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KALENDER LAIBACH Konzert Bobby Solo („Du hast ja Tränen in den Augen“), ist Stargast bei der Präsentation der neuen Alben von Tinkara Kovac ˇ und HeavenX am 2. April, 20 Uhr, im Linhart Saal. Cankar Center. Peter Ruzika steht am Pult des Orchesters der Slowenischen Philharmonie (Berg, Ruzicka, Beethoven). Am 7. und 8. April, 19.30 Uhr. Gallus Saal. Cankar Center. Oper Figaros Hochzeit. Oper von W. A. Mozart. Am 2. (19.30 Uhr) und 3. (16 Uhr) April. Oper Ljubljana. www.opera.si Ausstellung Antoni Tàpies. Arbeiten des spanischen Künstlers (1923– 2012). Bis 4. 6., Internationales Grafikzentrum, Schloss Tivoli. MARIBOR Ballett Le Corsaire. Ballett von Adolphe Adam. Choreografie: Aivars Leimanis. Am 8.und 12. April, 19.30 Uhr. Oper (Großer Saal) www.sng-mb.si CODROIPO Ausstellung Joan Miró in der Villa Manin. Bis 3. April. Di. bis So. 10 bis 19 Uhr. www.villamanin.it TRIEST Oper La Cenerentola. Oper von Gioachino Rossini. Am 8. (20.30 Uhr, Premiere), 9., 10. (16 Uhr), 12., 14. und 16. (16 Uhr) April. Teatro Verdi www.teatroverdi-trieste.com Elf Meter hohe Betonwände umgeben den Ziegelbau des Ex-KZs WALDNER(3) Triest Triest Regen Regen „Wieviel kostet das?“ Italienisch Quanto costa questo? Slowenisch Koliko stane? Kroatisch Koliko stoji ovo? SPRACHKURS 20 | SONNTAG | 27. MÄRZ 2016 Nachbarn Die Dichter erzäh- len die wahren Geschichten. Besuch in der KZ- Gedenkstätte Risiera di San Sabba. VON KARIN WALDNER- PETUTSCHNIG einziges deut- sches KZ in Ita- lien bezeich- net, dabei wur- den die faschis- tischen Lager Mussolinis von den Deutschen übernommen!“ Das 1975 eröff- nete Museum wurde zwar in den vergange- nen Jahren um Stimmen und Bio- grafien von Überlebenden erwei- tert, Hinweise auf den kollekti- ven Faschismus jener Zeit muss man aber immer noch suchen, so Knittel: „Die Nazis und die Tito- Partisanen sind die Bösen, aber man erfährt nicht, wer den Nazis geholfen hat, wer übersetzt hat etc. Die italienischen Faschisten hatten die Juden ja schon regis- triert, die Deutschen mussten einfach nur die Listen abholen!“ innerungskul- tur entzerren: „In der Litera- tur kann man auch unter- drückte Ge- schichten er- zählen, ver- steckte Erinne- rungen wieder entdecken.“ Anhand der Gedenkstätte „Risiera di San Sabba“, einer ehe- maligen Reismühle, die von den Nazis zum KZ umfunktioniert wurde (federführend von den Kärntnern Odilo Globocˇnik und Ernst Lerch, die schon zuvor in der so genannten „Aktion Rein- hardt“ den Massenmord an den Juden organisiert hatten), erläu- tert Knittel, wie halbherzig das offizielle Italien seine faschisti- sche Vergangenheit verarbeitet hat: „Die Risiera wird immer als D ie Piazza dell’Unità tropft im Regen. Es tropft von den Markisen vor dem Caffe degli Specchi, und ein paar Schritte weiter tropft es von der Bronzestatue des Dichters Um- berto Saba, der unbeirrt aus- schreitend zwischen all den bun- ten Regenschirmen der Passan- ten steht. Beim Streunen durch die Stadt trifft man inmitten der Flaneure am Trottoir auch auf die beinahe lebensgroßen Figuren von James Joyce und Italo Svevo. Triest und seine Dichter sind das Thema der deutschen Litera- turwissenschafterin Susanne C. Knittel (Universität Utrecht), die kürzlich auf Einladung des Si- mon-Wiesenthal-Instituts für Holocaust-Studien in Wien über „Unheimliche Heimat. Triest als Erinnerungsraum“ sprach. Laut Knittel sind es die Künstler, die so manches geschönte Ge- schichtsbild der öffentlichen Er- wie die kroatische Autorin Das ˇa Drndic´, die in einem semi-doku- mentarischen Roman eine Auflis- tung Tausender jüdischer Opfer des KZs in Triest einbaute oder der deutsche Thomas Harlan, der sich mit seiner Familiengeschich- te in Romanform mit der Risiera auseinandersetzte. Nicht weit vom Zentrum ent- fernt, zwischen Sportstadion und Supermarkt liegt die Gedenkstät- te: Elf Meter hohe Betonwände umgeben die Ziegelmauern des Lagergebäudes, in die Erde einge- lassene Stahlplatten zeichnen die Umrisse des Verbrennungsofens nach, der Blick in die Todeszellen macht nicht nur wegen Wind und Regen frösteln. Erinnerungen, denen sich Schriftsteller wie der Triestiner Slowene Boris Pahor oder der Istrianer Fulvio Tomizza stellten; aber auch die Kindheitserinne- rungen von Ilma Rakusa oder Marisa Madieri, der verstorbe- nen Frau von Claudio Magris, er- zählen poetisch und authentisch von Triests dunkler Vergangen- heit. Auch Nicht-Triestiner Die Dichter sind es, die die wahren Geschichten erzählen: „Das Schöne an der Literatur ist, dass sie immer mehrstimmig sein kann, mehrere Erzähler, mehrere Wahrheiten möglich macht.“ Was mit dem Selbstverständnis einer Gesellschaft nicht zusam- men passt, werde oft verschwie- gen: „Triest ist ein Palimpsest un- terdrückter Erinnerungen“ - im- mer wieder mit neuen über- schrieben. 27. MÄRZ 2016 | SONNTAG | 21 im im Der Dichter Umberto Saba spaziert als Bronzeskulptur durch Triest Häftlingskleidung in der Risiera di San Sabba, das 1975 eröffnet wurde Triest ist wie ein Palimpsest unterdrück- ter Erinnerungen. Susanne C. Knittel, Literaturwissen- schaftlerin, Universität Utrecht VWI LESETIPPS Mitteleuropa. 298 Seiten. 10,20 Euro, dtv 2009 Marisa Madieri: Wassergrün. Eine Kindheit in Istrien. 160 Seiten, Zsolnay, nur antiquarisch Boris Pahor: Piazza Oberdan. 192 Seiten, 18 Euro, kitab-Verlag 2009 Ilma Rakusa: Mehr Meer. Erinne- rungspassagen. 328 Seiten, 23 Euro, Droschl 2009 www.risierasansabba.at Thomas Harlan: Heldenfriedhof. Ro- man. 584 Seiten, 24,90 Euro, Eich- born Verlag 2006 Das ˇa Drndic: Sonnenschein. Ro- man. 400 Seiten, 24,70 Euro, Hoffmann und Campe 2015 Fulvio Tomizza: Das Liebespaar aus der Via Rossetti. Roman. 192 Sei- ten, Hanser, nur antiquarisch Claudio Magris/Angelo Ara: Triest. Eine literarische Hauptstadt in Die Piazza dell’Unità - das „Wohnzimmer“ der Triestiner BIGSHOT/BERGMANN „Grado ist ewige UtopieM ein Buch „Grado – Ab- seits der Pfade“ beginne ich mit einem Geständnis: Grado sei meine Geliebte. Als solche zeige ich sie zwar nur ungern, doch mein Stolz auf sie überwiegt meine Eifer- sucht. Das jedesmal Staunen- machende ist – hat man sich durch die Mühsal der Alpen- pässe gekämpft–, dass alles wieder da ist: Luft, Licht, Stimmung, Häuser und Hori- zonte, und alles zugleich dich anspringt, aufnimmt, inte- griert, als wärst du nie weg- gewesen. Man „fällt hinun- ter“ nach Grado, und sie, die Geliebte, fängt dich auf mit ihrer Wärme, ihrer Milde, vor allem der Österreicher er- fährt hier einen süßen Schau- er des Heimkommens. Mir geht das so zu jeder Jahres- zeit. Die „Sonneninsel“ hat einen Verzauberungseffekt. Sie entzündet den poetischen Funken in uns. Sie ist die ewi- ge Utopie hinter unserer Wirklichkeit; ein Stück Land aus unseren Träumen und unserer Kindheit. Und wenn Sie noch nicht wissen, was ich meine, treffen wir uns vor „Max’in“ am Rand der Alt- stadt auf ein Glas Frizzante und ein Stockfischcanapé, an einem Frühlingssamstag in der Mittagssonne! Buon viag- gio! MICHAEL DANGL Mehr am Meer: Michael Dangl, Schauspieler und Autor KK/DANGL MEINE STADT

Triest den Ziegelbau desEx-KZs WALDNER(3) Regen...2016/03/27  · Ballett von Adolphe Adam. Choreografie: Aivars Leimanis. Am 8.und 12. April, 19.30 Uhr. Oper (Gro er Saal) CODROIPO

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    LAIBACHKonzertBobby Solo („Du hast ja Tränenin den Augen“), ist Stargast beider Präsentation der neuenAlben von Tinkara Kovač undHeavenX am 2. April, 20 Uhr, imLinhart Saal. Cankar Center.Peter Ruzika steht am Pult desOrchesters der SlowenischenPhilharmonie (Berg, Ruzicka,Beethoven). Am 7. und 8. April,19.30 Uhr. Gallus Saal. CankarCenter.

    OperFigaros Hochzeit. Oper von W. A.Mozart. Am 2. (19.30 Uhr)und 3. (16 Uhr) April. OperLjubljana. www.opera.si

    AusstellungAntoni Tàpies. Arbeiten desspanischen Künstlers (1923–2012). Bis 4. 6., InternationalesGrafikzentrum, Schloss Tivoli.

    MARIBORBallettLe Corsaire. Ballett von AdolpheAdam. Choreografie: AivarsLeimanis. Am 8.und 12. April,19.30 Uhr. Oper (Großer Saal)

    www.sng-mb.si

    CODROIPOAusstellungJoan Miró in der Villa Manin. Bis 3.April. Di. bis So. 10 bis 19 Uhr.

    www.villamanin.itTRIESTOperLa Cenerentola. Oper vonGioachino Rossini. Am 8. (20.30Uhr, Premiere), 9., 10. (16 Uhr),12., 14. und 16. (16 Uhr) April.Teatro Verdi

    www.teatroverdi-trieste.com

    Elf Meter hohe Betonwände umgebenden Ziegelbau des Ex-KZs WALDNER(3)

    TriestTriest

    RegenRegen

    „Wieviel kostet das?“

    ItalienischQuanto costa questo?

    SlowenischKoliko stane?

    KroatischKoliko stoji ovo?

    SPRACHKURS

    20 | SONNTAG | 27. MÄRZ 2016

    Nachbarn

    Die Dichter erzäh-len die wahrenGeschichten.

    Besuch in der KZ-GedenkstätteRisiera di San

    Sabba.VON KARIN WALDNER-

    PETUTSCHNIG

    einziges deut-sches KZ in Ita-lien bezeich-net, dabei wur-den die faschis-tischen LagerMussolinis vonden Deutschenübernommen!“Das 1975 eröff-nete Museumwurde zwar inden vergange-

    nen Jahren um Stimmen und Bio-grafien von Überlebenden erwei-tert, Hinweise auf den kollekti-ven Faschismus jener Zeit mussman aber immer noch suchen, soKnittel: „Die Nazis und die Tito-Partisanen sind die Bösen, aberman erfährt nicht, wer den Nazisgeholfen hat, wer übersetzt hatetc. Die italienischen Faschistenhatten die Juden ja schon regis-triert, die Deutschen mussteneinfach nur die Listen abholen!“

    innerungskul-tur entzerren:„In der Litera-tur kann manauch unter-drückte Ge-schichten er-zählen, ver-steckte Erinne-rungen wiederentdecken.“

    Anhand derGedenkstätte„Risiera di San Sabba“, einer ehe-maligen Reismühle, die von denNazis zum KZ umfunktioniertwurde (federführend von denKärntnern Odilo Globočnik undErnst Lerch, die schon zuvor inder so genannten „Aktion Rein-hardt“ den Massenmord an denJuden organisiert hatten), erläu-tert Knittel, wie halbherzig dasoffizielle Italien seine faschisti-sche Vergangenheit verarbeitethat: „Die Risiera wird immer als

    Die Piazza dell’Unitàtropft im Regen. Estropft von den Markisen vor demCaffe degli Specchi, und ein paarSchritte weiter tropft es von derBronzestatue des Dichters Um-berto Saba, der unbeirrt aus-schreitend zwischen all den bun-ten Regenschirmen der Passan-ten steht. Beim Streunen durchdie Stadt trifft man inmitten derFlaneure am Trottoir auch auf diebeinahe lebensgroßen Figurenvon James Joyce und Italo Svevo.

    Triest und seine Dichter sinddas Thema der deutschen Litera-turwissenschafterin Susanne C.Knittel (Universität Utrecht), diekürzlich auf Einladung des Si-mon-Wiesenthal-Instituts fürHolocaust-Studien in Wien über„Unheimliche Heimat. Triest alsErinnerungsraum“ sprach. LautKnittel sind es die Künstler, dieso manches geschönte Ge-schichtsbild der öffentlichen Er-

    wie die kroatische Autorin DašaDrndić, die in einem semi-doku-mentarischen Roman eine Auflis-tung Tausender jüdischer Opferdes KZs in Triest einbaute oderder deutsche Thomas Harlan, dersich mit seiner Familiengeschich-te in Romanform mit der Risieraauseinandersetzte.

    Nicht weit vom Zentrum ent-fernt, zwischen Sportstadion undSupermarkt liegt die Gedenkstät-te: Elf Meter hohe Betonwändeumgeben die Ziegelmauern desLagergebäudes, in die Erde einge-lassene Stahlplatten zeichnen dieUmrisse des Verbrennungsofensnach, der Blick in die Todeszellenmacht nicht nur wegen Wind undRegen frösteln.

    Erinnerungen, denen sichSchriftsteller wie der TriestinerSlowene Boris Pahor oder derIstrianer Fulvio Tomizza stellten;aber auch die Kindheitserinne-rungen von Ilma Rakusa oderMarisa Madieri, der verstorbe-nen Frau von Claudio Magris, er-zählen poetisch und authentischvon Triests dunkler Vergangen-heit. Auch Nicht-Triestiner

    Die Dichter sind es, die diewahren Geschichten erzählen:„Das Schöne an der Literatur ist,dass sie immer mehrstimmig seinkann, mehrere Erzähler, mehrereWahrheiten möglich macht.“Was mit dem Selbstverständniseiner Gesellschaft nicht zusam-men passt, werde oft verschwie-gen: „Triest ist ein Palimpsest un-terdrückter Erinnerungen“ - im-mer wieder mit neuen über-schrieben.

    27. MÄRZ 2016 | SONNTAG | 21

    imim

    Der Dichter Umberto Saba spaziertals Bronzeskulptur durch Triest

    Häftlingskleidung in der Risiera diSan Sabba, das 1975 eröffnet wurde

    Triest ist wie einPalimpsest unterdrück-

    ter Erinnerungen.Susanne C. Knittel, Literaturwissen-schaftlerin, Universität Utrecht VWI

    LESETIPPSMitteleuropa. 298 Seiten. 10,20Euro, dtv 2009Marisa Madieri: Wassergrün. EineKindheit in Istrien. 160 Seiten,Zsolnay, nur antiquarischBoris Pahor: Piazza Oberdan. 192Seiten, 18 Euro, kitab-Verlag 2009Ilma Rakusa: Mehr Meer. Erinne-rungspassagen. 328 Seiten, 23Euro, Droschl 2009www.risierasansabba.at

    Thomas Harlan: Heldenfriedhof. Ro-man. 584 Seiten, 24,90 Euro, Eich-born Verlag 2006Daša Drndic: Sonnenschein. Ro-man. 400 Seiten, 24,70 Euro,Hoffmann und Campe 2015Fulvio Tomizza: Das Liebespaar ausder Via Rossetti. Roman. 192 Sei-ten, Hanser, nur antiquarischClaudio Magris/Angelo Ara: Triest.Eine literarische Hauptstadt in

    Die Piazza dell’Unità -das „Wohnzimmer“der TriestinerBIGSHOT/BERGMANN„Grado ist

    ewige Utopie“

    Mein Buch „Grado – Ab-seits der Pfade“ beginneich mit einem Geständnis:Grado sei meine Geliebte. Alssolche zeige ich sie zwar nurungern, doch mein Stolz aufsie überwiegt meine Eifer-sucht. Das jedesmal Staunen-machende ist – hat man sichdurch die Mühsal der Alpen-pässe gekämpft–, dass alleswieder da ist: Luft, Licht,Stimmung, Häuser und Hori-zonte, und alles zugleich dichanspringt, aufnimmt, inte-griert, als wärst du nie weg-gewesen. Man „fällt hinun-ter“ nach Grado, und sie, dieGeliebte, fängt dich auf mitihrer Wärme, ihrer Milde, vorallem der Österreicher er-fährt hier einen süßen Schau-er des Heimkommens. Mirgeht das so zu jeder Jahres-zeit. Die „Sonneninsel“ hateinen Verzauberungseffekt.Sie entzündet den poetischenFunken in uns. Sie ist die ewi-ge Utopie hinter unsererWirklichkeit; ein Stück Landaus unseren Träumen undunserer Kindheit. Und wennSie noch nicht wissen, wasich meine, treffen wir uns vor„Max’in“ am Rand der Alt-stadt auf ein Glas Frizzanteund ein Stockfischcanapé, aneinem Frühlingssamstag inder Mittagssonne! Buon viag-gio! MICHAEL DANGL

    Mehr am Meer: Michael Dangl,Schauspieler und Autor KK/DANGL

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