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Kapitel 7 Disperse Systeme In einer unübersehbaren Zahl technischer Anwendungen tritt eine disperse Phase auf, die aus festen oder fluiden Partikeln besteht. Dabei gilt es beispielsweise Teilchen aus einer kontinuierlichen Phase abzutrennen, wie in Absetzbecken, Zentrifugen oder Zyklonen. In anderen Fällen treten zusätzlich Energie- und Stoffaustausch- vorgänge auf. Dies gilt für Feststoffe, die z.B. in Lösevorgängen, Kristallisationen, Wirbelschichten oder als Katalysatoren in heterogen katalysierten Reaktionen einge- setzt werden. Tropfen finden u .a. bei Flüssig/flüssig-Extraktionen, Sprühtrocknern oder Gaswäschern einen technischen Einsatz. Gasblasen werden in Absorptions- und Rektifikationsprozessen und in zahlreichen Gas/Flüssigkeits-Reaktoren wie Blasensäulen verwendet. Die Energie- und Stoffaustauschvorgänge hängen in starkem Maß von der Re- lativgeschwindigkeit zwischen Partikeln und kontinuierlicher Phase ab, sodass der Partikelbewegung insgesamt eine fundamentale Bedeutung zukommt. Zuverlässige Kenntnisse über die Bewegungsgeschwindigkeiten von Partikeln in ruhenden Flui- den bzw. über die auf Partikeln in strömenden Medien wirkende Widerstandskraft werden daher für eine große Zahl technischer Prozesse benötigt. Zur Berechnung sämtlicher Transportvorgänge an starren oder fluiden Partikeln muss nicht nur die Bewegungsgeschwindigkeit, sondern auch das Strömungsfeld an einer Partikel be- kannt sein. Handelt es sich um fluide Partikeln (Blasen, Tropfen), kann auch im Innern der Teilchen eine Strömung auftreten, die für die Transportprozesse z. T. erhebliche Bedeutung aufweist. Die in den verschiedenen Prozessen zu beobachtenden Partikelformen sind im höchsten Maße unterschiedlich. Dennoch werden in diesem Kapitel vorran- gig kugelförmige Teilchen betrachtet, da hierfür die meisten experimentellen und theoretischen Erkenntnisse vorliegen, die sich grundsätzlich auch auf andere Par- tikelformen übertragen lassen. Andererseits weisen Tropfen und Blasen durchaus zumindest in einigen technischen Anwendungen Kugelform auf. Ziel des Kapitels ist die Erläuterung und Berechnung des Geschwindigkeitsfelds an und in Partikeln sowie des dort auftretenden Stoffübergangs. Zu Beginn wird die Bewegung einzelner fester und fluider Partikeln mathematisch beschrieben und der zugehörige Widerstandsbeiwert eingeführt. Die quantitative Beschreibung des M. Kraume, Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik, 195 DOI 10.1007/978-3-642-25149-8_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

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Page 1: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

Kapitel 7Disperse Systeme

In einer unübersehbaren Zahl technischerAnwendungen tritt eine disperse Phase auf,die aus festen oder fluiden Partikeln besteht. Dabei gilt es beispielsweise Teilchenaus einer kontinuierlichen Phase abzutrennen, wie in Absetzbecken, Zentrifugenoder Zyklonen. In anderen Fällen treten zusätzlich Energie- und Stoffaustausch-vorgänge auf. Dies gilt für Feststoffe, die z. B. in Lösevorgängen, Kristallisationen,Wirbelschichten oder als Katalysatoren in heterogen katalysierten Reaktionen einge-setzt werden. Tropfen finden u .a. bei Flüssig/flüssig-Extraktionen, Sprühtrocknernoder Gaswäschern einen technischen Einsatz. Gasblasen werden in Absorptions-und Rektifikationsprozessen und in zahlreichen Gas/Flüssigkeits-Reaktoren wieBlasensäulen verwendet.

Die Energie- und Stoffaustauschvorgänge hängen in starkem Maß von der Re-lativgeschwindigkeit zwischen Partikeln und kontinuierlicher Phase ab, sodass derPartikelbewegung insgesamt eine fundamentale Bedeutung zukommt. ZuverlässigeKenntnisse über die Bewegungsgeschwindigkeiten von Partikeln in ruhenden Flui-den bzw. über die auf Partikeln in strömenden Medien wirkende Widerstandskraftwerden daher für eine große Zahl technischer Prozesse benötigt. Zur Berechnungsämtlicher Transportvorgänge an starren oder fluiden Partikeln muss nicht nur dieBewegungsgeschwindigkeit, sondern auch das Strömungsfeld an einer Partikel be-kannt sein. Handelt es sich um fluide Partikeln (Blasen, Tropfen), kann auch imInnern der Teilchen eine Strömung auftreten, die für die Transportprozesse z. T.erhebliche Bedeutung aufweist.

Die in den verschiedenen Prozessen zu beobachtenden Partikelformen sindim höchsten Maße unterschiedlich. Dennoch werden in diesem Kapitel vorran-gig kugelförmige Teilchen betrachtet, da hierfür die meisten experimentellen undtheoretischen Erkenntnisse vorliegen, die sich grundsätzlich auch auf andere Par-tikelformen übertragen lassen. Andererseits weisen Tropfen und Blasen durchauszumindest in einigen technischen Anwendungen Kugelform auf.

Ziel des Kapitels ist die Erläuterung und Berechnung des Geschwindigkeitsfeldsan und in Partikeln sowie des dort auftretenden Stoffübergangs. Zu Beginn wirddie Bewegung einzelner fester und fluider Partikeln mathematisch beschrieben undder zugehörige Widerstandsbeiwert eingeführt. Die quantitative Beschreibung des

M. Kraume, Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik, 195DOI 10.1007/978-3-642-25149-8_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012

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196 7 Disperse Systeme

Verhaltens von Partikelschwärmen schließt sich an. Für die Bestimmung des sta-tionären Stoffübergangs an festen und fluiden Partikeln werden abhängig von derStrömungsform dimensionslosen Berechnungsgleichungen erläutert. Abschließendwerden der instationäre Stofftransport an und in Partikeln beschrieben und auf Basisdifferenzieller Bilanzen die resultierenden Berechnungsgleichungen abgeleitet.

7.1 Stationäre Partikelbewegung

7.1.1 Feste Einzelpartikel

Die physikalische Betrachtung feststoffhaltiger Strömungen basiert häufig auf demvergleichsweise einfachen Widerstandsverhalten der Einzelpartikel, wobei als Mo-dellkörper in der Regel die feste Kugel gewählt wird. Daher beginnt dieser Abschnittmit dem Widerstandsverhalten der Einzelkugel.

Die stationäre Partikelbewegung ist auf die Wirkung dreier Kräfte zurückzufüh-ren: die Gewichtskraft FG, die Auftriebskraft FA und die Widerstandskraft FW. Fürkugelförmige Partikeln gilt:

FG = gρPπ

6d3P , (7.1)

FA = gρfπ

6d3P , (7.2)

(7.3)

Gleichung (7.3) stellt die Definitionsgleichung des Widerstandsbeiwerts ζ dar. DieWiderstandskraft setzt sich aus zwei Anteilen zusammen, der Druckkraft undder Reibungskraft. Die Druckkraft resultiert aus der Wirkung der auf die Parti-keloberfläche gerichteten Normalkraft. Die Reibungskraft entsteht aufgrund derWandschubspannungen, die auf die Oberfläche wirken. Die beiden Anteile sind stetsgekoppelt. wP repräsentiert die für den Strömungswiderstand entscheidende Rela-tivgeschwindigkeit zwischen Fluid und Partikel. Die absolute Geschwindigkeit derPartikelbewegung wabs ergibt sich aus der Überlagerung der PartikelgeschwindigkeitwP und der Fluidgeschwindigkeit wf gemäß �wabs = �wP + �wf.

Aus den Gln. (7.1) bis (7.3) ergibt sich gemäß Kräftegleichgewicht Fw = FG−FA

die stationäre Endgeschwindigkeit für kugelförmige Partikeln, die sogenannteBewegungsgleichung:

(7.4)

Für ρP > ρf sinkt der Feststoff zu Boden, während er für ρP < ρf aufsteigt.

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7.1 Stationäre Partikelbewegung 197

Abb. 7.1 Umströmung eineskugelförmigenFeststoffteilchens

Gleichung (7.4) gilt auch in rotierenden Systemen (z. B. Partikelabscheidung imZentrifugalfeld einer Zentrifuge). Dort ist die Erdbeschleunigung durch die Zentri-fugalbeschleunigung az =ω2R zu ersetzen. Außerdem gilt die Bewegungsgleichungallgemein für feste oder fluide Partikeln (Blasen und Tropfen). Während die Pha-sengrenzfläche bei festen Kugeln unbeweglich ist, kann sie bei fluiden Partikelnbeweglich sein. Die besonderen Eigenschaften der Phasengrenzfläche werden durchden Widerstandsbeiwert ζ erfasst (vergleiche z. B. Abb. 7.2 und 7.3.).

Die Umströmung einer festen Kugel zeigt Abb. 7.1 in schematisierter Form. Imdargestellten Fall befindet sich die Kugel in Ruhe und wird von einer Flüssigkeit

Abb. 7.2 Widerstandsgesetz für kugelförmige und nichtkugelförmige Feststoffteilchen

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198 7 Disperse Systeme

Abb. 7.3 Fotografien der Ausbildung eines Ringwirbels hinter einem kugelförmigen Feststoffteil-chen (Taneda 1956 in Clift et al. 1978)

angeströmt. An der Kugelwand gilt aufgrund der Haftbedingung, dass die Flüssig-keitsgeschwindigkeit w(r = R) gleich null ist. Dies ist der entscheidende Unterschiedbei der Bewegung von festen und fluiden Partikeln. Bei fluiden Partikeln treten i.Allg. endliche Geschwindigkeiten an der Phasengrenzfläche auf (s. Abschn. 7.1.2).

Der Zusammenhang zwischen dem Widerstandsbeiwert und der Reynoldszahlwird als Widerstandsgesetz bezeichnet. Er wurde für die Umströmung fester, glatterKugeln theoretisch und weitestgehend experimentell ermittelt und ist in Abb. 7.2dargestellt. Im Bereich der schleichenden Strömung, in dem Druckkräfte gegen-über den Reibungskräften vernachlässigt werden können, gilt das von (Stokes 1851)abgeleitete Widerstandsgesetz:

mit Re = wP dP

νf. (7.5)

Theoretische Überlegungen zeigen, dass dieses Widerstandsgesetz Gültigkeit nur imBereich Re 1 besitzt. Messungen liefern eine exakte Übereinstimmung mit derTheorie im Bereich Re ≤ 0,25.

Die weitere Entwicklung des Widerstandsbeiwerts mit zunehmender Reynolds-zahl wird durch Betrachtung der Partikelumströmung verständlicher. Fotografien derAusbildung eines Wirbels auf der strömungsabgewandten Seite einer festen Kugelzeigt Abb. 7.3. Etwa von Re = 20 löst sich die Strömung von der Kugeloberfläche ab,und es kommt zur Ausbildung eines stationären, laminaren Ringwirbels. Dieser Wir-bel verlängert und verbreitert sich mit steigender Reynoldszahl bis zu einem Wert vonca. Re = 130 (s. Abb. 7.3). Oberhalb Re = 130 wird der Wirbel instationär. Es kommtzu pendelnden Bewegungen der Wirbelspitze sowie zur Ablösung einzelner Wirbel.Von etwa Re = 450 wird die Wirbelablösung regelmäßig, es kommt zum Aufbau

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7.1 Stationäre Partikelbewegung 199

Abb. 7.4 Kármánsche Wirbelstraße. Links: Strömungsvisualisierung aus einem Laborversuch.(Aus Eck 1960). Rechts: Satellitenbild der Wolkenkonfiguration nach Überströmung der RobinsonCrusoe Inseln. (http://eoimages.gsfc.nasa.gov/images/imagerecords/0/625/vortex_lg.jpg)

Abb. 7.5 Strömung um eine Kugel bei Re = 15000 (links) und bei Re = 30000 mit einem sogenannten „Stolperdraht“ (rechts) (Werlé 1980)

der Kármánschen Wirbelstraße (s. Abb. 7.4). Zu diesem Strömungszustand gehörtder so genannte quadratische oder auch Newtonsche Bereich des Widerstandsgeset-zes (103 ≤ Re ≤ 3 × 105) (s. Abb. 7.2). Der weit überwiegende Widerstandsanteilresultiert aus den Trägheitskräften. Da der Widerstandsbeiwert als Verhältnis derWiderstandskraft zur Trägheitskraft gedeutet werden kann, folgt daraus, dass derWiderstandsbeiwert konstant sein muss. Messungen zeigen, dass im NewtonschenBereich etwa gilt:

ζ ≈ 0, 4.

Bis etwa 3 × 105 bleibt der beschriebene Strömungszustand erhalten, lediglich derAblösering bewegt sich geringfügig stromaufwärts in Richtung des Kugeläquators.Oberhalb Re = 3 × 105 wird die Grenzschichtströmung turbulent. Der Ablöseringverschiebt sich weit auf die strömungsabgewandte Seite zurück, das Wirbelgebietverkleinert sich dementsprechend. Der Widerstandsbeiwert fällt von etwa 0,4 beiRe = 3 × 105 auf 0,07 bei Re = 4 × 105 ab. Die turbulent gewordene Grenzschichtnimmt durch Queraustausch mit der Außenströmung Fluidteilchen höherer Ge-schwindigkeit auf und kann deshalb länger an der Kugel anliegen, bevor sie sichablöst. Abbildung 7.5 zeigt das qualitative Ergebnis eines berühmten Versuchs vonPrandtl. Durch Anlegen eines Drahtrings (Stolperdraht) wurde die Grenzschichtkünstlich turbulent gemacht. Der Ablösering verschiebt sich deutlich auf die Kugel-

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200 7 Disperse Systeme

rückseite. Durch diese Verschiebung ergibt sich infolge der Verzögerung der Strö-mung ein Druckrückgewinn auf der Kugelhinterseite, der den Druckwiderstandwesentlich stärker verringert, als der Reibungswiderstand durch die zunehmendeLauflänge bis zum Ablösepunkt zunimmt.

Die bewussteAnfachung der Turbulenz zurVerringerung desWiderstandsbeiwertslässt sich auch durch eine Oberflächenstrukturierung erreichen. Ein prägnantes Bei-spiel hierfür sind Golfbälle, deren Kugeloberfläche mit regelmäßigen Vertiefungenversehen ist. Hierdurch tritt der Abfall des Widerstandsbeiwerts auf einen Wert vonca. 0,25 bereits bei einer Reynoldszahl von etwa 5 × 104 auf, die einer Geschwin-digkeit von ca. 20 m/s entspricht (Bearman und Harvey 1976). Im Ergebnis fliegenGolfbälle daher erheblich weiter als Kugeln ohne Oberflächenstruktur (z. T. bis umden Faktor 3–4).

Zur Beschreibung des gesamten Verlaufs des Widerstandsbeiwerts existiert eineReihe von Berechnungsgleichungen (z. Übersicht (Clift et al. 1978)). Für den ge-samten Bereich Re < 105 kann folgende vergleichsweise einfache Beziehung (Brauerund Mewes 1972) verwendet werden:

ζ = 24

Re+ 4

Re1/2 + 0, 4. (7.6)

Die Abweichungen von den Messwerten einer großen Zahl verschiedener Autorenbetragen maximal 20 % (Clift et al. 1978).

Der geringfügige Nachteil dieser Gleichung besteht darin, dass die Partikel-geschwindigkeit wP gemäß Gl. (7.4) nur iterativ bestimmt werden kann, da dieReynoldszahl in Gl. (7.6) von wP abhängt und wP selbst von dem Widerstandsbei-wert. Dieses Problem kann mit einer zweiten Gleichung (Martin 1980) umgangenwerden

ζ = 1

3

(√

72

Re+ 1

)2

= 1

3

(√

72νfwP dP

+ 1

)2

, (7.7)

die ebenfalls den Messwertverlauf recht gut beschreibt. Gleichung (7.7) besitzt denVorteil, dass aus der Bewegungsgleichung (Gl. (7.4)), welche sich als

Ar ≡ ρP − ρf

ρf

gdP3

νf 2= 3

4Re2 · ζ (7.8)

darstellen lässt, direkt die Reynoldszahl errechnet werden kann:

Re = wP dP

νf= 18

1 +√

Ar

9− 1

2

. (7.9)

Damit ist die Sinkgeschwindigkeit wP explizit dargestellt.Sowohl Gl. (7.6) als auch Gl. (7.7) führt für Re → 0 auf das Stokessche Gesetz

ζ = 24/Re und für große Reynoldszahlen auf einen konstanten Endwert, der allerdingsleicht differiert.

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7.1 Stationäre Partikelbewegung 201

Insgesamt ergibt sich für die Bewegung fester Partikeln stets ein monotonerAnstieg der Geschwindigkeit wP mit steigendem Durchmesser dP. Im Stokes-schen Bereich gilt wp ∼ dP

2, während im Newtonschen Bereich wp ∼ d1/2P den

Zusammenhang beschreibt.Um eine zusammenfassende Darstellung der Abhängigkeit der Geschwindigkeit

einer festen Kugel vom Partikeldurchmesser unter Einbeziehung sämtlicher Ein-flussparameter zu erreichen, werden folgende dimensionslosen Kennzahlen gebildet(Mersmann 1977; Wesselingh 1987):

a. dimensionslose Geschwindigkeit

w∗ ≡ wP3

ρ2f

ηfΔρ · g , (7.10)

b. dimensionsloser Partikeldurchmesser

d∗ ≡ dP 3

ρf gΔρ

η2f

= Ar1/3. (7.11)

Mit diesen Kennzahlen lassen sich unmittelbar die Bewegungsgeschwindigkeitenfester und fluider Partikeln vergleichen. Mit diesen Größen lässt sich Gl. (7.9)umformen zu:

w∗ = 18

d∗

(√

1 + d∗1,5

9− 1

)2

. (7.12)

Dieser Zusammenhang ist inAbb. 7.6 dargestellt. Deutlich wird, dass im StokesschenBereich (d∗ < 1,7) gilt:

w∗ = d∗2

18, (7.13)

während im Newtonschen Bereich (d∗ > 60) die Beziehung

w∗ = 2d∗1/2 (7.14)

besteht.Der Widerstand ist i. Allg. stark durch Ablösungserscheinungen bedingt, die

wiederum vom Turbulenzgrad der Grundströmung abhängig sind (s. beispielhaftAbb. 7.5). Dieser Turbulenzgrad, der das Umschlagen in die turbulente Grenzschichtbegünstigen kann, beeinflusst dementsprechend auch die Größe des Widerstandsbei-wertes, im Normalfall allerdings nicht sehr stark. Tatsächlich unterscheidet sich derWiderstand eines Körpers, der sich durch ein ruhendes, turbulenzfreies Medium be-wegt, von dem eines angeströmten Körpers, bei dem die Strömung einen merklichenTurbulenzgrad aufweist.

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202 7 Disperse Systeme

Abb. 7.6 DimensionsloseSinkgeschwindigkeit festerKugeln

In der Abb. 7.7 wird die Vertikalgeschwindigkeit wz bezogen auf die Partikel-geschwindigkeit wP in der Äquatorialebene für verschiedene Reynoldszahlen inAbhängigkeit von der Radialkoordinate dargestellt. Deutlich wird die Zunahme derGrenzschichtdicke mit abnehmender Reynoldszahl, wie dies analog bei der Plat-tenströmung (s. Kap. 6) auftritt. Diese Geschwindigkeitsfelder wurden mit einem

Abb. 7.7 Bezogene Vertikalgeschwindigkeit in der Äquatorialebene bei der Umströmung einerfesten Kugel für unterschiedliche Reynoldszahlen

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7.1 Stationäre Partikelbewegung 203

Tab. 7.1 Formkorrekturkoeffizienten kΨ für die stationäre Sinkgeschwindigkeit. (Pettyjohn undChristiansen 1948)

Körperform äquivalenter Formfaktor Formkorrektur-Kugeldurchmesser dV (Sphärizität) Ψ koeffizienten

kΨ,St kΨ,N

Kugel d 1 1 1Würfel 1,241a 0,806 0,92 0,56

Parallelepipeda × a × 2a 1,563a 0,767 0,90 0,52a × 2a × 2a 1,970a 0,761 0,89 0,51a × 2a × 3a 2,253a 0,725 0,88 0,48a × a × 0,1a 0,576a 0,435 0,70 0,30a × a × 0,01a 0,267a 0,110 0,19 0,15

Zylinderh = 2d 1,442d 0,831 0,93 0,58h = d 1,145d 0,875 0,95 0,64h = 0,5d 0,909d 0,826 0,93 0,58h = 0,15d 0,608d 0,570 0,79 0,38h = 0,01d 0,247d 0,120 0,22 0,15

d;h Durchmesser der Basisfläche bzw. Höhe des Zylinders

Computational Fluid Dynamics (CFD) Programm berechnet, in dem die Kontinui-tätsgleichung (1.91) sowie die Navier-Stokes-Gleichungen (1.92–1.94) numerischgelöst wurden.

In technischen Prozessen spielen kugelförmige Partikeln nur eine untergeordne-te Rolle. Wesentlich häufiger treten unregelmäßig geformte Teilchen auf. Um denkomplexen Einfluss der Partikelform auf die Bewegungsgeschwindigkeit zu erfassen,existieren zweiAnsätze. Im einfachsten Fall wird der Widerstandsbeiwert für Kugelnum einen bestimmten Betrag korrigiert. Dies kann mithilfe der in Tab. 7.1 zusammen-gestellten, empirisch ermittelten Korrekturkoeffizienten kΨ geschehen (Pettyjohnund Christiansen 1948), indem die für volumengleiche Kugeln berechneten sta-tionären Sinkgeschwindigkeiten mit einem Korrekturkoeffizienten kΨ multipliziertwerden, und zwar

a. im Stokes-Bereich:

wP = k�,St(ρP − ρf )dV 2g

18η, (7.15a)

b. im Newton-Bereich:

wP = k�,N

3 g dV (ρP − ρf )

ρf. (7.15b)

Die Berechnungen basieren auf dem äquivalenten Kugeldurchmesser:

dV =(

6

π· Vp)1/3

. (7.16)

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204 7 Disperse Systeme

Der zweite Berechnungsansatz besteht in einer allgemeingültigen Gleichung für denWiderstandsbeiwert nichtkugelförmiger Teilchen. Da die Bahnen unregelmäßigerTeilchen sehr kompliziert sein können, man denke nur an herabfallende Blätter undihre teilweise schaukelnden bzw. taumelnden Bewegungen, ist eine umfassende Be-schreibung kaum zu erwarten. Zur Berechnung wird der sogenannte Formfaktor oderdie Sphärizität

� ≡ A0K

A0P(7.17)

herangezogen, also das Verhältnis der Oberfläche A0K einer volumengleichen Kugelzur tatsächlichen Teilchenoberfläche. Aus der Vielzahl vorliegender Gleichungen(zum Überblick s. z. B. (Chhabra et al. 1999)) kann folgende Beziehung (Haider undLevenspiel 1989) am ehesten empfohlen werden:

ζ = 24

Re

{

1 + [8,1716 exp (−4,0655 �)] · Re0,0964+0,5565�}

+ 73,69 · Re · exp (−5,0748�)

Re + 5,378 exp (6,2122�). (7.18)

Hierin sind wiederum der äquivalente Kugeldurchmesser (Gl. (7.16)) sowie dieSphärizität (Gl. (7.17)) zu verwenden. Die Genauigkeit der Gleichung nimmt mitgeringer werdender Sphärizität ab. In einem breit angelegten Vergleich mit Messda-ten (Chhabra et al. 1999) wurde eine mittlere Abweichung von ca. 20 % festgestelltbei Maximalwerten von etwa 100 %. Einen Vergleich mit dem Widerstandsbeiwerteiner Kugel zeigt Abb. 7.2 für zwei verschiedene Sphärizitäten.

7.1.2 Fluide Partikeln

Im Gegensatz zu festen Teilchen besitzen fluide Partikeln (Blasen, Tropfen) i. Allg.eine bewegliche Phasengrenzfläche. Im Innern der Partikeln kann als Folge der Teil-chenumströmung eine Zirkulationsströmung ausgelöst werden (s. Abb. 7.8 und 7.9).Des Weiteren ist die geometrische Form fluider Teilchen veränderlich. Bei niedrigenPartikeldurchmessern liegt die Kugelform vor. Wird eine bestimmte, von den Stof-feigenschaften abhängige Größe überschritten, so beginnt die Partikel, sich infolgeder durch die Bewegung auftretenden Kräfte zu deformieren und Formschwingun-gen auszuführen. Hierbei stellen sich zuerst annähernd ellipsoide Partikeln ein, diemit zunehmender Größe in regellos geformte Blasen oder Tropfen übergehen. InAbb. 7.10 sind typische geometrische Formen dargestellt.

Ab einer bestimmten Größe werden die Teilchen schließlich instabil und zerteilensich. Diese Deformationen, Schwingungen und Zerteilvorgänge werden durch die ander fluiden Partikel angreifenden Kräfte ausgelöst. Neben den dargestellten Formenexistieren noch weitere insbesondere für instabile Partikeln (s. Abb. 7.13).

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7.1 Stationäre Partikelbewegung 205

Abb. 7.8 Geschwindig-keitsfeld bei der Umströmungeiner kugelförmigen Gasblase

Abb. 7.9 Interne Strömung ineinem kugelförmigen Tropfenbei unterschiedlichenSinkgeschwindigkeiten(Savic 1953 aus Clift et al.1978), Tropfendurchmesser17,7 mm; Sinkgeschwindig-keit 1,16 cm/s

Abb. 7.10 Schematisierte Blasenformen: a Kugelblase ohne innere Zirkulation, b Kugelblase mitinnerer Zirkulation, c ellipsoidische Blase, d regellos geformte Blase

Die Stabilität einer fluiden Partikel hängt vom Verhältnis der Grenzflächenkraftzur Widerstandskraft und damit zur Differenz zwischen Gewichts- undAuftriebskraftab. Gemäß Kräftegleichgewicht muss für die größte, gerade noch stabile Partikel(Index E) gelten:

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206 7 Disperse Systeme

Grenzflächenkraft F σ = Widerstandskraft FW = Gewichtskraft-Auftriebskraft(FG−FA) oder

dEπσ = π

6d3EΔρg. (7.19)

Der größte stabile Partikeldurchmesser dE ergibt sich hieraus zu:

dE = 2,45√

σ

Δρ · g . (7.20)

Die Auswertung einer Vielzahl unterschiedlicher Messergebnisse (Mersmann 1977)führt zu einem etwas höheren Wert für den konstanten Faktor (Abb. 7.9 und 7.10):

dE = 3√

σ

Δρ · g . (7.21)

Der Partikeldurchmesser wurde in diesen experimentellen Untersuchungen als derDurchmesser der volumengleichen Kugel (Gl. (7.16)) bestimmt, da die tatsächlicheTeilchenform stark unregelmäßig und keine andere repräsentative Längenangabemöglich ist. Grundsätzlich können auch noch Partikeln auftreten, deren Abmessun-gen größer sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Laufe ihrer Bewegung in derkontinuierlichen Phase zerfallen, ist allerdings hoch. Die Beziehung (7.21) ist füreine niedrigviskose, kontinuierliche Phase gültig. Experimentelle Ergebnisse mithochviskosen Medien (bis 10.000 mPas) zeigen, dass die berechneten Werte für dE

dann um bis zu 70 % zu niedrig sind (Mersmann 1977).Die Beschreibung der Partikelbewegung erfolgt wie bei festen Kugeln durch

Verwendung der Bewegungsgleichung Gl. (7.4). Die Ermittlung des zugehörigenWiderstandsbeiwertes erfolgt i. Allg. experimentell. Lediglich für den Bereich derschleichenden Strömung lässt sich durch Lösung der Navier-Stokes-Gleichungenfolgendes Widerstandsgesetz herleiten (aufgestellt von Hadamard 1911; Rybczynski1911):

ζ = 24

Re

2

3+ ηP /ηc

1 + ηP /ηc. (7.22)

Für Gasblasen in einer Flüssigkeit gilt ηc � ηP, sodass aufgrund der beweglichenPhasengrenzfläche der Widerstandsbeiwert nur 2/3 des Wertes für starre Kugeln an-nimmt, also ζ = 16/Re. Für Tropfen in einem Gas bzw. für feste Kugeln gilt ηc ηPund damit das Stokessche Gesetz (Gl. (7.5)). Die Phasengrenzfläche ist dann un-beweglich, und die Partikel verhält sich wie ein festes Teilchen. Der experimentellbestimmte Widerstandsbeiwert von Gasblasen in Abhängigkeit von der Reynolds-zahl ist in Abb. 7.11 aufgetragen. Solange die Blasen Kugelform besitzen, gilt fürden Widerstandsbeiwert (Brauer 1979):

ζB = 16

ReB+ 14,9

Re0,78B

(

1

1 + 10 Re−0,6B

)

, ReB = wBdB

νf. (7.23)

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7.1 Stationäre Partikelbewegung 207

Abb. 7.11 Widerstandsbei-wert für Blasen

Mit dieser Gleichung werden die größtmöglichen Aufstiegsgeschwindigkeitenfluider Partikel berechnet, was Experimente zahlreicher Autoren bestätigen.

Zum Vergleich ist der Widerstandsbeiwert der festen Kugel ebenfalls in Abb.7.11 enthalten. Gl. (7.23) ist gültig bis zu einer kritischen Reynoldszahl ReB, vonder an die Blase ihre Kugelgestalt verliert. Für diese kritische Reynoldszahl wurdefolgender Zusammenhang ermittelt (Brauer 1979):

ReB = 3,73 K0,209f . (7.24)

Die sogenannte Flüssigkeitskennzahl Kf ist hierbei definiert als:

Kf ≡ ρf σ3

g ηf 4. (7.25)

Der Kehrwert von Kf wird auch als Kapitzazahl oder im angloamerikanischenSchrifttum als Morton number bezeichnet. Mit der Formänderung ist ein drastischerAnstieg des Widerstands verbunden. Der Widerstandsbeiwert überschreitet dabei denWert für die feste Kugel. Diese Tatsache erklärt sich durch die zunehmende Quer-schnittsfläche, die die Blase durch ihre Formänderung der Strömung entgegensetzt.Diese Flächenzunahme wird jedoch nicht bei der rechnerischen Bestimmung vonζ berücksichtigt. Hier wird weiterhin mit dem Durchmesser der volumengleichenKugel gerechnet. Der so berechnete ζ-Wert muss zwangsläufig drastisch ansteigen.Der maximale ζ-Wert wird von der größten stabilen Einzelblase erreicht (Re ≥ ReE)und beträgt (Davies und Taylor 1950):

ζE = 2,61.

Für die obere Grenze des Übergangsbereiches gilt die empirisch ermittelte Gleichung(Peebles und Garber 1953):

ReE = 3,1 K1/4f . (7.26)

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208 7 Disperse Systeme

Abb. 7.12 DimensionsloseAufstiegsgeschwindigkeit vonGasblasen in einer Flüssigkeit

In realen Stoffsystemen treten häufig grenzflächenaktive Substanzen auf (Verunreini-gungen, Schmutz, Tenside, Salze). Aufgrund der Molekülstruktur adsorbieren dieseSubstanzen an der Phasengrenzfläche, wodurch die Beweglichkeit der Grenzflächereduziert wird. Somit nähert sich der Widerstand der fluiden Partikel (Blase oderTropfen) demjenigen der festen Kugel an.

Die Endgeschwindigkeit gerade noch stabiler Partikeln ergibt sich aus dem Ein-setzen des maximalen stabilen Blasendurchmessers gemäß Gl. (7.21) sowie deszugehörigen Widerstandsbeiwertes von 2,61 in Gl. (7.4):

wE = 1,24 4

Δρ · g · σρf 2

. (7.27)

Für die Reynoldszahl der größten stabilen Einzelblase ergibt sich damit:

ReE = wEdE

νf= 1,24 4

Δρ · g · σρf 2

· 3√

σ

Δρ · g · ρfηf

= 3,7 K1/4f . (7.28)

Dieses Ergebnis stimmt mit der empirischen Grenzbeziehung, die bereits bei derErläuterung der Abb. 7.11 für ReE (s. Gl. (7.26)) angegeben wurde, mit einer ge-ringen Abweichung überein. Da Messungen der Aufstiegsgeschwindigkeit aufgrundder taumelnden Bewegung der unregelmäßig geformten Blasen problematisch sind,spiegelt diese Diskrepanz im Wesentlichen die Messungenauigkeiten wider.

Analog zu den festen Kugeln kann auch für den Blasenaufstieg der Zusammen-hang zwischen Aufstiegsgeschwindigkeit und dem Partikeldurchmesser in dimensi-onsloser Form dargestellt werden (s. Abb. 7.12). Bei geringen Abmessungen findetdie Bewegung analog zur Abb. 7.11 gemäß den Gesetzen für kugelförmige Blasen

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7.1 Stationäre Partikelbewegung 209

Abb. 7.13 Partikelgestalt vonBlasen und Tropfen, die sichin einer Flüssigkeit bewegen.(Nach Grace et al. 1976)

statt, wobei die Größe der Geschwindigkeit von der Beweglichkeit der Phasengrenz-fläche abhängt. Mit der Formänderung findet ein Widerstandsanstieg statt, der sichin einer Reduzierung der Aufstiegsgeschwindigkeit ausdrückt. Die Grenzgeschwin-digkeit ist durch den Zusammenhang für die größte stabile Einzelblase gegeben. DerÜbergang von der einen physikalischen Gesetzmäßigkeit zur anderen hängt, wie be-reits anhand der Abb. 7.11 erläutert, von der Flüssigkeitskennzahl Kf ab (Gl. (7.24)und (7.26)). In Abb. 7.12 sind beispielhaft für drei unterschiedliche Werte von Kf dieentsprechenden Übergänge eingetragen. Demnach existiert ein deutliches Maximumder Aufstiegsgeschwindigkeit am Beginn des Übergangsbereichs. Dies stellt einensignifikanten Unterschied zur Bewegung fester Kugeln dar.

Der Zusammenhang zwischen Deformation und Bewegung einzelner fluider Parti-keln ist Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicherArbeiten (z. B. (Grace et al. 1976;Mersmann et al. 1983)). Die Ergebnisse lassen sich nur in Form von Diagrammenerheblich verdichten. Ein vielfach genutzter Zusammenhang ist in Abb. 7.13 darge-stellt (Clift et al. 1978). Die mit der Sinkgeschwindigkeit wP und dem DurchmesserdV einer volumengleichen Kugel (Gl. (7.16)) gebildete Partikel-Reynoldszahl ist inAbhängigkeit von der Eötvöszahl1 Eo ≡ dP

2 �ρ g/σ mit der Flüssigkeitskennzahl Kf

als Parameter dargestellt. Das Diagramm gilt für Gasblasen oder Tropfen in einerFlüssigkeit und nicht für Tropfen in einem Gas. Angegeben werden die Grenzen zwi-schen drei grundsätzlichen Bereichen für die Form. Obwohl diese Grenzen von den

1 Loránd Eötvös 1848–1919, ungarischer Physiker, ihm gelang der Nachweis, dass die Gravitati-onskraft nur von der Masse der Objekte, nicht von ihrem Stoff abhängt, so dass beim freien Fall imVakuum alle Körper gleich schnell fallen.

Page 16: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

210 7 Disperse Systeme

Abb. 7.14 Geschwindigkeits-feld bei der Umströmungeiner kugelförmigen fluidenPartikel

Autoren mit einer gewissen Willkür bestimmt wurden, wird deutlich, dass Blasenund Tropfen bei relativ hohen Reynolds- und mittleren Eötvöszahlen ellipsoid sind,während sie bei hohen Werten für Re und Eo Kugelkalottenform (Schirmblasen)annehmen.

Die Berechnung des Geschwindigkeitsfelds innerhalb und außerhalb fluider Parti-keln kann durch numerische Lösung der Navier-Stokes-Gleichung erfolgen, solangekugelförmige Partikeln vorliegen. Analog zur Abb. 7.7 wird in Abb. 7.14 dieTangentialgeschwindigkeit in der Äquatorialebene in Abhängigkeit von der Radi-alkoordinate für den Fall ηP < ηc dargestellt. Deutlich wird die Konsequenz derbeweglichen Phasengrenzfläche durch die dort vorliegenden endlichen Geschwin-digkeiten. Die Randbedingungen an der Partikeloberfläche lauten in diesem Fallidentische Tangentialgeschwindigkeiten und Schubspannungen in beiden Phasen.Mit zunehmender Reynoldszahl nimmt auch in diesem Fall die Grenzschichtdicke ab.

Die Bewegung von Tropfen in Gas führt aufgrund der umgekehrten Viskositäts-verhältnisse (ηP � ηc) gegenüber dem System Blasen in einer Flüssigkeit zu anderenGesetzmäßigkeiten. Solange

dT ≤ 30 3

η2c

ρcgΔρ

gilt, nehmen Tropfen Kugelform an. Größere Tropfen verformen sich und werden beidT nach Gl. (7.21) instabil. Die Maximalgeschwindigkeit größter Tropfen berechnetsich nach:

wE = 2 4

gΔρσ

ρ2c

. (7.29)

Allgemein lässt sich die Sinkgeschwindigkeit kugeliger Tropfen mit den Gesetzmä-ßigkeiten der festen Kugeln berechnen. Aufgrund der hohen Viskosität der dispersenPhase gegenüber derjenigen des umgebenden Gases kann der Impulstransport überdie Phasengrenzfläche vernachlässigt werden.

Page 17: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.2 Instationäre Partikelbewegung 211

7.2 Instationäre Partikelbewegung

Für technische Prozesse ist häufig neben der stationären Endgeschwindigkeit auchder instationäre Vorgang der Partikelbeschleunigung bedeutsam. So beispielswei-se, wenn zur Abtrennung von Partikeln aus einem Gasstrom eine Änderung derStrömungsrichtung vorgenommen wird, mit dem Ziel, die Teilchen aufgrund ih-rer Trägheit abscheiden zu können. Ein weiteres Beispiel ist die Sprühtrocknung(s. Abb. 10.19). In diesem Prozessschritt werden feuchte Partikeln in einen beheiztenGasstrom eingesprüht, um während des Fallweges getrocknet zu werden (s. Abschn.15.7.1). Derartige Apparate müssen sehr exakt ausgelegt werden, da nicht vollstän-dig getrocknete Teilchen zu einer breiartigen Masse führen würden, die nicht mehraus dem Apparat gefördert werden könnte. Die genaue Dimensionierung setzt dieBerücksichtigung des instationären Fallvorgangs voraus.

Das Kräftegleichgewicht muss bei der instationären Bewegung um einen Träg-heitsterm erweitert werden und lautet daher:

FT = FG − FA − FW ,

ρPVPdwP

dt= VP (ρP − ρf ) · g − ζb

ρf

2w2PAP . (7.30)

Hierbei stellt wP die Relativgeschwindigkeit zwischen der Partikel und dem umge-benden Fluid dar. Für den hier betrachteten Fall kugelförmiger Teilchen ergibt sichfolgende Differenzialgleichung:

dwP

dt=(

1 − ρf

ρP

)

· g − ζbρf

ρP

3

4dPwP

2. (7.31)

Die notwendige Randbedingung zur Lösung dieser Gleichung stellt der AnfangswertwP (t = 0) dar.

Die Lösung von Gl. (7.31) hängt allerdings auch von der Bewegung des Fluidsab. Es resultiert hieraus ein System gekoppelter Differenzialgleichungen, die überAnfangs- und Randbedingungen miteinander verknüpft sind. Der Widerstands-beiwert ζb in Gl. (7.30) ist daher derjenige für die instationäre Bewegung undunterscheidet sich demzufolge von dem der stationären Bewegung. Um dennochzu einer einfach zu handhabenden Gleichung zu kommen, ohne den Aufwand einerSimulation mit einem CFD-Programm, wird bei der zu beschleunigenden Massenoch ein Teil des umgebenden Fluids berücksichtigt. Diese als „scheinbare“ bzw.„virtuelle“ Masse bezeichnete Fluidmasse hängt von der Geometrie und der Orien-tierung der Teilchen ab. Bei kugelförmigen festen Partikeln entspricht das Volumendes mit beschleunigten Fluids dem halben Teilchenvolumen (Drew et al. 1979).Dieses mit transportierte Fluidvolumen ist grundsätzlich formabhängig, so wird fürBlasen in Wasser ein Wert von 0,25 angegeben (Cook und Harlow 1986). DurchEinführung eines Koeffizienten α für den Volumenanteil des mitbeschleunigtenFluids ergibt sich eine leicht modifizierte Differenzialgleichung für die zeitabhängigePartikelbewegung:

dwP

dt= ρP − ρf

ρP + αρfg − ζb

ρf

ρP + αρf

3

4dpwp

2. (7.32)

Page 18: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

212 7 Disperse Systeme

Abb. 7.15 Abhängigkeit der bezogenen Reynoldszahl von der Fourierzahl für die instationärePartikelbewegung

Gemäß der gewählten Vereinfachungen wird dann der für die stationäre Partikelbe-wegung ermittelte Widerstandsbeiwert eingesetzt.

Insgesamt ist das Gleichungssystem nur mit numerischen Methoden lösbar.Gleichung (7.31) lässt sich auch dimensionslos darstellen

d Rebd Fo

+ 3

4

ρ∗ζb(1 + αρ∗)

Reb2 − Ga

(1 − ρ∗)

(1 + αρ∗)= 0, (7.33)

wobei folgende Definitionen angewendet werden:

Ga ≡ gdP3ρf

2

ηf 2Galileizhl2, (7.34a)

Fo ≡ ηf t

ρf d2P

Fourierzahl, (7.34b)

ρ∗ = ρf /ρP . (7.34c)

Ergebnisse dieser numerischen Rechnung in Form der bezogenen instationären Reb-Zahl als Funktion der Fourierzahl für unterschiedliche Galileizahlen zeigt Abb. 7.15.

2 Galileo Galilei 1564–1642, italienischer Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom, derbahnbrechende Entdeckungen auf mehreren Gebieten der Naturwissenschaften machte.

Page 19: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.3 Bewegung von Partikelschwärmen 213

Der stationäre Endwert ergibt sich aus Gl. (7.4) unter Berücksichtigung von Gl.(7.6) bzw. (7.7). Ausgangspunkt der Berechnung ist die Annahme, dass wP(t = 0) = 0ist. Mit steigender Fourierzahl wird demzufolge Reb zunehmend größer, bis derstationäre Endwert erreicht wird. Eine näherungsweise Berechnung des dargestelltenZusammenhangs lässt sich für den Stokesschen Bereich ausführen, wenn Gl. (7.32)unter Einbeziehung der „scheinbaren Masse“ des Teilchens betrachtet wird. Hierzuwird für den Widerstandsbeiwert 24/Reb eingesetzt und die Differenzialgleichungintegriert. Als Ergebnis dieser Rechnung folgt:

Rebρ∗

Ga(1 − ρ∗)= 1

18

[

1 − exp

(

−18Foρ∗

(1 + αρ∗)

)]

. (7.35)

Der zugehörige Kurvenverlauf ist in Abb. 7.15 ebenfalls eingezeichnet und unter-scheidet sich von demjenigen für Re ≤ 0,1 nicht sehr wesentlich. Generell sind dieWerte nach Gl. (7.35) etwas höher als die Ergebnisse der numerischen Rechnungund die stationäre Endgeschwindigkeit wird demzufolge deutlich früher erreicht.

Der von einer Partikel instationär zurückgelegte Weg ergibt sich durch Integrationder momentanen Partikelgeschwindigkeit bzw. der Reynoldszahl über die Zeit. Indimensionsloser Schreibweise bedeutet dies:

hb

dP=

Fo∫

0

Reb dFo. (7.36)

Die Bewegungsabläufe von Partikeln werden noch etwas komplexer, wenn außereiner vertikalen noch eine horizontale Geschwindigkeitskomponente auftritt. In die-sen Fällen kommt es zu gekrümmten Bahnen. Die Behandlung dieser Bewegungverläuft allerdings vollständig analog zu den vorgestellten Betrachtungen zur ver-tikalen Bewegung. Auf weitergehende Ausführungen wird deshalb an dieser Stelleverzichtet.

7.3 Bewegung von Partikelschwärmen

Im Rahmen technischer Anwendungen treten Partikeln nur in den seltensten Fälleneinzeln auf, üblicherweise liegen sie in Form von Partikelschwärmen vor. DieseFeststellung gilt sowohl für gasförmige, flüssige oder feste Teilchen.

7.3.1 Feste Partikeln

Zwischen der Bewegung einer absinkenden einzelnen Partikel und einer in einerSuspension befindlichen Partikel besteht ein wesentlicher Unterschied. Bei einemeinzelnen Teilchen kann mit hinreichender Genauigkeit angenommen werden, dass

Page 20: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

214 7 Disperse Systeme

Abb. 7.16 Geschwindigkeitsfeld um eine feste Kugel in einer aufwärtsgerichteten Strömung. a beiunendlicher Ausdehnung der Flüssigkeit, b in einem engen Strömungsquerschnitt

es sich in einer ruhenden Flüssigkeit bewegt. Bei einer sedimentierenden Suspensionverdrängt indessen der absinkende Feststoff die Flüssigkeit in so starkem Maße,dass jedes Teilchen in einer aufwärts strömenden Flüssigkeit absinkt. Daher ist dieSinkgeschwindigkeit wss einer Partikel, die sich in einer Suspension befindet, kleinerals die stationäre Sinkgeschwindigkeit ws einer Einzelpartikel, welche sich in einerruhenden Flüssigkeit bewegt (Abb. 7.16).

Die Sinkgeschwindigkeit der in einer Suspension befindlichen Teilchen wird nochdurch einen zweiten Einfluss, den erhöhten Impulstransport, behindert. Der Einflussdes Impulstransportes lässt sich am einfachsten erklären, wenn man die Bewegung ei-ner Kugel in einer unendlich und in einer endlich ausgedehnten Flüssigkeit betrachtet.In Abb. 7.16a sind die Sinkbewegung einer Kugel in einer unendlich ausgedehntenFlüssigkeit und die dabei auftretenden Geschwindigkeiten dargestellt. Der Flüssig-keit ist eine Aufwärtsgeschwindigkeit von der Größe wf aufgeprägt, wie sie auchbei der Sedimentation infolge der Verdrängungsströmung vorhanden ist. Es mussrein formal eine mittlere Geschwindigkeit betrachtet werden, da keine konstante Ge-schwindigkeit der fluiden Phase vorliegt. Dann ist die absolute Sinkgeschwindigkeitder Kugel wabs für einen ortsfesten Beobachter gegeben durch:

�wabs = �wP + �wf . (7.37)

Nach unten gerichtete Geschwindigkeiten seien positiv. Betrachtet man nun die Ku-gelbewegung in einem verhältnismäßig engen Strömungskanal, dann erhält man diein Abb. 7.16b schematisierte Geschwindigkeitsverteilung. Durch die Partikelbewe-gung wird Flüssigkeit verdrängt, sodass das Geschwindigkeitsprofil in der Flüssigkeitein wesentlich stärker ausgeprägtes Maximum erhält. Dadurch wird der Geschwin-digkeitsgradient an der Partikeloberfläche wesentlich höher, und damit nimmt derImpulstransport zu. Man kann daher die Bewegung der Kugel in dem Kanal auch

Page 21: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.3 Bewegung von Partikelschwärmen 215

Abb. 7.17 Kubische Ordnung als Modell für die Durchströmung von Partikelschwärmen

so betrachten, als erfolge sie in einer Flüssigkeit mit erhöhter innerer Reibung, al-so erhöhter Viskosität, sodass die Sinkgeschwindigkeit wP erniedrigt wird. DieseVorstellung lässt sich auf die Bewegung der Kugeln innerhalb einer Suspension über-tragen. Dabei treten jedoch wesentlich verwickeltere Geschwindigkeitsverteilungenauf, die noch dazu zeitlich veränderlich sind, da die feste, stetige Kontur der Wanddurch die nur während begrenzter Zeitabschnitte vorhandenen Kugeloberflächenersetzt werden muss.

Zum besseren Verständnis der innerhalb des Schwarms ablaufenden physikali-schen Vorgänge dient die nachfolgend erläuterte einfache Modellvorstellung (Zehner1988) zum Absinken eines Schwarms unter alleiniger Berücksichtigung des Ver-drängungseffekts. Ausgangspunkt ist ein Partikelschwarm, der von einer Flüssigkeitdurchströmt und gerade in der Schwebe gehalten wird. Im Falle eines sedimentieren-den Schwarms wird diese Flüssigkeitsströmung durch die Verdrängung des Fluidsdurch den Feststoff hervorgerufen. Der betrachtete Partikelschwarm sei monodi-spers (d. h. sämtliche Partikeln besitzen denselben Durchmesser) und weise einegleichmäßige kubische Anordnung auf (s. Abb. 7.17). Es wird angenommen, dassanalog zur Einzelkugel die maximale Geschwindigkeit der Partikelumströmung derSinkgeschwindigkeit der Einzelpartikel wP entspricht. Diese stellt sich im Schwarmin den kleinsten verbleibenden Flächen zwischen den Partikeln ein. Der kleinstefreie Flächenanteil f ≡Afrei/Ages zwischen den Kugeln ergibt sich für die gewählteAnordnung gemäß Abb. 7.17:

f ≡ Afrei

Ages= 1 − π

4

(

dP

L

)2

. (7.38)

Damit lässt sich das Verhältnis der zurAufrechterhaltung der dargestellten Schwarm-struktur notwendigen Leerrohrgeschwindigkeit vf zur Sinkgeschwindigkeit der Ein-zelkugel aus Kontinuitätsgründen bestimmen:

vfwP

= 1 − π

4

(

dP

L

)2

. (7.39)

Page 22: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

216 7 Disperse Systeme

Abb. 7.18 Auswirkungen desFeststoffanteils auf dieSchwarmsinkgeschwindigkeit

In Verbindung mit dem Feststoffvolumenanteil ϕV

ϕV ≡ VP

Vges= π

6

(

dP

L

)3

, (7.40)

aus dem sich das Verhältnis dP/L ermitteln lässt, erhält man den Ausdruck:

vfwP

= 1 − 1,2 ϕV2/3. (7.41)

Im Fall des absinkenden Partikelschwarms ist für vf die Schwarmsinkgeschwindig-keit wss einzusetzen. Tatsächlich liefert Gl. (7.41) lediglich für kleine ϕV sinnvolleWerte. Dies ist aufgrund des stark vereinfachten Ansatzes auch leicht verständlich.FolgendeAspekte, die für den Bewegungsvorgang von Bedeutung sind, wurden nichtberücksichtigt:

• Unregelmäßige Ordnung des Partikelverbandes.• Erhöhung des Impulstransports im Schwarm durch höhere Geschwindigkeitsgra-

dienten.• Auswirkungen der Turbulenz in der Fluidströmung.• Scheinbare Vergrößerung der Partikelabmessungen aufgrund der Grenzschicht,

die zu höheren Fluidgeschwindigkeiten in den engsten Querschnitten und damitniedrigere Werte für wss/wP führt.

• Polydisperses Partikelsystem.

Für die Erfassung der Schwarmsinkgeschwindigkeit monodisperser Partikeln wur-de eine Reihe von Gleichungen abgeleitet. In Abb. 7.18 werden gemessene Werte

Page 23: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.3 Bewegung von Partikelschwärmen 217

für wss/wP als Funktion der Feststoffkonzentration dargestellt. Ebenfalls eingetra-gen sind die Ergebnisse einer halbtheoretischen sowie einer empirischen Gleichung(Brauer 1971a)

wss

wP

= 1 − ϕV[

1 + ϕV

(1 − ϕV )2

]

[

1 + 1,2√

1 + (π/(12ϕV ))2 − 0,5

] (7.42)

bzw. die häufig verwendete, von aufgestellte Beziehung:

wss

wP

= (1 − ϕV )m. (7.43)

In Gl. (7.43) ist m = 4,65 im Stokesschen Bereich bzw. m = 2,2 für den NewtonschenBereich und

m = 5,5 Ar−0,06 = 5,5

(

Δρ

ρf

gdP3

νf 2

)−0,06

(7.44)

im Übergangsbereich. Die unterschiedlichen Exponenten resultieren im Wesent-lichen aus den unterschiedlichen Grenzschichtdicken, die die Partikeln scheinbarvergrößern. Die laminare Grenzschicht ist wesentlich dicker als diejenige im turbu-lenten Fall. Laminar umströmte Partikel bewirken damit eine größere Verdrängungund so ein geringeres Geschwindigkeitsverhältnis wss/wP.

7.3.2 Fluide Partikeln

Im Fall fluider Partikel ist der Phasenanteil der dispersen Phase ϕv eine sich selbsteinstellende Größe. Bestimmt wird der Phasenanteil sowohl von der Partikelge-schwindigkeit als auch der Leerrohrgeschwindigkeit der dispersen Phase vd. DieAufstiegsgeschwindigkeit fluider Partikeln im Schwarm ergibt sich im stationärenFall aus dem Gleichgewicht zwischenWiderstands- und den um die Gewichtskraft re-duzierten Auftriebskräften. Dieses Gleichgewicht wird für den größten DurchmesserdE formuliert, weil die größten Partikeln die Fluiddynamik in einer solchen Blasen-oder Tropfensäule bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Dichtedifferenzzwischen fluiden Partikeln und der Dispersion sich berechnet gemäß:

(Δρ)Disp = ρDisp − ρd = ϕvρd + (1 − ϕv)ρc − ρd = (1 − ϕv)(ρc − ρd ). (7.45)

Hierbei wird die Dichte der Dispersion bestimmt gemäß:

ρDisp = Md +Mc

Vd + Vc= ρdVd

Vd + Vc+ ρcVc

Vd + Vc= ϕV ρd + (1 − ϕV )ρc.

Page 24: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

218 7 Disperse Systeme

Das Kräftegleichgewicht (Gln. (7.1) bis (7.3)) lautet demzufolge:

ζESdE

4

wP2ρc

2= dE

6(Δρ)Disp g = dE

6Δρ(1 − ϕV )g. (7.46)

wobei ζES den Widerstandsbeiwert der größten stabilen fluiden Partikel im Schwarmkennzeichnet.

Aufgrund der Kontinuitätsbedingung gilt

wP = vdϕv

(7.47)

und damit für den Widerstandsbeiwert im Schwarm:

ζES = 4

3

Δρ

ρcgdE

(1 − ϕV ) · ϕ2V

v2d

. (7.48)

Unter Verwendung von Gl. (7.4) ergibt sich hieraus

ζES = ζEϕ2V (1 − ϕV )

w2E

v2d

(7.49)

bzw.

ϕV (1 − ϕV )1/2 = vdwE

ζES

ζE. (7.50)

Da die Aufstiegsgeschwindigkeit im Schwarm wP kleiner als wE ist (ϕV > 0), giltwE �= vd/ϕV.

Ein Vergleich gemessener Ergebnisse des Volumenanteils ϕV mit Werten nachGl. (7.46) unter der Annahme, dass ζES ≈ ζE ist, zeigt für das System H2O/Hgeine befriedigende Übereinstimmung (s. Abb. 7.19). Allerdings ist insbesonderebei größeren Belastungen vd/wE der Dispersphasenanteil ϕV des Systems Toluol inWasser z. B. größer und des Systems Luft in Wasser kleiner als nach Gl. (7.50). Einegenaue Beziehung lässt sich nur durch Anpassen der Messergebnisse erreichen. Dieswird beispielhaft in Kap. 19 (Blasensäulen) dargestellt.

7.4 Stationärer Stoffübergang

Der stationäre Stoffübergang bei festen oder fluiden Partikeln wird analog zuden vorhergehenden Kapiteln mithilfe des Stoffübergangskoeffizienten beschrieben(Abb. 7.20):

mA = β · (ρA0 − ρA∞) bzw. nA = β · (cA0 − cA∞).

Da das Konzentrationsfeld und damit der Konzentrationsgradient an der Phasen-grenzfläche aufgrund der Konvektion i. Allg. ortsabhängig ist, trifft dies auch auf dieStoffübergangskoeffizienten zu.

Page 25: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.4 Stationärer Stoffübergang 219

Abb. 7.19 Volumenanteil der dispersen Phase abhängig von der bezogenen Belastung. (NachMersmann 1977)

Abb. 7.20 StationärerStoffübergang an einer festenKugel in einem Fluid

7.4.1 Feste Einzelkörper

In diesem Abschnitt wird zunächst der Stoffübergang an umströmten Einzelkugelnmit starrer Grenzfläche dargestellt. Transportvorgänge im Innern der festen Kugel,wie z. B. Diffusionsprozesse, werden im Weiteren nicht betrachtet. Eine Kugel, diein Umfangsrichtung umströmt wird, zeigt schematisch Abb. 7.21. Mit zunehmenderKoordinate θ bildet sich ein Geschwindigkeitsprofil aus. Die Dicke der laminarenGrenzschicht steigt in Umfangsrichtung an. Wird eine kritische Reynoldszahl von3 × 105 überschritten, so kommt es zu einem Umschlag in die turbulente Grenz-schicht. Unmittelbar an der festen Phasengrenzfläche existiert allerdings eine dünne

Page 26: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

220 7 Disperse Systeme

Abb. 7.21 Turbulentumströmte Kugel mitGeschwindigkeitsprofil undGrenzschicht

laminare Unterschicht. Weiterhin kommt es für Re ≥ 20 zur Strömungsablösung(s. Abschnitt 7.1.1).

Aus diesen fluiddynamischen Erkenntnissen heraus lassen sich bei der umström-ten Einzelkugel je nach der Reynoldszahl verschiedene Strömungsformen unter-scheiden:

a. Re = 0 : Ruhendes Systemb. Re < 1 : Schleichende Strömungc. Re < 3 × 105: Laminare Grenzschichtströmungd. Re > 3 × 105: Turbulente Grenzschichtströmung

Ruhendes System (Re = 0) Die zweimalige Integration der in Kugelkoordinatengeschriebenen stationären Stofftransportgleichung (Gl. (1.96)) ergibt bei Ver-nachlässigung aller Konvektionsterme (reine eindimensionale Diffusion) für denKonzentrationsgradienten an der Kugeloberfläche (s. Abb. 7.20):

dcAdr

r=R= −cA0 − cA∞

R. (7.51)

Setzt man dieses Ergebnis in die Definitionsgleichung der Sherwoodzahl ein undverwendet den Kugeldurchmesser dP als charakteristische Länge, so ergibt sich:

Sh = β · dPDAB

= 2. (7.52)

Schleichende Strömung (Re < 1) In diesem Strömungsbereich dominieren dieVisko-sitätskräfte gegenüber den Trägheitskräften. Es bildet sich ein laminares Strömungs-profil aus, welches um den ganzen Kugelumfang bis zum hinteren Pol erhalten bleibt.Eine Strömungsablösung findet nicht statt. Theoretische Betrachtungen (Friedländer1961; Lochiel und Calderbank 1964) führen in diesem Fall zu:

Sh = 0,991Pe1/3 . (7.53)

Laminare Grenzschichtströmung (1 < Re < 3 × 105) Nach dem Kontakt des Fluidsmit dem umströmten Körper bildet sich ein Geschwindigkeitsprofil mit einer lami-naren Grenzschicht aus, deren Dicke mit zunehmender Lauflänge wächst, wie dies

Page 27: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.4 Stationärer Stoffübergang 221

Abb. 7.22 Mittlere Sherwoodzahl der starren Kugel abhängig von der Peclet- und der Schmidtzahlals Parameter. (Nach Brauer 1979)

bereits für die Plattenströmung dargestellt wurde (s. Kap. 6). Hierbei kann die ei-gentliche Strömung in etwas größerer Entfernung von der Partikel durchaus turbulentsein. Weiterhin tritt ab Re > 20 eine Wirbelbildung auf der strömungsabgewandtenSeite auf (s. Abschn. 7.1.1). Die mittlere Sherwoodzahl lässt sich gemäß folgenderBeziehung berechnen (Brauer 1979)

Sh = 2 + fk(Re · Sc)1,7

1 + (Re · Sc)1,2(7.54)

mit

fk = 0,66 ·[

1 + (0,84 · Sc1/6)3]−1/3

. (7.55)

Die Gln. (7.52) bis (7.54) für den Stoffübergang an festen Kugeln sind jeweils nurfür eingeschränkte Reynoldszahlbereiche gültig. Deshalb bietet sich eine grafischeDarstellung für eine allgemeine Aussage an. In Abb. 7.22 ist die mit dem Partikel-durchmesser gebildete Sherwoodzahl abhängig von der Konvektions- oder Pecletzahlmit der Schmidtzahl als Parameter dargestellt (Brauer 1979). Dieses Diagramm istfür 0 < Sc < ∞ und für 0 < Re < 3 × 105 gültig.

Hieraus ergibt sich das Konzentrationsfeld, aus dem wiederum die treibendeKonzentrationsdifferenz sowie der Konzentrationsgradient folgen, die für die Be-stimmung des Stoffübergangskoeffizienten und damit der Sherwoodzahl benötigtwerden. Das Diagramm zeigt für den Fall der schleichenden Strömung (Sc → ∞)einen geringeren Anstieg als im Fall der ausgeprägten laminaren Grenzschicht(Sc → 0).

Page 28: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

222 7 Disperse Systeme

Turbulente Grenzschichtströmung (Re > 3 × 105) Oberhalb von Re = 3 × 105 sch-lägt die Flüssigkeitsgrenzschicht an der Kugeloberfläche in den turbulenten Zustandum. Im Bereich des Staupunktes ist die Grenzschichtströmung noch laminar, wäh-rend sie stromabwärts turbulent wird (s. Abb. 7.21). Der Ablösering verschiebt sichdeutlich stromabwärts.

Zur Beschreibung des Stofftransports kann Gl. (6.30) verwendet werden, diefür die turbulente Strömung an ebenen Platten abgeleitet wurde (Krischer und Kast1978). Hierzu wird anstatt der Plattenlänge der Kugeldurchmesser dP eingesetzt.Dann lautet die Sherwoodzahl:

Sh = 0,037 Re0,8 Sc

1 + 2,44 Re−0,1(Sc2/3 − 1). (7.56)

Heterogene chemische Reaktion an einer Kugeloberfläche Feste Partikeln werdenin einer Vielzahl chemischer Reaktoren als Katalysator oder als Katalysatorträgereingesetzt. Die Partikeln bieten ihre reaktive Oberfläche an, zu der die reagierendenStoffe wandern müssen, um dort umgesetzt zu werden. Eine katalysierte chemischeReaktion hängt von der Diffusion der Reaktionspartner sowie der Endprodukte ab.Diese Problematik wurde bereits in Abschn. 2.1.3 erläutert. Für die rein mathemati-sche Betrachtung ergibt sich aus der katalytischen Reaktion keine Änderung bei derbeschreibenden differenziellen Massenbilanz gegenüber der reinen Diffusion. DieRandbedingungen ändern sich allerdings, da an der Partikeloberfläche ein Stofffluss

nA = −DAB

(

∂cA

∂r

)

w

(7.57)

auftritt, der gleich der flächenbezogenen Reaktionsstromdichte

rA = −kAwn cnA0 (7.58)

ist. Daher gilt für den Konzentrationsgradienten an der Oberfläche:(

∂cA

∂r

)

w

= kAwn cnA0

DAB. (7.59)

Der Konzentrationsgradient ist damit vom Verhältnis aus der Reaktionsgeschwin-digkeit

(

kAwn cnA0

)

zur Diffusionsgeschwindigkeit DAB abhängig. Diese Gleichungkann auch dimensionslos dargestellt werden:

∂(cA/cA∞)w

∂(r/R)=(

∂ξA

∂r∗

)

w

= kAwn · RDAB

cn−1A∞ ξnA0 = Daw ξ

nA0. (7.60)

Hierbei kennzeichnet die Damköhlerzahl

Daw ≡ kAwn · RDAB

cn−1A∞ (7.61)

das Verhältnis von Reaktionsgeschwindigkeit zu Diffusionsgeschwindigkeit. Physi-kalisch heißt dies:

Page 29: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.4 Stationärer Stoffübergang 223

Abb. 7.23 Temperaturvertei-lung um eine Kugel beiRe = 3060. (Hsu und Sage1957 zitiert in Brauer 1971b)

Daw → 0: Reaktion ist geschwindigkeitsbestimmender Schritt:(∂cA/∂r)w → 0; cA0 bleibt endlich

Daw →∞: Diffusion ist geschwindigkeitsbestimmender Schritt:(∂cA/∂r)w bleibt endlich; cA0 → 0

Die Lösung des Differenzialgleichungssystems kann nur numerisch erfolgen. Be-deutsam ist speziell die Oberflächenkonzentration cA0, die zur Bestimmung derSherwoodzahl erforderlich ist. Diese ist i. Allg. nicht bekannt, daher wird der lokaleStoffübergangskoeffizient definiert durch (s. auch Gln. (5.6) und (6.46)):

βlok ≡ nA lok

cA∞. (7.62)

Die Tatsache, dass der lokale Stoffübergangskoeffizient nicht mit einer Konzentra-tionsdifferenz, sondern lediglich mit der für die Anwendung bekannten mittlerenKonzentration cA∞ gebildet wird, resultiert aus der Abhängigkeit der Oberflächen-konzentration cA0 von der Lage auf der Kugeloberfläche sowie der Intensität desStofftransports (s. Abschn. 5.3). Aus der rein fluiddynamischen Betrachtung wirddeutlich, dass der Stoffübergang davon abhängig sein muss, ob er z. B. am Staupunkt,am Kugeläquator oder innerhalb des Wirbelgebietes stattfindet. Die Konvektionsge-schwindigkeiten in der Nähe der Partikeloberfläche unterscheiden sich erheblich.Diese Tatsache illustriert beispielhaft Abb. 7.23, in der ein experimentell bestimmtesTemperaturfeld um eine Kugel durch Linien konstanter Temperatur beschrieben ist.

Page 30: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

224 7 Disperse Systeme

Abb. 7.24 Mittlere Sherwoodzahl für den Stoffübergang mit heterogener chemischer Reaktion aneiner Kugeloberfläche abhängig von der Peclet- und der Damköhlerzahl als Parameter. (Nach Brauer1979)

Die Grenzschichtströmung auf derVorderseite und dieWirbelströmung auf der Rück-seite der Kugel kommen im Temperaturfeld deutlich zum Ausdruck. Daraus folgt,dass die Temperaturgradienten und damit die Wärmeströme stark ortsabhängig sind.

Aus der Bedingung nA lok = rA lok folgt für die lokale Sherwoodzahl:

Shlok = βlok · dPDAB

= 2Daw

(

cA0

cA∞

)n

. (7.23a)

Durch Integration über die gesamte Partikeloberfläche ergibt sich die mittlereSherwoodzahl:

Sh = β · dPDAB

= 1

A

A∫

0

Shlok dA. (7.23b)

Beispielhafte Resultate, die die numerische Lösung des beschreibenden Differenzi-algleichungssystems darstellen, sind in Abb. 7.24 für eine Reaktion 1. Ordnung inForm mittlerer Sherwoodzahlen inAbhängigkeit von der Pecletzahl bei schleichenderStrömung (Re < 1) aufgetragen. Parameter der Kurven ist die Damköhlerzahl.

Der Verlauf der Sherwoodzahl weist drei wesentliche Bereiche auf:

a. Daw → ∞: Der Umsatz der chemischen Reaktion ist allein durch Diffusion undkonvektiven Transport bestimmt, die Oberflächenkonzentration cA0 geht gegennull. Die Sherwoodzahl hängt damit von der Peclet- und der Schmidtzahl, inderselben Form wie der Transport ohne chemische Reaktion ab. Diese Kurvestellt den Maximalwert der mittleren Sherwoodzahl dar, der bei heterogenenchemischen Reaktionen möglich ist. Dies ergibt sich aus der speziellen Definition

Page 31: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.4 Stationärer Stoffübergang 225

des Stoffübergangskoeffizienten β (s. Gl. (7.62)), in der sozusagen die maximalmögliche Konzentrationsdifferenz

ΔcA = cA∞ − cA0 = cA∞ − 0 = cA∞ (7.64)

für den Stofftransport eingesetzt wird. Für endliche Werte der Damköhlerzahl trittdagegen eine von null verschiedene Oberflächenkonzentration auf, sodass die tat-sächliche Verringerung des treibenden Konzentrationsgefälles, die jedoch bei derBerechnung von β unberücksichtigt bleibt, zu einer scheinbaren Verschlechte-rung des Stoffüberganges führt. Eine Beschleunigung des Stoffüberganges, wiebei homogenen chemischen Reaktionen, findet tatsächlich nicht statt. Die hetero-gene Reaktion erfolgt ausschließlich an der Oberfläche und bedingt lediglich dieEntstehung einer treibenden Konzentrationsdifferenz (s. hierzu z. B. (Heinischund Schütt 1989).

b. Pe → ∞: Der konvektive Stofftransport wird so gut, dass die Konzentration anA an der Kugeloberfläche gegen cA∞ geht. Die Reaktionsgeschwindigkeit reichtalso nicht mehr aus, einen Abbau von cA an der festen Phasengrenzfläche zuerreichen. Dann gilt gemäß Gl. (7.63a):

Sh = 2Daw (7.65)

für alle Werte der Damköhlerzahl. Da β gemäß Gl. (7.62) nur mit cA∞ und nichtmit �cA definiert ist, bleibt auch für �cA = (cA∞ − cA0) → 0 ein endlicher Wertfür Sh erhalten. Wäre β dagegen wie sonst üblich mit�cA definiert, so müsste, da

−rA max = kAwn cnA∞ = β ·ΔcA

mit �cA → 0 ein nennenswerter Anstieg von β auftreten. Der Absolutwertder Sherwoodzahl ist demzufolge über die Definitionsgleichung des Stoffüber-gangskoeffizienten (Gl. (7.62)) begrenzt durch 2 Daw. Physikalisch bedeutetdieses Ergebnis, dass die Konzentrationsgrenzschicht um die Partikel vollständigverschwindet.

c. Pe →0: Die obere Grenze für die Damköhlerzahl lässt sich in diesem Fall durcheine einfache Differenzialgleichung bestimmen, die für bestimmte Werte derReaktionsordnung analytisch gelöst werden kann (s. z. B. (Brauer 1979)). FürDaw → ∞ ergibt sich der Wert Sh = 2, was wiederum den Maximalwert darstellt.

Konzentrationsverläufe, wie sie sich qualitativ für verschiedene Peclet- und Damköh-lerzahlen ergeben, sind in Abb. 7.25 aufgetragen. Mit steigender Pecletzahl wird dieKonzentrationsgrenzschicht immer dünner, bis sie für Pe → ∞ völlig verschwindet.

7.4.2 Fluide Partikeln

In vielen technischen Anwendungen muss bei der Betrachtung des Stofftransports anfluiden Teilchen berücksichtigt werden, dass im Kugelinneren ebenfalls ein nennens-werter Stofftransport und damit auch ein zusätzlicher Transportwiderstand auftritt.

Page 32: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

226 7 Disperse Systeme

Abb. 7.25 Konzentrations-profile bei einer heterogenenReaktion 1. Ordnung fürverschiedene Peclet- undDamköhlerzahlen

Der gesamte Stoffaustausch soll am Beispiel einer aufsteigenden Gasblase erläutertwerden (s. Abb. 7.26 links). Beim Aufstieg in einer Flüssigkeit gehe KomponenteA aus der Blase in die flüssige Phase über. Dies führt dazu, dass die KonzentrationcA in der Blase mit der Zeit abnimmt. Es handelt sich also um einen instationärenStoffübergang. Wenn die Gasblase jedoch nur aus der Komponente A besteht, bleibtdie Oberflächenkonzentration cA0 zeitlich konstant, wobei sich allerdings das Bla-senvolumen ändert. Die Stoffstromdichte hängt dann nur vom Transportwiderstandin der kontinuierlichen Phase ab. Ist die Konzentration der Übergangskomponentein der kontinuierlichen Phase konstant, liegt eine stationäre Stoffübertragung vor(s. Abb. 7.26 links). Dabei wird angenommen, dass die Volumenabnahme der Blaseklein ist. (Andernfalls nimmt die Aufstiegsgeschwindigkeit der Blase und damit derkonvektive Transport ab.)

Das typische Geschwindigkeitsprofil an der fluiden Phasengrenzfläche (s. Abb.7.14) liegt nur dann vor, wenn sich darin keine oder so gut wie keine grenzflächenak-tiven Stoffe befinden. Hierbei handelt es sich um Schmutzstoffe, die in der flüssigenPhase vorhanden sein können und welche durch Anlagerung an die Grenzfläche dieGrenzflächenspannung beeinflussen. Diese Aussage gilt für Gas/Flüssigkeits- sowie

Page 33: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.4 Stationärer Stoffübergang 227

Abb. 7.26 Fluide Partikel mit zeitlich konstanten Konzentrationsprofilen beim stationären Stoff-übergang (links) sowie zeitlich veränderlichen Konzentrationsprofilen in beiden Phasen (rechts)

auch für Flüssig/flüssig-Grenzflächen. Die Grenzflächen-Adsorptionsschichten kön-nen so dicht und stabil sein, dass eine starre Grenzfläche vorliegt. Fluide Partikelnmit solchen Adsorptionsschichten verhalten sich bezüglich der Umströmung und derStoffübertragung wie starre Partikeln. Im Folgenden werden fluide Phasengrenzflä-chen ohne adsorbierte grenzflächenaktive Stoffe unterstellt. In technischen Systementreten jedoch häufig solche Stoffe auf, sodass die Stoffstromdichte je nach der Be-weglichkeit der Grenzfläche zwischen den Werten für fluide und starre Partikelnliegt.

In Abb. 7.26 links ist das Konzentrationsprofil im Inneren und in der Umgebungeiner kugeligen Gasblase für den Fall des stationären Stoffübergangs dargestellt.Dieses Profil möge sich zeitlich nicht ändern. Hierbei wird angenommen, dass derStofftransport in der Gasphase infolge der hohen Diffusionskoeffizienten so groß ist,dass in der gesamten Blase dieselbe Konzentration cAP auftritt, die sich auch nichtsignifikant durch den Stoffübergang ändert.

In Abschn. 7.1.2 wurde gezeigt, dass größere Partikeln je nach den Stoffwertender beiden Phasen von der Kugelgestalt abweichen. Ihre Oberfläche A ist zeitlichveränderlich und oft nicht bekannt. Dann ist es nicht möglich, das Produkt βA in derGleichung für den übergehenden Stoffstrom

NA = β A (cA0 − cA∞) (7.66)

in die Faktoren β und A aufzutrennen. In diesem Fall wird zweckmäßig die repräsen-tative Oberfläche AV = πd2

V mit dem Durchmesser dV einer Kugel verwendet, welchedas gleiche Volumen wie die fluide Partikel besitzt (Gl. (7.16)).

Die mittlere Sherwoodzahl für den Stoffübergang in der kontinuierlichen Phasehängt wie bei der festen Kugel von der Art der Umströmung und damit von derPartikel-Reynoldszahl ab. Auch in diesem Fall führen numerische Lösungen zurQuantifizierung der Sherwoodzahl, wie dies inAbb. 7.27 für kugelförmige Blasen unddamit unter Vernachlässigung eines inneren Stofftransportwiderstands dargestellt ist.

Page 34: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

228 7 Disperse Systeme

Abb. 7.27 MittlereSherwoodzahl für kugeligeBlasen abhängig von derPeclet- und der Schmidtzahl.(Nach Brauer 1979)

Ruhendes System (Re = 0) Handelt es sich um sehr kleine Partikeln oder Partikelnin hochviskosen Medien, liegt im Grenzfall für Re = 0 reine Diffusion vor. In diesemFall ergibt sich, wie bereits in Abschn. 7.4.1 erläutert, Sh = 2.

Schleichende Strömung (Re < 1) Für größere Werte der Pecletzahl ergeben sich zweiunterschiedliche Asymptoten. Die untere Grenzkurve charakterisiert die physikali-schen Verhältnisse bei schleichender Strömung (Re → 0) bei gleichzeitig großerSchmidtzahl (Sc → ∞). Unter dieser Bedingung bildet sich eine Konzentrations-grenzschicht, die im Vergleich zur Strömungsgrenzschicht sehr dünn ist. In diesemFall gilt gemäß numerischer Berechnungen (Brauer 1979):

Sh = 2 + 0,651 Pe1,72

1 + Pe1,22 . (7.67)

Solange Re < 1 ist, kann diese Beziehung verwendet werden (Abb. 7.27).

Potenzialströmung (Re > 1000) Die obere Grenzkurve in Abb. 7.27 kennzeichnetden umgekehrten Fall der Potenzialströmung, bei der Viskositätseffekte vernachläs-sigt werden können (Re → ∞, während Sc → 0). Unter diesen Bedingungen liegteine vergleichsweise sehr dünne Geschwindigkeitsgrenzschicht vor. Hierfür lässtsich eine analytische Beziehung für den Stoffübergang ableiten (Clift et al. 1978):

Sh = 2√π

Pe1/2. (7.68)

Übergangsbereich (1 < Re < 1000) Die Grenzfälle schleichende Strömung bzw.Potenzialströmung sind in diesem Bereich nicht gültig. Mit Hilfe von Abb. 7.27 kanndie Sherwoodzahl von Gasblasen ermittelt werden, solange diese kugelig sind und

Page 35: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.4 Stationärer Stoffübergang 229

Abb. 7.28 DimensionsloserKorrekturfaktor f (in Gl.(7.69)) kugeliger fluiderPartikeln abhängig von derPartikel-Reynoldszahl mitdem ViskositätsverhältnisηP/ηc als Parameter. (NachClift et al. 1978, ausMersmann 1986)

ηP/ηc → 0 gilt. Handelt es sich um beliebige Viskositätsverhältnisse, geht manzweckmäßig von folgender Beziehung aus:

Sh = f2√π

Pe1/2. (7.69)

Hierin ist die Größe f ein Korrekturfaktor, welcher nach theoretischen Überlegun-gen und empirischen Befunden (Clift et al. 1978) von der Partikel-Reynoldszahlund dem Viskositätsverhältnis ηP/ηc abhängt, s. Abb. 7.28. Ursächlich für den Vis-kositätseinfluss ist die innere Zirkulation in den fluiden Partikeln, die durch diePartikelbewegung induziert wird. Die internen Geschwindigkeiten hängen vom Im-pulsaustausch, und damit dem Viskositätsverhältnis, über die Phasengrenzfläche abund wirken sich entsprechend auf den Stofftransport in der Partikel aus.

Von (Brauer 1979) wurde ebenfalls eine Gleichung angegeben, die auch für kleinePecletzahlen Gültigkeit besitzt:

Sh = 2 + 0,232 Pe1,72

1 + 0,205 Pe1,22 . (7.70)

(Anwendungsbereich 0 < Re ≤ ReE = 3,1 K1/4f , da die Blasen kugelig sein müssen,

s. Gl. 7.26).Die bisher getroffenen Angaben beziehen sich auf kugelige fluide Partikeln. Der

Stoffübergang an abgeplattete, elliptische fluide Teilchen, welche keine Formschwin-gungen ausführen, hängt aufgrund einer theoretischen Herleitung auf der Basis derPotenzialströmung um die Partikel nur von der Exzentrizität E ab, die wie folgtdefiniert ist:

E ≡ vertikaler Partikeldurchmesser

horizontaler Partikeldurchmesser.

Page 36: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

230 7 Disperse Systeme

Abb. 7.29 BezogeneSherwoodzahl elliptischerfluider Partikeln ohneFormschwingungen abhängigvon der Exzentrizität. (Cliftet al. 1978)

Das Verhältnis ShE/Sh der Sherwoodzahlen von elliptischen, nicht oszillierenden zukugeligen Teilchen ist in Abb. 7.29 abhängig von der Größe E dargestellt. Aufgrundder erforderlichen hohen Reynoldszahlen wird Potenzialströmung unterstellt und fürdie Kugel Gl. (7.68) verwendet. Nach (Clift et al. 1978) gilt:

ShE = 2√π

Pe1/2

2(1 − E2)3/2

3E{

sin−1[(1 − E2)1/2] − (1 − E2)1/2E}

⎦ . (7.71)

Es zeigt sich, dass der Einfluss der Exzentrizität gering ist. Dies dürfte damit zusam-menhängen, dass der Stoffübergang auf der Rückseite wegen der Wirbelschleppeverbessert wird, aber andererseits die Aufstiegsgeschwindigkeit und damit auch dieReynoldszahl wegen der Abplattung und des vergrößerten Strömungswiderstandesabnehmen.

Der Einfluss der Formschwingungen ist viel stärker als derjenige der Deformation.Fluide Partikel beginnen erst ab einem bestimmten kritischen Durchmesser dkrit zuschwingen. Handelt es sich um Tropfen mit einer mittleren Exzentrizität (E > 0,33),ergibt sich dieser Durchmesser zu

dkrit =√

(ρP − ρc)g(7.72)

mit σ als Grenzflächenspannung (Mahendru und Hackl 1981). Diese Gleichung istnur für niedrigviskose Fluide gültig (ηP < 15 mPas). Die Schwingungsbewegung derfluiden Partikel führt zu einer Intensivierung des Stofftransports infolge der De-formationsturbulenz. In Abb. 7.30 sind experimentell und theoretisch bestimmteSherwoodzahlen inAbhängigkeit von der Pecletzahl mit der Schmidtzahl als Parame-ter dargestellt. Ebenfalls eingetragen sind die Kurven für die schleichende Strömung(Gl. (7.67) für Re → 0, Sc → ∞) sowie für die Potenzialströmung (Gl. (7.68) fürRe → ∞, Sc → 0). Folgende Beziehung (Brauer 1979) kann zur Bestimmung derSherwoodzahl für oszillierende Partikeln verwendet werden:

Sh = 2 + 0,015 Re0,89Sc0,7. (7.73)

Page 37: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.5 Instationärer Stofftransport bei festen und fluiden Partikeln 231

Abb. 7.30 Mittlere Sherwoodzahl für kugelige und regellos geformte Blasen abhängig von derPeclet- und der Schmidtzahl. (Brauer 1979)

7.5 Instationärer Stofftransport bei festen und fluiden Partikeln

Der Stofftransport über die Grenzfläche von Partikeln ist i. Allg. ein zeitabhängigerVorgang. Die im Folgenden erörterte mathematische Beschreibung umfasst die Dif-fusion in einem ruhenden System, das aus einer einzelnen Kugel, die sowohl festals auch fluid sein kann, und der Umgebung besteht, sowie den konvektiven Stoff-transport bei einer umströmten Kugel. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Stoffwertekonstant sind und dass sich der Durchmesser der Kugel nicht ändert. Es wird in denweiteren Ausführungen lediglich der Transport von der Partikel in das umgebendeFluid betrachtet. Die umgekehrte Richtung ist allerdings ganz analog zu behandeln.Die für beide Fälle maßgebenden mathematischen Grundlagen und Definitionenwerden gesondert den weiteren Ausführungen vorangestellt.

Typische technische Anwendungsfälle für solche instationären Vorgänge sindFlüssig/flüssig-Extraktionen, Rektifikationen oder Absorptionsprozesse in Blasen-säulen, Rührbehältern oder ähnlichen Apparaten.

7.5.1 Mathematische Grundlagen und Definitionen

Das Konzentrationsfeld umfasst das Innere der Kugel sowie deren Umgebung(s. Abb. 7.26). Die Berechnung des Konzentrationsfeldes erfolgt für beide Phasengetrennt. Die Kopplung der Bereiche an der Phasengrenzfläche erfolgt durch ge-sonderte Kopplungsbedingungen. Zur Kennzeichnung der in den beiden Phasenauftretenden Größen dienen die Ziffern 1 für das Innere der Kugel und der Index 2

Page 38: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

232 7 Disperse Systeme

für die umgebende, kontinuierliche Phase. Die diffundierende Komponente ist A.Innerhalb der fluiden Partikel nimmt die Konzentration an A vom Kugelmittelpunktab bis auf den niedrigsten Wert cA10 an der Phasengrenzfläche, wieAbb. 7.26 zeigt. Inder kontinuierlichen Phase sinkt die Konzentration anA vomWert an der Phasengren-ze cA20 bis auf cA2∞ in großer Entfernung von der Partikel. Das Gleichgewicht an derPhasengrenzfläche ist bei Gas/Flüssigkeits-Systemen gegeben durch die Henryzahl:

H ∗ ≡ cA10

cA20. (7.74)

Für den Stofftransport zwischen einer Partikel und einem umgebenden Fluid exi-stieren drei charakteristische Fälle. Unter Berücksichtigung des Zusammenhangszwischen H∗ und m gilt gemäß Gl. (3.32) für den auf die Konzentrationsdifferenz inder dispersen Phase bezogenen Stoffdurchgangskoeffizienten:

1

k1= 1

c1

(

1

β1+ mc1/c2

β2

)

= 1

c1

(

1

β1+ H ∗

β2

)

. (7.75)

Da ab etwa Pe > 10 die Proportionalität Sh ∼ Pe1/2 besteht, gilt: β ∼ D1/2. FolgendeFälle sind zu unterscheiden:

• Widerstand in beiden Phasen ist etwa gleich groß (konjugiertes Problem):β1 ≈ β2/H∗ → H∗ (D1/D2)1/2 ≈ 1.

• Widerstand nur in der dispersen Phase (Innenproblem): β1 β2/H∗ → H∗(D1/D2)1/2 1, damit ist cA2 = cA20 = cA2∞ = konst.

• Widerstand nur in der kontinuierlichen Phase (Außenproblem): β1 � β2/H∗ → H∗(D1/D2)1/2 � 1, cA1 = konst. in der gesamten Partikel.

Das Konzentrationsfeld innerhalb und außerhalb der fluiden Partikel wird durch zweigekoppelte Differenzialgleichungen beschrieben. Dieses System lässt sich numerischunter Beachtung derAnfangs-, Rand- und Phasengrenzflächenbedingungen lösen. Imkugelsymmetrischen Koordinatensystem (r, ϕ, θ) ist das Geschwindigkeitsfeld zurϕ-Koordinate symmetrisch, ebenso das Konzentrationsfeld. Daher treten in Richtungder Umfangskoordinate keine Konzentrationsänderungen auf: w = w(r, θ) und dasProblem kann als zweidimensional behandelt werden.

Zur Vereinfachung werden folgende dimensionslosen Konzentrationsdifferenzenverwendet:

Partikelphase:

ξA1 ≡ cA1 −H ∗cA2(t→∞)

cA1(t=0) −H ∗cA2(t→∞), (7.76)

kontinuierliche Phase:

ξA2 ≡ cA2 − cA2(t→∞)

cA1(t=0)/H ∗ − cA2(t→∞). (7.77)

Üblicherweise kann die Zunahme der Konzentration an A in der kontinuierlichenPhase aufgrund des wesentlichen größeren Volumens vernachlässigt werden. Dem-zufolge kann statt cA2(t→∞) die Konzentration cA2∞ zur Bildung von ξA1 und ξA2

Page 39: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.5 Instationärer Stofftransport bei festen und fluiden Partikeln 233

verwendet werden. Der Nenner von ξA1 stellt die maximal mögliche Konzentrations-differenz in der Partikel, der Nenner von ξA2 diejenige in der kontinuierlichen Phasedar.

Die dimensionslosen Differenzialgleichungen für das Konzentrationsfeld lauten(Gl. (1.96)), unter Berücksichtigung der Rotationssymmetrie (keine Komponente inϕ-Richtung):

Partikelphase:

∂ξA1

∂Fo2

D2

D1+(

w∗r1∂ξA1

∂r∗ + w∗Θ1

r∗∂ξA1

∂θ

)

Pe2

2

D2

D1

= 1

r∗2

[

∂r∗

(

r∗2 ∂ξA1

∂r∗

)

+ 1

sin θ

∂θ

(

sin θ∂ξA1

∂θ

)]

. (7.78)

kontinuierliche Phase:

∂ξA2

∂Fo2+(

w∗r2∂ξA2

∂r∗ + w∗Θ2

r∗∂ξA2

∂θ

)

Pe2

2

= 1

r∗2

[

∂r∗

(

r∗2 ∂ξA2

∂r∗

)

+ 1

sin θ

∂θ

(

sin θ∂ξA2

∂θ

)]

. (7.79)

Fourier- und Pecletzahl sind dabei folgendermaßen definiert:

Fo2 ≡ tD2

R2P

, (7.80)

Pe2 ≡ wpdP

D2. (7.81)

Für w∗ und r∗ gilt:

w∗ = w

wP, (7.82)

r∗ = r

RP. (7.83)

Der in einem Zeitintervall von t = 0 bis t übergehende mittlere Molenstrom berechnetsich gemäß

NA = β πd2PΔcln (7.84)

mit:

Δcln = (cA1(t=0) −H ∗cA2(t=0)) − (cA1 −H ∗cA20)

lncA1(t=0) −H ∗cA2(t=0)

cA1 −H ∗cA20

. (7.85)

Page 40: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

234 7 Disperse Systeme

Als treibende Konzentrationsdifferenz wird die logarithmisch gemittelte Differenzzwischen der mittleren Konzentration in der Partikel und derjenigen an der Pha-sengrenzfläche zum Zeitpunkt t = 0 und t verwendet. Gl. (7.84) stellt gleichzeitigwiederum die Definitionsgleichung für den mittleren Stoffübergangskoeffizienten βdar.

Die Definition der über die Partikeloberfläche sowie die Zeit gemittelten Sher-woodzahl lautet:

Partikelphase:

Sh1 = β1 dP

D1, (7.86)

kontinuierliche Phase:

Sh2 = β2 dP

D2. (7.87)

Ist nur das Geschwindigkeitsfeld bekannt, so können die Differenzialgleichungen(7.78) und (7.79) unter Berücksichtigung der folgenden Anfangs- und Randbedin-gungen gelöst werden.

Anfangsbedingungen:

Fo1 = Fo2 = 0 r∗ < 1, 0 ≤ θ ≤ π ξA1 = 1r∗ < 1, 0 ≤ θ ≤ π ξA2 = 0

Randbedingungen:

1. 0 ≤ r∗ < 1, θ = 0 und θ = π∂ξA1

∂θ= 0

2. r∗ = 0∂ξA1

∂r∗ = 0

3. 1 ≤ r∗ < ∞, θ = 0 und θ = π∂ξA2

∂θ= 0

4. r∗ → ∞ 0 ≤ θ ≤ π ξA2 = 0

Die Übergangsbedingungen 5 und 6 lauten:

r* = 1 0 ≤ θ ≤ πξA1 = ξA2

∂ξA1

∂r∗ = ∂ξA2

∂r∗D2

D1

1

H ∗

Weitere Übergangsbedingungen hängen von der Aufteilung der Stofftransportwider-stände ab.

Widerstand nur in der Partikelphase:

7a. r* = 1 0 ≤ θ ≤ π ξA1 = ξA2 = 0

Page 41: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.5 Instationärer Stofftransport bei festen und fluiden Partikeln 235

Widerstand nur in der kontinuierlichen Phase:

7b. r∗ = 1 0 ≤ θ ≤ π∂ξA1

∂Fo2= −3

2

1

H ∗

π∫

o

(

∂ξA2

∂r∗

)

r∗=1

sinθ dθ

7.5.2 Diffusiver Transport in einer Kugel

Unter der Annahme, dass lediglich ein rein diffusiver Stofftransport in einer Kugelstattfindet, vereinfacht sich Gl. (7.78) zu:

∂ξA1

∂Fo1= 1

r∗2

[

∂r∗

(

r∗2 ∂ξA1

∂r∗

)]

. (7.88)

Bei Vorliegen einer konstanten Oberflächenkonzentration ξA10 ergibt sich unter Ein-beziehung der relevanten Anfangs- und Randbedingungen gemäß Abschn. 2.2.2 alsLösung dieser Differenzialgleichung:

ξA1 = − 2

πr∗

∞∑

n=1

[

(−1)n

nsin(nπr∗) exp (−n2π2Fo1)

]

. (2.43)

Für Fo → ∞ verschwindet der Exponentialausdruck, sodass ξA1 = 0 wird. DasSystem befindet sich im Gleichgewicht, und der Stofftransport ist abgeschlossen. Ab-bildung 7.20 zeigt das Konzentrationsverhältnis ξA1 inAbhängigkeit vom bezogenenRadius r∗ mit der Fourierzahl als Parameter.

Für die zeitliche Entwicklung der mittleren Konzentration ξA1 wurde bereits inAbschn. 2.2.2 die Beziehung

ξA1 = 6

π2

∞∑

n=1

1

n2exp (−n2π2Fo1) (2.45)

abgeleitet sowie die zeitlich gemittelte Sherwoodzahl bestimmt:

Sh = βdP

DAB= − 2

3Foln

[

6

π2

∞∑

n=1

1

n2exp(−Foπ2n2

)

]

(2.50)

7.5.3 Stoffübergang bei schleichender Umströmung

Für den Fall eines reinen Innenwiderstands kann unter Verwendung der vonHadamard (Hadamard 1911) und Rybczynski (Rybczynski 1911) abgeleiteten in-ternen Zirkulationsgeschwindigkeiten die Stoffbilanz (7.78) gelöst werden. Unterder Annahme, dass der konvektive Transport weitaus stärker als der diffusive ist(bei hohen Pecletzahlen), lässt sich für den Stoffübergangskoeffizienten folgenderZusammenhang herleiten (Kronig und Brink 1950):

Page 42: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

236 7 Disperse Systeme

β = −dP6t

ln

[

3

8

∞∑

n=1

B2nexp (−16λnFo)

]

. (7.89)

Folgende Werte für Bn bzw. λn sind zu verwenden (Heerties et al. 1954):

n 1 2 3 4 5 6 7

Bn 1,33 0,6 0,36 0,35 0,28 0,22 0,16λn 1,678 8,48 21,10 38,5 63 89,8 123,8

Aufgrund derAnnahme bei der Herleitung von Gl. (7.89) ist deren Gültigkeitsbereichallerdings auf Pe/(1 − η∗) > 1000 beschränkt.

7.5.4 Spezielle Lösung für sehr kurze Zeiten

Für sehr kurze Zeiten lassen sich die Gleichungen (7.78) und (7.79) soweit verein-fachen, dass sich geschlossene Lösungen ergeben. Bei sehr kurzen Zeiten könnensich Konzentrationsgradienten nur unmittelbar an der Phasengrenzfläche ausbilden.In diesem Fall ist das Konzentrationsfeld noch unabhängig vom Geschwindigkeits-feld. In den Stofftransportgleichungen entfallen dann die konvektiven Terme. Fürden Fall, dass der Übertragungswiderstand in der Partikel liegt (H∗ (D1/D2)1/2 1),kann auf die analytische Lösung des rein diffusiven Stofftransports für kurze Zei-ten zurückgegriffen werden (s. Abschn. 2.2.2). Auf diese Weise ergibt sich für dieSherwoodzahl in der dispersen Phase aus Gl. (2.50):

Sh1 = 4√π

1

Fo1/21

mit Fo1 = t ·D1

R2P

. (7.90)

Bemerkenswert ist die Unabhängigkeit der Sherwoodzahl von der Henryzahl. Ge-mäß der gewählten Randbedingungen bleibt in diesem Fall die dimensionsloseKonzentration von A in der kontinuierlichen Phase ξA2 gleich null. Damit ist diePhasengrenzflächenkonzentration an A in beiden Phasen zeitunabhängig konstantund es kann kein Einfluss von H∗ auftreten.

Der zweite Sonderfall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Widerstand in derkontinuierlichen Phase liegt. Mit der Bedingung H∗ (D1/D2)1/2 � 1 ergibt sich

Sh2 = 4

H ∗√π1

Fo1/22

. (7.91)

Die Phasengrenzflächenkonzentration ist in diesem Fall zeitabhängig, und damit trittdie Henryzahl als Parameter für die Sherwoodzahl auf. Mit abnehmender Henryzahlsteigt die treibende Konzentrationsdifferenz in der kontinuierlichen Phase an, weildie Löslichkeit der Komponente in der Flüssigkeit zunimmt.

In realen Stoffsystemen tritt Fall 1, also der Hauptwiderstand in der Partikel z. B.beim Transport von einem Tropfen in eine gasförmige Umgebung auf oder auch

Page 43: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.5 Instationärer Stofftransport bei festen und fluiden Partikeln 237

Abb. 7.31 Zeitlicher Verlaufder mittleren Konzentration ineiner fluiden Kugel im Falldes kontrollierendenWiderstands in der Kugel fürverschiedene Pecletzahlen.(Piarah 2001)

bei der Verdunstung einer reinen Flüssigkeit in eine Blase. Dagegen tritt der Fall 2,Hauptwiderstand in der kontinuierlichen Phase, z. B. beim Stoffübergang von einerBlase in eine umgebende Flüssigkeit auf.

7.5.5 Berechnung der übergehenden Masse für sehr lange Zeiten

Für sehr lange Zeiten ergeben sich asymptotische Grenzwerte für den Stoffüber-gangskoeffizienten. Für den Fall eines alleinigen Innenwiderstands können für diereine Diffusion bzw. für die schleichende Umströmung bei Pe/(1 + η∗) > 1000 ausden Gln. (2.50) und (7.89) analytisch folgende asymptotische Sherwoodzahlen bes-timmt werden:

Re = 0 : Sh = 2π2

3≈ 6,58, (7.92)

Re < 1 : Sh = 17,7. (7.93)

7.5.6 Ergebnisse der numerischen Lösung

Stofftransportwiderstand nur in der Partikelphase (Innenproblem) Im Folgendenwird zunächst der Fall behandelt, dass allein in der Partikelphase ein Stofftransport-widerstand (Innenproblem) auftritt. Damit lautet die Phasengrenzflächenbedingung,dass überall an der Partikeloberfläche die Konzentration cA10 zeitlich konstant bleibt,da cA2 gemäß der Voraussetzungen konstant ist.

Page 44: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

238 7 Disperse Systeme

Abb. 7.32 Zeitlicher Verlauf der mittleren Sherwoodzahl in einer fluiden Kugel im Fall deskontrollierenden Widerstands in der Kugel für verschiedene Pecletzahlen. (Piarah 2001)

Den numerisch berechneten zeitlichen Verlauf der mittleren Konzentration in derPartikel zeigt Abb. 7.31 für eine Reynoldszahl von 100 und ein Viskositätsverhältnisvon η∗ = η1/η2 = 1. Der Kurvenparameter Pe kennzeichnet die Intensität der innerenZirkulation in der Partikel. Für kleine Pecletzahlen ist die interne Konvektion fürden Stofftransport ohne Bedeutung, sodass der Konzentrationsverlauf demjenigender reinen Diffusion (Gl. 2.45) vollständig entspricht. Erst bei Pe > 10 führt die innereStrömung zu einem schnellen Konzentrationsabbau. Insgesamt ist der Stoffübergangbei Fo zwischen 0,15 und 0,4 nahezu vollständig abgeschlossen.

Der aus denselben numerischen Ergebnissen berechenbare zeitliche Verlauf derzeitlich und örtlich gemittelten Sherwoodzahl wird in Abb. 7.32 dargestellt. Fürkurze Zeiten, also kleine Fourierzahlen, folgen die numerisch berechneten Datenden Ergebnissen der Penetrationstheorie gemäß Gl. (7.90). Für Pe < 10 ergibt sicheine asymptotische Sherwoodzahl gemäß der analytischen Lösung des reinen Dif-fusionsproblems von 6,58. Höhere Pecletzahlen bedingen aufgrund der intensivereninternen Zirkulationsströmung einen verbesserten konvektiven Stofftransport, dersich in höheren Sherwoodzahlen niederschlägt. Auch bei den hohen Pecletzahlen er-geben sich asymptotische Werte für Sh bei hohen Fourierzahlen. Diese liegen in derGrößenordnung des für die schleichende Umströmung hergeleiteten Werts von 17,7.

Mit zunehmendem Viskositätsverhältnis η∗ nimmt die interne Zirkulation ab, undder Stoffübergang nähert sich zunehmend dem der reinen Diffusion an.

Stofftransport nur in der kontinuierlichen Phase (Außenproblem) Liegt der Stoff-transportwiderstand ausschließlich in der kontinuierlichen Phase (Außenproblem),so tritt bei abnehmender Konzentration in der Partikelphase ebenfalls ein instatio-näres Problem auf. Die in einem solchen Fall charakteristische zeitliche Entwicklung

Page 45: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.6 Verständnisfragen 239

Abb. 7.33 Zeitlicher Verlauf der mittleren Sherwoodzahl an einer fluiden Kugel im Fall des kon-trollierenden Widerstands in der kontinuierlichen Phase für verschiedene Pecletzahlen. (Piarah2001)

der Sherwoodzahl zeigt exemplarisch Abb. 7.33 für verschiedene Pecletzahlen. ImVergleich zum reinen Innenproblem tritt hier mit der Henryzahl noch ein weitererParameter auf. Für kleine Fourierzahlen ergibt sich wiederum der Zusammenhanggemäß Penetrationshypothese (Gl. (7.91)). Mit steigender Pecletzahl nimmt dieSherwoodzahl zu. Die resultierenden asymptotischen Sherwoodzahlen lassen sichunter Verwendung von Abb. 7.28 mittels Gl. (7.69) näherungsweise bestimmen. Diebei hohen Fourierzahlen auftretenden nur noch geringfügigen Konzentrationsände-rungen führen demzufolge zu einem nahezu stationären Stofftransport.

Mit zunehmender Henryzahl nimmt der Stofftransport ab. Die in Gl. (7.91) auf-tretende umgekehrte Proportionalität zwischen Sh und H∗ bleibt grundsätzlich auchbei hohen Fourierzahlen erhalten (Piarah 2001).

Im Fall der Bewegung von Tropfen in einer Flüssigkeit müssen i. Allg. dieWiderstände in beiden Phasen berücksichtigt werden. Dies führt zu komplexen Zu-sammenhängen, die nur durchVerwendung numerischer Methoden aufgelöst werdenkönnen. Entsprechende Ergebnisse finden sich u. a. bei (Piarah 2001).

7.6 Verständnisfragen

1. Welche Kräfte treten bei der Bewegung von Partikeln auf und wie werden dieseKräfte berechnet?

2. Was beschreibt das Bewegungsgesetz und wie lautet es?

Page 46: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

240 7 Disperse Systeme

3. Skizzieren Sie das Widerstandsgesetz für feste Kugeln. Erläutern Sie dieunterschiedlichen Bereiche.

4. Welche Proportionalität besteht zwischen der Sinkgeschwindigkeit fester Ku-geln und ihrem Durchmesser im Stokesschen und im Newtonschen Bereich?

5. Skizzieren Sie das Geschwindigkeitsfeld bei der Umströmung einer kugelför-migen Gasblase. Wie lauten die Randbedingungen an der Phasengrenzfläche?

6. Durch welche Kräfte ist der größte stabile Durchmesser einer fluiden Partikelbestimmt, und wie groß ist er?

7. Skizzieren Sie das Widerstandsgesetz für Blasen und erläutern Sie die verschie-denen Bereiche.

8. Warum ist der Widerstandsbeiwert einer fluiden Kugel geringer als derjenigeneiner festen? Gilt dies universell?

9. Leiten Sie den Zusammenhang zwischen der Reynoldszahl und der Fourierzahlfür die instationäre Fallbewegung ab, wenn der Widerstandsbeiwert sich nachdem Stokesschen Gesetz berechnen lässt.

10. Durch welche beiden Mechanismen ändert sich die Sinkgeschwindigkeit festerPartikeln, wenn diese sich in einem Schwarm bewegen?

11. Skizzieren Sie die Abhängigkeit des Geschwindigkeitsverhältnisses wss/ws vomFeststoffanteil ϕr für die Schwarmsinkbewegung fester Kugeln. Durch welcheGleichung lässt sie sich beschreiben?

12. Welche Strömungsformen sind bei der umströmten festen Kugel zu unterschei-den? Wie lauten die jeweils zugehörigen Reynoldszahlen?

13. Welchen Wert besitzt die Sherwoodzahl bei reiner Diffusion an einer kugelför-migen Partikel? Leiten Sie diesen Zusammenhang her.

14. Skizzieren Sie die Abhängigkeit der mittleren Sherwoodzahl von der Pe-cletzahl für den physikalischen Stofftransport an festen Partikeln. WelchenStrömungszustand kennzeichnen Sc → 0 bzw. Sc → ∞?

15. Skizzieren Sie den Konzentrationsverlauf an einer festen Partikel bei einerheterogenen Reaktion 1. Ordnung für unterschiedliche Damköhlerzahlen.

16. Wann gilt der Zusammenhang Sh = 2 Da und warum?17. Worin unterscheiden sich die Stofftransportvorgänge an festen und an fluiden

Partikeln?18. Skizzieren Sie die Abhängigkeit der mittleren Sherwoodzahl von der Pecletzahl

für den physikalischen Stofftransport an fluiden Partikeln.19. Welche Bedeutung haben Schwingungsbewegungen für den Stoffübergang an

einer fluiden Partikel?20. Welche charakteristischen Fälle sind beim Stofftransport von einer Partikel an

eine umgebende Flüssigkeit zu unterscheiden? Welche physikalischen Größensind hierfür entscheidend?

21. Wie lautet der Zusammenhang zwischen der Sherwoodzahl und der Fourierzahlbei sehr kurzen und bei sehr langen Zeiten?

22. In welchen realen Fällen tritt der Hauptwiderstand für den Stofftransport in derPartikel bzw. in der kontinuierlichen Phase auf?

Page 47: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.7 Aufgaben 241

7.7 Aufgaben

1. Eine Hohlkugel mit einem Durchmesser von 5 mm und einer Masse von 0,05 gdurchsteigt eine Flüssigkeit mit einer Geschwindigkeit von 5 × 10− 3 m/s. DieFlüssigkeitsdichte beträgt 900 kg/m3.

Berechnen Sie die Zähigkeit der Flüssigkeit, die Widerstandskraft und denWiderstandsbeiwert.

2. Ein kugelförmiges Teilchen mit einem Durchmesser von 3 mm und einer Dichtevon 1,2 × 103 kg/m3 sinkt in Wasser.

Bestimmen Sie die Sinkgeschwindigkeiten und Widerstandsbeiwerte unter derAnnahme, dass die Partikel

a. fest oderb. fluid ist (ηf = 10− 3) Pas, σ = 0,03 N/m) undc. sich in einem monodispersen Schwarm mit einem Feststoffvolumenanteil von

0,1 bewegt.

3. Zum Zeitpunkt t = 0 beginnt in einem weiten, mit Glycerin (ρf = 1260 kg/m3,ηf = 1,47 kg/(ms)) gefüllten Gefäß eine Glaskugel (ρP = 2500 kg/m3) mit demDurchmesser 0,6 cm unter der Wirkung der Schwerkraft zu sinken. Der Koeffi-zient α zur Berücksichtigung des mitgeschleppten Flüssigkeitsvolumens beträgtfür eine Kugel 0,5.

Annahme: Die Sinkbewegung findet im Stokesschen Bereich statt.

a. Stellen Sie anhand der vier wirkenden Hauptkräfte die Bewegungsgleichungauf.

b. Wie lange dauert es, bis die Geschwindigkeit der Kugel 99 % der Endfallge-schwindigkeit w∞ erreicht hat?

c. Welche Zeit benötigt die Kugel, um nach Erreichen der stationären Geschwin-digkeit einen Weg von 50 cm zurückzulegen?

d. Überprüfen Sie die Anwendbarkeit der Stokesschen Widerstandsbeziehungfür die berechneten Werte.

e. Wie groß darf der Durchmesser der Glaskugel höchstens sein, wenn sichdie Kugel in einem mit Wasser von 20 ◦C gefüllten Gefäß im Bereich derschleichenden Strömung bewegen soll.

4. Gemahlene Kohle (kugelförmige Körner mit einem Durchmesser von 10− 4 m,ρP = 1400 kg/m3) soll im Anschluss an einen hydraulischen Fördervorgang ineinem Absetzbecken vom Wasser bei 20 ◦C getrennt werden. Für das Klärbeckensteht eine Fläche von A = 30 m2 zur Verfügung. Der Absetzvorgang soll als idealeSedimentation behandelt werden, wobei der anfängliche Feststoffvolumenanteilder Trübe ϕV = ϕV0 im Becken als räumlich und zeitlich konstant angenommenwird. Für den Feststoffvolumenanteil im Sediment soll der Wert ϕVS = 0,525angenommen werden.

Page 48: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

242 7 Disperse Systeme

Welcher Feststoffvolumenanteil ist zu wählen, damit die Sedimentationsschicht-höhe hS nach vollständiger Trennung des Kohle/Wasser-Gemisches nicht größerals 10 % der Beckenhöhe H wird?

5. In dem Nachklärbecken einer kommunalen Kläranlage (L × B = 8 m × 2,5 m) sol-len Bakterienflocken (Annahme: kugelig) durch Sedimentation vom gereinigtenWasser getrennt werden. Der wasserfreie Massenanteil der Bakterien am gesam-ten Schlamm (Trockenstoffgehalt) beträgt im Eintritt 0,5 %. 8 % der Fläche desNachklärbeckens werden für die Suspensionsverteilung benötigt, sie stehen alsonicht als aktive Sedimentationsfläche zur Verfügung. Gesucht ist der maximalzulässige Durchsatz an Suspension in t/h, wenn Flocken der Größe dP = 5 μmnoch abgeschieden werden sollen. Der Trockenstoffgehalt im abgeschiedenenKlärschlamm beträgt 1,2 %; im Ablauf sei kein Klärschlamm mehr vorhanden.

Hinweis: Bei derart niedrigen Massenanteilen beeinflussen sich die Partikel inihrer Bewegung nicht.

Stoffdaten:ρP = 1120 kg/m3

ρH2O = 1000 kg/m3

ηH2O = 1 mPa s

a. Berechnen Sie die Sinkgeschwindigkeit einer Partikel mit dP = 50 μm.

Hinweis: Beachten Sie die Größe der Partikel (Annahmen für die Rechnung).

b. Berechnen Sie den maximal zulässigen Eingangsmassenstrom in Abhängig-keit von der Verweilzeit tv.

6. Eine Luftblase (ρg = 1,2 kg/m3, Dgf = 2,5 × 10− 9) m2/s) mit dem Durchmes-ser der größten stabilen Einzelblase steigt in sauerstofffreiem Wasser (ρf =1000 kg/m3, ηf = 10− 3) Pa s, σ = 0,072 N/m) auf.

Welche Aufstiegslänge muss die Blase zurücklegen, bis 80 % des O2 aus der Luftabsorbiert sind?

Hinweise:• Der Durchmesser der Luftblase wird vereinfachend als konstant angesehen.• Das Problem kann quasistationär als reines Außenproblem unter Vernachläs-

sigung der Druckänderung in der Blase gerechnet werden.

7. Zur Bestimmung des Stoffübergangskoeffizienten werden kugelförmigeHarnstoff-Partikeln (˜M = 60 kg/kmol, ρP = 1335 kg/m3, D = 1,18 × 10− 9) m2/s)leicht unterschiedlicher Größe in dem abgebildeten Versuchsaufbau in Wasser(20 ◦C) fallen gelassen und die Fallzeiten zwischen den einzelnen Punkten ge-messen. Nach Durchlaufen der Strecke 0 − 0,2 m kann der Stofftransport alsstationär angesehen werden. (Für die Sättigungskonzentration des Harnstoffs inWasser gilt c∗

Harnstoff f = cHarnstoff s/1,11.)3.

3 Messwerte nach (Petrescu et al. 1997).

Page 49: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

7.7 Aufgaben 243

0,2m (A)

0m

0,4m (B)

0,78m (C)

0,93

Vers. Nr. Fallzeit in s

AB BC CD

1 2,85 5,25 4,552 2.1 4,3 2,63 2,6 4,2 4,94 2,4 5,5 4,55 2,2 4,4 3,2

a. Bestimmen Sie für die Abschnitte AB, BC und CD Mittelwerte für die Sinkge-schwindigkeit, den Partikeldurchmesser und den Stoffübergangskoeffizienten.

b. Die Ergebnisse aus a) sind in Form eines Diagramms Sh = f (Pe) darzustellenund mit den bekannten Stoffübergangsbeziehungen zu vergleichen.

c. Wie lange muss eine anfänglich 2 mm große Harnstoffkugel unter stationärenBedingungen fallen, bis 5 × 10− 3 g Harnstoff gelöst werden?

8. Von einer festen Kugel wird der Stoff A an ein angrenzendes, ruhendes Fluidübertragen, in dem A in einer homogenen chemischen Reaktion 1. Ordnungabreagiert.

a. Bestimmen Sie das Konzentrationsfeld über die Aufstellung einer differen-ziellen Massenbilanz und anschließende Lösung der resultierenden Differen-zialgleichung.

b. Welcher Zusammenhang zwischen Sh und Da korrespondiert mit diesemKonzentrationsfeld?

9. Eine 8-mm-Katalysatorkugel wird bei Umgebungsdruck von einem 180 ◦C hei-ßen Luft-Propen-Gemisch angeströmt. Die Strömungsgeschwindigkeit beträgt3,5 mm/s, der Massenanteil des Propens 0,002. An der Katalysatoroberflächewird das Propen vollständig oxidiert:

C3H6 + 4,5O2 → 3 CO2 + 3H2

Wie viel Propen wird in einer Stunde umgesetzt?

Hinweis: Die Temperaturerhöhung infolge der Reaktion und damit die Verände-rungen der Stoff- und kinetischen Daten können vernachlässigt werden.

Page 50: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

244 7 Disperse Systeme

Gegeben:ρKat = 1400 kg/m3

ρg = 0,77 kg/m3

ηg = 2,53 × 10− 5 kg/(ms)DPr/Luft = 2,55 × 10− 5 m2/skw = 0,064 m/s˜MPr = 42 kg/kmol˜MLuft = 28 kg/kmol

10. In einer Kaffeekanne mit ungesüßtem Kaffee (ρf = 1000 kg/m3, νf = 10− 6 m2/s)befindet sich eine Zuckerkugel (ρZucker = 1520 kg/m3, ˜MZucker = 180 kg/kmol,c∗

Zucker f = 4,35 kmol/m3, DZucker/Kaffee = 5,8 × 10− 10 m2/s), welche aufgelöstwerden soll. Es ist die Lösezeit für den folgenden Fall zu bestimmen: Daskugelige Zuckerteilchen wird durch Rühren aufgewirbelt und sinkt danach zuBoden. Beim Absinken löst es sich von einem Durchmesser von 1 mm auf einenEnddurchmesser von 0,1 mm auf. Es zeigt sich, dass der Durchmesser annäherndlinear mit der Zeit abnimmt.

Hinweis: Bezeichnet man die übergehende Komponente Zucker mit A, so be-trägt die zeitliche Änderung der Masse MA des Zuckerkorns mit dem RadiusR:

dMA

dt= −βAP (ρA0 − ρA∞) mit MA = 4

3πR(t)3ρA.

a. Es ist eine Massenstrombilanz der Kugel mit stationärem Stofftransportaufzustellen.

b. Welche Gleichung ergibt sich für die Lösezeit aus der Bilanz?c. Wie groß ist der mit dem mittleren Partikeldurchmesser berechnete Stoff-

übergangskoeffizient?d. Wie groß sind die Lösezeit und die benötigte Höhe der Kaffeekanne?

11. Eine organische Flüssigkeit soll mit der Komponente A zu 90 % gesättigt wer-den. Hierzu steht eine gesättigte wässrige Lösung von A zur Verfügung.4 Diewasserunlösliche organische Flüssigkeit wird in kleinen Tropfen (dP = 2 mm)dispergiert und steigt in der gesättigten wässrigen Phase auf (Aufstiegsgeschwin-digkeit wP = 0,01 m/s). Der Diffusionskoeffizient von A ist in beiden Phasengleich D = 10−9 m2/s. Die Löslichkeit vonA in der organischen Phase ist 200fachhöher als in Wasser. Die Konzentration von A in der wässrigen Phase bleibt un-verändert aufgrund des hohen Überschusses. Die Anfangskonzentration von Ain der organischen Phase ist gleich null.

Welche Höhe der Wassersäule ist erforderlich für eine 90 %ige Sättigung in derorganischen Phase?

4 Nach (Beek et al. 1999).

Page 51: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik || Disperse Systeme

Literatur 245

12. Kleine kugelförmige Partikeln aus Benzoesäure (dP = 0,4 mm, ρs = 1075 kg/m3,˜MA = 122 kg/kmol) werden in Natronlauge (ρf = 1076 kg/m3, ηf = 1,5 ×10− 3 Pa s) aufgelöst. Die chemische Reaktion zwischen der Säure (A) und derLauge (B) verläuft spontan.

a. Leiten Sie folgenden Zusammenhang für den Beschleunigungsfaktor

E = 1 + DB cB∞DA c∗

Af

her unter der Annahme, dass die Relativgeschwindigkeit zwischen Partikelnund Flüssigkeit vernachlässigt werden kann.

b. Welche Zeit ist für die völlige Auflösung der Partikeln erforderlich?c. Ist die Vernachlässigung der Relativbewegung zwischen Partikeln und

Flüssigkeit zulässig?

Gegeben:DA = 8 × 10− 10 m2/s DB = 2 × 10− 9 m2/sSättigungskonzentration Benzoesäure c∗

Af = 1,6 × 10− 2 kmol/m3

Mittlere Laugenkonzentration cB∞ = 1,7 kmol/m3

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