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8 Tibor von Pettkó-Szandtner vitéz Felsödriethoma, ein Leben für das edle Pferd. Stadttor von Modor. Es gehörte zur Befes- tigungsanlage dieser am Fuss der Kleinen Karpaten etwa sechs Kilometer nördlich der Heimatstadt von Tibor von Pettkó- Szandtner gelegenen Winzer- und Bergar- beiterstadt, die nach der mongolischen Fremdherrschaft1158 durch Géza II.(1130 bis1162) gegründet und durch deutsche Einwanderer besiedelt wurde. Sie heisst heute slowakisch Modra. Das im17.Jahr- hundert erbaute Stadttor war Vorbild für das 1928 in den westlichen Langstall des Gestütes Bábolna eingebaute «Helden- tor», das als Mahnmal für dessen im Er- sten Weltkrieg gefallenen Mitarbeiter ein- gerichtet wurde. Es ist heute ein Wahrzei- chen des Gestütes und der Gemeinde Bá- bolna. Dr.Dr.Johannes Erich Flade, Fliems- torf. Am 20. Juni 1886 wurde Tibor von Pettkó-Szandtner in der Berg- manns- und Weinbauernsiedlung Bazin geboren. Das Städtchen, das seine deutschen Gründer (1208) Bösing genannt hatten, heisst heu- te slowakisch Pezinok. Dort wur- den bis zum 18.Jahrhundert im Bergbau Pyrit, Antimon und Gold gewonnen. Der Ort liegt etwa 20 km nordöstlich der slowakischen Hauptstadt Bratislava am Fuss der Kleinen Karpaten.Tibors Vater, Szandtner, stammt aus einem deutschen evangelisch-reformier- ten Adelsgeschlecht, das seit 1526 in Oberungarn ansässig war. Seine Mutter, geborene Pettkó, gehörte zu einer Familie ausTrencsén (slo- wakisch Trentschin), die der unga- rische König und zugleich römisch- deutsche Kaiser Sigismund I. von Luxemburg (1368 bis1437) in den Adelsstand1421 erhoben hatte. Sie hatte dort einen Landwirtschafts- betrieb gepachtet. Tibor ging in Pozsony (auf deutsch Pressburg und nach dem I.Weltkieg Bratislava) zur Schule; dort zeigte sich schon sei- ne Liebe zu Tieren und sein Ver- ständnis für Pferde, mit denen er im Landgut seines Vaters arbeitete. Danach wechselte er in die be- rühmte, älteste landwirtschaftliche Hochschule Europas, in das «Ge- orgikon» nach Keszthely an der Westseite des Balaton, das er er- folgreich absolvierte. Seit 1970 gibt es dort die Agrarwissenschaftliche Pannon-Universität mit fünf Fakul- täten, darunter die für Tierproduk- tion in Kaposvár mit der ange- schlossenen Pannon Lovasakadé- mia und der Landwirtschaftlichen Fachschule. Diese Bildungsstätte hatte Graf György Festetics, Keszthely, am1. Juli 1797 als Landwirtschaftliche Akademie gegründet und nach den unter dem Namen «Georgica» zusammengefassten vier landwirt- schaftlichen Lehrgedichten des rö- mischen Dichters Publius Vergilius Marco (gleich Vergil, 70 bis 19 vor Christus) benannt. Seinem gross- zügigen Geschenk, das am 23. Au- gust 1801 durch den ungarischen König Franz I. von Habsburg Anstelle des Durchbruchs in der westlichen Brandmauer des Bábolner Gestütskomple- xes liess Tibor von Pettkó-Szandtner ein Eingangstor bauen; die Innenwände erhiel- ten Marmortafeln mit den Namen der Ge- stütsangehörigen, die im I.Weltkrieg gefal- len waren. Daher kommt die bis heute übliche Bezeichnung «Heldentor». Alte Strasse in Bazin (slowakisch Prestinok) mit der katholischen Stadtkirche im Hinter- grund. Entsprechend der Zugehörigkeit zu den verschiedenen christlichen Konfessio- nen gab es im damaligen Oberungarn, heute Slowakei, auch in kleinen Siedlungen mehrere Kirchen, so in Bazin auch eine evangelisch-reformierte Stadtkirche, in die die Familie Pettkó-Szandtner zum Gottesdienst gegangen ist. (1768 bis 1835) als Hochschule of- fiziell bestätigt wurde, hatte Graf Festetics noch einen grossen land- wirtschaftlichen Betrieb mit zahlrei- chen Maschinen sowie eine Biblio- thek (Die heutige Helikon-Biblio- thek) – damals mit 80 000 Bänden die grösste private Bücherei in Un- garn – hinzugefügt. Nach seinem Landwirtschaftsstudi- um war Tibor in verschiedenen privaten und staatlichen Gestüten/

Tibor von Pettkó-Szandtner vitéz Felsödriethoma, ein Leben

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Tibor von Pettkó-Szandtner vitéz Felsödriethoma,ein Leben für das edle Pferd.

Stadttor von Modor. Es gehörte zur Befes-tigungsanlage dieser am Fuss der KleinenKarpaten etwa sechs Kilometer nördlichder Heimatstadt von Tibor von Pettkó-Szandtner gelegenen Winzer- und Bergar-beiterstadt, die nach der mongolischenFremdherrschaft1158 durch Géza II.(1130bis1162) gegründet und durch deutscheEinwanderer besiedelt wurde. Sie heisstheute slowakisch Modra. Das im17.Jahr-hundert erbaute Stadttor war Vorbild fürdas1928 in den westlichen Langstall desGestütes Bábolna eingebaute «Helden-tor», das als Mahnmal für dessen im Er-sten Weltkrieg gefallenen Mitarbeiter ein-gerichtet wurde. Es ist heute ein Wahrzei-chen des Gestütes und der Gemeinde Bá-bolna.

Dr.Dr. Johannes Erich Flade, Fliems-torf.Am 20. Juni 1886 wurde Tibor vonPettkó-Szandtner in der Berg-manns- und WeinbauernsiedlungBazin geboren. Das Städtchen, dasseine deutschen Gründer (1208)Bösing genannt hatten, heisst heu-te slowakisch Pezinok. Dort wur-den bis zum18.Jahrhundert imBergbau Pyrit, Antimon und Goldgewonnen. Der Ort liegt etwa 20km nordöstlich der slowakischenHauptstadt Bratislava am Fuss derKleinen Karpaten. Tibors Vater,Szandtner, stammt aus einemdeutschen evangelisch-reformier-ten Adelsgeschlecht, das seit 1526in Oberungarn ansässig war. SeineMutter, geborene Pettkó, gehörtezu einer Familie ausTrencsén (slo-wakisch Trentschin), die der unga-rische König und zugleich römisch-deutsche Kaiser Sigismund I. vonLuxemburg (1368 bis1437) in denAdelsstand1421 erhoben hatte. Siehatte dort einen Landwirtschafts-betrieb gepachtet. Tibor ging inPozsony (auf deutschPressburgundnach dem I.Weltkieg Bratislava) zurSchule; dort zeigte sich schon sei-ne Liebe zu Tieren und sein Ver-ständnis für Pferde,mit denen erim Landgut seines Vaters arbeitete.Danach wechselte er in die be-rühmte, älteste landwirtschaftlicheHochschule Europas, in das «Ge-orgikon» nach Keszthely an derWestseite des Balaton, das er er-folgreich absolvierte. Seit 1970 gibtes dort die AgrarwissenschaftlichePannon-Universität mit fünf Fakul-täten, darunter die für Tierproduk-tion in Kaposvár mit der ange-schlossenen Pannon Lovasakadé-mia und der LandwirtschaftlichenFachschule.Diese Bildungsstätte hatte GrafGyörgy Festetics, Keszthely, am1.Juli 1797 als LandwirtschaftlicheAkademie gegründet und nachden unter dem Namen «Georgica»zusammengefassten vier landwirt-schaftlichen Lehrgedichten des rö-mischen Dichters Publius VergiliusMarco (gleich Vergil, 70 bis19 vorChristus) benannt. Seinem gross-zügigen Geschenk, das am 23.Au-gust 1801 durch den ungarischenKönig Franz I. von Habsburg

Anstelle des Durchbruchs in der westlichenBrandmauer des Bábolner Gestütskomple-xes liess Tibor von Pettkó-Szandtner einEingangstor bauen; die Innenwände erhiel-ten Marmortafeln mit den Namen der Ge-stütsangehörigen, die im I.Weltkrieg gefal-len waren. Daher kommt die bis heuteübliche Bezeichnung «Heldentor».

Alte Strasse in Bazin (slowakisch Prestinok) mit der katholischen Stadtkirche im Hinter-grund. Entsprechend der Zugehörigkeit zu den verschiedenen christlichen Konfessio-nen gab es im damaligen Oberungarn, heute Slowakei, auch in kleinen Siedlungenmehrere Kirchen, so in Bazin auch eine evangelisch-reformierte Stadtkirche, in die dieFamilie Pettkó-Szandtner zum Gottesdienst gegangen ist.

(1768 bis 1835) als Hochschule of-fiziell bestätigt wurde, hatte GrafFestetics noch einen grossen land-wirtschaftlichen Betrieb mit zahlrei-chen Maschinen sowie eine Biblio-thek (Die heutige Helikon-Biblio-

thek) – damals mit 80 000 Bändendie grösste private Bücherei in Un-garn – hinzugefügt.Nach seinem Landwirtschaftsstudi-um war Tibor in verschiedenenprivaten und staatlichen Gestüten/

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Landgestüten tätig, unter anderenauch im königlich-ungarischen Ge-stüt Kisbér. Anlässlich eines Aufent-haltes in Deutschland besuchte er1925 die Reit- und Fahrschule inHannover.Von1920 bis1927 warerals Offizier dem Kommandanten(1919 bis1925) des königlichunga-rischen Gestütes Bábolna, OberstArtúr Hajnyi, zugeteilt. Von diesemJahr an erschienen von ihm in derungarischen Zeitschrift St.Georg(Sz.György) eine Reihe von Fach-beiträgen zur Technik des Fahrensmit Pferden. Etwa ein Jahr (1928)später kam er als Leiter zum Foh-lenhof der Armee, die ihn in Pusz-taszentkiraly bei Kiskunlacháza, et-wa 60 km südlich Budapest einge-

richtet hatte.Dort schrieb er1930/31 sein bedeutendes Buch überVergangenheit und Gegenwartder ungarischen Fahrkunst «A ma-gyar kocsizás» (Fahren auf ungari-sche Art), das seitdem mehrfachund mehrsprachig aufgelegt wur-de. Das Werk ist für jeden Fahreräussert lesenswert und enthält ne-ben der Geschichte des ungari-schen Fahrens eine Menge Infor-mationen und Abbildungen auchfür Theorie und Praxis, so zu An-spannung, Geschirrteilen, zu denKutschwagen und sonstigem Zu-behör sowie zur eigentlichen prak-tischen Fahrkunst.1925 war die Zeit für Oberst ArtúrHajnyi als Leiter von Bábolna zu

Gestüt Fenékpuszta. Knapp acht Kilometer südlich Keszthely liegt an der Strasse Nr.7im Bereich der ehemaligen römischen Festung Valcum dieses nach1860 gegründeteGestüt für Englische Vollblutzucht mit 800 Kühen und14 000 ha als ökonomische Ba-sis. Dort gab es zunächst von etwa1850 bis1860 eine «Araberperiode», in diesem Falldurch persönliche Verbindungen des Grafen Tasziló Festetics (1813 bis1883) mit Erichvon Schönberg, der im sächsischen Herzogswalde bei Freiberg originalarabische Pfer-de züchtete und verkaufte. (Emil Adam, «Gestüt Fenek»).

Altes Akademiegebäude Keszthely. Es istdas1897 im Zopfstil auf den Grundmau-ern des 100 Jahre zuvor errichteten erstenLehrgebäude des «Georgikon», in wel-chem auch Tibor von Pettkó-Szandtnergearbeitet hat. Heute ist es Teil der1970gebildeten Agrarwissenschaftlichen Pan-non-Universität, die mit fünf grossen Fa-kultäten und mehr als 12 Lehrstühlen dieAusbildung ihrer Studenten sichert. Fürden Autor dieses Berichtes ist es einegrosse Ehre, die Ehrendoktorwürde dieserberühmten Bildungsstätte zu tragen.

Alter Hof des Lehr- und Versuchsgutes inKeszthely. Zeitgleich zu den Grundlagenfür die theoretische Ausbildung wurde um1800 durch Graf György Festetics die Ba-sis für das Erwerben praktischer Fähigkei-ten und Erfahrungen durch die Schaffungeines modern ausgestatten Lehr- und Ver-suchsgutes gesichert. Einen Teil der dortbeheimateten Maschinen und Ausrüstun-gen aus der Zeit der Jahrhundertwende18./19.Jahrhundert kann man noch heuteim Majormuseum (ehemalige Meierei) se-hen.

Denkmal von Graf György Festetics. DieseGedenkstätte wurde zum Andenken anden Gründer des «Georgikon» als ältesteeuropäische landwirtschaftliche Akademie,Graf György Festetics (1755 bis1819), er-richtet. Es ist Vorläufer der Agrarwissen-schaftlichen Pannon-Universität.Die Fami-lie Festetics stammte aus Kroatien und sie-delte sich im westungarischen Keszthelyan.Das dort im Auftrag von Graf KristófFestetics (1696 bis 1768) auf den Mauernder alten Burg der Vorläuferfamilie Pethö1745 erbaute Barock-Schloss wurdeStammsitz der Familie. Sein mit dem Gra-fentitel bedachte Nachkomme, Pál Feste-tics (1722 bis1782), war Vertrauter vonMaria-Theresia (1717bis1780) und mit ei-nem Besitz von etwa 48 000 ha landwirt-schaftlicher Nutzfläche eine der grösstenungarischen Grundherrn.

Bucheinband. Tibor von Pettkó-Szandtnerbenutzte die Zeit als Major und Leiter (seit1931/32) des Militär-Fohlenhofes Puszta-szentkirály, bei Kiskunlacháza etwa 60 kmsüdlich Budapest gelegen, zum Verfassenseines Buches «A magyar kocsizás». Es istumfassend mit mehr als 200 Bildern undZeichnungen ausgestattet. Handgezeich-nete Tafeln (17) in Farbe bereichern dasWerk mit Darstellungen von Gespannenaus dem18.Jahrhundert. Es ist 1931 in ers-ter Auflage erschienen und als Fahr-Lehr-buch abgefasst, das an Aktualität nichtverloren hat.

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Ende. Er hatte die schweren Nach-kriegsjahre, darunter den Ausfallwichtiger Gestüte (besonders Ra-dautz) sowie andere umfangreicheReparationsleistungen in Bábolnaerlebt und mit seinen Mitarbeiternunter grossen Opfern durchgestan-den. Ihm sind vor allem der Wie-deraufbau der Vollblut-Araberher-de sowie seine erfolgreichen Be-mühungen um die Pflege des Ara-berrassebestandes (also der Sha-gya-Araberherde) zu danken. Ihmfolgte1925 Oberst Arthur Hámor-sky, der sieben Jahre später in denRuhestand trat. Gegen Ende von dessen Amtsperi-ode konnte gemäss einer Abspra-che zwischen dem Leiter der un-garischen Pferdezuchtdirektion(Aladár Scitovski) am16. Novem-ber1930 und dem polnischen Ge-stüt Gumniska (Fürst Roman San-guszko) noch ein hervorragenderoriginaler Importhengst für Bábol-na erworben und am 6.Mai 1931dort übergeben werden: Der dun-kelbraune Kuhailan Zaid db,1923,geboren bei Angehörigen desRuala-Stammes. Die Familie Sanguszko hatte schon1835 mit neun Stuten aus Sławu-ta-Chrestówka in Gumniska beiTarnów mit der Araberzucht be-gonnen. Zu Beginn des ErstenWeltkrieges (1914) wurde der inGumniska vorhandene sehr wert-

volle Araberzuchtbestand durchdie seinerzeit in Polen stationiertenrussischen Tuppen nach Osten ver-schleppt. Für Gumniska suchte des-halb Fürst Roman Sanguszko seit1919 intensiv nach geeigneten ara-bischen Zuchttieren, für die er sehrviel Geld anzulegen bereit war. SeinGestütsleiter und Trainer BogdanZientarski (1884 bis1958) wurdegemeinsam mit Carl R.Raswan(1893 bis1966) auf eine Reise zumKauf von Originalarabern in denVorderen Orient geschickt, die vonBudapest nach Alexandria, Kairo,in die arabische Halbinsel, in denIrak, nach Kuwait und Bahreinund zurück führen sollte. Fürst Ro-man Sanguszko trug sämtliche Kos-ten und war nach einer Absprachemit der ungarischen Pferdezucht-direktion in Budapest (Aladár Sci-tovski) am16. November1930 auchbereit, auf seine Rechnung einenzusätzlichen Hengst für Bábolnamitbringen zu lassen. Nach sechsMonaten und etwa12 000 bewäl-tigten Kilometern kamen die bei-den mit den erworbenen Pferdenzu Anfang Mai1931wieder zurück.Bábolna erhielt auf dem Rückwegam 6.Mai1931den dunkelbraunenHengst Kuhailan Zaid db, der1923bei einem Angehörigen des Ruala-Stammes geboren worden war. ImErgebnis der Reise behielt RomanSanguszko für Gumniska vier db-

Hengste und vier db-Stuten; es wardie letzte Möglichkeit, originalara-bische Zuchttiere von nomadisie-renden Stämmen zu erwerben.Gumniska verfügte danach überdie wertvollste Sammlung arabi-scher Zuchtpferde, wie es OberstHámorsky bei seinem dortigen Be-such1936 zum Ausdruck gebrachthat. Für die Araberzucht der gan-zen Erde hatte diese Expeditionfundamentale Bedeutung. BogdanZientarski hat in seinem Tagebuch1931 «Pod namiotami beduinow»(Unter den Zelten der Beduinen)über die Erlebnisse und Erfahrun-gen bei dieser Reise informiert.Dieser vom polnischen Araberver-band gedruckte Bericht enthältzahlreiche Fotos der gesehenenoder gekauften Zuchtpferde(10 000 Tiere hatten sie gesehen!)und schliesst am 24. August1931mit der Ankunft in Gumniska ab.Der Autor dieses Beitrages hatmehrfach, zuletzt im Dezember1954, mit Bogdan Zientarski inOstrow (n)sy bei Wrocław (dort lei-tete er den Fohlenhof) und demFürsten Roman Sanguszko in des-sen Wohnung in Kraków über denVerbleib dieses einmaligen Schat-zes gesprochen und dabei erfah-ren, dass das Gestüt Gumniska am27. Juli 1944 nach dem westpolni-schen Goscieszyn bei Wolsztynevakuiert werden musste und alle

Hengst Kuhailan Zaid db,1923,Ruala. Die-ser bedeutende Zuchthengst wurde durchCarl R. Raswan und Bogdan Zie(n)tarskiauf einer gemeinsamen Arabienreise aufKosten des polnischen Fürsten Roman San-guszko mit anderen db-Zuchtpferden fürdessen Gestüt Gumniska nach Verhand-

lungen mit der Pferdezuchtdirektion inBudapest (damaliger Direktor Aládar Sci-tovszki) durch die beiden zusätzlich ge-kauft.Am 6. Mai1931konnte er von Bá-bolna übernommen werden. Glücklicher-weise hat der Gestütsleiter von Gumniska,B.Zie(n)tarski, ein Tagebuch der Reise «Pod

namiotami Beduinów» (Unter den Zeltender Beduinen) geschrieben. Es wurde inBudapest am16./20. November1930 be-gonnen, am 24.August1931 in Gumniskageschlossen und enthält neben ausführli-chen Notizen die Fotos der meisten sei-nerzeit gekauften originalen Zuchttiere.

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Pferde dort im Januar1945 beimEinmarsch der sowjetischen Trup-pen zu Grunde gingen. Zufälligblieben nur die in Janów Podlaskigeborenen wertvollen fünf Ofir-Söhne des Jahrganges1938 derZucht erhalten.Als Kommandant des Gestütes Bá-bolna wurde 1932 durch die un-garische Regierung der inzwischenzum Oberst beförderte Tibor vonPettkó-Szandtner bestimmt. Mitviel Passion und Schwung über-nahm er die neue Tätigkeit unddamit zugleich einen auch als Fol-ge des Ersten Weltkrieges vor al-lem baulich und personell immernoch vernachlässigten Betrieb. Er kümmerte sich zunächst um diefarbliche und bauliche Rekonstruk-tion des Gesamtbetriebes; in de-ren Rahmen liess er das später«Heldentor» genannte Ehrenmalfür die im Weltkrieg gefallenenBetriebsangehörigen in den westli-chen Stallbereich einbauen, imNordteil des Parkes eine kleine Ka-pelle einrichten und den ehemalsim Gestüts-Innenhof befindlichenoffenen Reitplatz nach aussen ver-

Kapelle. Im nördlichen Teil des Gestüts-parkes von Bábolna liess Tibor von Pettkó-Szandtner in den1930er-Jahren eineKapelle erbauen.Dieses Kleinod stehtheute noch.

Fenster der Kapelle. In der kleinen Kapelleim Nordteil des Gestütsparkes finden sichtraditionelle ungarische Stilelemente, wieder Festerausschnitt zeigt.

legen. Dadurch schaffte er Platzfür das heutige Rondell vor demSzapáry-Schloss und für das bron-zene Pferdestandbild von GyörgyVastagh jun. Dazu gibt es einekurze Geschichte: Im Krieg zwi-schen Frankreich und Österreich-Ungarn zogen die Truppen Napo-leons I. (1769 bis1821) nach der fürihn verlorenen Schlacht bei Aspern21./22.Mai1809,donauabwärts inRichtung Györ (deutsch: Raab), dasnur etwa 20 Kilometer westlichvon Bábolna liegt. Dort kam es imJuni des gleichen Jahres nochmalszum Kampf, der jedoch für Öster-reich-Ungarn mit einer Niederlageendete.Die Schreckensnachrichtdarüber brachte ein reiterlosesPferd nach Bábolna, einen Tag be-vor die Franzosen dort einrücktenund das bereits evakuierte Gestütvollständig niederbrannten.

Der Gestüts-Innenhof von Bábolna mit dem Haupteingang und der Rondelle mit demSpringbrunnen. Im Hintergrund rechts die älteste Akazie in Europa. Sie stand schonzur Gründungszeit des Gestüts.

Bábolnaer Fanfarenzug. Kurz nach Über-nahme des Gestütes Bábolna durch Tiborvon Pettkó-Szandtner arrangierte derOberst einen pensionierten Musiker mitder Bitte, einen berittenen Fanfarenzugaufzubauen und auszubilden. Seit dieserZeit existiert diese Einrichtung mit fort-laufender Tradition. Sie wird von Genera-tion zu Generation weitergegeben und hatan Attraktivität bis heute nichts verloren.

Shagya-Araber-Denkmal in Bábolna.Györ-gy Vastagh jun.(1868 bis1946) gehörte zueiner alten Künstlerdynastie. Das ungari-sche Landwirtschaftsministerium beauf-tragte ihn unter anderen mit der Herstel-lung von Bronzeplastiken der wichtigstenZuchthengste in seinen Staatsgestüten, dieer in hervorragender Qualität lieferte. Sokam es nach dem Auftrag für das Hadik-Denkmal in Budapest 1936 zu dem «desreiterlosen Pferdes von Györ» für Bábolna.Das Gips-Modell überlebte im Landwirt-schaftsmuseum Budapest als sogenanntes«schneeweisses Pferd von Bábolna» den II.Weltkrieg; erst 1981 wurde es gegossenund auf dem vorhandenen Sockel dortaufgestellt.

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Zweispänner mit Araberrassestuten aus Bábolna. Das Gespannstartete zu den Turnieren in Aachen, Dresden und Wien 1929.Wahrscheinlich gehören die Stuten zu den Vorderpferden deran den selben Veranstaltungen teilnehmenden Mehrspännerund sind deshalb von Pettó-Szandtner besonders sorgfältig aus-gebildet worden.

Fünfspänner mit Mezöhegyeser Stuten. Im Auftrag mehrerer un-garischer Staatsgestüte trainierte von Pettkó-Szandtner auch de-ren Zuchtpferde und war Teilnehmer an internationalen Fahr-Wettkämpfen in Aachen, Budapest, Dresden und Wien wie hier1925 mit Zuchtstuten der Noniusrasse aus Mezöhegyes.Dadurchmachte er vor allem auch die Pferdezucht seiner Heimat.

Fünfspänner mit Zuchtstuten der Araberrasse aus Bábolna imGalopp. Dieses Bild entstand 1929 auf dem Vorführungsplatz inDresden und zeigt eindrücklich, wie gut und sicher ein Mehr-spänner auch in hohem Tempo in ungarischer Anspannung ge-fahren werden kann. Die Meisterschaft des Fahrers, bei dieserVorführung war es Tibor von Pettkó-Szandtner, der die Fahrlei-nen mit einer Hand beherrschte, sowie die zielgerichtete Vor-bereitung seiner Pferde sind dafür eine unabdingbare Voraus-setzung. Das bedeutet einen erheblichen Zeitaufwand ebenso,wie der Besuch der Wettkämpfe überhaupt, denn der Transporterfolgte damals stets mit der Bahn.

Sechspänner englische Anspannung. Tibor von Pettkó-Szandtnerfuhr 1925 sechsspännig mit Lipizzaner-Zuchtstuten aus Bábolnanoch in englischer Anspannung, wie hier in Siofók am Balaton.Von Bábolna bis dorthin sind es rund 120 Kilometer, welche diePferde in einer Tour zurücklegen mussten. Bis zu diesem Zeit-punkt wurde seit Gestütsgründung, besonders seit 1912, in Bá-bolna sehr erfolgreich Lipizzaner Zucht betrieben; die Umsied-lung nach Szilvásvárad im Bükkgebirge erfolgte erst 1951/52.Das «B» im Brandzeichen der Lipizzaner erinnert dort noch andie Herkunft.

Vierspänner ungarische Anspannung. Nach Erscheinen seines Standardwerkes1931über die ungarische Fahrweise fuhr von Petkó-Szandtner vorwiegend in ungarischerAnspannung, also mit Sielengeschirren, wie auf diesem Foto,mit vier Stuten der dama-ligen Araberrasse (heute Shagya-Araber) 1932.

Zur Information: Der norwegischeSchriftsteller Alexander Lange Kiel-land (1849 bis1906) teilte späterunter anderem mit,dassNapoleon I.bei diesem Feldzug eines seiner be-rühmtesten Pferde ritt. Es hiess«Euphrat» und war ein Geschenkdes Schahs von Persien, Fath Ali(1768 bis1834). Ein so weissesPferd hatte man in Europa nochnicht gesehen. Ein Gemälde zeigtes im Schloss von Versailles. Mit-ten im heftigsten Geschützfeuerritt er jetzt auf diesem Pferd im ge-streckten Galopp über das Schlacht-feld, vor der Front des französi-schen Heeres vorbei. Man erwar-tete jeden Augenblick ihn stürzenoder vom Pferde fallen zu sehen.In der Division Lamarque nahm derKaiser seinen Platz und hielt sichhier eine ganze Stunde auf. Mittenim Kugelregen sass er hochaufge-

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Vom Bábolna-Museum wurde ein besonde-rer Tibor von Pettkó-Szandtner-Raum imRestaurant «Fünferzug» (Ötösfogat étterem)

eingerichtet. Dort befinden sich nebst denAbbildungen seiner fast vollständigenSammlung ungarischer Satteltaschen, zwei

Aquarelle, die in den jungen Jahren desEhepaares Greta und Tibor von Pettkó-Szandtner entstanden sind.

richtet auf seinem weissen Pferd,so dass, bei den kurzen Entfernun-gen, die in jener Zeit die feindli-chen Heere schieden, Freund undFeind ihn sehen konnte. Der Kaiserliess seinen Diener Roustan, einenMamelucken, den er aus Ägyptenmitgebracht hatte, ein Bärenfell aufder Erde ausbreiten; er stieg ab, leg-te sich nieder und schlief sogleichein, wie es seine Gewohnheit war;übrigens hatte er ein Recht dazu:Man rechnete aus,dass er allein inden Tagen vom vierten bis sech-sten Juli 1809 sechzig Stunden zuPferde gesessen hatte.

Diese Szene veranlasste die Gestüts-direktion, den bedeutenden Bild-hauer György Vastagh jun. (1868bis 1946) zu beauftragen, das be-rühmte Bronzestandbild des Heng-stes anzufertigen,der vomSchlacht-feld des gegen Napoleon I. verlore-nen Kampfes des schlecht ausgebil-deten und mangelhaft ausgerüste-ten ungarischen Adelsaufgebotesin der Nähe von Györ am 14.Juni1809 nach Bábolna zurückgalop-piert war und dort mit seinem Ru-fen die Katastrophe signalisierthatte. Als Vorlage dafür benutzteGyörgy Vastagh jun.das Pferd des

von ihm geschaffenen Reiterdenk-mals von Feldmarschall Graf An-drás Hadik (1710 bis1790), das1936an der Kreuzung Uri ut/Szenthá-

Arboretum mit Pferdegrabstätten. Soweit wir wissen, veranlasste Tibor von Pettkó-Szandtner in den1930-er Jahren die Einrichtung eines Arboretum für die Anpflanzungin- und ausländischer Gehölze. Unter anderen befinden sich dort, etwa fünf Minutenvom Gestütshof entfernt, die Grabstätten einiger bedeutender Zuchttiere. Dieser derTradition fast aller osteuropäischer Völker entsprechende Brauch weist auf die engenBeziehungen der Menschen mit ihren treuen Gefährten hin, im übrigen beispielsweiseauch im polnischen Gestüt Janów Podlaski.

Bleistiftzeichnung von AkosGaray im Gäste-buch von Bábolna, anlässlich eines Besu-ches 1930 bei Tibor von Petkó-Szandtner.

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Bergstetten.Die kleine Gemeinde im Donau-Ries beherbergte ur-spünglich neben dem Schloss aus dem 17. Jahrhundert ein kö-niglich-bayerisches Hofgestüt, das gemeinsam mit Neuhof ander Zenn 1816 angekauft und mit dem seit 1571bestehendenebenfalls königlichen Gestüt Rohrenfeld vereinigt wurde (insge-samt etwa 1000 ha LN). Hier wurden arabische Pferde für denMünchener Marstall geliefert, Bergstetten erzeugte die schwere-ren. Um1850 betrug der dortige Bestand 400 Tiere, 1890 etwasweniger, vorwiegend englische Halbblüter. Mit Sturz der Monar-chie wurde das Hofgestüt aufgelöst und die Stallungen zum Ar-mee-Remontedepot eingerichtet.

Neuhof an der Zenn. Diese Marktgemeinde bestand schon zurömischer Zeit und wurde 776 als Villa Zennhausen bezeichnet.Um 1249 wurde sie ein Klosterhof «nova curia» des Heilsbron-ner Zisterzienserklosters (gleich Niuwenhoue, gleich Neuhof ),im 14. Jahrhundert kam eine Schutzmauer und im 16. Jahrhun-dert ein Wasserschloss hinzu.1791 wurde der «Heilsbronner Klosterstaat» mitsamt Neuburgan Preussen verkauft, nach dessen Niederlage gegen Frankreich1810 fiel es an Bayern. Im April 1945 wurde Neuhof von denamerikanischen Truppen fast völlig zerstört, jedoch bis um 1960im wesentlichen wieder aufgebaut.

Wasserschloss Neuhof an der Zenn.DasSchloss in Neuhof war schon im12. Jahr-hundert Verwaltungszentrum der ProbsteiZenn, bevor der Ort1309 aus dem Kloster-verband Heilsbronn ausschied.Neuhof wur-de danach eine Gemeinde und später zumselbstständigen Pfarrdorf (1621).Von1570bis1573 wurde das Schloss umgebaut undist im wesentlichen noch so erhalten. MitAuflösung des Heilsbronner Klosters (in derKlosterkirche befindet sich die Grablegeder fränkischen Hohenzollern) kam Neuhof1578 zu Ansbach-Bayreuth, somit1792 zumHaus Brandenburg. Resident war der preus-sische Minister Freiherr von Hardenberg(1750 bis1822); nach dem Frieden von Tilsit(1807) fiel das Bayreuther Gebiet an Frank-reich und wurde mit Neuhof1810 von Na-poleon I. dem bayerischen Königshaus (Kö-nig Maximilian I.) zunächst geschenkt.

romság ut im Budapester Burgvier-tel aufgestellt worden war. Dafürhatte er die damals bedeutendenShagya-Hengste Gazal II 1922 undShagya XXV 1916 in Bábolna ein-gehend studiert und daraus dieseseindrucksvolle Monument geschaf-fen, das für einen Pferdefreund al-lein schon einen Besuch diesesStadtteiles lohnt.Durch seinen immensen Fleiss undsein grosses Geschick gelang es Ti-bor von Pettkó-Szandtner den in-ternationalen Ruf des Gestütes inBábolna ständig zu erweitern. Seinbesonderes Verdienst aus heutigerSicht war die fachlich hochqualifi-zierte züchterische Pflege und För-derung des ihm anvertrauten Sha-gya-Araber- und Vollblut-Araber-Bestandes, der in den Jahren seinesAmtes als Leiter des Gestütes Bá-bolna eine bis dahin nie gekannteGüte erreicht hatte. Dazu kam dieEinführung von Leistungsprüfun-gen unter dem Sattel und vor demWagen, die er durch eigenes Vor-bild wirksam unterstützte. Alleindie Sattelkammer des Gestüteswar sehenswert.1933 gehörten 29AV-Stuten, 81 Araberrasse-Stuten(heute Shagya-Araber-Stuten) und39 Lipizzaner-Stuten zum Gestüts-bestand. Zehn Jahre darauf zähltees 59 AV-Stuten beziehungsweise169 Araberrasse-Stuten; damitwar Bábolna die grösste Zuchtättefür arabische Pferde in Europa undumfasste 4350 ha Landwirtschaft-licher Nutzfläche. Inzwischen war1943 Oberstleut-

nant Detlev von Arentschildt zumLeiter von Bábolna bestimmt wor-den. Tibor von Pettkó-Szandtnerwurde1943 zum General befördertund avancierte zum Verantwortli-chen für die gesamte ungarischePferdezucht im Ministerium fürLandwirtschaft Budapest. Dochdamit hatten allmählich seinegrössten Sorgen begonnen: Derverlorene Krieg zeichnete sich be-reits ab und die Ostfront rücktenäher an Ungarn heran. Am 23.September1944 hatte die sowjeti-sche Armee schliesslich die ungari-sche Grenze überschritten undvom14.bis19.Oktober fand eineder gewaltigsten Panzerschlachtendes ganzen Krieges im Osten Un-garns bei Debrecen statt, nach wel-cher sich am 24. Dezember1944der Ring um Budapest endgültigschloss. Das Gestüt Debrecen, dassich in der städtischen Puszta Hor-tobágy (etwa 23 000 ha Weide-land) neben fast 10 000 Rindern,20 000 Schafen und um 2 000 No-nius-Pferden befand, wurde dabeiüberrollt und völlig vernichtet. Dasmag den Ausschlag dafür gegebenhaben, dass von Pettkó-Szandtnerversuchte, den in Ungarn noch vor-handenen wertvollen Zuchtpferde-bestand um jeden Preis vor weite-ren Kampfhandlungen und der zuerwartenden sowjetischen Besat-zung zu bewahren. Seine jahrelan-gen persönlichen Beziehungen zudeutschen Freunden und Bekann-ten nutzte er zur Unterbringungder ungarischen Pferde aus den

Staatsgestüten – etwa 50% desdafür herausgesuchten Zuchtpfer-debestandes – in für die Sowjetar-mee nicht erreichbaren ZonenDeutschlands.Vier Güterzüge mitje etwa 40 Waggons brachten mitEinverständnis des Oberkomman-dos der Wehrmacht noch im De-

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zember1944 (Deutschland war inUngarn damals Besatzungsmacht)400 Gestütspferde aus Bábolnanach Süddeutschland in das leer-stehende Remontedepot Bergstet-ten, etwa10 Kilometer nordöstlichder bayerisch-schwäbischen Do-nauperle Donauwörth.

Gazal II, 1922, Bábolna, von Gazal I, 1903, Bábolna, aus der 74Shagya XVI-10,1918, Bábolna. Ein sehr schöner, harmonischer,äussert korrekt gebauter kräftiger Hengst, dessen Abbild dieStutenherde in Bábolna deutlich widerspiegelte.

Shagya XXV,1916,Bábolna, von Shagya XVII (Báb),1903,Radautz,aus der 142 Koheilan III-7, 1912, Bábolna. Ein sehr edler, dabeibreiter, tiefer und insgesamt gut bemuskelter Beschäler mit erst-klassigem, starkem Fundament, welches er sicher vererbte.

Gazal VII, 1944, Bábolna, von Gazal II, 1922, Bábolna, aus der129 Shagya XXV,1933,Bábolna. Gazal VII ist in den Wirren des Krieges 1944 auf dem Treck geboren worden,als das Gestüt Bábolna evakuiert wurd und in Bergstetten bei Donauwörth Aufnahmefand. Hier wuchs er bis zum Alter von drei Jahren auf und kehrte mit dem Pferdebe-stand im Jahre 1947 nach Bábolna zurück. Der Hengst hatte sich vorzüglich entwickelt,wurde für sechs Jahre Landbeschäler und zeugte in dieser Zeit 203 Fohlen. Seine durch-schlagende Vererbung machte die Gestütsverwaltung auf ihn aufmerksam, sie ver-setzte ihn als Hauptbeschäler nach Bábolna, wo er in15 Jahren zum Stempelhengst fürdie gesamte Mutterstutenherde wurde. Im Alter von 23 Jahren wurde er für eine zwei-te Beschälerkarriere nach Deutschland verkauft und deckte im Gestüt Schmidt, Ankum,bis 1975, noch als 31-jähriger. Sein Blut pulsiert formgebend nicht nur in einer grossenZahl bedeutender Töchter in Bábolna, er hat auch auf die deutsche und internationaleShagya-Araberzucht entscheidenden und richtunggebenden Einfluss genommen. Die-se züchterische Meisterleistung ist das Werk des grossen Hippologen Tibor von Petkó-Szandtner. Aufnahme1975.

Zur Information: Bergstetten/Alt-mühltal wurde1137 von BischofGebhard von Eichstädt erstmaligerwähnt. Das Schloss stammt von1627 (1728 erneuert).1816wurdeBergstetten mit Neuhof als bayeri-sches Hofgestüt durch König Maxi-milian I. (1756 bis1825) erworben.

Im Zusammenhang mit diesemKauf erfolgte die Zusammenlegungmit dem schon seit1571 bestehen-den landesherrlichen Gestüt Roh-renfeld, etwa vier Kilometer südöst-lich Neuburg/Donau zu einem Be-trieb. Rohrenfeld blieb bis1845Fohlenhof; seitdem beherbergte es50 bis 60 vorwiegend arabischeZuchtstuten, die Pferde für den kö-niglichen Marstall in München lie-ferten, ab 1850 mehr und mehrenglische Voll- und Halbblüter. NachEnde der Monarchie1919 wurdedie Zucht allmählich eingestellt unddas ehemalige Gestüt bis1945 alsRemontedepot (VII.Armeekorps)weitergeführt. Letzter Hofgestütsdi-rektor war seit 1895/96 Max vonStetten (1860 bis1925), von1913 anköniglich bayerischer Hofstallmeis-ter beziehungsweise Oberstallmei-ster des Hofmarschalls in München.

Am 20. April 1945 wurde auchdieses Gebiet Deutschlands vonden alliierten Truppen (I. französi-sche und VII. amerikanische Ar-mee) erreicht. Daraus ergaben sichallmählich grosse Schwierigkeitenfür die dort einquartierten Men-schen und Pferde.Das Schlimmstewar das Verschleudern der ange-eigneten Zuchtpferde durch ameri-kanische Offiziere, worüber Tiborvon Pettkó-Szandtner berichtethat. Weiterhin gehört dazu, dassdie Behring-Werke in Marburg ander Lahn Pferde zur Serumgewin-nung suchten, wofür auch 14 Ara-berstuten aus Bábolna beschlag-

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Die Pferdehaltung war in Ägypten infolge der kaum ausreichenden Futtergrundlageund Wasserversorgrung von jeher schwierig und sehr teuer.Das hat dazu geführt, dassPferde nur einer begüterten Schicht zur Verfügung standen; das wird schon aus derZeit der Pharaonen berichtet. Die Gestüte der Region Kairo bezogen das Futter vor-wiegend aus dem fruchtbaren Nildelta (24 000 km²) und liessen zum Beispiel die Lu-zerne täglich anfahren, im 20. Jahrhundert mit LKW. Auf dem Bild sieht man die An-kunft eines Dromedars mit Luzerne im Gestüt El Zahraa, für dessen Ladung sich dieStute Maisa or. Ar.,1948,Kafr Farouk (von Shaloul, 1931, aus der Zereefa, 1927,Kafr Fa-rouk) interessiert.

nahmt wurden, vorwiegend Töch-ter von Kuhailan Zaid db,1923.Durch Tausch gegen Kaltblutpfer-de konnten sie jedoch für die Ara-berzucht erhalten werden, weil sievon der polnischen Gestütsverwal-tung ausgelöst wurden; am 13.Dezember1951 sind sie aus Polenwieder nach Bábolna zurückge-kehrt, wie sich im IV. Band (1953)des polnischen Araberstutbuches(PASB) Seite 67/68 nachlesen lässt.Die amerikanische Besatzungs-macht setzte im Verlaufe des Jah-res1947 sowohl Tibor von Pettkó-Szandtner als auch Detlev vonAhrentschildt als unzuverlässigeLeiter ab; sie wurden durch «nied-rigere Chargen» ersetzt. Im De-zember1947 konnten jedoch dieersten der evakuierten ungarischenPferde wieder in ihre Heimat zu-rückkehren, zunächst 60 arabischeStuten mit 40 Fohlen und 50 Lipiz-zanerstuten nach Bábolna; zwi-schen Oktober 1947 und Januar1948 gingen auch die Pferde nachKisbér und Mezöhegyes wiederzurück. Von den nicht nachDeutschland verlegten Pferdenfanden sich 40 Araber und 20 Li-pizzaner in Ungarn wieder ein. Al-lerdings waren dort unter anderendie Gestütsanlagen sämtlich aus-geräumt oder weitgehend zer-stört, wie beispielsweise in Bábol-

na. Belastend war weiterhin, dass– bedingt durch die politischenVerhältnisse – die mit ihren Pfer-den evakuierten Gestütsmitarbei-ter in ihrer Heimat nicht mehr will-kommen waren, sondern als poli-tisch verdächtig galten, weil sie«aus dem Westen» kamen. Es gibteinen Brief aus dieser Zeit (1947),den General von Pettkó-Szandtneran den zuständigen ungarischenLandwirtschaftsminister Károly Bá-rányos geschrieben hat, um diesendie herrschende Situation ausführ-

Hengst Farag or.Ar. (von Morafic, 1956, aus der Bint Kateefa,1938). Er wurde1962 in El Zahraa geboren und war ein Enkeldes bedeutenden Nazeer1934. Wegen seines hervorragendenVererbungspotentials kaufte ihn1969 das ungarische GestütBábolna; später ging der Hengst nach Deutschland zum Olms-Gestüt in Treis. In beiden Ländern wirkte er sehr erfolgreich. Mitdiesem ersten Verkauf nach Ende des II.Weltkrieges begannauch das Interesse an reingezogenen, «asilen», originalen Voll-blutarabern in Europa, eigentlich vor allem unter Fortführungder traditionellen pferdezüchterischen Beziehungen zwischenÄgypten und Deutschland, wo sie 30 Jahre zuvor vom königli-chen Gestüt Weil nach Marbach übertragen worden waren.

lich zu schildern. Es ist nicht be-kannt, ob darauf eine Antwort er-folgte. Von der Heimat verstossenverliess von Pettkó-Szandtner dar-aufhin Ende 1947 Deutschlandund fand zunächst in Schwedenbis 1949 eine neue Heimat. Auchdort haben ihm alte Freunde ausdem Kreis der Araberzüchter ge-holfen und seine Frau und ihngrosszügig unterstützt. Für alle Beteiligten war es ein gros-ses Glück, dass Mohamed TaherPascha, Präsident der ägyptischen

Hengst El-Sareei (auch El-Sarie) or. Ar., 1942, Kafr Farouk (vonShahloul,1931, aus der Zareefa, 1927). Dieser elegante und typ-volle Hengst stand als Beschäler im Landgestüt Bahtim, wurdeaber von 1955 an von Pettkö-Szandtner zur Typverbesserung inder Stutenherde von Kafr Farouk eingesetzt, was auch dessenZuchtprogramm der «Modernisierung» entsprach.

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Brief von Tibor von Petkó Szandtner

an Dr. Dr. Johannes Erich Flade.

Seite 1En Shams am 15. Juli 1955Sehr geehrter Herr Flade!Ich habe Ihren sehr interessanten Briefund den Sonderdruck aus der Zeitschrift«Tierzucht» mit Dank bekommen. DerSonderdruck mit dem derzeitigen Standder arabischen Vollblutzucht in Polen istbesonders interessant, da ich ja mit derpolnischen Pferdezucht zwischen den 2Weltkriegen viel gearbeitet habe und dieZuchtstätten öfters bereist habe. Ich warja auch während des Zweiten Weltkriegesmit dem Schicksal von Janow Podlaski,Gumniska u.s.w. ganz im Bilde. Geradevor kurzem bekam ich einen Brief von dengewesenen Eigentümern von Gumniska.Ich fand eine Stute aus Bábolna, aber vonreinem Blute von Slavuta/Chrestovka(Gumniska?), und fragte ihn, ob er diesenicht kaufen wolle, aber wie ich sehe, willer kein neues Gestüt in Brasilien gründen.Ich hätte es getan. Es ist interessant, dasseigentlich viele Kuhaylan Zaid Stuten ausBábolna derzeit in Polen stehen. Bábolnawill 2 Original Hengste von unserem Ge-stüt kaufen, und wir sind bereits in briefli-cher Besprechung. Ich hätte ganz beson-ders gute und edle, von welchen ich An-gebot gab. Auch für Marbach muss ich ei-nen Schimmelhengst liefern, dies wünschtdie Prince Wied, als gewesene Eigen-

Seite 2tümerin, die das Gestüt dem StaatsgestütWürtemberg in Marbach schenkte. Sobald

in Stuttgart alles erledigt wird, so fährtder Hengst ab. Fürst Knyphausen, Lütets-burg bei Leorden, kaufte im Herbst 1954eine braune sehr edle Mutterstute, zumerstenmal mit «El Saria» gedeckt, wie ermir schrieb schon trächtig, und einen sehredlen 11/2-jährigen Hengst (Nazeer-Bukra)Bilke, der Präsident nach Raus Tod derFreund des Arabischen Pferdes schrieb,dass er nicht nur einmal so einen edlenKopf gesehen hat wie dieser kleine«Gazal». Da ich beim Kopfe bin, so mussich nach den allerdings nicht besondersgut gelungenen Abbildungen des Sonder-druckes feststellen, dass die Köpfe ausser«Bajadera» und dem Hengst «Como» allesnur nicht als edel bezeichnet werden kön-nen. Der Hengst «Bad Afas» hat noch ei-nen schlechteren Kopf wie der ordinäreKopf seines Vaters war. Auch ausser denanderen arabischen Merkmalen, ist derKopf einer der Ausschlaggebenden. Wennsich Marbach für den «Kamel» (Nazeer-Kamla) 3-jährig entscheiden sollte, der istwohl ganz besonders edel und korrektund wird wohl 16–2000 Pfund kosten.Aber Deutschland ist reich, und so kannes sich leisten, das beste zu kaufen. Ichgebe auch mit schwerem Herzen denHengst ab, da ich diesen als seines VatersNachfolger als Hauptbschäler aufstellenwollte. Aber mein Prinzip ist, dassman nur ganz

Seite 3besonders Elite-Pferde für alle guten Ge-stüte liefern darf. Das verstehe ich nicht,warum man die Arab. Pferde in Polen sodezentralisiert hat. 100 Stuten kann man

viel besser in einem Gestüt verwalten,schon wegen der Konzentration der bes-ten, edelsten Hengste des Landes, und sodie wichtigsten Paarungen am besten zubewerkstelligen. Ich hatte in den letztenJahren, als ich Bábolna führte, fast100 Ar.Vollblut und über 200 Ar. Rasse Stuten und100 Stuten des Lipizzaner Gestütes, undalles ging spielend.Nun zu Ihrer Frage: 1.) Die Aklimation derAr. Pferde ist ganz besonders als für gut zubezeichnen. In der Wüste haben diesePferde ein ganz besonders schweres Klimazu ertragen. Hitze bis zu 50 Grad, und oftganz kalte Nächte einmal die Samun arti-gen heissen, kaum auszuhaltenden Winde,und dann im Winter die eisig kalten Stür-me. Oft ganz wenig Wasser, und oft kaumzum Leben genügend Futter. Doch sieschaffen es. Sie haben sich in der ganzenWelt gut aklimatisiert.2.) Ob man den Rassetyp halten, erhaltenkann? Da kann ich Ihnen ganz besondersin Ungarn erfahrene Tatsachen erzählen.Mezöhegyes war das erste Staatsgestüt re-spektive Militärgestüt in Ungarn, im Jahre1786 gegründet. Zu dieser Zeit waren vieleAraber, Parker, Cerkessen, Ungaren, Reven-arger nach Mezöhegyes gebracht.

Seite 4Diese hatten alle arabisches und orientali-sches Blut, waren die Begründer des Me-zöhegyeser Gestütes. Es ist ganz interes-sant, dass nach dem dort in die Zucht ge-nommenen «Nonius Senior», der in Frank-reich erobert wurde und von den Anglo-normannischen Rasse stammende, nur sodie gute Arbeitsrasse Nonius gründen konn-te, dass dieser hässliche Hengst diese gu-ten Orientalischen Stuten deckte. Tatsachewar, dass von so vielen Nonius Familiensind nur die bis zum heutigen Tag im Le-ben geblieben, welche in der Gründungs-zeit reines Arabisches Blut trugen, beson-ders der Vater dieser Stuten «Siglavy» hatdazu getragen.Der Koheylan Adjuze Hengst «Shagya»kam im Jahre 1836 aus Arabien nach Me-zöhegyes. Er hatte den in ganz Europa ver-breiteten «Shagya» Stamm gegründet. Eswaren ganz fantastische edle Pferde, aberdiese wurden in Mezöhegyes zu derb undman sagte: wenn man eine Kartoffel in dieErde steckte, so wächst daraus ein Stiefel –denn das Wachstum der Erde ist unvorstell-bar und so sind die Shagyas sehr gross ge-wachsen, und darum mussten sie in dasvon sandigem Boden bestehende Bábolna(gegründet im Jahre1789) transferiert wer-den. So kamen denn alle Araber Voll- undRasse nach Bábolna, wo sie über 160 Jahreden Typus rein erhalten konnten.Ob in Mecklenburg für die Erhaltung desRassetypus Hoffnung wäre?

Seite 5Sie schreiben mir, dass Sie das ArabischeBlut hauptsächlich der auf HannoveranerGrundlage gezogenen mecklenburgischenWarmblut benötigen. Ja, das ist sehr klug,in Ostfriesland haben die Züchter ganzhervorragende Erfolge erzielt. Da wird dasArabische Blut, wie ich es im eng. Halb-blutgestüt Sidez sah, in 4 Generationen –was ich selber gesehen habe – immer zusehen sein, im edlen Kopf, hohes Schweif-

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tragen, in der Proportioniertheit, gutenGängen, im sanften Temperament. In Kis-bér waren stets die besten, sichersten Wa-genpferde, die mit Arabischem Blut ge-züchtet waren.Die Fütterung der Araber? Die Araber wur-den immer mässiger gefüttert wie die an-deren Pferderassen. Neben den vielen ganzbeonders guten Eigenschaften des Arabersist ja die Genügsamkeit die grösste. In Un-garn in den futterarmen Gegenden, woteilweise wegen der starken Trockenheitund den kargen Feldern kaum Gras wuchs,waren hunderte von arabischen Hengstenin den Beschälstationen. Die Abkömmlingehaben die Not durchgehalten. In Bábolna(auch hier) liess ich und lasse ich mässigfüttern, dass die Pferde diese grösste Ga-be, die Genügsamkeit, nicht verlieren sol-len. Wir haben hier überhaupt keine Wei-de, nur Wüstensand. Von Ende Novemberbis Ende Mai bekommen sie grünen Klee,im Sommer getrocknet, und Gerste. Mandarf sie nicht so üppig halten wie dieMecklenburger. In der Hoffnung, dass ichauf alles geantwortet habe,nochmals Danksagend für den Sonderdruck verbleibe mitReitergrüssen, Ihr T. von Petkó-Szandtner.

Seite 6Ich bin hier seit 7 Jahren und habe dasGestüt mit Gottes Hilfe reorganisiert. Binhier sehr glücklich, fühle mich sehr gut,und die Erfolge machen mir eine ganzgrosse Freude. In der Wüste habe ichnach ungarischem, gut bewährtem Mu-ster ein schönes, durch frei laufende Pfer-de und einem Garten gekennzeichnetesGestüt gemacht.

Brief von Tibor von Petkó Szandtner

an Dr. Dr. Johannes Erich Flade.

Seite 1Ein Shams am 5. I. 1956Lieber Herr Flade! Ich danke Ihre liebenBriefe und den Sonderdruck von «Milch-leistung und Milchqualität bei Stuten».Bogdans (Zientarski) Brief hat mir auch ei-ne ganz besondere Freude bereitet. DerSonderdruck ist sehr interessant, habe esgut durchstudiert. Bogdan fragt, ob wirkeinen braunen Koheilan Hengst haben.Ich habe einen sehr gut gebauten brau-nen. Er ist am18.IX.1955 geboren. Mutterdie Koheilan Bodan Stute «Jashmak», Va-ter, unser Spitzenhengst «Nazeer». ReinesAbbas Pasha Sherif, Mohammed Ali Blut.Mutter: Bint Samiha,Vater «Mamour». DerKleine ist sehr edel und korrekt. Sie frag-ten, ob ich Dr. Shamorie kenne. Ja ich ken-ne ihn sehr gut. Er war als ganz junger Ve-terinär bei mir eingeteilt. Er war fleissig,aber für einen Anfänger sehr eingebildet,und das war der Grund, dass ihn seineKollegen nicht leiden konnten. Da michsolche Sachen noch nie interessiert hatten,kann ich keine weiteren Gründe mitteilen,nur nach kurzer Zeit musste er von denUng. Pferdezuchtanstalten weg und wurdezur Armee eingeteilt. Nach dem Kriegkam er in die jetzige Stelle. Er hat einBuch «Pferdezucht» geschrieben. Ich konn-te es für meine grosse Pferdebibliothek,die ich retten konnte, kaufen. Leider einesehr schwache Sache, ich hätte von ihm et-was Ernsteres erwartet. Schade!VonDeutschland bekomme ich viele Briefe, wosie von dem Kauf für Marbach ganz beson-

ders entzückt und begeistert schreiben. Ichfreue mich, dass das alte Weil nun mit ei-nem Spitzenhengst versehen ist. Vielleichtsahen Sie das Photo im St.Georg, wo

Seite 2der Hengst, welchen Knyphausen kaufte,abgebildet ist. Er ist auch sehr zufrieden.Die Ungaren, die bereits für Dezember an-gesagt waren, sind nicht gekommen. Wieich es schon mitteilte, wollten sie zweiHengste kaufen. Ja ich kann mich sehrgut erinnern als Bogdan von seiner Reisein Orient ankam, und mir von Kafd Faroukerzählte. Er war nicht entzückt vom Ge-stüt. Jetzt möchte er es nicht erkennen. Ichhabe 58 % der Mutterstuten und 52 %der Hengste ausgemustert, und mit jun-gen, ausgeglicheneren ersetzt. Dann kamdas ganze Mohammed Ali Gestüt Matariavon der Insel Roda her, das beste Blut derWelt. Sodass nach dem Säubern nun derEdelkristall ausgehoben und die Schlackeabgelassen wurde. Man hat mich ja – derbereits seit 50 Jahren in diesem Metier ar-beitete – darum hergebeten, Ordnung indie Zucht und im ganzen Zuchtbetrieb zubringen. Trotz der grossen Änderungen,wurde mein Kontrakt – da sie den Unter-schied sahen – auf weitere 2 Jahre verlän-gert. Am1.März des neuen Jahres 1956schliesse ich das siebente Jahr meiner hie-sigen Zuchtarbeit. Wenn mir Gott noch ei-nige Jahre schenkt, will ich in einem Buchdiese so ganz einzige und ganz besondersinteresssante Zuchtarbeit beschreiben. Eswar für einen Züchter diese Arbeit unbe-scheiblich interessant. Ich muss Gott dan-ken, dass er mich her gebracht hat. Ichhoffe, dass Sie meinen langen Brief mitden Weihnachts- und Neujahrsgrüssenauch bekommen haben. Mit vielen herzli-chen Grüssen, nochmals dankend für denSonderdruck, verbleibe Ihr Tibor v. Petkó-Szandtner

Die Korrespondenz aus El Zahraa zwischen Tibor vonPetkó-Szandtner und Dr. Johannes Erich Flade dauertebis1959 und umfasst18 handgeschriebene Seiten, wieMuster als Faksimile hier vorliegen.

Die Kommission deutscher Fachleute 1955in Ägypten, v. l.n.r.: Ernst Bilke, Dr. Ekke-hard Frielinghaus, Hubert Rudofsky undDr. Georg Wenzler. Sie konnten für dasHaupt- und Landgestüt Marbach den be-deutenden Nazeer-Sohn Kamel (inDeutschland Hadban Enzahi), 1952, ausder Kamla, und das Absatz-StutfohlenNadja, von Nazeer aus der Nefisa, kaufen.

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General Tibor von Pettkó-Szandtner vonFelsödriethoma (1886 bis 1961) in seinerWohnung in El Zahraa 1957. Er war von1932 an Kommandant des Gestütes Bá-bolna und wurde1942 Hauptdirektor«Pferdezucht» im ungarischem Landwirt-schaftsministerium. Ende1944 hatte er da-für gesorgt, dass wesentliche Teile desstaatlichen ungarischen Zuchtpferdebe-standes zum bayerischen RemontedepotBergstetten evakuiert werden konnten(Dezember1944,400 Bábolnaer Gestüts-pferde), noch vor dem Einmarsch der so-wjetischen Truppen.1947verliess er dasbesetzte Deutschland (amerikanische Zo-ne) und lebte in Schweden.Von dort ausholte ihn1949 Mohamed Taher Paschanach Ägypten; er übernahm dort die Se-lektion der RAS-Stuten und im Rahmender nach1952 gegründeten EAO mit gros-sem Erfolg die Leitung des Gestütes ElZahraa. Seine Leistung wurde durch dieEAO hoch anerkannt, als er Ägypten1959in Richtung Deutschland wieder verliess.

Die von Pettkó-Szandtner favorisierte Stute Moniet el-Nefus or.Ar.,1946, geht auf dieStammstute Dalal or.Ar.,1903 zurück, die im Gestüt Mataria geboren wurde. DieserBetrieb gehörte dem Prinzen Ahmed Kemal (1857 bis1907) und lag nördlich Kairo.Sein Besitzer züchtete auch mit zwei Stuten aus dem ehemaligen Bestand von Ali Pa-scha Sherif (Sabha el Zarka und Roga) und importierte1880 den Hengst Gamil el-Ke-bir db,1870, von den Fedaan-Beduinen.

Royal Agricultural Society (R.A.S.)1948 per Telefon General Tiborvon Pettkó-Szandtner von 1949 anals Leiter für das damals noch kö-nigliche Gestüt Kafr Farouk beiKairo verpflichten konnte. Beidekannten sich schon durch einenBesuch von Taher Pascha in Bábol-na vor dem Zweiten Weltkriegund dem Pascha war die erfolgrei-che Tätigkeit von Tibor von Pettkó-Szandtner als Direktor von Bábol-na sowie als Chef der ungarischenPferdezucht aus eigener Kenntnisbekannt. Fremde aus Europa wa-ren damals im vorrevolutionärenÄgypten aus politischen Gründennicht gern gesehen und so galt derGeneral zunächst als persönlicher

Greta von Pettkó-Szandtner in El Zahraaauf der Jungstutenkoppel.

Gast König Farouks von Ägypten.Er übernahm nach der Revolution1949 das inzwischen El Zahraa ge-nannte Gestüt Kafr Farouk undbegann mit seiner Arbeit. Sie bestand zunächst in der Neu-organisation des Gestütes zu einermodernen Pferdezuchtstätte, diedurch entsprechende Geldmittelaus Ägypten gefördert wurde.Trotzdem gab es grosse Schwierig-keiten, vor allem weil das Prinzip«Ordnung» erst nach und nachauf das notwendige Verständnisstiess. Tibor hat sich darüber bitterbeklagt. Erst allmählich konnte ersich mit seinen Aufassungen durch-setzen, dann allerdings mit gros-sem Erfolg; das brachte El Zahraa

Hadban Enzahi or. Ar., Kamel, 1952, El Zah-raa, von Nazeer, 1934, Kafr Farouk, ausder Kamla,1942, Kafr Farouk. Hadban En-zahi knüpfte an das Wüstenerbe der Weil-Marbacher Zucht an.

Nadja or. Ar.,1955, El Zahraa, von Nazeer,1934, Kafr Farouk, aus der Nefisa, 1945 ElZahraa. Nadja hat mit ihren hervorragen-den Inzuchtprodukten auf Nazeer, das alteWeiler Zuchtprinzip bestätigt.

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und damit zugleich der ägypti-schen Araberzucht ihre berechtig-te Anerkennung. Vor allem hat erfertiggebracht, mit grossem Fleissund der unerlässlichen Fachkennt-nis den vorhandenen Bestand anehemals dem König gehörendenZuchtpferden (R.A.S.) im Land zusammeln, sie durchzumustern unddafür zu sorgen, dass die ihm ab-stammungs- und exterieurseitigoptimal erscheinenden Tiere plan-mässig verpaart wurden. Ein Stut-buch von Kafr Farouk war schon1948 fertiggestellt worden. Als

Hauptbeschäler wählte er dieSchimmel «Nazeer, 1934» und«Sheikh El-Arab,1933». Er führteein persönliches, handgeschriebe-nes Stutbuch, das heute zumwertvollsten Besitz der EgyptianAgricultural Organization (E.A.O.)gehört und die individuellen Be-wertung aller Zuchttiere von ElZahraa während seiner Amtsperi-ode enthält. So galt in den zehnJahren (1949 bis 1959) seiner Tä-tigkeit in El Zahraa sein Hauptau-genmerk der dortigen Zucht undVeredelung im Sinne des klassi-schen arabischen Pferdes der Wü-ste, wie es von den Beduinen be-kannt war und machte das ägypti-sche Gestüt zur Quelle besten ara-bischen Blutes. Die Qualität seinerPferde und das gepflegte Äusserevon El Zahraa sprachen sich all-mählich auch ausserhalb Ägyptensin der Araberszene herum. Zu denersten ausländischen Käufern ge-hörte eine Kommission deutscherFachleute (Ernst Bilke, Dr. Ekke-hard Frielinghaus, Hubert Rudofs-ky und Dr. Georg Wenzler). 1955besuchte diese El Zahraa und konn-te dort den bedeutenden Nazeer-Sohn «Hadban Enzahi,1952», so-wie die Stute «Nadja, 1955», alsAbsatzfohlen für das Gestüt Mar-bach erwerben.Zur Verabschiedung von Pettkó-Szandtner1959 ehrte ihn Ägyptenmit einem silbernen Pokal und ei-ner Gedenkplatte für seine Ver-dienste (EAO,1949 to1959). Imselben Jahr kehrte das Ehepaarwieder nach Deutschland zurück.Dort beherbergte sie Prinz Ludwigvon Bayern (1913 bis 2008) auf sei-nem Schloss in Leutstetten nahe

des Starnberger Sees. Die letztenTage seines Lebens verbrachte Ti-bor von Pettkó-Szandtner vorwie-gend mit Pferden des in Westun-garn gelegenen Gestütes Sárvár,welches den Wittelsbachern ge-hörte. Diese schenkten es1982dem ungarischen Staat. Im Januar1961 starb Tibor von Pettkó-Szandtner und ist auf dem Fried-hof der Stadt Starnberg begraben.

Leutstetten, Zuchtstall. Die Schlossanlagevon Leutstetten gehört heute zur StadtStarnberg. Sie entstand im16. Jahrhundertund ist seit 1875 Eigentum des bayerischenKönigshauses (Wittelsbacher). Bestandteil

war dort von jeher ein Gestüt; dazu gehörteseit 1803 eine zweite grosse Pferdezucht-stätte im westungarischen Sárvár an derRaba mit dem Gestütshof Káld, die ihre Be-sitzer alle zwei Jahre mit ihren Familien auf-

suchten; dort starb im Exil der letzte baye-rische König Ludwig III. (1845 bis1921). Bei-de Betriebe züchteten edle englische Halb-lüter, deren Nachkommen vor allem imMünchener Marstall verwendet wurden.

Morgenritt im Gestüt Káld. Etwa17km vonder westungarischen Kleinstadt Sárvár ent-fernt liegt das heutige Gestüt Káld, umge-ben von grossen Weide- und riesigen zu-sammenhängenden Waldflächen, die demwittelsbacher Königshaus gehören. Dortwerden seit 1875 Pferde ursprünglich ausMezöhegyes sowie aus Mecklenburg undOstpreussen gezogen, die unter dem Na-men des Stammgestütes Sárvár zusam-mengefasst und als Herde testamentarischgeschützt sind.

Gedenkbüste. Heute steht im Gestütshofvon Bábolna eine von Béla Domonkos ge-schaffene Büste von Tibor von Pettkó-Szandtner. Sie wurde anlässlich einer ISG-Delegiertenversammlung in Gegenwartzahlreicher in- und ausländischer Gäste imMai 1992 eingeweiht.