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E. Rup p: Ql xkailberoxycyanid. 1 Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut der UniversitiLt Yarburg. 193. Ueber das Quecksilberoxycyanid. Von E. Rupp. (VorlBufige Mitteilung.) (Eingegangen den 18. XII. 1906.) Ein neuerdings mehr und mehr in Aufnahme kommendes Queck- silberpraparat scheint das Merkurioxycyanid zu sein. Um dessen Er- forschuog machten sich in jiingster Zeit besonders die Herren E. nnd I(. Hold erman n verdient'). Sie ermittelten die giinstigsten Darstellungs- bedingungen des Prtiparates, priiften dessen Eigenschaften und Um- setznngsverhtiltnisse und arbeiteten eine ebenso einfache wie exakte Bestimmungsweise aus, mittelst derer festgestellt wurde, daO die im Handel befindlichen Prtiparate nur teilweise aus Oxycyanid neben meist sehr vie1 Cyanid bestehen. Es sind damit eine Reihe praktisch wichtiger Reenltate gewonnen, so daS diese ans dem Laboratorium der Hilda-Apotheke in Karlsruhe hervorgegangenen Arbeiten als tiderat erfreulich und dankenswert zu begrtiflen sind. Da die Herren Holdermann ausdriicklich bemerken, daO sie ihrerseits die Untersuchung iiber diesen Korper nun abgeschlossen haben, mochte ich mir zu bemerken erlauben, daO das von K. H o 1 d e r - mann beigebrachte experimentelle Material auch in Bezug an€ theoretische Gesichtspunkte verwertbar ist und jedenfalle von neuem dartut, daO nach dieser Richtung noch nicht vollige Klarheit besteht. In erster Linie mull die Frage nach der Konstitution des Quecksilberoxycyanids interessieren, nachdem von K. Holdermann von neuem bestatigt worden ist, daO demselben die konstante Zusammensetzung HgO . Hg Cys zukommt. Es kann kaum Zweifel dariiber herrschen, dall diese Frage nur mit Berticksichtigung der ausgesprochenen Neigung des Quecksilbers Komplexionen zu bilden einer befriedigenden LBsung entgegengefiihrt werden kann. Me Eigenschaften des Quecksilberoxycyanids und seine Umsetzungs- verhgltnisse bleiben grollenteils undurchsichtig und unerklarlich, wenn man dasselbe als eine ,,Doppelverbindungu von Quecksilberoxyd und 1) Archiv 242, 32 u. 243, 600. Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bdr. 1. Heft. 1

Ueber das Quecksilberoxycyanid

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Page 1: Ueber das Quecksilberoxycyanid

E. Rup p: Ql xkailberoxycyanid. 1

Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut der UniversitiLt Yarburg.

193. Ueber das Quecksilberoxycyanid. Von E. Rupp.

(VorlBufige Mitteilung.) (Eingegangen den 18. XII. 1906.)

Ein neuerdings mehr und mehr in Aufnahme kommendes Queck- silberpraparat scheint das Merkurioxycyanid zu sein. Um dessen Er- forschuog machten sich in jiingster Zeit besonders die Herren E. nnd I(. Hold erman n verdient'). Sie ermittelten die giinstigsten Darstellungs- bedingungen des Prtiparates, priiften dessen Eigenschaften und Um- setznngsverhtiltnisse und arbeiteten eine ebenso einfache wie exakte Bestimmungsweise aus, mittelst derer festgestellt wurde, daO die im Handel befindlichen Prtiparate nur teilweise aus Oxycyanid neben meist sehr vie1 Cyanid bestehen.

Es sind damit eine Reihe praktisch wichtiger Reenltate gewonnen, so daS diese ans dem Laboratorium der Hilda-Apotheke in Karlsruhe hervorgegangenen Arbeiten als tiderat erfreulich und dankenswert zu begrtiflen sind.

Da die Herren Holdermann ausdriicklich bemerken, daO sie ihrerseits die Untersuchung iiber diesen Korper nun abgeschlossen haben, mochte ich mir zu bemerken erlauben, daO das von K. H o 1 d e r - mann beigebrachte experimentelle Material auch in Bezug an€ theoretische Gesichtspunkte verwertbar ist und jedenfalle von neuem dartut, daO nach dieser Richtung noch nicht vollige Klarheit besteht. I n erster Linie mull die Frage nach der Konstitution des Quecksilberoxycyanids interessieren, nachdem von K. Ho lde rmann von neuem bestatigt worden ist, daO demselben die konstante Zusammensetzung HgO . Hg Cys zukommt. Es kann kaum Zweifel dariiber herrschen, dall diese Frage nur mit Berticksichtigung der ausgesprochenen Neigung des Quecksilbers Komplexionen zu bilden einer befriedigenden LBsung entgegengefiihrt werden kann.

M e Eigenschaften des Quecksilberoxycyanids und seine Umsetzungs- verhgltnisse bleiben grollenteils undurchsichtig und unerklarlich, wenn man dasselbe als eine ,,Doppelverbindungu von Quecksilberoxyd und

1) Archiv 242, 32 u. 243, 600. Arch. d . Pharm. CCXXXXIV. Bdr. 1. Heft. 1

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2 E. Rupp: Qnecksilberoxycyanid.

Quecksilbercyanid im althergebrachten Sinne ansieht. Betrachtet man hingegen seine Bildungs- und Konstitutionsverhaltnisse im Lichte der Gleichung :

so prasentiert sich die Sachlage wesentlich anders. Zunlchst leuchtet ohne weiteres ein, daa eine solche Verbindnng

keine Merkurikationen in Liisung senden kaun - wenigstens nicht primar -, sondern das Quecksilber in Form eines zusammengesetzten Ions enthalt. Uei Umsetzungen des Oxycyanids mit anderen Korpern wird der zweiwertige Komplex

0 / H g - \Hg -

bezw. die einwertige Gruppierung

eine Rolle spielen konnen. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, diirfte die Koustitution verschiedener von K . H o l d e r m a n n gewonnener Umsetzungsprodukte sich unschwer deuten lassen. Solches dtirfte namentlich auch fur die Umsetzung des Oxycyanids mit Jodkalinm zutreffen. Es wird versucht werden einiges experimentelle Material hierfur zu beschaffen, welches weiterhin dazu angetan sein soll, die Annahme der komplexen Natur des Oxycyanids zu stiitzen.

Auf eine solche soheint mir namentlich auch der Widerspruch hinzuweisen, welcher zwischen den Eigenschaften und dem Dissociations- grad des Quecksilberoxycyanids besteht. Das Quecksilbercyanid is t in wlsseriger LQsung nur zu einem verschwindend geringen Prozentsatze

CY \Hg -

in seine Ionen

gespalten , infolgedessen lul3erst reaktionstrage und nach den von P a u 1 uud K 1-0 n i g erkannten Beziehungen zwischen Dissociationsgrad und antiseptischer Wirkung, nur wenig bakterizid. Das Oxycyanid is t wesentlich reaktionsfihiger und auaerdem wird ihm - allerdings nicht unbestrittenermaflen - eine krgftige antiseptische Wirkung nachgeruhmt. Beides lieD erwarten, dafl der Dissociationsgrad des Oxycyanides wesentlich h6her sein wilrde als derjenige des Cyanids. K. H o l d e r m a n n bestimmte denselben und fand ihn wider alles Erwarten noch ganz erheblich niedriger a19 beim Cyanid. Er nimmt darum als moglich an, dall hier die Regel nicht zutrifft. Ich mochte dieses Nicht- zutreffen dahin auslegen, daD jene Gesetzmtiaigkeit hier offenbar gar nicht in Frage kommt, weil keine Verbindung des Merliuriions voriiegt, und erblicke hierin einen weiteren Beweis fur die komplexe Natur des Oxycyanides.