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Die Angewandte Makromolekulare Chemie 224 (1995) 89-96 (Nr. 3904) ' Institut fur Organische Chemie und Technologie, Technische Universitgt, Warszawska 24, 3 1 - 155 Krak6w. Polen Labor fur Anorganische Chemie, Fachbereich Chemieingenieurwesen, Fachhochschule Munster, StegerwaldstraRe 39. 48565 Steinfurt, BRD Thermogravimetrie als Brennbarkeitsbestimmungs- methode fur lineare Polyurethane Krzysztof Pielichowski", Jan Pielichowski', Horst Altenburg2, Marc Wiegmann' (Eingegangen a m 11. April 1994) ZUSAMMENFASSUNG: In der vorliegenden Arbeit wurden fur eine Serie von Polyurethanen auf der Basis von Diol und Isocyanat der Sauerstoffindex (SI) gemessen und die thermische Zerset- zung mittels thermogravimetrischer Analyse (TG) untersucht. Dabei wurde ein Zusam- menhang zwischen einigen Parametern der thermischen Zersetzung und den SI-Werten gefunden. Die Auswertung der experimentellen Ergebnisse zeigte, dal3 die Hohe des Massenverlustes bei 250 "C und die SI-Werte direkt proportional zueinander sind. Der- selbe Zusammenhang besteht auch zwischen dem Logarithmus der Temperatur bei der maximalen Zersetzungsgeschwindigkeit und den SI-Werten. SUMMARY In the present work oxygen index (01) measurements and thermogravimetric analysis (TG) for a series of polyurethanes based on diols and isocyanate were conducted. It was found that a correlation exists between some of the thermal degradation parameters obtained from TG and 01-values. Analysis of experimental results confirms that the amount of mass loss at 250 "C is directly proportional to the 01-value. It was also found that the logarithmic temperatures of maximal decomposition rates are directly propor- tional to the 01-values. Einfuhrung Polyurethane (PU) bilden eine Polymergruppe mit groRer industrieller Bedeutung. Sie finden Anwendung u. a. in der Bau- und Kraftfahrzeugindu- strie. In manchen Fallen ist es notwendig, die thermischen Parameter mog- * Korrespondenzautor. ,C 1995 Huthig & Wepf Verlag, Zug CCC 0003-3146/95/507.00 89

Thermogravimetrie als brennbarkeitsbestimmungs-methode für lineare polyurethane

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Page 1: Thermogravimetrie als brennbarkeitsbestimmungs-methode für lineare polyurethane

Die Angewandte Makromolekulare Chemie 224 (1995) 89-96 (Nr. 3904)

' Institut fur Organische Chemie und Technologie, Technische Universitgt, Warszawska 24, 3 1 - 155 Krak6w. Polen

Labor fur Anorganische Chemie, Fachbereich Chemieingenieurwesen, Fachhochschule Munster, StegerwaldstraRe 39. 48565 Steinfurt, BRD

Thermogravimetrie als Brennbarkeitsbestimmungs- methode fur lineare Polyurethane

Krzysztof Pielichowski", Jan Pielichowski', Horst Altenburg2, Marc Wiegmann'

(Eingegangen am 11. April 1994)

ZUSAMMENFASSUNG: In der vorliegenden Arbeit wurden fur eine Serie von Polyurethanen auf der Basis

von Diol und Isocyanat der Sauerstoffindex (SI) gemessen und die thermische Zerset- zung mittels thermogravimetrischer Analyse (TG) untersucht. Dabei wurde ein Zusam- menhang zwischen einigen Parametern der thermischen Zersetzung und den SI-Werten gefunden. Die Auswertung der experimentellen Ergebnisse zeigte, dal3 die Hohe des Massenverlustes bei 250 "C und die SI-Werte direkt proportional zueinander sind. Der- selbe Zusammenhang besteht auch zwischen dem Logarithmus der Temperatur bei der maximalen Zersetzungsgeschwindigkeit und den SI-Werten.

SUMMARY In the present work oxygen index (01) measurements and thermogravimetric analysis

(TG) for a series of polyurethanes based on diols and isocyanate were conducted. It was found that a correlation exists between some of the thermal degradation parameters obtained from TG and 01-values. Analysis of experimental results confirms that the amount of mass loss at 250 "C is directly proportional to the 01-value. It was also found that the logarithmic temperatures of maximal decomposition rates are directly propor- tional to the 01-values.

Einfuhrung

Polyurethane (PU) bilden eine Polymergruppe mit groRer industrieller Bedeutung. Sie finden Anwendung u. a. in der Bau- und Kraftfahrzeugindu- strie. In manchen Fallen ist es notwendig, die thermischen Parameter mog-

* Korrespondenzautor.

,C 1995 Huthig & Wepf Verlag, Zug CCC 0003-3146/95/507.00 89

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lichst schnell und zuverlassig bestimmen zu konnen. Als klassische Beispiele hierfur konnen Isolations- und Schiffsausriistungsmaterialien genannt wer- den. Urn die Brennbarkeit der Polymermaterialien zu bestimmen, wurden schon verschiedene Methoden entwickelt, deren Anwendungsskala jedoch, aus technischen Grunden, begrenzt zu sein scheint. Zu diesen Techniken zah- len u. a. ,,Factory Mutual" Brennbarkeitsapparat1*2 und Kegelkal~rimeter~.

Die Bestimmung des Sauerstoffindexes mittels Entflammbarkeits-Test- geriit4 beruht auf der Messung des Mindestdurchflusses von Sauerstoff in einer Sauerstoff-Stickstoff-Mischung, der fur die Entzundung und Unterstut- zung des Brennens fur mindestens 3 min ausreichend ist. Diese Methode zur Bestimmung der relativen Brennbarkeit ist jedoch durch Schwierigkeiten der Arbeit mit Gasen, wie der Notwendigkeit der standigen Kontrolle des Durch- flusses, gekennzeichnet.

Die bisherigen Versuche, die Thermogravimetrie (TG) zur Bestimmung der Brennbarkeit von Polymermaterialien anzuwenden, haben bestatigt, daB diese Methode angewendet werden kann5* 6. Die grW3te Aufmerksamkeit wurde dabei jedoch nur dem ,statischen" Parameter, dem Zersetzungsrest, gewid- ment.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Abhangigkeit zwischen ausgewahlten thermi- schen Parametern, die durch die TG-Methode bestimmt wurden, und dem Sauerstoffindex fur eine Reihe von Polyurethanen darzustellen.

Experimentelles

Materialien

Diethylenglykol (DG), 1,2-Ethandiol (ED), 1,3-Propandiol (PD) und 1,s-Pentandiol (PTD) wurden von POCH Gliwice, Polen, bezogen.

Isozyn TSO (Zachem, Bydgoszcz, Polen) ist eine Mischung (80:20) aus Toluy- len-2,4-diisocyanat und Toluylen-2,6-diisocyanat. Es wurde wie die Diole und Toluylen-2,4-diisocyanat (Carl Roth, Karlsruhe, BRD) und Kalpur T1 (l-Allyl-2-methylimidaol, Zachem, Bydgoszcz, Polen) ohne weitere Reinigung ver- wendet.

Aus den Isocyanaten wurde eine Mischung mit einem Anteil von 7 5 m o Isozyn T80 und 25% Toluylen-2,4-diisocyanat hergestellt.

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Therrnogravimetrie als Brennbarkeitsbestirnmungsmethode

Herstellung der Polyurethane

In einem 300 mL Dreihalskolben rnit Ruhrer, RuckfluBkilhler und Tropftrichter wurden 0,l mol des Gemisches aus Isozyn T80 und Toluylen-2,4-diisocyanat vorgelegt und 40 ml Ethylacetat zugegeben. Unter standigem Riihren wurde iiber einen Zeitraum von 30 min ein Gemisch aus 0, l mol des Diols und 0,l Vo Kalpur Ti zugetropft. Nach einstiindiger Reaktion unter Riihren wurde das Polyurethan in eine Silikonform gege- ben, in der es zwei l?qe an der Luft trocknete, bevor es zwei weitere Tage bei 60 "C und einen dritten Tag an der Luft lagerte.

Die Art des Diols sowie die Molmassen der Proben sind in B b . 1 aufgelistet.

lhb. 1. Charakterisierung der hergestellten Proben.

Probe Diol Molmasse (g/mol) Mn Mw

Diethylenglykol (DG) 6 500 14300 1,2-Ethandiol (ED) 6 300 14 100 1,3-Propandiol (PD) 6 800 15 100 1,5-Pentandiol (FTD) 6600 15300

Methoden

Die Elementaranalyse wurde mit einem Perkin-Elmer 240 Analysegerat durchge- fiihrt.

Die Molmassen wurden mittels GPC (Knauer, Sysem 64, PI-Gel Kolonnen, Refrakto- meter) bei 40 "C bestimmt. Diemethylformamid (DMF) wurde als Eluiermittel rnit einem DurchfluB von 1 ,O cm3/min verwendet. Die Saulen wurden rnit Polystyrolen niedriger Polydispersitat kalibriert.

Der Sauerstoffindex wurde mittels eines Standard-Entflammbarkeits-Testgerates ermittelt.

Die thermogravimetrischen Analysen wurden rnit dem Gerat Derivatograph-C (MOM, Ungarn) rnit folgenden Parametern durchgefuhrt: Heizrate 10 "C/min, Masse der Probe ca. 5 mg, Atmosphare Luft, Temperaturbereich 20- 500 " C , Referenzsub- stanz AlzO,.

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Ergebnisse und Diskussion

Die durchgefuhrten Messungen des Sauerstoffindexes (SI) fur die Proben 1 - 4 haben gezeigt, daJ3 der Index fur Proben mit Diolen in folgender Reihe steigt:

DG < ED < PD < FTD

Bei einem Vergleich zwischen den SI-Werten und dem Sauerstoffgehalt (in Gew.-%) der Proben (Tab. 2) zeigt sich, da8 mit einem steigenden Anteil Sau- erstoff im Polymeren die Brennbarkeit zunimmt, was sich durch niedrigere SI- Werte ausdriickt.

Tab. 2. Sauerstoffgehalt der Proben und deren SI-Werte.

Probe Massenanteil Sauerstoff (To) SI DTG-Ma- Nr. berechnet gefunden Temperatur ("C)

1 28.57 30,73 17,11 228 2 27,12 30,35 17,88 250 3 25,6 26,58 20,35 274 4 23,2 25,78 20,77 319

1 0 loo 200 300 400 500

Temperatur ("C)

Abb. 1. Thermogravimetrische Kurven der Proben I -4; verwendetes PU: (+ ) DG, ( 0 ) ED, (0) PD, ( A ) PTD.

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Thermogravimetrie als Brennbarkeitsbestimmungsmethode

24 26 28 30 32 Massenanteil Sauerstoff (%)

Abb. 2. Die Abhangigkeit des Massenverlustes bei 250 "C von der Sauerstoffmenge.

In der zweiten Stufe wurden thermogravimetrische Messungen durchge- fuhrt, deren Ergebnisse in Form der thermogravimetrischen Kurven in Abb. 1 zu sehen sind.

Der ProzeB der thermischen Degradation kann in zwei Schritte unterteilt werden, wobei die Initialzersetzungstemperaturen im Bereich von 95 - 160 "C liegen. Es wird angenommen, daB der DegradationsprozeB zuerst in den har- ten Segmenten der PU beginnt7.8. Danach werden die elastischen Segmente der Zersetzung unterworfen, wobei die Anwesenheit von aromatischen Struk- turen stabilisierend wirkt, weil kleinere Mengen fluchtiger Abspaltungspro- dukte entstehen9. lo.

Aus der Analyse des Massenverlustes aller Proben bei einer Temperatur von 250OC (Abb. 2) kann man ersehen, daR steigende Anteile von Sauerstoff in den Polymerproben groneren Massenverlusten entsprechen.

Einen ahnlichen Charakter hat die Korrelation Massenverlust - SI, die in Abb. 3 dargestellt ist.

Die Temperatur 250 "C kann als ein Parameter fur die erste Stufe der Degra- dation bezeichnet werden.

Eine interessante Abhangigkeit wurde beim Vergleich der Peaktemperaturen der ersten Ableitung der TG-Kurve (DTG) gefunden. Maxima der DTG-Peaks, logarithmisch aufgetragen gegen den Sauerstoffgehalt im PU (Abb. 4) bzw. gegen die SI-Werte (Abb. 5) , weisen einen linearen Charakter auf.

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24 26 28 30 32 34 Massenverlust (YO)

Abb. 3. Korrelation zwischen Massenverlust bei 250 "C und SI-Werten.

24.00 - 2.60 2.70 2.80 2.90

Log. Temperatur bei DTG-Maximum (K)

Abb. 4. Korrelation zwischen dem Sauerstoffgehalt im PU und dem Logarithmus der Temperatur der DTG-Maxima.

Die Einfuhrung dieses Parameters (Maximum DTG) fur die Beschreibung der Brennbarkeit der PU scheint begrundet zu sein. Er entspricht physikalisch der Temperatur der maximalen Massenverlustgeschwindigkeit und ist global mit dem Degradationsprozea verbunden, der letztendlich als Summe aller Par- tialreaktionen betrachtet werden kann. Die thermischen Parameter (auch der

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Thermogravimetrie als Brennbarkeitsbestimmungsmethode

+

+ l ' l ' l ' "

2.68 2.10 2.72 2.14 2.76 2.18 Log. Temperatur bei DTG-Maximum (K)

Abb. 5. Korrelation zwischen SI-Werten und dem Logarithmus der Temperatur der DTG-Maxima.

Zersetzungsrest) beschreiben das SchluRergebnis, ohne die einzelnen Prozesse unterscheiden zu konnen. Untersuchungen, welche Partialreaktionen von Diol und Isocyanat bei der Temperatur des DTG-Maximums stattfinden, werden durchgefuhrt .

SchluJfolgerungen

Die durchgefuhrten SI- und thermogravimetrischen Messungen fur eine Serie von PU haben bestatigt, daR charakteristische Abhangigkeiten zwischen den ausgewahlten thermischen Parametern der TG-Kurve und den SI-Werten bestehen. Die SI-Werte konnen fur ein PU-System aus Diol und Isocyanat mit- tels TG-Messungen unter den beschriebenen Bedingungen vorausgesagt wer- den:

SI = -0.42% (To TG Massenverlust bei 2SOOC) + 31,51 SI = 53,99 (log (Temp. bei DTG-Maximum (K))) - 128,48

rz = 0,96 r2 = 0,86

An dieser Stelle mochten wir uns bei DipLIng. Aleksander Prociak, Dr. Ryszard Chrzaszcz und Martin Overhagebock fur ihre wertvolle Hilfe bedanken.

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K. Pielichowski, J. Pielichowski, H. Altenburg. M. Wiegmann

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