23
. ber das SchwarzscheLemma bei analytischen Funktionen yon zwei komplexen Veriinderlichen. Von C. Carath6odory in Miinchen. 1. Einleitung. Es ist eins der grSl~ten Verdienste Riemanns, gezeigt zu haben, dab man die Theorie der analytischen Funktionen einer kom- plexen Ver~nderlichen mit Hilfe von geometrischen und topologischen Be- trachtungen aufbauen l~ann. Die Ubertragung der Riemannschen Theorie auf Funktionen yon mehreren Ver~nderlichen ist bisher abet nicht gelungen: Es liegen nut ganz vereinzelte und ziemlich dfirftige Versuche vor, aus denen man haupts~chlich das eine ersehen kann, dab n~mlich die Verh~lt- nisse bier ganz anders liegen, so dab man nicht einmal recht weiB, wo man den Spaten anzusetzen hat, um die vermutete Goldader zu finden. Am klarsten erkennt man die Schwierigkeiten, die einem bier auf Schritt und Tritt begegnen, wenn man die Abhandlung nachliest, die Poinear6 diesem Gegenstand gewidmet hat, und die fast alle Resultate enthMt, die man bisher auf diesem Gebiete gewonnen hatS). Unter diesen Umst~nden scheint die Bemerlrtmg yon Interesse zu sein, dab man einem der wichtigsten S~tze der geometrischen Funktionentheorie (soweit sie sich mit analytisehen Funl~ionen einer Ver~nderlichen befal3t) eine Formulierung geben kann, die vSllig unabh~ngig is~ yon der Anzahl der Ver~nderlichen, die in die analytischen Funktionen, die man betrachtet, eingehen. Das Hauptresultat, zu welchem wit gelangen werden, mad das wit, um uns nicht in Allgemeinheiten zu verlieren, fiir Funktionen yon zwei Ver~nderlichen aussprechen werden, ist folgendes: dutch die beschrdnkte~ analytischen Fun]aionen yon zwei komplexen VerSnderlichen, die in einem vorgegebenen vierdimensionalen Gebiet reguldr sind, wird diesem Gebiete 1) H. Poincar6, Les fonctions analytiques de deux variables et la repr6sentatio~ conforme, Rend. Circ. Matem. Palermo 23 (1907), pp. 185--220.

Über das Schwarzsche Lemma bei analytischen Funktionen von zwei komplexen Veränderlichen

Embed Size (px)

Citation preview

. ber das SchwarzscheLemma bei analytischen Funktionen yon zwei komplexen Veriinderlichen.

Von

C. Carath6odory in Miinchen.

1. Einleitung. Es ist eins der grSl~ten Verdienste Riemanns, gezeigt zu haben, dab man die Theorie der analytischen Funktionen einer kom- plexen Ver~nderlichen mit Hilfe von geometrischen und topologischen Be- trachtungen aufbauen l~ann. Die Ubertragung der Riemannschen Theorie auf Funktionen yon mehreren Ver~nderlichen ist bisher abet nicht gelungen: Es liegen nut ganz vereinzelte und ziemlich dfirftige Versuche vor, aus denen man haupts~chlich das eine ersehen kann, dab n~mlich die Verh~lt- nisse bier ganz anders liegen, so dab man nicht einmal recht weiB, wo man den Spaten anzusetzen hat, um die vermutete Goldader zu finden.

Am klarsten erkennt man die Schwierigkeiten, die einem bier auf Schritt und Tritt begegnen, wenn man die Abhandlung nachliest, die Poinear6 diesem Gegenstand gewidmet hat, und die fast alle Resultate enthMt, die man bisher auf diesem Gebiete gewonnen hatS).

Unter diesen Umst~nden scheint die Bemerlrtmg yon Interesse zu sein, dab man einem der wichtigsten S~tze der geometrischen Funktionentheorie (soweit sie sich mit analytisehen Funl~ionen einer Ver~nderlichen befal3t) eine Formulierung geben kann, die vSllig unabh~ngig is~ yon der Anzahl der Ver~nderlichen, die in die analytischen Funktionen, die man betrachtet, eingehen.

Das Hauptresultat, zu welchem wit gelangen werden, mad das wit, um uns nicht in Allgemeinheiten zu verlieren, fiir Funktionen yon zwei Ver~nderlichen aussprechen werden, ist folgendes: dutch die beschrdnkte~ analytischen Fun]aionen yon zwei komplexen VerSnderlichen, die in einem vorgegebenen vierdimensionalen Gebiet reguldr sind, wird diesem Gebiete

1) H. Poincar6, Les fonctions analytiques de deux variables et la repr6sentatio~ conforme, Rend. Circ. Matem. Palermo 23 (1907), pp. 185--220.

C. Carath~odory. Funk~ionen zweier Ver~nderlicher. 77

mit Hil/e einer Distanz/unktion eine Metri]r au/erZegt. Diese Distanzfudk- tion ist eine Invariante iiir die analytischen Abbildtmgen yon zwei vier- dimensionalen Gebieten aufeinander und kann daher beim Studium clieser analytischen Abbildungen mit Vorteil benutzt werden. Den ganzen Ansatz kann man, wie wit welter unten (w 6) erkl~iren werden, als eine direkte Verallgemeinerung des Schwarzschen Lemmas ansehen; er beriihrt sich daher mit einer geometrischen Ubertragung desselben Satzes, die Herr K. Reinhardt gefunden hat:). Als erste ganz elementare Anwendung dieser Theorie werden wit einige der S/~tze, die Herr Reinhardt erhalten hat, besonders einfach und anschaulich beweisen kSnnen.

2. Die Distanzfunktion. Jedes Wertsystem der komplexen Ver~nder- lichen

x ----- x' + i x", y ~- y' ~ i y"

kann als Punkt im vierdimensionalen (reellen) Raum der x', x", y ' , y" gedeutet werden. Geben wit uns ein Gebiet G1, d. h= eine zusammen- h~ngende, of[ene Punktmenge dieses Raumes, sQ kSnnen wit die Werte untersuchen, die eine analy%ische Funktion z~--f(x, y) in den Punkten yon G 1 annimmt.

Man kann abet gezwungen sein, noch allgemeinere topologische Ge- bilde als diese Gebiete G 1 zu be~rachten, wenn man die Ftmktion f(x, y) in einem Punkte Xo, ?4o yon G1 analytisch fortset;zt and diese analytische ~ortsetzung nicht mit HiKe der urspriinglichen Ver~.'nderlichen x, y sondern dutch neue Variable ~, ~ ausdriickt, die aus den alten durch die Uber- gangsformeln

gewonnen werden. Die Punkte, in welchen jetz~ die Funktion f (x, y) betrachtet wird, bilden ein topologisches vierdimensionales Gebie$ G, yon dem ein Teil mit dem Gebiete G~ innerhalb des vierdimensionalen Raumes der x, y, ein andere~ Tell mit einem Gebiete G~ innerhalb des Raumes der ~, ~ identifiziert wird. Dabei mut~ ein Stiick yon G~ auf ein Stiick yon G~ mit Benutzang der G]eichungen (1) umgekehrt eindeutig abgebildet werden. Indem man diese Operationen wiederholt, wird man sehlieBlich dazu gefiihrt, die Funktion f(x, y) auf Gebieten G zu definie~en, die man als Vereinigung yon abz~hlbar unendlieh vielen Oebieten G1, G~, . . . an- sehen kann, die sich dachziegelfSrmig iiberdecken.

3. Solehe allgemeinen Gebiete G wollen wit unse~en Betrachtungen zugrande legen, und annehmen, da~ ein derar~iges Gebiet, das wit studieren wollen, ein flit allemaI test gegeben ist, Es hat dann einen Sinn yon

~) Uber Abbfldungen dutch analytisehe Fuuktionen zweier Vel~aderlivher, Math. Ann. 83 (1921), S. 211--255.

78 C. Carath~odory.

Fanlrtionen f (x, y) zu reden, die in jedem Punkte yon G analytisch und regut~r sind. Diesem Gebiete G wollen wit nun die Besehr~nkung auf- erlegen, dal~ unter diesen iiberatl in G regaliiren Funktionen solehe vor- handen sind, die besehr~inkt abet nieht konstant sindS).

Wir betraehten nun unter allen Funktionen, die auf G regu]i~r sind, diejenigen, deren absoluter Betrag iiberall kleiner als Eins ist. Diese Funlrtionen bilden, naeh der Terminologie des Herrn Montel, eine normale Familie; sie besitzen bekanntlich die Eigenscha~, dal~ man aus jeder be- liebigen Folge, die mit Funktionen der Familie gebildet wird, eine konver- genre Teilfolge aussondern kann4).

4. Wit fassen nun zwei Punkte A und B des Inneren unseres Ge- bietes G ins Auge und betraehten die Werte

(2) z a = f ( A ) , z ~ = f ( B ) ,

die eine Funktion unserer Familie in diesen beiden Punkten annimmt. Die beiden komplex~n Zahlen z~ und z~ werden in der z-Ebene dutch zwei Punkte dargestellt, die beide im Innern des Einheitskreises i z l < 1 liegen.

Nun kSnnen bekanntlieh die konformen Abbildungen des Einheits- kreises auf sieh selbst gedeute~ werden als Bewegungen einer ~Tiehteuklidi- sehen Ebene, bei weleher die positive Funktion

(3) iz -z l+ t

die die Rolle der Niehteuklidisehen Entfernung der beiden Ptmkte za und zg spielt, invariant bleibt. In der letzten Formel bedeuten Za und Z~ die konjugier~ komplexen Werte zu za und ZB.

Wit betrach~en nun die obere Grenze der ~ichteuklidischen Ent/er- nungen E(za, z~) /~r alle Funktionen unserer Famitie und nennen diese

s) Man weil~ aus der Theorie der Funk~ionen einer Ver'~nderliehen, dab diese Bedingung wirklich eine Beschr'&ukung fiir die Gebiete H bedeu~e~. So ste|l~ z. B. die komplexe Zahlebene selbst;, oder die Uberlagerungsfl~che der Riemannschen Fl~chen, die bei den elliptischen Integralen auftret~n, Gebiete dar, die die verlangte Eigen- schaft nicht besitzen. Die Riemannsche Fl~iche der ellip~ischen Modulfunktion is~ dagegen'das einfachste Beispiel eines Gebietes ohne Rand, das die betrettende Eigen- schaft besitzt.

~) In einer wich~igen Arbeit ha~ Herr G. Julia die normalen Familien yon ana- lytischen Funktionen yon mehreren Ver~inderliehen sys~em~isch untersucht. [Sur les familles des fonctions analytiques de plusieurs variables, Acta Mathematica 47 (1926), pp. 53--115.] D/ese Arbei~ hat m/r, obgleieh sie ganz andere Ziele veffolg~, die erste Anregung zu tier vorliegenden Untersuehung gegeben.

Funktionen zweier Vor~nderlieher. 79

Zahl, die wit mit Da(A, B) bezeichnen, die Distanz der Punkte A und B innerhalb des Gebietes G s).

5. Die Distanzfunktion Da(A, B) ist iiberall endlich. Um dies za zeigen, betraehte man eine Folge yon Funktionen der normalen Famitie

(4) f(1)(x, y), f(~-)(x, y), . . . ,

fiir welehe, mit den obigen Bezeichnungen, die Relation

(5) lira E (z~ '~), z~ n)) = Do(A, B)

besteht. Ferner setze man

(6) v(-)(x, y )= f(') (x, y ) - z(~ ) f (x, y)- l"

Die Fanktionen der Folge (6), die s~mtlieh im Punkte A versehwinden, geh5ren aueh der normalen Familie an. Es is~ au~erdem, wegen der In- varianz der Niehteuklidisehen Entfernung,

1 l + lep(n)(B)l (7) E(z(a~>,z~>)=E(qg(n)(A),q~(n)(B))=-~ll_lq~(,,)(B) f �9

Aus der Folge (6), die der normalen Familie angehSrt, kann man eine konvergente Teiffolge aussondern, die gegen eine regul~ire Funk~on q9 (x, y) konvergiert. Der absolute Betrag dieser letzten FunkVion ist in keinem Punkte von G grSl~er als Eins, und hieraus kSnnen wir sehliel~en, dal~ 199(B) 1< 1 ist. Bezeiehnet man n~imlieh mit xo, Yo die Koordinaten yon B, so gibt es, weil B ein innerer Punkt yon G ist, eine in G ent- haltene Umgebung von B in der 99 (x, y) sieh als Potenzreihe yon (x -- xo) und (y--Yo) darstellen l~il]t. Nun miissen entweder alle Koeffizienten

5) Wie mir Herr Erhard Schmldt bemerkte~ ist die Einffihrung der 1~icht- euklidischen Metrik des Kreises I z ] < 1 ganz unwesentlioh fiir die Zweeke, die wit hier verfolgem Betraohtet man nw start der oben definierten Di~tanz D G (A23) die obere Grenze A G (.4/3) der gewShnlichen Entfernung yon zA und z B f~r alle Funktionen unserer Familie, so fiberzeugt man sich leioh~, dab zwischen diesen Gr6Ben die Relation

1 lq-AG

besteht. Hiexaus folgt, dal~ die veraUgcmeinerte Liingo L G (~), dio wit i m w 17 definieren werden, denselben Wert erh~lt, wenn matt sie mit Hilfe tier Funktioa A 0 start mit Hilfe yon D O berechnet. Es is~ trotzdem besser, die D i s ~ D G ( A , B ) zu benntzen, well sie bei vielen Gebieten mit der geodKtischen En~ernung der Punld~e A und 2~ zu- Sammenf~llt, d. ta mit der unteren Grenze yon L~ (y) fiir alte Kurvens~eke ?, die innerhalb des Gebietes G die Punkte A mad B verbindet, w~-.hrend A~(A.B) st, et~ ldeiner als diese untere Grenze ist.

80 C. Carath~odory.

dieser Potenzreihe bis atff die Anfangskonstante versehwinden oder es gibt mindestens eine endliehe Zahl 2, flit welehe die Funktion

~(u) = T(Xo--~ U, yo-t- 2 u )

in der Umgebung des l~ullpunktes keine Konstante ist. Im ersten Falle muff die Funktion f (x , y) im ganzen Gebiete G konstant und ~ (B) = q~ (A) = 0 sein; im zweiten Falle gibt es beliebig kleine Werte yon u, flit welche y ~ ( u ) i > l y ( 0 ) t ist, und daher Punkte P des Gebietes G, fiir welche

! ~ (P) l :> 1 ~ (B) I ist. Da nun 1 ~ (P) s 1 ist, muff, wie wit behaupteten, in iedem Falle I (B) i < 1 sein.

Nach (5) und (7) hat man abet

1 l + t ~ ( B ) i D a ( A , B ) = g l I ~ ~ (B~) t '

womit die Endlichkeit von Da(A, B} bewiesen ist.

6. Die vorhergehenden Uberlegungen sind von der Anzahl der Ver- ii~derliehen, die in die betrachteten analytisehen Funktionen eingehen, unabhgngig. Das Schwarzsche Lemma kann nun in der invarianten Form, die Herr G. Pick diesem Satze gegeben hat6), folgendermaffen ausgesprochen werden: 1st die Funktion z = f(x) reguldr im Kreise fxI < 1 und ist dort t f (x) l < 1, so gilt ]i~r zwei beliebige Pun~te A und B dieses Kreises

<=E(A,B), wobei das Gleichheitszeichen ]iir gewisse linear gebrochene funktionen erreicht werden ]~ann.

Man sieh~ also unmittelbar ein, daff unsere Distanzfunktion mit dem Schwarzschen Lemma aufs engste verwandt ist. Das Sehwarzsche Lemma besagt eben, dab fiir Funktionen einer Ver~inderlichen

D a ( A , B ) ~ - E ( A , B )

ist, falls man ~Sr das Gebiet G den Einheitskreis w~hlt.

7. Erste Eigensehaften der Distanzfunktion. Es ist fast evident, daff die Distanzfunktion Da(A, B) bei analytischen Abbildungen invariant bleibt. Transformiert sich n~mlich bei de~ betrachteten Abbildung das Gebiet G in ein Gebiet G*, so entspricht jeder Funlr~ion unserer normalen Familie, die in G reguliir ist, eine Funlr~ion in G*, die ebenfaIls einer normalen Familie angehSrt, und umgekehrt; und in einander entsprochen- den Punlr~en der beiden Gebiete haben diese einander zugeordneten Funk- tionen denselben Weft. Es gilt also der

6) G. Pick, Uber eine Eigenschaft der konformen Abbildung kreisfSrmiger Be- reiche, Math. Ann. 77 (1916), S. 1--6.

Funktionen zweier Ver:hnderlicher. 81

Sa tz 1. Wird ein Gebiet Gau/ ein Gebiet G* analytisch abgebildet und bezeichnet man mit A*, B* die Bilder in G* yon zwei beliebigen Punk- ten A, B yon G, so besteht die Gleichung

1)o, (a*, B*)= B). Es sei je~zt H ein Teilgebiet von G; jede Funktion, die in G regul~r

ist und deren absoluter Betrag dolt ldeiner als Eins ist, besitzt dieselben Eigenschaften im Gebiete H, and hieraus folgt sofort der

Satz 2. Ist H-.<G, so besteht /i2r jedes Punktepaar A, B, dos in H enthalten ist,

D . ( A , B) :> Da(A, B).

$. Wit betrachten im Gebiete G drei Punkte A, B und C und be- merken, dal] es nach dem w 5 mindes~ens eine Funk~ion f(x, y) unserer normalen Familie gibt, fiir welche, wenn man mit zx, z~, ze die Werte bezeietmet, die diese Funktion in den gegebenen Punkten annimmt, die Relation besteht

(8) Da(A, C)= E(za, zc).

Andererseits gilt fiir die Niehteuklidisehen Entfernungen der Dreieeksatz, also ist insbesondere

and naeh Definition haben wit die Re!ationen

<10) E(z , =< Do(B, C).

Die Vergleiehung der Relationen (8), (9) und (10) liefert uns den

Satz 3. Fiir drei beliel~'ge Punkte A, B, C des Gebietes G besteht immer die Relation

Do(A, C) =< Do(A, B) + Do(B, 0).

9. Wit wollen nun zeigen, daB, wenn ein Punkt P innerhalb des Gebietes G variiert, die obere Grenze yon Do(A, P) gleieh Unendlich ist. Zu diesem Zwecke be~rachten wir, wenn A und B zwei feste Punkte yon G 5edeuten, eine Funktion f(P) tmserex Familie, die im Pankte A ver- schwindet und ffir welche nach dem w 5

1 l + t f ( B ) l (11) Do(A, B ) = ~ / 1 - t f(B)l

ist. W~i~e nun fiir jede Lage des Punk~es P in G die Distanz Do(A, P) < M, also auch fiir n_u~re spezielle Fnnktion f(P)

l l l + I f ( P ) l -< Da(A, P) < M,

Mathematisahe Annalen. 96. 6

82 C. Carath~odory.

so wiirde hieraus folgen e ~M- 1

If(P)f < e~M+l

1 und die Funktion g f ( x , y) wiixe eine Funktion unserer Familie, fii~ welche

entgegen der Definition der Distanzfim~ion

(1 1 ) 1 •+!f(B)t E f ( A ) , g f ( B ) = g l e _ l t ( B ) l > D a ( A B )

w~re. Wir haben also den

Sara 4. Variiert der Punkt P innerhalb des Gebietes G, so ist liar jede~ /esten Punkt A yon G die obere Grenze yon Da (A, P) stets gleich Unendlich.

10. Die Distanzfunktion fiir Zylindergebiete. Ehe wir nun weitere Eigenschaften der Distanziunktion ableiten, miissen wit diese Funktion selbst fiir Zylindergebiete auistellen.

Unter einem Zylindergebiet G versteht man die Gesamtheit der Punkte des vierdimensionalen Raumes der x', x", y', y", flit welche der Punkt x ~ x ' q - i x " innerhalb eines festen Gebietes G 1 der x-Ebene und der Punkt y = y ' ~ , i y " innerhalb eines festen Gebietes Gs der y-Ebene variiert. Das Zylindergebiet Gis t dann und nut dann linear einfach zu- sammenh~ngend, d. h. man kann dann und nur dann jede geschlossene Kurve dutch stetige Deformation anf einen Punkt zusammenziehen, wenn jedes der Gebiete G 1 und G~ einfaeh zusammenhiingend ist.

Man kann auch hier den Begriff des Zylindergebietes erweitern, indem man die gewShnlichen Gebiete G1 and Gs dutch Riemannsche Fliichen er- setz$; wir wollen uns aber durch derartige Betraehtungen nicht au/halten lassen.

Wit nehmen nun an, dal~ das Zylindergebiet G linear einfach zu- sammenhiingend ist und dal~ die Riinder eines jeden der Gebiete G~ und G~ mindestens zwei verschiedene Punkte enthalten. Dann kann man G I kon- form auf den Kreis Ix l < 1 und G~ konform auf den Kreis [YI< 1 ab- bilden. Dureh diese beiden konformen Abbildungen wird eine analy~ische Abbildung definiert, die das Gebiet G atff das Zylindergebie~

(19,) I x / < 1 , l y t < l

abbildet; ein derartiges gebiet wollen wit einen Dizylinder nennen. Wegen der Invarianz der Distanzfunktion (w 7, Satz 1) geniigt es, wenn wir diese Funktion fiir den Dizylinder (12) berechnen.

11. Es gibt eine Gruppe yon elementaren analytischen Abbfldungen mi$ sechs reellen Parametern, die den Dizylinder (12) in sich tra nsfor-

F u n k t i o n e n zweior Ver~nder]ieher. 8 3

mieren. Bezeichnet man mit a, ~ zwei beliebige komplexe Zahlen, die der Bedingung

l a ] < l , }/~1 < 1

geniigen, mit a,/~ ihre konjugierten trod mit 2,/z beliebige reelte Zahlen, so werden die Transformationen dieser Gruppe geliefert dutch die Formeln

(13) ~=et~. z-~: e~,, V-__~ ~ x - 1 ' ~ ~ - - - f l 'y- -1

Bezeiehne~ man mi~ x~, Yl and x~, y~ die Koordinatea yon zwei Ptmkten A und B des Dizylinders Z, so bleiben bei allen Transformationen (13) de~ Gruppe die Niehteuk/idisehen Entfernungen E(xl , x~) und E(yl, y~) tmver~indert. Ferner gibt es stets Transformationen der Gruppe, bei denen z. ]3. der Punkt B in den Mittelpunkt O des Dizylinders iibergefiihrt wird.

Wegen der Invarianz der Distanzfunktion geniigt es also, wenn wit zur Bereehnung dieser Funktion annehmen, dal~ dies der Fall ist.

12. Um eine fesr Vorstellung zu haben, nehmen wit jetzt an, dal~

ist, und betraehten eine Funktion f ( x ,y ) , die im Dizylinder Z reguls und absolut genommen kIeiner als Eins ist und die iiberdies im Punkte x = y = 0 versehwindet. Dann ist die Funktion

o(u)=f u

flit I u 1 < 1 regul~ir, do~ ist I q~ (u)l < 1 m~d es ist zudem cp (0) = O. Naeh dem Sehw~zsehen Lemma ist also

19(Ya)l -- lf(x~,Yx)! ~IY~I. Da die Funk*ion f (x ,y)=--y alle tmsere Voraussetzungen erfiillt, und iiberdies bier f (x~ ,yx)= y~ ist, folgt also, dab fiir die yon uns gew~iklten Punkte der Weft der Distanzftmktion gleich E(y x, y~) ist.

Man sieht nun sofort ein, dal], wenn man yon der gewiiMten Speziali- sierung absieht, folgender Satz gilt"

S atz 5. Far zwei beliebige Punkte A und B mit den Koordinaten %, Yx und x.., y~, die innerhalb des Dizylinders Z liegen, hat die Distanz. /unktion D z ( A , B ) einen Weft, der gleich ist der gr6fleren unter den beiden Zahlen E(x~,x~) und E(yx,Y~).

13. Die Distanzfunktion fiir den Dizylinder (und alJgemeiner flit die Zy]inderbereiehe) erzeugt eine Metrik in diesen Bereichen. Wean man rffim- lieh eine rektifizierbare Kurve 7' innerhalb des Dizylinders zieht, die zwei Pup3~te A und B dieses Gebietes verbinde~, so is~ die Snmme der Distanzen yon zwei aufeinandeffolgenden Eeken eines jeden in 7 ~ eingesehriehenen Poty-

6*

84 C. Carath4odory.

gons immer beschr~inkt und stets kleiner als die Summe der beiden Nicht- euklidischen L/ingen der Projektionen yon ~, auf die Kreise t x t< : 1 und ] Y I ~ 1. Die obere Grenze dieser Zahlen fiir alle mSglichen eingeschrie- benen Polygone ist demnach auch endlich und kann als verallgemeinerte L~nge unserer Kurve angesehen werden.

Wit bezeichnen diese L~i~ge mit Lz (?), und mit L (~,x) und L (~'~) die Nichteuklidischen L~ngen der Projektionen ~,~ und ?~ der Kurve ~, auf die x- bzw. die y-Ebene. Dann folgt aus dem Vorhergehenden

(14) Lz(?) ~ L(7x) -d- L(ry).

In der letzten Relation gilt aber nut dann das Gleichheitszeichen, wenn die eine der Punktmengen }, und },y aus einem einzigen Punkte besteht.

14. Sind A und B zwei Punkte des Dizylinders und ~, eine Kurve, die diese Punkte verbindet, so ist stets nach Definition

(15) Lz(?) ~ D z ( A , B ) .

Es gibt nun -- was nicht vorauszusehen war (vgl. w 17, Fu~note 7)) - immer Kurven ?, deren verallgemeinerte L~nge gleieh der Distanz ihrer Endpunkte ist. Abet ira Gegensatz zu tier iiblichen Verteilung der geo- d~tischen Linien auf Flachen gibt es hier in der Regel unendlich viele allerki~rzeste Linien zwischen A und B.

Um dies zu zeigen, bezeichnen wit mit xl, y~ und x~., y: die Koordi-. naten der Punkte A und B und nehmen an, dai~

(16) E(x~,x~) < E(y~,y~.)

ist. Die Kurve ?, die A mit B verbindet, soil in Parameterdarstellung mit Hilfe der gunktionen ~(t), ~(t) erzeugt werden, wobei t einen reellen Parameter bedeutet. Wit w~hlen nun ~] (t) derart, dab die Projektion 7y yon ~, ein Kreisbogen sei, dessen Niehteuklidische L~inge gleich E(yl , y~.) ist. Ferner soll ~(t) die Eigenschaft haben, daft fiir je zwei in Betracht kommende Werte t ' und t 'r des Parameters t stets

< E(v (t'), v (t"))

ist. Wegen (16) gibt es unendlich viele Arten ~(t) so zu bestimmen, und jedesmal erh~lt man eine Kurve ~, mit den Endpunkten A und B, flit welche

Lz (y) ~- E(yl , y~) = D z ( A , B )

ist. Nut liar den Fall, daft E(xl , x : ) ~ E(yl,y~.) ist, gibt es nichtmehr als eine aller~rzeste Linie zwischen A und B.

15. Nach der Definition der Distanzfunktion flit den Dizylinder (w 12, Satz 5) folgt sofor~, d a~ wenn A ein Punkt eines Dizylinders Z ist und

Funktionen zweier Ver~nderlicher. 85

wenn k eine beliebige positive Zahl bedeutet, der Oft der Punkte P, flit

wetehe Dz (A, P) < k

ist, wiedemm ein im ersten enthaltener Dizytinder Z ' ist.

Bezeiehnet man, wenn Z den Dizylinder i x l < 1, t Y I <: 1 bedeutet und e eine positive Zahl ist, mit Z 1 den Dizylinder Ix ] < 1 + e, I Y l < 1, so muI~ naeh dem Satze 2 des w 7 der Dizylinder

z ; : Dz, < k

den soeben konstruierten Dizylinder Z' enthalten. Man iiberlegt sich abet sofort, dab die Begreuzungen de1: beiden Gebiete Z" und Z; gemeinsame Punkte haben miissen.

Fiir gewisse Punktepaare kann also zugleich mit Z-<: Z~ die Gleichung

D z : ( A , P ) = D z ( A , P )

stattfinden. Es ist wichtig, dies zu bemerken, denn flit einfaeh zusammen- h~ngende Gebiete der Ebene liegen die Verh~ltnisse anders; dort gilt der Satz: Ist Heine Teilmenge yon G, so geni2gt es, um au] die Identitdt yon H und G schlieflen zu k6nnen, da]3 ]iir ein einziges Punktepaar A, B innerhalb H die Gleichung

D ~ ( A , B ) = D a ( A , B )

besteht. (Vgl. aueh die Fugnote 7) am Ende des w 17.)

16. Weitere Eigensehaften der Distanzfunktion. Aus der speziellen Form der Distanzfunktion flit den Dizylinder kann man einige weitere Eigenschaften dieser Funktion flit allgemeine Gebiete erschlieBen.

Ist P ein beIiebiger Punkt von G, so gibt es n~mlich mindestens einen Dizylinder Z, der P zum Mittelpunkt hat mad ganz in G liegt. Gibt man sich eine beliebige positive Zahl e, so existiert ein Dizylinder Z', der ebenfalls P zum Mittelpunkt hat, so dab ~ jeden Punkt Q yon Z"

D z ( P , Q ) < e

sei. Nun ist abet naeh dem Satz 2 des w 7

Do(P,Q)<=Dz(P,Q); naeh dem Dreiecksatz des w 8 kSnnen wit demnach schreiben

Da(A, Q) ~ Da(A,P) + Da(P, Q) < Da(A,P) + e

and ebenso DG(A,P) < Da(A, Q) + e.

Hieraus folgt nun der

Satz 6. F~r ~ede~ Gebiet G i s t die Distanz]unktionDa(A,B) eine

86 C. Carath6odory.

stetige ~un~io~z ihrer beiden Argumente A. und B, die gegen Null Icon. vergiert, wenn B gegen A strebt.

17. Wir kSnnen auch die Uberlegungen des w 13 auf allgemeine Ge- biete G iibertragen und jeder rektifizierbaren Kurve ?, die in G verI/iuft, eine verallgemeinerte L~nge La(7) zuordnen. Die einzige Bedingung, die man hierzu verifizieren mull, ist, dab die Summe der Distanzen der aufeinander- folgenden Ecken eines in r eingeschriebenen Polygons unte~halb einer festen Schranke bleibt. Liegt 7 ganz im Innern eines Dizylinders Z, der in G enthalten ist, so ist die Behauptung evident: &Is obere Schranke kann man mit Benutzung des Satzes 2 des w 7 die Gr51~e Lz(r) w/ihlen. Im allgemeinen Falle kann man abet r mit Hilfe des Borelschen Uber- deckungssatzes in endlich viele Stiicke zerlegen, von denen jedes in einem derartigen Dizylinder liegt, und so den Beweis zu Ende fiihren.

Dagegen ist es nicht mehr immer sicher, dab stets zwischen zwei gegebenen Punkten A und B allerkiirzeste Linien existieren, fiir welche die untere Grenze von LG(7) erreicht wird, oder sogar, dab diese untere Grenze mit der Distanz Da(A,B)zusammenf/i l l tT).

18. Wir wollen nunmehr folgenden Satz beweisen:

Satz 7. Es sei H eSne abgeschlossene Punktmenge, die ganz im Gebiete G enthalten ist, und A sei ein ]ester Punkt yon G. Beschreib~ der Punkt P die Punktmenge H, so erreicht die stetige Funktion Da (A, P) ihr Maximum au] der Begrenzung, aber in keinem inneren Punkte yon 17.

7) Alle diese als MSglichkeiten hingestellten Tatsachen kSnnen in der Tat realisiert werden, wenn man sich des bekannten Satzes yon ttartogs bedient, der besagt, dab eine Funktion yon zwei Ver/inderlichen, die auf der Begrenzung einer Hyperkugel r egu i~ ist, aueh im Innern dieser Pnnktmenge regulgr sein mu~. Hieraus folgt, wenn wit fiir unser Gebiet G die Punktmenge k e < x ~ + y ~ < 1 wghlen, dab jede Funktion f(x, y) yon zwei Ver~nderliehen, die in G regulgr ist, auch innerhaIb der Hyperkugel x ~ + y ~) < 1, die wir mit li~ bezeichnen wollen, regulgr sein mu6. Ist ferner l f(x, y) ( < 1 innerhalb G, so gilt dieselbe Relation auch in K (vgl. w 5), und daher besteht fiir jedes Punktepaar A, B innerhalb G die Relation

DG(A,B)=,D~(A,B).

Es ist fast setbstverstgndlich, wenn man die Metrik der Hyperkugel (w167 19--22) benutz~, dab 1. ein variabler Pankt 2 yon G gegen einen Pankt der Begrenzung yon G konvergieren kann, ohne da$ die Dist~nz D~(A, .P) gegen Unendlich konver- giert, 2. fiir gewisse Punktepaare A, B and fiir aIle Kurven 7, die ganz im Innern yon G verlaufen und A mit B verbinden, die GrSlle L G (7) nie ihre untere Grenze erreieht, und dag diese untere Grenze grSBer is~ als die Zahl D~r(A, B).

Die Punk~menge x~+y~l'~k ~, die man zu G hinzuf/igen mut], um die Hyper- kugel K zu erhalten, wirkt ganz wie ein Igstiger FremdkSrper, und man wird ver- niinftigerweise die Un~rsuchuug auf solche Gebiete beschrgnken mfissen, die keine derartigen FremdkSrper enthalten.

Funktionen zweier Ver~uderlicher. 87

Ist n~mlich B ein innerer Punkt yon H, und f (x , y) eine Flmktion unserer normalen Familie, die im Punkte A verschwindet und flit welche

E( f(A), f ( B ) ) = Da(A, B)

ist, so gibt es in H Punkte P, fiir welche i f (P)I > If(B)l ist, und flit diese Punkte ist Da(A, P ) > Da(A, B). Das Maximum von Da(A, P) mud also auf der Begrenzung von H erreicht werden.

Ein ntitzliehes Kotollar dieses Satzes ist der

Satz 8. Besteht in jedem Punl~te P der Begrenzung z eines Ge- bietes H, das mit z in G enthalten ist, die Gleichung

D a ( A , P ) - ~ h ,

so ist in jedem inneren Pun~te Q yon H

D (A, Q)< h. 19. Die Hyperkugel. Wir wollen jetzt unsere Metrik im Inneren

einer Hyperkugel K untersuehen, die dutch die Relation

(17, x ~ + y y < l

definiert isiS). Es gibt bekanntlich eine achtglied~ige Grupt)e yon elemen- taren Transformationen, die das Innere yon (17)auf sich selbst an~lytisch abbilden 9) und die iolgende Gestalt haben"

I Xt ax+by+c y~__ a'x+b'y+c r I f F I ~ I ? t l a x+b"y+c a x+b"y+c

a$ + a 'b ' - - a " b " = O, b~ -~ b' U -- b" ~"= O,

Unter diesen Transformationen spielen die analytischen Drehungen, die den Mittelpunkt O der Hyperkugel fest lassen, eine besondere Rolle. Man erh~ilt sic, wenn man in (18)

- - b" c" ~- 1 c c'-~ a'~-- ~- O,

setzt. Sic haben also, die Gestalt

s) Die Metrik, zu der wir gelangen werden, f~llt im wesentlichen mit der MaIN bestimmung zusammen, die die Herren G. Fubini und E. Study direkt aus der Hermiteschen Form (17) entnommen haben (G. ~abini, Sulle metrictte definite da una forma Hermitiana, Istituto Veneto 63, 2 (1904); E. Study, Kiirzeste Wege im komplexen Gebiet, Math. Annalen 60 (1905), S. 321-378, siehe besonders S. 325).

9) Poincar~ a. a. O. S. 207. Die Gruppe h~ingt yon acht reellen Parametem ab; in den Gleichungen (18) kommen n~mlich acht komplexe Zahlen, also 16 reelle Parameter vor, und es bestehen zwischen diesen Parametern acht Bedingungs. gleichungen, wenn man die drei letzten Gleichungen (18) in ihren reellen und ihren lmagin~en Bestandteil spattet.

88 C. Carath~odory.

I x ' - - - -ax+by, y ' - ~ a ' x + b ' y , (19) a ~ + a ' ~ ' = b b ~ - b ' b ' = l ,

ab -~ a 'b '= O. lo)

Man bemerke, dal~ man mit Hilfe dieser analytischen Drehungen ]eden Punkt der Hyperkugel (17) in einen Punkt der eindimensionalen Achse

(20) x ~ positive reelle Zahl < 1, y ~- 0

transformieren kann. In der Tat sind unter den Transformationen (19) auch folgende enthalten:

I x'-~- ~ox+YoY ~xo 20 + Yo Yo

I y ,= yox-xoY ~xo xo + Yo Yo

Wit kSnnen also die allgemeinen Transformationen (18) erhalten, indem wit die Drehungen (19) mit Transformationen kombinieren, die einen solchen Punkt der positiven reellen Achse (20) in den Mittelpunkt x ~ - y = 0 iiberfiihren. Derartige Transformationen sind folgende:

(21) x ' - - --x-~ y, = ~I1-;'~'Y (0 < 2 < 1). 1 - - ~ x ' 1--~x

Man sieht sofort ein, dal3 die Transformation (21) die HyperlmgeI in sich iiberfiihrt, denn es ist

(1 --).~) (1 - - (x~+y~/ ) ) (22) x'~' -~ y '~ '= 1 --

1 --2(x+2)+),~"x~,

20. Ich mSchte nun, ehe wir die Distanzfunktion fiir die Hyper- kugel wirklich ausrechnen, zeigen, dab wir schon jetzt imstande sind, eins der Resultate yon K. Reinhardt ohne jede Rechnung abzuleiten. Wit wollen zeigen, daft es unmdglich ist dutch analytische Abbildung das lnnere eines Dizylinders au/ das Innere der Hyperkugel zu iiSertragen.

Nach (19) kann man n~.mlich zwei beliebige Punkte der Punktmenge

(23) x ~ + y ~ - k ~" < 1

durch analytische Drehungen, die den Mittelpunkt O yon (17) festlassen, ineinander iiberfii~en. Die Distanzfunktion D~(O, P) hat also einen

lo) Es ist v/elleicht nicht iiberflfissig zu bemerken, daft zwisehen den Koeffizienten der analytischen Drehungen genau die Rela~ionen bestehen, die besagen, dal3 die beiden komplexen Vektoren (a , a t) und (b, b') in der Wei6e normiert sind, wie Herr Erhard Schmidt es fiir einen ganz anderen Zweck vorgeschlagen hat. (Uber die AuflSsung linearer Gleiehungen mit unendlich vielen Unbekannten. Rend. Circ. Matem. Palermo 25 (1908), pp. 53--77.)

Funktionen zweier Vergnderlicher. 89

konstanten Weft h, wean P den dreidimensionalen Raum (23) durch- li~ufr Nach dem Satze 8 des w 18 hat abet diese Distanzfunktion im Innern yon (23) einen kleineren Weft als h, und es ist jetzt ein teichtes zu schlieSen, dab die Distanz yon O bis zum Punkte mit den Koordinaten (x, y) grSl~er als h ist, wenn x Z q - y y > k ~ ist. Die Punlrtmenge (23) besteht also aus allen Punkten P, f:dr welche

D x ( O , P ) = h

ist und nur aus diesen. Bei einer analytischen Abbildung des Inneren der Hyperkugel (17) aaf das Innere eines Dizylinders Z, bei der der Mittelpunkt O der Hyperkugel in den Punkt O 1 des Dizylinders iibergeht, mfil~te also die Punktmenge (23) auf die Punktmenge Dz(O1, P1)=h abgebildet werden. Nach dem w 15 ist aber diese letzte Punktmenge die Begrenzung eines Dizylinders, mad man sieht sofort ein, da/~ die Abbildung unmSglieh ist, well diese tetzte Punktmenge eine Kante besitzt, wdhrend die Hyperkugel (23) i~berall analytisch reguhir ist.

21. Es handelt sich ]etzt darum, die Distanzfunktion fiir die Hyper- kugel K zu berechnen. Nach dem w 19 gibt es analytisehe Transforma- tionen der Hyperkugel in sieh selbst, bei denen yon zwei beliebigen Punkten A, B des Innern yon K der eine in den Mittelpunkt O der Hyper- kugel, der andere aber in einen Punkt B* der reellen Aehse (20) iiber- geht. Es is$ also

D ~ ( A , B ) = D ~ ( O , B * ) ,

und da der Punkt B* (lurch elementare Operationen gefunden werden kann, geniigt es, die letzte Zahl D~(O, B*) zu berechnen.

Es seien x = h > 0 und y ~ 0 die Koordinaten yon B*. Es sei ferner f(x, y) eine Funktion, die im Punkte O versehwindet, innerhalb der Hyperkugel K regular ist und deren absoluter Betrag dort kleiner als Eins ist. Wit wenden das gewShnliche Schwarzsche Lemma auf die Fanktion

an, und erhalten

(24) i v (h) i = f(h, 0)l < thl. Nun bemerke man, da~ die Funktion x selbst eine Funktion unserer

normalen Familie ist; denn aus x2 -~ yy < 1 folgt ja a fonior i !xl < 1. Also kann das Gleichheitszeichen in der Relatiou (24) erreicht werden; man braucht nut dazu f(x, y ) ~ x zu setzen.

Hieraus folg~ aber soforg

D x ( A B ) _ ~ I z ! § 2 Vl -h"

und daher gilt der

90 C. Carath~dory.

Satz 9. Hyperkugel

Man erhiilt die Distanz van zwei Punkten A und B der

x S A - y y < l ,

wenn man dutch etementare analytische Trans]ormationen der Hyperkugel in sich sdbst, den Punkt A in den Mittetpunkt der Hyperkugel, den Punkt B in einen Punkt x ~- h ~ 0, y ~ 0 i~ber/i~hrt und hierau] schreibt

1 1-~h D ~ ( A B ) = - ~ I I _ h .

Naeh der letzten Formel und den Eigenschaften der analytisehen Drehungen (19), bei denen der Ausdruck xZ -~ y~ invariant bIeibt, driickt sich die Distanz eines beliebigen Punktes P des Inneren der ttyperkugel vom Mittelpunkte O dutch die Formel aus:

_1 1 + D x ( O , P ) ~ ,2 1 - Y ~ , + yTt"

diese Distanz ist, wie wir schon i m w 20 gefunden hat, ten, eine monoton wachsende Funktion yon x2-~-y~ .

22. Es ist nun sehr leicht, die geod~tischen Linien der Hyperkugel fiir unsere verallgemeinerte Met~ik zu bestimmen. Zu diesem Zwecke suchen wir denjenigen Punkt der Punktmenge

(25) x~ + yy ~ k s < 1,

dessen Distanz vom Punkte x-----2, y ~ 0 ein Minimum ist; hierbei be- deutet ~ eine positive Zahl zwischen Null und Eins. Nach der letzten Bemerkung des vorigen Paragraphen, verbunden mi~ dem Sa~z 9, geniigt es hierzu, in der Gleichung (22) den Ausdruck

mit Berficksichtigung yon (25) zu einem Minimum, oder was dasselbe ist

(26) ( 1 - Z ~) (1 - (x~ + y~))

zu einem Maximum machen. Da aber nun nach (25) der Z~hler von(26) einen vorgeschriebenen Weft hat, wird dieser Ausdruck wiederum seinen grS~ten Wer~ erreichen, wenn sein Nenner

1 - (x + +

m5glichst klein gemacht wird. Setzen wit also x ~ re ~ , y--= ~ e ~ , so miissen wir das Minimum yon

(27) 1 -- 2~rcosv ~ ~ 2~r ~

Funktionen zweier Ver~mderlicher. 91

suchen, wenn die Nebenbedingung (25), die man jetzt sehreiben kann,

(28) r" § e ~ = k ~,

erfiillt ist. Nun ist bei festem r die GrSt~e (27) am kleiasten, wenn v ~ =-0 ist;

in diesem Falle hat diese GrSl3e den Weft

(29) (1 - Das Minimum yon (29) wird endlich, wenn man (28) beriicksichtigt,

flit den grSB~mSglichen Weft yon r, also fiir r = k erreicht. Es gibt also auf der dreidimensionaten Punktmenge (25) e/nen einzigen Pun~t, dessen Distanz yore Punkte x ~-~, y ~ 0 ein Minimum ist, n~imlich den Punkt x ~ k, y-~- O.

Nun ist es leicht zu zeigen, wenn man mit R den Punkt mit den Koordinaten )., 0 bezeichnet, dab die Punkte S der reellen Strecke 0 R die einzigen Punkte der Hyperkugel (17) sind, iiir welche die Gleichung

(30) OK(O, R)~- D~(O, S) • Dx (S , R)

gilt Ist n~mlich P irgendein Punkt mit den Koordinaten x, y, der im Inneren yon (17), aber nicht auf der Strecke OR liegt, und setzt man x~ ~ - y ~ k ~, so hat man erstens, falls k ~ ~ ist,

D~(O, P)_~ D~(O, R) und DK(P, R) > O, also sieher

(31) Dx(O, R) < D (O, P) + D.(P, g). Ist abe~ k < ). und bezeichnet S~ den Punkt mit den Koordinaten(k, 0), so folgt

Dx(O, S~)= D~(O, P)

und nach unseren obigen Ausfiihrangen

R) < D.(P, a). Diese letzten Relationen liefe~n mit Beriicksichtigung der Gleichung (30), die flit den Punkt S a selbstverst~ndlich gilt, wiederum die Ungleichhei~ (31). Hieraus folgt, dab die St~ecke OR die einzige allerkiirzeste Linie unserer Metrik ist, die O mit R verbindet und a u ~ d e m , wie es auch ~ den Dizylinder der Fail war, da~ die verallgemeinerte L~inge dieser Linie gleich der Distauz yon O und R ist. Man kann mit Hilfe der analytischen Abbildungen (18) dieses Resultat auf ein beliebiges Punktepaar A, B der Hyperkugel (17) iibertragen uad erh~lt so den

Satz 10. Zwischen zwei Punkten A und B einer ttyperkugel kann nut eine einzige atlerk~rzeste I_dnie un~erer Metrik gez~jen werden, und zwar ist ihre verallgemeinerte Ldr~ge glefch der Diatanz D K (,4, B).

92 C. Carath~odory.

23. Metrisehe Abbildungen. Unter einer metrischen Abbildung yon zwei vierdimensionalen Gebieten G und G* aufeinander wollen wit irgend- eine eineindeueige stetige Abbildung verstehen, bei der die Diseanzfimktion invariant bleibt. Dann bleiben die verallgemeinerten L~tngen yon einander entspreehenden Kurven erhalten und es miissen die allerkiirzesten Linien einander entsprechen. Die Gruppe der meerisehen Abbildungen ist deshalb interessant, well sie die analytisehen Abbildungen als Untergruppe enth~lt.

24. Der Satz yon Reinhardt, den wit in w 21 neu bewiesen haben, ise unter diesem allgemeinen Gesiehtspunkt ein spezieller Fall des foIgen- den Satzes:

Sa tz 11. Es ist unmSglich, das Innere des Dizylinders au/ das Innere der Hyperkugel metrisch abzubilden.

In der Tat gibe es eine einzige geodiieische Linie unserer Metrilr, die zwei beliebige Punkee der Hyperkugel verbindet, dagegen kSnnen im all- gemeinen nach dem w 14 unendlich viele derareige Linien zwischen zwei Punkten des Dizylinders gezogen werden.

25. Wit wollen nun alle metrischen Abbildungen aufstellen, durch welehe das Innere der Hyperkugel auf sieh selbst abgebildee wird. Dazu gehen wir yon der Bemerkung aus, dal], wenn eine derareige meerisehe Abbildung zwei Fixpunkte besitze, die ganze geoddtische Linie unserer Metrik, die diese beiden Fixpunkte enthdlt, aus lauter Fixpunkten be- stehen muff.

Nun kann man zun~ichst, wenn eine beliebige metrische Abbildung der Hyperkugel auf sieh selbse vorliegt, dutch eine der Transiormationen (18) das Bild des Mittelpunlrtes O der Hyperkuget und eines Punktes der reellen Achse (20) ~ in diese Punkte selbst iiberfiihren und daher von vorn- herein annehmen, dal~ diese reelle Aehse aus lauter Fixpunkten bestehe. Wir suchen nun diejenigen Punkte der Hyperkugel auf, die gleiehe Distanz von zwei Punkten mit den Koordinaten 2, 0 mad - -2 , 0 besitzen, wobei 2 eine Zahl zwischen Null und Eins bedeueen mSge. Eine kurze Uberlegung zeigt, dal~ das die Punkte sind, flit welche der Koeffiziene yon 2 in (22), n~mlieh der Ausdruck (x q- ~), verschwindet. Bei unserer Abbilclung mut~ also der dreidimensionale Raum

x -+- ~ = 0, y beliebig

in sieh selbst eransformiert werden.

Is~ a eine redle ZahI, so m-al~ also das Bild des Punktes i a , Yo die Koordinaten haben i ~, y, wobei ~ ebenfalls reell ist. Da die Distanzen dieser beiden Punkte yon einem beliebigen Punkte der reellen Aehse (20),

F u n k t i o n e n zweier Ver~nder l icher . 93

der nach Voraussetzung ein Fixpunkt is% einander gleich sein miissen, muB fiir ]eden Weft yon 2 nach (22)

sein, woraus folgt

(32)

1 - - ( a ~ q - l y g 1) = 1 - - ( ~ - f f t y e I)

I_b it~ o~ -~ 1 q _ ) ~ e ~

= ly"l = ly2t-

26. Insbesondere gelten fiir Yo-~ 0 die Beziehungen

~ + a , y = y o - - 0 .

Ist ~ = a, so ist der Punkt i g ,0 ein Fixpunk~ tmserer Transformation; ist ~ = - a, so wird dieser Punkt zu einem Fixpunkt, wenn man diese Transformation mit der Spiegelung x ' ~ ~,, y ' -= y kombiniert, die alle unsere friiheren Fixpunkte in Ruhe liigt.

Wit kSnnen also jetzt annehmen, dab nicht nut die reelle Achse (20), sondern dab auch die imaginiire Achse

(33) i x ~- reetle Zahl, y -~ 0

aus lauter Fixpunkten besteht.

Die geodiitischen Linien un_serer Metrik, die einen Punkt der reellen Achse (20) mit einem Punkt der imaginiiren Achse (33) verbinden, be- s~ehen also aus lauter Fixpunkten. Diese geodiitischen Linien liegen abet atle, wie man sich sofort iiberzeugt, wenn man die Gleichungen (19) and (21) vergleicht, in der Ebene des Kreises Ix l < 1, y = 0. Nimmt man noch hinzu, dab wenn ein Punkt P dieses Kreises ein Fixpunkt ist, alle Punkte des Strahles O P aus lauter Fixp,ml~ten bestehen, so folgt, dab jeder Punkt des Kreises I x ] < 1, y ~ 0 ein Fixpunkt ist.

27. Nun setzen wir in (32) die GrSl~e a-=-0 und wiihlen Yo reell und positiv. Das Bild des Punktes (0, Yo) ist dann nach (32) eiu Punkt mit den Koordinaten (0, yoeiO). Durch die analytische Drehung

y" = e - i ~ y , x" = x

wird jetzt der Punkt (0, Yo) zum Fixpunkte und man beweist genau, wie wit das flit die Punkte des K~eises t x l < 1, y = 0 getan haben, dat] die Punkte des Kreises x = 0, l y l < : 1 entweder schon alle FixpunkCe sind, oder nach einer Spiegelung x ' - ~ x , y ' ~ Y, die alle friiheren Fixptmkte in Ruhe l~l]t, in Yixpunkte transformiert werden.

28, Wit kSnnen jetzt voraussetzen, dab jeder Punkt eines jeden tier beiden Kreise

(34) I x i < : l , y = 0 und x = 0 , I Y ~ < t

94 C. Carath6odory.

ein Fixpunkt ist und wollen zeigen, dab jede metrisehe Abbildung, die alle diese Fixpunkte besitzt, die Identi~t ist.

Zu diesem Zweeke w~ihlen wit einen Punkt (xo, 0) im ersten und einen Punkt (0, Yo) im zweif~n der greise (34) und betrachten die analytische zweidimensionale Ebene

(35) Yo X + xo y = xo Yo (zo + o, uo + o),

die diese beiden Punkte enth/ilt. Es gibt Transformationen (18) der HyperkugeI in sich, durch welehe der erste dieser beiden Punkte in den Mittelpunkt O, der andere auf die reelle Achse (20) iibergefiihrt wird. Dieses kann man aueh so deutea, dab man sagt, es gibt neue Koordi- naten x p, y' , die mi~ den a!ten durch die Transformationen (18) zusammen- h/ingen und bei welchen die Punkte x P ~ reelle Zahl, y'----0 lauter Fix- punl~e sind. Jetzt muB aber naeh dem w 26 entweder der Kreis xPl < 1, y P ~ 0 und daher jeder Punkt der analytischen Ebene (35) ein

Fixpunkt sein oder es geht jeder Punkt (x p, 0) in den Punkt (5', 0) fiber.

Dann mill]ten abet insbesondere die beiden Punkte x' i y ' - - 0 und

x ' - - i y ' = 0 gleiehe Distanz von jedem einzelnen Fixpunkt unserer 2 '

Transformation besitzen. Und dies ist (vgl. w 25) nur mSglieh, wenn alle Punkte (x , 0) und alle Punkte (0, y) im dreidimensionalen Raum x'-----U liegen. Diese letzte Forderung fiihrt nun zu einem Widerspruch; es miiSte sonst nach (18) die Gleichung

ax + b y + c ~ , + b~ + ~

a 'p x + b" y + e" ~" ~, + b" ~ + ~"

identisch in x fiir verschwindende y mad identiseh in y fiir verschwindende x sein. Diese letzte Bedingung ist aber gleiehbedeutend mit folgender: es miissen fiir alle Werte yon x und yon y die Ausdriicke

ax + c und by + c a" x-t- c" b" y + c"

reell und daher konstant sein. Es ist also a ' a " = b : b " = c ' c " und hieraus folgt, wenn man z.B. c" setzt, dab in (18)

X p ~ a x + b y + c ~ C a t t it x + b y + l

ist, d.h., dab wit es mit keiner eigentlichen Transformation der Hyper- kugel in sich zu tun haben. Die Annahme einer Spiegelung ist daher un- zuI~i~sig und wir haben das Resultat, dab alle Punkte der analytisehen Ebene (35) t~ixpunkte shad.

Funktionen zweier Ver'~uderIichex. ~5

29. Daraus folgt daun abet, dai~ unsere metrischr Abbildung die Identit/~t is~. Es sei nii, mlieh P ein beliebiger Punkt der Hyperkugel und x~, y~ seien seine Koordinaten; ferner sei ~ eine posit, ire Zahl. Die ana- lytische Ebene

(36) ( (x Yl -- Yo ) X -- ~ xl y -~ (x xl yo = O,

die die beiden Ptmkte ((~x~,oy~) und (0,yo) enthi~lt, enthiilt auch den Punkr

o X~ yo x - - , y ~ O . Yo ~ o y~

hinreichend kleine Werte yon ~ ist

{ o:~,yo I~I, Yo--oy, {

und nach dem vorigen Yaragraphen sind dann alle Punkte der Ebene (36) Fixpunkte. Also mu] der Punkt a xl, a yl und daher auch P, der auf der geod~tischen Linie unserer Metrik hegt, die den Anfangspunkr der Koordinaten mit dem Punkte a xl, a y 1 verbindet, eha Fixpunkt sein.

Wir haben also schlieBlich den

Satz 12. Jede metrische Abbitdung der Hyper~ugel au] sich selbst kann erhalten werden dutch eine Kombination der elementaren analyti- 8chen Abbildungen (18) mi t Spiegelungen an den dreidimensionalen ebenen Rdumen x ~ ~ und ~ ~ y .

Itieraus kann man nun unschwex entnehmen, dab die achtgliedrige Gruppe der Transformationen (18) alle analytischen Abbfldungen enthMt, die die Hyperkugel in sich transformieren. Dieser Satz stammt von Poincar&, der ihn aus einer sehr merkwiirdigen Eigenschaft der analytischen Abbildungen des Randes }x~l 2 7- {y~{ -~ 1 der Hyperkugel auf sich selbst ableiten konnte. Ohne Benutzung des Randes ist er zuerst yon Reinhardt aufgestellt worden. Der obige Beweis scheint mir aber deshalb interessant zu sein, weil er zeigt, daft 5e/ gewissen vierdimensio'ratlen Gebieten die analytischen und antianalytischen Abbildungen dutch die Invarianz der Distanz/unktion (mit Hinzunahme der Erhaltun9 der topologischen Indi- Lmtrix des Raumes) vSllig chara~evisiert werden. Den Beweis, dal~ diese sehr iiberraschende Tatsache auch fiir ganz allgemeine Oebiete gilt, werde ich an anderer Stelle fi~ren. Hier will ich als letzfr Anweadung dieser Theorie auf elementarem Wege zeigen, dal~ die soeben bewiesene Eigen- sehaft dex Hyperlvagel auch flit den Dizylinder zutrifft.

30. Es soll also bewiesen warden, dat~ die einzigen metrischen Ab- bildungen des Dizylinders auf sich selbst aus der Kombination der Trans- formationsgrappe des w 11 mit gewissen elementaren Spiegetungen enJ~tehen.

96 C. Carath~odory.

Zu diesem Zweeke bemerken wit, dab naeh dem SeMuI3 des w 14 ge- wisse Punktepaare des Dizylinders sich in einer eigentiimlichen gegenseitigen Lage befinden kSnnen, die gegeniiber metrischen Abbildungen invariant ist. Bezeichnen wir n~imlich mit xl , Yl und x.., yz die Koordinaten der Punkte A, B, so ist nach unserem friiheren Resultat dann und nut dann die allerkiirzeste Linie zwischen A und t3 eindeutig bestimmt, wenn die Gleiehung

erfiillt ist. Ist dies der Fall, so wollen wit sagen, dal~ die beiden Punkte A und B unseres Dizylinders diagonal zueinander liegen.

Es ist selbstverst~ndIich, dab jede metrische Abbildung des Dizylinders atff sich selbst diagonal zueinander liegende Punkte wieder in ebensolche Ptmkte iiberffihrt. Wit wollen aber auch umgekehrt zeigen, daft die Gruppe der metrischen Abbildungen identisch ist mit der Gruppe der]enigen ein- eindeutigen stetigen Abb~'ldungen des Dizylinders au] sich selbst, die diagonal zueinander liegende Punkte in ebensolche Punkte mit Erhaltung der Distanz trans/ormieren.

31. Zu diesem Zweeke betrachten wir die beiden zueinander diagonal liegenden Punkte O und R mit den Koordinaten (0, 0) und (r, r), wobei r reell, positiv und kleiner a/s Eins ist. Unter den Transformationen (13) des w 11 gibt es nun welche, die das Bild O* yon O in den Punkt O trans- formieren. Naeh dieser ersten Transformation wird aber das Bild yon R, das diagonal zu O liegt und dieselbe Distanz yon O wie R haben maB, durch die Koordinaten x ~- r e s~, y ~- r e i~ dargest~llt. Eine zweite Trans- formation der Gruppe (13), n~ianlich x ' = x e -~ , y ' ~ y e - i q ~, hat zur Folge, dal3 die beiden Punkte O und R in Fixpunkte verwandelt werden. N'un sei A ein .beliebiger Punkr des Dizylinders mir den Koordinaten Xo, Yo und es sei aul3erdem x o -----Yo" Da der Punkt A sowohl zu O als auch za R diagonal liegt, miissen die Koordinaten des Bildes yon A, wenn man sie auI dem Kreise l u [ < 1 einer komplexen u-Ebene markiert und wenn man diesen Kreis als Nichteuklidische Ebene deutet, sowohl auf dem Nichteuklidischen Kreis dureh u----x o mit dem MitCelpunkte u ~ 0 als auch atff dem Nichteuklidischen Kreis dutch denselben Punkt mit dem Mittelpnnkte u ~-- r liegen. Jede dieser Koordinat~n kann hiernach nur einen der beiden Werte x o oder ~'o besitzen. Also ist der Punkt A des Di- zylinders entweder sehon ein Fixp, mlrt unserer Abbildung oder er wird zu einem Fixpunkte nach Ausfiihrung einer bestimmten unter den drei ~olgenden Spiegelungen:

x' ~ :z, yt ~_ y,

x ' ---- x, y ' = if, x ' ---- ~, y ' ~ y.

Funktionen zweier Ver~nderlleher. 97

82. Wit k~nnen nunmehr annehmen, dab die Punk~ O, R und A ~ x - punk~e sind und hierbei vo~aussetzen, da~ die Koordina~en yon A nicht reell sind. Dann folgt ~nl ich wie im vorigen Paragraphen, dal] alle PunkCe der zweidimensionalen Ebene x = y aus lau~er Fixpunkten bestehen miissen. Die Koordinaten des BiIdes eines jeden dieser PunkCe miissen n~nlich jetzt auf drei Nichtenktidischen Kreisen liegen, deren Mittelpunkte nicht in gerader Linie liegen und die daher einen einzigen Punkt gemeinsam habem

83. Wit suchen jetzt die KooMinaten x*, y* des Bildes P* eines be- liebigen Panktes P des Dizylinders auI, dessen Koordinaten x, y voneinander verschieden sin& Wit markieren wieder im Kreise 1 u I "~ 1 die beiden Punkte x und y und z~ichnen die NichteukIidische Gerade y, deren Punkte gleiche Enffernung von x und von y besitzen. Es sei z ein Punkt dieser Geraden und Q der Punkt des Dizylinders mit den Koordina~en (z, z). Die beiden Punkte P und Q des Dizylinders liegen nach Konstraktion diagonal zu- einander; es ist n~mlich E (z, x) = E (z, y). Wen n man also die Zahlen x*, y* in der u-Ebene zeichnet, so miissen beide auf dem Nichteuklidischen Kreise liegen, der z zum Mittelpunkt hat und der die beiden Punkte x und y enthMt. Da nun z ein beliebiger Punkt yon y war, kann jede tier Zahlen x*, y* nut entweder gleich x oder gleich y sein. Nun isr abet sicher x* ~ y*; w~re ni~mlich x* -- y*, so w~re P* das Bild eines unserer ffiiheren Fixpunkte und nicht das Bild yon P. Es sind also nut die folgenden L5sungen mSglich:

x * : = x , y * = y oder x * = y , y * - - x .

Im ersten Falle ist der Punkt P selbst ein Fixpunkt; im zwei~n Falle wird P zu einem Fixpunkte nach der Transformation

x ~ = y, y ' = x.

84. Wir nehmen nun an, dai~ auBer den Punkten x ~--y noch ein Punkt P mit den Koordinaten x o, Yo (xo =~ Yo) ein Fixpunkt ist. Von bier au~s gibt es zwei verschiedene Methoden, um den Beweis zu Ende zu fiihren: entweder man se~zt voraus, dab die Distanzfanktion auch fiir nicht diagonal zueinander liegende Punk~e bei der Abbildung invarian$ bleibt und braucht dann nicht vorauszusetzen, da] die Abbildung stetig ist; oder man setzt die Stetigkeit der Abbildung, nicht abet die allgemeine Invarianz der Distanztunktion voraus. Diesen letzten Wag woUen wit, wie schon im w 30 angelrlindigt, einschlagen.

Hierzu bemerken wit, dab alle Punkte des Dizylinders mit den Koordinaten (xo, y), wobei y ~ x o sein mSge, nach dem vorigen Para- graphen in zwei Klassen zerfallen miissen: die erste Klasse en~F~lt atle Punkte (xo, y ') , die Fixpunt~ sind, and ist nicht leer, weil sie den Punkt

Mathemati~che AD~a]en. 97. 7

98 C. Car~th&xlory. Funkfionen zweier Ver~nderlicher.

(xo, Yo) enth~ilt; die zweite Klasse enth~lt aUe Punkte (x~, y ' ) , deren Bilde~ die Koordinaten (y", xo) besitzen. Diese letzte Klasse mu/] abet leer sein: sons~ wiirde im Kreise l yI < 1 mindes~ens ein Punkt y existie~en, der H~iufungspunkt sowohl yon Punkten y' als auch yon Punkten y" w ~ e und ffir welehen au~erdem y + x o is~. Dann aber kSnnte unsere Abbildung im Punkte (Xo, y) entgegen der Voraussetzung nicht stetig sein.

Hieraus folg~, dal] alle Punkte (xo, y) des Dizylinders Fixpunkte sin& Man braueh~ jetzt nut die letzten Schliisse, in denen man die Rolle yon x und y vertauscht, zu wieclerholen, um zu sehen, dab unser Di- zylinder aus lauter Fixpunkten bestehen mull.

Wit haben mithin folgenden Satz bewiesen:

Satz t3. Man erhdlt atle metrischen Abbildungen des Dizylinders au/ sich selbst durch Zusammensetzung der /olgenden Trans/ormationen"

I x ,=e~; " x - ~ y ,=ei~ ̀ x - f l (}a I < l Ifl I < 1 ) ~ x - - l ' ~ x - - 1 ' '

I X' ~ y , ?]! ~ X,

x' ------ Z, y' = y.

Hieraus /otgt so/oft, daft alle analytischen Abbildungen des Dizylinders au] Mch selbst entweder die Gestalt

Xp ei). x - -ez y r ~ e i u Y - - f l ~ x ~ l ' ~ y - - I

oder die Gestalt

z ' e i z , f l y - - 1 g~ x,--1

besitzen miissen.

Mfinchen, den 9. Juni 1926.

(Eingegangen am 9. 6. 1926.)