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dee Wassers in seine Bestandtheilc. 195 benen Versuche werden, wahrend die poriise Rohre sie von einander scheidet, die Mengen Sauerstoff und Wasserstoff durch die Kohlensaure weggefiilirt, welche die Zerfallungs-Tension des Wasserdaiiipfes bei dieser Tcniperatur iii jedern Augen- blick zu erhalten gestattet : daher das Entstehen eines deto- nirenden Gasgemisches. Bei dieser Erkliirung bleibe ich fur den Augenblick stehen, vorbehaltlich der Aufsuchung hesserer Beweismittel oder eines besseren Princips der Erkliirung. Ueber Additionen von Unterchlorigsiiurehydrat und von Wasserstoffsuperoxyd ; VOIl L. Carius. In einer vorliiufigen Mittheilung *) habe ich angegeben, dafs Aelhylen und die deniselben homologen oder analogen Kohlenwasserstoffe die Elemente von Unterchlorigdurehydrat oder von Wwserstoffsuperoxyd direct zu assimiliren fiihig eeicn. Diese directen Verbindungen finden zum Theil mit grofser Leichtigkeit und ganz ohne Nebenproducte slatt, so dafs sie zu den einfachsten chernischen Reactionen zu zahlen sind ; sie sind aufserdem, wie ich nachher zeigen werde, keineswegs auf diese Classen von Kohlenwasscrstoffen beschrankt , fur welche ich sie zuerst auffand, sondern auch Chloride, Oxyde und aridere K6rper sind derselbeii fahig. lch will hier zu- nPchst die Resultate der in dieser Richtung bis jelzt beendigten htersucbongen mittheilen. *) Dieme Annalen CXXIV, 265. 13 *

Ueber Additionen von Unterchlorigsäurehydrat und von Wasserstoffsuperoxyd

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dee Wassers in seine Bestandtheilc. 195

benen Versuche werden, wahrend die poriise Rohre sie von einander scheidet, die Mengen Sauerstoff und Wasserstoff durch die Kohlensaure weggefiilirt, welche die Zerfallungs-Tension des Wasserdaiiipfes bei dieser Tcniperatur iii jedern Augen- blick zu erhalten gestattet : daher das Entstehen eines deto- nirenden Gasgemisches.

Bei dieser Erkliirung bleibe ich fur den Augenblick stehen, vorbehaltlich der Aufsuchung hesserer Beweismittel oder eines besseren Princips der Erkliirung.

Ueber Additionen von Unterchlorigsiiurehydrat und von Wasserstoffsuperoxyd ;

VOIl L. Carius.

In einer vorliiufigen Mittheilung *) habe ich angegeben, dafs Aelhylen und die deniselben homologen oder analogen Kohlenwasserstoffe die Elemente von Unterchlorigdurehydrat oder von Wwserstoffsuperoxyd direct zu assimiliren fiihig eeicn. Diese directen Verbindungen finden zum Theil mit grofser Leichtigkeit und ganz ohne Nebenproducte slatt, so dafs sie zu den einfachsten chernischen Reactionen zu zahlen sind ; sie sind aufserdem, wie ich nachher zeigen werde, keineswegs auf diese Classen von Kohlenwasscrstoffen beschrankt , fur welche ich sie zuerst auffand, sondern auch Chloride, Oxyde und aridere K6rper sind derselbeii fahig. lch will hier zu- nPchst die Resultate der in dieser Richtung bis jelzt beendigten htersucbongen mittheilen.

*) Dieme Annalen CXXIV, 265.

13 *

196 Car i u s , $her Additionen von U7iterclzlorigsaureh,~drat

Additionen von Ur~terchEor~~suure~, .~d~(~t . - Unterchlorig- saure Salze wirken in deli alkalischen Losungen, in denen sie erhalten werderi, nicht merklich auf Aethylen und seine Analogcn ein. Eine wasserige Losung von unterchloriger Saure dpgegen tritt ineist sehr rasch ihre S lure an den Kohlenwasserstoff oder viele andere Korper ab, und zwar in der Form des hypothetischen Hydrates ClOH. -- Zur Dar- stellung ner wasswigen Losung von unterchloriger Saure habe ich inelirere dcr bekannteri Wege versucht. Es zeigte sich dabei zunachst, dafs sie in ganz reiner Form nicht zweckmiifsig arigewandt werden kann ; da namlich die unter- clilorige Saure selbst bei einem Gehalte der Losung von nur wenigen Procenten zieinlich rasch Chlorgas entwickelt , so bildet dieses oft in sehr erheblicher Menge andere Verbin- dungen mit der vorliandenen organischen Suhstanz. Daher ist es am Zwec,krnafsigsten, der Losung der Saure eine kleine Meiige gefdltes und danri auf 300’’ erhitzt gewesenes Queck- silberoxyd zuzusetzen, welches dann das freiwerdende Chlor irnmer wieder in unterchlorige Saure uberfuhrt und so die Bildung anderer Chlorverbindungen fast ganz verhutet. Die zweckmlfsigste Darstellung der Losung der Saure ist fol- gende : Man fullt durch Einstromenlassen rnit eingeschliffenen Stopseln versehene nicht uber 1 Liter fassende Flaschen mit Chlorgas, set,zt danri an eiriem dunkelen Orte auf j e 1 Liter Chlorgas 15 Grni. auf 300” erhitzt gewesenes gefalltes Queck- silberoxyd in wenig Wasser vertheilt hinzu und schuttelt ; nach I / , Stunde ctwa ist das Oxyd in braunes Quecksilber- oxychlorid verwandelt und in der Losung sind nur sehr ge- ringe Mengen Quecksilberchlorid enthalten. Man hat dabei sehr darauf zu achten, dafs dem Chlorgas nicht zu vie1 Luft beigcrnischt ist , in wclchem Palle sonst die Bildung des Oxychlorides sehr langsam und unvollstandig stattfindet. Weiidet rnan griifsere Gefiifse , also griifsere Mengen von

Chlorgas auf einmal a n , oder war das Quecksilberoxpd nicht vorher anf 30O0 erhitzt gewesen, so rnifslingt der Versuch durch Bildung gr6fserer Mengen von chlorsriurem Quecksilber, wclches auch noch durch s t h Einwirkung auf die organi- sclie Suhstanz nachtheilig werden kann.

Einwirhung auj’ Aetirylen. - Von den Kohlenwasscr- stoffen dieser Rcihe wird das Aethylon am 1,angsanistcn as- similirt, so dafs beim Einleiten tles Gases in die 2 his 3 pC. unterchlorige Saure baltende Liisuiig sehr wenig absorhirt wird. Dennoch ist diese Reaction sehr gc?c?ig.net zur Ihr- stellung von Aethylerictilorhydr;lt. Man fu l l t zu diescm Zweck in Flascben mit eingerieboncn Stijpseln Aelhylengns, giefst cine Lhsung von unterchloriger S i u w von d(>r ol)c!n bexcichiieten Concentration sammt tlcm von dcr Durstcllung herriihrendon Quecksilberoxychloritl u n d dem iiberschiissigctn Quecksilber- oxyd zu, und liifst die gut verschlossene Flnsche linter Bfte- rem Schutteln im Ihnkeln, am Bestcn in kaltetri Wassor, stehen. Aiif jedes Liter Aethylengas wird dic unterctilorigo S h e von 1 Liter Chlorgas erfordcrt, iiur inul‘s nocli ein kleiner Ueberschiifs an Aethylen angewandt werdeii. -. Nach einigen Stunden ist der Geruch nnch unterc.hlorigcr Saul-e verschwunden , das Aethylengas ahsorhirt uritl nclwn Aethy- lenchlorhydrat nur Spuren von Aethylenchloriir gehildet. Die filtrirte Flussigkeit wird destillirt , bis cin Tropfen des Destillatcs bci der SPttigurig mit Chlornatririni keine ‘l‘riibung mehr erleidet. Das Destillat wird mil Aethcr geschiittelt, der zwei - bis dreimal erneuert werden m u & , die ahgchohenc atherische Lijsung iiber kohlensaurem K a l i entwlssort, der Aether im Wasserbade abdestillirt und das riickstandige Chlorhydrat durch Destillation gereinigt. Die Ausbeute ist bei mrgfaltigem Verfahren sehr reichlich.

Das auf diese Weise dargestellte Actliylenchlorhydrat ist vollkommen identisch mit dem aus Aethylenalkohol erhalteuen.

198 C a r i u Y , iiber Additionen von Unterchlorigsaurehydrat

Es mischt sich mit Wasser, schmeckt suD und wird aus der Losung durch lbsliche Salze leicht abgeschieden ; bei der Destillation der Losung destillirt es mit den ersten Tropfen Wasser zum grBfsten Theil iiber; es brennt leicht rnit griin- gesaumter Flamme.

Die bei 128O siedende Verbindung gab bei der Analyse folgende Resultate :

0,2545 Grm. Substanz im zugeschmolzenen Rohre mit Salpetersllure bei Gegenwart yon salpetersaurem Silber erhitzt gaben 0,4526 Chlorsilber und 0,0009 Silber ; ferner 0,2640 Grm. Substanz durch Verbrennung rnit chromsaurem Blei 0,3064 Kohlene&ure und 0,1583 Wasser.

Berechnet nach der Formel 6 H

Gefunden b1 4 1 ~ , H Ko hlenstoff 30,OO 29,82 Wasserstoff 6,19 6,21 Clilor 44,07 44,lO Sauerstoff - 19,87

100,oo.

Die Bestimmung der Dampfdichte nacli der Methode von Gay-Lussac gab folgende Resultate :

Oberes Niveau 288,O Angewandt 0,0980 Grm.; Gew. der Glaskugel 0,2340 Grm.

bei 20Oo,O C. 1 Unteres ,, 432,O Gasvolum 60,4307 Cubikc. Barometerstand 0,759 M. bei 20O. Druck des Gases 0,5963 M. bei Oo.

Gasvolum bei Oo und 0,760 M. Druck 27,085 Cubikc.

Dampfdichte 2,797 gefunden ; 2,769 herechnet.

Um die Identitat dieser Flussigkeit niit dem Aethylen- chlorhydrat endlich iiber allen Zweifel zu erheben, wurde sie in wenig Wasser gelost rnit Kalihydrat behandelt, untl so auber Chlorkalium als einziges Product eine unter 15O siedende

U A ~ won Wasserstofsuperoxyd. 199

Fldssigkeit erhalten, die in allen Eigenschaften dem Aethylen- oryde gleichkommt *).

Amylen und U ~ t e r c h l o r ~ ~ s a ~ r e ~ r a t . - Eine wasserige Losung von unterchloriger Saure lost das Amylen sehr rascll unter Erwarmung und Bildung von Amylenchlorhydrat ; ein Ueberschufs von unterchloriger S iure ist auch hier wie bei dem Aethylen ohne Einwirkung auf dieses Product, so lange sie nicht zersetzt ist und das dabei auftretende Chlorgas einwirken kann. Amylenchlorhydrat konnte von B a u e r +*) aus dem Producte der Einwirkung von Chlorwasserstoff awf Amylenalkohol nicht isolirt werden ; es 1afst sich leicht in beliebiger Menge rein erhalten nach folgendem Verfahren.

Einer LBsring von unterchloriger Saure von 1 bis 2 pC. Gehalt, wie die oben angegeben dargestellt ist und der auch das Quecksilberoxychlorid und uberschussige Quecksilberoxyd beigemischt ist , wird in einem mit eingeschliffcnem Stopsel versehenen Gefafse etwas rnehr als 2 Mol. Amylen auf 2 At. angewandtes Chlor allmalig und unter ofterem Schutteln zu- gefugt, wahrend das Gefafs in kaltem Wasser steht. Die Reaction findet sehr rasch statt, und wenn nach ofterem Schiitteln der Geruch nach unterchloriger Saure verschwunden ist, filtrirt man die wasserige Losung des Ainylenchlorhydrates von den Quecksilberverbindungen ab , fallt durch nicht iiber- schiissiges Schwefelwasserstoffgas das noch geloste Queck- silber aus, neutralisirt das Filtrat mit kohlensaurem Natron, entzieht demselben das Amylenchlorhydrat durch Schiitteln mit Aether, entwassert die atherische Losung durch kohlen- saures Kali, destillirt den Aether aus der filtrirten Losung im Wasserbade a b , und lafst das Amylenchlorhydrat im

*) Eine genaue Bestimmung des Siedepunktes wude niobt ange- stellt ; Aethylenoxyd siedet nach W u rt z bei 13".

**) Compt. rend. L, 500 (diese Annalen CXV, 89 ; d. R.).

200 Car iu s, fiber Additionen von Unte~e~lor igs i iure~.~dra~

luftverddnnten Raurne uber Schwefelsaure stehen, um es vollig von Aether und Wasser zu befreien; es geniigt als- dann eine einrnalige Destillation , urn es vollig rein zu er- halten.

Amylenchlorhydrat ist eine farblose , nicht sehr dunn- fliissige Flussigkeit von starkern, an den der Valeriansaure erinnerndem Geruche; es sinkt in Wasser unter, lost sich darin sehr leicht, obgleich nicht nach allen Verhaltnissen und lost auch erheblich Wasser auf, welches durch Destillation nur schwer vollig abgeschieden werden kann. Aus der wasserigen Losung wird es durch losliche Salze sehr leicht abgeschieden ; es destillirt mit Wasserdampfen sehr leicht uber. Das vollig reine Chlorhydrat siedet bei etwa 155" *) ; enthdt es aber auch nur Spuren von Wasser, so destilliren selbst grijfsere Mengen fast ganz wter 155", indem der Siedepunkt sehr allmalig steigt. Das Chlorhydrat liist Queck- silberchlorid in grofsen Mengen auf, und lafst sich aus dieser Losung nicht ohne Zersetzung durch Destillation trennen, sondern reducirt beirn Erhitzen das Quecksilberchlorid zu Quecksilberchloriir , welches sich dann unter starkem Auf- kochen der Fliissigkeit abscheidet. Dieselbe Reduction findet beim Kochen der wasserigen Losung statt.

0,3041 Grm. des durch Destillation gercinigten Chlorhydrates gaben durch Erhitzen im zugeschmolzenen Rohre mit Salpetershre bei Gegen wart von salpetersaurem Silber 0,3542 Chlorsilber und 0,0012 Silber.

Berechnet nach der Formel 66H10 1 Q H

Gefunden c1 I ' W 1 , Q - 71,02 Chlor 28,92 28,98

100,00.

*) Die Vermnthung B a ue r ' Y , das Amylenchlorhydrat zersetze sich hei der Destillation, beraht also auf einem Irrthum.

und von Wasserstofsuperoxyd. 201

Die Bestimmung der Dampfdichte nach der Methode von G a y - L u s s a c gab folgende Resultate :

Angewandt 0,1282 Grm. ; Gew. der Glaskugel 0,2502 Brm. Oberes Niveau 306,7

bei 250°,0 C. I Unteres 433,5 Gasvolum 64,307 CC. Barometerstnnd 0,7650 M. bei 84 Druck des Gases 0,5378 M. bei Oo.

Gasvolum bei 00 u. 0,760 M. Druck 23,494 CC.

Dampfdichte 4,218 beobachtet ; 4,245 berechnet.

Um zu beweisen, dafs dieser Korper wirklich das Ho- mologe des Aethylenchlorhydrates sei, wurde e r mit was- seriger Losung von Kalihydrat behandelt, und dabei neben Chlorkalium nur noch eine Flussigkeit erhalten, deren Siede- punkt und ubrige Eigenschaften vollkommen mit den von B a u e r fur das Arnylenoxyd schon angegebenen uberein- stimmen.

Die beschriebenen Darstellungsweisen des Aethylen- und Amylenchlorhydrates konnen bei anderen gasformigen und tropfbaren Korpern, deren Chlorhydrat in Wasser loslich ist, angewandt werden *). 1st das entstehende Chlorhydrat in Wasser unlbslich, so findet es sich nach Beendigung des Versuches dem Quecksilberoxyd beigemengt , und mufs nach Abgiefsen der wasserigen Flussigkeit diesem Gemenge durch Schutteln mit Aether entzogen werden. Dieser Fall tritt ein bei dem

Cetenchlorhydrat. - Man wendet eine hochstens 1 pC. enthaltende Losung von unterchloriger Saure an, da sonst

*) In meinem Laboratorium werden Versuche angestellt , auf solche

Weiae das Aoetylenchlorhydrat '@ 10, H und daraus dasAethy1-

glycerin darzustellen.

Car iu 5 , Gber Additionen vopz Unterchlor2:gsaure~yryd,.at

zu heftige Reaction, Erwarmung und Bildung anderer Chlor- verbindungen stattfinden wiirde , setat das Ceten in kleinen Antheilen und unter haufigem Schutteln zu, wahrend das Ge- fiifs fortwahrend in Eiswasser steht, und fahrt, nachdem ein kleiner Ueberschiifs desselben zugesetzt ist, mit dem Schutteln fort bis die unterchlorige Siiure vollig verschwunden ist. Die abgegossene wasserige Liisung enthielt nur Spuren or- ganischer Subslanz, welche dem Quecksilberoxyd beigemengt war und diesem durch Aether entzogen wurde; die Losung hinterliefs nach Abdestilliren des Aethers eine fast farblose olige Flussigkeit , die von dem beigemengten Quecksilber- chlorid durch Schuttcln mit Chlorammoniumlosung befreit, mit Wasser gewaschen und entwiissert wurde. Die Substanz enthalt dann noch etwas Cet.en beigernengt , von dem sie durch langes Erhitzen 'auf 250') im Strome von Kohlensaure- gas befreit werden rnufs.

Die Analysen dieser Flussigkeit fuhren zu der Formel c1$2/0, H ; der Chlorgehalt wurde indessen stets urn 0,5 bis 1 pC. zu hoch gefunden, was seinen Grund ohne Zweifel in der Beimengung kleiner Mengen von einem chlorreicheren Product der Einwirkung des aus unterchloriger Sailre ent- standenen Chlors hat, wohl 616H34C12. Cetenchlorhydrat lafst sich unzersetzt destilliren, indeni bei der Destillation, Bei 30O0 ungefahr, nur geringe Mengen Salzsauregas auftreten, welche wahrscheinlich nur von Zersetzung der beigemengten chlor- reicheren Substanz herriihren, und nur Sburen von Kohle zuriickbleiben. Das Chlorhydrat,, auch tias destillirte , wird bei - 15') nicht fest, sondern nur selir zahe. Durch Behandlung mit wiisseriger Kalihydratlosung verliert es sein Chlor sehr leicht, unter Bildung einer in feinen mikroscopischen Nadeln krystallisirenden Substanz *) : letztere schmilzt unter 30° zu

*) Das Product enthillt noch 0,54 pC. Chlor , wohl von einer Bei- mengung von B,6HslCl herriihrend .

und von Wasssrsto~~26perox~~. 203

einem farblosen Oele, das unter 30O0 ohne alle Zersetzung destillirt und in Wasser unloslich ist. Diese krystallinische Substanz ist ohne Zweifel Cetenoxyd, G116H320.

Unterchlorigslurehydrat wirkt auf Benzol und andere wasserstoffarmere Kohlenwasserstoffe viel langsamer ein , als auf die oben beschriebenen; dadurch wird dann der Uebel- stand herbeigefuhrt, dafs ein grofserer Theil der unterchlori- gen Saure Chlor abgiebt und dieses zum Theil auf die or- ganische Substanz einwirkt.

Benzol liefert als Hauptproduct eine in- viel Wasser vdlig losliche amorphe farblose Substanz, die an der Luft rasch Wasser aufnimmt und zu einem Syrup zerfliebt. Die

Analysen dieser Substanz fiihren zu der Formel G6T/03, HB,

die auch durch das chemische Verhalten derselben bestatigt zu werden scheint; ich bin init ihrer Untersuchung noch beschiiftigt.

Nachdem durch die bisher initgetheilten Thatsachen fest- gestellt war, dafs Unterchlorigsaurehydrat sich unmittelbar mit den genannten Kohlenwasserstoffen vereinigt , schien es mir vollig aufser Zweifel, dafs es sich auch mit vielen an- deren Kbrpern vereinigen kann. Da ferner durch die be- sprochenen Reactionen dieselben Chlorhydrate entstehen , die auch aus den ihnen correspondirenden Oxyden durch Be- handlung mit Chlorwasserstoff u. s. w. erhalten werden, so zweifelte ich nicht daran , dafs allgemein die mehratomigen Radicalen entsprechenden Oxychloride auf dieselbe Weise erhalten werden konnten, z. B. :

6 H Q ~ H ~ , 8, H + ci, 8, H = el 5 p p , H, Allylalkohol Monochlorhydrin =

Monochlorpropylendkohol.

204 Ca r “ u s , 4ber Additionen von Ulllerchlorigsiiul.ehyd~at

G,H,Q,, o,, H~ + CI, 8, A = 6 4 2 0 2 1 ~ 3 , H~ Malefnsaore erstee Chlorid der

Weinshre = Mono- chIoriipfels8ure.

Meine Untersuchungen hieruber sind noch niclit weit vorgeschritten , haben indessen diese Voraussetzungen vollig bestatigt, und zwar bei Korpern sehr verschiedener Gruppen. Ich beschranke mich hier darauf, die mit Citmcons&m ange- stellten Versuche zu beschreiben. Citraconsaure und die beiden ihr isomeren Sauren stehen zu einer bis dahin unbe- kannten, der Aepfelsaure und andererseits eben so einer der Weinsaure homologen S h e in derselben Beziehung, wie die Maleinsaure zu der Aepfelsaure und Weinsaure selbst. Sie miissen daher durch Addition von Unterchlorigsaurehydrat und Ersetzung des Chloratornes durch Wasserstoff die der Aepfelsiiure uud (lurch Ersetzung des Chloratomes durch die Elemente des Wasserstoffsuperoxydes die der Weinsaure hotnologe Saure geben :

6SR482, 8,, H, + C1, 8, H = G6%o,)Q3, H,

Citraconshre Monochlorcitramal- siiure.

WW,, 8 8 , Ha

%H*Oz, 8 4 , H4

Citramalsiiure

Citraweinsainre.

Die naher liegenden ahnlichen Versuche mit Malefnsaure habe ich noch niclit anstellcn konnen ; liochst wahrsclieinlich wird sie Verbindungen liefern, die mit den aus Fumarsaure eben so darstellbaren isomer sind, und eben so werden wolil die der Citraconsaure isomeren Itaconsaure und Mesaconsaure den aus ersterer erhaltenen Producten nur isomere liefern ; ich bin mit der Untersuchung daruber beschaftigt.

Chlorcitramnlsuure. - Die Einwirkung von Unterchlorig- saurehydrat auf eine wasserige Losung von Citraconsaure findet sehr energisch und unter starker Warmeentwickelung

und vou Wassewtofsuperoxyd. 205

statt. Wird zu heftige Reaction verniieden, so ist sie ohne Nebenproducte ; uberschiissige unterchlorige Saure bildet Kohlensthe und einen dem Aethylenchlorur hhnlich riechen- den Korper, dessen Danipf die Augen sehr angreift *). Bei Anwendung der freien Saure entstehen leicht Zersetzungs- producte; das Baryurnsalz ist am peeignetsten, nur rnds es vollstandig gelost sein. - Citraconsaureanhydrid wird in Wasser gelost, die Losung auf das 100fache Gewicht des Anhydrides verdunnt , erhitzt und mit kohlensaurern Baryum neutralisirt. Der vollstandig erkalteten Flussigkeit sebzt man nun eine hochstens 1 bis 2 pC. haltende Losung von unter- chloriger Saure allmalig und unter stetein Urnschiitteln hinzu ; die unterchlorige S h e wird wie oberi angegeben dargestellt, init dern Unterschiede , dafs man hier kein uberschussiges Quecksilberoxyd anzuwenden braucht , und dafs man zweck- mkfsig die Losung von dern Quecksilberoxychlorid durch AbgieDen trennt. Man wendet eineu kleinen Ueberschnfs von unterchloriger Saure an, die Saure von etwas mehr als 2 Liter Chlorgas auf 1 Mol. Anhydrid, lafst die gemischte Flussigkeit im Durikeln verkorkt stehen , bis an Stelle des Geruches der unterchlorigen Saure der oben erwahnte eigen- thumliche tritt , fallt das geloste Quecksilber durch nicht uberschussiges Schwefelwasserstoffgas und aus dem Filtrat das Baryunr durch Schwefelslure genau aus. Das Filtrat

-

*) Ich vermuthe, dak dieser Korper die Verbiudnng G,H,C'l, ist, und entsteht durch Antritt von 2 Mol. Unterchlorigsaurehydrat an 1 Mol. Citraconsaure, wodurch Zerfalleii der Verbindung statt- finden mufs. Dafs dabei die Verbindung G3H,C1, entstehen kann, lifst sich besonders schiin anschaulich machen durch die Be- trachtungsweise von K o l b e uber die s. g. Constitution der Ci- traconslure :

[Ez]6sH4, 0, 0 H o + (ClQH), = (QH& 4- (GQ,), -I- G,H&%

Citracousilure.

206 Car ius, d e r Additionen won Unterchlorigsazirehydrat

verdampft nian im Wasserbade und entfernt die Salzsaure vollkomtnen durch wiederholtes Auflosen des Ruckstandes und Verdainpfen. Durch Digestion der Losung des Ruck- standes mit wenig Thierkohle und Verdampfen erhalt man die Saure rein.

Die Chlorcitramalsaure ist nach langerem Erwarmen auf 100" oder langem Stehen im luftverdunten Raume wasserfrei und stellt eine feste, farblose, unkrystallisirbare Substanz dar. Sie wird an der Luft feucht und klebend und lost sich in allen Verhaltnissen in Wasser und Alkohol. Sie schmilzt erst iiber loOo, geriith bei starkerem Erhitzen ins Sieden und scheint zum Theil unzersetzt zu destilliren , zum Theil unter Bildung von Wasser und einer neuen chlorhaltigen Saure *) zersetzt zu werden; es bleibt nur wenig Kohle zuriick. An der Luft erhitzt verbrennt sie init griingesaumter Flamme.

Chlorcitranialsaure ist eine starke Saure, welche 2 At. Wasserstoff leicht gegen Metalle austauscht. Die kalt mit Ammoniak neutralisirte Liisung der Saure fallt Chlorbaryum nach einiger Zeit krystallinisch , essigsaures Blci oder salpe- tersaures Silber sogleich flockig weirs ; alle diese Fallungen sind in der freien Saure und auch in Essigsaure leicht 10s- lich. Die Losung der Salze kann bei Gegenwart iiberschus- siger Saure ohne Veranderung erwarmt werden ; die neutra- len Salze dagegen werden schon in gelinder Warme allmalig, beim Kochen mit Wasser sehr rasch zersetzt, nach der Gleichung :

Die dabei entstehende neue Sfiure ist der Weinsaure

*) Vielleioht ist diese Zersetzung :

G52*21e,, fL{ = G,HJ:10,, G,, H, + 8B,.

und von W~sserstof~uperoqtyd. m homolog, ich nenne sie Citrnzueinsdure *) , uni diese Homo- logie und ihre Abstamtnung anaudeutcn.

Die Chlorcitraoialsiure lijst Zink Icicht unter Wasserstotf- entwickelung auf , und giebt danri init salpctcrsaiireni Silber eine Fiillung von Chlorsilber; das Chloratain der Saure wird dabei durch Wasserstoff ersetzt , welche Reaction vollsriiiidig ist, wenn der Losung der Saure elwas verdunnte Schwefel- siiure zugesetzt wurde :

G J f 4 ° z / ~ , , C1 H, + ij2 = CIH + G,H,Q,, 08, H,.

Die dabei entstehcnde tieue Saure ist der Aepfelsaure homolog; ich will sie Citrainalsuure nennen. - Diese beiden neiten Sluren werde ich dernnacbst ausfuhrlicher beschreiben.

Zur Analyse der Chlorcitramalsaure wurdeu 0,3250 Grm. bei 1000 entwlsserter Saure in achwach animoniakalischer Lrisung mit salpetersaurem Silber geftllt , I%ngere Zeit auf 1000 erhitzt, iiiit iiborscliiissiger Salpetershure versetzt, der v6llig weih gewordene Niederschlxg gcwogcn , nnd so 0,2664 Chlorsilbcr und 0,0011 Bilber erhalten.

Herechnet rixoh der Formel

Oefunden 65E{*z 1 Q,, H,

W W , - 80,55

Chlar 19,61 15,45

100,oo. -~

Das neutrale Kalium - und Am.moniunzsalz lassen sich kaum ohne Bildung von Chlormetall itn festen Zustande er- halten ; sie sind zerfliclblich uiid zeigen nur urideutlich kry- stallinische Form.

0,2642 Grin. des ncucr.ileii Kaliuuisitlms im luttverdiinnten Raumc getrocknet rind wie olmi fur die Aualyee der freieu Yiiure mit salpctereaureiu Gilber behaudelt gaben 0,1476 Cblorsilber und 0,0058 Silbcr.

a) Diese Skure scheint rnit der YOU K o k u 18 aus Dibrombrenzwein- sllure durch Zersetzung niit Silberoxyd erhalteneii und gleich eosa~nmengesetzten nicht identisch , sondern isomer cu sein.

208 C a r i u s , ilher Additionen von Unterchlorigsaurehydrat

Berechnet nach der Formel

%H,K,Q, - 86,30 Chlor 13,88 13,70

100,oo.

Das neutrale Baryu?nsalz scheidet sich bei der Darstel- lung der Saure als Krystallpulver ab , wenn die Flussigkeit vor Behandlung mit Schwefelwasserstoff langere Zeit steht. Man kann es auch durch FRllung aus dem Ammoniumsalz, oder durch Neutralisation der Saure mit Barytwasser erhalten, wohei es nach langerem Stehen krystallisirt. Es lost sich in kaltem Wasser sehr wenig , in heifssem leichtcr , krystalli- sirt aber nur theilweise wieder unverandert aus der Losung, welche dann Chlorbaryum enthalt. Es krystallisirt in mikro- scopischen monoklinoedrischen Tafeln mit 2 Mol. Krystall- wasser, welches nur theilweise und allmalig in gelinder Warme oder im luftverdiinnten Raume entfernt werden kann, wobei die Krystalle zu einem weifsen Pulver verwittern.

0,4620 Grm. des bei 400 getrockneten Salzes lieferten bei der Ana- lyse des Gliihriickstandes 0,3028 schwefelsaures Baryum, 0,1850 Chlorsilber und 0,0008 Silber ; 0,3976 Grm. desselben gaben durch Verbrennung init chromsaurem Blei 0,2427 Kohlensliure und 0,0842 Wauser.

Berecbnet nach der Forinel

Gefunden Kohlenstof?' 16,64 16,97 Wasserstoff 2,35 2,55

Chlor 9,96 10,04 Baryum 38,53 38,76 Sanerstoff - 31,68

100,oo.

Sattigt man die kalte Losung der Saure mit kohlensau- rein Baryum, so erhalt man ein sauer reagirendes, leicht losliches Salz, welches leichter durch Neutralisation der

und uon Wasserstofsuperoxyd. 209

einen Halfte der Saure mit Barytwasser und Zumischen der zweiten Halfte rein erhalten wird. Die Losung desselben trocknet zu einer leicht loslichen gunnniahiilichen Masse ein, die alltnalig krystallinisch wird.

Chlorcitramalsaures Blei ist ein amorphes leichtes weifses Pulver, welches als voluniinoser Niederschlag aus der Lo- sung des neutralen Kaliuirisalzes durch essigsaures Blei ge- fiillt wird. Es ist leicht loslich in der Saure.

0,3560 Grm. des im luftverdunnten Raume getrockneten Salzes gaben im zugeschmolzenen Rohre bei Gegenwart von salpetersaurem Silber mit Salpeters%ure zersetzt 0,1312 Chlorsilber , 0,0015 Silber und 0,2768 schwefelsaures Blei ; 0,4520 Grm. desselben mit chroinsaurem Blei verbrannt gaben 0,2549 Kohlensaure und 0,0589 Wasser.

Berechnet nach der Formel

Gefunden 663*%1433, HPb,

Kohlenstoff 15,38 15,47 Wasserstoff I ,45 1,29

Chlor 9,25 9,15 Blei 53,15 53,47

100,OO.

Sauerstoff - 20,62

Das Silbersalz wird aus der Losung eines neutralen Salzes als weifser selir volurninoser Niederschlag gefallt , der sich am Lichte rasch farbt und in gelinder Warme sehr schnell in ein braunes Gemenge von Chlorsilber und metallischem Silber ubergeht.

Additionen von Wasserstofsuperoxyd. - Die Versuche zur Nachweisung dieser Reaction sind init sehr grofsen Schwierigkeiten verbunden. Auf Aethylen und seine Ho- mologen wirkt Wasserstoffsuperoxyd nur dann ein , wenn es in hochster moglicher Concentration angewandt wird und auch dann nur sehr langsam. Ann. d. Ohem. 11. PhRrm. CXXVI. Ed. 2. HPft. 14

210 C a r i t 1 s, i ihr Additionen von UntercnZorWsiiurenydrat

Aus diesen Griinden ist die Gegenwart von erheblichen Mengen Slnre nothig, urn eine zu rasche Zersetzung des Wasserstoffsuperoxydes zu verhindern ; ich habe bisher Chlor- wasserstoffsaure angewandt , durch deren Gegenwart aber die Bildung von Aethylenchlorur *) und besonders Aethylen- chlorhydrat bedingt wird ; letzteres entsteht ohne Zweifel durch Einwirkung der Salzsaure auf schon gebildeten Aethy- lenalkohol. Aethylenalkohol hwbe ich nur in verhaltnifsmafsig sehr kleinen Mengen, aber doch sicher riachweisbar erhalten.

Die Uiitersuchung hieriiber und uber das Verhalten von Wasserstoffsuperoxyd gegen andere Kiirper wird fortgesetzt.

Zur Aufnahme der im Vorliegenden mitgetheilten Versuche wurde ich veranlafst durch eine Ansicht, welche mich schon seit rriehreren Jahren bei allgemeinen Betrachtungen der organischen Chemie geleitet hat, und zu deren Veroffent- lichung es mir bisher an Gelegenheit fehlte. Namlich uber die wahrscheinliche Ursache der Hornologie, iiber die Grenze organischer Verbindungen und uber den Zusammenhang der beiden jetzt getrennt betrachteten Gruppen, der s. g. Fett- korper und aromatischen Korper.

Die Honiologie scheint in folgender Weise eine den be- kannten Thatsachen am Besten entsprechende Erklarung zu

*) Wasserstofkuperoxyd entwickelt mit concentrirter Salzsiiure Chlor- gas, wie achon L e n f s e n gefunden hat (Journ. f. pact . Chemie LXXXI, 276) , ich habe inich aber iiberzeugt, dab die yon mir angewandte, Wasserstoffsuperoxyd haltende Fliissigkeit weder freies Chlor entliielt , noch solches bei gewohnlicher Temperatur ent- wickelte, was erst eintrat, wenn sie erwtlrmt oder mit concen- trirter Salzetlure versetzt wurde. Da sie aber reichlich freie Salzsiiure entliielt, so war die Gegenwart von unterohloriger Siiure ansgeschlossen.

und von Wasseretofauperoxy d. 21 1

finden, wobei ich rnich auf Kohlenwasserstoffe oder noch Sauerstofl enthaltende Korper heschranken kann. Der vier- atornige Kohlenstoff bildet Verbindungen mit 4 At. H oder deren Aequivalent als aufserste Grenze und nur durch gleich- zeitigen Zutritt anderer rnehratomiger Korper kann diese uberschritten werden, welche Beziehungen bekanntlich schon friiher von K e k u 1 e *) hervorgehoben sind , z. B.

GHHHH, GHHH, 0, H , GHQ,O, H , 60, 4)2, H,.

Eine oder mehrere der vier chemischen Einheiten kann aber auch ersetzt werden durch andere organische Atorn- gruppen derselben Grenzreihe, dieses sich mehrfach wieder- holen und so z. B. entstehen **) :

1. GH8[4%1 WdGH21

%H,,+!2 GnHOn --. - ~Hr"2(4=311 ~H,[GH(6H,)1 6H8[4332(=L QH31 6H,[6H(GH2, GAS)].

Da aber die Korper der ersten homologen Reihe das Buiserste Grenzverhaltnifs , € H 4 , nur in ihrem Anfangsgliede erreichen, so rniissen sie fahig sein, noch so viele chemische Einheiten an Wasserstoff oder anderen Elernenten zu binden, bis dieser Sattigungsgrad der chentischen Anziehung des Kohlenstoffs erreicht ist, aber in dem Mafse, als dieh geschieht, in so viele einfache Verbindungen der Grenzreihe €Hd zer- fallen, als sie ihrem Kohlenstoffgehalt nach bilden kBnnen. -

Dessen Lehrbuch der organiscben Chemie, S. 161. Danach miibten die so entstehenden s. g. freien Alkoholradicale mit ihren IHomeren, den Hydriiren, identisch sein , was bekannt- lich nicbt, oder doch nicht immer der Fall ist. Sie miibten aber wenigstens durch einfache Reactionen in Verbindungen uber- gefiihrt werden konnen, die mit denen aus den Hydriiren erhal- tenen identisch wiiren. Die Synthese des Amylens von W u r t z (Compt. rend. LIV, 387; diese Annalen CXXIII, 202) uiid die desselben und des Propylens yon R i e t h und B e i l s t e i n (diese Annalen CXXIV, 242) kijnnen als Belege fiir die Zulltssigkeit meiner Ansicht angesehen werden.

14 *

212 Car a'u s, G6er Additionen von CFnlerchlorQsaurehydral

Die Verbindungen CnHp,, stehen dem Grenzverhlltnifs CH, noch ferner, sie rnussen daher auch mehr geneigt sein, directe Verbindungen einzugehen, und werden dabei zunachst das ihrern Kohlenstoffgehalte correspondirende Glied der stabileren Grenzreihe GnH9,,+Y erreichen *) ; die hierher ge- horigen Kohlenwasserstoffe verhalten sich dahcr als s. g. zweiatornige Radicale :

G n H 2 o , 8 v GnH2n* Hz. G,,HZll BrJ '

Wird in einern Kohlenwasserstoffe dieser Reihe 1 At. H durch C1 ersetzt, so entstehen Korper , die sich als Chloride u. s. w. s. g. einatomiger Radicale verhalten. Diese gehiiren aber immer noch den1 Verhaltnifs €,Hzn an, und konnen daher leicht noch zwei- oder bei gleichzeitigern Antritt eines rnehrlquivalentigen Korpers irn Verhaltnifs des Aequivalentes desselben rnehr chetnische Einheiten binden ; daher erschei- nen die in diesen letzteren Fallen entstehenden Verbindungen als solche von s. g. mehratomigem, hier dreiatomigern Ra- dicale, z. B.

6 3 H 6 (3. c1 I 6 n H t n 6 3 H 5 C l > , w,, 0, H 9

6nHza+e : "z], 6$}Q, H , W h 4 3 3 , Hg.

In der Reihe der nioglichen Verbindungen abwarts stei- gend kann man sich nun die Zusammenseteiing derselben imrner in derselben Weise vorstellen :

*) Ich niache hier darauf aufmerksam, dars schon yon M e n d e 1 e j e f eine Betrachtung iiber die Grensen orgataischer Verbitdungen in flhnlicher Weise eur Erklflrung der damals bekannten Additionen von Chlor, Wassergtoff u. 8. w. benutzt ist; vgl. MBianges physiques et chimiques tires du Bulletin de 1'Acaddmie de St. PCtersbourg, T. V , 37. M e n d e l e j e f giebt darin die Formel GuX2,,+z nls lufserste Grenze organischer Verbindungen, worin x aufser H, C1 11. s. w. such die Gruppe des Wasserrestes QH, Uquivalent 1 At. H, gesetzt ist.

und von Wasserstofsuperoxyd. 213

GnH2n-n 6nHgn-B

GH[Q(4=*)1.

- .- ---- 2. GHLQH] GH[G(GH, GH, 6H, GH,)]

Da diese Verbindungen von dem hochsten Sattigungsgrad des Kohlenstoffs noch weiter entfernt sind, so mussen sie auch mit griifserer Energie die zur Erreichung des stabileren Grenzverhaltnisses €nHzn+e nothigen chemischen Einheiten zu binden fahig sein; sie konnen d ids auf einmal oder-suc- cessiv thun, und es miissen dahei in der oben angedeuteten Weise Verbindungen von scheinbar ein - oder mehratomigen Radicalen entstehen. Die unter 2. gegebenen Formeln zei- gen , dafs ich der Ansicht bin, es bestehe unter den beiden grofsen Korperklassen keine wesentliche Verschiedenheit, aufser solchen, die durch den relativ hiiheren Kohlenstoff- gehalt der aromatischen Korper erklarlich sind ; und dafs ferner der Zwischenraum zwischen der wasserstoffarmsten bis jetzt bekannten Gruppe der Fettkiirper , GnHz,-e, und den aromatischen Korpern rnit der Zeit ausgefiillt werden wird, und so die organische Chetnie durch eine grofse Gruppe von Kohlenwasserstoffen mit absteigendern Wasserstoffgehalte reprisentirt werden kann :

GnH,n+, 6nHm G,H, GdH,,

' 3 J L - 2 w 4 GeH,rJ

GnH8n-e 66H6

Diese Ausfiillung der noch fehlenden Glieder der orga- nischen Chemie wird schon nach den his jetzt bekannten Methoden zum Theil moglich sein. Wenn sie aber iiberhauyt moglich ist und meine irn Vorigen geniachten Voraussetzungen richtig sind, so mufs die Addition von Wasserstoffsuperoxyd

214 Car iu s, tiber Additionen von Unterchlorigsaurehydrat

oder besonders die von Unterchlorigsaurehydrat ein ausge- zeichnetes Mittel hierzu geben. So z. B. wurden durch Addition von Wasserstoffsuperoxyd, n Mol. = n (Q9H,), und darauf folgende Reduction durch Jodwasserstoff nach der von L a u t e m a n n aufgefundenen Reaction die folgenden Korper entstehcn :

6 8 6 = W % n - e

‘OH? I = G,H,,-,

66Hs I = GnH,,,

6&16> 82, HZ J

6 6 H 6 , 8 4 , H4 J

n = l

I1 = 2

II = 3 66H6, 86, H6 66:111 = G,H,,.

Ferner wiirden durch Addition von Unterchlorigsaurehy- drat, n Mol. = n (ClOH), und darauf folgende Wegnshnie des Chloratomes durch Antritt entweder von 1 Mol. Wasserstoff oder von 1 Mol. Wasser, Reaction von R. H o f f m a n n , in beiden Fallen als Chlorwasserstoff folgende Verbindungen entstehen :

n = 1 G6E{10, H 6&,, 8, H G ~ H , , ~ , , H , = ~ , , ~ , H Z , - ,

n = 2 “2 1 0 2 % Ht GOHE, 8 2 , H, S6H6,04> H,= ex> %@2n-~

n = 3 G6$1 Qa, HE 8 8 , Ha 66Hm436, Hg= 8 x 1 %H,n

n = 4 G 6 z } Q d , H, 66Hi0, 8 4 , H d 6eHm Qsr HE= 8 x 9 G n b n + ~

H e i d e l b e r g , im Februar 1863.

Nach schrgt.

Eine dieser Tage erschienene Abhandlung von W u r t z *) veranlafst mich, dem Vorhergehenden noch die folgende Mit-

”) Compt. rend. LVI, 354.

untl von Wasserstoffsuperoqd. 215

theilung anzuschliefsen. Yon der oben ausgesprochenen Theorie uber die I-lomologie ausgehend, habe ich schon vor zwei Jahren zu beweisen gesucht, dafs die s. g. freien Al- koholradicale €,,HinS2, wenn sie chemischen Reactionen unter- worfen werden, dabei dieselben Producte liefern , wie die niit ihnen isomeren Hydrure. Es mufste dann z. B. das Acthyl Verbindungen der Butylgruppe geben. Die Versuche dariiber habe ich irn Friihjahr 1861 gemeinschaftlich mit Herrn H e r m . L i s e n k o angestellt. Wir fullten in Flaschen mit verengten Hiilsern, die schon eitie Glaskugel niit uber- schiissigem Brorn enthielten, Aethylgas, das durch Waschen niit rauchender Schwefelsiiure moglichst von Aethylen befreit war, und erhitzten dieselben nach dem Zuscbrnelzen und Zertriimmern der das Broni enthaltenden Glaskugel eiriige Stunden auf 100”. Hieruber war durch die Untersuchung von F r a n k l a n d nur bekannt, dafs Chlor oder Brom auf Aethylgas im Lichte oder bei yelinder Warme einwirke und Chlor eine farblose Flussigkeit erzeuge. Die Producte der Reaction sind Bromwasserstoff und eine nach dem Wa- schen mit kohlensaurem Natron farblose , in Wasscr unter- sinkende Flussigkeit von schwachem Geruche nach Aethylen- bromiir. Besondere Umst,iinde verhinderten uns, die Versuche iiber diese neue Substanz damals fortzusetzen, von der wir erst erhebliche Mengen darzustellen wiinschten , um ihre Identitat mit dem But!gZenbrornur niiher zu prufen ; seit eini- ger Zeit sind Versuche darubcr in meinem Laboratorium wieder aufgenommen. Die Zusammensetzung der Flussigkeit stimmt meinen Analysen zufolge sehr gut mit der Formel G4H8Br2 des Butylenbromurs iiberein ; sie destillirt vollstandig und ohne Zersetzung zwischen 155 und 162O uber, Butylen- bromiir siedet nach W u r t z bei 158O; bei einem Versuche, ihre Dampfdichte zu bestimmen, zersetzte sich ihr D m p f bei

216 C a r i u s, iiber Additionen von Unterohloriggsaurehydrat

etwa 200" in Bromwasserstoff und eine die Gefiifswand be- kleidende kohlige Substanz. Es ist hiernach kaum zweifelhaft, dafs die Substanz Butylenbromiir ist, und soniit aus Aethyl- gas wirklich eine Verbindung der Butylgruppe entstanden ist ; eben so wird hochst wahrscheinlich bei Anwendung von weniger Broin Butylbromur, GH:,Br, oder ein Isoineres ge- bildet werden. Die Substanz ist entstanden nach der Glei- chung :

C-&,, f Br, = G,H,Br, + (BrH)2.

In ahnlicher Weise werden aus anderen freien Alkohol- radicalen C,,H,,,+, Verbindungen der ihnen im Kohlenstoff- gehalt gleichen Alkoholgruppe erhalten werden kiinnen. So wie indesseii die freien Radicale €,lHz,+z nur isomer sind rnit den Hydriiren derselben Forniel, so werden die daraus zunachst entslehenden I'roducte oft, vielleicht immer , auch nicht in allen Eigerischaften mit denen identisch sein , die aus den Hydriiren erhalten wurden. Sollten diese beiden Khperklassen, die ails den Alkoholradicalen und die aus den Hydriiren, sich gegen Reagentien wesentlicli verschieden verhalten, so wurde d a m allerdings die Annahme gestattet sein, dafs die Kohlenstoff- und Wasserstoffatorne z. B. im Butylenbromiir andeys g r q q i r f seieri , als in der Verbindung €,H8Br2 aus Aethyl. Vie1 wahrscheinlicher scheint mir in- dessen, dafs z. B. diese beiden Verbindungen, wenn sie nicht schon identisch sind , doch bei Behandlung mit dernselben Reagens nach gleicher Reaction identische Producte liefern werden ; obgleich die Reactionen vielleicht unter etwas ver- schiedenen Umstanden, Temperatur 11. s. w., vor sich gehen. In diesem letzteren Falle wiirden das Butylenbromiir und die Verbindung G,M,Brll aus Aethyl nur physikalisch verschieden aber chemisch identisch sein. Denselhen Unterschied zwi- schen Isomerie, die nur in physikalischen Eigenschaften und

und von Wasserstoffsuperoxyd. 217

solcher, die in chemischen Eigenschaften begriindet ist , diir- fen wir gewifs in vielen schon bekannten Fallen machen ; z. B. sind als bestimmt nur physikalische Isomerieen anzu- sehen Dreifach - Bromallyl und Tribromhydrin , G,H,Br, ; eine grofse Zahl der durch verschiedene Einwirkung auf das polarisirte Licht ausgezeichneten Kiirper, z. B. die beiden von P a s t e u r nachgewiesenen Modificationen des Arnylalkohols, die Weinsauren, die Aepfelsauren , die isomeren Kohlenwas- stoffe -&H16. Da wir die chemischen Formeln auf die che- mischen Reactionen der Korper stutzen, so korrnen wir bei den physikalischeri Isomerieen euch unmoglich eine Ver- schiedenheit der Lagerung der Atome im Molecul annehmen, selbst dann nicht, wenn sich eine solche aus der Entsteliung der Kijrper herleiten liefse. Die Verschiedenheit dieser K6r- per ist vielmehr wahrscheinlich darch eine verschiedene Ag- gregation ihrer zusammengesetzten Molecule bedingt, worauf ja auch ihr verschiedenes spec. Gewicht im festen oder fliis- sigen Zustande, ihr verschiedenes Verhalten gegen polarisirtes Licht u. s. w. hindeuten, und vielleicht ist gerade das opti- sche Verhalten solcher Kiirper dazu berufen, einen Aufschlufs iiber die Ursache ihrer Isomerie, iiber die Art der Anord- nung ihrer Molecule zu gehen. - Diejeriigen Falle von ko- merie, bei denen sich eine wirkliche Verschiedenheit des chemischen Verhaltens nachweisen lafst, miissen der Meta- merie beigezahlt werden.

H e i d e l b e r g , den 21. Marz 1863.