zeigten, dass bei Patienten mit unbehandelter okkulter choroidaler Neovaskularisation (CNV) das gleichzei-tige Vorliegen einer RAP (entsprechend dem RAP-Stadium III) einen wichtigen prognostischen Faktor darstellt und si-gnifikant mit einem größeren Visusver-lust und einer Zunahme der Läsionsgrö-ße einhergeht.

Im Stadium III wurden häufiger Brü-che im retinalen Pigmentepithel beobach-tet und als Ursache der Therapieresistenz in diesem Stadium diskutiert [8, 9]. Eine Schwäche des RPE könnte zu Rissen und Blutungen prädisponieren [10].

Die Diagnose einer RAP-Läsion um-fasst neben der Funduskopie die Fluores-zenzangiographie (FLA), die Indozyanin-grünangiographie (ICGA) und die opti-sche Kohärenztomographie (OCT; [11]). Besonders bei intraretinalen Blutungen, harten Exsudaten, einem „hot spot“ in der ICGA oder bei Pigmentepithelabhebun-

gen sollte eine RAP in Erwägung gezogen werden [12]. Für die korrekte Stadienein-teilung sind die Fluoreszein- und die In-dozyaningrünangiographie ausschlagge-bend [1]. In den letzten Jahren sind RAP-Läsionen durch eine verbesserte Kennt-nis über frühe klinische Merkmale häu-figer diagnostiziert worden.

Laut Literatur weisen RAP-Läsionen meist ein schlechtes Ansprechen auf The-rapie auf, und bis heute ist die optimale Therapie, die zu einer zufriedenstellen-den Visusverbesserung führt, nicht end-gültig geklärt. Dazu kommt, dass Stu-dien über die einzelnen Therapieverfah-ren wegen kleiner Patientenzahlen, retro-spektivem Studiendesign, kurzen Follow-up-Zeiten und fehlender Stadienzutei-lung kritisch bewertet werden sollten. Je-doch ist davon auszugehen, dass die The-rapie der RAP stadienadaptiert erfolgen sollte. Ohne Therapie resultiert die RAP im Endstadium in einer disziformen Ma-kulanarbe mit entsprechendem Visusver-lust [1, 13]. Aufgrund der häufigen Rezidi-ve sind auch unter Therapie regelmäßige Kontrollen notwendig [14].

Zudem hat man herausgefunden, dass typischerweise auch Neovaskularisatio-nen im anfangs gesunden Partnerauge auftreten. Die jährliche und kumulative Rate übersteigt dabei deutlich die bei an-deren Formen der AMD mit Neovaskula-risationen [2]: In einer Studie von Gross et al. [15] entwickelte das Partnerauge in 40% der Fälle nach 1 Jahr, in 56% nach 2 Jahren und in 100% innerhalb von 3 Jahren eben-

Originalien

1171Der Ophthalmologe 12 · 2013  | 

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falls Neovaskularisationen. Dabei handelt es sich beinahe immer auch um RAP-Lä-sionen. Im Vergleich dazu liegt die 5-Jah-res-Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Neovaskularisation am Partnerau-ge bei sämtlichen anderen Subformen der AMD mit Neovaskularisationen nur bei 43% [2]. Daher sollte auch das Gegenau-ge regelmäßig untersucht werden.

In der Vergangenheit diskutierte The-rapieoptionen reichen von direkter Laser-photokoagulation, transpupillärer Ther-motherapie, chirurgischer Exzision der Läsion, chirurgischer Ablation des reti-nalen Versorgungsgefäßes, photodyna-mischer Therapie (PDT) mit Verteporfin, gesteuert von Fluoreszein oder Indozyan-ingrünfarbstoff mit oder ohne intravitrea-lem Triamincolon, periokulärem Anecor-tave Acetat bis hin zur Therapie mit Anti-VEGF („vascular endothelial growth fac-tor“)-Substanzen, wie z. B. Pegaptanib so-dium (Macugen®), Ranibizumab (Lucen-tis®) oder Bevacizumab (Avastin®). Häu-fig wurden auch verschiedene Therapien in Kombination angewandt [13].

Allerdings erscheint bisher keine der erwähnten Therapieoptionen ausrei-chend, um ein zufriedenstellendes Er-gebnis bei Patienten mit RAP zu erzielen. In den letzten Jahren wurden viele Stu-dien zur Pathogenese, zu histopathologi-schen Korrelaten, zu diagnostischen und zu therapeutischen Methoden dieser un-gewöhnlichen Erkrankung veröffentlicht und diskutiert. Trotzdem ist bis heute we-der die Pathogenese abschließend geklärt, noch gibt es einen Konsens bezüglich der Therapie.

Ziel dieser Studie war es, die Wirkung der intravitrealen Applikation des Anti-VEGF-Wirkstoffes Ranibizumab insbe-sondere auf Visusverlauf und die zentrale Netzhautdicke bei Patienten mit RAP spe-ziell im Stadium III zu überprüfen.

Da man pathophysiologisch davon ausgeht, dass eine Überexpression von VEGF als Auslöser für die retinale Neo-vaskularisation fungiert, erscheint die Wirkung von Anti-VEGF-Wirkstoffen als kausaler Therapieansatz auf die RAP plausibel [16]. Die Wirksamkeit von Anti- VEGF-Wirkstoffen erscheint auch inso-fern erklärbar, als dass sich in fallkontrol-lierten Studien an Augen mit RAP-Läsio-nen in der ICGA sowohl in der Früh- als

auch in der Spätphase eine verminderte choroidale Füllung zeigte. Diese choroi-dalen Zirkulationsstörungen können wie-derum zur Hypoxie in der äußeren Retina führen, welche darauffolgend eine Hoch-regulation der angiogenen Wachstums-faktoren, wie etwa VEGF, bewirken [17].

Ranibizumab ist ein humanisiertes, therapeutisch eingesetztes Antikörper-fragment, das alle Isoformen des Wachs-tumsfaktors VEGF-A nach intravitrealer Injektion bindet und inaktiviert und so-mit das Wachstum und die Permeabili-tät der neu gebildeten Blutgefäße hemmt. Damit werden das Fortschreiten einer ex-sudativen AMD und der Verlust des Seh-vermögens gebremst [18]. In vielen Multi-centerstudien wurde die Wirksamkeit für die neovaskuläre AMD nachgewiesen [19, 20, 21]. Wenn das Gefäßwachstum und Blutungen aufgehalten werden, verrin-gert sich meist das Anschwellen der Re-tina (Abnahme der zentralen Netzhautdi-cke im OCT), und der Visus kann stabili-siert oder verbessert werden [22].

Material und Methoden

In die retrospektive Studie waren im Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.08.2010 33 Patienten mit exsudativer AMD einge-schlossen, bei denen anhand von Fundus-kopie, Angiographie und OCT sowie kli-nischem Verlauf eine RAP gesichert diag-nostiziert wurde.

Die zentrale Netzhautdicke wurde bei einigen Aufnahmen nicht nur mit dem Stratus-OCT®, sondern auch mit dem Spectralis-OCT® ermittelt: Insgesamt wurden 69% der Aufnahmen mit dem SD-OCT® und 31% mit dem Stratus-OCT® angefertigt.

In die Studie wurden ausschließlich Pa-tienten mit retinaler angiomatöser Prolife-ration im Stadium III, d. h. mit choroida-len Neovaskularisationen, eingeschlossen. Ausschlusskriterium war jegliche Vorbe-handlung (wie z. B. Laserphotokoagulati-on, PDT, intravitreale Injektionen von Ste-roiden oder Anti-VEGF-Wirkstoffen) in einem Zeitraum von 3 Monaten vor Be-ginn der Aufsättigungsphase mit intravi-trealer Ranibizumab-Eingabe. Als weite-res Ausschlusskriterium galt zudem eine bekannte Niereninsuffizienz oder Fluo-reszeinunverträglichkeit. Es wurden kein

Grenzvisus und keine Alterslimitierung vorgegeben.

In der Aufsättigungsphase wurden die Patienten mit 3-fachen Ranibizumab- Injektionen jeweils im Abstand von einem Monat behandelt. Die Patienten wurden bei Bedarf, d. h. im Falle einer bestehen-den oder fortschreitenden Läsionsakti-vität, mit 3 weiteren Injektionen wieder-behandelt (Erhaltungsphase). Dabei wa-ren die genauen Kriterien für eine erneute Behandlung eine Visusverschlechterung, neu aufgetretene Blutungen in der Fun-duskopie, verbleibende Flüssigkeit oder Zunahme der zentralen Netzhautdicke im OCT sowie bleibende Leckage in der FLA.

Es wurden jeweils vor der 1. Injektion, ca. 4 und 8 Monate danach eine Fun-duskopie, eine Fluoreszenzangiographie und eine optische Kohärenztomographie durchgeführt und Visus, zentrale Netz-hautdicke, Pigmentepithelabhebungen und evtl. wieder aufgetretene Läsionsak-tivität für erneute Injektionen erfasst. Je-doch waren nicht alle Wiederbehandlun-gen exakt nach 4 und 8 Monaten, son-dern tendenziell eher verzögert, was die Ergebnisse verschlechtert haben könnte. Neben Alter und Geschlecht der Patien-ten wurden die Anzahl der Injektionen bzw. Reinjektionen, der subjektive Ein-druck des Patienten bezüglich des The-rapieerfolgs, der Visus, fluoreszenzangio-graphische Parameter und die Netzhaut-dicke mittels OCT mit erfasst. Des Wei-teren wurden evtl. Komplikationen wie Tensioanstieg, Blutungen, Endophthal-mitis, Risse im Pigmentepithel etc. doku-mentiert. Die Injektion von Ranibizumab wurde entsprechend der Empfehlung der Deutschen Ophthalmologischen Gesell-schaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands für die Durchführung von intravitrealen Injektionen (April 2007) durchgeführt [23].

Die statistische Auswertung der er-hobenen Daten erfolgt mit SPSS Ver-sion 19.0. Berechnet wurden arithme-tisches Mittel, Median, Standardabwei-chung, Minimum, Maximum und das 95%ige Konfidenzintervall, der Rangkor-relationskoeffizient (Spearmann-Rho) sowie der t-Test für gepaarte Stichproben und die Regressionsgeraden. Ausgewertet wurden Visus, OCT und FLA sowie Er-

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Originalien

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krankung des Partnerauges nach 4 und 8 Monaten.

Ergebnisse

Patientenkollektiv

In die Studie wurden 33 Patienten einge-schlossen, davon 21 (64%) Frauen und 12 (36%) Männer. Das mittlere Alter betrug 79 Jahre, der jüngste Patient war 51 Jahre alt, der älteste 91 Jahre. Bei 19 Patienten (58%) war das linke Auge betroffen, bei 14 Patienten (42%) das rechte Auge.

Alle Patienten komplettierten die Kon-trolluntersuchung nach 4 Monaten, 27 von 33 Patienten (82%) nach 8 Monaten. Vorbehandelt über 3 Monate vor Behand-lungsbeginn (sonst Ausschlusskriterium) waren insgesamt 36%: Davon hatten 27% im Vorfeld bereits eine Behandlung mit einem Anti-VEGF-Wirkstoff (6% Lucen-tis, 21% Avastin), 6% mit PDT und Triam-cinolon sowie 3% mit PDT und Avastin.

Von den 33 eingeschlossenen Patien-ten wurden 22 (67%) bis zur 8-Monats-Kontrolle wiederbehandelt. Die mittlere Anzahl der Wiederbehandlungen betrug 2,27 Injektionen (maximal 5 Reinjektio-nen, minimal 0 Reinjektionen). Sämtliche in die Studie eingeschlossenen Patienten hatten eine RAP im Stadium III im Sinne der Yannuzzi-Klassifikation mit choroida-len Neovaskularisationen [3].

In unserem Patientenkollektiv hat-ten 6% (2 von 33) während des Beobach-tungszeitraums von 8 Monaten auch auf dem Partnerauge eine RAP-Läsion ent-wickelt.

Visusverlauf und Entwicklung der zentralen Netzhautdicke unter Therapie mit Ranibizumab

Der mittlere Ausgangsvisus betrug log-MAR 0,71 und verbesserte sich nach der Aufsättigungsphase nicht signifikant auf logMAR 0,67. Nach 8 Monaten betrug er immer noch logMAR 0,67 (.Abb. 1, .Tab. 1). Die mittlere Abnahme der zen-tralen Netzhautdicke nach 4 Monaten lag bei 90 µm, nach 8 Monaten bei 70 µm (.Abb. 2). Die Abnahme der zentralen Netzhautdicke vom Zeitpunkt vor Thera-piebeginn zum 4-Monats-Zeitpunkt war statistisch signifikant (p=0,01).

Visusveränderung in Zusammenhang mit dem Ausgangsvisus

Die .Abb. 3 zeigt die Visusveränderung zwischen Ausgangsvisus und Visus zum Kontrollzeitpunkt von 4 Monaten und

nach 8 Monaten im Vergleich zum Aus-gangsvisus, d. h., es wird untersucht, ob eine Abhängigkeit zwischen Ausgangs-visus und Visusveränderung im Verlauf besteht (.Abb. 3).

Der Spearman-Rangkorrelationsko-effizient lag nach 4 bzw. 8 Monaten bei

Zusammenfassung · Abstract

Ophthalmologe 2013 · 110:1171–1178   DOI 10.1007/s00347-012-2732-7© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

M. Maier · C. Perz · J. Bockmaier · N. Feucht · C.P. Lohmann

Therapie der retinalen angiomatösen Proliferation im Stadium III. Intravitreale Ranibizumab-Injektionen

ZusammenfassungDie retinale angiomatöse Proliferation (RAP) ist eine Unterform der exsudativen alters-abhängigen Makuladegeneration, die sich durch einen intraretinalen Ursprung der Lä-sionen auszeichnet und eine besonders schlechte Prognose aufweist. In diese retros-pektive Fallserie wurden 33 Augen von 33 Pa-tienten mit RAP-Läsionen im Stadium III ein-geschlossen und initial mit 3 intravitrealen Eingaben von 0,5 mg Ranibizumab in mo-natlichen Abständen behandelt. Kriterien für eine Weiterbehandlung waren Visusminde-rung, frische Blutungen, Restflüssigkeit oder Zunahme der zentralen Netzhautdicke im OCT sowie persistierende Aktivität in der Flu-oreszenzangiographie (FLA). Der Nachbeob-achtungszeitraum betrug 8 Monate. Der mitt-lere „best corrected visual acuity“ (BCVA) stieg von logMAR 0,71 zum Ausgangszeit-punkt nicht signifikant auf logMAR 0,67 nach den ersten 3 intravitrealen Behandlungen an und blieb stabil bei logMAR 0,67 nach 8 Mo-

naten. Die mittlere Abnahme der zentralen Netzhautdicke nach 4 Monaten (–90 μm) und nach 8 Monaten (–70 μm) war signifikant. Von den eingeschlossenen Patienten wurden 67% mehrfach wiederbehandelt, die mittle-re Frequenz an Reinjektionen betrug 2,27 In-jektionen nach 8 Monaten. Die intravitrea-le Eingabe von Ranibizumab führt bei Patien-ten mit RAP-Läsionen im Stadium III zu funk-tioneller und anatomischer Stabilisierung. In den meisten Fällen ist eine wiederholte Behandlung notwendig. Dies untermauert den dringenden Bedarf einer engmaschigen Nachkontrolle.

SchlüsselwörterExsudative altersabhängige  Makuladegeneration · Retinale  angiomatöse Proliferation · Anti-VEGF- Therapie · Intravitreale Behandlung ·  Optische Kohärenztomographie

Therapy of stage III retinal angiomatous proliferation. Intravitreal ranibizumab injections

AbstractRetinal angiomatous proliferation (RAP) is a subtype of exudative age-related macular de-generation which is characterized by an in-traretinal origin of the lesion and a particular-ly poor prognosis. In this retrospective case study 33 eyes from 33 patients with stage III RAP lesions were included and initially treat-ed with 3 intravitreal injections of 0.5 mg ra-nibizumab at monthly intervals. Criteria for extended treatment were visual deteriora-tion, fresh bleeding, residual fluid or increase of the central retinal thickness in optical co-herence tomography (OCT) as well as per-sisting activity in fluorescence angiography (FLA). The follow-up period was 8 months. The mean best corrected visual acuity (BCVA) increased insignificantly from logMAR 0.71 at the start of therapy to logMAR 0.67 after the first 3 intravitreal treatment injections and re-

mained stable up to 8 months. The mean de-crease of the central retinal thickness after 4 months (-90 µm) and after 8 months (-70 µm) was significant. Of the patients included in the study 67 % were treated repeatedly and the mean frequency of reinjections was 2.27 injections after 8 months. The intravitreal in-jection of ranibizumab in patients with stage III RAP lesions resulted in functional and an-atomical stabilization. In most cases repeat-ed treatment is necessary which underlines the urgent need for close surveillance in  follow-up

KeywordsExudative age-related macular  degeneration · Retinal angiomatous  proliferation · Anti-VEGF therapy · Intravitreal treatment · Optical coherence tomography

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−0,437 bzw. −0,404, und mit p=0,011 bzw. p=0,037 ergab sich zu beiden Zeitpunkten eine statistisch signifikante Abhängigkeit der Visusdifferenz nach 4 bzw. 8 Mona-ten zum Ausgangsvisus. Dies besagt, dass Patienten mit einem schlechteren Aus-gangsvisus eine größere Visusverbesse-rung zeigten.

Visusentwicklung in Abhängigkeit der PED-Größe

Eine PED lag zu Therapiebeginn bei 64% der Patienten (21 von 33) vor, nach 8 Mo-naten noch bei 52% der Patienten (12 von 23). Zum 4-Monats-Kontrollzeitpunkt liegt der Korrelationskoeffizient bei 0,314, zum 8-Monats-Kontrollzeitpunkt bei

0,226, beide Korrelationen sind nicht sta-tistisch signifikant. Es ist jedoch eine Ten-denz erkennbar, dass schlechte Visuswer-te mit größeren Pigmentepithelabhebun-gen verbunden sind.

Korrelation der Entwicklung der zentralen Netzhautdicke mit der Entwicklung des Visus

Zum Kontrollzeitpunkt nach 4 Monaten waren größere Abnahmen der zentra-len Netzhautdicke signifikant (p=0,005) mit größeren Visusverbesserungen kor-reliert. Bei der Kontrolle nach 8 Monaten ließ sich dieser Zusammenhang allerdings nicht mehr nachweisen.

Erkrankungen des Partnerauges

Zum Zeitpunkt des letzten Follow-up hat-ten 6% (2 von 33) auch auf dem Partner-auge eine RAP-Läsion entwickelt. Von den 21% (7 von 33) der Patienten mit ok-kulter CNV auf dem Partnerauge hatten 9% (3 von 33) zusätzlich eine Pigmentepi-thelabhebung; 34% (11 von 33) der Patien-ten hatten eine trockene AMD sowie je-weils 2 Patienten eine Junius-Kuhnt-Nar-be, eine Venenastthrombose und eine Ma-kulanarbe auf dem Partnerauge. Bei 21% (7 von 33) war das Partnerauge ohne pa-thologischen Befund.

Fallstudie

Die im Folgenden dargestellten Grafiken dokumentieren beispielhaft den Verlauf einer RAP-Läsion im linken Auge eines Patienten unter Behandlung mit Rani-bizumab vor Therapie, nach 4 und nach 8 Monaten (.Abb. 4). Der bestkorrigier-te Visus des Patienten blieb konstant bei 0,7 logMAR vor Therapie sowie nach 4 und nach 8 Monaten. Die zentrale Netz-hautdicke verringerte sich von 707 µm auf 423 µm nach 4 bzw. 296 µm nach 8 Mo-naten.

Diskussion

Die RAP macht etwa einen Anteil zwi-schen 8 und 25% [2, 5, 13, 24] an Patien-ten mit einer neu diagnostizierten neovas-kulären AMD aus. Dies macht deutlich, dass es sich bei dieser Erkrankung um

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

Visus vor Therapie nach 4 Monaten nach 8 Monaten

Abb. 1 8 Visusentwicklung im Zeitverlauf. x-Achse: Kontrollzeitpunkt vor Therapie, nach 4 und nach 8 Monaten (Mon.); y-Achse: Visus in logMAR

0

200

400

800

1000

1200

600

CRT vor Therapie nach 4 Monaten nach 8 Monaten

Abb. 2 8 Entwicklung der zentralen Netzhautdicke (CRT) im Zeitverlauf. x-Achse: Kontrollzeitpunkt vor Therapie, nach 4 und nach 8 Monaten (Mon.); y-Achse: CRT in µm

1174 |  Der Ophthalmologe 12 · 2013

Originalien

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eine häufige Sonderform der neovaskulä-ren AMD handelt, bei der jedoch bisher weder ein Konsens in Bezug auf die Pa-thogenese noch in Bezug auf eine eindeu-tig Erfolg versprechende Therapie gefun-den wurde. Bei RAP-Läsionen handelt es sich zudem um eine rasant fortschreiten-de, insbesondere im Stadium III mit gro-ßem Visusverlust einhergehende Krank-heitsentität [8, 9]. Für die großen Multi-centerstudien außer der PrONTO-Studie wurde leider keine Subgruppenanalyse für RAP-Läsionen durchgeführt [19, 20, 21]. In mehreren Studien konnten unter The-rapie mit Ranibizumab eine Visusverbes-serung [25–28] sowie eine Reduktion der zentralen Netzhautdicke bei RAP-Läsio-nen festgestellt werden [25–30]. Die meis-ten der Studien zeigten jedoch nur einen temporären Therapieerfolg [26, 31–34]. Allerdings müssen diese Studien auf-grund kurzer Follow-up-Zeiten, geringer Fallzahlen und mangelnder Differenzie-rung in RAP-Stadien vorsichtig interpre-tiert werden.

In der vorliegenden Studie konnte eine Therapie mit Ranibizumab in den meis-ten Fällen eine Visusstabilisierung über einen Zeitraum von einem Jahr erzielen. Zum Endzeitpunkt nach 8 Monaten hat-ten 81% der Patienten (22 von 27 Patien-ten) weniger als 3 Zeilen an Visus verlo-ren. Im Vergleich dazu sank in einer Stu-die von Viola et al. zum Sontanverlauf von RAP-Läsionen ohne Therapie (n=16; Sta-dium I: 55%, Stadium II: 45%) der Visus von einem Mittelwert von 0,48 im Dezi-malsystem auf 0,23 nach 6 Monaten und 0,19 bei der abschließenden Untersu-chung (Stadium I: 19%, Stadium II: 6%, Stadium III: 75%), die nach 20 Monaten

stattfand; 69% Prozent der Patienten hat-ten bei der Abschlussuntersuchung einen Visus von 0,1 oder weniger im Dezimal-system, 36% waren gesetzlich blind [9]. Dies zeigt, dass bei der Therapie mit Ra-nibizumab ein Effekt des Anti-VEGF-Wirkstoffes nachweisbar ist im Sinne einer Vermeidung von weiterem Visus-verlust durch Krankheitsprogression. In Vergleichsstudien kam es unter der The-rapie mit Ranibizumab zu einer Visus-verbesserung [25, 26, 27, 35]: So zeigten z. B. Kramann et al. [26] in einer Studie an 26 Augen eine Visusverbesserung von logMAR 0,75 prae injectionem auf log-MAR 0,66 nach 6 Monaten. Auch die Stu-die von Konstantinidis et al. [25] an 31 Au-gen ergab eine Visusverbesserung von logMAR 0,72 prae injectionem auf log-MAR 0,45 bei der letzten Kontrollunter-suchung nach durchschnittlich 13,4 Mo-naten. Dass in den Studien von Kramann et al. und Konstantinidis et al. eine ausge-prägtere Visusverbesserung als in der vor-liegenden Studie stattfand, kann auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass hier ausschließlich Patienten mit RAP im Sta-dium III untersucht wurden. Die in die-ser Studie zudem vorliegenden, funktio-nell eher unterdurchschnittlichen Ergeb-nisse könnten u. a. auf strukturell irre-versible Veränderungen zurückzuführen sein. Da dieses fortgeschrittene Stadium mit einer schlechteren Prognose einher-geht, sind die Ergebnisse dieser Studien nur schwer miteinander vergleichbar. Al-lerdings gestaltet sich der Vergleich insbe-sondere aufgrund unterschiedlicher oder fehlender Stadienzuteilung und verschie-dener Follow-up-Zeitpunkte sowie unter-schiedlicher Fallzahlen schwierig.

Interessant ist auch eine Studie von Wolf et al., in der die Visusentwicklung bei 82 Augen entsprechend den verschie-denen RAP-Stadien unter Therapie mit Bevacizumab beschrieben wird: Dabei wurde unabhängig vom Stadium in der Phase der Aufsättigung ein Visusanstieg von logMAR 0,50 erzielt, in der Phase der Erhaltungstherapie zunächst eine Sta-bilisierung, 5 Monate nach Beendigung der Aufsättigungsphase dann jedoch eine Verschlechterung um logMAR 0,55 be-obachtet. Dieser Trend setzte sich auch in der 9- und 12-Monats-Kontrolle fort. Im Rahmen der Aufsättigungstherapie wur-de bei den Patienten mit RAP im Sta-dium III die geringste Visusverbesserung erzielt. Zwar wird ein kurzfristiger Thera-pieerfolg deutlich, allerdings zeigte sich im langfristigen Verlauf ein weiteres Fort-schreiten der Erkrankung. Dies kann auch in Bezug auf die vorliegende Studie ausge-wertet werden, da ersichtlich ist, dass Pa-tienten mit RAP im Stadium III schlech-ter auf die Therapie ansprechen als Patien-ten in früheren Stadien [36].

Lommatzsch et al. [28] untersuchten in einer retrospektiven Analyse 61 Patienten mit RAP im Stadium II und III nach Ya-nuzzi, bei denen eine Pigmentepithelab-hebung vorlag: Dabei wurden die Patien-ten mit Ranibizumab, Bevacizumab und mit Pegaptanib intravitreal behandelt. Die durchschnittliche Follow-up-Dauer be-trug 26,9 Monate. So zeigte sich im Ver-lauf des ersten Jahres ein Trend zur Vi-susstabilisierung bis zur geringen Visus-verbesserung, im Laufe des zweiten Jahres allerdings ein signifikanter linearer Trend zur Visusverschlechterung, v. a. bei Beva-cizumab und Pegaptanib. Lediglich bei Ranibizumab lag der Endvisus über dem Ausgangsvisus [28].

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sämtliche Studien zur The-rapie von RAP mit Ranibizumab über eine Visusverbesserung und Abnah-me der Netzhautdicke berichten, wo-bei der größte Effekt in den ersten Mo-naten nach Injektion von Ranibizumab auftritt und danach wieder etwas rück-läufig ist. Dies unterstreicht die Bedeu-tung von engmaschigen Nachkontrollen zur raschen Erkennung von Läsionsak-tivität und damit verbundenen soforti-gen Reinjektionen. Die vorgestellte Stu-

Tab. 1  Visusentwicklung unter Therapie mit Ranibizumab

  Visus vor Therapie in logMAR

Visus 4 Monate in logMAR

Visus 8 Monate in logMAR

CRT vor Therapie in μm

CRT 4 Monate in μm

CRT 8 Monate in μm

n 33 33 27 33 33 27

Minimum 0 0,2 0,1 197 153 145

Maximum 1,5 1,4 1,4 1.208 1.026 993

Median 0,70 0,60 0,70 378 295 325

Arithmetisches Mittel

0,71 0,67 0,67 421 331 351

Standard ab-weichung

0,33 0,33 0,36 197 166 168

p-Wert des t-Tests   0,511 0,868   0,001 0,088CRT „central retinal thickness“.

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die hebt sich von allen anderen publi-zierten Studie dadurch ab, dass speziell das Ansprechen von Patienten mit dem RAP-Stadium III auf die Therapie mit Ranibizumab untersucht wurde: Selbst in diesem fortgeschrittenen Krankheitssta-

dium konnte eine Visus stabilisierung er-reicht werden. Außerdem besitzt die vor-gestellte Studie mit n=33 die größte Fall-zahl aller bisher veröffentlichten Studien zur Therapie von RAP im Stadium III mit Ranibizumab.

Vergleicht man Studien zur Thera-pie von RAP mit Bevacizumab, so wer-den ebenfalls eine Visusverbesserung bzw. -stabilisierung und eine Abnah-me der Netzhautdicke beobachtet, wobei diese Effekte ebenso wie unter der Thera-

Abb. 4 8 a Linkes Auge des Patienten vor Therapiebeginn (Fundus, OCT, FLA). b 4 Monate nach 3 Ranibizumab-Injektionen. c 8 Monate nach 3 Ranibizumab-Injektionen

1,0

0,5

0,0

-0,5

-1,0

0 0,5 1 1,5 2

1,0

0,5

0,0

-0,5

-1,0

0 0,5 1 1,5 2a b

Abb. 3 9 Visusänderung im Zusammenhang mit dem Ausgangsvisus zum Kon trollzeitpunkt vor 4 Mo-naten. x-Achse: Ausgangs-visus (logMAR); y-Achse: Differenz (ΔlogMAR) zwi-schen Visus nach 4 (a) bzw. 8 (b ) Monaten und Aus-gangsvisus

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Originalien

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pie mit Ranibizumab mit steigendem Ab-stand des letzten Follow-up zunehmend geringer werden [28, 37, 38].

Neben den Monotherapien wurden wiederholt auch kombinierte Therapien aus PDT und intravitrealem Triamci-nolon (IVTA), intravitrealem Ranibizu-mab (IVR) oder intravitrealem Bevacizu-mab (IVB) zur Behandlung der RAP ein-gesetzt. Welche der Kombinationsthera-pien aus PDT und IVTA bzw. IVR oder IVB nun jedoch die besten Ergebnisse er-zielt, dazu gibt es bislang widersprüch-liche Ergebnisse [30, 39–50]. Ein direk-ter Vergleich mit der vorliegenden Studie ist nur bei der Studie von Montero et al. möglich, da bei beiden Arbeiten alle Pa-tienten eine RAP im Stadium III aufwei-sen: Montero et al. stellte PDT als Mono-therapie einer Kombinationstherapie aus PDT und intravitrealem bzw. periokulä-rem Triamcinolon gegenüber und fand dabei eine Überlegenheit der Therapie mit PDT und IVTA. Da jedoch sowohl nach 3, 6, 9 als auch nach 12 Monaten der Visus bei allen 3 Therapieverfahren unter dem Ausgangsvisus lag, erzielte die The-rapie mit Ranibizumab entsprechend der vorliegenden Studie mit einer Visusstabi-lisierung nach 4 und 8 Monaten bessere Ergebnisse, was auf eine mögliche Über-legenheit von Ranibizumab gegenüber PDT und IVTA bei der Therapie von Pa-tienten mit RAP im Stadium III schließen lässt [44].

Die unseres Wissens nach einzigen 2 bisher veröffentlichten Studien an Patien-ten mit RAP im Stadium III untersuchten die Therapie mit Pegaptanib sodium und PDT als Mono- bzw. Kombinationsthera-pie, konnten jedoch keine Erfolg verspre-chenden Ergebnisse liefern [38, 51].

Ein Kritikpunkt der vorliegenden Stu-die ist, dass keine Indocyaningrünan-giographie (ICG) zur Diagnosestellung durchgeführt wurde: Die Erstdiagnose der RAP-Läsion im Stadium III wurde, da es sich um eine klinische Arbeit handelt, an-hand der Kombination aus Blutung, Exsu-daten und OCT- bzw. FLA-Erscheinung sowie in Hinblick auf den vorangegange-nen Verlauf diagnostiziert. In der Tat ist es schwierig, eine okkulte CNV mit Ver-narbung von einer RAP-Läsion im Sta-dium III abzugrenzen, da auch diese mit vernarbtem Gewebe einhergeht. Da kei-

ne ICG durchgeführt wurde, ist folglich nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass Patienten mit vernarbter, okkulter CNV versehentlich eingeschlossen wurden und so keine einheitliche Patientengruppe zu-grunde lag.

Zudem stellt neben der geringen Fall-zahl auch das retrospektive Design einen limitierenden Faktor der Studie dar: Im Zeitraum der Studie von Januar 2007 bis August 2010 wurde mit der wachsenden klinischen Erfahrung auch die Posolo-gie der Wiederbehandlungen bei Patien-ten mit exsudativer AMD verändert. Al-lerdings wurde in der vorgestellten Stu-die schon damals das Schema der Aufsät-tigung und Wiederbehandlung mit 3 In-jektionen gemäß der Empfehlung in den Leitlinien der DOG vom Februar 2012 verwendet.

Fazit für die Praxis

FBis zum aktuellen Forschungsstand ist die Frage nach der effektivsten Therapie der retinalen angiomatösen Proliferation nicht endgültig geklärt. Die vorgestellte Studie liefert aller-dings einen weiteren Hinweis darauf, dass unter einer Therapie von RAP mit Ranibizumab die Progression der Er-krankung sowohl funktionell (Visus-stabilisierung) als auch morpholo-gisch (zentrale Netzhautdicke) auf-gehalten werden kann, und dies so-gar bei Patienten mit dem RAP-Sta-dium III. Zudem handelt es sich bei der Studie um die erste Arbeit, in der Auswirkungen einer Therapie mit Ra-nibizumab ausschließlich an Patien-ten mit dem RAP-Stadium III unter-sucht wurden.

FAllgemein lässt sich sagen, dass die Therapie choroidaler Neovaskularisa-tionen im Rahmen einer RAP mit Ra-nibizumab eine Erfolg versprechen-de Therapieoption darstellt, um die Krankheitsprogression aufzuhal-ten und den Visus in fortgeschritte-nen Krankheitsstadien zumindest zu  stabilisieren.

FUm genauere Erkenntnisse über die Effekte einer Therapie mit Ranibizu-mab auf Patienten mit RAP allgemein und RAP im Stadium III zu erhalten, 

sind prospektive Studien mit großen Fallzahlen, längerfristigen Follow-up-Untersuchungen (≥12 Monate) und mit einer Kontrollgruppe nötig. Auch um evtl. längerfristige Nebenwirkun-gen von intravitrealen Injektionen mit dem in Kurzzeitstudien relativ nebenwirkungsarmen Ranibizumab zu erforschen, sind längere Follow-up- Zeiten notwendig.

Korrespondenzadresse

PD Dr. M. MaierAugenklinik und Poliklinik,  Klinikum rechts der Isar,  Technische Universität MünchenIsmaninger Str. 22, 81675 Mü[email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

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