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Kunststoffe 9/2018 www.kunststoffe.de
Trendbericht AUTOMOBILBAU 131
Ein probates Mittel, Gewicht zu sparen, ist nach wie vor, die Dichte von Werk
stoffen zu reduzieren. Dass das auch bei den an sich schon leichten Schaumstoffen so ist, wurde auf dem diesjährigen Kongress Plastics in Automotive Engineering (PIAE) in Mannheim am Beispiel einer Instrumententafel (Bild 1) demonstriert. Sie besteht aus einer Formhautoberfläche, einem Polsterschaum und einem ThermoplastTräger und wurde von der Covestro AG, Leverkusen, in Zusammenarbeit mit der Volkswagen AG, Wolfsburg, entwickelt [1].
Die Herstellung derartiger Instrumententafeln erfolgt dabei in drei Schritten:
W 1. Einlegen der Formhaut in die untere Werkzeughälfte und des Spritzgussträgers in die obere Werkzeughälfte.
W 2. Eintrag der flüssigen Schaumkomponenten mittels eines Mischkopfs, meist robotergesteuert in das offene Werkzeug, das anschließend geschlossen wird.
W 3. Das Gemisch schäumt auf, in dieser Phase ist es sehr klebrig, füllt den Raum zwischen Formhaut und Träger (unter Ausgleich von Toleranzen) aus
und bildet nach Ende der Reaktionszeit ein stabiles Sandwich – den InstrumententafelRohling, der dann aus dem geöffneten Werkzeug entformt werden kann.
So zeichnet sich die jüngste Bayfill HalbhartschaumGeneration dadurch aus, dass die schon sehr gering erscheinende formgeschäumte Dichte von 150 kg/m³ auf 120 kg/m³ reduziert werden konnte, ohne an anderer Stelle Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Die Bedeutung dieser um etwa 20 % leichteren Version wird noch verstärkt, wenn man bedenkt,
[FAHRZEUGBAU] [MEDIZINTECHNIK] [VERPACKUNG] [ELEKTRO & ELEKTRONIK] [BAU] [KONSUMGÜTER] [FREIZEIT & SPORT] [OPTIK]
Kunststoffe für die Mobilität von morgen
Neue Polymere, effiziente Prozesse und fortschrittliche Bauteile für die Automobilindustrie
Digitalisierung, Elektromobilität, Energie- und Ressourceneffizienz prägen zukünftige Fahrzeuge. Diese Trends
spiegelten sich auch auf dem diesjährigen Branchentreff PIAE in Mannheim wider. Um die ökologischen und
ökonomischen Herausforderungen der nächsten Jahre zu meistern, sind Kunststoffe ein wesentlicher Schlüssel.
Cockpit des 5er-BMW mit hochglänzenden Echtholz-Zierleisten, im Werkzeug in
One-Step-Technik mit selbstheilender kratzfester Oberfläche lackiert (© BMW)
»
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© Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 9/2018
132 AUTOMOBILBAU Trendbericht
zial gefunden [1]. Die traditionelle PVCSlushHaut mit deren Qualität der VW Konzern seit mehr als einem Jahrzehnt Benchmarks setzt, wird durch eine IMC Sprühhaut ersetzt. Durch die geringere Dichte des dabei verwendeten PUR im Vergleich zu PVCP sind abhängig vom Design weitere 5 bis 10 % Gewichtseinsparung möglich. Die Bayflex Sprühaut kann, wie die klassische Sprühhaut der Recticel N. V., mittels Maskentechnik zweifarbig gestaltet werden. Die Verwendung eines Isocyanatvernetzers im 2KIMCLack der iSLChemie GmbH & Co. KG, Kürten, erfordert allerdings einen regelmäßigen Trennmittelauftrag. Bereits in Serie befindliche 2KIMCLacke mit Carbodiimid Vernetzung [2] oder 1KInMoldCoats, wie bei der BMW AG praktiziert, kommen weitestgehend mit Permanenttrennmitteln auf der (Galvano)Werkzeugoberfläche aus.
dass die Schaumstoffschicht ein ähnliches Gewicht wie die Formhaut auf die Waage bringt.
Eine niedrigere Schaumdichte bietet sogar noch weitere Vorteile im Zusammenspiel mit den sehr weit verbreiteten Formhäuten aus weichgemachtem Polyvinylchlorid (PVCP). Die Schaummasse und damit auch deren Aufnahmevermögen für Weichmacher reduzieren sich. Das trägt zu einer höheren Alterungsbeständigkeit des Verbunds und dem besseren Erhalt der Tieftemperaturflexibilität, die für die CrashSicherheit bedeutsam ist, bei.
Gleichzeitig konnte Covestro mit diesem System die im asiatischen Raum geforderte Reduktion der Acetaldehyd Emissionen einhalten, was für Autoverkäufe in China sehr bedeutend ist.
Aber auch bei der Formhaut haben die Partner noch Gewichtseinsparpoten
Bild 1. Schemati-
scher Instrumenten-
tafelaufbau aus
IMC-PUR-Sprühhaut,
Polsterschaum und
thermoplastischem
Spritzgussträger
(© Covestro)
Neue Alternativen bei Thermoplasten
Unter dem Namen Xiran [3] entwickelt und vertreibt Polyscope Polymers B. V., Geleen/Niederlande, Copolymere von Styrol und MaleinsäureAnhydrid (SMA). Diese Polymere lösten Ende der 90er Jahre die bis dahin dominierenden PC+ABSBlends als Trägermaterial für Instrumententafeln mit hinterschäumten Formhäuten ab. Die Hydrolyseempfindlichkeit von PC, insbesondere im Kontakt mit PURSchäumen und Lacken, machte das Risiko von Feldausfällen zu groß.
Nachdem die Automobilzulieferer die Oberflächenaktivierung von PPCompounds beherrschten, entstanden auch zwischen formal unverträglichen PUR und glasfaserverstärktem PP langzeitstabile Sandwiches. Diese Materialien konnten sich wegen der Gewichts und Kostenvorteile schnell durchsetzen. Als Nachteil gegenüber den amorphen SMA und PCBlends erweist sich jedoch die Teilkristallinität des PP. Nur durch zusätzliche konstruktive Maßnahmen gelingt es, die stärkere Verzugsneigung der meist höher gefüllten Materialien zu kompensieren. Aber auch der Steifigkeitsverlust bei höheren Temperaturen bereitet zunehmend Probleme.
Mit der chemischen Modifikation [4] von SMA zu StyrolMaleïnsäureAnhydrid NPhenylmaleimidTerpolymer (SMI) ist ein hochwärmebeständiger transparenter Kunststoff entstanden. Dieser kann je nach Zusammensetzung der Monomerbausteine Temperaturen bis knapp 200 °C widerstehen. Aufgrund seiner Kompatibilität durch schwach polare StyrolMoleküle und hochpolare Maleinsäurederivate in der Kette wird SMI auch als „Heatbooster“ (Warenname von Polyscope) sehr vielen technischen Kunststoffen beigemischt. So lässt sich beispielweise die Einsatztemperatur von ABS, ASA oder PMMA um bis zu 30 K erhöhen.
Als Highlight der diesjährigen PIAE konnte Polyscope eine ganz neue Polymerklasse als Weiterentwicklung seiner XibondProdukte [5] vorstellen. Den Entwicklern ist dabei eine echte chemische Verbindung zwischen den beiden Thermoplastwelten „amorph“ und „teilkristallin“ gelungen. Beim Compoundieren reagieren die AminoEndgruppen von PA6 mit den MaleinsäureGruppen in der SMI Kette chemisch unter Wasserabspaltung (Bild 2) im Extruder. So entsteht bei
-H2O
H2O
H2O
verknüpfte SMI-PA6-Molekülketten (schematisch)
CH2
CH2
N
H H
5
CH
CH–HCCH–HC
CH–HC CH–HC
C
C NH
O
C
CO OC C
OO O
CH2 5
CH2
N
HH
CH
C C
C O
OCC
O OO
Imidverzweigung
SMI-Kette
PA6-Kette
Bild 2. Chemische Vernetzung von Styrol-Maleinsäureanhydrid-N-Phenylmaleimid-Terpolymer
mit Polyamid 6 zu einem Polymer-Blend aus amorphen und teilkristallinen Bausteinen
(Quelle: Polyscope)
© Kunststoffe
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Trendbericht AUTOMOBILBAU 133
(KraussMaffei Technologies GmbH) und ClearMelt/ColorMelt (Engel Austria GmbH und Hennecke GmbH) [8] bekannt geworden, an.
In einem reaktiven 2KSpritzgießprozess wird ein thermoplastischer Träger aus auf dieses Verfahren optimiertem transparentem Thermoplast mit einem 2KPURRIM oder 2KPUARIMSystem überflutet. Die Oberfläche des lichtechten (aliphatischen) PURxLacks wird durch das Werkzeug geprägt. Das bietet den Vorteil, dass auch 3DKonturen und matte oder hochglänzende Oberflächenstrukturen nebeneinander, gleichzeitig präzise und reproduzierbar abgebildet werden können (Bild 3).
Durch Kombination mit der Hinterspritzung von Dekor und Funktionsfolie (Holzfurniere) (Titelbild) oder LEDIntegration + kapazitiven Schaltfunktionen und VerschwindeEffekt, kann ein dekoriertes und funktionales Bauteil in einem Produktionsschritt hergestellt werden. Für diese FilmInsertMoldingTechnologie (FIM) haben sich kompatible bedruckte PCFolien mit entsprechender Oberflä
chenbeschichtung für Kratz, UV und KosmetikaBeständigkeit bereits bewährt. Die Technik erlaubt gleichzeitig eine einfache Diversifikation, da lediglich ein neues Druckdesign erstellt werden muss, um die entsprechenden Inserts zu erzeugen (siehe auch Seite 139).
Optisch funktionale Verkleidungsteile
Als weitere Option, um die Fülle an Informationen ohne Überfrachtung und Überforderung der Insassen und Fahrer zu transportieren, bietet sich die temporäre Nutzung von Verkleidungsteilen an. An einer smarten Heckklappe hat die Rehau KG & Co., Rehau, demonstriert, wie unterschiedliche optische Informationen ausgetauscht werden können. Vieles davon sollte auch auf den Innenraum übertragbar sein (siehe auch Kunststoffe 3/2018 , S. 51).
Um optische Signale durch Verkleidungsbauteile zu transportieren, müssen diese grundsätzlich eine bestimmte Transparenz aufweisen. Die klassischen Lackierungen stellen schon das erste Hindernis dar. Aber auch die meisten verwendeten Thermoplaste, insbesondere füllstoffhaltige, sind nicht transparent. Besonders schwierig ist es bei plättchenförmigen Füllstoffen, die bei PP sehr häufig verwendet werden. Für das transparente Verkleidungsteil bei Rehau wurde deshalb ein eher sphärischer, gecoateter Füllstoff ausgewählt, der sicherstellt, dass das mechanische Eigenschaftsniveau auf dem geforderten Level bleibt (Bild 4). Gleichzeitig kann man durch geeignete Beschichtung der Füllstoffpartikel den Übergang des Brechungsindex zwischen den optisch unterschiedlich dichten Materialien kontinuierlich anpassen und so die Streuung an der Phasengrenze
Bild 3. Durch Ein-
bringen von glän-
zenden und mikro-
strukturierten Ober-
flächenbereichen
sowie unterschiedli-
chen Schichtdicken
im RIM-Verfahren
wurde ein 3D-Effekt
auf der Bauteilober-
fläche erzeugt
(© Rühl)
entsprechender Auswahl der Komponenten und Prozessbedingungen ein weitmaschiges Netzwerk. Diese Kopplung sorgt, anders als bei rein physikalischen Blends, dafür, dass das mechanische Eigenschaftsbild über einen sehr weiten Temperaturbereich konstant bleibt und wirkt wie eine Schlagzähmodifikation. Dieser Werkstoff gibt den Konstrukteuren zusätzliche Optionen für hochwärmebeständige, schlagzähe und kriecharme Bauteile, wie sie im klassischen Motorraum, aber auch im Umfeld der Leistungselektronik von Elekroantrieben oder auch von LeistungsLEDs zu finden sind.
Traditionell nimmt neben der Werkstoffentwicklung und Produktion bei Polyscope auch das Schließen der Stoffkreisläufe, insbesondere der hochwertigen Produktionsabfälle bei der Bauteilfertigung, einen vorrangigen Platz ein. Mit dem langjährigen RecyclingPartner [6] Wipag Deutschland GmbH (seit 2018 AlbisGruppe), Neuburg a. d. Donau, ist auch das Recycling derartiger ThermoplastSchaumSandwiches mittels Verbundtrennung in die Entwicklung miteinbezogen, um das hochwertige Material im Kreislauf zu führen.
Interieur der Zukunft
Der Innenraum der Zukunft wird von völlig neuen Konzepten geprägt werden. Im autonomen Fahrzeug soll sich das Interieur zu einem multifunktionalen Lebensraum verändern [7]. Hierzu bietet sich eine Weiterentwicklung des in den letzten Jahren zur Serienreife entwickelten DirectCoatingVerfahrens, auch unter den Bezeichnungen ColorForm
»
Licht-Input
PP-EPDM T20/30(Standard)
ABS + PC mitSpezialfüllstoff
Licht-Output
Talkum
10 µm Licht-Input
Licht-OutputFüllstoffanforderungen
• keine Plättchenform• geringe Lichtabsorption• Brechungsindex
(Lichtstreuung)• keine Eigenfarbe
Bild 4. Modifizierung von Thermoplasten zur Verbesserung der optischen Transparenz von
Verkleidungsteilen (Quelle: Rehau)
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134 AUTOMOBILBAU Trendbericht
vermindern, was sich positiv auf die Durchleuchtung auswirkt.
Selbstheilende Oberflächen
Glänzende Oberflächen, wie der so beliebte Klavierlack im Interieur, sind der Stolz jedes Neuwagenbesitzers. Leider hält das oft nicht sehr lange an. Schwarze Hochglanzflächen sind Staubmagneten und machen die kleinste Berührung mit dem Finger sichtbar. Das provoziert häufiges Abwischen, auch mit ungeeigneten Mitteln. Dies oder ein Missgeschick mit Schlüsselbund, Brille, o. ä. hinterlassen schnell Kratzer. So wird schon lange nach Wegen gesucht, diese abzumildern.
Der bisherige Weg war, die Oberfläche immer härter zu machen, um den Kratzwiderstand zu erhöhen. Der härteste Thermoplast ist bekanntlich PMMA und dessen Grenzen sind hinlänglich bekannt. Viele Metalle und vor allem (mineralischer) Staub sind deutlich härter und brechen Partikel aus der spröden Oberfläche (Bild 5, oben rechts). Anders verhalten sich zähharte oder teilkristalline Kunststoffe wie Polyamide. Die punktuell eingetragene Energie lässt die Kristallite lokal aufschmelzen, verdrängt Material an der Oberfläche und erhöht so die Oberflächenenergie. Oberhalb der Glasübergangstemperatur kann sich diese Verformung wieder mehr oder weniger stark zurückbilden und sich so dem energieärmeren Ausgangszustand annähern (Bild 5, unten).
Den Effekt der viskoelastischen Rückstellung hat die Rühl Puromer GmbH,
Friedrichsdorf, in Zusammenarbeit mit der Novem Car Interior Design GmbH, Vorbach, bei seinen PURSystemen für den 2stufigen ClearCoatMoldingProzess (CCM) bei Holzzierteilen ausgenutzt (Animation dazu auf www.kunststoffe.de/selbstheilende_oberflaechen). Eine vorläufige Krönung findet diese Entwicklung in einem OneStepProzess (ColorForm), bei dem in einem reaktiven 2KProzess Echtholzfurniere hinterspritzt und anschließend in einer zweiten Kavität mit einem durch interne Trennmittel selbsttrennend eingestellten PURSystem überflutet werden. Erstmalig hat Novem diese Technik bei den Holzzierleisten von Türen und Instrumententafel der aktuellen 5erReihe von BMW in die Serie eingeführt (Titelbild).
Kratzfestigkeit bleibt eine Herausforderung
Durch Reduzierung des Reibungskoeffizienten an der Oberfläche gleitet das kratzende Medium über die Oberfläche und kann die zerstörerische Kraft nicht ins Material eintragen – „es rutscht ab“. Diese Möglichkeit wird von Zierteilherstellern, teils unbewusst, ausgenutzt.
Reste des Finish vom finalen Polierprozess oder Spuren von Prozesshilfen, wie Entformhilfen, vermindern den Reibungskoeffizienten der Bauteiloberfläche und erschweren oder vermindern damit Kratzschädigungen. Diese Verfahrensweise hat aber mehrere Nachteile:
W Die Menge des „Kratzschutzes“ ist undefiniert.
W Die Wirkungsdauer ist begrenzt, da durch mechanische Beanspruchung und insbesondere Reinigungsprozesse mit nicht auf diese „Beschichtung“ freigegebenen Mitteln die Schichten abgetragen werden.
W Je nach Lage im Fahrzeug und Bauart kommt auch noch photooxidativer Abbau hinzu, der diese Stoffe wasserlöslich oder zumindest dispergierbar und damit leicht entfernbar macht.
Die Evonik Industries AG, Essen, bietet schon seit geraumer Zeit seine Plexi glasCompounds auch in inhärent kratzfest ausgerüsteter Form an [9]. Die Gleitmittel [10] aus dem eigenen Konzern sind bereits fest im Compound fixiert und liefern so definierte Oberflächeneigenschaften, die den üblichen Belastungen wesentlich besser widerstehen. Im Vergleich zu den Basistypen ist das sonstige Eigenschaftsniveau der kratzfest ausgerüsteten TX Reihe nahezu identisch, was ihren Einsatz sehr vereinfacht.
Ein weiterer Fakt bezüglich Kratzfestigkeit ist die Verarbeitung selbst [11]. Die Kratzbeständigkeit ist umso höher, je spannungsärmer das Bauteil hergestellt wird: Hohe Masse und Werkzeugtemperaturen sind ebenso hilfreich, wie geringe Scherung durch Einspritzgeschwindigkeit und Angussgestaltung.
Wärme- und Lichtbeständigkeit
Eine weitere Herausforderung bildet die Lichttechnik am und im Automobil. Die enormen Leuchtdichten moderner HochleistungsLEDs für großflächige Ambientebeleuchtung und immer größere Displays führen zu erheblicher Wärmeentwicklung nahe der LED, was bisher wegen seiner höheren Wärmeformbeständigkeit zum Einsatz von optischem Polycarbonat geführt hat. In der Praxis zeigt sich aber, dass PC bei langer thermischer Belastung zur Vergilbung neigt, was letztlich zu farblicher Veränderung und Lichtverlust führt. Mit Pleximid, einem Polymethylmethacrylimid (PMMI), hat Evonik einen wärmebeständigeren Verwandten des PMMA im Portfolio, der dessen Transparenz nahezu erreicht und die von PC gering übertrifft. Beide Methacrylpolymere besitzen eine hervorragende UVBeständigkeit und zeigen auch nach sehr langer thermischer Belastung nur geringe Vergilbungsneigung sowie Transparenzverlust. Beide Klassen verfügen
Bild 5. Schadbilder
von Kratzern sche-
matisch (oben) und
Selbstheilung von
Kratzern an duktilen
Kunststoffen (unten) plastische Verdrängung Sprödbruch Materialabtrag
plastische Verformung viskoelastische Rückstellung
Rückstellkräfte
© Kunststoffe
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Trendbericht AUTOMOBILBAU 135
Die Bedeutung von thermoplastischen FaserverbundKunststoffen (TPFVK) nimmt ständig zu. Das ist einerseits den geringeren Materialkosten und der vielseitigen hochautomatisierten Verarbeitungstechnik, andererseits aber auch dem mittlerweile wesentlich einfacheren Recycling in geschlossenen Kreisläufen zuzuschreiben.
Gleichzeitig war aber auch ein Grundtenor des diesjährigen PIAEKongresses, dass der reine FVKVerbau weder wirtschaftlich noch technisch alle notwendigen Anforderungen erfüllen kann. Hybridstrukturen aus Metall und Kunststoffen – mit und ohne Faserverstärkungen – sind gegenwärtig die zukunftsträchtigsten Technologien.
Diese Materialkombinationen erfordern aber im Gegenzug geeignete Fügetechniken, um die gewünschten Verbunde herzustellen. Die Kömmerling Chemische Fabrik GmbH, Pirmasens, demonstrierte in der begleitenden Ausstellung [12] eine mit dem Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, Kaiserslautern, entwickelte Hybridfügetechnik als Schlüssel für effizienten Leichtbau (Bild 6). Im ersten Schritt werden die Metalloberflächen mit thermisch polymerisierbaren Haftvermittlern, die Kömmerling zunächst für PP entwickelt hat (Bezeichnung: Köratac), beschichtet. Haftvermittler für weitere TPFVKKombinationen sind bereits in Entwicklung. Die notwendigen Schichtdicken liegen dabei unter 35 µm. Im nächsten Schritt erfolgt dann das Fügen mit den FVK (in diesem Falle PPBasis) durch das gut automatisierbare Induktionsschweißverfahren (Bild 7).
Dieser Prozess erfüllt praktisch mehrere Anforderungen des hybriden Leichtbaus für die automobile Serienproduktion:
W hochfeste Verbindung zwischen FVK und Metall durch Haftvermittler,
W geringe Investitionskosten für Anlagentechnik,
W energetisch hocheffizientes Fügeverfahren,
W Wärmeerzeugung direkt im Bauteil, d. h. hoher thermischer Wirkungsgrad und keine Schädigung der Faserstruktur. W
über ein „optisches Selbstheilungspotenzial“ unter dem Einfluss von hohen Lichtströmen. So reduziert sich der Gelbwert und der Transmissionsverlust bei Wärmelangzeitbelastung in Gegenwart von hohen Lichtströmen auf weniger als die Hälfte [11].
Hybridstrukturen und Hilfswerkstoffe
Zur verbesserten Fertigung von Hybridbauteilen, die sich auf der PIAE als entscheidendes Element für den unverzichtbaren Leichtbau herauskristallisiert haben, gehören auch angepasste Verbindungstechniken mit Oberflächenvorbehandlung, Haftvermittlern und Klebstoffen.
14
MPa
10
8
6
4
2
0Entfetten Druckluft-
strahlenfeine Laser-
strukturierunggrobe Laser-
strukturierungKöratacHL400
KöratacHL403
0
2,6
6,87,2
11,712,1
Zugs
cher
fest
igke
it
Bild 6. Einfluss unterschiedlicher Oberflächenvorbehandlungen auf die Haftung von Stahl-PP-
GMT-Hybridstrukturen (Quelle: Kömmerling)
Der AutorBernhard Klein, PolymerConsulting & Service, Neuburg a. d. Donau, arbeitet als Fachexperte für reaktive Oberflächen-technik, Werkstoffentwicklung und Verar-beitung vorrangig im Bereich der Auto-mobil-Industrie; [email protected]
ServiceLiteratur & Digitalversion
B Das Literaturverzeichnis und ein PDF des Artikels finden Sie unter www.kunststoffe.de/6622197
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© Kunststoffe
Bild 7. Induktions-
schweißkopf beim
automatisierten
Fügen von Metall
mit GMT-PP zu
leichten Hybridbau-
teilen (© Institut für
Verbundwerkstoffe)
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