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JAHRGANG 4 • AUSGABE 1 FEBRUAR 2017 newsletter DER AIDS-HILFEN IN RHEINLAND-PFALZ FEATURES: • Neues von der PrEP • HIV-Heimtests • Bundestagswahl 2017 • Landau: Regenbogenpflege • Sexarbeit in Trier • Landau: Rückblick WAT 2016 550 Gründe gegen das Vergessen ab Seite 8 Titelgeschichte Cannabis auf Rezept ab Seite 20

Titelgeschichte 550 Gründe gegen das Vergessen...einten Nationen zu erreichen, ist letztlich eine politische Frage, für die wir, die Wäh-ler_innen, auch bei der Bundestagswahl die

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JAHRGANG 4 • AUSGABE 1 FEBRUAR 2017

newsletterDER AIDS-HILFEN IN RHEINLAND-PFALZ

FEATURES:• Neues von der PrEP• HIV-Heimtests• Bundestagswahl 2017• Landau: Regenbogenpflege• Sexarbeit in Trier• Landau: Rückblick WAT 2016

550 Gründe gegen das

Vergessenab Seite 8

Titelgeschichte

Cannabis auf Rezeptab Seite 20

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NewsletterAIDS-HILFE

LIEBE LESERINNEN UND LESER

wir hoffen, Sie sind gut ins neue Jahr gekommen, und wünschen Ihnen für 2017 viel Glück und Ge-sundheit!Unser Newsletter startet mit ei-nem kurzen Überblick, welche Neuigkeiten und Themen die rheinland-pfälzischen AIDS-Hil-fen erwarten werden. Als Stich-worte sei hier auf das „Dau-erthema“ PrEP, die Diskussion um HIV-Heimtests sowie die be-vorstehende Bundestagswahl verwiesen.Dass uns der Blick auf das Kom-mende nicht die Sicht auf das Vergangene versperren darf, macht das Schicksal der Über-lebenden des Blutskandals der

80-er Jahre deutlich. Die etwa 550 Betroffenen, die noch am Leben sind, müssen heute wie-der um ihre Rechte kämpfen: denn der Entschädigungsfonds ist quasi erschöpft.Eine ganz andere Art von Kampf müssen die Sexarbeiterinnen in Deutschland führen. Wohl kei-ne andere Berufsgruppe ist in gleichem Maße von Vorurtei-len und Diskriminierung betrof-fen. Aber nicht nur dies belas-tet die Frauen. Viele von ihnen müssen sich in einem fremden Land mit fremder Sprache in einem scheinbaren „Bürokra-tie-Dschungel“ zurechtfinden. Nicht jede Sexarbeiterin verfügt

außerdem über aktuelles Wis-sen zu sexuell übertragbaren In-fektionen, Verhütung und ande-ren für sie relevanten Gesund-heitsthemen. Hier setzt die neue mobile Homepage www.sexar-beit-trier.de an, die AIDS-Hil-fe Trier und das Gesundheit-samt Trier-Saarburg im De-zember an den Start gebracht haben. Apropos letzter Dezember: Natürlich darf in diesem News-letter auch nicht der Rückblick auf den Welt-AIDS-Tag fehlen. Aber auch weitere interessante Themen aus den einzelnen Re-gionen unseres Bundeslandes wollen wir näher beleuchten.

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Z3 Inhalt Aids-Hilfen in Rheinland-Pfalz

AIDS-HILFE RHEINLAND-PFALZ E.V.

Landesverband der rheinland-pfälzischen Aids-HilfenSaarstrasse 55 - 54290 TrierTel. 0651-970 44 20Fax 0651-970 44 21email [email protected] www.aidshilfe-rlp.de

AH Trier Saarstr.55, 54290 Trier - 0651-970440http://aidshilfe-rlp.de/trier

RAT&TAT Koblenz Moselweißerstr. 65, 56073 Koblenz - 0261-16699http://aidshilfe-rlp.de/koblenz

AH Kaiserslautern Pariserstr. 23, 67655 Kaiserlsautern -0631-18099http://aidshilfe-rlp.de/kaiserslautern

AH Landau Weißenburgerstr. 2b, 76829 Landau - 06341-88688http://aidshilfe-rlp.de/landau

AH Ludwigshafen Frankenthaler Str. 71, 67059 Ludwigshafen - 0621-68567521http://checkpoint-ludwigshafen.com

AH MainzMönchstrasse 17, 55130 Mainz - 06131-222275http://www.aidshilfemainz.de

IN DIESER AUSGABE

Aids-Hilfe Rheinland-Pfalz e.V. 3Neues von der PrEP 4HIV-Heimtests 6Bundestagswahl 2017 7550 Gründe gegen das Vergessen. 8Termine in Trier 10Termine in Mainz 11Infoveranstaltung zur “Regenbogenpflege” 11Rückblick Welt-Aids-Tag 2016 in Mainz 12Nachlese - Schulfilmtage 14AIDS-Hilfe, Arbeitskreis Ludwigshafen e.V. 15Sexarbeit in Trier 16Rückblick - Welt Aids Tag in Landau 18Cannabis auf Rezept 20

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Z4 HERAUSFORDERUNGEN 2017 - Neues von der PrEP

NEUES VON DER PREP

Die Präexpositionsprophyla-xe PrEP – also die vorbeu-gende Einnahme von anti-retroviralen Medikamenten durch HIV-Negative zum Schutz vor einer Ansteckung mit HIV – ist seit August 2016 europaweit zugelassen. Als „neue Präventionsmöglichkeit“ ergän-zend – oder mitunter auch alternativ – zu regelmäßigem Kondomgebrauch und „Schutz durch Therapie“ wurde und wird sie heiß diskutiert, sie wird weiter erforscht und: sie wird durchaus auch praktiziert. Zugelassen ist die PrEP bislang bloß als täglich einzunehmende Prophylaxe – an-gesichts von etwa 800 € Kosten pro Monat-spackung ist es allerdings fraglich, ob die Anwendung der PrEP ausschließlich „zulas-sungskonform“ erfolgt.Um Anwendungsfehler und die Entstehung eines „PrEP-Schwarzmarktes“ zu verhin-dern, aber auch um ihre präventiven Po-tenziale nutzen zu können, macht die Dis-kussion um eine Kostenerstattung durch die deutschen Krankenkassen durchaus

Sinn. Oder ist die PrEP aufgrund ih-res präventiven Charakters eher als eine Art „Imp-fung“ zu verste-hen, so dass es für eine Kostenübernahme einer positiven Beur-teilung durch die STIKO – die „Ständige Impfkommission“ – bedarf? Die Diskus-sion ist und bleibt spannend, zumal es so aussieht, dass vielleicht sogar noch in diesem Jahr der Patentschutz auf Tru-vada® entfällt und erste Generika auf den Markt kommen könnten.Die Fortsetzung der IPERGAY-Studie und die ersten Erfahrungen aus Frankreich liefern neue Belege dafür, dass die PrEP auch bei einem anlassbezogenen Ein-nahmeschema – also bei Einnahme der Medikamente vor und nach ungeschütz-tem Analverkehr nach einem bestimm-ten Vorgabemuster – „funktioniert“. Doch die Fortsetzung von IPERGAY kommt auch zu anderen aufschlussrei-chen Ergebnissen: Hatte die PrEP-Ein-nahme im Rahmen der ursprünglichen IPERGAY-Studie noch keine Auswirkun-gen auf die Kondomanwendung der teil-nehmenden MSM (Männer, die Sex mit Männern haben), so berichten die Teil-nehmer in der Fortsetzung der Studie von einer deutlichen Abnahme der Kon-dombenutzung – und im gleichen Maße einer Zunahme von STIs (sexuell über-tragbaren Infektionen).

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Z5 HERAUSFORDERUNGEN 2017 - Neues von der PrEP

Die AIDS-Hilfen werden also zuneh-mend gefragt sein, kompetent und er-gebnisoffen zur PrEP zu beraten. Wichtig ist vor allem auch, der „PrEP-Zielgrup-pe“ der MSM Möglichkeiten zu nied-rigschwelligen und regelmäßigen HIV-, aber auch STI-Testungen zu offerieren: HIV-Tests sind im Rahmen der PrEP-Ein-nahme unerlässlich, da eine PrEP bei ei-ner bereits bestehenden (unerkannten) HIV-Infektion nicht eingenommen wer-den darf (Gefahr der Resistenzbildung!). STI-Screenings werden noch eine zu-nehmende Bedeutung gewinnen, da die PrEP zwar vor HIV-Ansteckungen schüt-zen kann, bei einer eventuell rückläufi-gen Kondombenutzung aber eine weite-re Zunahme von Infektionen mit Syphi-lis, Chlamydien, Gonokokken („Tripper“) und anderen Erregern zu erwarten sein wird.Zum Glück sind die rheinland-pfälzische AIDS-Hilfen diesbezüglich bereits auf einem guten Weg: In Trier besteht schon seit einigen Jahren die Möglichkeit, ein-mal im Quartal im Trierer Schwulen- und Lesbenzentrum SCHMIT-Z „nach Feierabend zum HIV-Test und STI-Check“ zu gehen. Auch das Team von RAT & TAT Koblenz bietet im Klinikum Kemper-hof bereits seit längerem regelmäßig HIV-Schnelltests an. Aktuell ist ein ers-ter Aktionstag mit niedrigschwelligem HIV-Testangebot auch in Landau in Pla-nung.

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HIV-Test

HIV-Testund

STI-Check

einmal im Quartal

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Z6 HERAUSFORDERUNGEN 2017 - HIV-Heimtests

Den Anstoß zu dieser Debatte hat die Welt-gesundheitsorganisation WHO gegeben. Sie sieht in freiwilligen und qualitätsgesicherten Heimtests ein wichtiges Instrument, um bis-lang unerkannte HIV-Infektionen schneller zu diagnostizieren und damit auch früher einer Behandlungsmöglichkeit zuzuführen. In Deutschland sind solche Tests bislang nicht zugelassen: Das Medizinproduktegesetz regelt seit 2009, dass eine Abgabe von HIV-Schnell-tests nur an Ärzt_innen, ambulante und stati-onäre Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie an mit Ärzt_innen zusammenarbeiten-de AIDS-Hilfen und Gesundheitsbehörden er-folge darf. In Frankreich und in Belgien können HIV-Selbsttests jedoch freiverkäuflich in Apo-theken erworben werden. Frankreich stellt so-gar seinen HIV-Präventionseinrichtungen wie AIDES kostenfreie Tests für bestimmte „high at risk“-Personengruppen zur Verfügung.Die deutschen AIDS-Hilfen haben sich lange

Zeit auf den Standpunkt zurückgezogen, dass sie nicht zum Heimtest beraten, da er ja hier-zulande nicht zugelassen ist. Doch zuneh-mende Anfragen, ein verstärkter Blick weg von den „Gefahren“ und hin zu den (präven-tiven) „Möglichkeiten“ der Selbsttestung und die Tatsache, dass in einer globalisierten Welt immer öfter auch Heimtests aus dem Ausland – auch durchaus auf legalem Wege – bezo-gen werden, führen allmählich zu einer neu-en Sicht auf dieses Thema. Auch die rhein-land-pfälzischen AIDS-Hilfen haben bereits erste Beratungsanfragen zu Heimtests er-reicht. Da Rheinland-Pfalz sowohl an Frank-reich wie an Belgien grenzt, ist für die Zukunft mit einer weiteren Zunahme des Beratungs- und Informationsbedarfs zum „Heimtest“ zu rechnen.Im Rahmen des grenzüberschreitenden Ko-operationsprojektes „Gay-Region“ ist die AIDS-Hilfe Trier schon seit langem in inten-sivem Austausch mit den Kolleg_innen aus Frankreich, Luxembourg und dem Saarland. Hier ist auch der „Heim-test“ immer wieder The-ma. Dies wird auch mit Sicherheit beim ersten Symposium der „Gay-Re-gion“ der Fall sein, das die beteiligten Kooperations-einrichtungen im Okto-ber im luxemburgischen Esch-sur-Alzette im dor-tigen „Haus der Großregi-on“ veranstalten. Wir wer-den Sie in einer späteren Ausgabe des Newsletters ausführlicher darüber informieren.

BG

Seit Ende letzten Jahres wird in Deutschland auch die Diskussion um den HIV-Heimtest verstärkt geführt.

HIV-HEIMTESTS

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Z7 HERAUSFORDERUNGEN 2017 - Bundestagswahl 2017

BUNDESTAGSWAHL 2017

Vielfältig statt einfältig wählen!Die nächste Bundestagswahl wirft ihre Schat-ten voraus. Damit werden auch die Karten hinsichtlich der Positionierung Deutschlands im weltweiten Kampf gegen die HIV-Pandemie neu gemischt. Denn inwieweit sich Deutsch-land engagiert, die 90-90-90-Ziele1 der Ver-einten Nationen zu erreichen, ist letztlich eine politische Frage, für die wir, die Wäh-ler_innen, auch bei der Bundestagswahl die Weichen stellen werden.Doch auch die Frage, in was für einem Land wir selbst leben wollen, sollte bei der Wah-lentscheidung einer/eines jeden einzelnen von uns eine Rolle spielen. Der Lesben- und Schwulenverband LSVD berichtet von einer deutlichen Zunahme homo- und transpho-ber Straftaten 2016 in Deutschland. Eine ak-tuelle Umfrage der Antidiskriminierungsstel-le des Bundes belegt, dass subtile Formen der Abwertung gegenüber homo- und bisexu-ellen Menschen durchaus bei einem nicht un-erheblichen Teil der deutschen Bevölkerung vorhanden sind. Wollen wir aber eine Gesell-schaft, in der „Angst“ und „Wut“ einer sich abgehängt fühlenden Minderheit

1 Bis 2020 sollen 90 % al-ler HIV-Infizierten weltweit ihren HIV-Status kennen, 90 % aller Diag-nostizierten sollen Zugang zur Be-handlung haben, und 90 % aller Be-handelten sollen eine Viruslast unter der Nachweisgrenze aufweisen. Diese „Sofortziele“ sind zentrale Zwischen-schritte, um das globale Ziel einer Be-endigung der globalen AIDS-Epidemie bis 2030 zu erreichen.

unsere pluralistische und weltoffene Werte-gemeinschaft in Frage stellen?Sind auch Ihnen simple Antworten auf kom-plizierte Problemlage zu einfach? Machen auch Ihnen die stereotypen Bilder von Män-ner- und Frauenrollen, von „Familie“, „Nation“ und „Volk“, die zunehmend wieder aus der Mottenkiste gezogen werden, mehr Angst als die natürliche Vielfalt moderner Gesellschaf-ten? Dann sollten Sie sich vielleicht einem Ak-tionsbündnis „Vielfalt statt Einfalt“ anschlie-ßen, wie es sie in Rheinland-Pfalz aktuell in Mainz und in Trier gibt. Das Trierer Aktionsbündnis „Vielfalt statt Ein-falt“ wird am 11. Mai mit Prof. Uwe Sielert ei-ne der Koryphäen der Sexualpädagogik zu Gast haben. Prof. Sielert wird in der VHS am Domfreihof einen Vortrag halten zum Thema „Frühsexualisierung, Gederwahn – was ist ei-gentlich dran?“ Kommen Sie gerne zum Vor-trag und diskutieren Sie mit uns – und überle-gen Sie sich gut, wo Sie im Herbst dieses Jah-res Ihre Kreuzchen machen werden!

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8 COVER STORY - 550 Gründe gegen das Vergessen

550 GRÜNDE GEGEN DAS VERGESSEN.

Wenn sich in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ein Mensch mit HIV infiziert hat, so kam dies in den meisten Fällen einem „Todesurteil“ gleich. Viele junge und scheinbar „gesunde“ schwule Männer verloren den Kampf gegen ein damals nicht effektiv behandelbares und damit todbringendes Virus bzw. die dadurch verursachte Immunschwächekrankheit AIDS.

Wenn bereits „Gesunde“ in ei-nem solchen Ausmaß betrof-fen waren, war eine HIV-Infekti-on für anderweitig vorerkrankte Menschen umso dramatischer.

Was heute oft vergessen wird: In den Anfangsjahren der HIV-Epi-demie zählten in Deutschland nicht nur Männer, die Sex mit Männern hatten, und intra-venös Drogen gebrauchende Menschen zu den HIV-Haupt-betroffenengruppen, son-dern ebenfalls die so genann-ten „Bluter“ (Hämophile) und

Menschen mit dem Von-Willebrand-Syn-drom. Wer an einer dieser angeborenen Blutgerinnungsstörungen leidet,

ist auf industriell herge-stellte Blutfaktorpräpa-rate angewiesen, um ein zumindest annähernd „normales“ Leben führen zu können.Bereits seit 1982 war be-kannt, dass HIV über Blut übertragen werden konnte. Seit 1984 stand der HIV-Antikörpertest als Nachweisverfahren für HIV-infizierte Blut-spenden zur Verfügung, 1985 wurde die Kontrol-le aller Blutspenden ge-setzliche Pflicht. Der „ei-gentliche“ Skandal be-stand jedoch darin, dass die Pharmaindustrie zwi-

schen 1982 und 1985 auch auf

durchaus verfügbare Maßnahme zur Risikoreduktion verzichtete: Da Menschen für eine Blutspen-de Geld erhielten, nutzten auch viele HIV- und Hepatitis-C (HC-V)-infizierte i.v.-Drogengebrau-cher_innen die Gelegenheit, sich über eine Blutspende etwas Geld hinzuzuverdienen. Ein sys-tematischer Ausschluss von „Ri-sikospenden“, wie er in späteren Jahren üblich wurde, fand nicht statt. Ebenfalls wurde auf die flä-chendeckende Anwendung von Virus-in-aktivierungsverfahren verzichtet. Da Blutspenden au-ßerdem in so genannten „Pools“ gesammelt wurden, reichte mit-unter eine infizierte Spende aus, um eine ganze Charge an Blut-produkten zu kontaminieren.In der Folge infizierten sich vie-le der auf Blutfaktorpräpara-te angewiesenen Menschen mit

HIV, HCV oder sogar bei-den Infektionen. Es dau-erte dann allerdings noch einmal zehn Jahre, bis die Betroffenen 1995 die Ver-abschiedung des HIV-Hil-fegesetzes durch den Deut-schen Bundestag erstreiten

Die Überlebenden des Blutskandals der

80er-Jahre müssen heu-te wieder um ihre Ent-schädigung kämpfen!

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9 COVER STORY - 550 Gründe gegen das Vergessen

konnten. Das Gesetz beschloss die Gründung der „Stiftung Hu-manitäre Hilfe für durch Blut-produkte HIV-infizierte Per-sonen“, also eines Hilfs- und Entschädigungsfonds für die HIV-infizierten Opfer des Blut-

spende-Skandals – wohl gemerkt nur

der HIV-infizier-ten Opfer, denn die auf gleichem Wege infizierten HCV-infizierten Menschen ge-hen bis heute leer aus.Für viele HIV-in-fizierte Bluter und Von-Wil-lebrand-Pati-ent_innen kam diese Hilfe zu

spät. Die heutige antiretrovira-le Kombinationstherapie kam erst 1996/97 auf den Pharma-ziemarkt! Auch wenn sich die ersten dieser Medikamente da bereits in der Entwicklungspi-peline befanden, war die spä-tere Erfolgsgeschichte der HIV-Therapie zum damaligen Zeitpunkt nicht abzuschätzen. Bei der Festlegung der Höhe des Hilfs- und Entschädigungs-fonds ging man daher von ei-ner „Restlebenserwartung“ der betroffenen Personen von etwa 10 Jahren aus.Heute, also bereits 22 Jahre nach Gründung des Fonds, le-ben immer noch etwa 550 Men-schen, die durch den Blutspen-de-Skandal der 80er Jahre HIV- und/oder HCV-infiziert wurden. Doch das Geld des Hilfsfonds ist 2017 aufgebraucht. Wie wird es dann weitergehen für die betroffenen Menschen?Prinzipiell wäre ein Wiederauf-füllen des Fonds durch eine

Zustiftung möglich. Der Hilfs-fonds für die Opfer des Cont-ergan-Skandals liefert hierfür einen Präzedenzfall. Doch bis-lang zeigen Bundesregierung und Bundestag nicht den po-litischen Willen, für die HIV- und HCV- infizierten Opfer des Blutspende-Skandals eine ver-gleichbare Lösung zu suchen.Somit bleibt den ohnehin oft durch ihre Grunderkrankun-gen und die Langzeit-HIV/HCV-Infektionen beeinträch-tigen Menschen nichts ande-res übrig, als wieder einmal um ihre Rechte zu kämpfen. Ge-

meinsam mit der Deutschen AIDS-Hilfe, der Interessensge-meinschaft Hämophiler (IGH) und der Deutschen Hämophi-liegesellschaft (DHG) fordern sie:• eine lebenslange Zahlung

für die HIV-infizierten Opfer durch eine entsprechende

Aufstockung der Stiftungs-gelder,

• die Berücksich-tigung von Inflations-rate und krankheits-bedingtem Mehr-aufwand (beides ist bislang nicht der Fall!) und• die angemesse-ne Entschädigung der HCV-infizierten Opfer.Mit dem provokanten Slogan „Entschuldigt, dass ich noch lebe!“ informieren die Be-troffenen und ih-re Verbündeten vie-lerorts die Menschen über die Situation und sammeln Un-terschriften für eine entsprechende Peti-tion. Bis zur Bundes-tagswahl 2017 sollen

auf diesem Wege mindestens 50.000 Unterschriften gesam-melt und dann an Bundeskanz-lerin Angela Merkel und Vize-kanzler Sigmar Gabriel sowie die Mitglieder des Deutschen Bundestages übergeben wer-den.

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10 COVER STORY - 550 Gründe gegen das Vergessen

Wenn Sie die Petition mit Ihrer Unterschrift un-terstützen möchten, können Sie dies auch on-line unter folgendem Link: https://www.change.org/p/kersten-steinke-fortführung-der-entschä-digungszahlung-an-durch-blutprodukte-hiv-infi-zierte-personen

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TERM

INE

IN T

RIER

jeden Mittwoch 17-19 Uhr

Beratung im SCHMIT-Z

am 1. Sonntag des Monats

Sonntagsfrühstückin der

Aids-Hilfe Trier

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Z11 Termine Landau

TERMINE IN MAINZ INFOVERANSTALTUNG ZUR “REGENBOGENPFLEGE”

Am Freitag, den 10. März 2017 um 19 Uhr wird der Verein „Buntes Leben im Alter e.V.“ in der Drogen- und Jugendhilfe Landau e.V. einen Vortrag zum Thema Regenbogenpflege anbieten. Peter Gehweiler vom Frankfurter Verband wird allen Interessierten einen Einblick in die Initiative Regenbogenpflege geben und erklären, was darunter zu verstehen ist und welche Ansätze/ Projekte es hierzu in Frankfurt bereits gibt.

Der Frankfurter Verband ist der größte Trä-ger sozialer Einrichtungen in Frankfurt/Main und erste Adresse, wenn es um Belange der Frankfurter Senioren geht. Im Nachgang einer Fachtagung, die sich mit dem Thema „Älte-re Homosexuelle im Pflegeheim“ beschäftig-te, entstand vor über 10 Jahren die Initiative, die durch ihr Wirken dazu beitragen will, dass Pflegeeinrichtungen sich mit dem Thema be-fassen und ihren Bewohnern ein diskriminie-rungsfreies Umfeld und möglichst selbstbe-stimmtes Leben auch bei Pflegebedürftigkeit anbieten. So gibt es in Frankfurt zum Beispiel seit 2014 zwei Einrichtungen des Verbandes, die mit dem „Regenbogenschlüssel“ des nie-derländischen Konsortiums „Roze 50+“ aus-gezeichnet und zertifiziert sind und damit zeigen, dass Homosexuelle dort ein Zuhau-se ohne Angst vor Diskriminierung oder Aus-schluss finden.

Weitere Informationen zur Initiative findet man auf deren Homepage www.regenbogen-pflege.de.

UB

mittwochs und donnerstags 10-13 Uhr

Info-Caféin der

Uni-Klinik Mainz

MainzAidsHilfe

Dienstag, 4. April 2017

Benefizin Mainz

MainzAidsHilfe

von Ralph BenatzkyOperette

ImWeissenRössl

. April Staatstheater Mainz

MainzAidsHilfe

für die

Staatstheaters MainzBenefizveranstaltung

des

Dienstag4. April 17

Grosses Haus

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Z12 Welt-Aids-Tag 2016 in Mainz - Rückblick

RÜCKBLICK WELT-AIDS-TAG 2016 IN MAINZ

Alle Jahre wieder ... begehen wir den Welt-Aids-Tag. Neben den vielen Informationen, die uns über Viren und ihren Über-tragungswegen begegnen, geht es in diesem Jahr um das Motto:

Viele der betroffenen Menschen in Deutschland, die mit HIV infiziert oder an Aids erkrankt sind, können mittlerweile sehr gut damit leben, da es sehr gute Me-dikamente gibt, die bei der Behandlung zum Einsatz kommen. Dadurch haben Betroffene erfreulicherwei-se eine normale Lebenserwartung und können, wie je-der andere Mensch auch, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Diese Teilnahme wird aber betroffenen Menschen größtenteils durch Zurückweisung und Dis-kriminierung verwehrt. Die Ursachen dafür sind Vor-urteile, Unwissen, aber auch unbegründete Ängste vor einer Ansteckung mit HIV.Bei den diesjährigen Veranstaltungen der Mainzer Aids-Hilfe ging es neben Informationsvermittlung zu HIV, Aids und anderen sexuell übertragbaren Infekti-onen auch um den Abbau von Vorurteilen, eventuelle Wissenslücken zu schließen und Ängste vor einer An-steckung mit HIV zu beheben.Den Auftakt zum Welt-Aids-Tag machte die

Strassenaktion: Prominente vertei-len rote Schleifen“

die am Samstag, vor dem 1.Dezember im Kirschgarten der Mainzer Altstadt über die Bühne ging. Schon seit Jahren findet diese Aktion am ersten Adventswochenende statt. Jeder, der an diesem Tag durch die Mainzer Altstadt ging, konnte die Mainzer Beratungs-stelle leicht entdecken, die mit einem gro-ßen roten Pavillon ausgestattet war. An einem Präventions– und Informationsstand ver-teilten haupt- und ehrenamtliche Mitarbei-ter die neuesten Informationen zu HIV, Aids und sexuell übertragbaren Infektionen an die

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Z13 Welt-Aids-Tag 2016 in Mainz - Rückblick

interessierten Teilnehmer. Dabei war das Interesse an den neuesten Präventionsverfahren wie Präexpositi-onsprophylaxe und Schutz durch Therapie sehr groß.Neben den vielen Informationen rund um HIV und dessen Übertragungswege kam auch das allseits be-liebte Glücksrad zum Einsatz, bei dem viele ihr Glück versuchten, um einen der interessanten Preise zu ge-winnen.

Aber was wäre die Straßenaktion ohne Prominente, die die Aids-Hilfe Mainz seit Jahren mit Präsenz und Engagement unterstützen. In diesem Jahr waren die rheinland–pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen, die rheinland-pfälzische Politikerin von Bündnis 90 / Die Grünen Tabea Rößner, der Oberbürgermeister der Stadt Mainz Michael Ebling, David Dietz von der FDP, die Ortsvorsteherin von Mombach Dr. Eleonore Lossen-Geißler, Daniel Köbler vom Bündnis 90 / Die Grünen, die Leiterin der Leitstelle für Ehrenamt und Bürgerbeteiligung Dr. Johanna Becker und noch vie-le mehr vor Ort, die sich unter die Bevölkerung bega-ben und für die Beratungsstelle Spenden sammelten.

Prävention in der Schule am Welt-Aids-Tag

Direkt am Welt-Aids-Tag hatte der Präventionsmitar-beiter der Aids-Hilfe Mainz eine Aktion in der Berufs-bildenden Schule 3 in Mainz.Einige Wochen vorher hatte Thomas Becker die Idee eine Schulveranstaltung direkt am 1. Dezember zu halten. Auf der einen Seite sollte es eine ganz nor-male Präventionsveranstaltung sein, wie er sie im-mer vor Schulklassen hält. Auf der anderen Seite woll-te Becker das Motto des diesjährigen Welt-Aids-Tags „Ich kann positiv zusammenleben. Du auch?“ mehr

in die Öffentlichkeit bringen, um Zurückwei-sung und Diskriminierung von HIV-positiven und an Aids erkrankten Menschen entgegen zu wirken. In Absprache mit dem Lehrer der Berufsfachschulklasse plante der Präventio-nist eine Veranstaltung aus beidem. Im ers-ten Teil der Veranstaltung ging es um die The-men Was ist HIV?, Was ist Aids?, Wie werden HIV und andere sexuell übertragbare Infekti-onen übertragen? und Wie kann man sich da-vor schützen?. Im zweiten Teil erzählte Be-cker von seinem Arbeitsalltag und wie schwer manche Betroffenen es haben in ihrem sozia-len Umfeld Fuß zu fassen, wenn es davon er-fährt, das er/sie HIV-positiv ist, und Zurück-weisung und Diskriminierung die Folge sei, weil man Angst habe sich mit dem Virus zu in-fizieren. Aus Angst vor negativen Folgen wür-den viele Betroffene ihre Infektion nicht of-fenlegen, sondern für sich behalten. Der Präventionist verdeutlichte den Schüler/innen, dass Zusammenkommen mit HIV-Infi-

zierten weder am Arbeitsplatz, in der Schule, noch bei Freizeitaktivitäten, wie Sport oder

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Z14 Welt-Aids-Tag 2016 in Mainz - Rückblick

bei Kinobesuchen etc. vollkommen ausgeschlossen sei und dass man mit betroffenen Menschen genau-so umgehen kann, wie mit seinem herkömmlichen Be-kanntenkreis und sozialem Umfeld.Die Klasse war sehr aufgeschlossen, interessiert an den Themen und bedankte sich bei dem Mitarbeiter der Beratungsstelle für die gute Veranstaltung.Damit die breite Öffentlichkeit auch von der Aktion et-was mitbekam, brachte Becker eine Mitarbeiterin der Mainzer Allgemeinen Zeitung mit zur Veranstaltung, die am nächsten Tag einen großen Artikel in ihrer Zei-tung veröffentlichte.

Lesung mit Mathias Gerschwitz am 1.De-zember im LoMo

Was den Mit-arbeiter der Aids-Hilfe Mainz besonders er-freute, war, dass die Lesung mit Mathias Ger-schwitz am Welt-Aids-Tag statt-fand. Diese Ver-anstaltung, bei der der Autor sei-ne beiden Bücher Endlich mal was Positives Band 1

& 2 vorstellte, war schon seit einem Jahr geplant und ging nun in der Buchbar LoMo über die Bühne. Auch der Autor hatte das Motto des diesjährigen Welt-Aids-Tags „Ich kann positiv zusammenleben. Du auch?“ mit in die Veranstaltung einbezogen, die unter den The-menschwerpunkten lief,

• Wie war das damals, als das Testergebnis kam?• Wie geht man selbst, wie gehen Freunde und Fami-

lie damit um?• Wie ist das heute, mit Therapie und neuesten wis-

senschaftlichen Erkenntnissen?• Wie gehen Medien und Gesellschaft mit der Infek-

tion und den Infizierten um?• Wie sieht die Lebenswirklichkeit HIV-positiver

Menschen aus?

• Was wird die Zukunft bringen?Zur Lesung kamen 20 Teilnehmer/innen, die auf die Veranstaltung durch die Medien wie Presse und Radio aufmerksam wurden.Viele Teilnehmer interessierten sich haupt-sächlich dafür, wie das soziale Umfeld mit der HIV – Infektion des Autors umgeht, und stell-ten dazu Fragen, auf die er gerne während der Veranstaltung und nach der Lesung in einer Diskussionsrunde einging.Diese Veranstaltung wurde von der Landes-zentrale für Gesundheitsförderung in Rhein-land-Pfalz e.V. und der Lotto Stiftung Rhein-land-Pfalz unterstützt.

TB

NACHLESE - SCHULFILMTAGE

Die Veranstaltungen am 6. und 7. Dezember 2016 waren wieder ein voller Erfolg. An den beiden Tagen sahen 604 Mainzer Schülerin-nen und Schüler die angebotenen Film im Ci-nestar Mainz.

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Z15 AH Arbeitskreis Ludwigshafen

Wir bieten neben der telefonischen sowie persön-lichen Beratung in unseren Räumlichkeiten mit Schwerpunkt HIV/AIDS, STI und Safer-Sex zusätz-lich Rechtsbeihilfe. Außerdem sind wir Anlaufstelle für Neuinfizier-te und bieten Betreuung und Begleitung für Men-schen, die mit HIV/AIDS leben, an. Für unsere Mit-glieder und die allgemeine Bevölkerung gibt es folgende Angebote:

REGENBOGENCAFÉ UND TAFEL

Jeden Donnerstag findet unser geselliges Regen-bogencafé statt. Neben kühlen und heißen Ge-tränken sowie selbstgebackenen Kuchen findet in gemütlicher Runde ein intensiver Austausch statt. Parallel zum Café findet aller zwei Wochen unsere Tafel statt. Lebensmittel werden kostenlos für un-sere Bedürftigen zum Mitnehmen angeboten.

ABENDESSEN UND SPIELEABEND

Donnerstags am Ende jeden Monats kochen unse-re Ehrenamtlichen ein leckeres Abendessen, wel-ches im Anschluss des Cafés stattfindet. Unser be-liebter Spieleabend findet immer am 3. Samstag des Monats statt. Neben Karten- und Würfelspie-len werden ebenfalls eifrig Gesellschaftsspiele ge-spielt. Davor gibt es einen warmen Imbiss zur Stär-kung. Auch diese Angebote sind kostenlos – eine

Spende ist immer willkommen. Wir bitten um te-lefonische oder schriftliche Anmeldung, damit wir besser kalkulieren können.

GAY & GREY

Unsere „reifen“ Männer verabreden sich immer am ersten Mittwoch im Monat meist im „Andech-ser“ in Ludwigshafen. Kino- und Theaterbesuche sowie Ausflüge zu Events und diversen Veranstal-tungen stehen ebenfalls auf dem Programm.

ENTSPANNUNGSGRUPPE

Du hast Interesse an leichte Joga-Übungen, pro-gressive Muskelentspannung, Gesichtsmasken zum selber machen oder eine Massage? Wenn ja, dann komme zu unserer Entspannungsgruppe. Neben einer beruhigenden Atmosphäre mit Mu-sik, Kerzen und Räucherstäbchen gibt es Grünen Tee. Wir bitten um schriftliche oder telefonische Anmeldung.

REGENBOGENTREFF IM KLINIKUM

Alle 14 Tage dienstags sind wir im Klinikum der Stadt Ludwigshafen. Es ist für alle gedacht, denen es aufgrund ihres Krankenhausaufenthaltes nicht möglich ist, zu uns zu kommen. Treffpunkt ist im-mer in der Medizinischen Klinik A, Haus D Infekti-onsambulanz.

AIDS-HILFE, ARBEITSKREIS LUDWIGSHAFEN E.V.

TERMINÜBERSICHT FÜR FEBRUAR UND MÄRZ 2017

Regenbogencafé 15:00 - 18:30 Uhr *mit Tafel02.02. + *09.02. + 16.02. + *23.02.

+ 02.03. + *09.03. + 16.03. + *23.03. + 30.03.

Regenbogentreff im Klinikum 16:00 - 18:00 Uhr 14.02. + 14.03. + 28.03.

GAY & GREY ab 19:00 Uhr (Immer 1. Mi im Monat) 01.02. + 01.03.

Entspannungsgruppe 16:00 - 18:00 Uhr 21.02. + 21.03Spieleabend 18.02. + 18.03.Abendessen ab 18:30 Uhr nach dem RBC 23.02. + 23.03.

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Z16 SEXARBEIT IN TRIER

SEXARBEIT IN TRIER

Trier: Gesundheits- und Informationsportal “sexarbeit-trier.de“ zum Thema “Prostitution“ geht in sechs Sprachen onlineUm den Frauen in der Sexarbeit zu helfen und ihnen ein verstärkt eigenständiges Leben und Arbeiten zu ermöglichen, haben die AIDS-Hilfe Trier und das Gesundheitsamt Trier-Saarburg eine für Mobilgeräte optimierte Website konzipiert.

Sexarbeit oder Prostitution gehört sicherlich zu den Themen, über die nur wenige Menschen „of-fen“ reden und über die doch alle Menschen ei-ne Meinung zu haben scheinen. Das gesellschaft-liche Bild auf Sexarbeiterinnen ist von verschie-densten Vorurteilen geprägt: die einen sehen in den Frauen „Opfern“ von Menschenhandel,

Zwangsprostitution oder zumindest einer patriar-chal-sexistisch gepräg-ten Gesellschaft; die an-deren halten sie für ei-ne Art „Blitzableiter“ für die sexuellen Triebe der Männer, wodurch wie-derum „andere“ Frauen weniger Angst vor sexu-ellen Übergriffen haben

müssten.Mit der Lebens- und Arbeitsrealität der Sexarbei-terinnen hat dies selbstverständlich nicht allzu viel zu tun. In Wirklichkeit stammen viele Sexar-beiterinnen, die in Rheinland-Pfalz tätig sind, aus osteuropäischen Ländern und arbeiten auf der Grundlage der EU-Freizügigkeitsregelungen. Prostitution ist ihre „tagtägliche“ Arbeit, die sie meist nicht ein Leben lang ausführe wollen, in der sie aktuell aber mehr Geld verdienen können als in vielen anderen Tätigkeitsfeldern.Nichtsdestotrotz: Sexarbeit ist keine „Arbeit wie jede andere“. Die Frauen erleben Diskriminierung und sind mitunter einem harten Konkurrenz-kampf ausgesetzt. Auch die Auseinandersetzung

mit alkoholisierten und/oder gewaltbereiten Kunden sowie Ängste vor ungewollter Schwan-gerschaft oder HIV-Infektion etwa bei einem ge-rissenen Kondom gehören ebenfalls zur Arbeit dazu.Zwar gibt es sie, die selbstbestimmten und selbstverantwortlichen „Huren“, die sich für die Rechte der Sexarbeiterinnen und für Entstigma-tisierung einsetzen. Doch längst nicht alle Frau-en in der Sexarbeit können so selbstbewusst mit ihrer Arbeit und ihrer eigenen Biographie umge-hen. Manche verfügen nur über eingeschränkte Deutschkenntnisse, einige tun sich auch in ihrer Muttersprache mit Lesen und Schreiben schwer. Hinzu kommt, dass es eine große Fluktuation gibt und die Frauen zum Teil nur ein bis zwei Wo-chen in einer Stadt bleiben. Da jede Kommune ihre eigenen Regeln etwa bzgl. Sperrgebiet, Ver-gnügungssteuer oder kostenfreien Test- und Be-ratungsangeboten durch den ÖGD (Öffentlichen

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Gesundheitsdienst) hat, fällt es vielen Frauen schwer, den „Behörden- und Bürokratie-Dschun-gel“ zu überblicken. Um den Frauen in der Sexarbeit zu helfen und ih-nen ein verstärkt eigenständiges Leben und Ar-beiten zu ermöglichen, haben die AIDS-Hilfe Trier und das Gesundheitsamt Trier-Saarburg eine für Mobilgeräte optimierte Website konzipiert.

www.sexarbeit-trier.de

Hier finden die Frauen speziell auf die Stadt Trier und den Landkreis Trier-Saarburg zugeschnitte-ne Informationen über gesundheitliche, rechtli-che und andere für sie relevante Aspekte ihrer Arbeit. Dass die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland das Projekt gerade im Rahmen der Selbsthilfe fi-nanziell fördert, kommt auch nicht von ungefähr:

Zwar liegt die Projektbetreuung bei AIDS-Hilfe und Gesundheitsamt und für die textliche und technische Umsetzung ist mit hedora eine ver-sierte Trierer Web- und Textagentur gewonnen worden; doch die Inhalte und ihre Strukturierung sind partizipativ mit verschiedenen Akteur_in-nen aus der Sexarbeit (v.a. Sexarbeiterinnen und Clubbetreiber_innen) entwickelt worden. So wurde eine ursprünglich geplante französi-sche Sprachfassung auf Anregung der Sexar-beiterinnen zugunsten einer spanischen Versi-on zurückgestellt. Außerdem wurde eine Rubrik „SOS“ mit Notfall-Telefonnummern ergänzt und

es wurden verschiedenste Informationen und Frage-Antwort-Kategorien aufgenommen, die den „Expert_innen in eigener Sache“ besonders wichtig waren.Die Homepage ist im Dezember online gegangen – erst einmal nur in Deutsch, die Sprachen Eng-lisch, Rumänisch, Bulgarisch, Spanisch und Rus-sisch werden gerade sukzessive „nachgerüstet“. Die Texte sind audiovisuell aufbereitet und kön-nen in den einzelnen Sprachen vorgelesen wer-den, um auch weniger im Lesen und Schreiben geübte Frauen erreichen zu können. Außerdem findet im Rahmen aufsuchender Arbeit und in Zusammenarbeit mit den Clubbetreiber_innen eine Bewerbung des Angebotes statt.Noch hat das Projekt ein paar „Kinderkrankhei-ten“: Die bulgarische Lesefassung will noch nicht richtig laufen, die Liste der Hilfs- und Beratungs-

stellen muss noch etwas übersichtlicher aufge-baut werden und andere „kleine“ Dinge mehr. Wir arbeiten daran – und darüber hinaus: Denn 2017 tritt das neue Prostituiertenschutzgesetz in Kraft, was eine Aktualisierung einzelner Seiten-inhalte nach sich zieht. Außerdem sind ungari-sche und eine polnische Text- und Audiofassun-gen in Planung, ebenso wie eine Unterseite für die Kunden der Sexarbeiterinnen. Wir werden Sie selbstverständlich hier im Newsletter informie-ren, wie es im Projekt weitergeht.

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RÜCKBLICK - WELT AIDS TAG IN LANDAU

Viel los am Welt-Aids-Tag in Landau ...Viel stand an den Tagen rund um den Welt-Aids-Tag für unser kleines Team in Landau an. Gestartet wurde nicht erst am 1.Dezember direkt, sondern die Vorbereitungen starteten schon einiges früher. Im Team klärten wir, welche Veranstaltungen für uns denkbar wären und wie man sie zeitlich verteilt, zum Beispiel wollten wir in diesem Jahr gern einen Infostand in der Öffentlichkeit am 1.Dezember organisieren. Und als dann die diesjährigen Aids-Teddys bei uns eintrafen, kamen wir auf die Idee, sie schön zu verpacken, anstatt sie einfach nur so am Infostand zu platzieren. Wir fragten einen uns bekannten DM-Markt an, ob wir am Welt-Aids-Tag dort einen Stand machen dürfen und ob sie uns Produktproben zur Verfügung stellen würden. Der DM-Markt in Bad Dürk-heim fand die Idee genauso toll und unter-stützte uns bei dieser Aktion. Auch der Markt in Landau fand unsere Idee super, leider ist die Fläche dort so begrenzt, dass in der Weih-nachtszeit kein Infostand möglich war. Dafür durften wir uns aber noch Proben beim Fri-seurteam Schmidt/Bergau in Neustadt abho-len. Dieser Salon unterstützt uns schon seit Jahren und war so sofort dabei, als wir nach-fragten, ob sie ihren Kunden verpackte Bär-chen gegen eine Spende offerieren würden. Ein großes Dankeschön geht an unser Vor-standsmitglied Alice, die unzählige Bärchen wunderschön verpackte!!! Aufgrund der guten Erfahrungen vom letzten Jahr wollten wir auch wieder einen Brunch am Wochenende veranstalten, zu dem neben den örtlichen Politikern natürlich auch alle ande-ren herzlich eingeladen waren. Dafür muss-ten zwar unzählige Briefe verfasst und ver-schickt werden, aber die Resonanz von Sei-ten der Politiker war klasse!! Viele sagten zu, uns am Tag des Brunches einen Besuch abzu-statten und diejenigen, die leider schon an-dere Termine hatten, ließen sich rote Schlei-fen schicken und zeigten damit ihre Solidari-tät mit den Menschen, die von HIV oder Aids betroffen sind.

Dazu kamen noch ein Termin, der seit einigen Jahren einen festen Platz in unserer Planung zum WAT hat – der Präventionstag des Kran-kenhauses Pirmasens. Noch Präventionsver-anstaltungen eingeplant und der Terminka-lender war voll. Natürlich haben wir auch bei der regionalen Presse angeklopft und beim lokalen Radiosender O-Töne eingesprochen und schon konnte der Welt-Aids-Tag kommen.Der Oberbürgermeister der Stadt Landau be-

suchte uns anlässlich des WAT bereits am 30.11. in der Einrich-tung und wir konnten ihm einiges über un-sere Arbeit berichten. Er war sehr interes-

siert und es war ein tolles, angenehmes Ge-spräch! Der Welt-AIDS-Tag startete mit einem sehr guten Artikel im Regionalteil der Rhein-pfalz. Unser Büro war an diesem Tag natür-lich besetzt, aber leider war die direkte Reso-nanz sehr gering. Das gleiche Bild zeigte sich leider auch bei dem Infostand im DM-Markt Bad Dürkheim. Bis auf die Kinder traute sich keiner so richtig an den Stand, da half auch nettes Zureden meist wenig. Nichtsdestotrotz finden wir es wichtig, weiter dran zu bleiben, denn wenn wir nach solchen Erfahrungen auf-hören uns in der Öffentlichkeit zu präsentie-ren, werden die Menschen nicht mit unserem Thema konfrontiert und lassen sich Vorurtei-le nicht abbauen! Am Sonntag, den vierten Dezember, fand dann unser Welt-Aids-Tags-Brunch statt. Al-le Team- und Vorstandsmitglieder hatten ein

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Z19 LANDAU - Welt Aids Tag

buntes Büffet zusammengestellt und so konn-ten sich die fast 40 Gäste aus vielen Dingen et-was heraussuchen und schmecken lassen. Ne-ben Stammgästen konnten wir auch einige neue Gesichter begrüßen und erfreulicherweise ka-men mit Herrn Lerch von der CDU-Stadtrats-fraktion Landau, dem ersten Kreisbeigeordne-ten des Kreises Germersheim Herrn Seefeldt und dem SPD-Landtagsabgeordneten Herrn Schwarz auch einige Politiker vorbei und zeigten so ih-re Verbundenheit mit dem Tag und mit unserer Einrichtung. Auch viele unserer wunderbar ver-packten Bären fanden an diesem Sonntag ein neues Zuhause. Als Einrichtung ist es uns wichtig, auch Präven-tionsveranstaltungen im Rahmen des Welt-Aids-Tages durchzuführen – damit begann die neue Woche. Am Montag nach dem WAT hatten wir ei-ne Klasse der BBS Bad Bergzabern zu Besuch und zusammen mit uns konnten viele der Teilneh-mer ihr Wissen zum Thema HIV und dem besten Schutz vor dem Virus mit jeder Menge Spaß er-weitern. Am Dienstag, den 06.12. war unser Kollege Mark bereits zum 5. Mal als Referent bei den Fortbil-dungen am Aids-Tag des Städtischen Kranken-hauses Pirmasens mit einer Einheit zum The-ma HIV-Übertragung und Verhütung eingeladen. Neben den Ausführungen von unserem Kolle-gen gab es einen Vortrag von Herrn Dr. Thomas Rath des Westpfalz-Klinikums in Kaiserslau-tern zu epidemiologischen und medizinischen Themen und zum Abschluss ein Vortrag von Dr. Horst Brenneis über seine jährlichen Aktionen in Kenia zum Thema Beschneidung und andere

Operationen für Jugendliche. Es ist jedes Jahr spannend zu sehen, wie die Schüler auf die Aus-führungen der Referenten reagieren. Eine wirk-lich tolle Veranstaltung, die auch in 2017 weiter-geführt wird! Den Abschluss unseres Veranstaltungsreigens bildete dann am 08.12. eine 4-stündige Fortbil-dung zum Thema HIV und STI im Klinikalltag für die Krankenpflegeauszubildenden des Diakonis-senkrankenhauses in Speyer. Die Schüler*innen stellten viele interessierte Fragen und es kam zu einem regen Austausch über die epidemiologi-schen, medizinischen und pflegerischen Aspek-te bei einer HIV-Infektion, über sexuell übertrag-bare Infektionen (im Speziellen: Hepatitiden) so-wie die Lebenssituation HIV-positiver Menschen in Deutschland.Rückblickend haben sich die Arbeit und der Stress wirklich gelohnt. Sicher gibt es immer wie-der Dinge, die man im nächsten Jahr anders an-gehen oder machen möchte , aber die Reaktio-nen der Teilnehmer und Gäste hat uns gezeigt, dass wir auch ganz viel richtig gemacht haben. Ein großes DANKE geht an alle ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter, die uns bei den Aktionen unterstützt haben, an die Rheinpfalz und Antenne Landau für die tolle Presse, an die Politiker, die hinter uns und unserer Arbeit ste-hen, und natürlich an alle Teilnehmer & Gäste – ohne euch und euren Dank wäre unsere Arbeit umsonst!!

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20 “Cannabis” auf Rezept

CANNABIS AUF REZEPT

Ab dem 19. Januar 2017 können Ärzte schwer-kranken Menschen bei Bedarf cannabishalti-ge Arzneimittel ohne Probleme verschrei-ben. In seiner Sitzung an jenem denk-würdigen Tag hat der Bundestag die entsprechenden Änderungen des Be-täubungsmittelgesetzes beschlos-sen. Dies wurde seit langem ge-fordert und endlich umgesetzt. Gleichzeitig wurde bestimmt, dass die gesetzlichen Kran-kenkassen dafür die Kos-ten zu übernehmen haben. Bisher war das nur mit sehr viel bürokratischem Aufwand mittels eines Be-täubungsmittelrezepts mög-lich.

Wer hat Anspruch?

Anspruch hat jeder, der schwerkrank ist und unter körperlichen Beschwerden leidet, die auf keinem anderen Weg mehr gelindert wer-den können. Dazu gehören:

• chronische Schmerzen• Nervenschmerzen• grüner Star (Glaukom)• ADHS und• Tourette-Syndrom.Andere Anwendungsgebiete sind:• Übelkeit (u.a. bei der Chemotherapie)• Anregung des Appetits bei Krebs- oder Aidspa-

tienten• Rheuma und• spastische Schmerzen bei Multipler Sklerose

Cannabis gehört nun zur sogenannten “Palliativver-sorgung”. Patienten müssen jedoch nicht schulme-dizinisch “austherapiert” sein, um es zu erhalten. Die Entscheidung darüber treffen nun Arzt und Pa-tient gemeinsam.

Nach Angaben im “Alternativen Drogen- und Sucht-bericht” erhalten zurzeit etwa zwischen 5.000-10.000 Menschen bereits eine solche Therapie mit

den Medikamenten Dronabinol™, Nabi-nol™ oder Sativex™. Bereits ab dem Jahr 2011 durften auch

in Deutschland zu- gelassene Arzneimittel auf Can-nabisbasis herge-stellt und verschrie-ben werden (Sati-

vex™ in Deutschland,

Dron- abinol™ und Nabilon™ mussten aus dem Ausland im-portiert werden). Dies

allerdings nur unter gro-

ßem Aufwand auf Betäubungsmittelre-zept und einer Ausnahmegenehmigung durch das Bundesinstitut für Arzneimit-tel und Medizinprodukte (BfArM). Laut Auskunft dieser Behörde verfügen der-zeit etwa 1.020 Patienten über eine sol-che Genehmigung. Das Kraut wurde bei einem niederländischen Unterneh-men bestellt und an eine Apotheke in Deutschland geliefert. Die Betroffe-nen mussten für das Can-nabis selbst bezahlen oder

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,wenn dafür das Geld nicht vorhanden war, sich eben auf dem Schwarzmarkt versorgen. Dies blieb jedoch genauso wie der eigene Anbau il-legal. Nur zwei Patienten erhielten bislang die Erlaubnis für den Eigenanbau von Cannabis. So erlaubte das Kölner Verwaltungsgericht im Jahr 2014 einem chronisch kranken Menschen den eigenen Anbau von Cannabispflanzen.Nach dem Inkraft-treten der Geset-zesänderung kön-nen Patienten nun Cannabisblüten und Cannabisextrakte auf ärztliche Verord-nung als Arzneimittel in der Apotheke be-kommen.Neu im geänderten Betäubungsmittel-recht ist auch, dass der Staat nun zu dem wird, was er bisher mit Unnachgiebig-keit bekämpft hat: Er wird zum Produzen-ten und zum Dealer. Um nämlich die Versorgung mit dem heilsamen Kraut sicher zu stellen, wird eine staatliche “Cannabisagentur” damit be-auftragt, sich um den Import der Arzneimittel zu kümmern. Bei entsprechendem Bedarf wird die Behörde den Auftrag zum Anbau von Hanf zu medizinischen Zwecken erteilen, die Ge-samtproduktion aufkaufen und sie, ohne dabei Gewinn machen zu dürfen, an die Arzneimittel-hersteller weiterverkaufen. Gleichzeitig wird es durch die Änderung des Gesetzes endlich mög-lich sein, die medizinische Wirkung von Can-nabis in standardisierter Art und Weise zu er-forschen, besonders weil auch die gesetzliche Krankenkasse eine wissenschaftlich überprüfte Absicherung der Wirksamkeit von Medikamen-ten fordert, für die sie bezahlen soll.

Eigenanbau bleibt weiterhin illegal

Vom Hanfparadies auf dem heimischem Balkon sind wir jedoch noch weit entfernt. Die Regierung sieht auch nach wie vor die Gefahren eines nicht kontrol-lierten Konsums, drückt dies jedoch mittlerweile et-was beschönigend aus: Sie spricht von der “Gefahr von mangelnden Qualitäts- und Sicherheitskontroll-möglichkeiten”, was sicher auch Sinn macht, da sich

beim selbst angebauten oder beim Dealer um die Ecke besorgten Kiff Wirk-stoffgehalt und Qualität tatsächlich nicht abschät-zen lassen.

Cannabis ist kein Wunderheilmittel

Das Kraut kann Beschwer-den lindern, die Wirkung ist meist jedoch eher mä-ßig. Noch fehlen eindeutige Belege dafür, dass Cann-abis tatsächlich die Wir-kung hat, die Patienten

sich davon versprechen. So gibt es bislang nur spär-liche Hinweise darauf, dass sich Schlafstörungen verbessern, die durch Glieder- und Muskelschmer-zen, Schlafapnoe oder Multiple Sklerose verursacht werden. Auch Belege für den appetitanregenden Ef-fekt bei HIV und Aids sind dünn gesät. Keine ausrei-chenden Belege gibt es jedoch für den Einsatz bei Krebserkrankungen, Reizdarm, Epilepsie oder Spas-tiken infolge von Wirbelsäulenverletzungen. Allerdings können nun die Cannabisarzneimittel mit anderen Medikamenten kombiniert werden, wo-durch unter Umständen die Menge an starken und Abhängigkeit verursachenden Schmerzmitteln redu-ziert werden kann. Die hauptsächlichen psychoaktiven Substanzen in der Pflanze sind das “Delta-9-Tetrahydrocannabi-nol” (THC) und das “Cannabidiol” (CBD). Dies wird dem Körper mit den Arzneimitteln in reiner Form zugeführt. Kritiker meinen dazu jedoch, es sei ähn-lich wie bei den Vitaminen: Nämlich dass es al-lemal besser sei, Obst zu essen, als sich Vitamine

Die Hanfpflanze “Cannabis sativa” ist der pflanzli-che Ursprung von Haschisch und Marihuana.

Der aktivste Wirkstoff THC ist besonders im Harz der Blüte konzentriert.

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in Tablettenform zuzuführen, da das Obst ne-ben den bekannten Wirkstoffen noch unzählig mehr andere Wirkstoffe enthalte, die nur in ih-rer Kombination ihre gesamte Wirkung entfal-ten würden. Beim Hanf ist es wohl nicht anders, mehr als 400 Wirkstoffe können aus der Pflan-ze extrahiert werden und wer weiß schon, wie dadurch eine Wirkung im Körper hervorgerufen wird.Und unser Körper ist eine Wundermaschine! Nichts kann eine Wirkung entfalten, was nicht auf einen empfangsbereiten Rezeptor trifft. Und wo es einen Rezeptor im Körper gibt, muss es auch immer einen Stoff geben, der sich mit ihm verbindet. Bei den Opiaten hat man diese Erkenntnis schon vor langer Zeit gemacht. Der Körper hat nicht nur entsprechende Rezeptoren, sondern stellt auch die “Droge” dafür selbst her (u.a die Endorphine). Auch mit den selbst her-gestellten “Endocannabinoiden” produziert un-ser Organismus Stoffe, die seine speziellen Re-zeptoren (CB1 und CB2) bedienen. Diese findet man im Nervensystem und auch außerhalb des Gehirns, CB2 auch auf den Immunzellen.Noch sind allerdings die Erkenntnisse, wie sich Cannabis im menschlichen Körper auswirkt, bruchstückhaft (eine Folge von der lang andau-ernden Kriminalisierung, die eine Erforschung behinderte). Studien kommen immer wieder zu widersprüchlichen Ergebnissen, mal wirkt’s, mal nicht. Sicher ist, dass die Wirkung von Can-nabis als Freizeitdroge auch stark von den Er-wartungen abhängt, die sich der Konsument er-hofft.

Nebenwirkungen

Die einen vertragen es, andere eben nicht. Am besten und schnellsten wirkt Cannabis, wenn es geraucht wird. Es reizt allerdings die Atemwege und kann die Atmung erschweren. Manche klagen beim “Genuss” über Schwin-del, Übelkeit und trockenem Mund. Auch ein Rauschzustand kann als unangenehm empfun-den werden.Der gleichzeitige Konsum von Alkohol kann ei-nen negativen Gefühlszustand verschlimmern und unter Umständen das Selbstbild des Pati-enten und seinen Realitätsbezug stören.

Allerdings ist kein Ding ohne Gift. Das hat schon Pa-racelsus gewusst. Das gilt selbst für die Alltagsdro-ge Kaffee. Ein Sack Bohnen aus mäßiger Höhe kann erheblichen Schaden anrichten!Außerdem darf nicht übersehen werden, dass alle

anderen Methoden, die für Menschen mit chroni-schen Leiden bisher zur Verfügung stehen, teilwei-se noch gravierendere Nebenwirkungen haben als Cannabis.

Fazit

Ob sich die Damen und Herren des Bundestages vorab selbst von den Effekten des Pflanzenkrauts überzeugt haben und ob das die Abstimmung be-einflusst hat, werden wir wohl nie Erfahrung brin-gen. Schwerkranke Patienten können jedoch auf ei-ne weitere Alternative hoffen, mit der sie ihre Be-schwerden in den Griff bekommen, und ab jetzt auch legal.Alle anderen Gelegenheits- und Freizeitkiffer müs-sen noch etwas warten. So lange jedenfalls, bis die Forschung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Ha-schisch rauchen weniger Risiken birgt als Tabak. Al-le Raucher drücken sich die Daumen, dass dann Zi-garetten nicht auch vom Arzt verschrieben werden müssen.

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Z23 Impressum und Bildnachweis

MITWIRKENDE AM NEWSLETTER

Texte und Redaktion

Bernd Geller AIDS-Hilfe Trier e.V.Ulrike Bischof AIDS-Hilfe Landau e.V. Thomas Becker AIDS-Hilfe Mainz e.V.Frank Kürsten AIDS-Hilfe Mainz e.V.

LAYOUT

Frank Kürsten AIDS-Hilfe Mainz e.V.

Weitere Infos zur Arbeit der AIDS-Hilfen in Rheinland-Pfalz unter

www.aidshilfe-rlp.de

Der nächste Newsletter erscheint im APRIL 2017.

ß https://cdn.pixabay.com/photo/2014/04/17/05/26/skyline-326158_1280.jpg ß http://bilder4.n-tv.de/img/incoming/crop1501871/2161323894-cIm-

g_16_9-w1200/19703046.jpg ß http://www.slantmagazine.com/images/made/assets/house/links_truvada_780_440_90_s_

c1.jpg ß http://positivelite.com/images/stories/marc-andre/2014/sep/prep2.jpg ß http://www.versisinsure.de/wp-content/uploads/2015/11/AV-Kosten-680x380.jpg ß http://www.apotheken-umschau.de/multimedia/52/47/30/117975973905.jpg ß https://www.hivheimtests.de/templates/ad_res_hivheimtest/img/HIV-Heimtest_logo.jpg ß http://www.aidshilfesaar.de/typo3temp/pics/ed94486478.jpg ß http://blog.pantoffelpunk.de/wp-content/uploads/2009/09/btw.png ß http://www.aidshilfe-rlp.de/wp-content/uploads/2016/02/Aktionsbündnis-Viel-

falt-statt-Einfalt.png ß https://assets.change.org/photos/4/bs/bp/KcBsBpTBRObiBKm-800x800-noPad.

jpg?1482155817 ß http://enjoygadgets.ch/wp-content/uploads/2011/03/blood_bag.jpg ß https://waldinadotcom.files.wordpress.com/2015/12/stop-aids-keith-haring.jpg ß http://images4.fanpop.com/image/photos/23200000/Ryan-White-ryan-whi-

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