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Energieforschung kompakt Ein Service von FIZ Karlsruhe GmbH Themeninfo I/2016 Thermoelektrik: Strom aus Abwärme Thermoelektrische Generatoren machen Systeme energieautark und sparen Energie

Thermoelektrik: Strom aus Abwärme - bine.info · elektrik aus Abwärme Strom fürs Bordnetz erzeugen und damit die Lichtmaschine entlasten. Das reduziert den Treib-stoffverbrauch

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Energieforschung kompakt

Ein Service von FIZ Karlsruhe GmbH

Themeninfo I/2016

Thermoelektrik: Strom aus Abwärme Thermoelektrische Generatoren machen Systeme energieautark und sparen Energie

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Kaiserstraße 185-197, 53113 Bonn Tel. 0228 92379-0 [email protected] www.bine.info

Inhalt 3 Anforderungen von allen Seiten

4 Luftqualität im Schulalltag

7 Aus der Praxis: Motorisch unterstützte Fensterlüftung

8 Systeme und Anlagentechnik

13 Aus der Praxis: Schule Olbersdorf

13 En passant: Schachtlüftung

14 Gute Akustik in Klassenräumen

16 Erfahrungen und Kommunikation

19 Standpunkte: Lüftungsanlagen in Schulen – Luxus oder Notwendigkeit

19 Aus der Praxis: Realschule Lindau

20 Lüftung und Energie

Zur SacheWeit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen sie in Buchstabhausen an der Küste des Seman-tik, eines großen Sprachozeans. Ein kleines Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit den nötigen Regelialien. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem gebratene Satzteile in den Mund fliegen. Nicht einmal von der allmäch-tigen Interpunktion werden die Blindtexte beherrscht – ein geradezu unorthogra-phisches Leben. Eines Tages aber beschloß eine kleine Zeile Blindtext, ihr Name war Lorem Ipsum, hinaus zu gehen in die weite Grammatik.

Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich nicht beirren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Skyline seiner Heimatstadt Buchstabhausen, die Headline von Alphabetdorf und die Subline seiner eigenen Straße, der Zeilengas-se. Wehmütig lief ihm eine rhetorische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort. Unterwegs traf es eine Copy. Die Copy warnte das Blindtextchen, da, wo sie herkäme wäre sie zigmal umgeschrieben worden und alles, was von ihrem Ursprung noch übrig wäre, sei das Wort „und“ und das Blindtextchen solle umkehren und wieder in sein eigenes, sicheres Land zurückkehren.

Doch alles Gutzureden konnte es nicht überzeugen und so dauerte es nicht lange, bis ihm ein paar heimtückische Werbetexter auflauerten, es mit Longe und Parole betrun-ken machten und es dann in ihre Agentur schleppten, wo sie es für ihre Projekte wieder und wieder mißbrauchten. Und wenn es nicht umgeschrieben wurde, dann benutzen Sie es immernoch. Weit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen sie in Buchstabhausen an der Küste des Semantik, eines großen Sprachozeans. Ein kleines Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit den nötigen Regelialien.

Ihre BINE-Redaktion wünscht Ihnen eine anregende Lektüre

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Autoren Dr. Jan D. König, Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM, Koordination

unter Mitarbeit von

Dr. Kilian Bartholomé, Fraunhofer IPM

Dr. Harald Böttner, Fraunhofer IPM

Daniel Jänsch, Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr IAV

Mirko Klein Altstedde, DLR

Martin Köhne, Bosch

Dr. Joachim Nurnus, Micropelt

Dr. Aljoscha Roch, Fraunhofer IWS

Dr. Karina Tarantik, Fraunhofer IPM

Redaktion Gerhard Hirn

UrheberrechtEine Verwendung von Text und Abbildungen aus dieser Publikation ist nur mit Zustimmung der BINE-Redaktion gestattet. Sprechen Sie uns an.

Titelbild: NASA / JPL-Caltech /Malin Space Science SystemsAufmacherbilder:S. 3: DLR (CC-BY 3.0)S. 6, 8: Fraunhofer IPMS. 10: Bastian Ehl, MPIS. 14: MicropeltS. 18: DLR - FK AutoS. 22: VDEh Betriebsforschungsinstitut BFI

BINE-Themeninfo I/2016

Inhalt 3 Abwärme direkt in Strom wandeln

6 Wie funktioniert Thermoelektrik?

8 Thermoelektrik macht Sensoren energieautark

10 Forschung für die optimalen Materialien

14 Die Herstellung von TE-Materialien und TEG

15 Standpunkte: So kommt die Thermoelektrik aus der Nische

17 En passant: Mit Thermoelektrik durch die Galaxis

18 Thermoelektrik im Auto hilft Sprit sparen

22 Abwärmenutzung spart Energie und CO2

Aus der Praxis: Dünnschicht-TEG, TEG für Automobile, ThermoHeusler, Abwärmenutzung

Zur SacheAbwärme fällt in allen Bereichen des täglichen Lebens an – in Industrie, Haushalt und Verkehr. Allein in Deutschland summiert sich das auf ein Abwärmepotenzial von 300 TWh pro Jahr. Diese Energiemenge entspricht knapp der Hälfte des gesamten Energieverbrauchs der deutschen Industrie. Sogenannte thermoelektrische Generato-ren (TEG) können dieses riesige Energie-Reservoir anzapfen und die „Abfallenergie“ ohne bewegliche Teile in eine höherwertige Energieform überführen. Sie nutzen Abwärme und erzeugen bereits aus kleinen Temperaturdifferenzen elektrischen Strom. Diese Verwertung ansonsten verlorener Abwärme bzw. Umgebungswärme wird auch als Energy Harvesting bezeichnet und wird zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Energieeffizienz und zur Einsparung von CO2-Emissionen beitragen.

Thermoelektrische Module können nicht nur Abwärme direkt zu Strom wandeln, sondern auch als elektrische Wärmepumpe mittels Strom direkt kühlen und heizen: Die Industrie setzt die sogenannten Peltier-Kühler heute zur Temperierung von Autositzen oder zur Temperaturstabilisierung elektronischer Bauteile ein. Im Konsumgüterbereich sind sie beispielsweise in Campingkühlboxen und lautlosen Hotelkühlschränken zu finden. Thermoelektrische Module bestehen in ihrer einfachsten Form aus einem Thermoelement, das in vielen Anwendungen als Temperatursensor eingesetzt wird. Dieses ist aus zwei thermoelektrischen Materialien, sogenannten Thermoelektrika, aufgebaut, deren elektrische Kontakte sich auf unterschiedlichen Temperaturniveaus befinden. Die ersten Thermoelektrika waren nur sehr aufwendig herstellbar und produ-zierten lediglich einige Watt. Heute sind bereits Systeme bis 1.000 Watt möglich. Durch neue Materialien und Verarbeitungsverfahren können größere Temperaturunter-schiede genutzt werden, wodurch auch die Leistungsausbeute weiter steigen wird.

Forscher und Hersteller arbeiten daran, den Wirkungsgrad von Thermogeneratoren zu steigern und für die Massenproduktion geeignete Herstellungsverfahren zu entwi-ckeln. Ähnlich wie in der Photovoltaik erscheint nun, ausgehend von einer Technik zur Versorgung von Weltraumfahrzeugen wie dem Marsrover Curiosity, der Weg zu einem breiten Einsatz in verschiedenen Anwendungen geebnet. Dieses Themeninfo vermittelt einen Überblick über die Funktionsweise und die Einsatzbereiche der Technik sowie über die Materialien, die für unterschiedliche Temperaturbereiche entwickelt und optimiert werden.

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3BINE-Themeninfo I/2016

Thermoelektrik kann sowohl zur Energierückgewinnung

aus Abwärme als auch zur Kühlung und Temperatur-

regulierung genutzt werden. Die direkte Energieum-

wandlung kommt ohne bewegliche Teile aus und

funktioniert in beide Richtungen: Thermoelektrik

kann Wärmeenergie in elektrische Energie umwandeln

oder elektrische Energie zur Kühlung nutzen.

Abwärme direkt in Strom wandeln

Thermoelemente werden hauptsächlich eingesetzt als Temperatursensoren, als sogenannte Peltier-Elemente zur Temperaturregelung sowie als Thermogeneratoren zur Ab-wärmerückgewinnung.

Mit dem Ziel, eine breitere Anwendung der Thermoelektrik zu ermöglichen, arbeiten Forscher daran, den Systemwir-kungsgrad der Energiewandlung von thermischer zu elek-trischer Energie zu verbessern; dieser beträgt aktuell je nach Temperaturbereich zwischen 2 und 7 %. Dies ist einer-seits durch eine verbesserte Qualität der kommerziell ver-wendeten Materialien aber auch durch eine Minimierung der Verluste im Modul und im System zu erzielen.

Viele technische Prozesse nutzen die eingesetzte Energie nur zu 30 bis 40 %. Der große Rest geht meist als Abwärme verloren. Bei hohen Abwärmetemperaturen lohnt es sich wirtschaftlich und ökologisch, diese zu nutzen. Bisher wer-den dazu meist mechanische Anlagen wie Turbinen oder Stirling-Motoren eingesetzt. Nachteile dieser Technologien sind die beweglichen Komponenten und die damit verbun-dene beschränkte Lebensdauer sowie die anfallenden Wartungskosten.

Thermoelektrische Wandler arbeiten dagegen vibrations-frei und geräuschlos ohne bewegliche Teile. Sie wandeln Wärme direkt in elektrische Energie um und lassen sich in bestehende Wärmetauscher integrieren. Trotz der vielen Vorteile ist die Energierückgewinnung mit Thermogenera-toren noch weitgehend unbekannt. Dies liegt daran, dass solche Generatoren aufgrund ihres relativ geringen Wir-kungsgrades bisher hauptsächlich in Nischenanwendun-gen eingesetzt werden.

Langlebig und wartungsfrei

Thermoelektrische Generatoren sind langlebig und funk-tionieren wartungsfrei. Seit mehr als fünf Jahrzehnten nutzt die Raumfahrttechnik sie zur Stromversorgung von Raum-sonden. Die Voyager-Sonden funktionieren seit dem Start im Jahr 1977 fehlerfrei. Derart lange Zeiträume ununter-brochenen und wartungsfreien Betriebs sind allgemein

für technische Anwendungen äußerst selten und somit eine herausstechende Eigenschaft der Thermoelektrik. Ein weiterer Vorteil ist, dass bei der Restwärmeverwertung niedrige Temperaturdifferenzen genutzt werden können, die für andere Arten der Umwandlung von Wärme in nutz-bare Energieformen nicht in Frage kommen. Da sie sehr klein und kompakt sind, lassen sich thermoelektrische Module sehr gut in bereits bestehende Systeme integrie-ren. Bisher bremsten hohe Herstellungskosten und ein niedriger Gesamtwirkungsgrad die weitere Verbreitung der Technologie.

Aus der Nische in den Massenmarkt

Noch ist die Thermoelektrik eine Nischentechnik; Schät-zungen und Marktanalysen gehen von einem hohen Wachs-tumspotenzial aus, doch die Zahlen gehen noch weit aus-einander. Während eine Marktanalyse im Jahr 2003 von einem weltweiten Marktvolumen von 160 Mio. Euro mit stark steigender Tendenz ausgeht, kommt eine Schätzung im Jahr 2008 auf 500 Mio. Euro. Eine vorsichtigere Schät-zung erwartet, dass 2016 annähernd 100 Mio US-Dollar erreicht werden (Abb. 4).

Experten gehen davon aus, dass sich das Marktvolumen verzehnfachen könnte, wenn es gelänge, die thermoelekt-rische Gütezahl kommerzieller Module zu verdoppeln.

Forscher und Entwickler arbeiten daran, thermoelektrische Materialien und Generatoren effizienter und kostengüns-tiger zu machen. In naher Zukunft erwarten sie deutlich höhere Wirkungsgrade; im Labor wurden bereits erheb-liche Steigerungen erzielt. Wichtige Ansatzpunkte dafür sind Verbesserungen bei den thermoelektrischen Material-eigenschaften, der Aufbau- und Verbindungstechnik so-wie der thermischen und elektrischen Integration in das Gesamtsystem.

Zukünftige Märkte im Bereich der Thermoelektrik werden sein: dezentrale Energieversorgung von Sensorsystemen, dezentrale Energierückgewinnung aus Abwärme in Auto-mobil und Industrie, Energierückgewinnung in energie-

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4 BINE-Themeninfo I/2016

Abb. 2 Peltierelemente können Getränke im Thermo-Cupholder frisch halten. Quelle: Dometic Group

Abb. 3 Thermoelektrischer Sensor. Quelle: Fraunhofer IPM, Kai-Uwe Wudtke

Abb. 1 Peltierkühler am PC ermöglicht optimale Prozessorleistung. Quelle: pcgameshardware

intensiven technologischen Prozessen sowie Temperatur-regulierung und Klimatisierung, beispielsweise in der E-Mobilität. Thermoelektrizität gilt mittlerweile als eine mögliche Schlüsseltechnologie für Energierückgewinnung aus Abwärme.

Präzisionskühlung mit Peltier-Elementen

Traditionell wird die Thermoelektrik neben der Temperatur-messung mittels Thermoelementen hauptsächlich zur Kühlung eingesetzt (ca. 70 – 80 % Marktanteil). Peltier-Elemente arbeiten in mobilen Kühlboxen und geräusch-losen Hotelkühlschränken, im Auto klimatisieren sie Sitze und kühlen Getränkebehälter. In Elektrofahrzeugen kann die Temperierung der Batterie einen optimalen Betrieb und Ladevorgang gewährleisten.

Peltierkühler ermöglichen in der Laser-, Computer- und Medizintechnik eine sehr effektive Kühlung auf kleinstem Raum. Sie reagieren sehr schnell und erreichen eine sehr hohe Leistungsdichte. Das ermöglicht exaktes thermisches Management von Präzisionsgeräten wie Halbleiter-Lasern und Prozessen, beispielsweise zur Anwendung in der Biomedizin: Dort werden kleine Kühlflächen unter 1 mm² für das extrem schnelle Temperaturzyklieren von kleinen Proben gebraucht. So können z. B. bei der Polymerase-Kettenreaktion-Untersuchung Temperaturrampen mit Wer-ten von 15 K pro Sekunde gefahren werden. Dies führt zu nebenproduktfreieren Reaktionsprodukten und damit zu einer genaueren Auswertung.

Wartungsfreie Versorgung von Sensoren

Besondere Bedeutung hat die Thermoelektrik für die Ver-sorgung energieautarker Sensor- und Sendesysteme mit Leistungen im Milliwatt-Bereich. Da deren Leistungsauf-nahme immer geringer wird, eignen sich Thermogenerato-ren mit ihrem geringen Gewicht und schnellen Schaltzeiten immer besser zur Versorgung. Das macht Kabel oder Batte-rien zur Versorgung der Sensoren oder zum Senden der Daten überflüssig – die benötigte Energie kann direkt aus der Umgebungswärme gewonnen werden. Dafür reichen Temperaturunterschiede von wenigen Grad Celsius aus.

Mit solchen energieautarken drahtlosen Sensoren ist es möglich, vor allem unzugängliche Stellen in Automobil und Flugzeug sowie in der Prozess- und Anlagentechnik zuverlässig zu überwachen.

200

180

160

140

120

100

80

60

40

20

Mio

. US-

Dol

lar

2014 2015 2016 20170

Sonstige Investitionsgüterindustrie Sonstige VerbraucherGesundheitswesen Sonstige IndustrienMilitär, Luft- und Raumfahrt drahtlose Sensor-Netzwerke

Abb. 4 Die geschätzte Entwicklung des Weltmarktes für thermoelektrische Energy Harvester (Angaben in Mio. US-Dollar). Quelle: IDTechEx

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5BINE-Themeninfo I/2016

Abb. 5 Forscher arbeiten an einem TEG für den Einsatz in PKW. Quelle: DLR - Institut für Fahrzeugkonzepte (FK)

Leistungsstärkere Systeme für Auto und Industrie

Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren kann die Thermo-elektrik aus Abwärme Strom fürs Bordnetz erzeugen und damit die Lichtmaschine entlasten. Das reduziert den Treib-stoffverbrauch und damit den CO2-Ausstoß: Fachleute erwarten, dass durch TEG bis zu 5 % Kraftstoff eingespart werden können. Automobilhersteller und Zulieferer haben die Technik entwickelt und erprobt; sie arbeiten an Konzep-ten für eine kostengünstige Massenproduktion. Für einen breiteren Einsatz der Thermoelektrik könnte der Automo-bilsektor eine Türöffnerfunktion übernehmen. Einsatzmög-lichkeiten bestehen bei Fahrzeugen mit Verbrennungs-motor, Hybrid- und Elektroantrieb.

Bei der Nutzung industrieller Abwärme haben TEG gegen-über anderen Konkurrenztechnologien den Vorteil, dass sie sich einfach in bestehende Systeme integrieren lassen. In Blockheizkraftwerken (BHKW) kann die Thermoelektrik helfen, die elektrische Leistungsausbeute zu steigern.

Sicherheitsanwendungen mit Thermoelektrik

In Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen oder Gasherden sitzen thermoelektrische Sicherungen. Eine Waschma-schine lässt sich erst öffnen, wenn das Wasser in der Waschtrommel abgekühlt bzw. abgepumpt ist. Ein mit Thermostrom betriebener Elektromagnet blockiert den Öffnungsmechanismus auch dann, wenn jede andere Ener-giezufuhr ausgefallen ist. Diese Betriebsüberwachung funktioniert ohne elektrische oder mechanische „Hilfs-energie“.

Beim Gasherd erzeugt ein erwärmtes Thermoelement Strom und ein Magnetfeld: Solange die Flamme am Gas-herd brennt, wird in dem Zweileiterkreis ein Strom er-zeugt, der das Magnetventil für den Gasausfluss offen hält. Erlischt die Flamme, so fließt kein Strom mehr im Thermoelement und das Gasventil schließt sich. Bei unter-irdischen Öl- und Gasleitungen können Thermoelektrik-elemente Opferanoden als elektrochemischen Korrosions-schutz ersetzen.

Was ist Thermoelektrik?

Die direkte Umwandlung eines elektrischen Stromflusses in einen Wärmefluss sowie eines Wärmeflusses in einen Stromfluss – die Thermoelektrik funktioniert in beide Richtungen. Das Grund - prinzip erkannte Thomas Johann Seebeck bereits 1821, als er beobachtete, dass eine Kompassnadel in der Nähe von zwei unterschiedlichen, miteinander verbundenen Metalldrähten ausgelenkt wird, wenn sich die Temperaturen an den Verbin-dungsstellen unterscheiden. Der Grad der Ablenkung war dabei proportional zur Temperaturdifferenz. Grund ist ein elektrisches Feld, das durch das Temperaturgefälle an den Leitern entsteht.Der französische Wissenschaftler Jean Peltier entdeckte im Jahr 1834, dass dieser Effekt sich umkehren und in der Funktion einer Wärmepumpe nutzen lässt: Legt man an die miteinander verbundenen Leiter einen Strom an, bildet sich an den Kontakt-stellen ein Temperaturgefälle. Wärmeenergie wird von der einen zur anderen Verbindungsstelle transportiert. Der sogenannte Peltiereffekt lässt sich zum Wärmen oder Kühlen einsetzen.Die maximal mögliche Ausbeute der thermoelektrischen Um-wandlung von Wärme in Energie wird physikalisch durch den Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses bestimmt.

ElektrischerAnschluss

Vergleichs-stelle

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Vergleichs-temperatur

Temperatur-differenz

Metall A

Metall B

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V

Abb. 7 Funktion eines Thermoelementes zur Temperaturmessung: Wird ein p-leitender mit einem n-leitenden Werkstoff kombiniert, so wird eine Thermospannung erzeugt. Diese ist proportional zur Temperatur differenz zwischen Messstelle und Ausgleichsstelle mit bekannter Temperatur. Diese Spannung wird gemessen und in die entsprechende Temperatur umgerechnet. Quelle: Wikimedia Commons, Arne Hückelheim

Abb. 6 Die Pioniere der Thermoelektrik: Thomas Johann Seebeck (1770 – 1831), links und Jean Charles Athanase Peltier (1785 – 1845), rechts. Quelle: public domain via Wikimedia

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6 BINE-Themeninfo I/2016

Grundlegendes Prinzip für die thermoelektrische Strom-erzeugung ist der Seebeck-Effekt. Ein thermoelektrisches Modul ist aus einer Vielzahl von elektrisch in Reihe geschal-teten Thermoelementen aus n- und p-leitenden, thermo-elektrischen Materialien aufgebaut (Abb. 8). Thermisch sind diese Thermoelemente parallel geschaltet, sodass ein Wärmefluss durch die thermoelektrischen Materialien stattfinden kann. Eine elektrische Isolierung an der Heiß- und an der Kaltseite stabilisiert die so angeordneten Thermoelemente. Die elektrischen Anschlüsse komplet-tieren das Modul.

Seebeck-Effekt: Aus Wärme wird Strom

In einem offenen Zweileiterkreis aus zwei unterschiedlich leitfähigen Materialien induziert ein Temperaturgefälle zwischen den Kontaktstellen dieser beiden Materialien an den freien Leiterenden eine elektrische Spannung.

Die Thermospannung ist materialabhängig: Bei einer glei-chen Temperaturdifferenz weisen zwei unterschiedliche Leiter unterschiedliche Thermospannungen auf. Dabei wird αAB als Thermokraft oder Seebeck-Koeffizient der Leiter-kombination AB bezeichnet. Er wird üblicherweise in µV/K angegeben. Der Koeffizient ist positiv, wenn der Thermo-strom am wärmeren der beiden Übergänge von Material A zu Material B fließt. Durch diese Konvention erhalten n-Typ Leiter (Elektronenleiter) einen negativen und p-Typ Leiter (Defektelektronenleiter) einen positiven Seebeck-Koeffi-zienten.

Peltier-Effekt: Direkte Klimatisierung mit Strom

Der Peltier-Effekt ermöglicht eine direkte elektrische Küh-lung bzw. Temperaturregulierung. Diese funktioniert so: Fließt ein elektrischer Strom durch ein thermoelektrisches Modul, so wird Wärme von einer Seite zur anderen trans-portiert. Die Temperatur sinkt auf der einen und steigt auf der anderen Seite. Kehrt sich die Richtung des Stromflus-ses um, so vertauschen sich die geheizte und gekühlte Seite des thermoelektrischen Moduls. Dadurch wird es

möglich, die Temperatur von Festkörpern, Flüssigkeiten und Gasen sehr effizient und präzise zu regeln. Dabei be-schreibt das Verhältnis von aufgewendeter elektrischer Leistung zur erzielten Kühlleistung die Effizienz des Küh-lers.

Moderne thermoelektrische Konverter bestehen aus einer großen Anzahl von Thermopaaren mit positiv und negativ dotierten thermoelektrischen Halbleitermaterialien, die elektrisch in Reihe geschaltet und thermisch parallel an-gelegt sind.

Qualitativ lässt sich der Peltier-Effekt durch den sogenann-ten Peltier-Koeffizienten PAB als Quotient zwischen der am Übergang erzeugten bzw. abgeführten Wärmemenge Q pro Zeiteinheit und dem elektrischen Strom I definieren. Er ist nach der sogenannten Kelvin-Relation mit dem See-beck-Koeffizienten verbunden.

Die Materialien

Thermoelektrische Materialien bestehen aus speziellen Legierungen oder Halbleiterverbindungen. Neuerdings wer-den auch elektrisch leitfähige Polymere auf thermoelekt-rische Eigenschaften untersucht.

Auf dem Weg zum bestmöglichen Thermogenerator müssen die Entwickler viele Faktoren gleichzeitig berücksichtigen. Im Steckbrief der Wunsch-Materialien stehen hohe Wir-kungsgrade, die durch eine geringe thermische bei gleich-zeitig hoher elektrischer Leitfähigkeit und einen hohen Seebeck-Koeffizienten bedingt werden. Die Materialien sollen gegenüber hohen Temperaturen und thermomecha-nischen Einflüssen stabil sein und auch Anforderungen wie Verfügbarkeit und Umweltverträglichkeit erfüllen. Die unterschiedlichen Einsatzgebiete stellen mit den Heraus-forderungen, wie schnelle Temperaturwechsel und starke Vibrationen, hohe Ansprüche an die Aufbau- und Verbin-dungstechnik und Systemintegration hinsichtlich der Lang-zeitstabilität. Und zugleich untersuchen die Forscher, wie Thermogeneratoren weitgehend automatisiert und kosten-günstig hergestellt werden können.

Eng mit dem Phänomen Thermoelektrik verknüpft

sind die Namen der Wissenschaftspioniere Seebeck und

Peltier. Die Wandlung von Wärme in elektrischen Strom

ist bekannt als sog. Seebeck-Effekt, die direkte Wandlung

von Strom in Temperaturgefälle als sog. Peltier-Effekt.

Wie diese direkte Energie-Umwandlung funktioniert,

wird hier erklärt.

Wie funktioniert Thermoelektrik?

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7BINE-Themeninfo I/2016

Thermoelektrischer Wirkungsgrad als Maß der Effizienz: ZT

Mit der Gütezahl ZT lässt sich die Nutzbarkeit thermo - elektrischer Materialien bewerten. Je höher die Gütezahl bzw. die Güteziffer Z eines Materials ist, desto effektiver kann dieses in Thermogeneratoren oder Peltier-Kühlern eingesetzt werden. Daher haben alle Ansätze zur Verbesserung thermo-elektrischer Materialien das Ziel, ZT zu maximieren. Die zurzeit für Kühl- und Generatorzwecke eingesetzten Materialien errei-chen mittlere Gütezahlen im Bereich zwischen 0,5 und 0,8. Die Anwendungstemperaturen sowie die thermoelektrische Güteziffer Z (bzw. die dimensionslose Gütezahl ZT) bestimmen den maximalen Wirkungsgrad von Thermogenerator ηmax sowie Peltier-Kühler φmax .

Die thermoelektrische Güteziffer Z bzw. die dimensionslose Gütezahl ZT wird physikalisch beschrieben durch

Dabei bezeichnen σ die elektrische Leitfähigkeit, λ die Wärmeleitfähigkeit und α den Seebeck-Koeffizienten.

0 200 400 600 800 1.0000,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

Tkalt= 300 K

Carnot-Wirkungsgrad ZT = 2,5 ZT = 2ZT = 1,5 ZT = 1 ZT = 0,5

Effiz

ienz

η

Δ T [K]

Abb.11 Umwandlungseffizienz eines thermoelektrischen Generators in Abhängigkeit des Temperaturunterschiedes zwischen Heiß- und Kaltseite (Kaltseitentemperatur fest bei 300 K) sowie der mittleren thermoelektrischen Gütezahl ZT der Materialien. Quelle: Fraunhofer IPM

n-leitendes TE Material p-leitendes TE Material

WärmeflussElektrischer Stromfluss

warm

kalt

Thermo-elektrisches

Modul

B

A A

TW TK

UAB

absorbierte Wärme(kalte Seite)

Abwärme(heiße Seite)

keramischesTrägermaterial

elektrischeKontakte

p-dotiertesHalbleitermaterial

n-dotiertesHalbleitermaterial

Positiv (+) Negativ (–)

Abb. 8 Aufbau und Funktionsweise eines thermoelektrischen Generators. Der Wärmestrom erzeugt einen elektrischen Strom. Quelle: Fraunhofer IPM

Abb. 9 Offener elektrischer Zweileiterkreis aus den Materialien A und B mit einer Temperaturdifferenz TW – TK zwischen den Kontaktstellen. Dadurch wird aufgrund des Seebeck-Effektes die Thermospannung UAB erzeugt. Quelle: Fraunhofer IPM

Abb. 10 Schematischer Aufbau eines Peltier-Elements. Wird ein thermoelektrisches Halbleitermaterial von einem elektrischen Strom durchflossen, erwärmt sich die eine Seite, die gegenüberliegende wird abgekühlt. Quelle: PANCO GmbH

ηmax = φmax =,T1 – T2

T2 – T1 T2 T1

T1

T1 √1 + ZTm – 1

√1 + ZTm + 1√1 + ZTm +

T2 T1

√1 + ZTm –

Z = ZT = Tbzw.α2 σ α2 σ

λ λ (T = absolute Temperatur)

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8 BINE-Themeninfo I/2016

Energieautarke Sensoren versorgen sich selbstständig mit Strom und kommen ohne Batterien und Wartung aus. Speziell angepasste Thermogeneratoren erzeugen die erforderliche Energie aus dem Temperaturunterschied zwischen Umgebung und Innenraum. Bereits die Diffe-renz zwischen Körper- und Raumtemperatur reicht prinzi-piell aus, um elektronische Geräte zu betreiben. Auch für die kabellose Über wachung von Körperfunktionen sind thermoelektrisch betriebene Sensoren denkbar. Das zeig-ten Ende der 1990er Jahre thermoelektrische Uhren.

Sensoren, die sich selbstständig mit Energie versorgen, den Energieverbrauch gegenseitig abstimmen, im Netzwerk lokal miteinander kooperieren und Messwerte an eine zentrale Steuerung weitergeben, werden im von der Bun-desregierung geförderten Verbundprojekt „Autarke flexible Monitoring-Einheiten zur Überwachung technischer Sys-teme – AMETYST“ entwickelt.

Energie für die kabellose Überwachung des Flugzeugrumpfes

Die Sensoren werden in Form eines „intelligenten Pflasters“ kabel- und gewichtssparend an der Innenseite des Flug-zeugrumpfes aufgeklebt. Sie arbeiten energieautark und können bereits während des Fluges Verschleiß-, Ermüdungs- und Korrosionserscheinungen erfassen. Die notwendige Energie wird aus dem Temperaturunterschied zwischen minus 20 bis minus 50 °C kalter Außenluft und etwa 20 °C warmer Passagierkabine gewonnen.

Die Dicke der thermoelektrischen Schichten, die die beiden Temperaturniveaus voneinander trennen, bestimmt wesent-lich die Leistungsfähigkeit des Bauteils: Ziel sind bei Tempe-raturdifferenzen von 30 K elektrische Leistungen von 10 mW. Dazu optimieren die Entwickler den Wärmefluss. Erste Pro-totypen sollen demnächst im Flugzeug getestet werden.

Thermoelektrik versorgt energieautarke

Sensorsysteme zur Überwachung von Flugzeugen,

Hochhäusern, Kraftwerken, Windkraft- oder Industrie-

anlagen sowie bei Gefahrgüter-Transporten. Diese

sitzen an unzugäng lichen oder gefährlichen Stellen und

überwachen Bauteile oder übermitteln Betriebsdaten

an eine zentrale Einheit.

Thermoelektrik macht Sensoren energieautark

!

!

Abb. 12 Energieautarke Sensoren überwachen den Zustand einer Papiermaschine. Kleine kosteneffiziente Sensorknoten bilden ein drahtloses Netzwerk. Die Sensoren können auch an unzugänglichen Orten Daten erfassen und weiterleiten. Quelle: Fraunhofer IZM

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9BINE-Themeninfo I/2016

Autarke Sensoren für Autos, Gebäude oder Hörgeräte Drahtlose Sensornetze sind flexibel, sicher und kosten-günstig zu installieren. Deshalb werden sie beispielswei-se für Infrastruktur- und Umweltsensorik sowie zur Fahr-zeugüberwachung eingesetzt.

Sportler könnten ihren Puls über ein in das T-Shirt integrier-tes Sensorsystem messen, Hörgeräte ihre Energie aus der Körperwärme beziehen. Wie im Flugzeug könnten energie - autarke Sensornetzwerke auch im Auto helfen, Gewicht zu sparen, denn schwere Kabelzuleitungen sind überflüs-sig. Zur Überwachung von Gebäuden und Brücken lassen sich Sensoren einfach in das Mauerwerk einbringen, wo sie dann beispielsweise die Feuchtigkeit messen.

Das gesamte System besteht im Allgemeinen aus einem Sensor, der die physikalischen, chemischen Eigenschaften oder die stoffliche Beschaffenheit misst, einem thermo-elektrischem Generator zur Energiegewinnung, einem Energiespeicher, einer Ladeelektronik und einem Funk-modul sowie dessen Empfänger. Dieses Funktionsprinzip ist schematisch in der Abbildung 13 dargestellt.

Intelligentes Powermanagement mit TEG

Drahtlose Sensornetze eignen sich besonders für Anwen-dungen, in denen Batterien weniger geeignet sind. Denk-bar sind Produktion und Anlagentechnik, Überwachung von Bauwerken wie Brücken und Gebäuden, von Verkehrs-mitteln wie Schiffen, Flugzeugen und Zügen sowie Tra-cking und Tracing in der Logistik. Damit wird es möglich, Güter während eines oft monatelangen Transports nachzu-verfolgen und ihren Zustand zu überwachen.

Um eine Anwendung mit 10 mW Leistungsaufnahme ein Jahr lang mit einer Batterie zu versorgen, wäre bei einer Energiedichte von 0,06 Wh/cm3 eine Lithium-Batterie mit einem Volumen von 285 cm3 erforderlich, die nach einem Jahr gewechselt werden müsste. Dafür würden TEG mit einem Gesamtvolumen von 0,6 cm3 ausreichen. Denn TEG mit einem Volumen von 0,01 cm3 liefern bei einem Temperaturunterschied von 3 K eine Leistung von etwa 160 µW. Der Einsatz autarker Energiequellen lohnt sich auch im Kleinleistungsbereich, wenn die Umgebungs-bedingungen stimmen.

Bereits sehr geringe Temperaturunterschiede von we niger als 1 K reichen für TEG, um drahtlose Sensornetze mit Strom zu versorgen. Ein am Fraunhofer IPM entwikckeltes System nutzt die mit dem Tag-Nacht-Zyklus verbundenen Temperaturschwankungen, um kontinuierlich die Umge-bungstemperatur zu messen und an einen Empfänger zu übermitteln. Das Sensorsystem besteht im Wesentlichen aus einem thermisch an die Umgebung angebundenen Wärmesammler, einem thermisch entkoppelten Wärme-speicher und einem dazwischen eingebauten thermoelek-trischen Generator.

Wenn der Wärmesammler eine andere Temperatur als der Wärmespeicher hat, fließt ein Wärmestrom durch den thermoelektrischen Generator; dieser erzeugt elektrische Energie. Über ein Powermanagementsystem versorgt er das Netzwerk auch nachts kontinuierlich mit Strom.

Thermoelektrik macht Sensoren energieautark

Energieautarke Systeme und Energy Harvesting

Als Energy Harvesting wird die Erzeugung elektrischer Energie aus Umgebungsenergien wie Wärme, Licht, Vibrationen oder Wind bezeichnet. Neben den thermoelektrischen Generatoren sind Piezo- und Schwingungswandler gebräuchlich. Ein Piezo-wandler nutzt Vibrationen oder Druckschwankungen zur Strom-erzeugung. Schwingungswandler induzieren elektrodynamisch eine Spannung; sie nutzen mit einem an die jeweiligen Resonanz-frequenzen angepassten System von Spulen und Dauermagneten die Vibrationen und Schwingungen von Fertigungsanlagen.

Thermoelektrisches Energy Harvesting versorgt z. B. drahtlose Sensor-Netzwerke, intelligente Gebäudesteuerungen und Heizkörperstellantriebe wartungsfrei mit Strom.

Mikro-kontroller

drahtloseDaten-

übertragung

Signal-bearbeitung

Sensor

Solarenergie Radiowellen

Bewegungsenergie Wärmeenergie

Energie-management

EnergyHarvester

Abb. 13 Schematische Darstellung verschiedener Energy- Harvesting-Verfahren zur Versorgung eines drahtlosen Sensorknotens. Quelle: Universität Aalborg

Abb. 14 oben: Der Thermogenerator des Heizkörperstellantriebs arbeitet ab einem Temperaturunterschied von 4 Kelvin. Die warme Seite ist das Warmwasser am Heizungsventil und die kalte Seite ist das Heizkörper-stellantrieb-Gehäuse. Quelle: Micropelt; unten: Ein energieautonomes Sensorarmband misst z. B. die Umgebungstemperatur und sendet sie über Bluetooth an einen PC. Quelle: Fraunhofer IIS / Kurt Fuchs

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10 BINE-Themeninfo I/2016

Welches thermoelektrische Material sich am besten eignet, resultiert aus der Gesamtbetrachtung aller technologischen Aspekte sowie der ökonomischen, ökologischen und toxi-kologischen Eigenschaften von Material und Anwendungs-system. Für die weitere Entwicklung zur Marktreife müssen die Forscher alle diese Faktoren berücksichtigen.

So werden TEG leistungsfähig und preiswert

Technologisch ist eine möglichst hohe thermoelektrische Gütezahl ZT notwendig. Materialien mit maximalen Werten um 1,5 sind bereits anwendungstauglich. Außerdem soll sich der ZT-Wert über einen möglichst großen Temperatur-bereich nur gering verändern. Für mobile Anwendungen, z. B. als thermoelektrischer Generator in Fahrzeugen, sollte

das thermoelektrische Material ein möglichst geringes spezifisches Gewicht aufweisen. Die Kontaktmaterialien für die elektrische und thermische Anbindung müssen chemisch und auch in Bezug auf den elektrischen Kontakt-widerstand passen. Ebenso müssen ihre physikalischen Eigenschaften, z. B. ihre thermischen Ausdehnungskoef-fizienten, bestens mit dem thermoelektrischen Material verträglich sein.

Damit thermoelektrische Produkte für jedermann erschwing-lich werden, müssen Material- und Fertigungskosten gering gehalten werden. Als Vorbereitung einer Massenfertigung ist es erforderlich, Verfügbarkeit und Preise von Rohstoffen und Technologien zur Herstellung der Materialien und Systeme abzuschätzen.

Für die ökologische Betrachtung ist wichtig, ob und wieweit für thermoelektrische Jedermann-Produkte geschlossene Produktkreisläufe oder zumindest hohe Materialrecycling-quoten erreicht werden können. Bei jedem Schritt der thermoelektrischen Wertschöpfungskette kann die toxiko-logische Bewertung allein zum Ausschlusskriterium für sonst gut einsetzbare Materialien, Technologien und Pro-zesse werden.

Materialforschung

Bis heute ist die Thermoelektrik-Forschung „materiallastig“, getrieben von dem Wunsch, möglichst hohe ZT-Werte zu erreichen. Im Labor wurden die größten Erfolge mit dem physikalischen Konzept erzielt, die thermische Leitfähig-keit zu verringern und dabei die anwendungstauglichen elektrischen Eigenschaften zu erhalten.

Forscher untersuchen beispielsweise die Legierungsstreu-ung, den Einbau von Streuzentren in thermoelektrische Materialien aus sogenannten Käfigstrukturen sowie unter-schiedliche Nanostruktur-Technologien. Sie stellen die nanostrukturellen Eigenschaften mit speziellen Verarbei-tungstechnologien wie Kugelmahlen ein. Mit Kompak tie-rungsverfahren wie Spark Plasma Sintering oder Heiß-pressen entstehen konfektionierbare Halbzeuge in Form

Die Herausforderung für die Entwickler

besteht darin, dass optimale thermoelektrische

Werkstoffe ein teils widersprüchliches Eigenschafts-

spektrum erfüllen müssen. Gefordert sind hohe

elektrische und niedrige thermische Leitfähigkeit

sowie eine hohe thermoelektrische Kraft

(Seebeck-Koeffizient).

Forschung für die optimalen Materialien

Abb. 15 Temperaturabhängiger Verlauf der Gütezahl ZT für verschiedene thermoelektrische Materialien (Stand 2014). Quelle: Fraunhofer IPM

2000 400 600 800 1.000

2,0

1,5

1,0

0,5

0

Bi-Te (p)Bi-Te (n)

HalbHeusler (p)

Si-Ge (p)

Fe-Si (n)Zn-O (n)

Pb-Te (p) Skutterudite (p)Pb-Te (n)

Mg2(Sn,Si) (n)

Skutterudite (n)

HalbHeusler (n)

Si-Ge (n)

Na-Ca-Co-O (p)

ZT

Temperatur [°C]

Originalgröße bitte bessere Vorlage

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11BINE-Themeninfo I/2016

von zylindrischen Presslingen. Derzeit ist noch offen, inwie-weit die erreichte Verbesserung des ZT-Wertes unter Ein-satzbedingungen erhalten bleibt, insbesondere bei Bi2Te3 und Einsatztemperaturen oberhalb von etwa 300 °C.

Die untersuchten Materialien sind so vielfältig wie die Fak-toren, die ihre Eigenschaften beeinflussen: neben den klassischen V2-VI3-Materialien (aus den Gruppen V und VI des Periodensystems der Elemente) mit der Basis-Verbin-dung Bi2Te3, den IV-VI-Materialien mit der Basis-Verbin-dung PbTe und den IV/-V-Legierungen aus dem System SiGe viele weitere Verbindungen. Abb. 15 zeigt für n-Typ- und p-Typ-Materialien die Gütezahl ZT in Abhängigkeit von der Temperatur.

Zu den aktuell untersuchten thermoelektrischen Materia-lien bzw. Materialfamilien zählen die • Chalcogenide mit Vertreten wie Bi2Te3,

PbTe, AgPb18SbTe20, LaTe1,45, Cu12Sb4S13 • Halb-Heusler-Legierungen auf Basis von TiNiSn • Silicide wie Mg2Si0,8Sn0,2, MnSi1,7, FeSi2, Si0,8Ge0,2 • Klathrate wie Ba8Ga16Ge30

• Skutterudite auf Basis von CoSb3

• Zintl-Phasen wie Zn4Sb3, Yb14Mn1Sb11

• Bi-Sb-Legierungen• Oxide mit Perovskit-Struktur wie NaxCoO2

und [Ca2CoO3]0.62[CoO2]• Polymere

Etliche der n-Typ und p-Typ Materialien erreichen oder übertreffen den „magischen“ Wert ZT=1. Die Labordaten zeigen, dass für alle anwendungsrelevanten Temperatur-bereiche Materialien zur Verfügung stehen. Den Raumtem-peraturbereich beherrschen seit etwa 50 Jahren ausschließ-lich Bi2Te3-basierte Materialien.

Rohstoffpreise als Auswahlkriterium

Da es keine belastbaren Daten zu Kosten für die Herstellung thermoelektrischer Verbindungen sowie für die Weiter-verarbeitung zu thermoelektrischen Bauelementen gibt, wird als weiteres Kriterium für ein optimales Material der

Abb. 17 Elektrische Leistung des thermoelektrischen Generators in Abhängigkeit vom thermischen Widerstand KTEG des Generators. Das Maximum der generierten Leistung liegt bei Kopt. Quelle: Fraunhofer IPM

Abb. 18 In der „TEG-Line“ arbeiten die Wissenschaftler des Instituts für Werkstoff-Forschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) an der Weiterentwicklung thermoelektrischer Materialien und Generatoren. Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Wunscheigenschaften von thermoelektrischen Materialien

Die meisten thermoelektrischen Werkstoffe erreichen bei der Gütezahl ZT in einem schmalen Temperaturbereich einen Höchstwert: Sie müssen also dem angepeilten Temperaturbereich entsprechend ausgewählt werden. Die Materialien sollten möglichst folgende Eigenschaften aufweisen:

• Eine hohe elektrische Leitfähigkeit σ, um die elektrischen Verluste (Joulesche Wärme) klein zu halten,

• eine geringe Wärmeleitfähigkeit λ, um einen großen Temperaturgradienten dT zu erzielen,

• einen hohen Seebeck-Koeffizienten α, um eine möglichst große Spannung am Ausgang des Generators zur Verfügung zu haben.

Thermische und elektrische Energieflüsse folgen vergleichbaren Regeln. Um die maximale elektrische bzw. thermische Leistung zu generieren, müssen sowohl die elektrische und thermische Leistung als auch die Widerstände von thermoelektrischem Generator und System genau aufeinander abgestimmt werden.

Abb. 16 Peltierelement (Hersteller: Peltron). Quelle: Fraunhofer IFAM

KTEG

KZ Kopt

Pow

er

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12 BINE-Themeninfo I/2016

Rohstoffpreis für die jeweils hergestellte Verbindung in der angegebenen Stöchiometrie herangezogen.

Vorne liegen Zn4Sb3, die Silicide, die Skutterudite, die Halb-Heusler-Verbindungen und die Oxide. Mit deutlichem Ab-stand folgen die Klassiker Bi2Te3 und PbTe. Erheblich teurer ist das „Weltraummaterial“ SiGe.

Doch Zn4Sb3 neigt bei höheren Temperaturen zur chemi-schen Instabilität mit Sb-Verlusten. Die Oxide sind, trotz erheblicher Qualitätsverbesserungen in den letzten Jahren, noch deutlich von technisch nutzbaren ZT-Werten und auch von geeigneten langzeitstabilen Kontakttechnologien entfernt. Jenseits der Einsatztemperatur für Bi2Te3 decken die Silicide, die Skutterudite und die Halb-Heusler-Mate-rialien den derzeit wohl wichtigsten Temperaturbereich bis ca. 600 °C ab. Für zukünftige Anwendungen wäre es wün-schenswert, für den Temperaturbereich zwischen 100 °C und 300 °C neue Materialien mit hohen Gütezahlen zu erforschen, um die bestehende Lücke zu schließen.

Auch bei preislich vielversprechenden Materialien muss die Liefersicherheit beachtet und mit erheblichen Schwankun-gen der Rohstoffpreise gerechnet werden. Beim bislang bes-ten Halb-Heusler-Material (Ti0.5(Zr0.5Hf0.5)0.5NiSn0.998Sb0.002) stiegen insbesondere die Preise der wesentlichen Kom-ponente Hafnium in den letzten Jahren sprunghaft. Die meisten Elemente für die Herstellung von Thermoelektrika gehören zu den sog. kritischen Elementen für eine sichere Versorgung in der Europäischen Union. Die wenigen Aus-nahmen betreffen im Wesentlichen die Silicide und die Basis-Halb-Heusler Verbindung TiNiSn.

Vielversprechende TE-Materialien

Mit dem Ziel, die Thermoelektrik massentauglich zu machen, konzentrieren sich sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsbezogene Entwicklung verstärkt auf die Ma-terialfamilien der Silicide, Skutterudite und Halb-Heusler-Verbindungen. Das liegt auch an der ökologischen und

toxikologischen Einstufung dieser sogenannten Mittel-temperaturmaterialien.

Bei Bi2Te3 ist problematisch, dass es als toxisch eingestuft wird, wobei sich dies kaum auf die schwer lösliche Ver-bindung Bi2Te3 selbst beziehen kann. Dies gilt ebenso für die ebenfalls schwer lösliche Verbindung PbTe. Es ist ab-sehbar, dass PbTe-basierte Massenprodukte trotz vielfäl-tiger Qualitätsverbesserungen sowie jahrzehntelanger technologischer Erfahrung nicht auf gesellschaftliche Ak-zeptanz treffen werden. Dies wird auch die EU-Ausnahme-genehmigung für PbTe-basierte thermoelektrische Gene-ratoren in Kraftfahrzeugen bis 2018 wahrscheinlich nicht ändern.

Zum Stand der Technik und zu den Perspektiven für die großtechnische Herstellung thermoelektrischer Materia-lien gilt: Technologisch gesichert sind die Klassiker. Halb-Heusler Materialien, Skutterudite und PbTe können derzeit im Technikums-Maßstab (einige 10 kg) hergestellt werden, Magnesium- und Mangansilicide im einstelligen Kilo-gramm-Bereich. Für die Skutterudite wird berichtet, dass die Herstellung mit „vernünftigen“ ZT-Werten im Tonnen-maßstab gelungen sei.

Aktuell untersuchen Forscher vielversprechende Synthe-semethoden und Materialien, die im Labor bereits Güte-zahlen von ZT = 1,5 bis 2,5 aufweisen.

Eine aktuelle Zusammenfassung der Detailinformationen zu den Materialien zeigt Abb. 19.

Die magische Schwelle der Gütezahl ZT ist für alle wichti-gen Materialfamilien bis auf die Mangansilicide und die Oxide erreicht bzw. sicher überschritten. Die technisch wichtigen Temperaturbereiche bis ca. 600 °C sind abge-deckt. Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht noch zu Langzeitstabilität sowie mechanischer, thermischer und chemischer Stabilität. Die Datenlage für den Bereich Toxi-zität ist nicht für alle Materialien ausreichend. Die Proble-matik der kritischen Elemente trifft für nahezu alle Mate-

Abb. 19 Aspekte zur Ermittlung optimaler thermoelektrischer Materialien, Stand 2014. Quelle: Fraunhofer IPM

Materialien Bi2Te3 PbTe SiGe MnSi1.73 Mg2-SiSn CoSb3 Oxide Halb-Heusler

Kommerzielle und Weltraum-Module Forschungsmodule Prototypen

Gütezahl (ZT) >1,0 >1,0 <1,0 ≥ 1,0 ≥ 1,0 > 1,0 < 1,0 ≥ 1,0

Einsatztemperatur < 300 °C < 500 °C < 900 °C < 550 °C < 550 °C < 520 °C < 700 °C < 550 °C

Langzeitstabilität ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■

Mechanische Stabilität ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■

Thermische Stabilität ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■Chemische Stabilität ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■Toxizität ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■Umweltaspekte ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■Verfügbarkeit Rohmaterial ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■Großtechnische Herstellung ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ positive Bewertung ■ negative Bewertung ■ widersprüchliche Daten

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13BINE-Themeninfo I/2016

rialien zu. Die Herstellung im technischen Maßstab hat gerade in letzter Zeit große Fortschritte gemacht. Bis heute ist es noch offen, welches der Mitteltemperaturmaterialien das sog. optimale Material sein wird. Es wird wahrschein-lich unter den Siliciden, Skutteruditen oder Halb-Heusler-Materialien zu finden sein.

Der Weg vom Material zum Modul

Das Material gibt die maximal möglichen thermoelektri-schen Wirkungsgrade vor. Bei den hauptsächlich verwen-deten Halbleiterverbindungen werden die gewünschten Eigenschaften durch gezielte Dotierung eingestellt. Das auf Raumtemperatur zugeschnittene Materialsystem Bis-muttellurid (Bi2Te3) wird seit Jahrzehnten erfolgreich ein-gesetzt.

Damit die TE-Module im Betrieb Temperaturdifferenzen von einigen hundert Kelvin standhalten können, müssen die Entwickler beim Aufbau die unterschiedlichen Aus-dehnungskoeffizienten von thermoelektrischem Material, metallischem Kontakt und keramischer Isolierung berück-sichtigen.

Weitere wichtige Faktoren, die beim Aufbau eines leis-tungsfähigen Moduls zu beachten sind: Die Materialien sind schädigungsfrei zu bearbeiten, elektrisch und ther-misch zu kontaktieren und stoffschlüssig zu verbinden. Die kontaktierten Materialien werden möglichst „thermisch widerstandsfrei“ mit der Wärmequelle und der Wärmesenke verbunden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ankopp-lung durch eine elektrische Isolierung mit einer möglichst hohen Wärmeleitfähigkeit erfolgt, z. B. durch Keramiken wie Aluminiumnitrid.

Für einen hohen Wirkungsgrad ist das thermische Manage-ment der Gesamtanlage entscheidend. Um thermoelekt-rische Module optimal in ein System zu integrieren, müs-sen sowohl die Wärmetauscher als auch die thermische und die elektrische Leistung angepasst werden.

Für einen guten thermoelektrischen Kontakt gelten folgen-de Anforderungen:

1. Der elektrische Kontaktwiderstand soll klein gegenüber dem elektrischen Widerstand des Thermoschenkels sein.

2. Die Kontaktstelle soll mechanisch stabil und beständig gegen Temperaturwechsel sein. Speziell der Einsatz in Fahrzeugen erfordert eine hohe Zyklenstabilität.

3. Die Diffusion zwischen Halbleiter und Metallelektrode soll möglichst klein sein, damit die Eigenschaften des Halbleiters nicht durch eindiffundierendes Material verändert werden. Das Elektrodenmaterial soll möglichst keine Dotierwirkung im Halbleiter besitzen.

4. Der Erweichungspunkt der Kontaktschicht soll nicht wesentlich unter dem Schmelzpunkt des thermo-elektrischen Materials liegen, damit der Einsatz- Temperaturbereich nicht verringert wird.

5. Der Temperatursprung am Kontakt soll klein gegen-über dem Temperaturabfall am Thermoschenkel sein.

6. Die thermischen Ausdehnungskoeffizienten sollten hinreichend übereinstimmen, um die mechanische (Langzeit-)Stabilität zu gewährleisten sowie Spannungen und Scherkräfte aufgrund unterschiedlicher thermischer Ausdehnung zu vermeiden.

7. Das thermoelektrische Material sollte nicht beim Kontaktierungsprozess geschädigt werden.

8. Für die industrielle Anwendung sollten die an die Materialien angepassten Aufbau- und Verbindungs-techniken einfach industrialisierbar sein.

200 250 300 350 400 450 500

22

20

18

16

14

12

10

8

6

4

2

0

Bi2Te3 PbSe SiGe

Carn

otw

ert [

%]

T (K)

Abb. 20 Thermoelektrik-Schenkel Quelle: Fraunhofer IPM

Abb. 21 Bi2Te3 eignet sich sehr gut für Einsatzgebiete im Raumtemperaturbereich (300 K). Quelle: Micropelt

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14 BINE-Themeninfo I/2016

Die Vielfalt an thermoelektrischen Materialien

zeigt sich auch im breiten Spektrum an Herstellungs-

verfahren. Diese reichen von der gießereitechnischen

Herstellung von Legierungen wie den Halb-Heusler-

Verbindungen über drucktechnische oder galvanische

Herstellung von Thermoelektrika bis zu keramischen

Verfahren.

Die Herstellung von TE-Materialien und TEG

stellt werden. Das gegenwärtig vielversprechendste p-leiten- de Polymer (PEDOT:Tos) erreicht so ZT-Werte um 0,2 – 0,3.

Die größte Herausforderung bei der Entwicklung leitfähiger Polymere besteht jedoch in der Synthese eines n-leitenden Polymers, das eine hohe Stabilität an Luft aufweisen sollte. Gegenüber den rein organischen Materialien hat der Poly-meransatz über Organometallkomplexe den Vorteil, dass je nach verwendeter Metallkomponente sowohl n- als auch p-leitende Polymere entwickelt werden können. Die ZT-Wer-te der Organometallkomplexe müssen somit noch weiter verbessert werden, sie liegen für die p-leitenden Materia-lien im Bereich von 0,01 bzw. für die n-leitenden bei 0,2.

TEG-Parameter (Polymer)

TEG aus Organometallkomplex-Polymeren erzielten mit ei-nem Aufbau aus 35 Thermopaaren eine Flächenleistungs-dichte von ca. 1 µW/cm2 bei einer Temperaturdifferenz von 25 K. Für einen PEDOT:Tos-basierten TEG liegt die Flächen-leistungsdichte im Bereich von 0,27 µW/cm2 (ΔT=30 K). Ein Grund für die geringe Leistungsdichte wird im relativ hohen Kontaktwiderstand zwischen Organik und Metall gesehen, der im Bereich von einigen Ohm liegen kann.

Mit der Entdeckung elektrisch leitfähiger Polymere wurden organische Materialien auch darauf untersucht, ob sie sich für thermoelektrische Anwendungen eignen. Für die Forscher sind sie besonders interessant aufgrund ihrer geringen thermischen Leitfähigkeit sowie dadurch, dass sie flexibel und ungiftig sind. Da für ihre Synthese keine seltenen Elemente benötigt werden, sind auch großflächige Anwendungen vorstellbar. Die Polymere lassen sich durch kontinuierliche und automatisierbare Technologien, wie z. B. das Drucken, verarbeiten.

Stand der Technik: Polymer-Materialentwicklung

Bei der Polymerentwicklung wurden in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte erzielt. Es finden sich Veröffentli-chungen zur Synthese, Modifikation und Charakterisierung unterschiedlichster Polymere. Sowohl rein organische Mate-rialien (PANI, PPV, PPy:Tos, PEDOT:PSS oder PEDOT:Tos) als auch Organometallkomplexe wurden untersucht. Die meis-ten der entwickelten organischen Polymere sind p-leitend, sie können durch unterschiedliche Moleküle und Verfahren dotiert werden. Durch eine Variation der Oxidationsstufen kann z. B. sehr gezielt die Ladungsträgerkonzentration in Polymerschichten chemisch oder elektrochemisch einge-

Abb. 22 (von links nach rechts) 1 Vorstrukturiertes Substratmaterial, 2 Drucken bzw. Füllen des porösen Materials, 3 und 4 mit p-leiten dem und n-leitendem Polymer gefülltes Material, 5 Drucken aller Kontakte, 6 flexibler Polymer-TEG mit einer Größe von 10 x 10 cm². Quelle: Fraunhofer IWS

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15BINE-Themeninfo I/2016

Standpunkte

So kommt die Thermoelektrik aus der Nische

Hochtemperaturtaugliche thermoelektrische Generatoren, die hohe Leistungsdichten bei der Umwandlung von sonst ungenutzter Abwärme erwarten lassen, haben trotz vielfältiger weltweiter Bemühungen, die technologisch interessante Gütezahlen ergeben haben, noch nicht ihren Weg in einen Massenmarkt gefunden. Dies liegt vor allem in zwei Heraus forderungen begründet, denen sich Entwickler heute stellen müssen.

Zum einen ist die Grundvoraussetzung für eine serielle Nutzung von TEG eine hohe Verfügbarkeit von hocheffizienten langzeit-stabilen Funktionsmaterialien für Entwick-lungsarbeiten und Produktion. Zum anderen müssen auch Kontaktierungen in Modulen, die mit serientauglichen Verfahren gefertigt werden, langzeitstabil sein.

Prof. Dr. Eckhard Müller Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institut für Werkstoff-Forschung, Thermoelektrische Mate- rialien und Systeme, Köln

Damit die Thermoelektrik das CO2-Emissions-ziel der Fahrzeuge ab 2020+ unterstützen kann, muss die Automobil industrie jetzt TEG entwickeln und deren Integration in künftige Fahrzeuge planen. Dazu werden für die Entwicklung TE-Module in ausreichender Menge gebraucht, die das Potenzial haben, die besonderen Anforderungen der Automobilindustrie bzgl. Wirkungsgrad, Qualität, Menge und Preis spätestens zur Serieneinführung zu erfüllen. Und es muss belastbare Strategien geben, wie diese Potenziale erschlossen werden.

Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass neben hoher Temperatur- und Wechselbelastbarkeit sowie Dauerhaltbarkeit auch eine hohe Moduleffizienz bei den im Stadtbetrieb geringen Abgastemperaturen notwendig ist, um eine relevante CO2-Redu-zierung im Prüfzyklus zu erreichen.

Daniel Jänsch Senior Projektleiter Programm-Management Hybrid und Energierück-gewinnung Mechatronik Diesel IAV GmbH, Berlin Abb. 24 Dispenser-Druck eines Monoleg-TEG

Quelle: Fraunhofer IWS

Forschung für neue Dünnschicht-Thermoelemente

Abb. 23 Mikrostruktur der miniaturisierten Dünnschicht-Thermogeneratoren: mehr als 100 Schenkelpaare pro Quadratmillimeter sind möglich. Quelle: Micropelt

Mikro-Kühlelemente sollen noch bessere Wärmepumpleistungen erreichen. Mit diesem Ziel untersuchten Forscher im Verbundprojekt Nanopelt, wie sich mit einer weiterentwickelten Herstellungstech-nologie und neuen thermoelektrischen Beschichtungsmaterialien leistungsfähigere thermoelektrische Dünnschicht-Bauelemente herstellen lassen. Die Herausforderung besteht darin, eine Folge ultradünner Schichten extrem exakt, verwindungsfrei und dauerhaft übereinander zu fixieren – widerstandsfähig gegen Belastungen durch hohe Temperaturschwankungen.

Die Forscher ersetzen das sonst als Substrat eingesetzte Silizium durch sehr gut wärmeleitende, hochglanzpolierte Kupferwafer. Die im Dünnschichtverfahren hergestellten Chips werden mit einem Laser prozess vereinzelt. Damit sich die Wafer dabei nicht verformen, muss das Lasertrennen für eine industrielle Produktion noch verfeinert werden. Ziel der Forscher ist es, mit dem verbesserten Herstellungsprozess auf Kupferwafern Temperatur differenzen > 60 K und eine Wärmepumpleistung von 150 W/cm² zu erreichen.

Aus der Praxis

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Der Kontaktwiderstand von PEDOT:PSS/Ag liegt z. B. bei 5 Ohm*mm2.

Fujifilm präsentierte 2013 erstmals den Prototyp eines polymerbasierten TEG zur Generierung von elektrischer Energie aus der menschlichen Körperwärme. Er war aus-reichend flexibel, um gekrümmte Oberflächen zu um-schließen. Der Aufbau dieses TEG erfolgte ausschließlich aus einem p-leitenden Polymermaterial (ZT > 0,27).

Thermoelektrika drucken

Neben den interessanten Materialeigenschaften bieten die Polymere den Vorteil, dass sie mit verschiedenen Drucktechnologien verarbeitet werden können. Verschie-dene Fraunhofer-Institute arbeiten am Aufbau thermo-elektrischer Generatoren durch Drucktechniken. Am Fraun-hofer IWS synthetisieren und modifizieren Forscher n- und p-leitende Polymere wie PEDOT:Tos für die gedruckte Thermoelektrik. Mit der Dispensertechnik können sie einen Generator aus nur einem Materialtyp im Monoleg-Design herstellen. Dabei werden Linien aus dem leitfähigen Polymer auf Polyimidbänder gedruckt und diese später vertikal aufgerichtet (Abb. 24). Ein ähnlicher Aufbau kann auch für TEGs aus p- und n-leitenden Polymerkompositen genutzt werden.

Neben der Variante eines bedruckten vertikal aufgestell-ten Bandes können auch andere Designs realisiert wer-den, die dem klassischen TEG-Aufbau nachempfunden sind. Eines basiert auf einem porösen Material (z. B. ei-nem Vlies), das partiell mit einem Polymer gefüllt wird. Das ermöglicht einen robusten, aber auch flexiblen TEG-Aufbau. Damit können recht einfach 3D-Strukturen er-zeugt werden (Abb. 22). Ein solcher flexibler Polymer-TEG ist im Bereich von Raumtemperatur bis etwa 200 °C ein-setzbar.

Das Polymer Poly-3,4-ethylendioxythiophen (PEDOT, auch PEDT) ist biegsam, es wird durch Dotierung mit einem negativ geladenen Gegenion leitfähig. Das Polymer, das

sich aus der Verbindung mit Polystyrolsulfonat (PSS) er-gibt, ist dann PEDOT:PSS.

Polyanilin (PANI) ist ein leitfähiges Polymer, das aufgrund seiner Eigenschaften auch als organisches Metall be-zeichnet wird. Auch Poly(p-phenylen-vinylen) (PPV) und Polypyrrol (PPy) sind leitfähige Polymere.

Mit Dünnschicht-Verfahren TEG produzieren

Bisher werden thermoelektrische Bauteile hauptsächlich arbeitsintensiv aus Massivmaterialien hergestellt. Ein am Fraunhofer IPM entwickeltes Verfahren überträgt Metho-den der Halbleiterfertigung auf die Thermoelektrik. Die Micropelt-Technologie basiert auf einem patentierten „Zwei-Wafer-Konzept“. Dabei werden n- und p-leitende Bi2Te3-basierte Halbleitermaterialien auf jeweils verschie-denen Wafern mit vorstrukturierten Kontaktelementen abgeschieden. Über thermische Nachbehandlungen wer-den dann die thermoelektrischen Eigenschaften optimiert. Danach wird auf die Wafer eine Lotschicht abgeschieden. Der Schicht stapel Metallisierung – thermoelektrisches Material – Lot wird anschließend durch Trockenätzen strukturiert.

Je nach Layout der Masken können derzeit thermoelektri-sche Strukturen mit Abmessungen zwischen 35 µm und 600 µm realisiert werden. Typische Bauteilgrößen der End-produkte liegen zwischen 0,5 mm² und 25 mm². Abschlie-ßend werden die p- und n-Komponenten mittels eines FlipChip-Bonders justiert und verlötet.

Das neue Dünnschicht-Verfahren ermöglicht eine wafer-basierte Massenproduktion leistungsfähiger thermoelek-trischer Kühler und Generatoren (s. Abb. 26). Diese nur wenige mm² großen thermoelektrischen Dünnschicht-bauteile erreichen sehr hohe Leistungsdichten. Bei ver-gleichbarer Leistung sind sie um einen Faktor 10 kleiner als herkömmliche Elemente. Sie lassen sich zu größeren Verbünden kombinieren – damit sind neue kompakte Designs machbar.

Abb. 25 Links: Aufgewickelter Monoleg-TEG: dunkle Streifen sind PEDOT:PSS, grau die gedruckten flexiblen Metallkontakte. Quelle: Fraunhofer IWS, Mitte: Das Thermoelement entsteht: die n- und p-Typ Halbchips werden zusammengefügt. Quelle: Micropelt, rechts: Erfolg der Miniaturisierung: Das kleine Element dient zur Temperaturstabilisierung von Halbleiterlasern, das größere zur Versorgung energieautarker Heizkörperstellantriebe. Quelle: Micropelt

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En passant

Abb. 27 Mit dem Marsrover Curiosity erkundet die NASA die Marsoberfläche. Ziel ist, herauszufinden, ob es auf dem Planeten organisches Leben gegeben hat. Quelle: NASA

Mit Thermoelektrik durch die Galaxis

Weltraumforschung braucht Strom. Thermoelektrische Generatoren gehen mit Raumsonden auf die Reise in dunkle, sonnenferne Regionen des Universums. Sie produzieren elektrische Energie aus der von sogenannten Radioisotopenbatterien erzeugten Wärme. Diese Lösung wird eingesetzt, wenn eine photovoltaische Energieversorgung nicht möglich oder zweck-mäßig ist, beispielsweise bei den Voyager-Raumsonden und beim Marsrover Curiosity. Seine Energiequelle ist ein Radio-isotopengenerator der neuesten Generation, ein sogenannter „Multi-Mission Radioisotope Thermoelectric Generator“ (MMRTG). Solche thermoelektrische Generatoren werden schon seit längerem als verlässliche Energiequellen genutzt – auch bei der Mondlandung wurde ein TEG verwendet.

Abb. 29 NASA-Techniker setzen den thermoelektrischen Radioisotopengenerator in das Heck der Raumsonde Curiosity ein. Quelle: NASA / Cory Huston

Abb. 28 Installierung des dritten RTG in die Saturn-Sonde Cassini. Quelle: NASA

Keramische Thermoelektrika

Keramische Werkstoffe können eine Alternative zu den in der Thermoelektrik bisher hauptsächlich eingesetzten Halbmetallen und Halbleitern wie Bismuttellurid, Blei-tellurid oder Siliziumgermanium sein. Die keramischen Materialien sind thermisch stabiler und können auch bei hohen Temperaturen eingesetzt werden. Dafür entwik-kelten Forscher vom Fraunhofer IKTS carbidische, nitridi-sche und oxidische Keramiken sowie Mischkeramiken. Sie stellten einen optimierten S-SiC-Werkstoff mit hoher elektrischer und niedriger Wärme-Leitfähigkeit von unter 15 W/mK her; ebenso CVD-Dünnschicht SiC-Elemente mit hohem Seebeck-Koeffizienten.

Galvanische Herstellung von Dünnschicht-TEG

Dünne Schichten aus Bismuttellurid (Bi2Te3) können durch elektrochemisches Abscheiden hergestellt werden. Mit dem Verfahren lassen sich homogene Schichten mit Dicken von Nanometern bis wenigen Millimetern über große Flächen realisieren. In der Literatur werden auch galvanostatische, potentiostatische, stromlose oder gepulste Verfahren beschrieben.

Forscher am Fraunhofer IPM konnten auf bis zu 4 Zoll großen Substraten mittels gepulster potentiostatischer Abscheidung Dünnschichten aus Bi2Te3 sowie (Bi,Sb)2Te3 herstellen. Auch eine anschließende Strukturierung und Temperung der Schichten war erfolgreich.

Die strukturierten und mit Diffusionsbarriere und Goldkontakten versehenen thermoelektri-schen p-leitenden Materialien (Abb. 26) können im nächsten Schritt mit dem Gegenpart aus n-leitenden, strukturierten Materialien nach dem Prinzip von Micropelt zu einem thermoelektrischen Modul zusammengelötet werden.

Aus der Praxis

Abb. 26 Substrat mit strukturierten Goldkontakten, Diffusionsbarriere aus Nickel und strukturierten Bi2Te3-Schenkeln. Quelle: Fraunhofer IPM

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Verbrennungsmotoren verwerten nur rund ein Drittel der Energie im Kraftstoff für die Fortbewegung – der größte Teil geht derzeit als Abwärme über das Kühlsystem und die Abgasanlage verloren. Speziell die im heißen Abgas ent-haltene Energie ließe sich teilweise mit TEG in elektrische Energie wandeln, um die Lichtmaschine zu entlasten, Batte-rien aufzuladen oder Nebenaggregate im Fahrzeug zu be-treiben. Das könnte den Kraftstoffverbrauch und damit auch die CO2-Emissionen senken. Automobilhersteller und Zulieferer haben in Zusammenarbeit mit Forschungsein-richtungen bereits den Einsatz von thermoelektrischen Generatoren am Abgasstrang demonstriert.

Der Generator im Abgas-System

Dem Aufbau und der experimentellen Erprobung solch eines TEG gehen aufwendige Untersuchungen und Simulationen des Systems voraus. Der TEG steht in Wechselwirkung mit anderen Komponenten, er muss exakt an die entsprechen-de Einsatzumgebung angepasst werden.

Da das Motorkühlsystem als Modulkaltseite dient, kommt es hier zu einem zusätzlichen Wärmeeintrag. Dies hilft auf

der einen Seite dabei, aus dem Kaltstart heraus den Ver-brennungsmotor schneller auf Betriebstemperatur zu brin-gen, trägt aber bei Bergfahrten im Sommer zu einer er-höhten Kühllast bei. Auch der Verbrennungsprozess wird direkt durch den TEG beeinflusst. Mittels einer wärme-übertragenden Struktur wird dem Abgas die Wärme ent-zogen und dem TE-Material zugeführt. Hierdurch kommt es vor dem TEG zu einem erhöhten Abgasgegendruck; das kann Auswirkungen auf die Ladungswechseldynamik des Verbrennungsprozesses haben.

Passend für das jeweilige Fahrzeug entwickeln die Forscher mit experimentellen Untersuchungen auf hierfür spezifi-zierten Rollenprüfständen und im realen Fahrversuch ein TEG-System. Auf Basis dieser Daten und der auftretenden Wechselwirkungen leiten sie die Designs ab, die zukünftig zu einer Effizienzsteigerung des Antriebsstrangs beitragen sollen.

Entwicklung der TEG-Komponente

Bei der Auslegung der TEG-Komponente stehen die Entwick-ler vor einer großen Herausforderung. Wird der Verbren-nungsmotor bei hohen Lasten betrieben (z. B. Autobahn-fahrt) verfügt die Abwärmenutzung mittels TEG über ein hohes Potenzial. Findet die Bewertung des Systems hin-gegen in einem eher niederlastigen Fahrzyklus statt, erhöht sich die Komplexität der Auslegung. Derzeitige Arbeiten beschäftigen sich daher damit, auch in niederlastigen Fahr-zuständen eine möglichst hohe Leistung zu erreichen. Folgende Maßnahmen werden hierfür verfolgt:

• Konsequente Funktions- und Bauteilintegration• Leistungssteigerung durch eine bessere

thermodynamische Auslegung der Abgas- und Kühlwasserwärmeübertrager

• Verbesserung der thermischen Kontaktwiderstände• Reduktion parasitärer Wärmeströme

Auch die Langzeitstabilität sowie die fertigungsgerechte Bauweise der Komponenten sind entscheidende Größen, welche bei der Auslegung berücksichtigt werden. Eine Kapse-

Die Automobilhersteller müssen die Energieeffizienz

der Fahrzeugantriebe weiter verbessern, um die

strengen CO2-Grenzwerte einzuhalten. Dazu ist

mehr erforderlich als innermotorische Maßnahmen

und Leichtbau. Forscher erwarten, dass sich

durch die Wandlung bisher nicht genutzter Abwärme

künftig bis zu 5 % Kraftstoff einsparen lassen.

Thermoelektrik im Auto hilft Sprit sparen

Abb. 30 Verbrauchs- und Leistungsdaten aus Kunden- und Herstellersicht Quelle: IAV

Referenzfahrzeug Kundensicht Herstellersicht (Kundenbetrieb) (Zulassungszyklus)

∅ Kraftstoffverbrauch 10,0 l/100 km 7,5 l/100 km

∅ Kraftstoffeinsparung durch TEG 2,50 % 1,75 %

∅ Kraftstoffeinsparung durch TEG 0,2500 l/100 km 0,1312 l/100 km

∅ Kraftstoffpreis 1,50 Euro/l 1,50 Euro/l

∅ Kraftstoffkosteneinsparung 0,3750 Euro/100 km 0,1968 Euro/100 km

∅ CO2-Reduktion durch TEG 6,3 g/km 3,3 g/km

∅ Kosten Referenzsystem (TEG) 250 Euro 164 Euro

∅ Streckenleistung bis Amortisation 67.000 km

∅ Kosten pro Gramm CO2 50 Euro/g CO2

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19BINE-Themeninfo I/2016

TEG mit Hochtemperatur-Wärmespeicher

Im realen Fahrbetrieb arbeiten TEG nur einen Bruchteil der Zeit im optimalen Betriebspunkt, bei dem die wärmeübertragende Struktur der Heißgaswärmeübertrager die maximale Heißseiten-temperatur der thermoelektrischen Module erreicht. In Last-zuständen darüber wird zum Schutz des TEG ein Teil des Abgas-stroms über einen Bypass ungenutzt vorbeigeleitet. Bei Lastzuständen darunter kann das maximale Temperaturpotenzial des Abgases nicht ausgenutzt werden.

Um ein gleichmäßigeres Wärmeangebot zu erreichen, integrieren die Forscher Hochtemperatur-Wärmespeichermaterial aus einer speziellen Metalllegierung in den Schichtverbund des TEG. Dieses auf die hohen Betriebstemperaturen zugeschnittene Latentspeichermaterial kann bei nahezu konstantem Temperatur-niveau Wärme aufnehmen und wieder abgeben. Die Forscher untersuchen, welche Materialien sich dafür eignen, wie sie in das System integriert werden können und welche Einsparungen erreichbar sind.

Abgasmassenstrom

Kühlmittelstrom

Thermoelektrischer Generator

Stromeinspeisung ins Bordnetz

1

1

2

3

4

2

3

4

Abb. 32 Schematische Darstellung der TEG-Integration in den Abgasstrang eines verbrennungsmotorisch betriebenen Kraftfahrzeugs. Quelle: DLR - FK

Abb. 31 CAD-Modell einer TEG-Komponente in hochintegrierter Bauweise mit integriertem Bypass-System. Quelle: DLR - FK

lung der TEM, um diese in Schutzatmosphäre betreiben zu können, bringt hier entscheidende Vorteile. Beispielhaft ist in Abb. 31 ein Ergebnis dieser Optimierungsmethoden zu sehen.

Was darf ein TEG im Fahrzeug kosten?

Um die CO2-Grenzwerte für Pkw in Europa zu erreichen, ver-bessert die Automobilindustrie laufend die Energie effizienz ihrer Fahrzeuge. Aber noch werden die vorgeschriebenen CO2-Ziele für 2020+ nicht erreicht, weitere Anstrengungen sind erforderlich. Bedeutende technische Fortschritte sind möglich, müssen aber zu einem vom Markt akzeptierten Preis verfügbar sein. Alle einfachen und günstigen Lösun-gen werden bereits eingesetzt; ihre Weiterentwicklung stößt an technische und wirtschaft liche Grenzen. Die noch erforderlichen Maßnahmen haben bei geringerer Wirkung höhere Kosten. Neue Konzepte und Technologien sind ge-fragt, jedoch weder kostenneutral noch günstig zu haben.

Die Kosten für innovative Technologien entstehen zunächst beim Fahrzeughersteller, der die zusätzlichen Herstellungs-kosten an die Kunden weiterreicht. Auch wenn diese die Kosten für verbrauchs- und emissionsmindernde Maßnah-men nicht sehen, weil sie in die Gesamtfahrzeugkosten einfließen, muss jedoch jede für sich wirtschaftlich sein.

Für Neuwagenkunden sind geringere Betriebskosten und niedriger Kraftstoffverbrauch die wichtigsten Kaufkriterien. Mehr als die Hälfte der Neufahrzeuge wird im Geschäfts-kundenbereich eingesetzt. Hier wie auch bei Nutzfahrzeu-gen ist nahezu ausschließlich ein betriebswirtschaftliches Kalkül maßgeblich für den Einzug technischer Neuerungen. Techniken werden sich nur dann im Markt durchsetzen, wenn den höheren Anschaffungskosten geringere Betriebs-kosten gegenüberstehen.

Die Frage, was ein TEG kosten darf, ist also für Kunden und Hersteller zu beantworten (Abb. 30). Die folgenden Erläute-rungen beziehen sich auf ein großes, schweres Referenz-fahrzeug der Oberklasse. Hier ist der Druck, innovative Effizienztechnologien einzusetzen, deutlich höher.

Abb. 33 Prototyp eines TEG mit integriertem Latentwärmespeicher: Durch ein gleichmäßigeres Wärmeangebot soll eine höhere Stromaus-beute erreicht werden. Quelle: DLR - FK

Aus der Praxis

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20 BINE-Themeninfo I/2016

Pyroelektrik, Magneto- und Elektrokalorik – Magnetisches Kühlen

So funktioniert eine magnetokalorische Wärmepumpe: Magnetokalorische Materialien erwärmen sich aufgrund der erzeugten magnetischen Ordnung im Material, wenn sie einem magnetischen Feld (H-Feld) ausgesetzt werden. Das erwärmte MK-Material wird mit einer Wärmesenke verbunden, sodass Wärme abgeführt werden kann. Wird das magnetische Feld entfernt, kühlt sich das Material ab und befindet sich auf einer niedrigeren Temperatur als zu Beginn des Zyklus, sodass es nun Wärme aufnehmen kann. Magnetokalorische Kühlsysteme können theoretisch im Vergleich zu kompressor-basierten Systemen bis zu 30 % höhere Wirkungsgrade erzielen. Im Vergleich zur thermoelektrischen Kühlung sind die erzielbaren Temperaturhübe pro Material bisher noch gering, sodass mehrere magnetokalorische Materialien hintereinander geschaltet werden müssen.

Elektrokalorik und PyroelektrikDie Funktionsweise der Elektrokalorik ist sehr ähnlich der Magnetokalorik: Ausgetauscht wird lediglich das Magnetfeld durch ein elektrisches Feld, z. B. eines Plattenkondensators. Die meistverbreiteten elektrokalorischen Materialien gehören zu der Gruppe der Ferroelektrika. Diese weisen eine interne elektrische Polarisierung auf und sind auch stets pyroelektrisch, d. h. eine Temperaturänderung bedingt eine Änderung der Polarisierung (die Umkehrung des elektro-

kalorischen Effekts). Erwärmt man pyroelektrische Materialien, laden sich die gegenüberliegenden Flächen elektrisch auf und man kann damit ähnlich der Thermo elektrik Abwärme in Strom umwandeln. Es ist noch erhebliche Entwicklungs-arbeit nötig, um diese Technologie effizienter zu machen.

Abb. 35 Funktionsprinzip der magnetokalorischen Kühlung. Quelle: Fraunhofer IPM

Entmagneti-sierung

Magnetisierung

H-Feld

H-Feld

Wärmeaufnahme

T0

T0

T0 – ΔT

T0 – ΔT

Wärmeabfuhr

Range-Extender-Fahrzeuge effizienter machen

Gemeinsam erforschen DLR und Fraunhofer IPM den möglichen Einsatz von TEG in Elektrofahrzeugen mit Verbrennungsmotoren als sogenannte Reich weitenverlängerer. Der TEG wandelt die Verlust-wärme des Motors in elektrische Energie. Damit steigt die (elek- trische) Reichweite, Kraftstoffverbrauch und CO2-Emission sinken. An diesem Ziel arbeiten Forscher aus den Bereichen Material-entwicklung, Modulaufbau, Systementwicklung, Simulation, Prototypenentwicklung und Fahrzeugintegration eng zusammen.

Abb. 34 Range-Extender-Versuchsfahrzeug mit TEG am Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Quelle: DLR - FK

Aus der Praxis

Aus Sicht des Kunden hätte der TEG (Referenzsystem) nach knapp 67.000 km „an der Zapfsäule“ die 250 Euro Mehrkosten zurückgezahlt (Abb. 36). Dies ist bezüglich sinnvoller Amortisationszeiten für Kunden mit vergleichs-weise geringer Streckenleistung eine Herausforderung. Die durchgezogene Gerade zeigt die notwendige Strecken-leistung bis zur Amortisation (ROI) bei TEG-Kosten zwi-schen 125 Euro und 375 Euro. Die gestrichelten Graphen zeigen, wie sich eine Variation von Kraftstoffeinsparung, Durchschnittsverbrauch oder Kraftstoffkosten auswirkt.

Die Herstellersicht: Da der Kraftstoffverbrauch unter den gesetzlichen Prüfbedingungen deutlich unter dem im realen Straßenverkehr liegt, verbraucht das Referenzfahr-zeug im Zulassungszyklus nur 7,5 l/100 km. Wegen des hier niedrigeren Lastniveaus ist auch die durchschnitt-liche Kraftstoffersparnis mit 1,75 % geringer angesetzt, sodass durchschnittlich 0,13 l/100 km Kraftstoff einge-spart werden, was ca. 3,3 g CO2/km entspricht. Aus ver-schiedenen Veröffentlichungen ist bekannt, dass Herstel-ler bisher für jedes Fahrzeug und jedes Gramm CO2, das eingespart wird, bis zu 50 Euro investieren müssen. Dem-zufolge sollte ein TEG nicht mehr als 164 Euro kosten (Abb. 37), damit er aktuell noch im Maßnahmenpaket berücksichtigt wird. Sicher ist aber auch, dass die Kosten pro Gramm CO2 und der Wirkungsgrad von TEGs bis 2020 noch steigen werden. Oft wird angemerkt, dass eigentlich

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21BINE-Themeninfo I/2016

die 95 Euro/g Strafe anzusetzen wären. Doch das würde erst dann zutreffen, wenn die Automobilindustrie alle Maßnahmen, die „billiger“ als 95 Euro/g sind, ausge-schöpft hat und die Flottenziele immer noch nicht er-reicht sind.

– 50 % – 30 % – 10 % 10 % 30 % 50 %

375 325 275 225 175 125

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TEG-Kosten (Kunde) [Euro]

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Abb.38 Ein TEG setzt sich aus mehreren dieser „all-in-one“-Module zusam- men. Erkennbar sind die einzelnen Heißseitenwärmetauscher, die stoff- schlüssig an die darunter verborgenen TE-Materialien angebunden sind; beidseitig die Wasseranschlüsse für die Kühlung; die Platine mit Elektronik und Spannungswandler sitzt auf der Unterseite des Moduls (Abb. 39).Quelle: IAV

Modular aufgebauter TEG für Automobile

Die Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr IAV entwickelte im von der Bundesregierung geförderten Projekt „TEG 2020“ zusammen mit Partnern Konzepte und Systeme, mit denen sich die Abwärme aus verschiedenen Industrie- und Antriebssyste-men mit thermoelektrischen Generatoren (TEG) effizient und wirtschaftlich nutzen lässt. Schwerpunkte der Entwicklung waren ein TEG-Baukastenkonzept und innovative „all-in-one“-Module (Abb. 38), bei denen das thermoelektrische Material stoffschlüs-sig an den Wärmeübertrager angebunden ist. Damit können TEG für unterschiedliche Anwendungen, Zielsysteme und Leistungs-klassen skaliert werden. Mehrere TEG-Systeme wurden im Projekt aufgebaut und auf Prüfständen sowie im Abgasstrang eines Versuchsfahrzeugs erprobt. Die Tragfähigkeit der entwickelten Konzepte und die Funktion der Systeme und Komponenten konnte nachgewiesen werden.

Aus der Praxis

Abb. 39 Der modulare Aufbau des TEG ermöglicht es, das System je nach Anwen-dung bedarfs- und leistungs-gerecht zu dimensionieren. Quelle: IAV

Abb. 36 Amortisation der TEG-Kosten für Kunden (Variation Kraftstoffeinsparung oder Durchschnittsverbrauch oder Kraftstoffkosten). Quelle: IAV

Abb. 37 Kosten für die Hersteller je reduziertes Gramm CO2 (Variation Kraftstoffeinsparung oder Durchschnittsverbrauch). Quelle: IAV

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22 BINE-Themeninfo I/2016

Am Beispiel eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) und eines Einfamilienhauses zeigt das Fraunhofer IPM, welche Ein-sparungen mit dem Einsatz von TEG erreichbar wären:

Die elektrische Leistung eines BHKW lässt sich auf Kosten der Wärmeabgabe mit thermoelektrischen Modulen am Abgaswärmetauscher um bis zu 5 % steigern. Das er -gäbe bei einem typischen BHKW mit einem Gaseinsatz von 145 kW und einem Gesamtwirkungsgrad von etwa 90 % eine zusätzliche elektrische Leistung von etwa 1,5 kW. Bei einer angenommenen Jahreslaufzeit von 90 % ent-spräche dies rund 7.700 kWh/a bzw. einem Jahreserlös von rund 1.500 Euro (bei 20 Cent/kWh).

Die Forscher gehen davon aus, dass die erforderlichen TE-Module bei einer Kleinserienfertigung etwa 15.000 Euro (15 Euro/Watt) kosten. Die Investition wäre dann nach 10 Jahren amortisiert. Bei großen Stückzahlen würden die Kosten auf ca. einen Euro pro Watt sinken, die Amorti-sationszeit auf weniger als ein Jahr.

Einsparpotenzial im Haushalt

Die Zentralheizung eines Einfamilienhauses wandelt pro Jahr etwa 20.000 kWh in Wärme um.

Mit thermoelektrischen Modulen am Heizungskessel könn-ten 5 % der anfallenden Wärme verstromt werden, das ergäbe jährlich zusätzlich eine elektrische Leistung von 1.000 kWh. Diese könnte in der kalten Jahreszeit helfen, das dann am stärksten belastete Stromnetz zu entlasten. Ausgehend von einem Strompreis von 20 Cent/kWh, ab-züglich 6 Cent/kWh für die eingesetzte Primärenergie, wür-de ein Haushalt 140 Euro pro Jahr sparen. Bei großen Stückzahlen wäre eine Amortisation innerhalb von fünf Jahren erreicht.

Thermoelektrische Generatoren erzeugen Strom komplett ohne bewegliche Teile. Sie sind daher sehr wartungsarm und langzeitstabil. Außerdem lassen sie sich leicht ins-tallieren und sind einfach skalierbar. Damit eignen sie sich insbesondere für Anwendungen, in denen Wärme in

der Größenordnung unterhalb von 150 kW vorhanden ist. Insbesondere in diesem Segment sind sie wirtschaftlicher als andere Energie-Technologien wie Organic Rankine Cycle (ORC) oder Stirlingmaschine, bei denen der Instal-lations- und Wartungsaufwand konstruktionsbedingt durch bewegliche Teile, komplexen Aufbau sowie Verschleiß vergleichsweise hoch ist.

Sehr niedriger Wartungsaufwand

Auch bei Abwärmemengen deutlich über 150 kW glänzen TEG vor allem bei Kraftwerken oder der Effizienzsteigerung von Industrieprozessen durch geringen Installations- und Wartungsaufwand.

Im stationären Einsatz, z. B. bei einem BHKW, erreichen sehr effiziente Kreisprozesse, wie der ORC bei einer Dampf-temperatur von 95 – 200 °C mit 10 – 20 % einen deutlich höheren Anlagenwirkungsgrad als TEG. Daher kann die Thermoelektrik nur in Anwendungen erfolgreich sein, in denen entweder ORC aus Sicherheitsgründen nicht zulässig ist, wie z. B. bei der Aluminiumelektrolyse bzw. Stahlher-stellung oder in Anwendungen, bei denen es die einfache Skalierbarkeit der Thermoelektrik erlaubt, kleine Systeme sehr kostengünstig herzustellen, z. B. für netzautarke Gasboiler. Ein Grund sind die kurzen Amortisationszeiten, mit denen die Industrie Investitionen bewertet.

Gute Technik muss noch günstiger werden

Trotz dieser Vorteile gegenüber anderen Technologien wird die Thermoelektrik noch nicht großflächig zur Abwärme-nutzung eingesetzt.

Je nach Rahmenbedingung kann Abwärme bereits bei niedrigeren Materialeffizienzen, bei einer Gütezahl ZT um bzw. unter 1, wirtschaftlich genutzt werden. Bei der Aus-wahl eines thermoelektrischen Materials ist es wichtig, neben einer für die Anwendung minimal erforderlichen Materialeffizienz auf kostengünstige Rohstoffe zu achten, diese bilden einen großen Kostenblock.

Trotz des noch niedrigen Wirkungsgrads lohnt

sich der Einsatz der Thermoelektrik – nicht nur zur

Versorgung von Sensoren und Spezialanwendungen.

Sie kann die Effizienz bestehender Verfahren und

Prozesse deutlich verbessern. Zudem eignet sie sich

für Einsatzfelder, bei denen andere Verfahren

nicht genutzt werden können.

Abwärmenutzung spart Energie und CO2

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23BINE-Themeninfo I/2016

Abb. XX Abbildungsunterschrift Quelle: Name der Quelle

Stromerzeugung aus der Abwärme einer Stranggießanlage

Bei industriellen Hochtemperaturprozessen fallen große Abwärmemengen an. Teilweise stehen Abwärmeströme mit Temperaturen von über 500 °C zur Verfügung. Ein Forschungs-vorhaben untersucht am Beispiel der Stahlverarbeitung, wie Hochtemperatur-TEG die Abwärme von Industrieprozessen nutzen können.

Die Forscher entwickeln dazu ein kompaktes und robustes TE-Großmodul. Dieses wird im Technikum beim Betriebsfor-schungsinstitut (BFI) sowie im industriellen Umfeld bei Salzgitter Flachstahl getestet und optimiert. Die Experten erwarten, dass mit dem Verfahren 4 – 6 % der Abwärmeenergie in Strom umgewandelt werden können.

Das TE-Modul soll dauerhaft am Rollgang einer Stranggieß-anlage eingesetzt werden. Ziel ist es, unter Praxisbedingungen eine optimale Wärmeübertragung und Effizienz zu erreichen. Im Langzeiteinsatz untersuchen die Forscher die Einflüsse von Einbauort, Kühlung und Umwelteinflüssen, wie z. B. staubigen Atmosphären. Aktuell testen sie die TE-Module am Labor-versuchsstand, um den Wärmeübergang und die Temperatur-wechselbeständigkeit der Module zu optimieren.

Das Forschungsvorhaben hat das Ziel, den Einsatz von Hochtemperatur-TEG zur Verstromung von Strahlungsabwärme zu demonstrieren und daraus eine optimierte Anwendung für die Industrie abzuleiten.

Thermoelektrik auf dem Weg zur Industriereife – Projekt ThermoHeusler

Spezielle Metalllegierungen, die sogenannten HalbHeusler-Verbindungen, eignen sich gut dafür, thermoelektrische Module herzustellen. Die Speziallegierungshersteller Vacuumschmelze und Isabellenhütte können sie inzwischen im Kilomaßstab sowie wesentlich effizienter und kostengünstiger herstellen, als das bisher möglich war. Die Legierungen bestehen aus weit verbreiteten Rohstoffen, z. B. Nickel, sind wesentlich umwelt-verträglicher als bisher eingesetzte Materialien, verfügen über gute thermoelektrische Eigen-schaften und halten hohe Temperaturen aus. Im Projekt ThermoHeusler haben die Forscher mit einem ZT von 1,2 den bisher besten Wert für Telegrafenverbindungen erreicht.

Thermoelektrische Module sind aus wenigen Millimeter großen Klötzchen zusammengesetzt. Mit einem im Projekt ThermoHeusler entwickelten Kontaktierungsprozess stellen die Entwickler optimale elektrische Kontakte her, die großen Temperaturunterschieden standhalten, langzeit-stabil sind und gleichzeitig einen geringen elektrischen Widerstand haben.

Aus der PraxisAus der Praxis

Abb. 41 Im Projekt ThermoHeusler2 werden thermo- elektrische Module aus HalbHeusler-Verbindungen für die Integration in Fahrzeuge hergestellt. Quelle: Fraunhofer IPM, Kai-Uwe Wudtke

Abb. 40 Die nur wenige Millimeter großen Bausteine thermoelektrischer Module werden aus speziellen Metalllegierungen, z. B. HalbHeusler-Verbindungen, herausgesägt. Quelle: Fraunhofer IPM

Abb. 42 Rollgang der Stranggießanlage bei Salzgitter Flachstahl. Quelle: Salzgitter Flachstahl

Abb. 43 Ein Demonstrator-TEG soll in die Haube des Rollgangs der Stranggießanlagen integriert werden. Quelle: Salzgitter Flachstahl /VDEh-Betriebsforschungsinstitut

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ImpressumProjektorganisation Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)11019 Berlin

Projektträger Jülich Forschungszentrum Jülich GmbH 52425 Jülich

Förderkennzeichen 00327430M0327430H0327387A-D0335007P

ISSN 1610-8302

Herausgeber FIZ Karlsruhe · Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur GmbH Hermann-von-Helmholtz-Platz 1 76344 Eggenstein-Leopoldshafen

24 BINE-Themeninfo I/2015

Links und Literatur>> www.XXX.de >> www.XXX.de >> www.XXX.de >> www.XXX.de >> www.XXX.de >> Literaturhinweis>> Literaturhinweis >> Literaturhinweis>> Literaturhinweis >> Literaturhinweis>> Literaturhinweis >> Literaturhinweis>> Literaturhinweis

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BINE Informationsdienst berichtet aus Projekten der Energieforschung in seinen Broschürenreihen und dem Newsletter. Diese erhalten Sie im kostenlosen Abonnement unter www.bine.info/abo

ÜberschriftWeit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen sie in Buchstabhausen an der Küste des Seman-tik, eines großen Sprachozeans. Ein kleines Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit den nötigen Regelialien. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem gebratene Satzteile in den Mund fliegen. Nicht einmal von der allmächtigen Interpunktion werden die Blindtexte beherrscht – ein geradezu unorthographisches Le-ben. Eines Tages aber beschloß eine kleine Zeile Blindtext, ihr Name war Lorem Ipsum, hinaus zu gehen in die weite Grammatik.

Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich nicht beir-ren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Skyline seiner Heimatstadt Buchstabhausen, die Headline von Alphabetdorf und die Subline seiner eigenen Straße, der Zeilengasse. Wehmütig lief ihm eine rhetorische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort.

Die Copy warnte das Blindtextchen, da, wo sie herkäme wäre sie zigmal umgeschrieben worden und alles, was von ihrem Ursprung noch übrig wäre, sei das Wort „und“ und das Blindtextchen solle umkehren und wieder in sein eigenes, sicheres Land zurückkehren. Doch alles Gutzureden konnte es nicht überzeugen und so dauerte es nicht lange, bis ihm ein paar heimtückische Werbetexter auflauerten, es mit Longe und Parole betrun-ken machten und es dann in ihre Agentur schleppten, wo sie es für ihre Projekte wieder und wieder mißbrauchten.

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24 BINE-Themeninfo I/2016

Links und Literatur>> Deutsche Thermoelektrik-Gesellschaft e.V. (DTG) | www.thermoelektrik.info >> Fraunhofer-Netzwerk Thermoelektrik | www.thermoelektrik.fraunhofer.de >> Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM | www.ipm.fraunhofer.de >> Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS | www.iis.fraunhofer.de >> Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS

www.ikts.fraunhofer.de >> Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS | www.iws.fraunhofer.de>> Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM

www.ifam.fraunhofer.de>> Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR | www.dlr.de>> Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr IAV | www.iav.com >> Micropelt | www.micropelt.de >> European Thermoelectric Society | www.thermoelectricity.eu/>> International Thermoelectric Society | www.its.org/>> VdEH Betriebsforschungsinstitut | www.bfi.de

Mehr vom BINE Informationsdienst>> Monokristalline Halbleiter energiesparend produzieren. BINE-Projektinfo 1/2015>> Dieses Themeninfo gibt es auch online und in englischer Sprache unter www.bine.

info/Themeninfo_I_2016

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Thermoelektrik erobert neue Einsatzfelder Damit Energy-Harvesting über Nischenanwendungen wie die Versorgung energie-autarker Sensornetze eine weitere Verbreitung erfährt, müssen Thermoelektrik-Module für den breiten Einsatz, z. B. im Auto, in Energiesystemen oder Industrieanlagen, noch deutlich effizienter und preisgünstiger werden.

Forscher erwarten, dass die Stromerzeugung aus Abwärme mithilfe der Thermoelektrik zukünftig einen wichtigen Beitrag zur effizienten Nutzung von Energie liefern kann. Neue thermoelektrische Werkstoffe, verbesserte Fertigungsprozesse sowie ein optimiertes elektrisches und thermisches Management können vielfältige Anwendungen ermöglichen. Wenn es beispielsweise mit drucktechnischen Verfahren gelingt, TEG kostengünstig und großflächig herzustellen, dann wird es möglich, dies in großem Maßstab zur Abwärme-nutzung in der Industrie und Energiewirtschaft einzusetzen.

Die Verbesserung der thermoelektrischen Materialien stand bisher im Zentrum der Forschung. Heute erreichen neue Materialien wie Halb-Heusler-Verbindungen, Skutterudite oder Silicide eine deutlich höhere Effizienz als noch vor wenigen Jahren. Intensiv wird daran gearbeitet, für die Massenproduktion geeignete Materialien und Produktionsverfahren zu entwickeln. Wissenschaftler am Fraunhofer IPM konnten den Materialeinsatz für TE-Module halbieren – bei gleicher Leistung. Dadurch werden diese zukünftig günstiger und leichter, das ist speziell für den mobilen Einsatz vorteilhaft. Diese Einsparung von TE-Material bedeutet einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Industrialisierung der Modulproduktion.

Die Herstellung dauerhaft stabiler TEG stellt hohe Anforderungen an die Auswahl und Kombination von geeigneten Materialien und an die dauerhafte Verbindung der einzelnen Komponenten zum fertigen Modul. Über die gesamte Wertschöpfungskette – von der TE-Material- und Modulentwicklung, über Konzepte für modular aufgebaute Systeme, System-Integration bis zum Aufbau von Demonstratoren – entwickeln Forscher im Projekt „ThermoHeusler2“ aktuell eine Kleinserienfertigung von thermo-elektrischen Generatoren, die Abwärme von Verbrennungsmotoren nutzen sollen.

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