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SPEZIAL ROUNDTABLE JUNI 2018 22 Sieben Vermögensverwalter haben beim Citywire Roundtable in Berlin über die steigende Regulierung unter MiFID II und ihre aktuelle Asset Allokation diskutiert. Ein Gespräch über Aktien-Untergewichtungen, die möglicherweise anstehende Zinswende und Investments in Fischzucht. Tim Habicht: Dies ist sozusagen der erste MiFID-II-konforme Roundtable von Citywire Deutsch- land. Seit Jahresstart ist die Regulierung von unter anderem Vermögensverwaltern in Deutsch- land gestiegen. Was waren dabei die größten Herausforderungen, mit denen Sie zu kämpfen hatten? Dirk Scherz: Wir haben bereits frühzeitig auf MiFID II umgestellt. Dieser Prozess verlief letzten En- des reibungslos. Allerdings haben wir festgestellt, dass bei unseren Partnern auf verschiedenen Seiten eine gewisse Problematik bezüglich MiFID II vorhanden war. Alles war dort wirklich sehr bürokratisch. Björn Siegismund: Bürokratisch ist ein gutes Stichwort. Wir hatten gleich zweimal in kürzester Zeit mit einem großen regulatorischen Aufwand zu kämpfen. Zunächst stellten wir im Jahr 2017 nach Er- halt der 32er KWG-Lizenz das Ver- tragswerk vom Haftungsdach zur eigenen Vermögensverwaltung um. Danach kam die Anpassung auf MiFID-Konformität. Und nun folgt die Umstellung aufgrund der neuen Datenschutz-Grundverord- nung. Das ist ein großer bürokra- tischer Hickhack. Mitunter sind heute bis zu 30 Seiten Vertrags- werk pro Neukunde notwendig. Die Flut von rechtlichen Anforde- rungen und Gesetzesänderungen verunsichert Kunden und Anbieter gleichermaßen. Uwe Günther: Mit MiFID II wurde auch eine Schwelle überschritten, die für den Kunden den Sinn, die Notwendigkeit und den zusätz- lichen Nutzen der steigenden Regulierung kaum noch nachvoll- ziehbar macht. Der zeitliche und bürokratische Aufwand für Kun- denerst – und Folgegespräche ist schon enorm, denn MiFID II ist ja nur eines von zahlreichen neuen und schon bestehenden Regu- larien. Um hier auf Kundenseite Frust zu vermeiden, ist weiterhin professionelle Abgeklärtheit und psychologisches Geschick gefragt. Christian Mallek: Im Grunde sind doch alle Vermögensverwalter unisono contra MiFID II. Da schießt Deutschland einmal mehr in Sachen Regulierung über das Ziel hinaus. Aber alles Meckern hilft nicht, da müssen wir jetzt gemeinsam durch und das Beste für unsere Kunden draus machen. Dabei hilft uns der Verband unabhängiger Vermögensverwal- ter sehr – vor allem beim Vertrags- werk, das komplett umgestellt werden muss. Bis Ende 2017 hatten wir die MiFID-relevanten Punkte angepasst. Das ganz neue Vertragswerk besprechen wir dann in Ruhe mit unseren Kunden in den Jahresgesprächen, wir wollten sie nicht zum Jahresende überfrachten. Alexander Pruschke: Insgesamt sind unter MiFID II die Skalenef- fekte für jeden Vermögensverwal- TIM HABICHT Citywire Deutschland

Tim Habicht: Dies ist sozusagen Uwe Günther: Dirk Scherz · wir neben dem Bonafide Global Fish Fund auf ein „Nordic Fish Farmer-Zertifikat“ der Deutschen Bank, das in bis zu

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Page 1: Tim Habicht: Dies ist sozusagen Uwe Günther: Dirk Scherz · wir neben dem Bonafide Global Fish Fund auf ein „Nordic Fish Farmer-Zertifikat“ der Deutschen Bank, das in bis zu

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Sieben Vermögensverwalter haben beim Citywire Roundtable in Berlin über die steigende Regulierung unter MiFID II und ihre aktuelle Asset Allokation diskutiert. Ein Gespräch über Aktien-Untergewichtungen, die möglicherweise anstehende Zinswende und Investments in Fischzucht.

Tim Habicht: Dies ist sozusagen der erste MiFID-II-konforme Roundtable von Citywire Deutsch-land. Seit Jahresstart ist die Regulierung von unter anderem Vermögensverwaltern in Deutsch-land gestiegen. Was waren dabei die größten Herausforderungen, mit denen Sie zu kämpfen hatten?

Dirk Scherz: Wir haben bereits frühzeitig auf MiFID II umgestellt. Dieser Prozess verlief letzten En-des reibungslos. Allerdings haben wir festgestellt, dass bei unseren Partnern auf verschiedenen Seiten eine gewisse Problematik bezüglich MiFID II vorhanden war. Alles war dort wirklich sehr bürokratisch.

Björn Siegismund: Bürokratisch ist ein gutes Stichwort. Wir hatten gleich zweimal in kürzester Zeit mit einem großen regulatorischen Aufwand zu kämpfen. Zunächst stellten wir im Jahr 2017 nach Er-halt der 32er KWG-Lizenz das Ver-tragswerk vom Haftungsdach zur eigenen Vermögensverwaltung um. Danach kam die Anpassung auf MiFID-Konformität. Und nun folgt die Umstellung aufgrund der neuen Datenschutz-Grundverord-nung. Das ist ein großer bürokra-tischer Hickhack. Mitunter sind heute bis zu 30 Seiten Vertrags-werk pro Neukunde notwendig. Die Flut von rechtlichen Anforde-rungen und Gesetzesänderungen verunsichert Kunden und Anbieter gleichermaßen.

Uwe Günther: Mit MiFID II wurde auch eine Schwelle überschritten, die für den Kunden den Sinn, die Notwendigkeit und den zusätz-lichen Nutzen der steigenden Regulierung kaum noch nachvoll-ziehbar macht. Der zeitliche und bürokratische Aufwand für Kun-denerst – und Folgegespräche ist schon enorm, denn MiFID II ist ja nur eines von zahlreichen neuen und schon bestehenden Regu-larien. Um hier auf Kundenseite Frust zu vermeiden, ist weiterhin professionelle Abgeklärtheit und psychologisches Geschick gefragt.

Christian Mallek: Im Grunde sind doch alle Vermögensverwalter unisono contra MiFID II. Da schießt Deutschland einmal mehr in Sachen Regulierung über das Ziel hinaus. Aber alles Meckern hilft nicht, da müssen wir jetzt gemeinsam durch und das Beste für unsere Kunden draus machen. Dabei hilft uns der Verband unabhängiger Vermögensverwal-ter sehr – vor allem beim Vertrags-werk, das komplett umgestellt werden muss. Bis Ende 2017 hatten wir die MiFID-relevanten Punkte angepasst. Das ganz neue Vertragswerk besprechen wir dann in Ruhe mit unseren Kunden in den Jahresgesprächen, wir wollten sie nicht zum Jahresende überfrachten.

Alexander Pruschke: Insgesamt sind unter MiFID II die Skalenef-fekte für jeden Vermögensverwal-

TIM HABICHTCitywire Deutschland

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ter wichtig. Man muss sich effizient, schlank und skalierbar mit seinem Geschäft aufstellen. Gebühren einfach zu erhöhen, ist nicht leicht und könnte negative Folgen haben. Denn bei dem aktuellen Renditeniveau an den Renten-märkten lassen sich ansonsten nach Gebühren kaum positive Renditen erzielen, ohne das Risiko durch schwache Bonitäten oder deutlich höhere Aktienquoten zu erhöhen, was die Akzeptanz einer deutlich höheren Volatilität im Portfolio vorrausetzen würde.

Uwe Günther: Meiner Meinung nach werden wir in der Vermö-gensverwaltung vermehrt auch reine Performance-Fee-Modelle sehen. Wenn ein Vermögens-verwalter nicht die vereinbarte Leistung erbringt, bekommt er vom Kunden auch weniger Geld. Sollte die Leistung erbracht werden, wird diese vom Kunden auch gezahlt. Allerdings muss man sich auf eine gewisse Weise neue Kostenmodelle auch erst einmal leisten können.

Andreas Heinrich: Neben der Umstellung der Vermögensver-waltungs-Verträge auf MiFID II hat uns vor allem aber auch der Handel beschäftigt. Im Januar war wenig Handel möglich, weil viele Produkte noch nicht MiFID-konform umgestellt waren. Zudem sind Depotbanken die Themen unter-schiedlich angegangen. Dort gab es mitunter noch zum Jahresstart

Probleme und teilweise war die Umsetzung noch etwas holprig.

Alexander Pruschke: Das unterschreibe ich gerne. Viele Fonds oder Produkte waren zum Jahresstart aufgrund der Umstellung zu MiFID II schlicht und ergreifend nicht handelbar. Es fehlten oft MiFID-Kennzahlen. Das war ein großes Problem für uns und hat sich inzwischen auch nur teilweise verbessert.

Tim Habicht: Verbessern sollte MiFID II vor allem auch den Schutz für den Kunden. Unter anderem durch eine steigende Kostentransparenz.

Björn Siegismund: Ich sehe es eher kritisch, dass die neue Kostentransparenz nicht zu sinkenden Kosten für den Kunden führt. Vielmehr haben Anbieter die MiFID-II-Einführung dazu genutzt, ihre erhöhten Aufwendungen aufgrund der neuen Regulierung auf ihre Kunden umzulegen. Transparenz ist definitiv gut und wichtig. Aber diese sollte auch ausgewogen dargestellt werden und Kosten und Chancen gleicher-maßen betrachten.

Tim Habicht: Chancen gab es an den Aktienmärkten wieder seit Anfang Februar, unmittelbar nach der Korrektur durch den Flash Crash. Wie sind Sie konkret in der Aktien-Allokation mit dem Flash Crash umgegangen?

DIRK SCHERZSpiekermann & CO AG

BJÖRN SIEGISMUNDLaransa Private Wealth Management

Dirk Scherz: Wir hatten zum Jahresstart 2018 mehr Liquidität vorliegen, weil wir bereits im Jahr 2017 unsere Aktienquote zum Jahresstart auf 65 Prozent gesenkt haben. Wir hätten im abgelaufenen Jahr insgesamt mit mehr Volatilität gerechnet. Deswegen sind wir nach und nach zum Jahresende hin vorsichtiger geworden. Den Flash Crash im Februar haben wir genutzt, um unsere bestehende Kasse zu investieren und die Aktienquote auf 75 Prozent aufzusto-cken. Der Schwerpunkt lag dabei in Europa, verhält-nismäßig wenig aber in den USA. Außerdem ha-ben wir Minen-Aktien und Goldminen aufgestockt. Dies sehen wir als gute Portfolio-Diversifizierung in volatileren Zeiten an. Derzeit liegt unsere Akti-enquote bei 70 Prozent.

Alexander Pruschke: Auf unsere Investitionsquote hochgerechnet, sind wir zu 95 Prozent auf der Aktienseite investiert und fahren demnach fast eine Vollinvestition. Es gab vor allem nach dem Flash Crash im Februar attraktive Ein-stiegsmöglichkeiten. Zudem sind die makroökonomischen Daten weiterhin stabil und durchaus positiv.

Christian Mallek: Das sehe ich ähnlich. Wir sehen keine Rezes-sion in unmittelbarer Zukunft.

Deswegen sollte man den Fuß nicht komplett vom Gas nehmen und weiter im Markt investiert bleiben. Aktuell mache ich mir sowieso weniger Sorgen. Schließlich ist keine Euphorie zu spüren, ganz im Gegenteil. Es herrscht durchaus Zurückhaltung und teilweise sogar Angst vor einem Börsencrash. Wir sind der-zeit zu rund 70 Prozent in Aktien investiert und insofern weiterhin durchaus optimistisch positioniert

Andreas Heinrich: Im ausgewo-genen Musterdepot bei einer maximalen Aktienquote von 60 bis 65 Prozent sind wir mit 45 Prozent Aktienquote ins Jahr 2018 gestartet. Klarer Fokus lag auf dividendenstarken Titeln mit Schwerpunkt Europa. Zum Jahres-start waren wir insgesamt teilweise etwas zu defensiv positioniert. Denn schon gegen Ende 2017

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haben wir teilweise den Fuß vom Gaspedal genommen. Allerdings fehlten im vergangenen Jahr auch teilweise die Argumente gegen passive Investitionsmöglichkeiten. Das dürfte sich im laufenden Jahr wieder verändern – aktives Management wird wieder sehr wichtig werden.

Uwe Günther: Wir sehen das ähnlich und sind auch lieber etwas defensiver positioniert. Man sollte die letzten fünf bis zehn Prozent des Aufschwungs an den Aktienmärkten denen überlassen, die wirklich die Nerven und die Erfahrung dafür haben. Für unsere Kunden werden wir hier in der reifen Phase des aktuellen Zyklus nicht voll investiert sein. Denn wenn die Korrektur beginnt, können nicht alle gleichzeitig raus.

Alexander Pruschke: Aus diesem Grund investieren wir 90 Prozent unserer Assets in den großen liquiden Märkten. Das hat auch damit zu tun, dass Kunden ruhiger schlafen, wenn das Geld in liquiden Märkten investiert ist. Denn wenn die Märkte einmal runtergehen, kann man – sofern gewollt – aussteigen oder das Exposure senken. Das ist bei weniger liquiden Märkten nicht ohne weiteres möglich.

Tim Habicht: Aber gerade bei we-niger liquiden Märkten bieten sich natürlich auch größere Rendite-Chancen. Wo allokieren Sie derzeit

eher offensiv, um eine gewisse Rendite zu generieren?

Christian Mallek: Unsere Schwerpunkte liegen in Europa und vor allem in Nebenwerten. Aber auch Frontier-Märkte-Fonds wie der MENA oder OAKS von Stefan Böttcher sind eine sehr interessante Alternative. Dort gibt es noch viel Luft nach oben. Gleiches gilt für speziellere Themen wie Investments via Zertifikat in Fischzucht.

Tim Habicht: Fischzucht? Inwiefern lässt dich dort eine attraktive Rendite erzielen?

Christian Mallek: Hier setzen wir neben dem Bonafide Global Fish Fund auf ein „Nordic Fish Farmer-Zertifikat“ der Deutschen Bank, das in bis zu zehn skan-dinavische Unternehmen der Fischzucht investiert. Trotz der guten Entwicklung (+37 Prozent seit Jahresbeginn bis 16. Mai 2018, d. Red.) haben die Unternehmen immer noch günstige KGVs und hohe Dividendenrenditen von rund fünf Prozent.

Björn Siegismund: Alternative Investments spielen für uns auch eine große Rolle. Dabei nicht unbedingt als Performance-Boost, aber als Wertsicherung. Gerade im heutigen Umfeld ist es noch wichtiger geworden, Verluste zu vermeiden. Absolute-Return-Ansätze sind daher weiterhin

ein wichtiger Baustein. Je nach Mandat sind diese bis zu 40 Prozent gewichtet.

Uwe Günther: Das sehe ich auch so. Momentan sind 25 Prozent bei uns in Alternatives investiert. Überwiegend über aktive Fonds wie den K2 von Templeton, den Macro Opportunities Bond von Legg Mason Western Assets oder den OptoFlex von Feri.

Uwe Wiesner: Oft werden außerdem Themen wie Robotics, KI oder Cloud-Computing als Nischen-Sektoren oder -Invest-ments gesehen. Allerdings sind diese Themen die zentralen Zukunftsthemen und daher ist es jetzt schon sehr wichtig, dort zu investieren und sich zu positionie-ren. Denn in diesen Sektoren sind die Entwicklungen sprunghaft. Die Welt wird sich stark verändern und aktuelle Nischenthemen werden zu Standardthemen.

Tim Habicht: Welche Rolle spielen Anleihen noch in Ihren Portfolios? In Zeiten einer möglicherweise anstehenden Zinswende könnten diese doch durchaus wieder interessant werden.

Andreas Heinrich: Zinswende ist für mich ein furchtbares Wort. Eine wirkliche Zinswende mit länger und stärker steigenden Zinsen wird es unserer Auffassung nach nicht geben. Aber Fondsmanager und Vermögensverwalter müssen

definitiv auf der Zinsseite vorsich-tiger agieren. Derzeit ist es durch-aus kritisch zu beobachten, dass viele Rentenfonds eine längere Duration fahren, geringere Kupons einkaufen und mehr Risiken auch bei der Bonität eingehen – einzig und allein, um noch eine kleine Rendite auf der Anleiheseite zu generieren.

Uwe Wiesner: Aktuell sehen wir am Markt viele Portfolios, die zu dynamisch aufgebaut sind. Sehr viele Investoren sind ungewöhn-

lich stark in High Yields investiert. Dort soll eine fehlende Rendite mitgenommen werden, die dem Risikoappetit der Anleger eigentlich nicht entspricht. Wenn dann auf den Risk-Off-Knopf gedrückt wird und die Märkte heftiger korrigieren, wird es für Anleger problematisch, das Risiko zu senken.

Tim Habicht: Könnten Wandel-anleihen in diesem Umfeld eine attraktive Investmentmöglichkeit bieten?

ANDREAS HEINRICHHansen & Heinrich

CHRISTIAN MALLEKSigavest

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Andreas Heinrich: Wir haben seit einem halben Jahr unsere Positionierung bei Wandelanleihen aufgebaut. Dies ist eine gute Schnittstelle von Aktien und Anleihen. Dabei setzen wir unter anderem auf den Lupus Alpha Global Convertible Bonds-Fonds. Aktuell machen fünf bis zehn Prozent der Anleiheseite Wandel-anleihen aus.

Uwe Günther: Wir haben Wandel-anleihen nicht mehr in unserem Portfolio. Dort sehen wir aktuell keinen Rentenhedge mehr – das Hauptargument für diese Anlage-form. Bis auf wenige Ausnahmen sind derzeit Aktien – und Ren-tenmärkte nicht attraktiv gepreist. Kommende Verwerfungen an den Märkten könnten dafür sorgen, dass man doppelt gestraft wird: zum einen durch sich ausweitende

Credit-Spreads und zum anderen durch fallende Aktienkurse.

Tim Habicht: Welche Ausnahmen sehen Sie als attraktiv auf Seiten der Aktienmärkte an?

Uwe Günther: Derzeit sind wir in Aktien strategisch untergewichtet. In einem ausgewogenen Portfolio mit bis zu 50 Prozent Aktien haben wir momentan nur noch 20 Prozent direkt in Aktien allokiert. Dabei wurden insbesondere Europa und die USA massiv reduziert. Durch die Anlage in qualitativ guten Unternehmensanleihen besteht natürlich noch ein zusätzliches Aktienexposure, das es zu berück-sichtigen gilt. Der US-Aktienmarkt ist reif und teuer – und in der nächsten Rezession dürfte es Eu-ropa wiederum nicht gelingen, sich abzukoppeln. Positiv sind wir wei-terhin gegenüber Japan, einigen Schwellenländern, bestimmten

technologischen Spezialthemen sowie Minen beziehungsweise Rohstoffen.

Alexander Pruschke: Natürlich wird auf der US-Seite die Zinsangst gespielt und macht deswegen vor allem qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen attraktiv. Insgesamt haben wir auf der Anleihe-Seite schwächere Qualität abgebaut. Auch fünf – oder zehn-jährige US-Staatsanleihen werden wieder attraktiver. Es gibt also durchaus noch Chancen in den USA – und auch bei Anleihen.

Tim Habicht: Auf was für ein Investmentjahr 2018 müssen wir uns einstellen?

Dirk Scherz: Die größere Volatilität für das laufende Jahr ist durchaus positiv und lässt sich natürlich auf der Investment-Seite nutzen. Zudem ist keine große Euphorie an den Märkten vorhanden, das ist ebenfalls positiv. Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn alle Investoren voller Euphorie anlegen würden. Deswegen erwarten wir ein gutes Jahr, das aber durchaus geopolitische Risiken oder einen eskalierenden Handelsstreit hat. Diese muss man im Blick haben.

Alexander Pruschke: Wahrschein-lich verschiebt sich durch die Marktentwicklung im ersten Quar-tal die alte Börsenregel „sell in May“ und die Märkte werden erst wieder stärker korrigieren, wobei

dann auch die Tiefststände aus dem ersten Quartal unterschritten werden könnten. Dafür wird dann Ende des Jahres ein Abschwung anstehen. Insofern sollte man jetzt eher offensiver positioniert beziehungsweise investiert sein. Die schönste aller Welten, ohne Volatilität und fallende Zinsen, ist leider vorbei.

Christian Mallek: Unser Ausblick fällt positiv aus. Wir hatten ein holpriges Anfangsquartal mit einer Korrektur im Februar und März. Deswegen sehe ich vor allem für das zweite Halbjahr positive Chancen für die Märkte. Allerdings muss auch gesagt sein, dass der Long-only-Ansatz nicht mehr so einfach Rendite generieren wird wie im Jahr 2017. Investoren sollten sich insgesamt breiter und teilweise auch etwas defensiver aufstellen für das nächste Jahr.

Björn Siegismund: Im Grunde gibt es derzeit zwei Lager von Investoren: Das erste Lager schaut auf die sehr guten fundamentalen Daten und die robuste globale Wirtschaft. Diese setzen auf einen anhaltenden Kursanstieg. Das zweite Lager sieht eher Warn-hinweise angesichts historisch hoher Bewertungskennzahlen und eine hohe Risikoneigung, um in der „Niedrig-Rendite-Welt“ noch ausreichend Erträge zu erzielen.

Tim Habicht: Vielen Dank für die Diskussion!

ALEXANDER PRUSCHKEWELLINVEST Wealth Management

UWE WIESNERHansen & Heinrich

UWE GÜNTHERBPM – Berlin Portfolio Management

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