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Impressum: Kontakt: Ärzte gegen Tierversuche e.V. Landsbergerstr. 103 80339 München Tel: 089-359 93 49 Fax: 089-356 52 127 [email protected] www.aerzte-gegen-tierversuche.de Text: Dr. Corina Gericke Satz: www.vego-design.de Fotos: Animal Rights Sweden, PETA USA , BUAV Vereinskonto: Sparda-Bank BLZ 500 905 00 Kto 951 731 Ärzte gegen Tierversuche e.V. ist als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Spenden und Mitgliedsbeiträge sind steuerlich absetzbar. © 2011 Ärzte gegen Tierversuche e.V Ärzte gegen Tierversuche e.V. Tierversuche im Brennpunkt: Teil 14 Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Solche künstlich geschädigten „Tiermodelle“ sind nicht mit der komplexen Situation beim menschlichen Patienten vergleich- bar. Wichtige Aspekte der Krankheitsentstehung wie Ernäh- rung, Lebensgewohnheiten, schädliche Umwelteinflüsse sowie psychische und soziale Faktoren werden bei dieser Art der For- schung nicht berücksichtigt. Die Ursachen beispielsweise des Schlaganfalls beim Menschen sind dank Bevölkerungsstudien bekannt: Übergewicht, zu fett- und fleischreiche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel. Institut für Verhaltensbiologie, Universität Münster, Badestr. 13, 48149 Münster Gentechnisch veränderte (transgene) Mäuse, die im Alter von drei Monaten Amyloid-Ablagerungen im Gehirn entwickeln, wer- den als „Modelle“ für die Alzheimer-Forschung verwendet. Die Tiere werden mit Wildtyp-Mäusen verpaart. Bei ihren Jungen wird am 27. Lebenstag die Schwanzspitze abgeschnitten, um im Gewebe zu überprüfen, ob sie genetisch verändert sind oder nicht. Die Nachkommen werden in einem großen Gehege mit vielen Spiel- und Klettermöglichkeiten gehalten. Ihr Sozialver- halten wird beobachtet und es wird ein Lern- und Gedächtnistest durchgeführt. Nach spätestens 32 Wochen sind alle transgenen Mäuse tot. Sie sterben eher als ihre Wildtyp-Geschwister. 3 In der oben genannten Studie bemerken die Autoren, dass in der Alzheimer-Forschung transgene „Mausmodelle“ verwendet werden, bei denen lediglich das Lern- und Gedächtnisverhalten beurteilt wird, nicht aber das tägliche Sozialleben, das bei Alz- heimer-Patienten maßgeblich beeinträchtigt ist. Dieses sei in den herkömmlichen Standardkäfigen für Mäuse ohne Beschäf- tigungsmöglichkeiten auch gar nicht möglich. Anstatt die Konse- quenz daraus zu ziehen und sich vom „Tiermodell“ als falschen Weg zu verabschieden, wird das bestehende System jedoch lediglich etwas modifiziert. Komplexe menschliche Krankheiten wie Alzheimer können aber niemals durch genetische Manipula- tion bei Mäusen nachgeahmt werden. Diese Art der Forschung ist abwegig und vollkommen ungeeignet, die Krankheiten des Menschen zu erforschen und zu heilen. Warum Tierversuche? Tierversuche werden oft mit der Behauptung gerechtfertigt, sie dienten nur der Entwicklung neuer Medikamente gegen unheilbare Krank- heiten. Doch wie in dem folgenden Beispiel haben die Ergebnisse meist keinerlei praktischen Bezug. Tierversuche werden nicht zum Wohle des Menschen durchgeführt, sondern weil einflussreiche Interessengruppen davon profitieren. Experimentatoren, Uni- versitäten, Pharma- und chemische Industrie, Auftragslabors, Versuchstierhändler, Firmen, die Zubehör herstellen – sie alle wollen, dass Tierversuche beibehalten werden. Die Qualität der Forschung wird nicht daran gemessen, wie vielen Menschen ge- holfen werden konnte, sondern an der Anzahl der Publikationen in renommierten Fachzeitschriften. Davon ist die Höhe der For- schungsgelder abhängig. Diese werden für neue Studien verwen- det. Dieses absurde System erhält sich selbst, ohne dass etwas Sinnvolles dabei herauskommt. Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Uni- versitätsklinikum Münster, Domagkstr. 11, 48129 Münster Zwanzig junge Hamster und zehn Weißbüscheläffchen werden durch Köpfen bzw. durch Ausbluten unter Narkose getötet. Ihre Hoden werden entnommen. Halbe Hamsterhoden und entspre- chend große Affenhodenstücke werden 37 Nacktmäusen unter die Rückenhaut gepflanzt. Zwölf Wochen später werden die Trans- plantate entnommen. Eine Tötung der Mäuse wird nicht erwähnt, ist aber wahrscheinlich. 4 Um die Spermienreifung von jugendlichem Hodengewebe zu be- schleunigen, kann das Gewebe von Hamstern, Ziegen, Schweinen und Makaken auf Nacktmäuse verpflanzt werden, die wie ein „In- kubator“ wirken. Nur bei Weißbüscheläffchen klappt diese Metho- de nicht. In dieser Arbeit wird nun ausprobiert, ob sich die Sper- mienreifung von Weißbüscheläffchengewebe in Nacktmäusen beschleunigen lässt, wenn gleichzeitig Hamsterhoden transplan- tiert wird. Als entferntes Ziel wird angegeben, die Zeugungsfähig- keit von Krebspatienten erhalten zu können. Für eine bessere Medizin Tierversuche und eine ethisch vertretbare Medizin und Wissenschaft schließen sich aus. Achtung und Ehrfurcht vor dem Leben müssen das höchste Gebot menschlichen und insbesondere auch ärztlichen und wissenschaftlichen Handelns sein. Ein Ende der Tierversuche bedeutet nicht ein Ende der medizinischen Forschung. Im Gegenteil. Ohne Tierversuche wäre die Medizin schon viel weiter, denn Tierver- suche halten, wegen ihrer falschen Ergebnisse, den medizinischen Fortschritt nur auf. Eine Vielzahl tierversuchsfreier Verfahren, die mit menschlichen Zellkulturen, Mikrochips oder komplexen Computermo- dellen arbeiten, liefern im Gegensatz zum Tierversuch aussagekräf- tige Ergebnisse. Viele Krankheiten könnten zudem durch Verände- rung unserer Lebensweise verhindert werden. Tierversuche müssen abgeschafft werden, um den Weg frei zu machen für eine moderne, ethisch vertretbare Forschung, bei der die Beseitigung der krankma- chenden Ursachen in Ernährung, Lebensweise und Umwelt im Vorder- grund steht. Nur so lässt sich ein Fortschritt in der Medizin erzielen. Die genannten Tierversuche aus Münster und mehrere Tausend weitere, in den letzten Jahren in Deutschland durchgeführte Tierversuche, sind in der Internet-Datenbank www.datenbank- tierversuche.de dokumentiert. Quellen 1 Marc O. Niehoff et al.: Effects of social housing of sexually mature male cynomolgus monkeys during general and reproductive toxicity evaluation. Reproductive Toxicology 2010: 29, 57-67 2 Matthias Schilling et al.: The role of CC chemokine receptor 2 on microglia activation and blood- borne cell recruitment after transient focal cerebral ischemia in mice. Brain Research 2009: 1289, 79-84 3 Lars Lewejohann et al.: Behavioral phenotyping of a murine model of Alzheimer’s disease in a semi- naturalistic environment using RFID tracking. Hormones and Behavior 2008: 53, 403-412 4 Joachim Wistuba et al.: CoGrafting of hamster (Phodopus sungorus) and marmoset (Callithrix jacchus) testicular tissues into nude mice does not overcome blockade of early spermatogenic diffe- rentiation in primate grafts. Biology of Reproduction 2004: 71, 2087-2091 Münster

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Impressum: Kontakt: Ärzte gegen Tierversuche e.V. Landsbergerstr. 103 • 80339 MünchenTel: 089-359 93 49 • Fax: 089-356 52 [email protected] • www.aerzte-gegen-tierversuche.de

Text: Dr. Corina Gericke • Satz: www.vego-design.deFotos: Animal Rights Sweden, PETA USA , BUAV

Vereinskonto: Sparda-BankBLZ 500 905 00Kto 951 731

Ärzte gegen Tierversuche e.V. ist als gemeinnützig und besondersförderungswürdig anerkannt. Spenden und Mitgliedsbeiträge sindsteuerlich absetzbar.

© 2011 Ärzte gegen Tierversuche e.VÄrzte gegen Tierversuche e.V.

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Solche künstlich geschädigten „Tiermodelle“ sind nicht mit der komplexen Situation beim menschlichen Patienten vergleich-bar. Wichtige Aspekte der Krankheitsentstehung wie Ernäh-rung, Lebensgewohnheiten, schädliche Umwelteinflüsse sowie psychische und soziale Faktoren werden bei dieser Art der For-schung nicht berücksichtigt. Die Ursachen beispielsweise des Schlaganfalls beim Menschen sind dank Bevölkerungsstudien bekannt: Übergewicht, zu fett- und fleischreiche Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel.

Institut für Verhaltensbiologie, Universität Münster,Badestr. 13, 48149 MünsterGentechnisch veränderte (transgene) Mäuse, die im Alter von drei Monaten Amyloid-Ablagerungen im Gehirn entwickeln, wer-den als „Modelle“ für die Alzheimer-Forschung verwendet. Die Tiere werden mit Wildtyp-Mäusen verpaart. Bei ihren Jungen wird am 27. Lebenstag die Schwanzspitze abgeschnitten, um im Gewebe zu überprüfen, ob sie genetisch verändert sind oder nicht. Die Nachkommen werden in einem großen Gehege mit vielen Spiel- und Klettermöglichkeiten gehalten. Ihr Sozialver-halten wird beobachtet und es wird ein Lern- und Gedächtnistest durchgeführt. Nach spätestens 32 Wochen sind alle transgenen Mäuse tot. Sie sterben eher als ihre Wildtyp-Geschwister.3

In der oben genannten Studie bemerken die Autoren, dass in der Alzheimer-Forschung transgene „Mausmodelle“ verwendet werden, bei denen lediglich das Lern- und Gedächtnisverhalten beurteilt wird, nicht aber das tägliche Sozialleben, das bei Alz-heimer-Patienten maßgeblich beeinträchtigt ist. Dieses sei in den herkömmlichen Standardkäfigen für Mäuse ohne Beschäf-tigungsmöglichkeiten auch gar nicht möglich. Anstatt die Konse-quenz daraus zu ziehen und sich vom „Tiermodell“ als falschen Weg zu verabschieden, wird das bestehende System jedoch lediglich etwas modifiziert. Komplexe menschliche Krankheiten wie Alzheimer können aber niemals durch genetische Manipula-tion bei Mäusen nachgeahmt werden. Diese Art der Forschung ist abwegig und vollkommen ungeeignet, die Krankheiten des Menschen zu erforschen und zu heilen.

Warum Tierversuche?Tierversuche werden oft mit der Behauptung gerechtfertigt,

sie dienten nur der Entwicklung neuer Medikamente gegen unheilbare Krank-heiten. Doch wie in dem folgenden Beispiel haben die Ergebnisse meist keinerlei praktischen Bezug. Tierversuche werden nicht zum

Wohle des Menschen durchgeführt, sondern weil einflussreiche Interessengruppen davon profitieren. Experimentatoren, Uni-versitäten, Pharma- und chemische Industrie, Auftragslabors, Versuchstierhändler, Firmen, die Zubehör herstellen – sie alle wollen, dass Tierversuche beibehalten werden. Die Qualität der Forschung wird nicht daran gemessen, wie vielen Menschen ge-holfen werden konnte, sondern an der Anzahl der Publikationen in renommierten Fachzeitschriften. Davon ist die Höhe der For-schungsgelder abhängig. Diese werden für neue Studien verwen-det. Dieses absurde System erhält sich selbst, ohne dass etwas Sinnvolles dabei herauskommt.

Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Uni- versitätsklinikum Münster, Domagkstr. 11, 48129 MünsterZwanzig junge Hamster und zehn Weißbüscheläffchen werden durch Köpfen bzw. durch Ausbluten unter Narkose getötet. Ihre Hoden werden entnommen. Halbe Hamsterhoden und entspre-chend große Affenhodenstücke werden 37 Nacktmäusen unter die Rückenhaut gepflanzt. Zwölf Wochen später werden die Trans-plantate entnommen. Eine Tötung der Mäuse wird nicht erwähnt, ist aber wahrscheinlich.4

Um die Spermienreifung von jugendlichem Hodengewebe zu be-schleunigen, kann das Gewebe von Hamstern, Ziegen, Schweinen und Makaken auf Nacktmäuse verpflanzt werden, die wie ein „In-kubator“ wirken. Nur bei Weißbüscheläffchen klappt diese Metho-de nicht. In dieser Arbeit wird nun ausprobiert, ob sich die Sper-mienreifung von Weißbüscheläffchengewebe in Nacktmäusen beschleunigen lässt, wenn gleichzeitig Hamsterhoden transplan-tiert wird. Als entferntes Ziel wird angegeben, die Zeugungsfähig-keit von Krebspatienten erhalten zu können.

Für eine bessere Medizin Tierversuche und eine ethisch vertretbare Medizin und Wissenschaft schließen sich aus. Achtung und Ehrfurcht vor dem Leben müssen das höchste Gebot menschlichen und insbesondere auch ärztlichen und wissenschaftlichen Handelns sein. Ein Ende der Tierversuche bedeutet nicht ein Ende der medizinischen Forschung. Im Gegenteil. Ohne Tierversuche wäre die Medizin schon viel weiter, denn Tierver-suche halten, wegen ihrer falschen Ergebnisse, den medizinischen Fortschritt nur auf. Eine Vielzahl tierversuchsfreier Verfahren, die mit menschlichen Zellkulturen, Mikrochips oder komplexen Computermo-dellen arbeiten, liefern im Gegensatz zum Tierversuch aussagekräf-tige Ergebnisse. Viele Krankheiten könnten zudem durch Verände-rung unserer Lebensweise verhindert werden. Tierversuche müssen abgeschafft werden, um den Weg frei zu machen für eine moderne, ethisch vertretbare Forschung, bei der die Beseitigung der krankma-chenden Ursachen in Ernährung, Lebensweise und Umwelt im Vorder-grund steht. Nur so lässt sich ein Fortschritt in der Medizin erzielen.

Die genannten Tierversuche aus Münster und mehrere Tausend weitere, in den letzten Jahren in Deutschland durchgeführte Tierversuche, sind in der Internet-Datenbank www.datenbank-tierversuche.de dokumentiert.

Quellen 1 Marc O. Niehoff et al.: Effects of social housing of sexually mature male cynomolgus monkeys during general and reproductive toxicity evaluation. Reproductive Toxicology 2010: 29, 57-672 Matthias Schilling et al.: The role of CC chemokine receptor 2 on microglia activation and blood-borne cell recruitment after transient focal cerebral ischemia in mice. Brain Research 2009: 1289, 79-843 Lars Lewejohann et al.: Behavioral phenotyping of a murine model of Alzheimer’s disease in a semi-naturalistic environment using RFID tracking. Hormones and Behavior 2008: 53, 403-4124 Joachim Wistuba et al.: CoGrafting of hamster (Phodopus sungorus) and marmoset (Callithrix jacchus) testicular tissues into nude mice does not overcome blockade of early spermatogenic diffe-rentiation in primate grafts. Biology of Reproduction 2004: 71, 2087-2091

Münster

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chen und andere Tiere werden jedes Jahr in deutschen Labo-ratorien gequält und getötet – Tendenz steigend. Im Tierversuch werden Tiere wie Messinstrumente behandelt, die nach Gebrauch weggeworfen werden. Doch Tiere sind fühlende Lebewesen, die Freude und Angst empfinden sowie Schmerz und Qualen erleiden, genau wie wir.

Völlig unterschiedlich Tiere und Menschen unterscheiden sich in Körperbau, Organfunk-tionen und Stoffwechsel wesentlich voneinander. Ein und dieselbe Substanz kann bei Tier und Mensch völlig unterschiedliche Reakti-onen hervorrufen. So führt Aspirin bei Hunden, Katzen, Affen, Rat-ten und Mäusen zu Embryoschäden, nicht aber beim Menschen. Umgekehrt war das Schlafmittel Thalidomid (Contergan) im Rou-tine-Tierversuch völlig unauffällig. Penicillin ist gut verträglich für Menschen, aber schädlich für Meerschweinchen. Arsen ist tödlich für Menschen, für Schafe nicht. Asbest verursacht bei Menschen Krebs, bei Ratten nicht. Beim Süßstoff Saccharin ist es umgekehrt. Das Immun-Medikament TGN1412 zeigte in Versuchen an Affen, Kaninchen und Ratten keine negativen Wirkungen. Sechs Testper-sonen trugen dagegen schwere Schäden davon. Ergebnisse aus Tierversuchen sind also nicht auf den Menschen übertragbar.

Ärzte gegen Tierversuche e.V. www.aerzte-gegen-tierversuche.de

Tödliche NebenwirkungenRegelmäßig berichten Wissenschaftler und Medien über angebliche Erfolge im Kampf gegen Krebs, Alzheimer, Parkinson usw. Doch von den angeblichen Wundermitteln hört man nie wieder etwas. Denn: Was beim Tier funktioniert, klappt beim Menschen noch lange nicht. Eine Studie der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA ergab, dass 92 Prozent der potentiellen Medikamente, die sich im „Tiermo-dell“ als wirksam und sicher erwiesen haben, die klinische Prüfung nicht bestehen – beim Menschen zeigt sich entweder gar keine oder eine unerwünschte Wirkung. Auch nach der Zulassung richten viele Pharmaprodukte schwere Schäden an. Jüngste Beispiele: Blutfett-senker Lipobay®, Rheumamittel Vioxx® und das Herzmedikament Trasylol® – alle waren im Tierversuch für sicher befunden worden, riefen aber beim Menschen schwerste, oft sogar tödliche Nebenwir-kungen hervor. Allein in Deutschland gehen jährlich 58.000 Todes-fälle auf das Konto von Nebenwirkungen tierversuchserprobter Arz-neimittel. Tierversuche machen also unsere Arzneimittel nicht sicher.

Künstlich krank gemachtDas tierexperimentelle System beruht auf einem falschen me-thodischen Ansatz. Im Tierversuch werden die Krankheiten des Menschen auf Symptome reduziert und bei Tieren in sogenannten

„Tiermodellen“ künstlich hervorgerufen. Krebs und Alzheimer werden bei Mäusen durch Genmanipulation ausgelöst, Arterien-verkalkung wird durch elektrische Reize in Blutgefäßen von Ka-ninchen, Diabetes durch Injektion eines zellzerstörenden Giftes bei Ratten, ein Schlaganfall durch Verschluss einer Hirnarterie bei Ratten oder Mäusen nachgeahmt, wie in den folgenden Bei-spielen dargestellt. Klinik und Poliklinik für Neurologie, UniversitätsklinikumMünster, Albert-Schweitzer-Str. 33, 48129 Münster Um die Rolle eines Botenstoffes bei einem künstlich ausgelö-sten Schlaganfall zu ergründen, werden genetisch veränderte Mäuse in mindestens acht Generationen mit normalen Mäusen verpaart. Die Nachkommen werden einer subletalen (fast töd-lich) Dosis radioaktiver Strahlung ausgesetzt (7 Gray). Die Tiere werden durch Genickbruch getötet, um Knochenmarkszellen zu entnehmen, die genetisch veränderten Mäusen und normalen Wildtyp-Mäusen injiziert werden. Bei 40 dieser Mäuse wird un-ter Narkose ein Schlaganfall künstlich hervorgerufen. Dazu wird die mittlere Gehirnarterie mit einem in die Halsschlagader ein-geführten Nylonfaden vorübergehend verschlossen. Sieben Tage später werden die Tiere getötet und ihre Gehirne untersucht.2

Covance Laboratories GmbH, Kesselfeld 29, 48163 Münster Zur Untersuchung des Einflusses sozialen Zusammenlebens auf die Reproduktionsfähigkeit von geschlechtsreifen Affen-männchen werden 16 vier bis fünf Jahre alte Langschwanz-makaken aus Mauritius verwendet. Die Tiere werden min-destens 12 Wochen einzeln und ohne Blickkontakt zu ihren Artgenossen in Käfigen mit einer Größe von 60 x 60 x 90 cm gehalten. Danach werden die Affen für 26 Wochen in ein Gemein-schaftsgehege (200 x 8000 x 200 cm) überführt. Durch die Rei-henfolge der Tiere am Futterplatz wird der soziale Rang ermittelt. Mehrfach während des Experiments werden der Hormonspiegel und das Hodenvolumen bei den Tieren bestimmt sowie Samena-nalysen durchgeführt. Die Samenflüssigkeit wird unter Betäubung durch elektrische Stimulation mit einer Sonde im Mastdarm ge-wonnen. Für die Hormonbestimmung wird den unbetäubten Tie-ren Blut abgenommen.1

Millionenfaches LeidSoziale und bewegungsfreudige Affen 12 Wochen lang in kleine Einzelkäfige zu pferchen, ist allein schon grausamste Tierquälerei. Dabei ist dieses Beispiel keine Ausnahme. Rund 2,8 Millionen Mäuse, Ratten, Affen, Hunde, Katzen, Kaninchen, Meerschwein-

Covance – Symbol für das Grauen der TierversucheDie amerikanische Firma Covance führt im Auftrag der Pharma- und Chemieindu-strie Tierversuche durch und gilt als der weltgrößte Konzern dieser Branche. Die Covan-ce-Niederlassung in Münster ist auf Fortpflanzungs-Gif-tigkeitstests an Affen spe-zialisiert und das größte Af-fenlabor in Deutschland. An Langschwanzmakaken (auch Javaneraffen genannt) und anderen Affen werden alle er-denklichen Stoffe wie Arznei-mittel und Chemikalien auf

ihre erbgut- und fruchtschädi-gende Wirkung getestet. Meist mehrmals täglich werden die Testsubstanzen schwangeren Affen mit einem Schlauch in den Magen gepumpt oder in die Blutbahn injiziert, um die Auswirkung auf ihre Nach-kommen zu beobachten. Die Folge können Totgeburten oder Missbildungen sein. Die Substanzen werden auch an männliche Affen verabreicht, um ihre Zeugungsfähigkeit zu testen. Alle Affen werden am Ende der Versuche getö-

tet. Kein Tier verlässt das La-bor lebend. Die Tiere stammen aus Län-dern wie Mauritius, China oder Vietnam, wo sie mit brutalen Methoden aus der freien Wild-bahn gefangen und unter un-säglichen Bedingungen ge-züchtet werden. Ihre Jungen oder mitunter auch Wildfänge werden an Labors wie Covance verkauft. Allein schon Fang, Haltung und Transport sind für die Tiere eine Tortur, die viele nicht überleben. Bei Covance werden Affen z. T. einzeln

in kleinen Käfigen gehal-ten. Dies führt bei den Tie-ren zu schweren psychischen Störungen. Im Jahr 2009 mussten in Deutschland 1.264 Affen in Giftigkeits-prüfungen leiden – gut die Hälfte der insgesamt 2.313 Affen, die in deutschen Labors verwendet wurden. Im Jahr 2003 brachte eine Undercover-Recherche der bri-tischen Union zur Abschaf-fung der Tierversuche (BUAV) die grausame Realität des Laboralltags bei Covance in

Münster zu Tage. Die Bilder zeigten schwer verhaltens-gestörte Affen in Einzelhaft, qualvolle Giftigkeitsversuche und brutale Behandlung durch das Personal. Die Firma ging massiv gegen die Veröffentli-chung des Bildmaterials vor, verlor aber vor Gericht. Im Jahr 2005 von der amerika-nischen Organisation PeTA verdeckt gemachte Aufnah-men in einem Covance-Labor in Virginia, USA, zeigen ähn-liche Zustände. Ein Blick hinter die Kulissen: Diese

Undercover-Aufnahmen aus dem Covance-Labor in Vienna, Virginia, USA, zeigen das schreckliche Leid von Affen im Labor.

© BUAV

Affen werden, wie hier auf Mauritius, mit brutalen Methoden in der Wildnis gefangen und gezüchtet, um Tierversuchslabors wie Covance mit Nachschub zu versorgen.