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1139 © The Author | Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin | JDDG | 1610-0379/2013/1112 Therapie pathologischer Narben Therapy of pathological scars Zusammenfassung Die Narbenbildung mit ihren möglichen klinischen Ausprägungen und Variationen ist ein zentrales Thema und betrifft behandelnde Ärzte vieler Fachrichtungen. Die erfolgreichste Narbentherapie besteht in der Prävention. Für Präventionen, Wund- heilungsmodulatoren und Narbentherapien gibt es mannigfaltige Ansätze und Therapieoptionen. Dieses Manuskript gibt eine Übersicht von der Pathogenese, der klinischen Einteilung, Dokumentationsmöglichkeiten, der Prävention bis zu invasi- ven- und nichtinvasiven Therapiemöglichkeiten. Summary The various clinical manifestations of scarring are an important topic for physicians in many disciplines. The prevention of excessive scarring is more successful than the tre- atment afterwards. Multiple options exist for prevention, wound repair modulation, and treatment of scars. This publication includes an overview of the pathogenesis, clinical classification, documentation, prevention, and invasive and non-invasive therapy options. Einführung Die Narbe (lat. cicatrix) ist der Endzustand eines komplexen Reparaturmechanis- mus unseres Organismus. So bedeutend dieser Mechanismus auch sein mag, so ungern zeigen Narbenträger ihr Erlebtes – denn jede Narbe erzählt eine Geschich- te. Wenngleich einige Patienten Narben am liebsten „wegradieren“ würden, um so meist schmerzhafte Ereignisse zu löschen, so wird der Narbenheilungsprozess in einigen Kulturen bzw. Subkulturen absichtlich evoziert und stolz zur Schau gestellt. Skarifizierung (lat. scarificatio: das Ritzen) beschreibt das absichtliche Herbeiführen von Hautnarben. Diese Technik ist bei verschiedenen Völkern tief in der Tradition verankert und fungiert als Körperschmuck, als Initiation oder zur Clanzuordnung. Die Aussage dieser Narben soll Mut und Manneskraft widerspiegeln. Nicht nur in afrikanischen Stämmen ist dieser Ritus bekannt; im brasilianischen Regenwald leben Krokodilmenschen, welche ihr Integument nach dem Vorbild der Natur angleichen. Auch in der westlichen Welt besteht eine „Narbenträgerkultur“. Körpermodifikationen im Sinne von erwünschten Skarifi zie- rungen erleben eine Renaissance. Diese Mode wird je nach Technik als cutting bzw. branding bezeichnet und kann inhaltlich wohl mit dem Tätowieren verglichen wer- den. Abzugrenzen sind aus psychologisch-pathologischen Ursachen herbeigeführte Eingereicht: 18.6.2013 Angenommen: 31.7.2013 Interessenkonflikt Keiner. CME-Artikel DOI: 10.1111/ddg.12209 English online version on Wiley Online Library Justinus A. Wagner Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Leipzig A.ö.R. Redaktion Prof. Dr. Jan C. Simon, Leipzig

Therapie pathologischer Narben - SAfW · nach Lappenplastik (Bilobed-Flap) bei Rhinophym. Abbildung 5 Dehiszente Narbe. Tabelle 3 Narbenklassifikation [9, 10]. Alte, reife Narbe Helle,

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1139© The Author | Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin | JDDG | 1610-0379/2013/1112

Therapie pathologischer NarbenTherapy of pathological scars

ZusammenfassungDie Narbenbildung mit ihren möglichen klinischen Ausprägungen und Variationen ist ein zentrales Thema und betrifft behandelnde Ärzte vieler Fachrichtungen. Die erfolgreichste Narbentherapie besteht in der Prävention. Für Präventionen, Wund-heilungsmodulatoren und Narbentherapien gibt es mannigfaltige Ansätze und Therapieoptionen. Dieses Manuskript gibt eine Übersicht von der Pathogenese, der klinischen Einteilung, Dokumentationsmöglichkeiten, der Prävention bis zu invasi-ven- und nichtinvasiven Therapiemöglichkeiten.

SummaryThe various clinical manifestations of scarring are an important topic for physicians in many disciplines. The prevention of excessive scarring is more successful than the tre-atment afterwards. Multiple options exist for prevention, wound repair modulation, and treatment of scars. This publication includes an overview of the pathogenesis, clinical classification, documentation, prevention, and invasive and non-invasive therapy options.

Einführung

Die Narbe (lat. cicatrix) ist der Endzustand eines komplexen Reparaturmechanis-mus unseres Organismus. So bedeutend dieser Mechanismus auch sein mag, so ungern zeigen Narbenträger ihr Erlebtes – denn jede Narbe erzählt eine Geschich-te. Wenngleich einige Patienten Narben am liebsten „wegradieren“ würden, um so meist schmerzhafte Ereignisse zu löschen, so wird der Narbenheilungsprozess in einigen Kulturen bzw. Subkulturen absichtlich evoziert und stolz zur Schau gestellt. Skarifi zierung (lat. scarifi catio: das Ritzen) beschreibt das absichtliche Herbeiführen von Hautnarben. Diese Technik ist bei verschiedenen Völkern tief in der Tradition verankert und fungiert als Körperschmuck, als Initiation oder zur Clanzuordnung. Die Aussage dieser Narben soll Mut und Manneskraft widerspiegeln. Nicht nur in afrikanischen Stämmen ist dieser Ritus bekannt; im brasilianischen Regenwald leben Krokodilmenschen, welche ihr Integument nach dem Vorbild der Natur angleichen. Auch in der westlichen Welt besteht eine „Narbenträgerkultur“. Körpermodifi kationen im Sinne von erwünschten Skarifi zie-rungen erleben eine Renaissance. Diese Mode wird je nach Technik als cutting bzw. branding bezeichnet und kann inhaltlich wohl mit dem Tätowieren verglichen wer-den. Abzugrenzen sind aus psychologisch-pathologischen Ursachen herbeigeführte

Eingereicht: 18.6.2013Angenommen: 31.7.2013InteressenkonfliktKeiner.

CME-ArtikelDOI: 10.1111/ddg.12209English online version on Wiley Online Library

Justinus A. Wagner

Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Leipzig A.ö.R.

RedaktionProf. Dr. Jan C. Simon, Leipzig

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Vernarbungen durch selbstverletzendes Verhalten. Nun stellt sich die Frage der Attraktivität bzw. Stigmatisierung von Narbenträgern. In einer Studie wur-de gezeigt, dass Männer mit Gesichtsnarben besonders auf jene Frauen attrak-tiv wirken, welche kurze Partnerschaften in Betracht ziehen. Die Assoziation mit Gesichtsnarben sei ein erhöhter Testosteronspiegel und spiegelt Attribute wie Männlichkeit, Mut und Stärke wider [1].

Insgesamt lässt sich jedoch – ungeachtet der Narbenmorphologie – ein ableh-nendes Bild gegenüber Narben darstellen. Bei einer repräsentativen Umfrage wur-de ermittelt, dass 58,6 Millionen Deutsche von Narben betroffen sind. Hiervon wünschen sich 10,6 Millionen einen narbenfreien Zustand, davon jede vierte Frau (7,6 Millionen) und jeder zehnte Mann (3,0 Millionen) (Quelle: Innofact i. A. von Bi-Oil®).

Wundheilung der Haut

Die Wundheilung ist ein lebensnotwendiger, komplexer Reparaturmechanismus nach Verletzung der Integrität der Haut. Das Resultat ist ein minderwertiges und faserreiches Ersatzgewebe (reparatio), welches den Endzustand der Wund-heilung und die Wiederherstellung der Integrität darstellt. Eine Restitutio ad integrum (reparative Regeneration), die vollkommene Heilung mit Wiederher-stellung der Haut ohne bleibende Defekte, ist beim postfetalen Menschen nicht möglich. Die fetale Wundheilung zeichnet sich durch eine geringere transfor-ming growth factor (TGF)-β-Expression aus, welche mit dem Ausbleiben einer Narbenbildung in Verbindung gebracht wird. Der komplexe Mechanismus der Wundheilung muss schnell und effi zient erfolgen, kann dies doch für das Über-leben des Individuums entscheidend sein. Dieser Mechanismus hat sich über die Evolution entwickelt und stellt primär eine Funktionswiederherstellung der Oberfl ächenintegrität dar und nimmt keinen Bezug auf die ästhetische Kom-ponente. Eine regelrechte Wundheilung ist in ein bis zwei Wochen abgeschlos-sen. Im histologischen Schnitt spiegelt sich der Aufbau dieses „minderwertigen“ faserreichen Ersatzgewebes mit Verlust der Hautanhangsgebilde wider. Die nor-male Wundheilung ist ein komplex ablaufender Vorgang und gliedert sich in folgende Phasen [2]: Exsudative Phase: Der Defekt wird mit koaguliertem Blut und Fibrin,

Fibronektin ausgefüllt. Resorptive Phase: Einwanderung von neutrophilen Granulozyten (IL-1, tumor

necrosis factor alpha [TNFα]) und Monozyten/Makrophagen. Reparative Phase: Granulationsgewebebildung, Angiogenese. Reepithelisierung Wundkontraktion

Die Umwandlung des Granulationsgewebes erfolgt mit einer Resorption des Exsudates und einer verstärkten Kollagensynthese. Primär erfolgt die Bildung von Typ-III-Kollagen, welches dann Schritt für Schritt in Typ-I-Kollagen umgewandelt wird. In der endgültigen Narbe herrscht ein Verhältnis zwischen diesen beiden Kollagentypen von ca. 8,5 : 1,5 (Typ I : Typ III). In Keloiden ist das Verhältnis zwischen Kollagen I : III etwa 17 : 1 [3].

Eine weitere funktionell anschauliche Einteilung der Wundheilung beinhaltet folgende Abläufe (nach Krupp): Entzündungsphase (1.–8. Tag), proliferative Phase (8.–14. Tag), rekonstruktive Phase (14. Tag–6/24 Monate).

58,6 Mill. Deutsche haben Narben – 10,6 Mill. wünschen sich diese weg.

Eine Restitutio ad integrum ist postfetal nicht mehr möglich.

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Pathogenese und Definition pathologischer Narben

Die pathologische Wundheilung ist von vielen endogenen und exogenen Faktoren abhängig. Zusammenfassend ist die Balance zwischen Auf- und Abbau des Kolla-gens gestört. Dieser Mechanismus ist nur zum Teil verstanden. Eine zentrale Rolle stellt das ausbalancierte Zusammenspiel von Fibroblasten, Myofi broblasten, Ent-zündungszellen und deren Mediatoren (Zytokine) dar.

Die Wundheilung kann durch diverse Faktoren beeinfl usst werden wie z. B. Defekt-größe, Stabilität/Instabilität, Wundspannung, Kontraktion, Infektion, Lokalisation, Pathogenese, Heilungszeitraum, Operationstechnik, Zytokine (transforming growth factor [TGF], platelet derived growth factor [PDGF], platelet activated factor [PAF]), genetische Prädisposition, neuronale Faktoren, Vitamine, Hormone, Immunsystem, pO2, Perfusion, Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus etc. [4]. Tabelle 1 liefert eine Übersicht über die Expression verschiedener extrazellulärer Matrixmoleküle.

Histologie

Hypertrophe Narben und Keloide sind histologisch nur bedingt voneinander abzu-grenzen, da zahlreiche Überlappungen bestehen. Zudem sind die Veränderungen vom Alter der Narben, der Lokalisation und zahlreichen weiteren Begleitfaktoren abhängig.

Hypertrophe Narben weisen in der Regel ein zellreiches Bindegewebe bei zu-meist noch oberfl ächenparallel betonter Orientierung der Kollagenfasern auf. Fo-kal können sich auch knotige Areale nachweisen lassen. Insbesondere innerhalb der Letztgenannten fi nden sich zahlreiche Alpha-Aktin-positive Myofi broblasten.

Im Keloid dominiert ein eher zellarmes Bindegewebe und die Kollagenfasern fi nden sich wahllos und in größeren Knoten angeordnet (Abbildung 1a). Die Fasern imponieren dabei hypereosinophil, hyalin und verdickt (Abbildung 1b). Daneben – häufi g im Narbenzentrum – fi nden sich zellarme Areale. Alpha-Aktin-positive Myofi broblasten fehlen (Abbildung 1c) oder fi nden sich nur fokal. Zwischen den Fasern fi nden sich sowohl bei der hypertrophen Narbe als auch beim Keloid zahl-reiche kleine Gefäße.

Die Wundheilung ist von vielen endogenen und exogenen Faktoren

abhängig.

Tabelle 1 Extrazelluläre Matrixmoleküle; * keine Daten, 1 = normale Haut, ----- signifikant unterexprimiert, +++++ signifikant überexprimiert; nach Sidgwick [3].

Extrazelluläre Matrix Fetalgewebe Unreife Narbe Reife Narbe Hypertrophe Narbe Keloid

Kollagen I -- ++ + +++ +++++

Kollagen II ++ ++ 1 ++ +++

Fibrillin - - 1 -- --

Elastin ---- - 1 -- ++

Fibronectin ++ ++ 1 +++ +++

Hyaluronsäure +++++ + 1 -- ---

Laminin + * * 1 1

Dermatopontin * * * -- --

Periostin * * * ++ ++

Tenascin +++ ++ 1 +++ +++

Decorin * * * -- ---

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KeloidKeloide stellen eine überschießende Narbenbildung dar, welche sich nicht an die ursprünglichen Grenzen der ehemaligen Wunde halten und diese überschreiten. Dieser Narbentyp neigt nur im geringen Maß zur Rückbildung und hat eine geneti-sche Prädisposition. Hier ist v. a. die pathologische Fibroblastenaktivität als Auslö-ser zu sehen. Nach TGF-β-Stimulation bilden diese bis zu zwölfmal mehr Kollagen als normale Fibroblasten [5]. Insgesamt ist der Pathomechanismus nicht gänzlich verstanden. Oft wird ein Zusammenhang mit Verletzungen und Entzündungen beobachtet. Zusätzlich ist der Zusammenhang von prädisponierten Patienten (po-sitive Familien- und Eigenanamnese sowie Hauttyp) unumstritten. Fibroblasten in Keloiden produzieren vermehrt Typ-I-Prokollagen, vascular endothelial growth factor (VEGF), transforming growth factor (TGF) β1/β2, platelet derived growth factor (PDGF-)alpha receptors. Keloidale Fibroblasten zeigen geringere Apoptose-raten und eine Downregulation von Apoptose-Genen. Jedoch konnte bisher kein „Keloid-Gen“ identifi ziert werden [6].

Der Begriff Keloid wurde erstmals 1800 als „cheloid“ beschrieben, welcher den Bezug zu dem altgriechischen Begriff „chele“ (Krebsschere) aufweist [6]. Keloide

Abbildung 1 Keloid mit abnormal dichten, breiten, hypereosinophilen, fokal fragmentierten Kollagenfasern in wahlloser Anordnung (Hämatoxylin-Eosin) (a). Die Kollagenfasern erscheinen hypereosinophil und verdickt (höhere Auflösung von Abbildung 1a; Hämatoxylin-Eosin) (b). Fehlen von Myofibroblasten im Keloid (Immunhistochemie, Glattmuskelaktinfärbung alpha-SMA) (c).

Keloide überschreiten das ursprüngliche Wundbett.

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sind gutartige Hyperproliferationen und Ergebnis einer abnormalen, überschießen-den Wundheilung nach Hauttraumata. Defi niert ist diese pathologische Narbenart – v. a. zur Unterscheidung von hypertrophen Narben – durch ein Überschreiten der ursprünglichen Narbengrenzen. Oft wird dieser Narbentyp von Juckreiz und Schmerz begleitet. Charakteristisch ist ein progressives Wachstumsmuster. Keloide zeigen im Gegensatz zu hypertrophen Narben keine Spontanregression. Typische Lokalisationen sind Schulter, Brustkorb, Dekolleté, Nacken und Ohren. An diesen Lokalisationen wird eine erhöhte Wundspannung postuliert. Andererseits entste-hen selten Keloide an Hand- und Fußsohlen. Ein Zusammenhang mit Infektionen und Verbrennungen wird beobachtet. Meist bilden sich die Keloide nach ein bis drei Monaten nach Traumata, vereinzelt nach einem Jahr [6] (Abbildung 2a, b).

Hypertrophe Narbe

Per defi nitionem überschreiten hypertrophe Narben das ursprüngliche Wundbett nicht. Selten kann dieser Narbentyp mit Juckreiz einhergehen. Wichtig ist die Mög-lichkeit der Spontanregression nach Monaten im Vergleich zu Keloiden. Dies sollte in der Indikationsstellung und Auswahl der Narbentherapie berücksichtigt wer-den. Im klinischen Alltag kann die Unterscheidung zwischen Keloid und hypertro-pher Narbe vereinzelt schwierig sein. Wie bei Keloiden bilden Fibroblasten auch hier vermehrt TGF-β und PDGF [7]. Generell charakterisiert diese Narbentypen ein fehlerhafter Rückgang der Fibroblastenaktivität. Klinisch werden hypertrophe Narben bei erhöhter Spannung bzw. vermehrtem Zug beobachtet (Abbildung 3).

Eine Übersicht zur klinischen Unterscheidung von Keloiden und hypertrophen Narben liefert Tabelle 2.

Pathogenese und Definition konturgestörter Narben

Narben mit Konturfehlern entstehen meist postoperativ und sind pathogenetisch verstanden. Konturstörungen treten bei erhöhter Spannung, Taschenbildung bei diagonaler Kontraktur aufgrund schräger Inzision, Stufenbildung bei Adaption

Abbildung 2 Keloid sternal (a). Ohr-Keloid (b).

Hypertrophe Narben können sich im Gegensatz zu Keloiden spontan

zurückbilden.

Eine klinische Unterscheidung kann manchmal problematisch sein.

Narben mit Konturstörungen werden häufig als ästhetisch störend

wahrgenommen.

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verschiedener Gewebedicke oder beim Trapdoor-Phänomen bei parallel bzw. semi-zirkulär verlaufenden Narben auf [9] (Abbildungen 4, 5).

Narbenklassifikation

Vor jeder Narbentherapie ist der Narbentyp zu diagnostizieren. Die Diagnose des Narbentyps ist für jede weitere invasive oder nichtinvasive Therapieoption ent-scheidend. Eine Unterscheidung der Narbentypen kann sich klinisch als schwierig erweisen. Tabelle 3 gibt eine Übersicht.

Dokumentation

Die Dokumentation von pathologischen Narben zum Vergleich von Ausgangsbefun-den und Therapieergebnissen ist wichtig und sollte bei jedem Patienten angewandt werden. Allgemein sollte eine Dokumentation reproduzierbar, leicht anzuwenden,

Abbildung 3 Postoperative hypertrophe Narbe.

Tabelle 2 Unterscheidungsmerkmale zwischen hypertrophen Narben und Keloiden, modifiziert nach der deutschen S2k- Leitlinie zur Therapie pathologischer Narben (hypertrophe Narben und Keloide) [8].

Hypertrophe Narbe Keloid

Inzidenz häufig selten, korreliert mit Hauttyp

Ausdehnung überschreitet nicht ursprüngliche Wundgrenzen

überschreitet ursprüngliche Wundgrenzen

Auftreten < 6 Monate nach Verletzung > 6 Monate nach Verletzung

Rückbildung häufig keine Regression

vorausgegangene Verletzung ja ja, auch Minimaltraumata

Lokalisation gesamtes Integument gesamtes Integument, oft Ohr, Sternum, Schultergürtel

genetische Prädisposition nicht bekannt ja

Vor jeder Narbentherapie sollte der Narbentyp bestimmt werden.

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Abbildung 4 Trapdoor-Phänomen nach Lappenplastik (Bilobed-Flap) bei Rhinophym.

Abbildung 5 Dehiszente Narbe.

Tabelle 3 Narbenklassifikation [9, 10].

Alte, reife Narbe Helle, flache Narbe

Unreife Narbe Rote, manchmal juckende/schmerzhafte, leicht erhabene Narbe im Stadium der Umwandlung. Reifen mit Narbenalter und werden flacher. Pigmentierung kann heller, dunkler oder identisch werden (Abbildung 6).

Lineare hypertrophe Narbe

Rote, erhabene Narbe auf dem ursprünglichen Inzisionsbereich. Vergrößerung innerhalb von 3–6 Monaten mit anschließender Rückbildungstendenz. Reifungsphase bis zu 2 Jahren.

Ausgedehnte hypertrophe Narbe

Zum Beispiel bei Verbrennungen

Dehiszente (hypertrophe) Narbe

Verbreitete (hypertrophe) Narbe, breiter als ursprüngliche Narbengrenzen

Kleines Keloid Fokale, juckende, rote, über das ursprüngliche Narbenbett hinausgehende Narbe. Narbenbildung bis zu einem Jahr nach Trauma möglich, bildet sich nicht selbständig zurück. Bei chirurgischer Monotherapie häufig Rezidivbildung. Individuell und abhängig von der Lokalisation.

Großes Keloid Große exophytische Narbe über 0,5 cm, meist schmerzhaft und juckend, kann auch aus kleinen Befunden entstehen. Narbenwachstum über mehrere Jahre möglich.

Normotrophe Narbe mit Konturstörung

Bei erhöhter Spannung, Taschenbildung bei diagonaler Kontraktur aufgrund schräger Inzision, Stufenbildung bei Adaption verschiedener Gewebedicken oder beim Trapdoor-Phänomen.

Atrophe Narbe Eingezogene Narben

exakt und nichtinvasiv sein. Wichtige objektivierbare Parameter einer Narben-dokumentation sind Größe, Dicke, Farbe, Perfusion, Flexibilität und Stabilität. Subjektive Parameter wie Schmerzen, Juckreiz, Funktionsbeeinträchtigung und Ästhetik komplementieren die Systematik. Verschiedene Systeme bzw. Schemata,

Narben können neben subjektiven Parametern und Systemen objektiv

bemessen werden.

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bei welchen man subjektive von objektivierbaren Dokumentationen unterscheiden kann, stehen hierzu zur Verfügung. Der Vancouver Scar Scale (VSS) (Tabelle 4) fi ndet v. a. bei klinischen Studien Anwendung. Zusätzlich sind POSAS (Patient and Observer Scar Assessment Scale), VAS (Visuelle Analog Skala), Stony Brook Scar Evaluation Scale (SBSES) und Manchester Scar Scale (MSS) zu nennen. Hierzu sei v. a. der subjektive Charakter und somit eine eingeschränkte Reproduzierbarkeit und multizentrische Vergleichbarkeit zu beachten. Optimal sind objektivierbare bzw. komplementierbare Anwendungen wie eine Abformung der exophytischen Narbe mit anschließender Volumenmessung (Abbildung 7). Diese Methodik ist einfach und schnell durchzuführen und hat sich im klinischen Alltag als praktika-bel erwiesen. Das Volumen stellt neben der Vaskularisationsintensität und Rötung einen wichtigen klinischen Faktor dar. Der Rotwert kann durch diverse Farbmess-geräte in verschiedenen Farbräumen gemessen werden, steht jedoch durch die kom-plexe Durchführung und die hohen Anschaffungskosten der Messgeräte in (noch) keiner praxistauglichen Relation. Eine Abmessung der Narbengröße sowie eine möglichst standardisierte Fotodokumentation (gleiche Lichtquelle [Cave: Farbtem-peraturunterschiede liefern unterschiedliche Farbwerte] und gleicher Abstand) sind empfohlen. Ein Optimum liefern 3D-Photo-Systeme, welche neben einer nahezu standardisierten Aufnahmequalität zusätzliche Software-gestützte Optionen wie Volumenmessung und Rotwertdarstellung haben (Abbildungen 8, 9).

Narbentherapie

Der gemessene Wert einer Operation wird durch den Patienten meist an der Narben-qualität gemessen, da dies den einzig sichtbaren Parameter darstellt: „Eine schöne Narbe stammt meist von einem guten Operateur“. Diesem subjektiven Empfi nden gerecht zu werden, erfordert eine intensive Patienteninformation und Aufklärung. Neben pathologischen Narben wie Keloiden und hypertrophen Narben können de-hiszente, atrophe und normotrophe Narben mit Konturfehler auftreten. Narben mit Konturfehlern obliegen einer gut verstandenen Pathogenese und sind dahingehend besser behandelbar. Keloide und hypertrophe Narben sind schwieriger zu behan-deln, da der Pathomechanismus nur teilweise verstanden ist. Die Indikation wird

Tabelle 4 VSS (Vancouver Scar Scale) [11].

Narbenmerkmale Score

Vaskularität normal 0

pink 1

rot 2

violett 3

Pigmentation normal 0

hypopigmentiert 1

hyperpigmentiert 2

Flexibilität normal 0

weich 1

nachgiebig 2

prall 3

hart 4

Kontraktur 5

Größe flach 0

< 2 mm 1

2–5 mm 2

> 5 mm 3

Total 13

Abbildung 6 Unreife Narbe zwei Monate postoperativ.

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individuell gestellt und richtet sich nach dem Beschwerdebild des Patienten. Die Narbentherapie pathologischer Narben sollte auf der aktuellen S2K-Leitlinie basie-ren [8]. Der Behandlungserfolg ist abhängig von der individuellen Ausgangssituati-on und der Erfahrung des Behandlers. Insgesamt sollten die Erwartungen des Pati-enten relativiert werden – eine ausführliche Aufklärung des Patienten, bei der auch die Möglichkeit eines Rezidivs bzw. eines Therapieversagens angesprochen wird, ist Voraussetzung. Die Behandlungsmethode der ersten Wahl kann bei Narben nicht standardisiert empfohlen werden, Kombinationstherapien sind oft erforderlich [8].

Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Narbentypen kann sich klinisch in einigen Fällen als schwierig erweisen, ist jedoch aus therapeutischer Sicht wich-tig. Die Narbentypen unterscheiden sich neben der klinischen Morphologie in der Histopathologie und Immunhistochemie [9].

Die beste Therapie ist die Narbenprävention. Die Narbenbildung ist eine unwei-gerliche Folge jeder Operation bzw. Traumas. Prädisponierende Faktoren sind vor jedem operativen (Erst-)Eingriff zu beachten: u. a. Narbenanamnese, Hauttyp (ab Fitzpatrick III), Patientenalter, Hautspannung, Spannungslinien, Lokalisation (Ohr, Schultergürtel, Brust, Gelenksnähe etc.), Größe. Letztendlich beeinfl usst auch die OP-Technik (atraumatisch, mehrschichtiger Verschluss, Nahtmaterial, Nahttechnik, Verbandanlage, Verbandswechsel, Wundpfl ege, Fadenzug etc.) das Narbenresultat.

Die OP-Planung ist entscheidend für das Endergebnis fast aller Narbentypen bei jeder Operation und sollte v. a. bei prädisponierenden Patienten und bei Nar-benkorrekturen zur Anwendung kommen: Planung der Inzisionslinien an den Hautspaltlinien (Abbildung 10), vertikale Schnittführung, atraumatische Wundrandbehandlung (kein Quetschen, Auswahl geeigneter

chirurgischer Instrumente), Minimierung des zentrifugalen Zugs während der Operation, − Minimierung des zentripedalen Zugs (Adaption) durch: ausreichende

Unterminierung bzw. spannungsfreie Plastik, Subkutan/Dermal-Naht zur Zugentlastung,

− Verband (Strips, Bandagen an Extremitäten), passendes Nahtmaterial, Nahttechnik, Verbandswechsel/Wundpfl ege, Vermeidung postoperativer Infektionen, Fadenzugzeitpunkt, adjuvante konservative Therapie.

Zu den präventiven Maßnahmen bei Patienten mit erhöhtem Risiko zählen [10]: hypoallergenes Mikropore-Pfl aster mit elastischen Eigenschaften, Silikongelfolien/-salben (sie sollten nach stattgefundener Reepithelisierung

frühzeitig zur Anwendung kommen und einige Wochen für mindestens 12 Stunden täglich angewendet werden),

bei schweren Fällen sollten intraläsionale Triamcinolon-Injektionen zum Ein-satz kommen.

Narbenkorrektur

IndikationBei hypertrophen Narben und Keloiden handelt es sich um gutartige Hautver-änderungen. Sehr selten können Narbenträger nach Jahren ein Narbenkarz-inom entwickeln. Grundsätzlich steht der ästhetische Aspekt dem Juckreiz, der

Wegen der Individualität von Narben kann keine Standardtherapie

empfohlen werden.

Meist sind Kombinationstherapien empfehlenswert.

Die OP-Planung mit diversen OP- Techniken ist für eine gute Narbenheilung entscheidend.

Das Ziel jeder Narbentherapie ist neben der Beschwerdereduktion die Minimie-

rung von Volumen und Färbung.

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Abbildung 7 Kneten der zwei Silikonkomponenten (a). Abdrucknahme (b). Nach kurzzeitiger Aushärtung erfolgt eine Auffüllung mit z. B. H2O (c). Anschließende Aspiration: 1 ml = 1 cm3 (d).

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Schmerzsymptomatik und evtl. funktionalen Beeinträchtigungen (Gelenkbeweg-lichkeit) gegenüber. Die Indikation einer Narbentherapie kann nicht pauschal erfol-gen und sollte individuell unter Berücksichtigung des Narbentyps, der Anamnese,

Abbildung 8 3D-Photographie von Aknekeloiden an der rechten Schulter mit Volumenmessung (Vectra, Canfield, USA).

Abbildung 9 Rotwertdarstellung sternaler Keloide eines 3D-Bildes (Vectra, Canfield, USA).

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Abbildung 10 Hautspaltlinien dorsal (a), ventral (b), Gesicht (c), Kopf seitlich (d) (modifiziert nach Arco et al.).

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des Narbenalters, möglicher Komplikationen sowie der Möglichkeit von Rezidiven erfolgen. Generell kann v. a. bei hypertrophen Narben eine abwartende Haltung eingenommen werden, da sich dieser Narbentyp innerhalb eines Jahres bzw. in bis zu zwei Jahren eigenständig zurückbilden kann. Die individuelle Anamnese von zurückliegenden Narbenereignissen ist hilfreich. Zudem ist eine Unterscheidung zu unreifen Narben in frühen Phasen schwierig.

Zunächst ist der Narbentyp zu diagnostizieren (Tabelle 2 und 3). Die Dia-gnose des Narbentyps ist die entscheidende Grundlage jeder weiteren Therapie. Während sich normotrophe Narben mit Konturstörungen klinisch eindeutig zei-gen, kann sich die Unterscheidung von hypertrophen sowie unreifen Narben und Keloiden als schwierig erweisen. Hier hat sich das klinische Merkmal des Über-schreitens von Keloiden über die ehemaligen Wundränder hinweg als hilfreich erwiesen. Zur Differenzierung von unreifen Narben sind Zeitangaben des Trau-mas, des Eingriffes und des darauffolgenden Wachstumsverhaltens (Rückgang?) hilfreich.

Narben mit Konturstörung, dehiszente Narben: Je nach Ursache der Kontur-störung ist meist bei entsprechender Indikation/Patientenwunsch eine Revision ausreichend. Die Revision hat eine einfache Narbenexzision, eine Lappenausdün-nung, eine korrigierende Niveauadaption, eine Spannungsentlastung bzw. -vertei-lung inne. Auch ablative Optionen mit dem Laser sind je nach dem klinischen Bild einsetzbar. Zusätzlich kann postoperativ eine Silikongelapplikation den weiteren Narbenheilungsverlauf hilfreich unterstützen.

Unreife Narben: Hier ist ein zurückhaltendes Procedere gefordert. Je nach Anamnese und Progress kann zur Verhinderung einer möglichen Entwicklung zur pathologischen Narbe mit Silikongelfolien, Kompressionsverbänden oder Laserbe-handlungen (z. B. Pulsed-Dye-Laser) entgegengewirkt werden.

Therapieoptionen

Eine enorme Bandbreite an Therapieoptionen steht mittlerweile zur Verfügung. Diese variieren in Invasivität und Kombinationsmöglichkeiten und sollten je nach Narbentyp, Lokalisation, Narbengröße, Symptomatik, Klinik, Bestandsdauer und Anamnese vorbestehender „Narbenverhalten“ ausgewählt werden. Insgesamt setzt eine optimale Narbentherapie eine engmaschige/intensive Patientenbindung vor-aus. Generell ist die Narbentherapie bei entsprechenden Befunden keine einmalige Quartalsbehandlung sondern sollte nach engmaschigen Intervallen erfolgen.

Vor jeder Therapie sollten eine ausgiebige Aufklärung, bei der auch die Mög-lichkeit eines Rezidivs angesprochen wird, und eine Dokumentation (s. o.) erfolgen.

Nichtinvasive Therapieoptionen

Glukokortikosteroide Glukokortikoide zählen zu den wichtigsten Narbentherapeutika. Ihre Wirkung ent-faltet sich in der Hemmung der iNOS-Transkription (inducible form of NO syntha-se) und einer Herabsetzung der Kollagenproduktion sowie Hemmung Synthese des Kollagenaseinhibitors Alpha-2-Makroglobulin. Zu beachten ist die streng intralä-sionale Injektion von Triamcinolonacetonid; erkennbar an dem „Blanching“-Effekt (Abbildung 11). Triamcinolonacetonid kann z. B. als Kristallsuspension mit 10–40 mg/ml (max. 5 mg/cm2) pur oder verdünnt alle vier Wochen appliziert werden [12]. Mögliche unerwünschte Wirkungen können bei zu tiefer Applikation Lipoatro-phien oder generell Schmerz, Kristallablagerungen, Teleangiektasien, Infektionen oder Pigmentverschiebungen auftreten. Die Erfolgsrate wird mit bis zu 50–100 %

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angegeben, Rezidive treten bei 9–50 % auf [13]. Bei Korrekturoperationen hat sich aus eigener Erfahrung die direkte intra-/postoperative Applikation bewährt.

KryotherapieDie Vereisung mit fl üssigem Stickstoff ist ein etabliertes Verfahren. Hierbei wird eine durch Kälte bedingte Gewebsschädigung und vaskuläre Zirkulationsstörung mit konsekutiver Ischämie evoziert [14]. Die Narbe wird in zwei Gefrier-Auftau-Zyklen 10–20 Sekunden lang mit fl üssigem Stickstoff angesprüht (Abbildung 12). Neben dem Sprühverfahren sind Kontakt- und intraläsionale Kälteapplikationen möglich. Intraläsionale Kryoverfahren sind laut neueren Datenlagen effektiv und zeigten eine Reduktion von Juckreiz, Schmerzen sowie Keloidvolumina von ca. 50–70 % bei geringer Rezidivrate [15]. Unerwünschte Wirkungen können Depig-mentierungen, Schmerz und Blasenbildung mit anschließenden Wundheilungsstö-rungen oder superfi zielle Infektionen sein. Studien konnten insgesamt eine hohe Ansprechrate von bis zu 82 % zeigen [8]. Eine Kombination von Triamcinolon und Kryotherapie hat sich als günstig erwiesen [12].

DruckDurch Kompressionsbandagen bzw. -anzüge wird ein kontinuierlicher Druck von ca. 15–40 mmHg aufgebaut und dadurch eine vaskuläre Minderperfusion ausge-löst. Dieser Druck sollte möglichst den gesamten Tag über Monate bis Jahre auf-rechterhalten werden. Eine gute Compliance des Patienten ist Voraussetzung. Diese Methode ist v. a. bei großfl ächigen Befunden (außer bei Ohrkeloiden: Ohrclips) wie Verbrennungsfolgen anwendbar. Sanitätshäuser fertigen nach Maß an [8, 12].

SilikonSilikonapplikationen als Folien oder als Gel bzw. Creme sind durch die einfache Handhabung und mannigfaltige Empfehlungen eine beliebte und weit verbreitete

Abbildung 11 „Blanching-Effekt“ bei intraläsionaler Triamcinolon-Injektion.

Abbildung 12 Kryotherapie.

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Therapieoption. Die Anwendungsdauer wird mit 12–24 Wochen für jeweils 12–24 Stunden pro Tag angegeben. Der noch nicht vollständig verstandene Wirkmecha-nismus soll sich über eine erhöhte Gewebehydratisierung erklären. Dies soll zu einer Angiogenesereduktion und dadurch zu einer verminderten kapillären Durch-blutung des Narbengewebes führen. Viele Studien wurden zu diesem Thema ver-fasst, welche einen Benefi t von Silikon zeigten. Im Widerspruch dazu zeigt das Ergebnis einer aktuellen Studie keine deutlichen subjektiven sowie keine signifi -kanten objektivierbaren Unterschiede [16].

RadiotherapieIonisierende Strahlen haben einen antiproliferativen und antiinfl ammatorischen Effekt. Eine postoperative Bestrahlung sollte innerhalb von 24 Stunden mit einer Gesamtdosis von ca. 12 Gy in sechs bis zehn Fraktionen zu je 2 Gy (täglich oder alle zwei Tage) durchgeführt werden. Die genaue Dosierung sowie die Art der Strahlenqualität sollte vom Strahlentherapeuten festgesetzt werden. Nebenwirkungen wie Erythem, Hyper-, Depigmentierung, Xerosis und Teleangiektasien können auftreten [8].

Botulinumtoxin AAuch Botulinumtoxin A kann zur Wundspannungsreduktion eingesetzt werden. In einer prospektiven, placebokontrollierten, randomisierten Studie konnte ein sig-nifi kant verbessertes klinisches Narbenbild frontaler Befunde gezeigt werden [17]. Diesbezüglich ist eine strenge Abwägung möglicher Komplikationen, Kosten und des Benefi ts durchzuführen.

Interferon (INF)Interferon-α-2b wird zweimalig im Abstand von vier bis sieben Tagen intraläsional als Off-Label-Use injiziert. Zur Rezidivprophylaxe kann direkt postoperativ inji-ziert werden. Interferon-alpha und -gamma vermindern die Kollagen-I/III-Synthe-se sowie die Glykosaminoglykanbildung. Neben einer möglichen grippeähnlichen Symptomatik können Schmerzen und Entzündungsreaktionen an der Injektions-stelle auftreten [8].

5-Fluorouracil (5-FU)Die intraläsionale Anwendung von 5-FU (50 mg/ml mit einer Gesamtdosis von maximal 50–150 mg pro Sitzung und maximal 16 Injektionen) einmal wöchentlich für bis zu 16 Wochen kommt v. a. in den USA zur Anwendung. Die Wirkweise spiegelt sich in der Proliferationshemmung von Fibroblasten wider. Laut der ak-tuellen deutschen Leitlinie wird eine Behandlung von hypertrophen Narben mit dieser Substanz nicht empfohlen. Bei therapieresistenten Keloiden kann es eine Therapiealternative darstellen. Kontraindikationen stellen Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie, Schwangerschaft, Infektionen oder Knochenmarksdepression dar. Zu Beginn und nach vier Sitzungen sollten Blutbildkontrollen erfolgen. Die Therapie erfolgt im Rahmen eines Off-Label-Use [8].

ImiquimodImiquimod ist ein Immunmodulator und induziert die Bildung von Zytokinen wie TNFα und INFα. Somit wirkt diese Substanz hemmend auf die Kollagenproduktion.

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Die topische Anwendung zur Narbenbehandlung erfolgt im Off-Label-Bereich und zeigt bei postoperativen Patienten teils gute Ergebnisse [12]. Insgesamt sind die Ergebnisse widersprüchlich. Auf Grund geringer und kontroverser Datenlage kann hierzu keine Empfehlung abgegeben werden [8].

Extractum cepae (Zwiebelextrakt)Zwiebelextrakt soll entzündungshemmend, bakterizid und antifi broblastenproli-ferativ wirken. Die Anwendung erfolgt mehrmals täglich und erstreckt sich über mehrere Wochen bis Monate. Die Behandlung kann nach Epithelisierung der Wun-de begonnen werden. In der aktuellen Narbenleitlinie kann Zwiebelextrakt bei ak-tiven hypertrophen Narben als Zusatztherapie sowie zur Prophylaxe/Rezidivpro-phylaxe bei hypertrophen Narben und Keloiden erwogen werden [8].

Lasertherapie

Ablative Laser wie der Erbium:Yag- sowie der CO2-Laser haben ihr Absorpti-onsmaximum in H2O und vaporisieren durch kurze Pulsabgaben die jeweiligen Zellschichten. Insgesamt stellt diese Variante eine Alternative zu einer herkömm-lichen Shaveexzision dar. Je nach Narbenbeschaffenheit und Vorliebe wird zwi-schen einem Erbium- oder CO2-Laser gewählt. Der Vorteil einer Laserabtragung liegt in der feinen Graduierung der Abtragung und blutungsarmen Behandlung. Die Narbenbehandlung mittels eines Erbium:Yag-Lasers (2 940 nm) im Kombi- (ablativ und thermisch) sowie im rein thermischen Modus (non ablative) wird in zahlreichen Zentren angewandt. Die Wärmewirkung im langgepulsten (subablati-ven) Modus spielt für das kollagene Bindegewebe eine entscheidende Rolle. Diese Wärme induziert eine Hitzeschockreaktion (HSR), welche durch eine temporäre Veränderung des zellulären Metabolismus erklärt wird. Das Resultat ist die Bildung von Hitzeschockproteinen (HSP). Zum Beispiel soll HSP70 eine bedeutende Rolle in der Produktionskoordination des Wachstumsfaktors TGFβ haben. Dieser spielt eine entscheidende Rolle in der allgemeinen Entzündungskaskade sowie bei Fibrob-lastenprozessen [18]. Die Weiterentwicklung zu fraktionalen Verfahren ermöglicht nun die Verwendung von ablativ-fraktionalen (AFXL) und non-ablativ-fraktiona-len (NAFXL) Systemen. Nach evidenzbasierter Empfehlung für fraktionale La-sertherapien wird zur Narbenbehandlung die NAFXL-Methode als erste Wahl und das AFXL-Verfahren als zweite Wahl angegeben [19]. Zukünftig könnten mittels transepidermaler Passage von Wirkstoffen („transepidermal drug delivery“) nach fraktionaler Behandlung neue Therapieoptionen zur Verfügung stehen [20].

Laser mit dem Zielchromophor Oxyhämoglobin gehören zu den nichtablativen Lasersystemen und führen über eine Koagulation zu einem Gefäßverschluss mit kon-sekutiver Perfusionsminderung bzw. Gewebshypoxie des Narbengewebes. In einigen Studien wird der 585 nm Blitzlampen-gepulste Laser (fl ashlamp-pumped pulsed dye laser) als gute Narbentherapiealternative beschrieben. Goldmann und Fitzpatrick berichten über eine signifi kante Verbesserung erythematöser hypertropher Narben durch die Behandlung mit dem 585-nm fl ashlamp-pumped pulsed dye laser. Eine Verbesserung des Resultates wird durch die Kombination mit intraläsionaler Verab-reichung von Triamcinolon erzielt [21] [18]. Eine Arbeit zeigte, dass das klinische Ergebnis in keinem signifi kanten Verhältnis zur angewandten Fluence (3, 5 und 7 J/cm2) steht. Ein besseres klinisches Ansprechen war bei geringerer Fluence und mehr-zeitigen Behandlungen zu beobachten (6 Behandlungen im 4-wöchigen Abstand) [22].

Generell sollte vor Lasereingriffen eine genaue Bilddokumentation und Auf-klärung erfolgen. Diesbezüglich sind von realistischen Behandlungserfolgen, und

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je nach angewandtem System, über mögliche Rezidive und in seltenen Fällen über Progressivität zu informieren.

Operative Therapie

Chirurgische Korrekturen von pathologischen Narben sollten erst nach Typisie-rung der zugrundeliegenden Narbe erfolgen. Bei unreifen Narben und aktiven hypertrophen Narben ist ein vorerst zurückhaltendes Procedere sinnvoll. Erst bei manifestem klinischem Bild bzw. bei kosmetischer Indikation und/oder Zugspan-nung kann eine chirurgische Intervention indiziert sein. Bei Keloiden ist die chir-urgische Indikationsstellung noch strenger zu sehen, da hier bei alleiniger Exzision mit hohen Rezidivraten zu rechnen ist. Eine Operation sollte hier die letzte Option nach Anwendung und Ausschöpfung nichtinvasiver Therapien darstellen. Opera-tionen können in der Regel in Lokalanästhesie oder in Tumeszenzlokalanästhesie (TLA) durchgeführt werden [23]. Erst durch Kombinationen mit weiteren beglei-tenden Therapieoptionen wie Kryotherapie, Triamcinoloninjektionen, Kompressi-onsverbänden, Radiatio oder Imiquimod ist diese Therapie anwendbar (Tabelle 5).

ExzisionDie chirurgische Exzision einer Narbe ist die Ultima Ratio der Narbenbehand-lung. Diese Methode ist je nach Narbentyp, Narbenalter und Befund durch ihre Radikalität effektiv und die einzige Möglichkeit große Narbenbefunde deutlich zu verkleinern und durch geeignete Techniken die Spannung zu vermindern.

Die operative Therapie manifester hypertropher Narben und Keloide geschieht meist durch Exzision und primären Wundverschluss. Generell sollte diese Methode nicht als Monotherapie angewandt werden, sondern ist stets durch komplementierende Optionen zu ergänzen, da ansonsten eine hohe Rezidivrate zu erwarten ist. Die alleinige Exzision im gesunden Gewebe gilt bei Keloiden wegen der hohen Rezi-divrate als obsolet. Sie sollte möglichst in Kombination mit der Applikation intra-läsionaler Steroide etc. erfolgen. Bei alleiniger Exzision ohne begleitende Therapie kann das Risiko eines Rezidivs zwischen 45 und 100 % liegen [9]. In Kombination mit Triamcinolon kann die Rezidivrate auf 50 % vermindert werden [24]. Wird die Exzision intraläsional (d. h. mit dem Verbleib eines schmalen Saums von Narben-gewebe nach lateral) durchgeführt, soll die Rezidivrate sowohl für Keloide als auch für hypertrophe Narben vermindert werden. Anderen Studien zufolge seien um-gekehrte Ergebnisse zu beobachten gewesen [8]. Somit ist die alte Diskussion der Schnittführung hinfällig und lässt beide Möglichkeiten zu. Wegen der spontanen Rückbildungstendenz hypertropher Narben sollte eine operative Narbenkorrektur frühestens ein Jahr nach der Narbenentstehung durchgeführt werden.

Eine einfache spindelförmige Exzision ist dann sinnvoll, wenn die Narbe bereits den entsprechenden Spannungslinien folgt, keine entsprechenden Kontrakturen/Spannungen aufweist und in den Maßen entsprechend der Lokalisation überschau-bar ist. Ziel sollte nicht nur eine Exzision der störenden Narbe sein, sondern die Spannung durch geeignete Techniken (ausgedehnte Unterminierung, mehrschich-tiger Verschluss, Nahttechnik) zu minimieren und das Konturbild zu verfeinern.

Eine S-förmige Exzision (lazy S) ist eine kosmetisch sehr ansprechende Va-riante. Hierbei wird im geringen Maße die Spannungsverteilung in Bezug auf die Spannungslinien verbessert.

Die Z-Plastik ist eine bekannte Variante zur Verlagerung der Zugspannung um 90 Grad. Dies fi ndet v. a. Anwendung bei Narbenkontrakturen. Bei dieser Tech-nik wird nach der eigentlichen Narbenexzision jeweils am Ende im 60°-Winkel

Bei operativen Korrekturen patholo-gischer Narben als Monotherapie ist

je nach Narbentyp mit einer erhöhten Rezidivrate zu rechnen.

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Tabelle 5 Übersicht der aktuellen S2k-Leitlinie Therapie pathologischer Narben [8].

Therapie hypertropher Narben und Keloide

Postoperative Therapie

Postoperative Prophylaxe bei Risikopatienten/Prädisposition

Glukokortikoide Wird empfohlen; Kombination mit Kryotherapie empfohlen.

Keloide: wird empfohlen.

Kann erwogen werden.

Kryotherapie Wird empfohlen. Keloide: kann in Einzelfällen empfohlen werden.

Wird nicht empfohlen.

Chirurgische Intervention

Abhängig von Art, Dauer und Entstellung der Narbe.Hypertrophe Narbe: Behandlung < 1 Jahr wird nicht empfohlen, außer mit Zugspannung (hier Zugspannungsentlastung durch z. B. Plastiken) oder kosmetischer Entstellung.Keloide: nach Ausschöpfung konservativer Therapien außer bei schmalbasigen Keloiden oder kleinen, kosmetisch störenden Keloiden durch Wundheilungsstörung kann eine primär operative Therapie empfohlen werden.

Keloide: Triamcino-lon intraläsional, Druckbehandlung, Radiatio, Kryothe-rapie.

Ablative Laserbehandlung

Kann bei nicht mehr aktiven Narben mit Konturstörungen empfohlen werden.CO2-Keloidabtragung als Monotherapie kann nicht empfohlen werden.Bei schmalbasigen Keloiden kann eine CO2- Abtragung in Kombination mit adjuvanten Therapien empfohlen werden.

Nicht ablative La-serbehandlung

Kann zur Erythemreduktion z. B. bei frischen, vaskularisierten Narben empfohlen werden.

Radiatio Bei hypertrophen Narben nicht empfohlen, bei Keloiden in Einzelfällen.

Bei hypertrophen Narben keine An-wendung, kann bei Keloiden empfohlen werden.

Nicht empfohlen.

Silikongel Kann als Zusatztherapie erwogen werden. Kann empfohlen werden.

Kann empfohlen werden.

Extractum cepae Hypertrophe Narben: kann als Zusatztherapie erwogen werden.

Kann erwogen wer-den.

Kann erwogen werden.

Druckbehand-lung

Kann bei großflächigen Narben und Keloiden oder bei besonderen Lokalisationen (z. B. Ohr) empfohlen werden.

Kann bei geeigneter Lokalisation empfoh-len werden.

Fluorouracil Bei hypertrophen Narben nicht empfohlen, kann bei therapieresistenten Keloiden empfohlen werden.

Nicht empfohlen.

Interferon Nicht empfohlen als Monotherapie, in Kombination mit Trimcinolon kann in Einzelfällen erwogen werden.

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inzidiert, bis das Bild eines „Z“ entsteht. Die beiden gebildeten Lappen werden nun miteinander vertauscht. Neben der Spannungsverteilung wird zusätzlich ein verminderter Zug auf die zukünftige Narbe ausgeübt. Bei längeren Narben und/oder geringerer Umgebungsfl äche können serielle Z-Plastiken zur Anwendung kommen.

Eine W-Plastik stellt eine weitere Alternative dar. Hier wird die Narbe an beiden Längen in einer Zick-Zack-Form umschnitten und entsprechend adaptiert. Dies kann z. B. bei sehr schmalen Lokalisationen und der Gefahr der Überschrei-tung von ästhetischen Einheiten zur Anwendung kommen. Die Spannungsumver-teilung ist jedoch nur sehr gering [9].

Bleibt ein zufriedenstellender Therapieerfolg nach 3–6 Behandlungen bzw. nach 3–6 Monaten aus, wird eine Modifi kation des Therapieregimes empfohlen [8].

Tabelle 5 gibt eine modifi zierte Übersicht der aktuellen deutschen Leitlinie zur Behandlung von pathologischen Narben [8].

Zusammenfassung

Narben sind in all ihrer Variabilität ein spannendes klinisches Thema und be-schäftigen Patienten wie behandelnde Ärzte. Nach wie vor ist der Pathomecha-nismus nicht gänzlich verstanden. Dies spiegelt sich in den meist unbefriedigen-den Therapiemöglichkeiten wider. Jedoch kommen zum Therapieportfolio immer neue innovative Optionen hinzu. Ziel kann heutzutage (leider) keine vollständige „Restitutio ad integrum“ sein, sondern sollte eine Reduktion der Beschwerdesym-ptomatik wie Juckreiz, Schmerzen oder Kontrakturen sowie eine Verbesserung äs-thetischer Aspekte beinhalten. Das „Geheimnis“ jeder erfolgreichen Narbenthera-pie ist sicherlich eine multimodale Kombination möglicher Therapieoptionen zum richtigen Zeitpunkt und entsprechender Dauer. Weitere Studien und Entwicklung neuer Therapieoptionen sind gefordert.

DanksagungHerzlichen Dank gilt Frau OÄ PD Dr. med. habil. M. Ziemer für den histologi-schen Beitrag und die histologischen Abbildungen. Für die kritische Durchsicht sei Herrn OA Dr. med. univ. M. Kendler gedankt. Die klinischen Fotografi en verdan-ken ihre hohe Qualität Herrn M. Karsten.

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Korrespondenzanschrift

Dr. med. Justinus A. WagnerKlinik für Dermatologie, Venerologie und AllergologieUniversitätsklinikum Leipzig A.ö.R.

Philipp-Rosenthal-Straße 2304103 Leipzig

E-Mail: [email protected]

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Fragen zur Zertifizierung durch die DDA

1. Eine reparative Regeneration

(Restitutio ad integrum) ist ...a) immer möglich.b) von der Pathogenese abhängig.c) vom Narbentyp abhängig.d) nur postfetal möglich.e) nur fetal möglich.

2. Welches Kriterium ist für das

Keloid untypisch?a) wächst über die Wundgrenzen hinwegb) verbleibt innerhalb der

ursprünglichen Wundgrenzec) oft mit Juckreiz / Schmerz d) lokalisationsabhängige) genetische Prädisposition

3. Welche Faktoren haben keinen

Einfluss auf die Entstehung von

pathologischen Narben?a) Infektionb) Wundspannungc) Apoplexd) Traumatae) OP-Technik

4. Welche Aussage über Keloide

stimmt?a) Keloide bilden sich nach einem Jahr

immer spontan zurück.b) Keloide wachsen invasiv und

destruierend.c) Keloide korrelieren mit dem

Hauttyp.d) Keloide sollen sofort hochdosiert

bestrahlt werden.e) Keloide betreffen nur ältere Patienten.

5. Unreife Narben ...a) können mit hypertrophen Narben

verwechselt werden.b) gehen immer in ein Keloid über.c) müssen exzidiert werden.d) weisen auf eine pathologische

Wundheilung hin.e) sind unbedingt mit UVB zu behandeln.

6. Welche Aussage über

OP-Techniken und Narbenprophylaxe

stimmt nicht?a) Beachtung der Hautspaltlinienb) Beachtung atraumatischer

OP-Technikenc) Beachtung der Zugspannungd) zur Patientenmobilitätsprophylaxe

OPs nur in ITN mögliche) Beachtung der Nahttechnik

7. Welche Aussage zur

Narbenbehandlung trifft zu?a) Keloide sollten nur operativ entfernt

werden.b) Hypertrophe Narben sollten nur

bestrahlt werden.c) Dehiszente Narben sollten mit einer

PDT behandelt werden.d) Die Prävention wird überschätzt.e) Die Prävention ist wichtig.

8. Glukokortikosteroide ...a) sind für die Narbentherapie

ungeeignet.b) sollen streng intraläsional injiziert

werden.c) sollen streng subkutan injiziert

werden.

d) zeigen bei richtiger Applikation einen „Redness“-Effekt.

e) können für dehiszente Narben verwendet werden.

9. Welche Aussage zur postopera-

tiven Prophylaxe bei Prädisposition/

Risikopatienten stimmt nicht?a) Glukokortikosteroide können

erwogen werden.b) Silikongel kann empfohlen werden.c) Zwiebelextrakt kann erwogen

werden.d) Radiatio kann nicht empfohlen

werden.e) Radiatio kann empfohlen werden.

10. Postoperativ sollten Patienten ...a) in die Sauna.b) ein Lichthardening durchführen.c) proteinreiche Ernährung einhalten.d) Sonnenschutz einhalten.e) frische Narbe belasten.

Liebe Leserinnen und Leser,

der Einsendeschluss an die DDA für diese Ausgabe ist der 17. Januar 2014. Die richtige Lösung zum Thema „Lupus erythema-todes. Teil I: Epidemiologie, Genetik und Immunologie“ in Heft 8 (August 2013) ist: 1c, 2d, 3c, 4d, 5a, 6b, 7c, 8b, 9a, 10b.

Bitte verwenden Sie für Ihre Einsendung das aktuelle Formblatt auf der folgenden Seite oder aber geben Sie Ihre Lösung online unter http://jddg.akademie-dda.de ein.