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Die erste Forderung will dem Hooliga- nismus in St. Gallen durch einen obliga- torischen Dialog zwischen Fans, FC St. Gallen und Polizei den Nährboden ent- ziehen. Unter Leitung eines Mediators sollen die zerstrittenen Konfliktparteien wieder an einen Tisch geholt werden. Konkrete Ergebnisse zu erzielen, läge dann in der Hand dieser Arbeitsgrup- pe. Als Mediator könnte sich zum Bei- spiel ein Jungparlamentarier zur Ver- fügung stellen. Die Forderung wird mit grossem Mehr angenommen. Keine neuen Massnahmen Weiter spricht sich das Jugendpar- lament knapp dagegen aus, die PEGI- Alterslimiten für Shooterspiele gesetz- lich zu verankern. Die Diskussion dreht sich darum, ob eine solche Regelung die Jugendlichen wirklich von den Spie- len fernhält oder sie viel mehr in die Illegalität treibt, was viele Redner be- fürchten. Vergeblich argumentieren die Befürworter, dass mit dieser Re- gelung in erster Linie eine Sensibilisie- rung der Eltern angestrebt werde. Information statt Kontrolle Gleich drei Stellungnahmen bringt der Workshop «Qualität in der Schule» ins Plenum ein, doch nur einer kommt durch. Eine Mehrheit spricht sich da- für aus, den dualen Bildungsweg zu Aus fünf mach zwei Zum Abschluss der Session stimmen die 80 Jungparlamentarier darü- ber ab, welche Forderungen der Vorstand weiterverfolgen soll. Fünf Anträge aus den Workshops gilt es zu beurteilen, nur zwei davon schaffen das erforderliche absolute Mehr. André Müller stärken, indem Oberstufenschüer frü- her und besser über Mittelschule und Berufslehre informiert werden. Keine Gnade finden die anderen beiden An- träge, die eine flexiblere Klassengrös- se, beziehungsweise eine bessere Qua- litätskontrolle im Lehrkörper fordern. Noch nie ging es uns so gut! Vincenz Rentsch, Präsident der Jung- freisinnigen St. Gallen, rundet Plenum und Session mit einem Plädoyer für den Generationendialog ab. Schliess- lich leisteten sowohl die Jugend, als auch die Älteren ihren Beitrag für ein funktionierendes Gemeinwesen. Mit etwas Verspätung schliesst Manuel Angehrn, Präsident des Jugendparla- ments, den offiziellen Teil der Sitzung und lädt zum gemütlichen Treff im Re- staurant. Schliesslich gehört auch das gute Essen zur Politik. 22. Jugendsession St.Gallen Kritisches Plenum

Tink.ch-Magazin 17: 22. Jugendsession St.Gallen

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Magazin zur 22. Jugendsession in St.Gallen.

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Page 1: Tink.ch-Magazin 17: 22. Jugendsession St.Gallen

Die erste Forderung will dem Hooliga-nismus in St. Gallen durch einen obliga-torischen Dialog zwischen Fans, FC St. Gallen und Polizei den Nährboden ent-ziehen. Unter Leitung eines Mediators sollen die zerstrittenen Konfliktparteien wieder an einen Tisch geholt werden. Konkrete Ergebnisse zu erzielen, läge dann in der Hand dieser Arbeitsgrup-pe. Als Mediator könnte sich zum Bei-spiel ein Jungparlamentarier zur Ver-fügung stellen. Die Forderung wird mit grossem Mehr angenommen.

Keine neuen MassnahmenWeiter spricht sich das Jugendpar-lament knapp dagegen aus, die PEGI-

Alterslimiten für Shooterspiele gesetz-lich zu verankern. Die Diskussion dreht sich darum, ob eine solche Regelung die Jugendlichen wirklich von den Spie-len fernhält oder sie viel mehr in die Illegalität treibt, was viele Redner be-fürchten. Vergeblich argumentieren die Befürworter, dass mit dieser Re-gelung in erster Linie eine Sensibilisie-rung der Eltern angestrebt werde.

Information statt KontrolleGleich drei Stellungnahmen bringt der Workshop «Qualität in der Schule» ins Plenum ein, doch nur einer kommt durch. Eine Mehrheit spricht sich da-für aus, den dualen Bildungsweg zu

Aus fünf mach zwei

Zum Abschluss der Session stimmen die 80 Jungparlamentarier darü-ber ab, welche Forderungen der Vorstand weiterverfolgen soll. Fünf Anträge aus den Workshops gilt es zu beurteilen, nur zwei davon schaffen das erforderliche absolute Mehr. André Müller

stärken, indem Oberstufenschüer frü-her und besser über Mittelschule und Berufslehre informiert werden. Keine Gnade finden die anderen beiden An-träge, die eine flexiblere Klassengrös-se, beziehungsweise eine bessere Qua-litätskontrolle im Lehrkörper fordern.

Noch nie ging es uns so gut!Vincenz Rentsch, Präsident der Jung-freisinnigen St. Gallen, rundet Plenum und Session mit einem Plädoyer für den Generationendialog ab. Schliess-lich leisteten sowohl die Jugend, als auch die Älteren ihren Beitrag für ein funktionierendes Gemeinwesen. Mit etwas Verspätung schliesst Manuel Angehrn, Präsident des Jugendparla-ments, den offiziellen Teil der Sitzung und lädt zum gemütlichen Treff im Re-staurant. Schliesslich gehört auch das gute Essen zur Politik.

22. Jugendsession St.Gallen

Kritisches Plenum

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Downloads und DatenschutzGlobalisierung - für einige ein Segen, andere sehen vor allem Gefahren damit verbunden. Für unsere Rechtsordnung sind diese grenzübergreifenden Phänomene jedenfalls eine grosse Herausforderung, was sich besonders im Internetrecht zeigt. Unter der Leitung von Manuel Angehrn ging eine Workshopgruppe dem Problem auf den Grund. Julian Stiefel

Wir leben in einer globalisierten Welt. Grenzen spielen in vielen Bereichen kaum mehr eine Rolle. Es existieren heute wirtschaftliche Freiräume wie die Europäische Union und ein ausge-prägter Tourismus. Doch die Globali-sierung bringt auch negative Aspekte mit sich: Weil die Gesetzgebung in den Händen der Staaten bleibt, entsteht bei grenzübergreifenden Gerichtsfällen eine Rechtsunsicherheit. Steuerbe-trug und Internetkriminalität sind nur zwei Beispiele dafür.

Insbesondere das World Wide Web stellt die Juristen vor schwierige Auf-gaben. Es ist Netzwerk, Informations-quelle und Unterhaltungsmedium zu-gleich und hat daher viele Zwecke zu erfüllen. Angehrn sieht das Problem im Aufbau dieses Mediums. Während man bei Printmedien weiss, woher die Texte kommen, wer verantwortlich ist und welches Recht gilt, ist die Lage bei Onlinemedien nicht so einfach. Die Server können auf der ganzen Welt stationiert sein. Je mehr Staatsgren-zen überschritten werden, desto kom-plizierter die Anwendung des Rechts bei vertraglichen Beziehungen.

Kein RandproblemWeil das Internet in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist, betreffen die daraus entstehenden Probleme

uns alle. Vielen ist das allerdings nicht bewusst. Fakt ist, dass kaum jemand sich in Realität so verhalten würde, wie er es im Internet tut. Man gibt Dinge preis, die man im persönlichen Gespräch nicht immer erwähnt. Über soziale Netzwerke lassen sich so viele Informationen zu einem Menschen er-mitteln.

Auf der einen Seite geht dadurch im World Wide Web die Anonymität ver-loren, auf der anderen Seite kommt sie aber auch erst hier zu Stande. Nicht selten kommt es zu Identitätsdiebstäh-len. Personen, die anonym bleiben, können sich durch die vielen im Web gefundenen Informationen für jemand anderen ausgeben.

Umgang mit geistigem EigentumEinen wichtigen Streitpunkt bilden auch Urheberrechte. Der Download von Musik und anderen Daten ist in der Schweiz immer noch legal, solange man die Daten nicht wieder anderen anbietet, was bei vielen Tauschbörsen allerdings automatisch passiert. Der Betreiber der Plattform selbst kann seinen Dienst als vollkommen legal be-zeichnen, da er aus Gründen des Da-tenschutzes keinen Einblick in die Da-teien der Uploader hat. Wer hingegen selbst Daten herauflädt, macht sich nach Schweizer Recht strafbar.

feature

Es ist nicht leicht, seine Daten im Internet für sich zu behalten.Fotos: Stockvault.net

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Allgemein sind für das Internet neue Regelungen notwendig. Denn in der heutigen Zeit profitieren Kriminelle da-von, dass die Rechtslage sich von Land zu Land unterscheidet. Doch wer soll diese Regelungen einführen? Wenn ein Staat wie Somalia nicht einmal in der Lage ist sein Territorium zu kon-trollieren, wie soll er dann das Internet überwachen?

Es reicht jedenfalls nicht, illegale Downloads öffentlich zu verteufeln, das kann sogar negative Folgen nach sich

ziehen: Erst durch die laute Debatte über Napster und Pirate Bay kam eine breitere Masse auf die Idee, sich Musik und Filme am offiziellen Kanal vorbei zu

Welcher Minderheit fühle ich mich zugehörig? Gleich die erste Frage in der Diskussion «Umgang mit Minder-heiten» stimmt mich nachdenklich. In der bunten Diskussionsgruppe befin-den sich religiöse Minderheiten, Rau-cher und Asylbewerber. Wir fragen uns, wie man Minderheiten definieren kann und kommen zum Schluss, es be-deute eine zahlenmässige Unterlegen-heit, welche ethnische, religiöse oder sprachliche Gründe hat.

Was bedeutet Toleranz?Da nun gesichert ist, dass wir uns alle mit dem gleichen Thema beschäf-tigen, gehen wir näher auf die Pro-bleme ein, die Minderheiten in einer Gesellschaft mit sich bringen. Werden sie akzeptiert? Müssen Minderheiten geschützt werden? Wie weit sollten sie sich anpassen? Beispiel Asylsu-chende: Schweizer erwarten, dass sie sich integrieren und unsere Spra-che erlernen, andererseits gestatten wir ihnen, ihre Kultur und Religiosität auszuleben. Hier kommt es stark auf die gegenseitige Toleranz zwischen Mehrheit und Minderheit an. Jemand meint, dass der Begriff ‚Toleranz‘ so oft ge- und missbraucht wurde, dass

Die Wenigen unter Vielen Wir sind eine abwechslungsreiche und bunte Gesellschaft. Kein Wunder, dass es eine grosse Anzahl von Minderheiten gibt. Nur, wie tolerant geht die Mehrheit mit den Randgruppen um? In einer gemischten Runde diskutieren wir, auch zusammen mit Marlen Hasler, Gemeinderätin der CVP. Lea Karrer

er überstrapaziert sei. Und vor allem, wo seien die Grenzen der gegensei-tigen Freiheiten? Und wer setzt sie? Diese Fragen bleiben unbeantwortet

fältigkeit der Menschen und Kulturen sollte erhalten bleiben. Wie man die Sache auch dreht und wendet, Minderheiten wird es immer geben. Es ist aber wichtig, dass wir diese nicht als ‚Sündenbock‘ für Pro-bleme benutzen, sondern eher den Vorurteilen dem ‚kleinen Unbekannten‘

kommentar

im Raum stehen.

Keine SündenböckeIm Grunde respektiert die Schweiz Minderheiten und spendet derjenigen Randgruppe Schutz, die ihn braucht. Ein Beispiel sind körperlich und geistig behinderte Menschen. Wir verbessern

unsere Gesetze, um ihnen gleiche Chan-cen zu geben. Generell werden Minder-heiten, sofern sie nicht in ein extremes Muster fallen, geschützt, denn die Viel-

beschaffen. Mögliche Alternativen sind eine internationale Regelung des Inter-nets und eine weitere Sensibilisierung der Bevölkerung.

Religion, Sprache, Ethnie: Irgendwo tanzt jeder aus der Reihe. Foto: Nando Bosshart

In der Realität kann man sich nicht hinter einem Bildschirm verstecken.Foto: Nando Bosshart

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Französisch als Zukunftsblockade«Politik muss sexy sein». Mit diesen Worten wurde die diesjährige Jugendsession in St. Gallen eröffnet. Dominik Büeler redet nicht lange um den heissen Brei herum: «Schafft den Französischzwang in der Schule ab.» Der Thurgauer Grünliberale, selbst ehemaliger Vorstand des Jugendparlaments, stellt gleich mehrere heilige Kühe der Schweizer Bildungspolitik in Frage. Julian Stiefel

feature

verlust. Das Verständnis für die neuen Medien fehle bei diesen zum Teil. Doch auch in anderen Bereichen sei es an-gebracht, den Lehrplan anzupassen. Ein wichtiger Punkt in der Bildung, welchem mehr Achtung geschenkt werden müsse, seien zum Beispiel die Menschenrechte. Der Lehrplan solle sich also der Zeit anpassen.

Die heutige Jugend werde von ver-schiedenen Seiten als verantwortungs-los bezeichnet. Sogar die Jugendlichen selber sähen sich zum Teil schon als «richtig schlimm». Doch wir dürften uns nicht einreden lassen, dass wir die schlimme Jugend seien, meint Büeler. Zum Abschluss wünscht er den Teil-nehmenden spannende und zivilisierte Diskussionsgespräche.

Der Französischunterricht in der Schu-le stellt laut Büeler ein Problem dar. Viele Schüler empfinden diesen als grosse Qual. Seine Aussage stösst bei der Schülerschaft auf grosse Zustim-mung. Doch nicht jeder empfindet dies gleich. Die Reaktionen im Publikum ge-hen auseinander.

Spass statt QualDie heutige Vorstellung von Chancen-gleichheit beruhe auf einem strikten Lehrplan. Praktisch alle Schüler wür-den in gleich vielen Schulfächern unter-richtet. Als Resultat würden die Schü-ler dann trotzdem nicht viel Können besitzen. Stattdessen sollten die Schü-ler in den Bereichen gefördert wer-den, wo auch ein Bedürfnis besteht. Zukünftige Handwerker sollen sich in ihrem Tätigkeitsbereich weiterbilden, so der Werklehrer Dominik Büeler. Ganz allgemein solle die schulische Tä-tigkeit mehr Spass machen, damit die

Lust auf Schule nicht schon nach der obligatorischen Schulzeit vergeht.

Als erster Schritt sollten offenere Zugänge zum Gymnasium gefördert werden. Das bedeute, dass man zum Beispiel auf eine Aufnahmeprüfung im Fach Französisch verzichten sollte. Die ausfallenden Lektionen könnte man durch andere Sprachen und Tätig-keiten kompensieren. Aber ist es tat-sächlich sinnvoller, Französisch durch eine Sprache zu ersetzen, die bei uns noch seltener anzutreffen ist? Oder doppelt so viel Zeit in Englisch zu in-vestieren?

Anders, nicht schlechterIm Laufe der Zeit haben sich die Grund-züge der Schule verändert. Kopfrech-nen und Schönschreibübungen traten im Zeitalter der Computer in den Hin-tergrund. Vor allem ältere Leute sä-hen diese Veränderung als Qualitäts-

Dominik Büeler setzt sich in seiner Rede für einen flexiblen Fächerplan ein. Fotos: Nando Bosshart

Litten sie in den Französischstunden?

Das ist nicht die «schlimme Jugend».

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Auch in Deutschland und Österreich ist die Qualitäts-Problematik nicht un-bekannt. Michael Felder erklärt das Bildungssystem in Österreich und hofft am Vorbild der Schweiz einige neue Ideen mit in sein Heimatland zu neh-men. Doch schnell ist klar, dass auch in der Schweiz kein überregionales Sy-stem vorhanden ist, welches Bildungs-inhalte, Lehrerausbildungen, Ferienre-gelungen und Lernziele im ganzen Land vereinheitlichen könnte. Florian Saurer vom Schulamt weist jedoch darauf hin, dass Bestrebungen in diese Richtung im Gang sind. Allerdings dauerten sol-che Prozesse immer eine Weile.

Keine Patentlösung in SichtDie Teilnehmenden diskutieren darü-ber, was die Qualität der Schule stei-gern könnte. Ideen haben sie viele, beispielsweise die kleinere Klassen, eine bessere Ausbildung der Lehrkräf-te oder die Bereitstellung von guter Infrastruktur. Herr Saurer stellt fest, dass es nicht reicht, wenn man einen dieser Punkte verbessert. Um die Qua-lität der Schule nachhaltig zu verbes-sern, müssten wir alle diese Probleme in Angriff nehmen.

Ausserdem müssten sich die Lehrer sowie auch die Schüler selbst bemü-hen um motiviert zu bleiben. Ein Teil-nehmer meint dazu, dass man sonst am falschen Platz sei. Man müsse jedoch beachten, dass pädagogisches

Lehrer oder Pädagogen?Das Bildungssystem in der Schweiz unterliegt einer dauernden Reform. Es scheint, als könne es nie allen recht gemacht werden. Denn wir alle halten uns für Experten in diesem Gebiet, schliesslich ist jeder von uns einmal zur Schule gegangen. In der Debatte des Workshops «Qualität in der Schule» argumentiert jeder mit seinem persönlichen Bildungshintergrund. Diana Berdnik

Handeln und auch Lernen sehr persön-liche und individuelle Vorgänge sind.

Flexible Klassen, LehrerkontrolleDie Gruppe fordert schliesslich, dass die Klassengrössen der Art der Un-terrichtssequenz angepasst werden. Lehrer sollen in Theorieblöcken auch grosse Klassen unterrichten können, in den praktischen Unterrichtsteilen

kommentar

feature

Der dritte Punkt betrifft die Qualitäts-sicherung in den Schulhäusern. Im Be-reich der Bildung solle nicht gespart werden, so dass professionelle Qua-litätskontrollen durchgeführt werden können.

Oft müssten die Lehrer im Klassen-zimmer zuerst für Ruhe sorgen, bevor sie mit ihrem eigentlichen Auftrag,

aber individuell auf die Schüler in Klein-gruppen eingehen. Als zweites fordern die Workshopteil-nehmer, dass der duale Bildungsweg beibehalten und gefördert wird. Sie sind sich einig, dass es nötig ist, einen eher schulischen und einen eher praxi-sorientierten Weg anzubieten.

dem Vermitteln von Unterrichtsstoff, beginnen können. Es werde ihnen da-bei Willkür und Unwissenheit vorge-worfen. Die Lehrer übernähmen aber immer mehr Aufgaben, die eigentlich von den Eltern übernommen werden sollten. Die Forderungen sollen helfen, diesen Anfangszustand in Zukunft zu verbessern.

Nicht alle Pädagogen zielen in die gleiche Richtung. Foto: Nando Bosshart

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Politischem Gegner die Hand reichen20 Jahre alt, seit acht Jahren in der Jugendarbeit aktiv: Michael Feld-er aus Bregenz wollte sich schon früh nebst der Schule engagieren. Heute ist er stellvertretender Obmann der jungen ÖVP und Ersatzmit-glied für die Stadtvertretung. Thinh-Lay Tong

Schulfrei kriegen. Das war für Michael anfangs der Grund, sich an Jugend-projekten zu beteiligen. Zusammen mit Gleichaltrigen organisierte Michael autofreie Tage oder betreute Stände in der Stadt. Später entstand ein So-zialprojekt, bei dem sich Jugendliche anmelden können, um beispielsweise in Altersheimen zu helfen. Als er mit 15 selbst die Verantwortung für ein Team übernahm, packte es ihn end-gültig. Sein Einsatz zahlte sich aus, die Projektidee stiess auf grosses In-teresse und das Projekt konnten sie auch in Innsbruck, Brüssel, Portugal und England vorstellen. Nicht ohne Stolz schildert Michael von seinen jun-gen Erfolgen. Heute ist er ganz froh, dass das Projekt weiterhin erfolgreich ist, nachdem er mit 18 die Leitung an die jüngere Generation übergeben hat. Für den jungen Erwachsenen war die Zeit gekommen, sich nach etwas Neu-em umzusehen.

Durch seine Tätigkeit als aktiver Ju-gendlicher kam er früh in Kontakt mit

Porträt

Politikern und Behörden. Da erstaunt es nicht, dass er sich nun politisch en-gagiert. Für die junge ÖVP entschied er sich, weil die Philosophie dieser Partei mit seinen eigenen Werten übereinstimmt.

Einer, der sich einbringtFür die eigene Meinung einzustehen ist dem jungen Politiker wichtig. Aufmerk-sam hört er im Workshop «Qualität in der Schule» zu, fragt nach, wenn er die Unterschiede zwischen dem Öster-reichischen und dem Schweizer Schul-system nicht ganz versteht. Michael ist ein aktiver Mensch, immer und überall. Am Ende des Workshops stellt er sich daher auch gleich zur Verfü-gung, die verfassten Stellungnahmen zusammen mit einem Teilnehmenden aus der Schweiz im Plenum vorzutra-gen. Keine leichte Aufgabe, wie sich später herausstellen wird.

Respekt vor dem MenschenDoch vorher nimmt er teil an der Dis-kussion zum Thema «The Morning af-

Michael Felder will auch im Widersa-cher immer den Menschen sehen.Foto: Julian Stiefel

ter: Wie weiter nach der Wirtschafts-krise?». Die Teilnehmenden diskutieren über das Grundeinkommen. Der anwe-sende SP-Politiker steht alleine da. Es wird heftig debattiert. Auch geballte Fäuste sind zu sehen. Und mittendrin ist Michael. «Ich bin dem Herrn aber nicht böse», sagt er am Ende. Im Ge-genteil. Nach der Diskussion geht er zu ihm hin, um sich für die Diskussi-on zu bedanken. Zwischen Thema und Person zu unterscheiden, ist Michael

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auch in der Politik wichtig. Einer sei-ner engsten Freunde sei Obmann der jungen FPÖ. Diskussionen mit ihm las-sen sich nicht immer umgehen, doch grundsätzlich gilt: Beruf und Privates sollen nicht vermischt werden. Mei-nungsverschiedenheiten hätten nie mit dem Menschen an sich zu tun. Die Vorstellung, jemanden aufgrund seiner politischen Einstellung nicht zu begrüs-sen, findet Michael grauenvoll.

«Diskussionen sind notwendig»Auch wenn der junge Politiker mal auf Widerstand stösst, kann er gut damit umgehen. Im Workshop am Vormittag sind sich die Teilnehmenden schnell über die Formulierung der Stellung-nahmen einig gewesen. Es hat keine Einwände gegeben. Ganz anders sieht es im Plenum aus. Die Sessionsteil-nehmer sind mit den Stellungnahmen nicht einverstanden. Jedes Wort von Michael und seinem Vortragspartner wird hinterfragt. Dabei teilen sie nur mit, was die Gruppe zuvor gemeinsam festgehalten hat. Alleine dastehen, kritische Fragen beantworten, ohne Rückhalt aus der Gruppe: keine leichte Aufgabe. «Mit einer solchen Ablehnung habe ich nicht gerechnet», sagt Micha-el im Anschluss. Das Ganze nehme er aber nicht persönlich. Diskussionen seien notwendig und schliesslich gehe man ja auch zur Wahl, um etwas zu bewegen.

«Mit offenen Armenwird man nie empfangen»Manuel Angehrn, Präsident des St. Galler Jugendparlaments, zieht ein positives Fazit aus der Session. Auch diese Forderungen wird man so gut wie möglich verkaufen, auch wenn es schwierig ist, die alten Strukturen zu durchbrechen. André Müller

interview

Bist du zufrieden mit dem Ablauf dieser Jugendsession?Ja, sehr. Eigentlich sehr zufrieden.

Auch mit den Forderungen?Ja, man kann einige Forderungen pla-nen, einige nicht. Es wurde viel disku-tiert, war lebhaft und manchmal ist der Austausch wichtiger als das End-ergebnis.

Was passiert jetzt mit diesen Forderungen?Wir ordnen alle Forderungen einem Departement auf Kantonsebene zu und schauen, wer da quasi der Ab-nehmer sein könnte und wo was um-gesetzt werden kann. Dann werden wir sicher einen Brief schreiben und die Prinzipien darlegen, wie diese For-derung entstanden ist. Dann nehmen wir Kontakt auf, jetzt zum Beispiel mit dem FC St. Gallen, der Stadt St. Gallen und der Fanorganisation. Wir könnten uns auch selbst als Mediatoren im Hooliganismus-Streit anbieten, wobei

Präsident des St. Galler Jugendparla-ments: Manuel AngehrnFoto: Julian Stiefel

» Fortsetzung auf Seite 6

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interview

Herausgeber Tink.chSandstrasse 5 CH-3302 Moosseedorf Tel +41 31 850 10 91 Fax +41 31 850 10 21 [email protected]

Redaktion André Müller (Leitung)Diana BerdnikJulia GöldiJulian StiefelLea KarrerMareike Pässler Thinh-Lay Tong

AudiobeiträgeXenia Artho (Leitung)Elias MeileStéphanie Bürgi

FotosJulian StiefelNando BosshartThinh-Lay TongXenia Artho LayoutDavid Naef DruckRheintaler Druckerei und Verlag AGHafnerwisenstrasse 1CH-9442 Berneck AusgabeNummer 1720. Juni 2010 Auflage600 Exemplare PartnerRadio kantipark.chKanti am Burggraben St. GallenBurggraben 219000 St. Gallenwww.kantipark.ch

Jugendparlament Kanton St. GallenPostfach 10499001 St.Gallenwww.jupasg.ch

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das nicht unser Job wäre. Es ist eine politische Sache, von der wir finden, dass es wichtig wäre, da weiter zu kommen.

Ihr habt schon 12 Jahre Erfah-rung im Umgang mit den Behör-den. Wie kommen eure Forde-rungen jeweils an?Mit offenen Armen wird man nie emp-fangen, wenn man etwas verändern will und in die gestandenen Strukturen eingreift. Man muss schon nachha-ken. Allerdings muss man auch sehen, dass einige unserer Forderungen nicht beachtet werden können. Es kamen in diesen Jahren auch sehr schwach-sinnige Forderungen, beispielsweise Weltfrieden, was jeder einmal fordern

mitmachenWir sind da, wo Politik entsteht. Wo bist du? Das Online-Magazin

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kann. Es gibt aber auch Dinge, die softer daherkommen und von denen man die Verwaltung und den Kantons-rat überzeugen kann. Vielleicht wird daraus auch mal etwas. Aber wenn Verwaltung und Kantonsrat die Sache beraten, ist schon viel getan.

Wie sehen eure konkreten Ziele für die Zukunft aus?Das eine Ziel des Jugendparlaments ist, die politische Bildung im ganzen Kanton St. Gallen zu verbessern. Zum Zweiten wollen wir diesen Jugend-lichen ein fassbares Instrument in die Hand geben, ihre Anliegen mitzuteilen, damit der Kantonsrat sagt: «Ja doch, das kommt von Jugendlichen, das müssen wir behandeln!»

«Einige unserer Foderungen können einfach nicht beachtet werden.»Foto: Julian Stiefel

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