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18 Perioperative Blutungen Standard-Gerinnungstests (Blutbild, aPTT, PT, TZ, Fibrinogen) alleine erlauben in der Regel nur eine eingeschränkte Aussage zur ursächlichen Klärung einer diffusen Blu- tung. Denn aPTT und PT bilden innerhalb eines 20 bis 25 Minuten dauernden Pro- zesses bis zum stabilen Clot, der aus dem Zusammenspiel von Thrombozyten, plas- matischen Faktoren, Erythrozyten und Leu- kozyten resultiert, lediglich die Sekunden dauernde Thrombingenerierung ab. Diese Tests dienen daher primär zur Überwa- chung von Antikoagulanzien-Effekten. Bei entsprechender Blutungsdynamik ist darü- ber hinaus die lange Zeit zwischen Blutent- nahme und Ergebnisübermittlung bei kon- ventionellen Gerinnungsuntersuchungen (30 bis 80 min 1 ) ein limitierender Faktor. Die zeitliche Diskrepanz könnte zu einer inadäquaten Therapie führen. Zur Abklärung einer perioperativen Blu- tung empfiehlt sich daher die Erweiterung der klassischen Gerinnungsanalytik um die Thrombozytenfunktionsdiagnostik – nicht zuletzt, weil die Einnahme thrombzyten- aggregationshemmender Medikamente (COX-Hemmer, ADP-Antagonisten) weit verbreitet ist. Ein großer Vorteil ist die Möglichkeit der zeitnahen Analyse mittels POC-Verfahren. Dabei kommt die Impe- danzaggregometrie (Multiplate T Analyzer, Fa. Roche Diagnostics) unseren klinischen Anforderungen am nächsten, weil sie die einfache und schnelle Gerätebedienung mit dem breiten Nachweis häufiger Plättchen- funktionsstörungen kombiniert. Bei der Impedanzaggregometrie dient meist hiru- din- bzw. heparinantikoaguliertes Vollblut als Probenmaterial; 2 es kann unmittelbar nach Blutabnahme analysiert werden. 3 Zur schnellen und umfassenden Beurteilung der Plättchenfunktion stehen verschiedene spezifische Thrombozytenaktivatoren (Tab. 1) und fünf voneinander unabhängige Mess- kanäle zur Verfügung. Die Zeitspanne vom Analysenstart bis zum Messergebnis beträgt ca. 10 Minuten. Es wird u. a. als Fläche unter der Kurve (AUC [U]) angegeben. Bei ein- geschränkter Plättchenaktivierung ist die AUC im zugehörigen Multiplate-Graphen entsprechend vermindert. Warum blutet mein Patient? Das ist eine mögliche Fragestellung, mit der Anästhe- sisten und Intensivmediziner in der peri- operativen Medizin tagtäglich konfrontiert werden. Die Ursache einer chirurgisch- bedingten Blutung ist häufig offensichtlich und durch eine unmittelbare Intervention oft gut beherrschbar. Dagegen stellt die primär „diffuse“, nicht-chirurgisch-bedingte Blu- tung mit ihrer komplexen Pathophysiologie eine Herausforderung dar. Auch in anderen intensivmedizinischen Situationen spielt der aktuelle Gerinnungsstatus oft eine entschei- dende Rolle für die Prognose des Patienten. Da sich das gesamte hämostaseologische Potenzial aus primärer und plasmatischer Gerinnung zusammensetzt, ist auch für die Einleitung adäquater therapeutischer Gerinnungsinterventionen die gesamtheit- liche Betrachtung vorteilhaft. Der Einsatz moderner Point-of-Care-(POC-)Geräte zur Thrombozytenfunktionsdiagnostik hat daher in den letzten Jahren in der Intensivmedizin zugenommen und bereits zu konkreten The- rapieadaptionen geführt. Medizin | Thrombozytenfunktionsdiagnostik in der Intensivmedizin | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 42 • 11/2013 Thrombozytenfunktionsdiagnostik in der Intensivmedizin Dr. med. Michael Glas und Prof. Dr. med. Sascha Kreuer, Universitätsklinikum des Saarlandes fotolia Zur Abklärung und gesamtheit- lichen Beurteilung einer peri- operativen Blutung empfiehlt sich die Erweiterung der klassischen Gerinnungsanalytik um die Thrombozytenfunktionsdiagnostik.

Thrombozytenfunktionsdiagnostik in der Intensivmedizin · Arachidonsäure, Bildung von Thromboxan A2 Acetylsalicylsäure, andere nichsteroidale Antiphlogistika RISTOtest (high/low)

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Perioperative BlutungenStandard-Gerinnungstests (Blutbild, aPTT, PT, TZ, Fibrinogen) alleine erlauben in der Regel nur eine eingeschränkte Aussage zur ursächlichen Klärung einer diffusen Blu-tung. Denn aPTT und PT bilden innerhalb eines 20 bis 25 Minuten dauernden Pro-zesses bis zum stabilen Clot, der aus dem Zusammenspiel von Thrombozyten, plas-matischen Faktoren, Erythrozyten und Leu-kozyten resultiert, lediglich die Sekunden dauernde Thrombingenerierung ab. Diese Tests dienen daher primär zur Überwa-chung von Antikoagulanzien-Effekten. Bei entsprechender Blutungsdynamik ist darü-ber hinaus die lange Zeit zwischen Blutent-nahme und Ergebnisübermittlung bei kon-ventionellen Gerinnungsuntersuchungen (30 bis 80 min 1) ein limitierender Faktor. Die zeitliche Diskrepanz könnte zu einer inadäquaten Therapie führen.

Zur Abklärung einer perioperativen Blu-tung empfiehlt sich daher die Erweiterung der klassischen Gerinnungsanalytik um die

Thrombozytenfunktionsdiagnostik – nicht zuletzt, weil die Einnahme thrombzyten-aggregationshemmender Medikamente (COX-Hemmer, ADP-Antagonisten) weit verbreitet ist. Ein großer Vorteil ist die Möglichkeit der zeitnahen Analyse mittels POC-Verfahren. Dabei kommt die Impe-danzaggregometrie (MultiplateT Analyzer, Fa. Roche Diagnostics) unseren klinischen Anforderungen am nächsten, weil sie die einfache und schnelle Gerätebedienung mit dem breiten Nachweis häufiger Plättchen-funktionsstörungen kombiniert. Bei der Impedanzaggregometrie dient meist hiru-din- bzw. heparinantikoaguliertes Vollblut als Probenmaterial;2 es kann unmittelbar nach Blutabnahme analysiert werden.3 Zur schnellen und umfassenden Beurteilung der Plättchenfunktion stehen verschiedene spezifische Thrombozytenaktivatoren (Tab. 1) und fünf voneinander unabhängige Mess-kanäle zur Verfügung. Die Zeitspanne vom Analysenstart bis zum Messergebnis beträgt ca. 10 Minuten. Es wird u. a. als Fläche unter der Kurve (AUC [U]) angegeben. Bei ein-geschränkter Plättchenaktivierung ist die AUC im zugehörigen Multiplate-Graphen entsprechend vermindert.

Warum blutet mein Patient? Das ist eine mögliche Fragestellung, mit der Anästhe-sisten und Intensivmediziner in der peri-operativen Medizin tagtäglich konfrontiert werden. Die Ursache einer chirurgisch-bedingten Blutung ist häufig offensichtlich und durch eine unmittelbare Intervention oft gut beherrschbar. Dagegen stellt die primär „diffuse“, nicht-chirurgisch-bedingte Blu-tung mit ihrer komplexen Pathophysiologie eine Herausforderung dar. Auch in anderen intensivmedizinischen Situationen spielt der aktuelle Gerinnungsstatus oft eine entschei-dende Rolle für die Prognose des Patienten. Da sich das gesamte hämostaseologische Potenzial aus primärer und plasmatischer Gerinnung zusammensetzt, ist auch für die Einleitung adäquater therapeutischer Gerinnungsinterventionen die gesamtheit-liche Betrachtung vorteilhaft. Der Einsatz moderner Point-of-Care-(POC-)Geräte zur Thrombozytenfunktionsdiagnostik hat daher in den letzten Jahren in der Intensivmedizin zugenommen und bereits zu konkreten The-rapieadaptionen geführt.

Medizin | Thrombozytenfunktionsdiagnostik in der Intensivmedizin | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 42 • 11/2013

Thrombozytenfunktionsdiagnostikin der IntensivmedizinDr. med. Michael Glas und Prof. Dr. med. Sascha Kreuer, Universitätsklinikum des Saarlandes

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Zur Abklärung und gesamtheit-lichen Beurteilung einer peri-operativen Blutung empfiehlt sich die Erweiterung der klassischen Gerinnungsanalytik um die Thrombozytenfunktionsdiag nostik.

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Diagnostik im Dialog • Ausgabe 42 • 11/2013 | Thrombozytenfunktionsdiagnostik in der Intensivmedizin | Medizin

Postoperative HyperkoagulabilitätIn der chirurgischen Intensivmedizin steht nach intensivstationärer Aufnahme in der Regel das Blutungsrisiko im Vordergrund. Diese Situation kehrt sich in den ersten post-operativen Tagen in eine Hyperkoagulabilität um.8 In dieser Akutphase addieren sich zum Operationstrauma Faktoren wie Immobilisie-rung oder maligne Prozesse zu einer erhöhten Thromboembolie-Gefahr. Das „Überschie-ßen“ der Hämostase (z. B. durch Freisetzung großer Mengen Tissue Factor aus zirkulieren-den Zellen, eine verstärkte Fibrinpolymeri-sation oder eine gesteigerte Thrombozyten-

aggregation durch zelluläre Interaktion) wird durch den konventionellen Gerinnungsstatus im zellfreien Plasma (PT, aPTT, TZ) nicht erfasst. Der richtige Zeitpunkt für den Start einer (adäquaten) Antikoagulation oder der (Wieder-)Beginn einer aggregationshem-menden Therapie gerät damit zur Heraus-forderung. Die Arbeitsgruppe um Lison zeigte, wie sich der Verlauf der postoperativen Veränderungen mittels Multiplate-Analyse überwachen lässt.9 Eventuell ergeben sich auch beim Management der postoperativen Hyperkoagulabilität therapeutische Optimie-rungen durch die Impedanzmessung.

Gegenüber der Impedanzmessung besitzen viskoelastische Methoden (Rotationsthrom-belastometrie, Thrombelastographie) eine eingeschränkte Aussagekraft hinsichtlich der Erkennung von Thrombozytenfunkti-onsstörungen.

Die Verwendung aggregometrischer Ver-fahren schließt diagnostische Lücken hinsichtlich der primären Hämostase und erweitert das Spektrum der perioperativen Koagulopathiediagnostik um ein Vielfa-ches. Der zunehmende Einsatz der Impe-danzaggregometrie hat dazu beigetragen, starre Frischplasma- und Plättchenkonzen-trat-basierte Regime zugunsten einer POC-basierten, spezifischen Therapie mehr und mehr zu verlassen. Daraus resultierten ökonomische und medizinische Vorteile: Sowohl der Transfusionsbedarf als auch die Inzidenz schwerer Nebenwirkungen nahmen ab.4,5

Die thrombozytenstimulierende Wirkung von Desmopressin (DDAVP) – einem Medi-kament, das den Blutverlust bei Patienten mit Plättchendysfunktionen senken kann – lässt sich ebenfalls überwachen.6, 7 Der Effekt zeigt sich in der Impedanzmessung „in-vitro“ durch eine Zunahme der AUC bei allen Aktivatoren. Somit könnte der Multi-plateT Analyzer vorab diejenigen Patienten identifizieren, die von der DDAVP-Therapie profitieren.

Wichtig ist, unter Beachtung klinikabhän-giger Besonderheiten, Algorithmen für die Therapiesteuerung zu implementieren und an operations- bzw. krankheitsspezifische Besonderheiten anzupassen. In einem ge–meinsamen Algorithmus der Universitäts-kliniken Frankfurt, Heidelberg und Hom-burg haben sich für die Abklärung diffuser Blutungen insbesondere der ASPItest und der ADPtest bewährt. Danach stellt z. B. die AUC < 40 U im ASPI- und/oder ADPtest eine Indikation für die Gabe von DDAVP (Desmo-pressin) und die Transfusion von Thrombozy-tenkonzentraten (TK) dar: „2 TK + 0,4 µg/kg DDAVP (falls noch nicht erhalten)“.

Abb. 1: Thrombozytenfunktionsdiagnostik mittels MultiplateT Analyzer bei einem 25­jährigen Patienten mit septischem ARDS. Am siebten Tag unter VV-ECMO kam es zum thrombotischen Ver-schluss des Oxygenators. Die Thrombozytenfunktionsdiagnostik zeigt eine hochnormale bzw. übermä-ßige Plättchenaktivierung in ASPI-, ADP-, TRAP- und COLtest (Kanal 1–4). Ob der Patient auf eine Therapie mit Acetylsalicylsäure anspricht, wurde im ASPI ASAtest erfolgreich simuliert. Die AUC (Kanal 5) war gegenüber der Ausgangssituation (Kanal 1) signifikant niedriger.

Tab. 1: Thrombozytenfunktionstests am MultiplateT Analyzer

Thrombozytenfunktionstests

Multiplate­Reagenz Aktivierungsweg an Thrombozyten sensibel gegenüber

ASPItest Arachidonsäure als Aktivator, Synthese von Thromboxan A2 über COX

Acetylsalicylsäure, andere nichsteroidale Antiphlogistika

ADPtest, ADPtest HS

ADP-Rezeptor, durch Zugabe von Prosta glandin E1 (HS) wird die Sensitivität gegenüber Effekten von ADP-Antagonisten erhöht

ADP-Antagonisten (Clopido-grel, Prasugrel, Ticagrelor)

TRAPtest TRAP-6 bindet an Thrombozyten, starke Plättchenaktivierung

Glykoprotein-IIb/IIIa-Antago-nisten (Abciximab, Eptifibatid)

COLtest Kollagen-Rezepetor, darüber Freisetzung von Arachidonsäure, Bildung von Thromboxan A2

Acetylsalicylsäure, andere nichsteroidale Antiphlogistika

RISTOtest (high/low) Ristocetin-aktivierte Thrombozyten aggregation von-Willebrand-Syndrom17

Fallbeispiel

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versagen (ARDS) wurde die Indikation für ein extrakorporales Lungenunterstützungsverfah-ren (VV-ECMO) gestellt. Die dazu notwen-dige Antikoagulation erfolgte zunächst aPTT-gesteuert ausschließlich mit unfraktioniertem Heparin, die Notwendigkeit einer Thrombo-zytenaggregationshemmung bestand auf-grund der Vorgeschichte des Patienten nicht. Am siebten Tag der VV-ECMO-Therapie kam es trotz einer aPTT > 80 Sekunden zur Gerinnselbildung im ECMO-Oxygenator und machte einen notfallmäßigen Wechsel dieses Systems erforderlich.

Die daraufhin u. a. durchgeführte Thrombo-zytenfunktionsdiagnostik erbrachte am Mul-tiplateT Analyzer folgenden Befund (Abb. 2): Die Messwerte des ASPItest bzw. TRAPtest

und insbesondere des ADPtest und COLtest lagen weit oberhalb des Normwertes. Somit war von einer Hyperkoagulabilität aufgrund gesteigerter Thrombozytenaktivierung aus-zugehen.

Der ASPI ASAtest zeigte uns das Anspre-chen des Patienten auf die Gabe von Acetyl-salicylsäure an: Es kam zu der gewünschten Verminderung der AUC im Vergleich zum ASPItest (vgl. Abb. 2 Kanal 5 vs. Kanal 1). Daraufhin erhielt der Patient im weiteren Verlauf der ECMO-Therapie eine zusätzli-che Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure, deren Wirksamkeit täglich kontrolliert wurde. Es traten keine weiteren Probleme (Hyperkoagulabilität oder Blutungskomplikationen) auf.

SepsisDie Impedanzaggregometrie erfasst Verände-rungen der Hämostase auch im Rahmen der Sepsis.10, 11 Die Arbeitsgruppe um Adamzik untersuchte, ob die Methode als „Biomarker“ für die Diagnose und Prognose einer schwe-ren Sepsis dienen könnte. Verglichen mit postoperativen Patienten war die Plättchen-aggregation der Sepsispatienten insbesondere im COLtest signifikant schlechter. Darüber hinaus wurden auch deutliche Unterschiede zwischen überlebenden und nicht überleben-den Sepsispatienten beobachtet.10 Danach ermöglicht der MultiplateT Analyzer bei Patienten mit schwerer Sepsis eine im Ver-gleich zu konventionellen Verlaufspara-metern verbesserte Diagnosestellung und Vorhersagbarkeit bezüglich Überleben.

Extrakorporale UnterstützungsverfahrenAufgrund der hohen Komplexität der Hämostase macht ein regelmäßiges Moni-toring der Thrombozytenfunktion auch beim zunehmend häufigeren Einsatz ext-rakorporaler Kreislaufunterstützungssys-teme (Ventrikelunterstützung und extra-korporale Membranoxygenierung) Sinn.12, 13

Es hilft, ein patientenindividuelles Gerin-nungsmanagement zu etablieren und auf diese Weise die diffizile Balance zwischen Thromboembolie und Blutungskomplika-tion zu finden.

Das folgende Fallbeispiel aus unserer Kli-nik verdeutlicht dies: Bei einem 25-jährigen Patien ten mit schwerem septischem Lungen-

Medizin | Thrombozytenfunktionsdiagnostik in der Intensivmedizin | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 42 • 11/2013

Der zunehmende Einsatz der Impedanzaggrego-metrie hat dazu beigetragen, starre Regime für die

Gabe von Frischplasma und Thrombozyten zugunsten einer POC-basierten, spezifischeren

Therapie mehr und mehr zu verlassen.

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Diagnostik im Dialog • Ausgabe 42 • 11/2013 | Thrombozytenfunktionsdiagnostik in der Intensivmedizin | Medizin

Die zunehmende Verbreitung der Metho-de hat z. B. im Rahmen des perioperativen Managements das Umdenken bei der Ge-rinnungstherapie des Blutungsnotfalls be-einflusst – weg von verhältnisbasierten Schemata bei Gabe von Frischplasma und Thrombozytenkonzentraten, hin zu spezifi-scheren Therapien. Auch bei anderen inten-sivmedizinischen Fragestellungen wie Sepsis oder extrakorporalen Unterstützungsverfah-ren zeichnet sich ein klinischer Nutzen der ergänzenden Impedanzaggregometrie ab.

LimitationenNeben den zahlreichen Vorteilen der POC-Testung mittels MultiplateT Analyzer gilt es, bei der Ergebnisinterpretation folgende Limitationen zu berücksichtigen:OEinige Rahmenbedingungen der Hämo-

stase, die ebenfalls den Gesamtprozess beeinflussen, werden nicht erfasst. Dazu gehören Hypo- oder Hyperthermie, pH-Wert, ionisiertes Kalzium oder Hämo-globin/Hämatokrit. Hypothermie und Azidose6 oder auch ein transfusionsbe-dingter Kalziummangel senken z. B. die Gerinnungsfähigkeit des Blutes.

ODie Ergebnisse hängen wesentlich von der Thrombozytenzahl 14 sowie der Inter-aktion zwischen Thrombozyten, Leuko-zyten und Erythrozyten ab.15 Dies erklärt mögliche Unterschiede zu den Ergebnis-sen anderer Thrombozytenfunktionsas-says mit plättchenreichem Plasma.16

OIst zur Analyse ein Probentransport notwendig, sind stärkere Erschütterun-gen zu vermeiden. Rohrpostsysteme beispielsweise können die Ergebnisse der Impedanzaggregometrie verfälschen.17

ODie Diagnostik eines von-Willebrand-Syndroms, der häufigsten angeborenen hämorrhagischen Diathese, ist in der Literatur zwar beschrieben,18 die Daten-lage ist jedoch aktuell noch begrenzt.

FazitIn Ergänzung zu den konventionellen hämo-staseologischen Parametern verbessert die Thrombozytenfunktionsdiagnostik mit dem MultiplateT Analyzer die im klinischen Alltag oft notwendige gesamtheitliche Beurteilung des Gerinnungsstatus erheblich. Das POC-taugliche Verfahren mit Vollblutansätzen reduziert präanalytische Schritte und ermög-licht einen klinisch wesentlichen Zeitgewinn bei Diagnostik und Therapieeinleitung.

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Korrespondenzadresse

Dr. med. Michael Glas Arzt in Weiterbildung und wissenschaftlicher Mitarbeiter [email protected]

und

Prof. Dr. med. Sascha Kreuer Stellvertretender Direktor [email protected]

Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum des Saarlandes 66421 Homburg / Saar

Prof. Dr. Sascha Kreuer

Dr. Michael Glas