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uber das System NH,N0,-(NW4),S0,-H,0. Von ERNST JANECKE, W. EISSKEE und RUDOLF BRIGL. Mit 3 Figuren im Test und 2 Tnfeln. I. Allgemeines. (J~EcKE.) Terschiedene Verotfentlichungen der letzten Zeit iiber das System NH,NO,-(SH,),SO,-H,O, d. h. insbesondere iiber das dem Leunasalpeter fAmlllonsulfatPalpeter! zugrunde liegende Doppelsaliz (NH,),SO,. 2NH,NO,, gebeii Veranlassung , eine Snzahl Versuchs- resultate zusammenzustellen, die, z. T. schon vor mehreren Jahreu, teilweise (insbesondere 111.) erst neuerdings in dem E’orschungs- laboxatorium des Werkes Oppau der J. G. E’arbenindustrie-Aktiea- geselischitft (fruher Baclische Anilin- II, Sodafahrik) erhalten worden sind. Chemisehe Unterauehungen. a) Einige Betrachtungen uber die LSslichkeit und die Bod enkijrp er in d em S y stein NH4N0,-~NI~4),S0,-H,0. Die ersten Untersuchungen fur dieses System wurden bereits in dem Jaiire 1910 von SCHELELNEXAKEES und HOENILN~) gemacht. Es wurde auch no& miter untersucht von DE WAAL~) und MASSI INK^). Xaeh diesen Untermchumgen sollen lmmoneulkt und Animonnitrat miteinandor zwei Doppolsalze bilden der Zusammensetzung (NH,),SO,. 2 NH,NO, (91,2) mid (KH,),SO, - 3KH,NO, (D, ,?). Die Losliehkeits- bestimmungen wurden im Ammoniaklaboratarium der Badischen Xnilin- und Sodafabrik in Oppau wiederholt, wobei gleichzeitig die auftrctenden Eodenkijrper mikroskopiach untersucht wurden. Elierbei zeigte sich, dalj trotz schr vieler Versuche niemals aine einheitliche Verbindung der Zusammensetzung (NH,),SO, - 3 NH4N0, erhalten werden konu te. Alle Bodenkorper zeigten auBer dem Doppelsala (NK,),SO,. 2NH4N0, unter dcm Nikroskope nur KH,NO, oder (NH,),SO,. Die Iloppelverbindnng ist unter dern Xikroskope auBer- 3 Wcekblatt 6 (1910), 61. Dissertation, Leideu 1‘310. 3, lion. A];. tiam Wetensc~happeiz 1913.

Über das System NH4NO3(NH4)2SO4H2O

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uber das System NH,N0,-(NW4),S0,-H,0. Von ERNST JANECKE, W. EISSKEE und RUDOLF BRIGL.

Mit 3 Figuren im Test und 2 Tnfeln.

I. Allgemeines. ( J ~ E c K E . )

Terschiedene Verotfentlichungen der letzten Zeit iiber das System NH,NO,-(SH,),SO,-H,O, d. h. insbesondere iiber das dem Leunasalpeter fAmlllonsulfatPalpeter! zugrunde liegende Doppelsaliz (NH,),SO,. 2NH,NO,, gebeii Veranlassung , eine Snzahl Versuchs- resultate zusammenzustellen, die, z. T. schon vor mehreren Jahreu, teilweise (insbesondere 111.) erst neuerdings in dem E’orschungs- laboxatorium des Werkes Oppau der J. G. E’arbenindustrie-Aktiea- geselischitft (fruher Baclische Anilin- II, Sodafahrik) erhalten worden sind.

Chemisehe Unterauehungen. a) E in ige B e t r a c h t u n g e n ube r d i e LSs l i chke i t und d ie

Bod enki j rp e r in d em S y s te in NH4N0,-~NI~4),S0,-H,0. Die ersten Untersuchungen fur dieses System wurden bereits

in dem Jaiire 1910 von SCHELELNEXAKEES und HOENILN~) gemacht. Es wurde auch no& mi ter untersucht von DE WAAL~) und MASSI INK^). Xaeh diesen Untermchumgen sollen lmmoneulkt und Animonnitrat miteinandor zwei Doppolsalze bilden der Zusammensetzung (NH,),SO,. 2 NH,NO, (91,2) mid (KH,),SO, - 3KH,NO, (D, ,?). Die Losliehkeits- bestimmungen wurden im Ammoniaklaboratarium der Badischen Xnilin- und Sodafabrik in Oppau wiederholt, wobei gleichzeitig die auftrctenden Eodenkijrper mikroskopiach untersucht wurden. Elierbei zeigte sich, dalj trotz schr vieler Versuche niemals aine einheitliche Verbindung der Zusammensetzung (NH,),SO, - 3 NH4N0, erhalten werden konu te. Alle Bodenkorper zeigten auBer dem Doppelsala (NK,),SO,. 2NH4N0, unter dcm Nikroskope nur KH,NO, oder (NH,),SO,. Die Iloppelverbindnng ist unter dern Xikroskope auBer-

3 Wcekblatt 6 (1910), 61. Dissertation, Leideu 1‘310.

3, lion. A];. tiam Wetensc~happeiz 1913.

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ordentlich leicht erkennbar, besonders wegen ihrer charakteristischen Zwillingsbildung, wie weiter unten niiher auseinandergesetzt werden wird. Die Annahme einer Verbindung (NH,),SO,. 3NH,NO, griindet sich nuf die Methode der indirekten Bestimmung der Bodenkorper aus gesattigten Losungen, die daria loesteht, dat3 graphisch aus der Zusammensetzung der Mutterlaugen and den mi t Mutterlauge be-

Fig. 1.

hafteten Bodenkorpern die Zusammensetzung des wirklich auf- tretenden Bodenkbrpers ermittelt wird. Die Verbindungsgerade, welche die analytisch gefundenen Punkte fur Mntterlauge und feuchten Bodenkorper in einer graphischen Darstellung miteinander verbindet, mu13 urmxweifelhaft in ihrer Verl%ngerung den wirklich aoftretenden Bodenkorper enthdten. Die Untersuchung von SCHREWE- XAEER'S, DE WAAL und von dem einen von una (J.) wiesen darauf hint daB fur gewisse Losungen tatsachlich ein Bodenk6rper vor- banden sein miiBte, der nahe drei Mole NHJO, auf ein Mol (NE,f,SO, enth&lt. Die mikroskopische Untersuchung jedoch zeigte,

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System NB44N03-(MH4)2 SO,-U, 0. 173

daH dierjer Bodenkorper nicht eiraheitlich war. Er enthielt nebeu NH4N0, dns auBerordentlich leicht zu erkennende Doppelsah (NH,LSO, . 2 14H,N03. Systematische Untersuchungen irn Oppauer Laboratorium fiifirten zu dem Nachweis, daB bei den Loslichkeits- bestimmungen leicht eine aberkrustuug von PcTH,NO, mit Doppel- salz eintritt, wodurch eine Verbindung Dl,3 vorgetauscht wird. Die Nichtexistenz dos Doppelsalzes Dl,3 wurde auch noch nach der Restmethode dadurch bewiesen, da8 Gemische, die nach SCHEEINE- NAKERS und DE WAAL unzweifelhaft dns Doppelsalz Dl,3 ergeben miiBten, in Wirklichkeit analytisch genau dio Zusammensetzung des Doppelsalzes Dl,z hatten. In der Fig. 1 ist das Loslichkeitsbild fur vier Temperaturen 0 0 , 304 70° und looo dagestellt, in der Art, daB der Wassergehalt, der zur Herstellung gessttigter Losungen notwendig ist, als Ordinate gewiihlt ist, wiihrend die Abszisse das Xischungsverhiiltnis der Salze NH4N0, und (NHJ2S0, darstellt.

Das Doppelsalz liegt in den1 Punkte D, es stellt, wie auch schon Ton SCIIREIKEMAEERS und DE WAAL angegebeii, ein aus- gesprochen inkongruentes Salz dar: die Senkrechte in U durch- schneidet mkht die fur das Doppelsalz geltenden Liislichkeitskurven, sondern die fiir (NH,),SO,. Ein weiteres Eingehen hiernuf erscheint unnotig. Wegen der ausgesprochen inkonguenten Ldslichkeit des Doppelsalzes ist die Darstellung reiner Kristalle schwierig.

b) Das Zustandsdiagramm NR,NO,-(NH~SO,. SuBer der LSslichkeit wurde auch noch das Zustandsdiagramrn

von NH4N0,-(NH,LS0,, wie es sich beim Schmelzen der Gemische ergibt, festgestellt. Dasselbe ist in einigen Punkten wesentlich anders, als I!'. A. FREETH~) annimmt. Es ist moglich, wie auch be- reits PEEBUN und SAUNDERS~) feststellten, (NH,),SO, bis zu einem gewissen Grade in geschmolzenem XH4N0, aufzuliisen, wobei sich nnfanglich Nischkristalle bilden. Urn das vollst'indige Zustands- diagrtzmm aufzunehrnen, ist es erforderlich, in geschlossenen GefiBen die Mischungen zu schnielzcn. Dieses gelingt, wenn auch ab und an infolge der hohen Temperaturen und des alsdann vorhandenen hohen Druckes ein Zerplatzen des Rohres eintritt. Urn diese Unter- snchung ausz~fuhren, wurde deswegen die Substavlz in kleine (318s- rohre eingeschmolzen, in einen Metallzylinder gebracht and durch

l) Journ. of Pigs. Chemistry (1925), 506. ') J0ucp.n. Chem. SOC. 123 (1933), 541.

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einen seitlichen Schlitz das Schmelzen beobachtet. Pie Figg. 2 und 3 geben die Resultate der Untersuchungen wieder, in Fig. 2 sind die

I 300

I / 7?.3" 7---- _I_-

~

Fig. 3.

Versuche vermerlit, welche in offenem Rohre vorgenommen murden; in Fig. 3 die Versuche in geschlossenem Rohre.

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System XH4N0,-jNB4)z SO,-H, 0. 175

Die Resultate lassen sich zu den gezeichneten Zustandsdiagrammen zusammenfhigan. Die Punkte des beginnenden Schmelzens, wie sie Fig. 3 darstellt, wurden nicht immer bei derselben Temperatur ge- funden. Dieses ist wegcn der Art der Beobachtung erklarlich. Die Gemische klienen naturgernaB in den kleinen Rohren nicht ge- sch5ttelt oder geriihrt werden, so daB deswegen dier Schmelzbeginn vielfach nicht deutllich zu beobachten ist. Dae Zustandsdiagramm zeigt, daB die Verbindung (NH,),SO, 2NH,NO, bei 310" iiikongruent schmilzt. Die Umwandlungstemperaturen des reinen NH,NO, werden durch (NH,),SO, erniedrigt, wahrend die Schmelztemperatur erhoht wird. Das Bild ist ohne weiteres als solches verstandlicli und be- darf weiter keiner Erorterung.

Unrer Benutzung des Schmelzdiagammes von (NH,),SO,-NHSO, liibt sicla das Liislichkeitsbild der Fig. 1 bis zu den wasserfroien Qemischen fortsetzen, wie dieses die Figur zeigt. Die Zweisnlz- kurven weisen abdann beide eine Kriimmung auf um in den Punkten E und C zu endigen. Auf der voii E auegehenden Zwei- salzkurve ist neben deln Doppelsalz bei niederen Temperatwen reiner NH,N@, Bodenkorper. Mit wachsender Temperatnr treten an Stelle des reinen XH4N0, Mischkristalle mit machsendem f.3 ehalt von (NH,j,SB,. Vorn linken Eckpunkt der Figur l aBt sich an die von E ausgehende Kurve eine Tangente legen, die etwa bei 30° sinen Beriihrungspunkt hat. Unterhalb diesar Temperatur ist dis Kurve eine sogenannte Vardrgngungskurve I), oberhalb zunachst eine Schmelzkurve. Der Endpunkt E wiederum ist wegen des Auftretens tIer Mischkristalle ein Ubergnngspunkt. Ein weiteres Eingehen hierauf erscheint iiberfliissig.

11. Mineralogisch-kristallographische Untersuchungen. ( EIESNER.)

GrGBere einwandfreie KristaIle vom Ammonsulfatsalpeter zu erhalten, ist nicht ganz einfach. ,\us einer bei Zimmertemperatur gesattigten, Ammoniumnitrat im UberschuB enthaltenden Liisung kristallisiert das Doppelsalz im Verlaufe von 6-10 Wochen in Gestalt von tafelformigen Individuen (Fig. 1-6, Tafel 1) aus, die sich fast ausschlieBlich als Zwillingsbildung (Fig.2,4,6,6, Tafel 1) erweisen; nur DuBerst selten findet sich ein Einzelkristall (Fig. 1, 3, Tafel 1) darunter. Die Kristallzwillinge, von 5-20 mm Lange und 0,2--2,5 mm Dicke,

I) Vgl. ROOZEBOON, Phasenlehre 3, I, S. S1.

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176 E. J&w~dce, @? EiPnoT und It. Byill.

wachsen gewiihnlich von verschiedenen ~ i s t : t i l i ~ a t i o n s z e n ~ ~ ~ n aus rosettenfirmig angeordnet in die LBsung hinein, das schmalere Ende nach dem Ausgangspunkte der Kristallisation gerichtet.

Geometrische Messungen an den Kristallen sind mit Scliwierig- keiten vesbunden, weil einmal alle Fliichen, auBer der Basis (c), nur iiuBerst schmal ausgebildet sind und aum andern gerade die stlirkeren Kristalle gewijhiilich eineVerdickung der Basis vom breiteren riach dem scbmaleren Ende zu aufweisen. Da die Fkclhen zndem sehr schlechte Refiexe geben, wurde von der Bestimmung ihrer Winkel mit dem Goniometer abgesehen und die Messung nur mikroskopisch (mit Noniusablesung) durchgefiihrt. Die Fehlergrenze bewegt sich bei guten Beobachtungsmijglichkeiten zwischen t 15; bei schlechteren zwischen f 30. Vntersucht wurden 50-60 Iiristnlle, davon die 10 besten mtiglichst eingehend. Die folgenden Tabellen enthdten die beobachteten (mittleren) bzw. berechneten Werte (sieha hierzu Fig. 1 und 2, Tafel 1):

Ksntenwinkel und Ausloschuogen _ _ ~ _. - _ _ . - -~

4 ewiecheii den Kanten der Zonen c r r' and c o s Q ?) 71 )) .) ), C O h )) c q c ' .3: *I 7) > I ). 7 1 0 -9 ?7 C O l S l

beobachtet

410 54' 470 53'* 950 62' 33O 51' 110 9' 72O 59' 590 0' 31° 15'

!f u. I

. - -

.. ._ - -

bercchaet

4'20 1'

95' 46' 340 2' 11° 15'

590 8' 300 52'

- ~ ~-

-

-

-

berecbnet

- 590 41' 40° 42' 780 53' 750 17' 980 36'

138" 39' 1190 40'

Die Figg. 1 und 2 geben einen Einzel- bzw. Zwillingskristall. wie sie im allgemeinen auftreten, zeichnerisch wieder, wahrend die lFigg.3-6, Tafel 1, Aufnahmen naturlicher Individuen sind. Die in der Tabelle mit 'k angegebene Flache wurde in den Zeichnungen weg- gelassen, da sie sehr selten auftritt; gegebenenfalls fehlt dann ge- wohnlich 0. Nsch seltener sind die zu den Zonen c r y ' , c o s IWKI

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System N€14N03-[lvB4)2 so,-g 0. 117

c 4 c‘ gehorenden Prismenflachen. Bei den Z willingen fehlt sehr haufig q, ijfters auch 0. Andererseits treten zuweilen noch F l k h e n ( j h 0 I ) und (h k 1) mit sehr kleinem Normalwinkel zu c = (001) ad, deren Werte leider nicht in ansreichendem MaBe bestimmbar wzren. - Die Zviillinge kann man sich so entstanden denken, dall man einen entsprechenden Kristall in Richtung der Zwillingsnaht dnrchschneidet (vgl. Fig. 1 a. 2) und den einen Teil um eine Achse senkrecht z u r Zwilhngsnaht um 180° dreht (meist so, da6 die r-FlLchen am breiteren Ende wegfallen; am Eristall in Fig. 4, Tafel 1, sind sie vorhanden). AuBerdem sind jedoch die Zwillingsindividuen um 5-6O zueinander geneigt. Wahrscheinlich hat man es dabei nicht mit einer bestimn?ten Ebene zu tun, sondern es liegt vielrnehr pseudomeroedrische Zmillingsbildug vor. - Die Ausliischmg auf c erfolgt (s. a. Tabelle) parallel und senkrecht zu den Kanten der Zonan e r r ’ und cqc ’ , die ihrersoits den Winkel von 90O bilden. Elsenso ist die Ausloschung gerade auf Schnitten senkrecht zu c. Nit Rucksicht darauf und auf die Fliichenanllage ergibt sich fiir die Symmetrieverhaltnisse des Doppelsalzes folgendes : Es sind zwei senkrecht aufeinanderstehende Symmctrieebenen vorhanden (ihrer- seits senkreclit zu den Zoncn c r r’ nnd c q c’). Eine dritte Symmetrie- ebene fehlt, cia die Flachen 0, s , s und 4 jeweils nur hemimorph auftreten. 81s Symrnetrieachse kommt liinzu eine zweizahlige senk- recht auf c. Die K r i s t a l l e d e s Doppelsa lzes gehoren dem- nach der rhombisch -pyramida len Klas se an. - Die Auf- stellung ist hier so gewahlt, da!3 die Kanten der Zone c r T’ c‘ parallel der b-Achse verlaufen. - Das Achsenverhaltnis fiir a : b ist d a m 1,106: I; fQr c erKalt man f‘olgende Werte m s

1. 3 T : c, c = 0,951, mdtipliziert mit 4 = 3?8&& 2. Q c : c, c = 1,290, ? > ,, 3 = 3,870 3. Q z: C, c = 0,643, ,> ,. li = 3,858 4. Q 8 : e, c = 3,804, , ), 1 = 3,804 4. Q p : c, c = 3,981, ,) 1 = 3,951 1 ,

In Hinsicht auf drts Ergebnis der rhtgenographischen Unter- suchungen (8. u.) ist fur den Abschnitt sn f der c-Achse der hiichste Wert einzrasetzen. Bei der Bewertnug obiger Dateo ist zu beriick- sichiigen, daB die unter 1 und 4 angef&rten die zuverlassigsten sind, weil die betreffenden Pi5cheu am besten ausgebildet und ihre Winkel (in den TabeIlan mit * versehen) unter den geringsten Schwankungen bestimmbar waren. Somit ergibt sich fiir das Achsen- verhaltnis des Doppelsdzes: u : b : c = 1,106 : 1 : 3,504. - Den

Z. anorg. 11. allg. Ohem. Ed. 160. 12

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178 E. J&ecke, W. Eipnel- und R. Brill.

einzelnen Flachen kommen dann folgende Indices zu: c = (OOl), 1’ = (104), o = (113), 3 = (116), s = (111) und 4 = (011).

Die Bestimmung der Brechungsexponenten ergab fiir ar,, = 3,619; /SNa = 1,528; yKa = 1,534. Der Charakter der Doppelbrechung ist negativ, 2’ - a = 0,015. Der Winkel der optischen Achsen ist 2Exa= 108O 50’ (fiir 2VKS= 84O 10’); Ebene der optischen Achsen ist (100).

H. H. THOMAS und A. F. Ha&LIraoh’D1) sprechen in ihren Aus- fuhrungen iiber das Doppelsalz (NH,),SO,.2 NH,NO, davon, daB es, je nach Herkunft, den Habitus des Ammoniumsulfates oder des Ammoniumnitrates habe. Was sie damit meinen, ist unverstilnd- lich. Jedenfalls ist weder an grijBeren Kristallen noch z. B. an technischen Salzen (gegebenenfalls unter dem Mikroskop) ein Habitus zu erkennen, der einen Vergleich mit dem vom Ammoniumsulfate, geschweige denn vom Ammoniumnitrate zulaBt. - Uber das Kristall- eyatem des Doppelsalzes selbst mnchen THOMAS und HALLIMOND keine Angaben. WILLIAM BRAQB 2, erklilrt es auf Grund rijntgeno- graphischer Untersuchungen fur triklin. Unser Befund stimmt damit nicht uberein.

Bemerkungen xu den Fignren auf Tafel 1. Figur 1 und 2: Zeichnuagen idealer Falle von Einzelkristall und Zwilling.

Figur 3: Einzelkristall (Lichtbild, VergriiBerung etwa ll/,fach) mit e = (OOl), e’ = (ooi), r = (104), 1.’ = (IoZ), u3 = ( i i3) , sg = (lii) und s8 = (iii) (vgl. auch P i g 1). Figur 4: Zwillingskristall (Lichtbild, Vergriilierung etwa l*/,fach) u. a. mit den r- nebst r’-Fllehen (links unten) und den rl und r,-Fliichen (reehts oben, den stumpfen Winkel einkerbend). Figur 5 : Zwillingskristall (mikro- skopisches Lichtbild, VergrCBerung etwa 25 fach) mit dentlich sicbtbarer Zwillings- naht, am rechten Kristalt die FllZehe q. Figur 6: Derselbe unter + Nilrols.

111. Rontgenogmphische Untersuchungen. (BRILL.)

Zur Bestimmung der Elementarkiirperabmessungen wurden Dreh- aufnahmen an Kristallen, die vorher kristallographisch untersucht waren, gemacht und zwar um die a- und 6-Achse (vgl. Fig. 1, Tafel2). Drehaufnahmen urn die c-8chse fuhrten niemals zu guten Schichtlinien- diagrammen. Es muBte dnher diese Periode nach den fur ein Faser- diagramm iiblichen Methoden durch eine Drehaufoahme um beispiels- weise die Kante n bestimmt werden. Urn die lnterferenzen nahe am DurchstoBpunkt noch vermessen zu konnen, wurde hierzu

l) Transact. .Furad. SOP. 20 (1924), 56E. Transact. Farad. Soc. 20 (1924), 59.

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S y ~ t ~ m ~ ~ H ~ l ~ T 0 , - ( l v H , l , S 0 , - H 2 0. 179

eine Drehaufnahme (urn a) aiaf eine Platte Bei groBem Abstand zwischen Drehkristall und photographischer Platte angefertigt. All8 anderen Drehaufnahmen sind in einer DEUYE - SCHERRER - Kamera mit zylindrisch gebogenem Film gemacht. Der Durchmesser der Kammer betrug 5,73 cm. Die folgenden Tabellen geben die Aus- wertung der Diagramme wieder.

34,2 0,513 - (49) 1 (0,650)

Tabelle 1. Drehaufnahme um die a-Ache.

Fe-K,-St rahlung.

0,171 (0,183)

Hieraus ergibt sich nls Liinge der Ksnte a des Elementarkorpers Q = 11,2* A.

Tabelle 2. Drehaufnahme urn die b-Achse (Fig. 1, Tnfel 2).

Fe-K,-Strahlung.

Zh, , 1 cospn 1 29 ~~ . - -

~ ~- - I

11,o 0,188, / 0,1888 23,s ~ 0,380 8 0,190 39,s j 0,570 0,190

Es gilt also fur die Kante b des Elementarkihpers: b = 10,l8 A.

Als Kontrolle fur die beiden Drehaufnahmen urn die u- und b-Ache wurde noch eine Drehaufnahme urn die E'1Qhendiagonale der (a b)-Ebene des Elementarkarpers gemacht, die zu folgenden Ergebnissen f ~ h r t e :

l) 2h, bezeichnet den doppelten Abstand (in mm) einer Schichtlinie vom ,;Aquafor". Die Bczeichnungen gleichen hier wie im folgenden stets den von POLANYI und WEISSENBERG [Z. f. Phys. 10 (1922), 441 verwandten. Aus- genommen ist lcdiglich die Bezeichnung fur den halbcn Reflexionswinkel, der bei POLANYI und WEISSENBERG mit y bezeichnet ist, hier jedoch, dem all- gemeinen Gebrauch entsprechend, stets 4 / 2 genannt wird.

12"

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180 E. Jameke, W. B@er ulzd R. BrilL.

Tabelle 3. Drehaufnnhnie urn die Fliiebendiagonale der (a 6)-Ebene (Fig. 2, Tafel 2).

Fe -K,-Str&lu -

cos 61, ~

0,123 0,254 0,379 0,508 0,626

Wieraus ergibt sich d-- Lange der Flachendiagonale (f): J” = I5,4.

- . . , . . - , 7 r-. 1 . 7 7 Ua im rfiombischen aptem, zu tiem uas uoppelsalz nacB cren weiter oberi geschilderten kristallographischen Untersuchungen ge- hGrt, bekanntlich +cab = 90° ist, so gilt fur f:

f = j ’ 2 + b2.

Durdi Einnetzen der Zahlenwerte in diesen Ausdruck erhalten wir : .f = 15,13

in befriedigender Ubereinstimmung mit dem gefundenen Wert. Zugleich ergibt sich hieraus, dab der Elernentarkbrper n ich t b a s i sz en t ri e r t ist.

Die Auswertung des zur Ermittlung der Liiinge der Kaullte c hergestellten Faserdiagrammes zeigt Tabelle 4. EY murde an Hand dieser Aufnahme auch d i e a-Achse uochrnals beskimint. Die Ver- messung des Diagrarnnies aeschah so, daf3 somohl 8 wie S bestimmt

wurden. Die nnter angegebenen Werte errechnexl sich aus

z 0. A \ z - sin2 ; p ~ r F 12 “‘1 .

Der Berechnung wurdc stets das Xittel fur b y &us allen v w - handenen Messungen zugrunde gelegt; ii ist ja stets bekannt.

Zur Tabelle 4 ist noch mi bemerken, dab die Schichtlinie III nicht vermessen wurde, Neil auf ihr die Punkte sehr eng sneinander- liegen. Wichtige Aufschliisse iiber die LBnge der c-Achse geben uns besonders die ersten Punkte auf der zweiten Schichtlinie. Es gilt bekanntlich fiir dss rhombische System eine quadratische Form fdgender Art:

(1) 6 2 sin2 - = Kl h2 + Iiz k z + K , 1 2 ,

wo n,, n,, rL3 nonetame uiia r g K , L ale fnaices aer ale netracntete Beflexion hervorrufenden Netzebene sincl. Da wir die 71 gn-Werte

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syst59-1L xu4 N O ~ - ( N I I J ~ so,-ir, 0.

Tabelle 4. Drehaufnahme urn die a-Achse (Pig. 3, Tafel 2).

181

0,0872 0,0970 0,1360

0,1460 0,1564 0,1736

0,1114 0,1237 0,1305 0,1360 0,1447

0,1548

0,1403 0,1437

0,1553 0,1657 0,1761

0,2188 0,2275 0,2365 0,2870 0,2935 0,309

0,314 0,321

0,1014

0,1502

0,1810

Abstand

___ Y 2

sin2

0,0042 0,0059 0,0076 0,0094

0,0185

0,0245 0,0301 0,0103 0,0124 0,0153 0,0170 0,0185 0,0309 0,0240

0,0197 0,0207 0,0225 0,0241 0,0284 0,0310 0,0328 0,0478

0,0569 0,0824 0,0862

0,0954

~ ._ ._

0,0213

0,0518

0,0986 0,1028

latte- u-K-St:

cos is

0 0 0 0 0

0 0 0

0,661 0,656 0 552 0,528 0,509 0,470 0,464

0,983

0,894 0,811

-___

- -

0,968 0,923

0,795 (0,737) 0,646

0,607 0,816

0,992 0,988 -

0,940 0,934

istall : 4,85 crn dung.

~

i a 7.9 / (:-z)'

0 ' 0,0042 0 I 0,0059 0 ~ 0,0076

I -- __

0 0,0094

0 0 0 0

0,145 0,146 0,136 0,137 0,137 0,135

0,145

0,273 0,276 0,274 0,274 0,270 0,275 :0,262) 0,276 0,273 0,279 0,545 0,552 -

0,560 0,567

0,0185

0,0245 0,0301 0,0055 0,0076

0,0213

0,0105 0,0122 0,0137 0,0161

0,0192

0,0004 0,0014 0,0032 0,0048 0,0091 0,0117 0,0135 0,0285 0,0325 0,0368 0,0052 0,0090 0,0182

0,0213 0,0256

Indices - _ _ _

003 010 012 015 :;a) 020 005 015 110 112 105 114 106 115

E] 201 202 203 210 213 214 206 224 209 226 410 413 4 071 4161 420 408

__ Y sin - bcr. 2

0,060 G,072, 0,083

0,140 0,146 0,160 0,176 0,102 0,108 0,122 0,128 0,139 0,142

0,156

0,140 0,145 0,151 0,157 0,168 0;176 0,184 0,217 0,227 0,235 0,287 0,293

0,311

0,314 0,321

-~

0,094

kennen, so kennen wir auch fir jeden Puukt des Diagrammes den ersten Snmmanden der Gleichung (1). Unbekannt ist uns also iiur der Teil:

(2) [; z ) = TiQ k2 + I<, 1 2 . \ i

Beknnnt ist ferner Ii, aus der Drehaufnahme urn die b-Ache (Tnbelle 2). Es ergibt sich daraus

K2 = 0,0057.l) 8

I) Die quadratisehe Form, die die Werte sin T- ber. in TiGbelle 4 lieferte, isutete: 9.

2 Die kleine Abweichnng f ~ r K2 ergab sich aim den auftsetenden Werten.

- sin2 - = 0,0048, h2 + 0,0053, k3 + 0.0004 12.

' 1 \ 2

-

Page 12: Über das System NH4NO3(NH4)2SO4H2O

182 E. Janecke, W. Ei/7ner uiad R. Brill.

Da die - /c -Werte der ersten drei Beliexionen der zweiten

Schichtlinie siimtlich kleiner als I i , sind, so folgt, daB diese Re- flexionen nur yon Netzebenen herriihren kiinnen, fur die k = 0 ist. Die Gleichung (21 vereinfacht sich also fur diese drei Interferenzen

(2" - .

folgendermaBen :

Setzen wir fur den kleinsten dieser drei beobachteten Werte

(;+ K,, E = 1 ,

so ergeben sich mit nur geringfugigen, zu vernachliissigenden Ah- weichungen die beiden nBchsten Werte' fur 1 = 2 und 1 = 3. Die folgende kleine Tabelle zeigt dies noch einmal besonclers:

- __ _ _ - - __ - __ -~~ - - - 0,0004 '- 7 ! 0 = - - 0,0014 1 1 0,0016

0,0036 IT I

I 0,0032

Diese Auswertung zeigt also mit Sicherheit, daB die dritte Periode, also die Kante c des Elementarkcrpers, sehr groB ist. Als absoluter Wert ergibt sich:

c = 38,5 A. Die hLv-Werte liefern fur die Abmessung der Kante a des

Elementarkorpers die Lange 11,12 $. in guter Ubereinstimmung mit der oben aus der Schichtlinienaufnahme berechneten Zahl (Tabelle 1). Als Achscnverhhltnis errechnet sich:

a : b : c = 1,096: 1 : 3,78. Die grol3e Lange der Periode in der c-Eichtung im Verein luit

der nicht vollig exakten Ausbildung der (001)-Flache (vgl. oben Teil 11) macht es verstindlich, dab Drehaufnahmen urn die c- Achse niemals gute Schichtliniendiagramme ergeben konnten.

Nach Kenntnis der Abmessungen des Elementarkarpers schreiten wir nunmehr zur Berechnung der Anzahl Molekule, die in ihm ent- haiten sind. Es gilt, wenn 'YL die Bnzahl der Molekule pro Elementar- korper, M das Molekulargewicht und s das spezifische Gewicht des Doppelsdzes bedeuten l) :

Dns spez. Gewicht wurde nich dcr Schwebemethode zu 1,68 bestirnmt.

Page 13: Über das System NH4NO3(NH4)2SO4H2O

S@dm NX4X0,-(NH4),i3#,-Hz 8. 183

Da die Zahl der Molekiile pro Elementarkorper verhaltnisrn5J3ig grofj ist, liegt die Vermutung nahe, daB das Doppelsalz im Kristall nicht als selbstiindige Einheit (NH,),SO, .2NS,NO, vorhanden iet, sondern da6 mehrere solcher Einheiten zu einem ,,Kristallmolekiil‘i vereinigt sind. Die Zahl der vereinigten Einheiten ( N ) 1aBt sich mit Hilfe der von WEISSENBERG I) angegebenen Formel bereohnen. Es ist nkmlich

M

wo n die Zahl der Molekiile pro Elementarkbrper und ~ ~ ( m i n ) die

kleinste in der Raumgruppe R.G. zuliissige Zahligkeit bedeutet.

sondern nur die Kristallklasse. in der rhombisch pyramidalen Klasse (C2J gruppen dieser Klasse gilt:

Hieraus folgt

R.G.

Wir kennen nun die Raumgruppe des Ammonsulfatsalpeters nicht, Er. kristallisiert (vgl. oben Teil 111

Fur samtliche Raum-

9xOnin) <= 8 . R.G.

Das

Die

Xristallmolekiil besteht also mindestens aus:

2[(NH,),-S0,-2NH4N0,].

Ergebnisse der Rontgenuntersuchuag sind mit den Au- gaben von w. B s a G G 2 ) nicht zu vereinbaren.

Zueammenfassung.

1. ELI wurden die Loslichkeitsverhiltnisse in dem System H,0-NH4N0,-(NH4),S0, ermittelt, wobei sich zeigte, da8 entgegen anderen Angaben au6er dem Doppelaalz (NH4XS0,*2 NH,NO, kein anderes existiert.

2. Das vollkommene Schmelzdiagramm des Systemes NH,NO,- (NH,),SO, wurde mitgeteilt. E s bilden sich Mischkristalle nach NH,NO, und das vorher genaunte Doppelsalz (NH,),SO, - 2NH,NO,. Die Umwandlungspunkte von NH4N0, werden durch (NH,),SO, erniedrigt.

I) Z. f. Krist. 62 (1985), 13. 7 1’ransacL Farad. Sac. 20 (1924), 59.

Page 14: Über das System NH4NO3(NH4)2SO4H2O

184 E. Jatzeoke, TV. Eipner u. R. Brill. System ~~4S0,- (S~~4~,so~-1120.

3. Das Doppelsalz (KH,),S0,.2NH4N0, ist rliombisch-p:;ramidal a : b : c = 1,106 : 1 : 3,804.

4. Die Lichtbrechung: c~~~ = 1,519, ,&a = 1,523, yxa = 1,534. Die Doppelbrechung ist mittelgrcA3 und zwar negativ, ^J - u = 0,015.

5. Achsenwinkel 2Esa = lOSo 30'; Ebeae der o p t i d e n Achsen (1 00).

6. Abmessungen des Elemeotarkiirpers: u = 1 1 ,Z2 8., b = 10,l8 h., e = 38,5 A, a = = y = 900.

7. Die der &~olekiile pro Elementarkorper be&r%gt 16. S. Im Kristsll lassen sieh mindesteus 2 Einheiteii von (NH,12S04-

2 NH4N0, zusarnmenfasscu.

Lardwigshafem, Laboratorium Qyau dey J. C. Farbenindwtrie (fviihey Badische Annilin- m d Sodafabrilc).

Hci der Kedaktion eingegangen am 1. Dezember 1926.

Page 15: Über das System NH4NO3(NH4)2SO4H2O

Zeitschrift fur anorgauische und allgemeine Chemie. Bd. 160 Tafel 1

Fig. 1.

Fig. 3.

Fig. 2.

Fig. 4.

Fig. 5. Fig. 6.

ERNST JANECRE, W. EISSNER und RUDOLF BRILL

Verlag von Leopold Voss in Leipzig

Page 16: Über das System NH4NO3(NH4)2SO4H2O

Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Bd. 160

Fig. 1. Drehaufnahme urn die b-Achse.

Fig. 2. Drehaufnahme um die Fllchendiagonale der (a b)-Ebene.

Fig. 3. Drehaufnahme urn die a-Achse.

Fig. 4. Debye-Scherrer-Aufnahme des Doppelsalzes.

ERNST JBNECKE, W. EISSNER und RUDOLF BRILL

Verlag von L e o p o l d Voss in Leipzig

Tafel 2