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88 Türkei – Daten und Fakten Kai Kleinwächter und Martin Meyerhoff Demografie und Wirtschaft In den letzten 80 Jahren wuchs die Bevölkerung der Türkei von 13 Millionen auf 71 Millionen an. Obwohl sich das Bevölkerungswachstum seit 1970 stetig ver- langsamt, wird es erst gegen Ende unseres Jahrunderts zum Erliegen kommen. Entsprechend prognostizieren Demografen der Türkei ca. 100 Millionen Einwoh- ner im Jahre 2050. Trotz des Bevölkerungswachstums schaffte es die Türkei, eine kontinuierliche Zunahme der Wirtschaftsleistung pro Kopf zu generieren. Allerdings verlief die wirtschaftliche Entwicklung sehr zyklisch. Dynamische Phasen mit über 10 Pro- zent Wachstum pro Jahr wechseln mit ökonomischen Krisen. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass diese Charakteristik auch in Zukunft bleiben wird. 1923 1925 1945 1950 - 1980 1980 Gründung der CHP durch Atatürk Einführung des Einparteiensystems CHP-Regierung Einführung des Mehrparteiensystems Gründung u. a. der DP De-facto-Zweiparteien- system zwischen CHP und DP bzw. deren Nachfolge- partei AP (Verbot der DP im Militärputsch 1960); bis zum Militärputsch nur DP-Regierungen, danach wechselnde Kräftever- hältnisse. Militärputsch Verbot u. a. von CHP, AP und MSP Zeitleiste: Türkei Seit der Begründung des türkischen Wahlsystems gilt eine Kombination von Verhältnis- und Mehrheitswahl- system (in den Wahlkreisen der Kandidaten) bei einer gleichzeitigen landesweiten Mindeststimmenzahl von 10 Prozent. Entsprechend sagt die reine Stimmenzahl einer Partei wenig über die die Parlamentarische Mehrheit aus. Von 1950 – 1980 bekamen CHP und DP zusammen maximal 70% der Stimmen, stellten aber bis auf einige Direkt- kandidaten fast alle Parlamentarier. Ebenfalls konnte die AKP 2002 die absolute Mehrheit der Abgeordneten mit rund 35 Prozent Stimmenanteil stellen, da außer ihr nur die CHP (19 Prozent Stimmenanteil) noch ins Parlament gelangte. 0,00% 0,50% 1,00% 1,50% 2,00% 2,50% 3,00% 3,50% 1935 1945 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2025 Bevölkerungswachstum in % p.a. -10,0% -5,0% 0,0% 5,0% 10,0% 15,0% 20,0% 25,0% Wirtschaftswachstum in % p.a. Bevölkerungswachstum Wirtschaftswachstum pro Einwohner Quellen: Franz, Erhard (2003): Das Parteiensystem in der Türkei. Arbeitspapier, Deutsches Orient Institut; http://www.ejts.org/document497.html (aufgerufen: 24.08.2008); http://www.allaboutturkey.com/parti.htm (aufgerufen: 24.08.2008); Turkish Statistical Institute (Hrsg.): Statistical Indicators 1923-2004, 2006; United Nations (Hrsg.): World Population Prospects: The 2006 Revision, Working Paper No. ESA/P/WP.202, 2007. Ökonomische Daten: http://unstats.un.org/unsd/databases.htm; Eigene Berech- nungen; http://www.tuerkei-recht.de/Verfassung.pdf (abgerufen am 6. Juni 2008)

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WeltTrends • Zeitschrift für internationale Politik • 62 • September/Oktober 2008 • 16. Jahrgang • S. 88-89

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Türkei – Daten und FaktenKai Kleinwächter und Martin Meyerhoff

Demografie und Wirtschaft

In den letzten 80 Jahren wuchs die Bevölkerung der Türkei von 13 Millionen auf 71 Millionen an. Obwohl sich das Bevölkerungswachstum seit 1970 stetig ver-langsamt, wird es erst gegen Ende unseres Jahrunderts zum Erliegen kommen. Entsprechend prognostizieren Demografen der Türkei ca. 100 Millionen Einwoh-ner im Jahre 2050.

Trotz des Bevölkerungswachstums schaffte es die Türkei, eine kontinuierliche Zunahme der Wirtschaftsleistung pro Kopf zu generieren. Allerdings verlief die wirtschaftliche Entwicklung sehr zyklisch. Dynamische Phasen mit über 10 Pro-zent Wachstum pro Jahr wechseln mit ökonomischen Krisen. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass diese Charakteristik auch in Zukunft bleiben wird.

1923 1925 1945 1950 - 1980 1980 1981 1983 - 1993 1993 - 2002 2002 - GegenwartGründung der CHP durch Atatürk

Einführung des EinparteiensystemsCHP-Regierung

Einführung desMehrparteiensystemsGründung u. a. der DP

De-facto-Zweiparteien-system zwischen CHP und DP bzw. deren Nachfolge-partei AP (Verbot der DP im Militärputsch 1960); bis zum Militärputsch nur DP-Regierungen, danach wechselnde Kräftever-hältnisse.

MilitärputschVerbot u. a. von CHP, AP und MSP

Nur drei Partein bestehen die Wahl: ANAP – markt-wirtschaftlich-konser-vativ (Nachfolge AP); HP – links orientiert, laizis-tisch (Nachfolge CHP, seit 1985 SHP); RP – islamisch (Neugründung der MSP)

ANAPRegierungspartei

Wechselnde Regie-rungsparteien bzw. -koalitionen.Insgesamt 5 Parteienim ParlamentNeugründung der CHP und Vereinigung mit der SHPVerbote insb. muslimi-scher Parteien: 1998 RP, 2001 FP (Nachfol-gepartei der RP)

AKP (Gründung 2001 aus dem Reformflügel der FP) stellt absolute Mehrheit

Zeitleiste: Türkei

Seit der Begründung des türkischen Wahlsystems gilt eine Kombination von Verhältnis- und Mehrheitswahl-system (in den Wahlkreisen der Kandidaten) bei einer gleichzeitigen landesweiten Mindeststimmenzahl von 10 Prozent. Entsprechend sagt die reine Stimmenzahl einer Partei wenig über die die Parlamentarische Mehrheit aus. Von 1950 – 1980 bekamen CHP und DP zusammen maximal 70% der Stimmen, stellten aber bis auf einige Direkt-kandidaten fast alle Parlamentarier. Ebenfalls konnte die AKP 2002 die absolute Mehrheit der Abgeordneten mit rund 35 Prozent Stimmenanteil stellen, da außer ihr nur die CHP (19 Prozent Stimmenanteil) noch ins Parlament gelangte.

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Bevölkerungswachstum

Wirtschaftswachstum pro Einwohner

Quellen: Franz, Erhard (2003): Das Parteiensystem in der Türkei. Arbeitspapier, Deutsches Orient Institut; http://www.ejts.org/document497.html (aufgerufen: 24.08.2008); http://www.allaboutturkey.com/parti.htm (aufgerufen: 24.08.2008); Turkish Statistical Institute (Hrsg.): Statistical Indicators 1923-2004, 2006; United Nations (Hrsg.): World Population Prospects: The 2006 Revision, Working Paper No. ESA/P/WP.202, 2007. Ökonomische Daten: http://unstats.un.org/unsd/databases.htm; Eigene Berech-nungen; http://www.tuerkei-recht.de/Verfassung.pdf (abgerufen am 6. Juni 2008)

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89Thema

1923 1925 1945 1950 - 1980 1980 1981 1983 - 1993 1993 - 2002 2002 - GegenwartGründung der CHP durch Atatürk

Einführung des EinparteiensystemsCHP-Regierung

Einführung desMehrparteiensystemsGründung u. a. der DP

De-facto-Zweiparteien-system zwischen CHP und DP bzw. deren Nachfolge-partei AP (Verbot der DP im Militärputsch 1960); bis zum Militärputsch nur DP-Regierungen, danach wechselnde Kräftever-hältnisse.

MilitärputschVerbot u. a. von CHP, AP und MSP

Nur drei Partein bestehen die Wahl: ANAP – markt-wirtschaftlich-konser-vativ (Nachfolge AP); HP – links orientiert, laizis-tisch (Nachfolge CHP, seit 1985 SHP); RP – islamisch (Neugründung der MSP)

ANAPRegierungspartei

Wechselnde Regie-rungsparteien bzw. -koalitionen.Insgesamt 5 Parteienim ParlamentNeugründung der CHP und Vereinigung mit der SHPVerbote insb. muslimi-scher Parteien: 1998 RP, 2001 FP (Nachfol-gepartei der RP)

AKP (Gründung 2001 aus dem Reformflügel der FP) stellt absolute Mehrheit

Abkürzungen

ANAP Mutterlandspartei FP TugendparteiAP Gerechtigkeitspartei HP Populistische ParteiCHP Republikanische Volkspartei MSP Nationale Heilspartei DP Demokratische Partei SHP Sozialdemokratische VolksparteiRP Gerechtigkeitspartei

Wahlsystem in der Türkei

StaatspräsidentMindestalter 40 Jahre

sowie HochschulabschlussNiederlegung aller

Mandate und Parteimit-gliedschaften

keine zweite Amtszeit

Ministerpräsident

WahlvolkAktive Wahlpflicht: Ab 18 Jahren

Passives Wahlrecht: ab 30 Jahren und Schulabschluß

Nationalversammlung550 Mitglieder nach Verhältniswahlrecht

10% Mindeststimmenanteil

MinisterPolitische Beamte,

Botschafter, Universitätsdekane

Verfassungsgericht

Nationaler Sicherheitsrat

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