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466 XIV. Vcber r h Kreutin irn Hum; con W. Heintz. vor inchr als zwei Jahren lids ich iin 63. Bade dicscr An~ialen (S. 602) cine Notiz druckeii, bctitelt ”Ueber einc neuc Saure iin nieriscliliclicn Ham. (1 Ich hnttc daiiials, als ich, vcranlafst durch L i ebi g’s schone Arbcit J>Uebcr die Constitritioii drs IIarns der Mensrhen uiid der fleischfrcs- senden Thiere, 50 l’fuiid frischcn Ham der Untersuchung aaf Mi1chs;iurc untcrworfen liatte, dicse Siiure nicht gc- funden, wic sie aucli Licbi g vor inir iin gefaulten Hiirn iiiclit hiittc a u f h d c n kiinncn. Dagcgcn erhielt icli ciiie geringc Menge eincr schwcrliisliclieii Zinkvcrbintlung :\us d cins elb c n , ~v clchcs icli an fii ngli ch f iir niilclisiiurcs Zinkoxp d hiclt, spiitcr nber als cine Vcrbindung dieses Oxyds iiiit eincr cigencn kryslallisirbareki , in Wasser leicht liislichcri Saiirc zii erkennen glaubte. Die ganze Menge der aus jc- ncn 50 Pfund Harn erhaltenen und inir zii Gebote steheri- den Substanz betrug abcr iiur + Grainin. Icli fiirchtete (la- her schoii dainals , inanchc dcr Eigcnsdiaftcn, welchc ich von dcrselbcn nngcgcbcn hatlc, nicht genau geniig untcr- sucht zii habeii , und so in& icli in dcr That in diewin Aufsatze maiiclies von dein berichtigcn, was ich fiir richtig hiell, als ich jene Notiz nicderschricb. Kurzc Zeit nach inir bcrichtete Hr. Dr. P e t t e n ko f e r in den Annaleii der Chernie und Pharinacie, Bd. 52, S. 97, iiber einen neueii sticltstofflialtigei~ Korper im Harn , wel- chen er, nach Verdainpfung des init kohlensaureiii Natron gesattigten Harns und Ausziehen des Ruckstands init Wein- geist , aus dieser alkoholischen Lbsuiig durch Chlorziiik fiil- len konnte. Er erkannte diesen Niederschlag als eine Ver- bindaiig voii Chlorzink mit eiiier ‘eigenthumlichen stickstoff- reichen , in rcinein Zustande in Wasser loslichen und bry- stallisirbaren organischen Subsbnnz. Die Eigenscbaften die- ses Korpers stiininten sehr nahe init denen uberein, welche

Ueber das Kreatin im Harn

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XIV. Vcber r h Kreutin irn Hum; con W. H e i n t z .

v o r inchr als zwei Jahren l ids ich iin 63. B a d e dicscr An~ialen (S. 602) cine Notiz druckeii, bctitelt ”Ueber einc neuc Saure iin nieriscliliclicn Ham. (1 Ich hnttc daiiials, als ich, vcranlafst durch L i e b i g’s schone Arbcit J>Uebcr die Constitritioii d r s IIarns der Mensrhen uiid der fleischfrcs- senden Thiere, 50 l’fuiid frischcn Ham der Untersuchung aaf Mi1chs;iurc untcrworfen liatte, dicse Siiure nicht gc- funden, wic sie aucli L i c b i g vor inir iin gefaulten Hiirn

iiiclit hiittc a u f h d c n kiinncn. Dagcgcn erhielt icli ciiie geringc Menge eincr schwcrliisliclieii Zinkvcrbintlung :\us d cins el b c n , ~v clchcs icli an fii ngli ch f iir niilclisiiurcs Zinkoxp d hiclt, spiitcr nber als cine Vcrbindung dieses Oxyds i i i i t

eincr cigencn kryslallisirbareki , in Wasser leicht liislichcri Saiirc zii erkennen glaubte. Die ganze Menge der aus jc- ncn 50 Pfund Harn erhaltenen und inir zii Gebote steheri- den Substanz betrug abcr iiur + Grainin. Icli fiirchtete (la- her schoii dainals , inanchc dcr Eigcnsdiaftcn, welchc ich von dcrselbcn nngcgcbcn hatlc, nicht genau geniig untcr- sucht zii habeii , und so in& icli i n dcr That in diewin Aufsatze maiiclies von dein berichtigcn, was ich fiir richtig hiell, als ich jene Notiz nicderschricb.

Kurzc Zeit nach inir bcrichtete Hr. Dr. P e t t e n k o f e r in den Annaleii der Chernie und Pharinacie, Bd. 52, S . 97, iiber einen neueii sticltstofflialtigei~ Korper im Harn , wel- chen er , nach Verdainpfung des init kohlensaureiii Natron gesattigten Harns und Ausziehen des Ruckstands init Wein- geist , aus dieser alkoholischen Lbsuiig durch Chlorziiik fiil- len konnte. Er erkannte diesen Niederschlag als eine Ver- bindaiig voii Chlorzink mit eiiier ‘eigenthumlichen stickstoff- reichen , in rcinein Zustande in Wasser loslichen und bry- stallisirbaren organischen Subsbnnz. Die Eigenscbaften die- ses Korpers stiininten sehr nahe init denen uberein, welche

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icli a n dein voii inir kurz vorher aufgefundenen aiigegebeii hatte, weshalb ich verinuthete, cs inochte in der That der- sclbe Kiirpcr seyn, uiid die Diffcrenzeii i n uiisereii Anga- hen iniichtcii nur dahcr ruhren, dafs ich zu wenig Substanz gehabt hntte, uin ihre Eigeiischafteii init Sicherlicit auffn- den zii hiinnen.

Etwa uni die Zcit, als die cbeii erwiihnte Notiz iin Driick btyy-iffen seyn inochte,, befand icli inicli auf einige Tage in Giefscn. Dr. P e t t c n k o f e r liattc die Frcuiidliclikeit, iiiir

die von ihiii crhaltcnc neue Substanz zii zeigcn, und icli glaubte in ilirein Aeufseren einige Verschicdcnheiten voii der ineinigen zu entdeckeii , welche mich zii der Meinung fiihrtcn , wir iniichtcii doch zwei verschicdenc Siibstanzeii uiiter Hiinden geliabt haben. Deinnnch glaubte ich nach ineincr Riickkunft voii jencr Reise dic weiiigeii Milligrain- inen ineiiies Zinksalzes , welche iiiir voii ineineii Versaclien uhrig gcblieben waren, nicbt besscr nnwcndcn zii kiiiiiicn, nls weiiii icli sic nuf ciiien Gchalt an Chlor untersuchte, was ich bis d;diin nicht gcthan hatte, wcil ich der Meinring war, dicscs nus tlein Hnrn vollst~indig clurch Blcioiyd und Alhohol cntfcriit zii habcii. Icli crliielt in- der That durcli Zusatz voii salpetersaurein Silberoxyd zu der w:ifsripi Ld- sung derselben ciiien schwachen Niederschlag, der sich in Salpctersiure nicht aufliiste. I)einnach schicii die Ansicht von der Identitiit beidcr Stoffe, die ich schon fast aufge- geben liatte, eiiic bedeuteiide Stutze zu erlialten. Alleiii dicser Vcrsuch koniitc iiicht entscheidend seyii, da die iiii- tersuchte Substanz in zii geringer Menge zu dein Versuclie angewendet, uiid aukerdein uiireiii war, also auch mdgli- cherweise iioch Spuren eiiier Clilorverbindung beigelnengt enthalten konnte.

Daher mufste ich, uin die Identitiit beider Stoffe init Sicherheit iiachzuweiseii , dazu rneine Zufluclit nehmen, sie beide noch eiiimal geiiau iiach den voii P e t t e n k o f e r imd lnir bis dahin angcwendeten Methoden darziistellen. ZU- nachst unterwarf ich ciiie Quaiititat von 100 P f m d Ham derselben uinstandlicheii Dchandluug, wic ich sie in meiner

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fruheren Notiz genau beschrieben Iiabe, konntc aber trolz allcr Sorgfalt aiicli niclit cine Spur jener schwerliislichen Zinkverbindaug erhalten. Eben so wenig jedocli gela~ig cs inir, inilchsaures Ziiikosyd auf dicse Weise zu gewinncn, wodurch von Neucm die Abwescnheit der Milchszure im Ha rii b cs t 3 t i g t wir (1.

Obgleicli dime Arbeit uiicli wohl ein lialbes Jahr la115 beschaftigt hatte, so glaubtc ich dennocli einen neueu Ver- such niacheii zu mussen. Abermals gain eben so behau- delte 100 Pfund H a m gaben iriir eiidlicli eiue liiichst c;c- ringe Mcnge ( etwa 0,2 ( h i . ) dcr gesuchten Zinkverbill- dung. Icli krystallisirte dieselbc inelirinals urn, bis sie zieni- lich weiL gewordcn war, und untersuchte nun die Liisung dcr Halfte clerselben auf cincn Gclialt an Clilor. Ich er- hielt durch salpetersaures Silberoxyd eineii starken, wei- h i , in SnlpctersSiiirc unliisliclien, k%ig ziisainxnenbnllcn- den Nicderschlag, der daher olfeiibar aus Chlorsilber be-

Sornit war dcr Clilorgehalt der von mir fur ein Zink- oxydsalz gehaltenen Substanz erwiesen, und nichts war (In- her walirsclieiiilicher, als dars die von P e t t c n k o f e r und inir auf ganz verscliiedenein W e g e iln IIarn gcfundencn Stoffe itlcntisch segcn. Uin mich init Bestiinmtheit c1;ivon zu uberzeugcn, stellte ich inir nun P e t t c n k o f e r ’ s Clilor- zinkverbindung nacli seiner Methode dar, um die Eigenschaf- ten beider Stoffe Z:I vergleichen, so wcit es die geringe, inir ZLI Gebotc steliende Meiigc dcs eineu dcrselben gestat- tete. W o diese nicht ausreichte, verglich ich die Eigen- schaften jencr init denen, welche icli in meiner alteren No- tiz fur die von inir aufgefundene verineintliche neue Siiurc angegebeii liatte.

Zuniichst gab ich an, dars aus dein von mir erhaltenen Zinksalze, wenn es, in Wasscr geliist, einem Strorne von Schwefelwasserstoffps nusgesctzt wurde, alles Zink gefiillt werden konne. Aucli aus der Liisung der nach P e t t e n - k o f er’s Methode dargestellten Chlorzinkvmbindung kann durch einen Stroin dieses Gases so vie1 Schwefelzink ge-

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f2llt werden, dals d i i s init demselbcii gesBttigte Filtrat durch Aminonink iiicht mebr gctrubt wird. Allciii iiacli inehrercn Stunden schiedeii sicli docli eiiiige Flocken von Schwefel- zinli ab , die jedoch iiufsscrst unbedeutend wi1rcii. Ganz eben so verhielt sich die neucrdiiigs iiach inciiier Mcthotle dargestellte Chlorzinkvcrbiiiduiig.

Feriicr gab ich fruher ;in, dafs clic (lurch Schwefelwns- serstoff voin Ziiik befrcitc Liisuiig tlieser Vrrbindung saucr rcngirte, was inich vcraulafstc, dic darin ciithallciie o r ~ a u i - schc Substaiiz fur cine bestiinmt charaktcrisirte S;iiirc ZLI

halten. Es ist klar, ( Ink dic bei der Fiilluii~ cles Scliwc felziiiks aus dem Clilorziiik sicli hildende Salzsiiore der Gruiid dieser sauren Reactioii war.

W a s nuii die Eigenschaften der voin Chlorzinlc befrci- ten reineii orgnnischen Substanz betrifft , so faud ich die voii mir angegcbeneii an der nach P e t t e n k o f e r ’ s Mc- thode dargestellteii vollkommen wieder, iiur iiicht dic saure Reaction, clic, wie oheii erwiilint, bei meiiien frulicreii Ver- suclieii von Salzsiiure herruhrtc.

Sic ist in der That in Alkoliol vicl schwerer liislicli als in Wasser, so dafs man wohl nicht init P e t t c i i k o f e r sa- gen darf, sie sey dariri leicht liislich. In Wassrr jecloch ist sie, wcnii sic noch durch etwas der Extrnctivstoffe dcs Harris vcrunreinigt ist, Icicht aufliislich. Im Zustniide voll- koinmcner Rciiihcit liist sic sich jcdocli auch durin iiiclit g m z lciclit auf.

In ineiiier friihcren Notiz sagte ich, dafs die orgaiiischc Subst;mz mit hinmonialr iibersiittigt, weiiii dic Liisiung ziir Trockne vcrdainpft wurde, miedcr sauer reagirte. Diesclbe Erscheinung fand icli a11 dcr iiacli P e t t e n k o f e r ’ s Mc- tliode dargestelltcn Chlorzinkverbinduiig bestitigt, sobald, wie in jcnein Vcrsiiche, das Zink durch Schwefelwasser- stoffgas gefallt uiid die Substanz durch Abdampfeii gewoo- nen war. Die Reaction war jedoch iiach dem Trockneii des Lackmuspapiers iiur sehr schwach. Ganz gleich ver - hielt sicli die neucrdings von mir nach ineiiier Metliodc dargestellte Chlorzinkverbindung.

hetlicr liist weiiig oder niclits tlavon auf.

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Dafs der Ruckstand, welclier nach dieser Verdainpfung zoriickblieb , init Kali ubersattigt , Airiinoniak cntwiclrclii mufste, ist klar, da nach dein, w a s ich obeii gesagt babe, Saliniak init derselben gemengt war. Ein Versucli init der nach P e t t e n k o f e r ' s Methodc dargcstellten Siibstanz gab dasselbe Resultnt. Feriicr sagte ich, d a b dieser Ruckstand, den ich fur ein Ainmoniaksalz hielt, iin Wasser schwercr loslich sey, als die reine Substanz selbst. Dick ist dn- durch zu erkllren, dafs die von inir fur rein gehaltcne Substanz noch Salzszurc enthielt, worin sie sich Icichter aufliist, als in rcinein Wasser. W u r d e diese Snlzsiinre durch Aininonink gcsiitligt und die Fiiissigkeit verdainpft, so war dcr Riiclistand natiirlich schwerer in Wasser 16s- lich als vorher, da er nun kcinc freic Salzs~iure mehr enthiclt.

Z a deli Vcrsuchen, durch welchc ich die Einrvirkuug verschiedcner Salzc auf dicsen neuen thierischcn Stoff zu erinittelii snchtc, hnttc ich dic von Ziiikoxyd fast vollst8n- dig darch Schwefelwasserstoff befreite Liisii~ig dcr Chlorzink- verbindung zur vollstandigen Trockiiifs eingcdampft. Es war daher ohnc Zweifel dadurcli der graCste Theil dcr freien Salzsliure verfliichtigt wordcn , weslialb ich such mi t salpetersaurem Silbcroxyct in diescr LBsnng keineii Nietler- schlag erhielt. Die Opalisirung, welchc dadurch vcraulafst Ivurde, schricb ich nuf Rechnung ciiicr unwesentliclicn Ver- unreinigung init Spuren von Salzslurc, wcil clicsclbe bci Zusatz von Salpeterszurc nicht verschwand.

Die iibrigeii Eigenschaften der reincii Substanz, welchc in ineiner :iltercn Notiz aiigegeben sind, fand ich durch Versuche init den1 nach P c t t e n k o f c r 's Methode (large- stellten Kiirpcr bestatigt. So gab wcder schwefclsaures Kupfcroxyd , noch Alauii , iiocli Chlorbaryuin oder Chlor- natrium mit oder ohne Zusatz von Aminoniak, noch end- lich eine mit Ammoniak iniiglichst genau neutralisirte Ei- senchloridliisung einen Niederschlag. Essigsaurcs Bleioxyd gnb keiiien Niederschlag. W u r d e die Losung dieses Stoffs iuit schwefelsaurein Kupferoryd versetzt uiid nun Kalihyclrat hinzugefugt, so fsrbte sicli die Fliissigkeit schijii dunkelblau.

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Salpetersaures Silberoxyd veriindcrt (lie Liisung dicser Sub- stanz niclit, selbst wcnii sic nach Zusatz voli Alninouiak gekocht mird. Nach liingerein Kochen jedoch wird cin wenig Silber rcducirt.

W a s endlich die Form anbetrifft, in welclicr die nach iiieiner iind nach P e t t e n k o f c r ’ s Metliotlc d;wgcstrllte Clilorzinkverbiiidung sich nbschcitlet, so ist clicselbc tliirch- aus gleich. W-eiiii sic aus rler ;ilkoholisclien Liisring tlcs Harnertracts sich absclieidct, so bildet sic conccntrisch p p - pirte prismatische Krystalle. Fiillt inan aber die reinc in Spiritus geliistc Substanz init einer Losung von Chlor- zink in Alkohol, so erhlilt man cinzelne Krystallc, die ent- weder mit einer geraden Endflache begranzt oder zwdlki- chig ziigespitzt sind. Als ich meine friiliere Notiz uber dicsc Substanz schrieb, hattc ich iiur erstere Form gesehen, wcs- halb ich der Meiiiung war, inan lriiniie dieselbe diirch die Krystallform voin niilcl~snurcn Ziiikoxyde untersclieiden. Diese neue Ceobnchtung zcigt dagegeii, tlak cs niclit leiclit seyn miichte, sic an ihrer Krystallforin a11cin zu erkcnneo. Denn dns milchsaure Zinkoxyd krystallisirt glcichfalls in I’ristnen init zweifliichiger Zuspitzung.

Aus allem Vorhergehcnden leuchtet eio, dafs der Stoff, welchcn icli iin Harn entdeckt habe, mit dein von P e t t e n - k o f e r nach inir auf~efuiidencn identisch ist.

Erst nachtlcm diesc Identitiit iiachgewiesen war, durfte ich c:,e von diesem angewcnclete Darstellungsweisc dessel- ben als die becluemere und eine reichlichere Ausbeute lie- fernde anwenden, urn seine Eigenschaften , seiiie Zusaln- rnensetzung und sein Atoingewiclit nuszumittcln.

Es wurde zu dein Endc einc bedeutende Mengc H a r n bei gelinder Wiirine zur Syrupsconsistenz eingedainpft, cler Rijckstand mit kolilensaurem Natron neutralisirt, und null init etwa einem gleichen Voluinen starkeii Alkohol versetzt. Bachdem die Masse cine Nacht gestanden hatte, wurde fil- trirt und zu deni Filtrat eine alkoholische Losung v011 Chlor- zink gesetzt, worauf sich die Chlorziiikverbindiin;5 allinllig abschied. Nach aclit Tageii wurde der Niederschlag abfil-

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trirt , allein in deni Filtrat schiedeli sich bei lsngerem Ste- hcn voii Ne~ieiii Krystalle ab. Erst nach drei Wochcn war die hbsonderung derselben so vollsttiiidig geschehen , dafs sich in der filtrirteil Flussigkeit nur Spuren davon absetzten.

S:immtliche Krjstallc wurden nun init verdiinntein Al- kohol so langc ausgewaschen, bis in der abfiltrirten Fliis- sigkeit durch salpctersaures Silberoxyd nur noch cine ge- ringe Opalisirung bewirkt wurde. Die nusgewaschene Masse wurde init vielern destillirten Wasser gekocht und die Flus- sigkeit von dern Ungeliistcn, welches haupts~ichlich BUS

pliosphorsaurcm Zinlroxytl bestand , abfiltrirt. 1111 Filtrat befand sich niin die Cl~lorzi~~kverbiiidring aufgeliist. Ein vorlanfiger Vcrsiich, (fen icli niachte, um zu priifen, ob die von 1’ e t t cii k 0 f e r angcgcbcne Methode brauchbar sey, inn init Leichtigheit dic orgniiische Substanz frei von Chlorzinlr uiid in vollkoirinien reinein Zustandc zu erhalten, lclirte inich, (Ids zwar das Chtorzink reclit gut dndurcli abgeschieden wer- den ltiinne; allein cs gelang rnir nicht, sie von allen Kjrben- dcn Bcstandtlieilcn zu befreicn. Das Reinigcn derselben mit ICnochenkohle fuhrte eben so wenig zum Ziele, wcnn aucli ihrc Einwirkung nicht zii verkenncn war. Allein diese Me- tliode, die Substanz zu entfiirben, fuhrt noch den Nachtheil wit sich, chfs dabci vie1 derselben vtdoren gcht. Nach mehr- fnclien Versnchcn bin icli endlich bei folgendcr einfacheren i?I e L h o d c s t eh en g cb li eb en.

Die gefiirbte Liisung der Chlorzi~ikverbii~duiig wurdc mit etwns Ainmoniak vcrsetzt, bis eiii Niederschlag entstand, und dann Scliwcfelaminoniuin hinzugefugt. Der Niederschlag voii Schwefclzink, der gclb gefsrbt war , wurde abfiltrirt, und das Filtrat vorsichtig so weit abgcdampft, d a b der Ruckstand cine I~ochende conccntrirte Losung dicscr orga- nischen Substanz darstelltc, uild darauf absoluter Alkobol liinzupfiigt. Ein grofser Theil derselben scheidet sich, be- sonders wcnn man die Fliissigkeit 2.1 Stunden recht kalt stelien lafst, in Krystallen aus, wahrend Salmiak und eiii anderer Thcil derselben in Aufliisuug bleibt. Jene Krp- stalle sind schon ziemlich, aber uoch nicht vollkoimnen weirs. Ich loste sic deshalb iiochmals in miiglichst weiiig

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kochcndtiii Wasser auf, fiigtc eine hinreichende Menge VOII

Chlorzink in Alkohol und eiii gleiches Volulneii absoloteri Alkohols hinzn. Die alkoholische Losung, welche neben Salmiali auch noch nicht unbedeutende Mengcii von jcner organischen Substanz enthielt, wurde gleichf;~lls init Chlor- zinkliisung versetzt und in der Kzltc sich selbst iiberlassen. Beide Niederschl%ge wiirderi bcsonders filtrirt und mit Al- lcolrol ausgewaschen. Ich liiste sic nun beide iiorhinals in kochendem Wasscr , fugte wiedcr Aminonink und Schwe- fclaminonium hinzii, filtrirte, und clampftc so weit ein, d a b (lurch Zusatz von absolutein Alkoliol eine reichliche FA- lung eintrat. Nachdem sich der Niederschlag in der Kaltc vollstlindi;; abgesetzt hatte, wurdc er abfiltrirt und dmch Umkrj-stallisation ails der wiilsrigen Losiiiig gereinigt. Auf diese Weise erhielt ich vollkommen weifse Krystalle, dereii Form ein rlioinbisches Prisina init schiefer EndflBche ist.

Die alkoholische Flussigkeit, aus der sich iliese Kry- stalle abgesetzt hattcii , entliielt iioch zieiirlich vie1 dcrsel- bcn in Aufliisung. Ich versetzte sic: dahcr init Chlorzinlr- liisung. Den dadurch entstaiidenen w e i h l Niedcrschlag filtrirte ich sb, uncl liiste iliii nochmals in mijglichst wenig kochendem Wasser auf. Die beim Erkalteii sich absetzen- den volllioininen weifsen Krystalle der Chlorzinkverbin- dung diciitcn zu den meitcr unteii angefuhrten Analysen.

Diese aiif solche Weise aus dein Harn hergestelltc in- teressaiite Substanz ist nichts aiidercs als das von C h C V -

r e u l in der 130uillon entdeckte Kreatiii, wie diefs im Ver- folgc dieser hrbcit klar werden wird. Die Vennuthung, dafs dein so seyn nrilchtc, veranlafste mich schon im ver- gangenen Soininer einc geriiige Mengc Kreatin, welche mir diirch dic Gute des Hrn. Dr. H e l m h o l t z in Potsdam zu Gebote stand, init der von mir aus dem Harn dargestell- ten Substanz zu vergleichen. Allciri mit der geringen Menge desselben, welche ich zu diesein Versuche aiiweiideii konnte, gelang es mir nicht , die charakteristische Fallung mittelst Chlorzink zu erhallen. Ich zweifelte daher an der Rich- tigkcit ineirier Verinuthung, zuinal da icli nocli Unterschiedc in der Loslicbkeit beider Stoffe zu beinerkcn glanbtc. A l -

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lein das Kreatin, welches ich bis dahin aus dein Harn ge- women hatte, war noch niclit ganz rein gewesen, uiid als ich es spgter von vollkoinmener Keinheit und blendend wei- €ser Farbe dargestellt hatte, fand ich, dafs wenigstens letz- terer Unterschied nicht vorhanden war. Demselben beige- mengte Extractivstoffe des Harm scheinen seiue Lijslichkeit zu vergrofsern. Diefs veranlafste mich C h e v r e u 1's Krea- tin aus dein Fleische darzustellen, uni die aus Harn erhal- tenen Krystalle mit demselben zu vergleichen, und zunlchst iiainentlich zu untersuchen, ob auch dieses jene schwcrlos- liche Verbindung mit Chlorzink eingeht.

Zunklist jedoch will ich bier die Resultate meiner Ana- lysen des Kreatins aus dem IIarii uiid seiner Verbindung init Chlorzink anfiihren, uin die chronologische Reihenfolge bci Beschreibung meiner Untersuchungcn niclit zu vcrlassen.

Die bei 110O C. getrockneten Krystalle des reineu Krca- tins gaben im Sauerstoffstrom, jedoch mit dcr Vorsicht ver- brannt, dafs stets binreichend metallisches Kupfer zur Rc- duction der sich etwa bildenden salpetrigen Saure iin Ver- brennungsrohr vorhanden war, folgende Resultate :

Aus 0,2217 Grm. derselben erliielt ich 0,296 Grrn. Koh- lenssure uiid 0,1363 Grm. Wasser. Diefs cntspricht 0,0807 Grin. oder 36,41 Proc. Kohlenstoff und 0,01616 Grin. oder 6,83 Proc. Wasserstoff.

0,251 Grm. derselbeii Substanz gaben 0,335 Grin. Koh- lensaure und 0,1558 Grm. Wasser, entsprcchend 0,091 36 Grm. oder 36,37 Proc. Kohlenstoff und 0,0173 Grm. oder 6,S9 Proc. Wasserstoff.

0,2696 Grm. gaben nach der Methode von W i l l und V a r r e n t r a p p 0,6463 Grm. Platin, was 0,0917 Grm. oder 31,64 Proc. Stickstoff entspricht.

Die Zusaminensetzung der bei 210" C. getrockiieten Substanz ist also folgende :

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Kohlenstoff 36,41 36,37 %,(id RC

Sticks t off 31,64 31,64 32,06 3 8 Snuerstoff 25,152 25,10 2443 4 0

I. 11. Bereclrnet.

Wasserstoff 6,133 6,89 6,87 9 H

100 100 100.

Die empirische Formel fur die bei 110'' C. getrocknetc Siibstanz ist also CJ H'S' O * . Allein diel's ist iiiclit dic %nsain~iieiisctzuiig des krystnllisirten Krentins , cleiin diescs verliert bedeutend a n Gemidit, ~ e n n cs jciier Teiiipcratur nusgesetzt w i d .

i42675 Grin. dcr lufltrocknen Substanz verloren, bci 110" C. getrocknet, 0,035 Grin. an Gewicht. Diefs entspricht 13,08 l'roc Wasser.

Offcnbnr wnren die Krystalle , welclia zu diesein Ver- suche, tlienten , nicht frei von hggroskopischern Wasscl.. Icli snchte sie &her in einem abgeschlossenen Rnume iibcr Schwefels~ure davon zu befreien. Alleiii sic zcrfielcn tla- durcli zuiii Thcil, wurden wenigstcns arif der Oberlliiclic voii eineni weifsen Mclil iiberzogen, ein Beweis, d d s sie a n trockner Lufl verwittern.

0,329 dieser ZUIII Thcil vcrwittertcn Kryslallc verlorcii bci 110" C. noch 0,0337 Grin. an Gewicht. Dick cnt- spricht 10,24 Proc. Wasser.

Da zu dieseiii Versuche Siibstanz aiigewendet wurdc, welche schon etwas von ihrem Krystallwasser durch das Trockiien iiber Schwefelsiiure verloreii hntte, so inufs dxc wahrc Menge etwns griifser seyn, als id1 hier gefuntlen habe. Der wahre Wer th mufs also zwischeu 10,24 uud 15,08 lie- gcn. Die Rechnung ergicbt fur zwei Atoirie Wasser 12,OS Proc. Die Forinel fiir das krystallisirte Kreatiii ist also C*B~PF"'+2I-I.

Urn nun das Atoingewicht dieses Stoffcs zu bestimmen, war cs wichtig seine ClilorzinkverbinduIig einer genauen Un- tersuchung zu unterwerfeii. Diese verliert, bei 120" C. ge- trocknet , iiur Spureii von hygrokospischem Wasser.

0,3357 Grin. der bci 120" C. getrockiietcii Substanz gaben 0,3725 Grm. Kohlelissure und 0,140 Grin. Wasser. Diefs entspriclit 0,1016 Grin. oder 2634 Proc. Kohlenstoff, uiid 0,0153 Grin. odcr 4,03 Proc. Wasserstoff.

Aus 0,3865 Grin. derselbcii erhielt ich 0 , 3 7 0 Grm. Koh- lensaure uiicl 0,135 Grm. Wasser, d. 11. 0,1009 Grm. oder

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26,24 Proc. Kohlenstoff, und 0,015 Grm. oder 3,90 Proc. Wasserstoff.

Den Stickstoff in dieser Substanz konnte ich nicht iiacli der Methode von W i 11 und Va r r e 11 t r a p p bestiininen, da dieselbe sich dabei so aufblahte, dafs das Verbrennungsrohr verstopft wurde und sprang. Ich verbrannte dnher das Kren- tinchlorzink in einein Strome von KohlensBure, nnchdein cs init Kupferoxj-d geiiieiigt uiid hinreichcnd iiietallischcs ICupfcr vorgelegt worden war.

Der so aus 0,4875 Grm. erhaltene, iiber Quecksilber aufgefangcne feuchte Stickstoff betrug, nnclidein die Kohleii- siiure durcli haustisclies Kali absorbirt worden war, 94 Kubc. bei 3 O C. und 0,7457 Milliin. Barometerstand. Biefs is1 glcich 90,5 Kubc. trockiien Stickstoffs bei 0" C. und 0,760 Milliin. Baroineterstand, odcr gleich 0,1147 Grin. oder 2334 Proc. Stickstoff.

Dns Chlor und das Zink in dieser Verbindung bestiinnite ich auf folgcnde TVeisc. Die getrocbnete Substanz wurde in Wasscr und ctwns SnlpctcrsSure gelost, und das Clilor durch salpetersaures Silberosyd gefiillt. Die davon abfil- trirte Flussigkeit wurde aininoiiiakalisch geinacht, und das Zink nebst dcin uberflussig zugesetzten Silber durch Schwc- felninmoniiiin gcfillt, der ausgewaschene Niederschlag in Sal- pctcrs:iurc geliist, das Silber mit Salzslure gefiillt, tind end- licli das Ziiik aus dcr abfiltrirten Flussiglreit auf die bekanntc Weisc inittelst kohlensauren Natroiis niedcrgesclila~eii.

Bei dein wciter unten zuletzt angcgebcneii Versuclie be- siiminte ich das Zink durcli Zerstiiren der Substanz m i t erhitzter concentrirter SchwefelsSure, Aufliisen des riickstiin- digen Zinksalzes init Ilulfe voii etwas Salzsaiure und Fallen d es Zinkoxyds durch kohlensaures Natron.

0,6717 Grui. gaben 0,521 Grin. Chlorsilber und 0,148 Grin. Ziiiliospd. Diefs eiitspriclit 0,12S3 Grin. oder 19,13 Proc. Clilor, uiid 0,1186 Grrn. oder 17,M Proc. Zink.

Aus 0,7575 Grin. erliielt ich 0,989 Grm. Chlorsilber und 0, I665 Grm. Zinkoxyd ; woraus sich ein Gebalt voii 0,145:3 ( h i . oder 19,18 Proc. Chlor, und 0,135 Grin. oder 17,S2 Proc. Zink ergiebt.

0,423 Grin. gaben 0,095 Grm. Zinkoxyd, d. h. 0,0761 Griii. oder 17,91 Proc. Zink.

Die Ergebnisse der Analyse sind folgende:

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1. I f . 111. Bcrerlinet.

Kohlenstoff 26,:34 26,23 26,57 FIC Wasscrstoff 4,03 3,90 337 7 w Stickstoff 2334 23,511. 23,25 3 s Saoerstoff 9,30 9,32 636 2 0 Ziiik 17,66 1S,S2 17,91 17,85 1Zn

l9,60 1 c t Chlor

Die Foriiicl fiir diese Verbiiidiing ist also C‘H7W3 O? t Cl Zn. Da die Forinel des krystallisirteii Kreatins C’ H9S3 O ’ t 2 H ist, so folgt hicrnus, dnfs es, wenn es sich init Chlorzink verhindct, nicht allein die beidcii Atomc: Krystallwasscr vcrliert, soiitlerii noch fernere zwei Atoiiie Wasser nbgiebt, a11 dereii Stellc ein Atom Clilorziiik tritt.

Die Zusaminensetziiiig dcs hypo thetisch wasserfreien Krea- tills ist dalier folgende:

____ 1!1,13 l9 , lS 100 100 100.

-__ ____

Proc. Alorngewicht.

8 C = 42,dS = G O O ‘is= G,19 = 8 7 3 3W=3’7,17 =525 20=13,16 =200 -__

100 14 12,5. D ~ s Atoingewicht dcs Kreatiiis ergiebt sich danacli gleich

1412,5. Das Kreatiii aus dein Fleisch suchte ich aiif folgciidc

Weise darzustelleii : Drei Pfund Rindfleisch wurde in kleinc Stiicke gcschuitten und init destillirtem W a s s c r aiisgekocht, die klarc Fliissigkeit bis nuf ein geringes Volumeii einge- dainpft und init einer hinreicliendeo Meiige Alkohol versctzt, uin die dadurch fillbare Siibstaiiz abzusontlern. Die filtrirtc Fliissigkeit wurde bis fast ziir Trockne abgcdampft und rlcr Rii cks t an d mi t A1 k o hol a risgek o ch t . Den a b ti 1 t rir t en A1 k o ho 1 l ick ich 18ngtre Zcit recht kalt stehen, urn die Abschridung dcs Kreatins zu hefordern. Alleiii bei einein crsten Versu- che sondertcn sich kcine Krj-stallc aus. Ich setzte dalicr zu der alkoholischcn Flussiglceit eine gleichfalls allroholischc Losung von Clilorzink, worauf sich nach eini-cr Zeit Kry- stallchen absetzten, die ganz das hiisehcn der Chlorzinkvcr- bindung des Kreatins aus dein Harn hatten. Diese Krystallc loste icli in kochendein Wasser, schied die Liisung V O ~ dcin Unt;el~sten durch Filtration und dampfte sie zur Krystalli- sation ab. Die so erlialtenen KrystalIe wuscli ich zuerst mit etwas Wasser , d a m mit verdiiiintem Spiritus aus, bis in der Waschfliissigkeit kauin Spuren yon Chlor zu entdek-

”,

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ken ivareii. Eine geringe Mcnge dcr so erhaltcnen Substanz in Wasser und etwas Salpeters~ure geliist, gab dagegen einen reichlichen kiisigen Niederschlag von Chlorsilber. Hier- aus ging schon niit hiichster WahrscIieinlicIibeit hervor, d a k diese ICrystallchen aus der Clilorzinkverbinduug dessclbcll Stoffes, welchen icii im Harn gefundea habe, bestehen.

Allein uin init Gestinimtlieit nachzuweiscn , dafs diescr Fiiedcrsclilag wirlslich das von C h c v r e u 1 entdeclrte Krea- tin enthalte, inufste ich dieses nach seiner Methode rein dar- stellen, und nun versuchen, ob es jellen Niedcrschlag niit Clilorzink giebt.

Bei ciiieni zwciteii Versuche, es aus dein Flcisch zu cr- halten, sondertcn sicli in der That zieinlicli vie1 Krystallc dcs reincn Iircatiiis ails der alkoholischen Liisung ab. Sic wurtlen init Alkoliol gewaschtw, und (lurch Uinkrystallisircn aus Wfisscr \ ollhoniiiicii wcifs erhalten. Eine concentrirtc Liisung tlcrsclbcn in Wasscr, zu dcr ctwis hllrohol gcsctzt wortlcii war, gib iiiich einigcr &it eincn reicliliclien krystal- liiiisclicii Nicdcrsclilag.

1)ic Forin, wclchc dicse Kryst:illchen unter dcni Mikroskope zeigteii, war gciinu tliesclbe, wic ich sic von cler reinen Chlor- zinhverbinduug dcr von inir und P c t t e n k o f e r im Harii gefundenen Substmz beschrieben habe. Die gut aosgcwn- schcncn ICrystalle cnthieltcn vie1 Chlor und Zink. Genug das Xireatin aus dcni E'lciscli vcrliielt sic11 g e p i Clilorzink gen;iri wie dns aus tlem Harn dargestclltc. Allein diese Verbin- clung ist inittelst volll\oininen reincn Krcaliiis, inag cs aus dciii Fleiscli odcr dciii XIarn dargestellt seyn, schwercr zu erlialten, als wenii es iioch unrcin und init Extractivstoffcn geinenmt ist. Denn clas r e h e Krcatiii ist in kaltem Wasscr nicht eigentlich ganz leiclit liislicli ') , so dafs eine Liisung voii Kreatin in Wasser, aus der sicli bei 3-2" ICrystulle desselben abgeschieden hatten, init eincr conccntrirtcn allto- holischen Liisung von Clilorzink versetzt, selbst nacli iiieh- rcren Tagen kein Kreatinchlorziiik absetzte. Mail erliiilt diese Verbindung aber iniiner, wenii niaii eine concentrirl c Liisung von Kreatin in kochendeni Wasser init Clorzinlrlii- sung versetzt. 1st dagegen das Kreatin init Extractivstoffcn verunrcinigt, SO scheidet es sich wcit weniger lciclit aus sei- ner wiikrigeii Liisurig ab, wo-e=en die CIilorzinkverbindiIng sicli oline Schwierigkcit dam& %illen lafst, nanientlich ~veiin nocli Alkoliol der Liisung zugesetzt wird.

B.

1) Nacli Clre\*rcul lbsen sic11 in I000 Theilen Wasser nur 12,04 *I'lieilc aul: Joum. I: pract. Cliemie, Bd. 6, S. 123.

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Iin Uebrjgcii besitzt das Kreatiii ai ls dein Fleisch durch- ai ls alle Eigenschaften des aus dein Harn dargestellten, so dafs ich nicht inehr a n cler Idenlit%t beider zweifelte.

Uni abcr nlle noch iniiglichen Zweifel zu beseitigen, war irli eben im Begriff ouch die Elementaranalyse clcs Krea- tins aus dem Fleisch anzustellcn, als iiiir die No. 3 der tliefsj~ihrigcii Comptes rendiis de I‘acndiniie cles sciences in div H;inde h i m . Seite G9 dieses Hefts fiiidet sich ein knr- zcr Auszug aus einer griifseren im Druck befindlichen Ab- Iinndlnng von L i e b i g . Dieser hat das Krentin ai ls dcin Fleische dargcstellt uiitl analysirt. Er fnnd dafur die For- inel CJ l l” S3 0 ’ + 2 € & , dieselbe, welche ich obeii fur das Kreatiii nus dcin Harn anwewben hnbe.

Dicsc Arbeit von L i ebhi: uberhebt inich der Muhe auch das aus deni Fleisch dargestellte zu annlysireii, und gicbt den Beweis, clafs dieses init dein nus dein Hnrn gewonnencn nicht allein, wie ich oben gezeigt babe, gleicbe Eipischaf- tcu, sondcrn nucli gleiclie %usaiiiiiicnse~z~iug lint.

Um nun auch nachzuwcisen , clafs die Chlorzinkverbin- clung cles Krcatins aus clein Fleiscli cbcn so zusaininen~c- sctzt ist, wie tlic clcs ails dein tlurn cdialtcrieii, habe icli (lie Mengc dcs Clilors und dcs Zinks bestiinnit, welche je- iics in tlieser Verbindung aufiiiinint.

0,467 Grin. clerselben, die aus deni nach Clievreul’s bIetliode erhalteneii Kreatin dargestellt waren, lieferten 0,363 Grin. Cblorsilber. Diels entspricht 0,0693 Grin. oder 19,18 Proc. Chlor.

Aus 0,iSO Grin. dcr Clilorzinkverbindung, die aus Krea- tin dargestcllt war, welclics icli nach der ncuen bcsscrcn Metliode von L i e b i g gewoiincn hatte, wurden 0,174 Grin, Zinkoxyd erhalten. Diefs entspricht 0,1394 Grm. oder 17,87 Proc. Zink.

Uicse Zahlen stiinmen geiiau geiiug mit der Rechnung uberein, welclie 17,% Proc. Ziiik und 19,W Proc. Chlor v erlangt.

Man war friiher zweifelhaft, ob das Kreatiii fertig ge- bildet im Fleisch enthalten sey, oder erst durch das K O - clien desselben erzeugt werde. Aus Li e b i g’s Arbeit geht hervor, daCs ersteres der Fall ist, da er es aus demselben durch Wascheii init kalteni Wasser auszuzieheii vermocht lint. Eben so liefert das Vorliandenseyn desseIben iui Harii einen weiteren Beweis dafur.

Man mufs aniiehincii, dafs das Kreatiii im thierischcii Organisinus gebildet wird, weil es im Pflaiizeiireiche, iia-

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inentlich in der Nahrung der Pflanzenfresser , nicht aufge- fiinden ist, L i e b i g aber es im Fleisch vom Huhn, Pferde, Ochsen, Kalb, voin Hainmel, Schwein und voin Hasen nach- gewiesen hat, wie auch ich es im Harn \-on Menschen mid Pferden gefunden habe. W e n n daher die Nahrung der- selben kein Kreatin enth#lt, so kann das im Harn und Fleisch enthaltene nur in ilineii selbst erzeugt werden.

Da L i e b i g das Kreatin niir in solclien Theileo des thierischen Kiirpers gefunden hat, wclclie ails Mushelfasern bestehen, also anfser in dein gemiihnlichcn Mnshclfleiscli, auch in dein Herzen, da es aber, iiacli ihm, in dcr Lungc, dcr Lebcr, clcm Gehirn, den Nieren iiiclit enthaltcn ist, so ist hiichst wahrschcinlich , dnfs es ails der Muskelsub~tanz gcbildet wirtl. Ob cs aber ein Product derjenigcn chemi- schen VerRnderuno. ist , welche bei der Muskelbewcgnng stattfindct, diese wiclitigr Fr;ige bcdnrf, obglcich es wnhr- sclicinlich ist , iiocli clcr dircctcn Bcstiitigung, wclche ich inir vorbchalte. 1st nber das Kreatin wirklich ein Zcr- sctzungsprodnct der Muslrclsubstanz, und wird cs nur in dieser gebildct, so ist cs klar, dafs das Iireatin, welclics sicli ini Harn der pflanzeofrcsseiiden Tliiere findet, seinen TJr- sprung in den Muskelii niinint, als ein fur den Organisinus unbrauchbarer Stoff voii den Gefafsen resorbirt und durcli die Nicren aus dciii Elute wieder secernirt wird. Es ist also nicbt eiiicr dcr Stoffe, wclchc zur Ernehrung dienrii, sondern es darf nur als ein cxcrcincntcllcr Stoff betrnch- tet wcrden. Obglcich cs dnhcr in der Fleischbruhc slets enthaltrn und sogar zncrst gerade darin von C h e v r e u 1 aufgefiinden worden ist, so ist es dcnnoch in sofern nicht als ein wcsentlicher Sestandtlicil derselben anzuschen, als cs iiichr zu ihrer Nahrhaftigkeit beitregt.

Bei den flcischfrcssenden Tliiercn Iran11 das in ihrem Hnrn enthaltene Kreatin natiirlich doppelten Ursprnngs seyn. Ei- nerseits nainlich mag es atis dein Fleische, welclies von ihncn aIs Nahrring gcnossen wird, in ihrcn Harn iibergehen. Ein anderer Theil wird offenbar in ihren Muskeln gebildet, a m ihnen von den GefaCsen aufgenoininen, und endlich durch die Eieren secernirt. O b aber das Kreatin ails der Fleisch- nahrung dieser Thiere in der That in das Blut derselbcn unverandert ubergehe, so dafs cs g€eichfalls unverandcrt in1 Harn wieder abgesondert werden kiinne, das ist eine bis jetzt iioch unerledigte Frage.

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