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R. HAMM: Uber das Wasserbindungsverm6gen des S~ugetiermuskels. III 281 Uber das Wasserbindungsverm6gen des S~iugetiermuskels Ill. MitteiIung* Bie Wirkung yon Neutralsalzen ++ Von ]{EINEI{ HAMM Mitteilung aus dem Chemisch.Physikalischen Institut der Bundes/orschungsanstalt /i~r Fleisch- wirtscha/t Kulmbach Mit 9 Textabbildungen (Eingegangen am 26. Februar 1957) Der in der Praxis der FMschverarbeitung fibliche Zus~tz von Salzen, insbesondere yon Koch- salz, bringt eine Reihe erwiinschter Ver/~nderungen des Fleisches mit sich. Neben Geschmack und Farbe wird vor allem die Wasserbindung bzw. das SafthaltevermSgen des Muskelgewebes in charakteristiseher Weise ver~ndert. Trotzdem das Salzen yon Fleisch seit Jahrtausenden an- gewendet wird und trotz eingehender Untersuehungen fiber die Wirkung des Koehsalzes auf die Quellung, wie sie vor allem CALLOW mi~J besonderer Beriieksichtigung des P6kelprozesses durehgeffihrt hat, li~gt unsere Kenntnis fiber die Ursaehe des Hydratations- bzw. Dehydratations- effektes yon Salzen noeh immer viel zu wfinsehen fibrig. l~ber die Wirkung der verschiedenen Anionen und Kationen auf die Hydratation des lebenden und iiberlebenden Muskels liegt zwar ein umfangreiehes Untersuehungsmaterial vor 1, die hier herrschenden Verh/~ltnisse sind jedoeh yon den im toten, zerkleinerten Material geltenden grund- s/~tzlich versehieden. In lebendes Gewebe dringt Salz infolge der intakten Zellmembranen gar nieht, oder nut schwer ein 1. ~. In diesem Fall wirkt Salz fast aussehlieglieh dureh osmotisehe Krgfte auf den Muskel ein, indem dieser eine diesen Kr/~ften entspreehende Wassermenge abgibt oder aufnimmt. Sobald jedoeh das Muskelplasma abgestorben und geseh~digt ist, wandern Salze infolge der Zerst6rung der semipermeablen Membranen 3 in die Fibrille ein und entfalten dort, wie schon ~/IEIGS 4 feststellte, ihre lyotrope Wirkung, die sieh unter anderem in einer mehr oder weniger starken Quellung des Gewebes guBert. Das kolloidehemische, dureh keine osmo- tischen Verschiebungen gest6rte Verhalten des im Muskel vorliegenden Proteinkomplexes gegen- fiber Salzen kann daher erst im abgestorbenen und zerkleinerten Gewebe beobachtet werden. Aus diesem Grunde bieten am post mortem-~Iuskel durehgeffihrte Untersuehungen neben lebens- mittelehemischen Aspekten auch solehe allgemein physiologiseh-chemischer Natur. Der EinfluB eines Salzes auf Proteine ist nur als Resultierende der Wirkungen yon Anion und Kation zu begreifen, w~hrend der Effekt jeder der beiden Komponenten wiederum nur durch Vergleich mit zahlreiehen anderen Ionen gedeutet werden kann, Zwar gibt es im Zusammenhang mit bestimmten Hydratations-Ph~nomen, wie Quellung oder LSslichkeit fiir einzelne Salze oder kleinere Gruppen yon Salzen eine Reihe das Muskeleiweig betreffender Studien 5. Eine zusammenh//ngende Untersuchung fiber die Wirkung einer grSfleren Anzahl yon Salzen auf die Wasserbindung des Muskelgewebes wurde jedoch noch nicht durch- geffihrt. Es ersehien uns daher notwendig, einige Versuche in dieser I~iehtung auszuffihren. Im folgenden sei zun/tehst der EinfluB yon Neutralsalzen behandelt; * II. Mitteilung: R. GI~AUu. R. HAMM: Diese Z. 108, 446 (1957). ** Frau Dr. A. B6H~-BAvMA~ bin ich ftir ihre wertvolle Hilfe, Herrn Pro£ Dr. R. GgAu ffir seine Anregungen zu Dank verpflichtet. 1 EICHLER, 0.: Pharmakologie der Anionen. S. 331ff. Handbueh der experimentellen Pharmakologie. Erg. Bd. 10. Berlin-G6ttingen-Heidelberg: Springer 1950. BECttTHOLD, E. : Die Kolloide in Biologie und Medizin. 5. Aufl. Leipzig: Th. Steinkopff 1929. 3 WI~TEgSTEI~, H. : Dtseh. Z. geriehtl. Med. 2, 1 (1923). -- WEBER, I-~.: Pflfigers Arch. 187, 165 (1921). 4 MEIGS, E. B.: J. of Exper. Zool. 13, 497 (1912); Ann. of Physiol. 26, 191 (1910); Proc. Soc. Exper. Biol. a. Med. 1913, 129. Auf diese Literatur wird im folgenden noeh eingegangen werden.

Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

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R. HAMM: Uber das Wasserbindungsverm6gen des S~ugetiermuskels. I I I 281

Uber das Wasserbindungsverm6gen des S~iugetiermuskels I l l . MitteiIung*

Bie Wirkung yon Neutralsalzen ++

Von

]{EINEI{ HAMM

Mitteilung aus dem Chemisch.Physikalischen Institut der Bundes/orschungsanstalt /i~r Fleisch- wirtscha/t Kulmbach

Mit 9 Textabbildungen

(Eingegangen am 26. Februar 1957)

Der in der Praxis der FMschverarbeitung fibliche Zus~tz von Salzen, insbesondere yon Koch- salz, bringt eine Reihe erwiinschter Ver/~nderungen des Fleisches mit sich. Neben Geschmack und Farbe wird vor allem die Wasserbindung bzw. das SafthaltevermSgen des Muskelgewebes in charakteristiseher Weise ver~ndert. Trotzdem das Salzen yon Fleisch seit Jahrtausenden an- gewendet wird und trotz eingehender Untersuehungen fiber die Wirkung des Koehsalzes auf die Quellung, wie sie vor allem CALLOW mi~J besonderer Beriieksichtigung des P6kelprozesses durehgeffihrt hat, li~gt unsere Kenntnis fiber die Ursaehe des Hydratations- bzw. Dehydratations- effektes yon Salzen noeh immer viel zu wfinsehen fibrig.

l~ber die Wirkung der verschiedenen Anionen und Kationen auf die Hydratation des lebenden und iiberlebenden Muskels liegt zwar ein umfangreiehes Untersuehungsmaterial vor 1, die hier herrschenden Verh/~ltnisse sind jedoeh yon den im toten, zerkleinerten Material geltenden grund- s/~tzlich versehieden. In lebendes Gewebe dringt Salz infolge der intakten Zellmembranen gar nieht, oder nut schwer ein 1. ~. In diesem Fall wirkt Salz fast aussehlieglieh dureh osmotisehe Krgfte auf den Muskel ein, indem dieser eine diesen Kr/~ften entspreehende Wassermenge abgibt oder aufnimmt. Sobald jedoeh das Muskelplasma abgestorben und geseh~digt ist, wandern Salze infolge der Zerst6rung der semipermeablen Membranen 3 in die Fibrille ein und entfalten dort, wie schon ~/IEIGS 4 feststellte, ihre lyotrope Wirkung, die sieh unter anderem in einer mehr oder weniger starken Quellung des Gewebes guBert. Das kolloidehemische, dureh keine osmo- tischen Verschiebungen gest6rte Verhalten des im Muskel vorliegenden Proteinkomplexes gegen- fiber Salzen kann daher erst im abgestorbenen und zerkleinerten Gewebe beobachtet werden. Aus diesem Grunde bieten am post mortem-~Iuskel durehgeffihrte Untersuehungen neben lebens- mittelehemischen Aspekten auch solehe allgemein physiologiseh-chemischer Natur.

Der EinfluB eines Salzes auf Proteine ist nur als Resultierende der Wirkungen yon Anion und Kation zu begreifen, w~hrend der Effekt jeder der beiden Komponenten wiederum nur durch Vergleich mit zahlreiehen anderen Ionen gedeutet werden kann, Zwar gibt es im Zusammenhang mit bestimmten Hydratations-Ph~nomen, wie Quellung oder LSslichkeit fiir einzelne Salze oder kleinere Gruppen yon Salzen eine Reihe das Muskeleiweig betreffender Studien 5.

E i n e z u s a m m e n h / / n g e n d e U n t e r s u c h u n g f iber die W i r k u n g e iner grSf leren A n z a h l y o n Sa lzen a u f die W a s s e r b i n d u n g des Muske lgewebes w u r d e j e d o c h n o c h n i ch t du rch- geff ihr t . Es e r seh ien uns d a h e r n o t w e n d i g , e inige Ve r suche in dieser I~ ieh tung auszuff ihren . I m fo lgenden sei zun / tehs t de r E in f luB y o n N e u t r a l s a l z e n b e h a n d e l t ;

* II. Mitteilung: R. GI~AU u. R. HAMM: Diese Z. 108, 446 (1957). ** Frau Dr. A. B6H~-BAvMA~ bin ich ftir ihre wertvolle Hilfe, Herrn Pro£ Dr. R. GgAu

ffir seine Anregungen zu Dank verpflichtet. 1 EICHLER, 0.: Pharmakologie der Anionen. S. 331ff. Handbueh der experimentellen

Pharmakologie. Erg. Bd. 10. Berlin-G6ttingen-Heidelberg: Springer 1950. BECttTHOLD, E. : Die Kolloide in Biologie und Medizin. 5. Aufl. Leipzig: Th. Steinkopff

1929. 3 WI~TEgSTEI~, H. : Dtseh. Z. geriehtl. Med. 2, 1 (1923). - - W E B E R , I-~. : Pflfigers Arch. 187,

165 (1921). 4 MEIGS, E. B.: J. of Exper. Zool. 13, 497 (1912); Ann. of Physiol. 26, 191 (1910); Proc.

Soc. Exper. Biol. a. Med. 1913, 129. Auf diese Literatur wird im folgenden noeh eingegangen werden.

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282 t¢. H~M:

die Unte rsuchung yon Salzen schwacher Si~uren sei ebenso wie die Wirkung yon Salzen bei der Hi tzedenatur ie rung yon Muskelhomogenaten einer sp/iteren Mittei lung vorbehalten. Die im folgenden verwendeten Begriffe , ,Wasserbindung", ,, Quellung" und , ,Hydra ta t ion" wurden bereits a. a. 0.1 eingehend erl~utert und definiert.

Methodik

Untersuchungsmaterial

Das von Fett und Bindegewebe weitgehend befreite Fleiseh 5--7jiihriger Kflhe der Handels- klassen B und C k~m 5 Tage nach dem Sehlaehten zur Untersuchung. Da bekanntlieh zwischen den Muskeln und Muskelgruppen ein und desselben Tieres erhebliehe Unterschiede in der Wasser- bindung bestehen k5nnen 2, wurde stets der m. longissmus dorsi verwendet. Der Gesamtwasser- gehalt dieses Materials wurde nach Zerkleinerung im Woff in der iiblichen Weise ermittelt.

WasserbindungsvermSgen

Je 50 g des mit einem Wolf zerkleinerten ~uskels wurden im Starmix unter Zusatz des festen oder gelSsten Salzes und gegebenenfalls der zur p~-Einstellung notwendigen Menge an NaOH bzw. HCl 30 see zerkleinert, dann der Rest des Fremdwassers in Form yon Eiswasser (dest.) zugesetzt und welter zerkleinert. Der Zerkleinerungs- und Misehungsvorgang betrug insge- s~mt 120 sec (Stoppuhr). Die Endtemperatur der Mischung iiberstieg nie -~ 25 ° C. Wie Ver- gleichsmessungen zeigten, spielt es fiir die relative Wirkung der Salze auf die Wasserbindung keine Rolle, ob sie in fester oder gel5ster Form zugesetzt werden.

Unmittelbar naeh Herstellung der Mischung wurde der p~-Wert gemessen 3 und dann so raseh wie mSglieh die Wasserbindung durch Pressung von 0,3 g des Gewebebreies auf Filterpapier nach einer friiher beschriebenen Methode 4 ermittelt und berechnet. Da trotz des relativ einheitlichen Muskelmaterials yon Tier zu Tier gewisse Untersehiede in der Wasserbindung zu beobachten waren, sind ira folgenden die mittels des Pre2verfahrens bestimmten Werte ,,gebundenes Wasser in °/o des Muskels" nicht in ihrer vollen HShe, sondern als Differenz (4 Wp) zwischen dem fiir Fleiseh mit Salzzusatz (Ws) und dem fiir das betr. Ausgangsmaterial (bei gleichem p~-Wert und gleichem Fremdwasserzusatz, jedoch ohne Salzzusatz) geltenden Wert (Wa) angegeben. Der

Wp-Wert gibt also an, um wieviel die Wasserbindung (gebundenes Wasser in °/o des lV[uskels) gegeniiber dem sulzfreien Muskel unter sonst gleichen Bedingungen erhSht oder erniedrigt ist. Die Wa-Werte wurden zu Beginn der Versuchsreihe ermittelt und bei Serien, die l~nger als 4 Std dauerten, noehma]s naehgepriift.

Die relativ hohe Korrelation zwisehen der so gemessenen Wasserbindung und der Quellung (vgl. Abb. 7) ist ein weiterer Beweis fiir die Zuverliissigkeit der PreBmethode bei der Ermittlung des Hydr~tationszustandes.

Quellungsversuche

a) Muskel. Der Muskel wurde mSgliehst gleiehm~ig in kleine Wiirfel yon 2 mm Kantenlange zerschnitten. Die Quellung yon 5 g dieses Materials in den verschiedenen SalzlSsungen bzw. reinem Wasser wurde n~eh einer friiher ver5ffentlichten Methode 5 durch Messung der Gewichts- und Volumenzunahme untersueht.

b) Gelatine. Je 1 g Pulvergelatine, deren Korngr5~e dureh Sieben auf 0,35~0,50 mm eingestellt war, wurde in sehmalen Sehfitteleylindern gleieher Abmessung mit 50 ml 5~oigen SalzlSsungen versetzt, umgeschiittelt und l Std bei 20 o C unter 5maligem Umschiitteln stehen gelassen. Die Salzl5sungen enthielten soviel N~OH bzw. HC1 (durch Vorversuche ermittelt), dal~ der End-pR-Wert der Gelatine etwa 6,4 betrug. Das Quellungsvolumen der Gelatine wurde under Gmduierung der Cylinder abgelesen. Zur qualitativen Priifung auf gelSstes EiweiB wurde yon der gequollenen Gelatine abfiltriert und das Filtrat mit 5 ml 15°/oiger Trichloressigs~ure versetzt.

1 ]-IAMM, R. : Dtsch. Lebensmittel-Rdsch. 49, 153 (1953). BELAK, A.: Biochem. Z. 83, 165 (1916). Alle p~-Werte wurden mit dem ,,p~-Meter 22" der Fa. Radiometer (Kopenhagen) unter

Verwendung einer spitzen, hoehohmigen Glaselektrode gemessen. 4 GR2kU, 1~., U. 1~. I-IAI~[~¢I: Zit. S. 281, Anm. *. 5 GRAU, n . , R . HAMiVL U. A. BAUMANI~." Biochem. Z. 325, 1 (1953).

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(Jber das WasserbindungsvermSgen des Saugetiermuskels. I I I 283

Ionenstiirke Die Versuehe wurden tells bei gleicher Ionenstgrke des Salzes durchgeffihrt, teils wurden die

Ergebnisse zur Ionenstgrke in Beziehung gesetzt. Begriff und Bedeutung der Ionenstarke diirfen hier als bekann t vorausgesetzt werden. Unterschiede in der Wirkung yon Ionen sind bei gleieher Ionenstarke nur auf spezielle Einfliisse der Ionen - - etwa bei der Weehsdwirkung zwisehen Protein und Ionen - - und nieht auf allgemeine Ladungseffekte zuriiekzuffihren. Es sei jedoeh betont , da~ die Beziehung ,,gleiehe Ionenstarke - - gleiehe Ionenwirkung" bzw. ,,gleiche Ionenstarke - - konstanter Aktivi tatskoeffizient" nur ffir starke Elektrolyte mi t Ionen yon relativ kleiner, kugelfSrmiger Gestalt und nieht zu hoher Ladung (bis Wertigkeit etwa 3) bis zu einer Ionenstarke yon # = 0,1 strenge Giiltigkeit besitzt. Die drei ersten Forderungen werden yon fast allen in dieser Arbei t verwendeten Salzen erftillt, die letztere hingegen in vielen Fgllen nieht. Wir setzen dennoch unsere Ergebnisse bis zu Werten yon # = 0,4 zu der Ionenstarke in Beziehung, da wir

- - in Ubereins t immung mi t vielen anderen Autoren - - annehmen, da~ auch in diesem Konzen- trationsbereich die Unterschiede in der speziellen Wirkung der einzelnen Ionen auf die Proteine starker sind, als die bei hSheren Ionenstarken auftretenden Differenzen in der Ionenatmosphare der versehiedenen Salzionen.

Der Bereehnung der Ionenstarke ist hier die molare Konzentra t ion des zugesetzten Salzes, bezogen auf die Gesamtmasse (Muskel -~ Fremdwasser) zugrunde gelegt. Die gesamte Ionen- starke einer solehen Misehung erhal t man, wenn man zu diesem Wert die Ionenstarke addiert, die im Muskel yon Haus aus vorliegt. Diese be t ragt im zusatzfreien Gewebe etwa # = 0,251, bei 60% Fremdwasserzusatz (Fremdwassergehalt = 37,5%) also # = 0,16. Bei einem Koehsalz- zusatz yon 3% (bezogen auf zusatzfreien Muskel) und einem Fremdwasserzusatz yon 60% bet ragt z. B. die Ionenstarke des Koehsalzes in der Misehung # -- 0,32, die gesamte Ionenstarke hingegen # -- 0,48.

Ionenbindung Die Stgrke der Ionenbindung dutch das Muskeleiwei~ wurde auf Grund der pu-Versehiebung

ermittelt , wdche das Muskelhomogenat dureh Zusatz der versehiedenen Salze eISahrt. Wie yon SCATCHARD U. BLACK 2 gezeigt wurde, kann die Veranderung des pu-Wertes einer

salzfreien ProteinlSsung bei Zusatz yon Neutralsalzen wesentliche Anhal tspunkte ffir die Reakt ion zwisehen Protein und Ionen geben. Aueh wenn die Anwendung einer quant i ta t iven Theorie sehwierig ist, so kann die Methode doeh dazu benfitzt werden, ein qualitatives Bild der Ionen- bindung zu geben.

Je s tarker die Anionen-Bindung, um so grSl~er ist die pH-Erh5hung, da in diesem Fall das Freiwerden yon Protonen aus dem Protein ab- bzw. die Aufnahme yon Protonen aus der L5sung dureh das Protein zun immt 8 (Versehiebung des isoionischen Punktes nach h5heren pa-Werten); solange negat iv geladene sauere Gruppen des Proteins in Wechselwirkung mit positiv geladenen basischen Gruppen stehen, diirfte ihre Tendenz, Protonen aufzunehmen, geringer sein als naeh Absehirmung der basischen Gruppen durch gebundene Anionen. Das Umgekehrte gilt fiir die Kat ionenbindung: Je starker die Kationenbindung, um so grSl~er die dureh Salzzusatz bedingte p.-Erniedrigung des Proteins (Verschiebung des isoionischen Punktes naeh niedrigeren pa-Werten).

Ffir die pa-Anderung einer salzfreien ProteinlSsung ist folgende Beziehung gegeben 4 :

Ap t ~ 2w Az 2z Aw A # 2,303 A # 2,303 A # ' (1)

wobei # die Ionenstarke, z die Nettoladung des Molekiils und w die elektrostatisehe freie Energie des Molekiils dividiert durch z~kT (k = Bol tzmann-Konstante , T = absolute Temp.) bedeuten. Am isoelektrisehen P u n k t ist z = 0, daher versehwindet der zweite Ausdruek auf der rechten Seite yon Gleiehung (1):

2 w A p a - - 2,303 A # . (2)

Der zweite Ausdruck auf der rechten Seite yon Gleichung (1) stellt die pa-~nderung dar, die dureh den EinfluB der Ionenatmosphgre auf die elektrostatische freie Energie des Proteinmolekiils bewirkt wird. Da sein Anteil linear mit z zunimmt, wird die Analyse der au~erhalb des iso- elektrischen Zustandes erhal tenen Werte erheblich kompliziert.

D u ~ s s o ~ , M. : Proc. Syrup. Muscle, Royaumont , France 1950, 8. 2 SC~TCEa~D, G., u. E. S. B~ACK: J. Phys. Colloid Chem. 53, 88 (1949). a KLOTZ, I. M.: Proteins 1, 741 (1953). 4 TANFORD, C.: Proc. Iowa Acad. Sci. 57, 225 (1950).

Page 4: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

284 R. ItAMM:

~0

~) gO

Wie jedoeh Gos~ u. MIISALYI 1 am Beispiel des Myosins theoretiseh und experimentell dar- legten, erh~lt man auch auBerhalb der isoelektrischen Zone im pH-Bereich zwischen 3,5 und 6,4 wertvolle Aufschliisse fiber die St~rke der Ionenbindung, indem man die A pK-Werte gegen die Ionenst/~rke des zugesetzten SMzes auftr/~gt. Da die A p~-Werte den spezifisehen Effekt der Ionenbindung und den allgemeinen Effekt der Ionensti~rke darstellen (vgl. G1. (1)), so mfissen solehe fiir versehiedene SMze anfgestellte Kurven zusammenfMlen, wenn keine Ionenbindung eintritt. Verschiebung der Kurven nach hSheren p~-Werten bedeutet dann eine sti~rkere Anionen- bindung, Verschiebung zu tieferen p~-Werten hin eine sti~rkere Kationenbindung. Ungeachtet der Tatsaehe, dab wit es beim Muskel mit einem Komplex versehiedener Proteine von untersehied- lichem isoelektrischen Punkt zu tun haben, iibertrugen wir diese Methode auf die Untersuchung des Salzeinflusses in Muskelhomogenaten. Die gute Ubereinstimmung unserer Befunde mit den Ergebnissen yon GosK u. MItIAL¥I zeigt, dab dieses Vorgehen zul~ssig ist un4 dab es, wie zu erwarten, das Myosin sein diirfte, welches die Ionenbindung des gesamten Muske]s entscheidend bestimmt. Da die Absolutwerte ffir A I% yon Fleisch zu Fleiseh gewissen Schwankungen unter- worfen sind, ist es notwendig, Vergleiehsmessungen an ein und demse]ben Material vorzunehmen.

Zugesetz te Salze

Reinheit und Herkunft der verwendeten Salze sind in einer friiheren Ver6ffentliehung an- gegeben 2.

Ergebnisse and Diskussion

1. Ein/ lu[3 yon A n i o n e n au] die W a s s e r b i n d u n g des Muslcels

a ) Halogene u n d R h o d a n i d

Es wurde zuni/chst der EinfluB yon Na t r iumha logen iden und N a S C N auf die Wasse rb indung yon Muske lhomogena t ohne p~-Einste l lung, d. h. beim , ,natSr l iohen"

e0 ÷ pn -Wer t des Fleisches (p~ 5,5) und ferner + ~ ~ bei PH6 '4 (mit N a O H eingestell t) in Ab"

h//ngigkeit yon der Ionenst i i rke des Salzes × u n t e r s u c h t . Der F remdwasse rzusa tz be t rug

s te ts 60 % (Fremdwassergeha l t 37,5 %). Wie × aus Abb. ] a hervorgeht , erhShen bei pH 5,5

si imtliche t t a logen ide und t{hodanid die Z . . ~ H y d r a t a t i o n des Muskelhomogenates , wobei

I sieh in der W i r k u n g der einzelnen Anionen 0 & ¢z gd 0,¢ ~ 0/ be t rgeht l iche Unterseh iede zeigen, die aller-

s0 - [ dings erst bei Ionens t~rken # > 0,2 in Er- I ,~ ? seheinung t re ten . Noch s ta rker s ind die H y -

AWp i I / I / / d la ta t ionse f fek te bei p . 6,4 (Abb. lb) . I t i e r I I [ e0 ] I ] sind charakter i s t i sche Differenzen im EinfluB

I I× / der verschiedenen Ionen sehon yon # = 0,05 i / . , /

_11/! an zu erkennen. I n beiden pE-Bereiehen / / / / n i m m t die H y d r a t a t i o n mi t s te igender Ionen-

/~1 st i irke zu.

20 !/~d ..~ Be t r ae h t e t m a n nun wei ter die hydra t i - !~,' ~ sierende W i r k u n g bei gleicher Ionenst/~rke,

/ ° aber unterschiedl ichem p~-Wer t , so ergeben 0 I I I ~7 a,z ~x od sich im Sinne s te igender H y d r a t a t i o n (v. l. Abb. 1. Der EinJluB yon Halogeniden und n . r . ) folgende Reihen: Rhodanid au/ die Hydratation des Muskels in Abhgngigkeit yon der Ionenstgrke. a) - - bei PH 6fl" F - < CI-< B r - < CNS-< J - (vgl. Abb. lb) p~ 5,5, b) - -- bei 6,4. Fremdwasserzusatz pHS,S; F - < CI-< B r - < CNS-, J - (vgl. Abb. la).

60%. NaCle, NaBr x, NaJ+, NaF O, NaSCN A p ,3 ,5 : J - < CNS-< CI-,Br- < F - (vgl. Tab. 1).

Gosh, B. N., u. E. MIHAL¥I: Arch. of Bioehem. a. Biophysics 41,107 (1952). 2 ttAMM, R.: Diese Z. 104, 245 (1956).

b) 4'0

Page 5: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

Uber das W~sserbindungsverm6gen des S/~ugetiermuskels. I I I 285

Die b e o b a e h t e t e n R e i h e n f o l g e n s t e h e n in g u t e r Ube r - e i n s t i m m u n g m i t den H o f m e i s t e r s e h e n oder lyotroloen Re ihen . A u e h die U m k e h r u n g des H y d r a t a t i o n s e f f e k t e s b e i m LTbergang y o n der a lka l i schen a u f die sauere Se i te des I soe l ek t r i s ehen P u n k t e s (I. P.) is t ein a l lgeme in zu b e o b a e h t e n d e r E f f e k t ~. Zu ghn l i ehen R e i h e n k a m e n MIClWA u. OI~ADA ~ bei i h r e n S t u d i e n f iber die H y d r a t a - t i on des F i s ehmuske l s . D ie U r s a e h e der l y o t r o p e n Wi r - k u n g b e r u h t woh l in e r s te r L in ie a u f e iner Ver /~nderung de r N e t t o l a d u n g des P r o t e i n s d n r e h I o n e n b i n d u n g . Die h ie rbe i zu b e o b a e h t e n d e n U n t e r s e h i e d e in der I o n e n - w i r k u n g lassen s ich im wesen t l i chen a u f zwei E f f e k t e zur t i ekf f ih ren :

1. U n t e r s e h i e d l i c b e B i n d u n g der SMzionen d u r e h das P r o t e i n u n d

2. B e e i n f l u s s u n g der B e w e g l i e h k e i t des zu b i n d e n d e n I o n s d u r c h das Gegenion .

Tabelle 1. Ein]lufi yon Neu- tralsalzen au/ die Wasser- bindung des Muskels bei /~ ~ 0,4 und p . 3,5.

Fremdwasserzusatz: 600/0

Zugesetztes ~ Wp Salz

NaCI - - 82,9 NaBr - - 81,2 N a J . . --104,2 NaF . . - - 66,7 NaSCN --101,8 LiC1 . - - 75,1 NaC1 - - 79,3 KC1 . - - 74,3 MgC4 - - 64,4 CaCI~ - - 50,1 B~CI~ - - 46,8

Was die Bindung der Salzionen anbetrifft, so wird sie vor allem durch elektrostatische Krgfte zustande kommen 3, also durch Assoziation zwischen den basischen Kationen und den saueren Carboxy- und Hydroxy-Anionen des EiweiBes. Der auf dem Gehalt des Proteins an diesen drei Aminosgure-Typen beruhende ,,Ladungs-Index" nach KLOTZ t i s t fiir die Ionenbindung maB- gebend ~. DaB es sich bei der Bindung yon Salzen an Eiweil~ um eine chemisehe Verbindung und n i c h t u m ,,Adsorption auf kolloider Basis" handelt, darf heute als erwiesen angesehen werden 6. Vermutlich wirken hier elektrostatische Assozi~tion und van der Wa~lsehe Krgfte (letztere vor allem bei h5hermolekularen Anionen) zusammenL

Auf der saueren Seite des Muskel-I. P. (PH. 4,5--5,0) nimmt bei Zusatz yon HC1 mit sinken- dem p,~-Wert die Hydratation stark zu s. Durch Zuriickdrgngung der Dissoziation sauerer Gruppen erhSht sich die Nettoladung des Proteins, da die bereits dissoziierten basischen Gruppen nicht mehr durch negativ geladene Gegenionen des Eiweil~es abgeschirmt sind und ferner die Dissoziation dieser Gruppen mit sinkendem pH-Wert zunimmt. Zunahme der Nettoladung bedeutet aber Zunahme der fiir die Wasserbindung verantwortlichen polarea Gruppen. Unterstiitzt wird die Wasseraufnahme dutch eine ,,Aufweitung" der Struktur, indem es durch das Versehwinden der entgegengesetzt geladenen Carboxyl-(und Hydroxy-)Ionen zu einer elektrostatischen AbstoSung gleichsinnig geladener basischer Gruppen und damit zu einer VergrSl~erung der intermolekularen Abstgnde kommt. Mit der zur pn-Ehlstellung notwendigen HC1 werden much Gegenionen in Form yon C1- eingefiihrt, doch ist deren Konzentration so gering, dab sie die Hydr~tisierung des Muskelhomogenates - - im Gegensatz zu den bei Actomyosin (Viscositgtsbeeinflussung) beob- achteten Verhgltnissen 9 - - nicht verhindert. Wird jedoch die Anionenkonzentration durch Salzzusatz weiter erhSht, so kommt es zu einer Herabsetzung der Hydratation, da eine Bindung yon Anionen zu einer Abnahme der Nettoladung ~° und damit zu einer Verminderung der Wasser- bhldung 11 fiihren muS. Dieser Effekt diirfte um so deutlicher in Erscheinung treten, je fester das Protein das Anion binder, d. h. je mehr bei gleicher Ionensti~rke der pR-Wert des Muskelhomo- genats erhSht wird (vg]. o.).

A u f G r u n d de r x] p ~ - W e r t e bei PH 3,5 n n d ,u = 0,4 (vg]. Tab . 2) n i m m t die I o n e n - b i n d u n g gemgl~ de r R e i h e : C1- < B r - < J - < F - < S C N - zu. Diese Re ihe , die aueh

I BLADERGROEN, W.: Physikalische Chemie in Medizin und Biologie. 2. Aufl. S. 354ff. Basel: Wepf u. Co. 1949.

2 MIGITA, M., u. M. O~ADA: Bull. Japan. Soc. Sci. Fisheries 18, 117, 159 (1952). SC~ELL~AS, J . : J. Physic. Chem. ~7, 472 (1953).

4 KLOTZ, I. M.: Cold Spring Harbour Syrup. Quant. Biol. 14, 17 (1949). 5 KLOTZ, I. M., u. J. M. UBQT:gART: J. Amer. Chem. Soc. 71, 1597 (1949). 6 HEIhr, F. : Chemisehe Koordinationslehre. Leipzig: S. Hirzel 1950. 7 KLOTZ, I. M., u. J. AY~BS: Angew. Chem. 6a, 307 (1953). S GRAU-, R., n . HAM~ u. A. BAUMANI'~ : Zit. S. 282, Anm. 5.

HARX~cESS, M. L. ]~., u. A. WASSERMANC*: J. Chem. Soc. 1954, 1344. 10 CAI~N, J . B., u. l~. A. ~:)/IELPS, J . Amer. Chem. Soc. 77, 4266 (1955). ~ H ~ M , R.: Zit. S. 282, Anm. 1.

Page 6: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

286 R. HAm~:

am Myosin gefunden wurde 1 s teh t - - mi t Ausnahme des Fluor ions - - in Uberein- s t immung mi t der dehydra t i s i e renden Wi rkung dieser Ionen (vgl. o.). W a s das F luor anbetr i f f t , so spr ieht sein geringer Dehydra ta t ionse f fek t ffir eine nur re la t iv schwaehe Bindung an das Prote in , wie es aueh auf Grund des Ionenrad ins zu e rwar ten ist.

Die Bindung eines Ions an die polaren Gruppen des Proteins wird um so geringer sein, je grSger der sieh aus der Ionenbewegliehkeit ergebende l~adius des hydratisierten Ions ist 2. Da dieser beim Fluor im VergMeh mit CI-, Br- und J - relativ grog ist (Ionenbewegliehkeit ~ F - = 46,5; B r - = 67,6; C I - = 66,5; J - = 65,5) 3, so kann aus elektrostatisehen Griinden die Bindung nur sehwaeh sein. Die aueh am Serumalbium ~ beobaehtete pu-erhShende Wirkung des Fluorions beruht wohl darauf, da8 NaF kein eigentliehes Neutralsalz darstellt, sondern der niedrigen Dissoziationskonstanten der Fluorwasserstoffs~ure (K = 3,5 • 10 -4) wegen in w~griger LSsung sehwaeh alkaliseh reagiert. In diesem Zusammenhang ist es yon Interesse, dab SARK~ ~ dureh Bestimmung der Pr~zipitation far die Affinit~t der KaliumhMogenide zu Myosin steigende Affinit~t gem~8 der Reihe F - < CI- < Br- < J - < SCN- fand, eine Folge also, die v611ig unseren Itydratationsbefunden am Muskel entsprieht.

Geht m a n auf die b a s i s c h e Seite des I . P. fiber, so werden mi t s te igendem p~-Wer t die A p~-Wer te immer kleiner, d. h. die Anionenbindung n i m m t - - infolge zunehmen- der E n t l a d u n g der basisehen Gruppen - - ab. Aueh die Untersehiede in der Bindung

der einzelnen Anionen werden mi t s te igendem

"lpH

q7

I I I -o,

Abb. 2. Dutch Zusatz yon Halogeniden und Rhodanid bedingle pH-Versehiebung vo~ Muskelhomogenate, n in Abhgngig~ei~ yon tier Ionens$grke. p~ des salzfreien Ans~tzes: 5,5; Fremdwasserzusatz 60%. NaF ©,

NaCI$, NaBr x, Na5 +, NaCNS A

pn -Wer t geringer (Tab. 2). Es is t jedoeh bemer- kenswert , dab bei p~ 5,5 (Abb. 2) und sogar bei p~ 6,4 (Tab. 2) noeh eine deut l iehe Anionenbindung zu beobaeh ten is t (posit ive A pH-Werte, die mi t s te igender Ionens tg rke zunehmen).

Was die Differenzen in der W i r k u n g der ver- sehiedenen Na t r iumsa lze auf der a lkal isehen Seite des I . P. anbet r i f f t , so kSnnten sie zum Teil da r au f zurfiekzufi ihren sein, dab das K a t i o n auf Grund des untersehiedl iehen Rad ius der t Iydra th f i l l e des Anions um so st/~rker yon diesem , ,zurf iekgehal ten" und daher vom Pro te in u m so sehw/~eher gebun- den wird, je kle iner der I~adius des bet reffenden hydra t i s i e r t en Anions ist. Der Rad ius der H y d r a t - hfille n i m m t gemg8 der Reihe B r - < J - < C1-

< SCN- < F - zu; ein s igni f ikanter Zusammenhang m i t der hydra t i s i e renden Wir- kung ist also n ieh t gegeben. Wi r folgern daraus , dab die beobaeh te ten Unterseh iede in der Anionenb indung aueh in diesem p~-Bereieh au f einer versehieden s t a rken Anionenbindung du tch das P ro t e in beruht , und zwar is t die hydra t i s i e rende Wir- kung um so s tarker , je fester das bet ref fende Ion yore Muskeleiwei8 gebunden wird, d. h. je pos i t iver - - mi t Ausnahme yon F - - - die A pK-Werte sind. I n diesem Sinn bes teh t aueh hier zwisehen Ionenb indung und lyo t rope r Reihe ~ b e r e i n s t i m - mung (Abb. 2 u. Tab. 2).

Eine Bindung yon Anionen bis selbst in den s ta rk a lkal isehen Bereieh des I . P. hinein wird verst / indlieh, wenn m a n die Affini t /~tskonstanten der basisehen Gruppen berfieksiehtigt% Von den pos i t iv geladenen Gruppen des Eiweiges ha t die Imida -

1 Gosh, B. N., u. E. MmALYI- Zit. S. 284, Anm. 1. 2 BLADEt~GI~OEN, W.: Zit. S. 285, Anm. 1.

D'ANs, J., u. E. LAX: Taschenbuch f. Chemiker u. Physiker. 2. Aufl. S. 1236. Berlin- G6ttingen-Heidelberg: Springer 1949.

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Page 7: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

Uber das Wasserbindungsverm6gen des S/~ugetiermuskels. I I I 287

zoliumgruppe des Histidins (0,155 mmol/g L-Myosin) bei ps 5,6--7,0 ihr Proton abgegeben, die Ammoniumgruppe des Lysins (0,814 mmol/g L-Myosin) bei PH 9,4 bis 10,6 und die Guanidiniumgruppe des Arginins (0,423 mmol/g L-Myosin) erst bei PH 11,6--12,6. Gerade diejenigen beiden Typen basischer Gruppen, die im Muskel am st/~rksten vertreten sind, vermSgen also ihre positive Ladung bis welt in den alkalischen Bereich des I. P. aufreeht zu erhalten.

Die hydratisierende Wirkung der Anionen auf der alkMisehen Seite des I. P. erkl/~rt sieh dadureh, dab in diesem p.-Bereieh wesentlieh weniger dissoziierte basisehe als dissoziierte sauere Gruppen im Protein vorliegen. Werden nun die basisehen Gruppen dureh Anionenbindung abgeschirmt, so kSnnen sie f/it eine , ,Kompensation" der saueren Gruppen um so weniger in Betraeht kommen, je fester die Bindung ist, d. h. die Nettoladung des EiweiBes wird mit zunehmender Anionen- bindung erhSht und dutch das gr6Bere Angebot an polaren Gruppen kann mehr Wasser gebunden werden.

Die hier beobaehteten Untersehiede in der Wirkung des Chlorids und des Jodids gelten aueh fiir die Lithiumsalze: L i J wirkt bei p . 5,5 st/irker hydratisierend als LiC1 (Abb. 4b). Aueh hier wird das Jodion wesentlieh fester vom Protein gebunden als das Chlorion. W/~hrend beim LiC1 die kr/iftige Bindung des Li + bestimmend ist und daher dutch dieses Salz der pH-Wert des Muskelhomogenates gesenkt wird, ist beim LiJ die Affinit/~t des Jodions mal3gebend, d. h. der pn-Wert wird dureh L iJ erhSht (Abb. 2, Tab. 2). Die ,,spezifisehe" Wirkung des Kaliumjodids aufdie Muskel- hydratation, die k/irzlieh SWIFT und ELLIS 1 am l~indfleiseh beobaehteten, ist naeh unseren Untersuehungen zwanglos mit der Stellung des Jodions innerhalb der ]yotropen geihe zu erkl/~ren.

b) Nitrat, Sul/at, Sul/osalicylat und SaIicylat

Auch bei Zusatz yon Nitrat, Sulfat, Sulfosalicylat und Salicylat 2 (Na-Salze) nimint sowohl bei p . 5,5 als aueh bei PI~ 6,4 mit steigender Ionenst/irke die Hydrata t ion des Muskels zu (Abb. 3a u. b). Wie bei den Halogeniden treten bei Pn 5,5 die eha- rakteristisehen Unterschiede in der Ionen- wirkung erst yon etwa # = 0,2 an in Erseheinung; bei p . 6,4 ist die hydrati- sierende Wirkung st//rker als bei p . 5,5.

Bei gleiehen Ionenst/~rken ordnen sich f/ir beide pn-Werte (5,5 und 6,4) die Anionen im Sinne steigenden Hydratat ions- effektes gem/~B folgender t~eihe :

Salieylat < Sulfat < Ni t ra t< SulfosMieylat.

Aueh diese Folge entsprieht den be- kannten lyotropen Reihen. Entspreehend dem bei den Italogenen Gesagten mug man annehmen, dab die ]3indungsfestigkeit

Tabelle 2. Ein#u/3 von Neutralsalzen au/ den Pn-Wert von Muskelhomogenaten. fz = 0,4.

Fremdwasserzusatz : 60%

Zugesetzes Salz

N a C I . . .

N a B r . .

N a J . . .

N a F . . .

N a C N S . .

LiC1 . NaC1. KC1 . MgCI~ CaCI~ BaC12

A p . ( ~_ 0,02) bei einem p . des salzfreien 1Kuskels von

P~r 3,5 p~ 5,5

-~0,07 --0,06 -k0,09 --0,03 +0,11 ~-0,11 ~=0,76 ~-0,17 -~0,22 ~-0,18

-r0,07 [ --0,06 +0,18 I +0,01 - - 0 , 0 5 1 - - 0 , 3 2 --o,17 --0,33 @0,05 --0,18

PH 6,4

I --0,10 --0,05 +0,02 q-O,09 -kO,lO

--0,24 --0,16 --0,05 --0,78 --0,50 --0,65

SWn~T, C. E., u. R. ELLIS: Food Technol. 10, 546 (1956). Salicyla~ wurde zum Vergleich mit Sulfosalicylat herangezogen, wenn es auch nicht zu den

Neutralsalzen geh6rt.

Page 8: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

288 R. HA~I~:

dieser Ionen an MuskeleiweiB in der gleichen Reihe zunimmt. In der Tat entspricht dem stark positiven A p~-Wert yon Nitrat ( + 0,18 bei # ~ 0,22 und p~ des salzfreien Homogenats yon 5,5) eine starke, dem entsprechendenWert yon SO~-- ( + 0,03) eine

Og

J~ 60

20

×

I I I I

~)

00

~0

ZO

0

I I 0 0,1 ~ 0,z

b) Abb. 3. Ein]luB yon Nitrat, Sul]at, Sul]osalicylat und Salicylat au/ die Hydratation des Musbels in Abhdngigkeit yon tier Ionen- st¢irbe, a) bei p~ 5,5; b) bei p~ 6,4. Fremdwasserzusatz 60%.

NaNOs ×, l~a~SO~ +, Na-Sulfosalicylat O Na-Salicylat i

erheblich geringere Hydratat ions- wirkung. Der auffallend starke Hydratat ionseffekt des Sulfosalicy- ]ates, dem, wie zu erwarten, auf der saueren Seite eine entspre- chend kr~ftige eiweiBf£11ende Wir- kung gegenfibersteht, l~ftt sich damit erkl/~ren, daft das Molekfil fiber die phenolische tIydroxyl- gruppe eine starke Affinit£t zum EiweiB besitzt, w~hrend die Sulfo- gruppe wasseranziehend wirkt 1. Fehlt diese Sulfogruppe, so ist die hydratisierende Wirkung nur noch gering, aber doeh signifikant. Sali- eylat vermag mit Proteinen eine gewisse KomplexbiIdung einzu- gehen ~, wie dies kiirzlicb auch ffir Fiseheiweift nachgewiesen wurde a.

Das Ni t ra t - Ion wirkt, wie diese Versuehe zeigen, starker hydratisierend als das Cl-Ion, wird also offenbar fester gebunden als dieses.

2. Ein/lu[3 yon Kationen au I die Wasserbindung des Muske ls

Es wurde weiterhin der Einflul3 yon Alkali- und Erdalkalichloriden auf die Wasser- bindung yon Muskelhomogenaten beim ,,natiirliehen" pn-Wert des Fleisches (Abb. 4 b u. 5b) und bei p . 6,4 (Abb. 4a u. 5a) in Abh~ngigkeit yon der Ionenst£rke des Sa]zes untersueht. Der Fremdwasserzusatz betrug auch hier stets 60% (bezogen auf den zusatzfreien Muskel). Alle untersuehten Salze bewirken eine Erh5hung der Muskel- hydratation. Sie n immt mit steigender Ionenst~rke zu, und zwar bei lo. 6,4 st/~rker Ms bei 5,5.

In der Wirkung der einzelnen Kationen lassen sich charakteristisehe Unterschiede erkelmen. Betrachten wir den t tydratat ionseffekt bei g]eicher Ionenst~rke, aber unterschiedlichen p.-Werten, so ergeben sich im Sinne einer yon 1. nach r. ansteigen- den Hydra ta t ion folgende Reihen:

PR 6,4: Ca ++ < Ba ++ < Mg ++ < K + < Na + < Li + (Abb. 4 a u . 5a). PB 5,5 : K + < Na +, Mg ++ < Ca ++ < Li + < Ba ++ (Abb. 4b u. 5b). p , 3,5: Li + < Na +, K + < Mg ++ < Ca ++ < Ba ++ (Tab. 1).

Die bei p . 6,4 und 3,5 beobachteten Folgen entspreehen den bekannten lyotropen Reihen. Die Umkehrung des t tydratationseffektes beim ~bergang yon der alka- lisehen zur saueren Seite des I . P . wurde ebenfalls schon an anderen Proteinen

x GRASS:~A~bY, W., u. I. TRUPKE: t iandbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation. Bd. 2, T1. 1. Berlin: Springer 1944.

2 McCALLA, I{. G.: Trans. l~oy. Soc. Canada, Sect. V, (3) 45, 69 (1951). - - HENAULT, D., O. DOrY U. J. VAil DUUREI~: Bull. Aead. roy. Belgique, C1. Sei. 1907, 537.

3 HITTSOtIENREUmER, R.: Diese Z. 104, 161 (1956).

Page 9: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

Uber das Wasserbindungsverm6gen des S/~ugetiermuskels. I I I 289

beobaehtetL Die ,,unregelm/igige" Reihe bei p . 5,5 kommt dureh diese Umkehrung der Effekte zustande : W/ihrend hier ftir die Alkalien noeh die bei p . 6,4 herrsehende Reihenfo]ge K + < Na + < Li + gilt, hat f/Jr die Erdalkalien bereits die ,,Umkehrung" begonnen, die erst bei p . 3,5 ffir alle Kationen vollzogen ist.

Unser Befund, dab bei Pn 6,4 die Erdalkali-Ionen und unter 80 ihnen besonders Ca ++ am wenig- AWp s~en hydratisierend wirken, steh~ im Einklang mit Beobaehtungen e0 anderer Autoren. So ist die Dis- persit~t yon Struk~urkolloiden relativ hoeh, wenn nur einwertige Ionen zugegen sind; Calcium hin- gegen fiihrt zu einer Verfesti- gung des Gewebes ~. Bei Fehlen yon Ca ++ nimmt der Quellungs- grad yon Gewebesehnitten yon PH 5--10 laufend zu, w~hrend er bei Gegenwart yon Ca ++ bis Pn 7,3 absinkt 3. Bei I~indfleiseh konnten SIVIORODINZEW U. ~'~TLKo- LAJE~VA a einen Antagonismus der Calcium- und Natriumionen isotonischer CaC12- nnd NaC1- LSsungen beobachten. In CaC12- LSsung nimmt das Gewicht des Fleisches ab, in NaC1-LSsung d~gegen zu.

Der yon uns bei p . 6,4 und 5,5 gefundene , d e r H o f m e i s t e r s c h e n R e i h e e n t s p r e c h e n d e U n t e r s c h i e d zwi schen KC1 u n d NaC1 s t eh t im W i d e r s p r u c h zu d e n E r g e b n i s s e n v o n B ~ D A L L s, de r fiir die be iden S q z e g le iehe Q u e l l u n g s w i r k u n g a u f g i n d f l e i s e h f a n & M6gl ieher- weise w a r die y o n i h m b e n u t z t e Z e n t r i f u g e n m e t h o d e n i c h t emp- f i nd l i eh genug.

Deutung der Kationeneffel~te. A u f de r a lka l i sehen Se i te des I . P . n i m m t info lge de r waehsen- d e n - n e g a t i v e n - - N e t t o l a d u n g des P r o t e i n s u n d der d u t c h elek- t r o s t a t i s e h e A b s t o g u n g b e d i n g t e n , , A u f w e i t u n g " der S t r u k t u r die

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hJ Abb. 4, Der Ein/lu/3 yon Alkalichloride~ und Lithium]odid au] die Hydratation des Muskels in AbMingigkeit yon der Ionenst~;rke. a) bei p~ 6,4, b) bei p . 5,5. Fremdwasserzusatz 60%. LiC1 x, LiJ + , NaCI . ,

KC1 0

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x

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1 ~ ~

~)

Abb. 5. Der EinfluB yon Erdcdkalichloriden und Zinkchlorid au] die Hydratation des Muskels in AbMingigkeit yon der ][onenstdrke. a) bei Pn 6,4, b) bei I). 5,5. Fremdwasserzusatz 60%. l~fgCl,~ O,

CaCI~ e, BaC12 ×, ZnCl,~ ÷

I BLADERGROE:N, W.: Zit. S. 285, Anm. 1. 2 HSBER, 1~.: PhysikMische Chemie dcr Zellenund Gewebe. Bern: St~mpfli u. Cie. 1 9 4 7 . -

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3 AEI~T, U.: tIelvet, pharmac. Aeta 10, 184 (1952). a SMOI~ODINZEW, J. A., u. W. •IKOLAJEWA: Colloid J, (russ.) 3, 387 (1937); ref. in Chem.

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Page 10: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

290 R. HARM:

Hydrata t ion mit steigendem p . -Wer t in analoger Weise zu, wie es fiir die sauere Seite des I. P. erSrtert wurde. Zugesetztes Salz wird um so geringer hydratisierend wirken, je fester die Bindung des Kations an die Carboxylgruppen 1 des Proteins ist, da durch Abschirmung dieser Gruppen die Nettoladung des Eiweiges herabgesetzt und damit die Zahl der fiir die Wasserbindung verantwortlichen Gruppen vermindert wird. Mit dieser Vorstellung stimmen die yon uns auf Grund der A l%-Werte (Tab. 2) fiir p . 6,4 gefundenen Untersehiede in der Ionenbindung insofern iiberein, als alle untersuchten Kationen vom Muskel- eiweig gebunden werden (p.-Senkung), und zwar die Erda]kali-Ionen wesent]ich fester als die Alkali-Ionen. Diese Feststellung, die auch yon Gosh und MIHALYP an Myosin gemacht wurde, steht im Einldang mit der an mehreren anderen Proteinen

-\%"

N4 [ I I I o,1 o,2 o,s ~ o,g

Abb. 6. JOu~'ch Zusatz yon Chloriden der Alkalien und Erdalkalien und dutch Li- thium:odid bedingte p.-Verschiebung yon Muskelhomogenaten in Abh~ngig~eit yon der Ionenstd~'ke. p , des salzfreien Ansatzes: 5,5; :Fremdwasserzusatz 60%. LiC1A, LiJ ~ , NaC1 + , KC1 A, MgC12 O, CaCl~ e ,

BaC]2 x

beobaehteten Tatsache, dag Erdalkaliproteinate un- gleich weniger dissoziiert sind als Alkaliproteinate s.

Innerhalb der beiden Ionengruppen besteht eine Korrelation zwisehen zJ p~ und I-Iydratation nur hei den Erdalkalien. Bei den Alkalien seheint Lithium auf Grund der starken p~-Senkung stgrker gebunden zu werden, als es der relativ stark hydra- tisierenden Wirkung des LiC1 entsprieht. Dagegen korrespondiert die Ionenbindung, wie sie auf Grund der Radien der hydratisierten Ionen zu erwarten ist, reeht gut mit den t tydratat ionseffekten: Stei- gender Ionenhydrat -gadius gemgg der Reihe K+< Na+< Li + bzw. Ca ++, Ba++< Mg++~ vermindert die Kationenbindung und erhSht damit die Hydra- tation. Die Bindung yon K + ist, vergliehen mit derjenigen der anderen Kationen, nur sehr gering; dag aber doeh eine gewisse elektrostatische Bin- dung naehweisbar ist, zeigen nieht nut die schwach p~-senkende Wirkung des KC1 (Tab. 2), sondern aueh Diffussionsmessungen 5.

Bei p~ 5,5 ergibt sich ffir die Bindung der ver- schiedenen Kationen die gleiche Reihenfolge wie

bei ps 6,4 (Abb. 6). Die Kationenbindung nimmt mit steigender Ionenstgrke zu, scheint aber yon # = 0,3 an - - vermutlieh infolge Abs/ittigung der saueren Gruppen des Proteins - - einem Grenzwert zuzustreben.

Auf der saueren Seite des I. P. wirken die Chloride aller untersuchten Meta]le infolge der Chlorionenbindung dehydratisierend (vgl. o.). Man kSnnte zungchst annehmen, dag die immer noch zu beobachtenden Unterschiede in der Kationen- bindung darauf beruhen, dab die Anionen um so stgrker vom Protein gebunden werden, je weniger sie von den Kationen zuriickgehalten werden, je gr58er also deren

1 Die phenolischen I-Iydroxylgruppen des Tyrosins und die Sulfhydry]gruppen des Cysteins geben erst bei pH-Werten ~ 9 Protonen ab.

Gosh, B. N., u. E. MIm~Lyi: Zit. S. 284, Anm. 1. a GREENBERG, D. M., u. C. L. A. SCttMIDT: Gen. Physiol. 8, 271 (1926). - - :KLEMENT, ]).:

Naturwiss. 87,211 (1950). - - S~EI~d~DT, J., u. M. ZAISER: J. of Biol. Chem. 188, 789 (1950). - - G~EE~B~G, D. M. : Adv. Prof. Chem. 1, 121 (1944).

D'A~s, J., u. E. LAx: Zit. S. 286, Anm. 3. 5 HA~Is, E. J., u. G. P. B v ~ : Trans. Faraday Soc. 45, 508 (1949). - - McLE~A~, H.:

Biochim. Biophys. Acta 21, 472 (1956).

Page 11: Über das Wasserbindungsvermögen des Säugetiermuskels

Uber das Wasserbindungsverm6gen des S~uge~iermuskels. I I I 291

Wassermantel ist 1. In der Tat nimmt innerhalb der Alkali- und innerhalb der Erd- alkali-Gruppe mit steigendem Radius des hydratisierten Kations die dehydrati- sierende Wirkung der Chloride zu. Betrachtet man aber daraufhin die Wirkung dieser Salze auf den pH-Wert der Muskelhomogenate (Tab. 2), so weist vor ahem die p~-Senkung durch Calcium- und Magnesinmchlorid darauf hin, dab auch bei PH 3,5 offenbar noch Kationen gcbunden werden, wenn auch diese Bindung - - wie bei vielen anderen Proteinen 2 - - bei tiefem pH-Wert wesentlich geringer ist als etwa bei p . 5,5. Da augerdem die auf Grund der p.-Vcrschiebung sich ergebende Reihe K + < Na + < Li + < Ba ++ < Ca ++ < Mg ++ (ira Sinne steigender Ionenbindung) mit den Hydratationsbefunden (vgl. o.) in besserer iJbereinstimmung stehen als die auf Grund dcr Ionenhydmt-Radien zu erwartende Gesamtreihe: K + < Ba ++ < Ca ++ < Mg ++ < Na + < Li +, mSchten wir annehmen, dab es sich bei der unterschiedlichen Wirkung dcr Chloride auch bei p , 3,5 mehr um eine Wechselwirkung zwischen Kation und Protein als zwischen Kation und Chlorion handelt.

In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dab die relativ feste Bindung yon Ca ++ und Mg ++ an L-Myosin auf der saucren Seite des I. P. zwar kleiner als auf der al- kMischen Scite, abet bis PH 2,5 noch immer ungewShnlich hoeh ist 3. Die Asparagyl- Carboxylgruppen (im L-Myosin zu 1,50 mmol/g vorhandcn) vermSgen his zu etwa PH 3,0 Protonen abzugeben, ebenso die GlutamyI-Carboxylgruppen (0,67 mmol/g L-5~yosin) *.

Die Hydratationsbeeinflussung des Muskels dutch die verschiedenen Chloride auf der saueren Seite des I. P. dfirfte einem analogen 5lechanismus entsprechen, wie er fiir die Wirkung der Natriumhalogenide auf der basischen Seite des I. P. angenommen wurde. Auf der saueren Seite des I. P. ]iegen wesent]ich weniger negativ geladene Ms dissoziierte basische Gruppen im Protein vor. Werden nun die saueren Gruppen (Carboxylgruppen) durch Kationenbindung abgeschirmt, so kommen sie ffir eine ,,Kompensation" der basischen Gruppen um so weniger in Betracht, je fester die Bindung des Kations ist, d. h. die Nettoladung (in diesem Fall die positive Ladung) des Eiweil~es wird mit zunehmender Assoziation der Kationen erh6ht und durch das so gegebene erhShte Angebot an pc]arch Gruppen kann mehr Wasser gebunden werden.

Zinkchlorid ist yon allen untersuchten Salzen das einzige, welches bei p~ 6,4 dehydratisierend wirkt (Abb. 5). Dieser Effekt ist damit zu erkl~trcn, dag - - wie seine stark p~-senkende Wirkung zeigt - - Zn ++ yon allen Kationen am stitrksten durch MuskeleiweiB gebunden wird. Dieser dehydratisierende EinfluB des Zn ++ wurde schon bei zahlreiehen anderen Proteinen beobachtet. In dicser Hinsicht verh~lt es sich wie a]le anderen Schwermetalle. Wie Hg ++, Ag + und Cu ++ geh5rt Zn ++ zu den Kationen, die yon bestimmten Gruppen der Protein-Seitenketten 5, vermutlich von der Imidazol- Gruppe ~ gebunden werdcn.

3. Ein/lu/3 der NeutralsaIze au/ die QuelIung des Muskels Versuche fiber den Einflug der Salzkonzentration auf die Muskelquellung, auf

deren Darstellung hier verzichtet sei, ergaben, dail in allen Fallen bis # = 0.4 die Quellung mit steigender Ionenstiirke des Neutralsalzes zunimmt. Der Salzzusatz

1 BLADERGROEN, W.: Zit. S. 285, Anm. 1. 2 CA~, C. W. : Arch. Biochem. Biophysics 46,424 (1953). 3 WEBER, 1~. H., u. H. PORTZEIIL: Erg. Physiol. 47,416 (1952). 4 EDSALL, J. T.: Zit. S. 286, Anm. 6. 5 KnOTZ, I. M.: Proteins 1, 728 (1953). 6 GUI~D, F. R. ~ . , u. 1~. S. GOOD:~±N: J. Amer. Chem. Soc. 74, 670 (1952).

19"

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292 R. H A ~ :

ffihrte stets zu einer ErhShung yon Volumen und Gewicht des Muskels. Hinsiehtlich der quellenden Wirkung bei gleicher Ionenst~rke und p . 6,4 konnten wir sowohl bei den ~qatriumsalzen der verschiedenen S~uren als auch bei den Chloriden der Kationen eharakteristische Untersehiede beobaehten, die zu den gleichen Ionenreihen ffihren, wie sie die Wasserbindungsversuehe bei ps 6,4 ergaben. Ebenso sind die relativen Unterschiede in der pR-Xnderung, die wghrend des Quellens innerhalb der Muskel- stficke eintritt, die gleichen, wie sie bei Zumischen im Starmix festgestellt wurden.

Zwischen Wasserbindung (PreB-Versuehe) und Quellung (Gewiehtszunahme) besteht, wie Abb. 7 ffir das Beispiel # = 0,4 und p , 6,4 zeigt, eine gute Uberein- st immung (r = + 0,866). Das gleiche gilt ffir die Korrelation zwischen Wasser- bindung und Volumenzunahme beim Quellen (r = + 0,889). Wir schlieBen aus dieser

5g %

"~ 30

2g

I 7 o

I I I . L

4~ Abb. 7. Korrelation zwischen Wasser- bindung (Preflve,'suche) und Quellung (Gewichtszunahme). ~ ~ 0,4, P*r ~ 6,4. + ~ a F , × NaC1, A NaBr , • NaSCN, • Na~SOa, • ~a~O~, • Na-Sal icylat , O Na-Sulfosalicylat , V LiC1, ~ L i J , ~ K C 1 , ~) l~gCl~, • CaC]~, ~ BaCl~

Ubereinstimmung, dab der EinfluB yon Salzen auf Quellung und Wasserbindung die gleiche Ur- sache hat und dab daher dasjenige, was oben fiber die Deutung der Sa]zwirkung gesagt wurde, sinn- gemi~B auch auf die Quellung anzuwenden ist.

Fast alle angewendeten Neutralsalze fiben auf andere 1)roteine, wie w i r e s am Beispiel der Gelatine zeigen (Tab. 3), eine kriiftig quellende Wirkung aus. Da hier die Salze bei gleichem Prozentgehalt und nieht bei gleieher Ionenst~rke verwendet wurden, kann man aus Abstufungen in der Wirkung der hydratisierenden Ionen keine weiteren Sehlfisse ziehen 1. Es ist jedoeh ]dar er- sichtlich, daB Salze sehwaeher Sguren (Tartrat, Laetat , Acetat, Sa]icylat und auch das Fluorid) auf Gelatine /seine quellungssteigernde Wirkung ausfiben. Die seheinbar ,,entquellende" Wirkung yon Rhodanid ist darauf zuriickzuffihren, dab diese SalzlSsung die Gelatine fiber das Stadium der Quellung hinaus bereits zur AuflSsung ge- bracht hat (starke EiweiBf/fllung mit Trichlor- essigs~ure !). Auffa]lend ist, dab Fluorid und Sul-

fat auf Gelatine dehydratisierend wirken, wi~hrend sie im Muskel eine hydrati- sierende Wirkung zeigen. Die auf der Wechselwirkung der S04--- und F-- Ionen mit dem Muskel-Calcium beruhende Erkl~rung dieses Ph£nomens werden wir in einer sp~teren Mitteilung behandeln.

4. Ein/lu[3 hoher Ionenstgrken und hoher FremdwasserzusStze au/ die hydratisierende Wirkung von Neutralsalzen

Bei den bisher besprochenen Versuchen wurde eine Ionenst~rke yon # = 0,4 nicht wesentlich fiberschritten. I m Fall des Kochsalzes prfiften wir - - vor allem im tIin- blick auf die beim PSkelprozeB herrschenden Verh~ltnisse - - den EinfluB hoher Ionenst~rken (bis # = 3,5), und zwar ohne und mit Fremdwasserzusatz. Wie auf Grund frfiherer Untersuchungen fiber die Quellung yon Fleisch in Laken verschiedener

1 D~I] die Ionenwirkung in ~quivalenten VerhMtnissen der J~ofmeistersehen Reihe entspricht, ist ger~de fiir Gelatine hinreichend nachgewiesen. Vgl. z. B. W. PAVLI u. E. VALKO: Kolloid- chemie tier EiweiBkSrper. 2. AUfl. Dresden-Leipzig : Steinkopff 1933.

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Uber das Wasserbindungsverm6gen des S~ugetiermuskels. I I I 293

NaC1-Konzent ra t ionen I zu erwarten, s te ig t mi t waehsender NaC1-Konzent ra t ion die I - Iydra ta t ion des MuskeleiweiBes an, durch- l/~uft ein M a x i m u m und s inkt bei wei terer ErhShung des Sa lzkonzen t ra t ion so weir ab, dal~ schlieBlieh die ursprf ingliehe I - Iydra ta t ion des Muskels un te r seh r i t t en wird (Abb. 8). Diese , ,En tque l lung" bei hoher Sa lzkonzen t ra t ion is t eine allge- meine Erscheinung, die aueh im ,,Aus- sa lzen" der Pro te ine aus ihren LSsungen zum Ausdruek kommt . Der Grund fiir dieses Verha l ten l iegt naeh der Aussalz- Theorie yon DEBYE ~ darin, dab die Ionen des Neut ra lsa lzes die polar i s ie r ten Wasser- molekii le an sieh heranziehen, wodurch das P ro te in dehydra t i s i e r t wird.

Das H y d r a t a ~ i o n s m a x i m u m liegt un- abhiingig vom Fremdwasse rzusa tz bei # = 0,8; es entsprieh~ dies bei Fle iseh ohne Wasserzusa tz einem Kochsa lzzusa tz yon 5 %, bei Fle iseh m i t 60 % Wasserzu- satz e inem Salzzusatz yon 8% (jeweils bezogen a u f zusatzfreies Fleiseh). Es s t i m m t dies e twa mi t dem yon CALLOW 3

Tabelle 3. Ein/lufi yon Salzen au] die Quellung yon Gelatine. 1 Std Quellung yon 1 g Gelatine in 50 m] 5%iger Salz]Ssung. End-p~ ~ 6,4

(Genauigkeit ± 1%)

Salz

~ a ~ . . . .

NaC1 . . . . NaBr . . . . NaJ . . . . NaSCN . . . Na~SO~ . . . NaNO~ . . . Na-Salicylat .

Na-Sulfosal. . LiC1 . . . . LiJ . . . . . KC1 . . . . MgCI~ . . . . CaCl~ . . . . BaCl~ . . . . Na-Tartrat N a - L a c t a t . .

N a - A c e t a t . .

7tnderung des Gelvolumens

bez. a . d . Gelvolumen in Wasser

bei p~ 6,4 in %

--16,7 -}-18,5 -}.33,3 -}.30,5 --62,0 --22,1 +24,9 --30,0 -}.28,6 ,}.21,9 -}.26,6 +24,7 .}.15,5 -}.}.20,0 ,}.15,7 --11,7 --12,2 - - 2,4

be im P6keln gefundenen Max imum der Gewieh tszunahme bei einem des Fleisches zwischen 6 und 8 % iiberein. Die geringere H6he des

Trf ibung des F i l t ra t s n~ch Zus~tz yon Trichlor-

essigs~ure

+ + + + + + + +

+ + + + +

+ +

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

+ + + +

Kochsa lzgeha l t H y d r a t a t i o n s -

Max imums bei f remdwasserf re iem Fle iseh be ruh t lediglieh darauf , dab zwischen # = 0,5 und # ~ 1,0 naeh unserer Methode kein loekeres Wasser mehr festzustel len, die Wasse rb indungskapaz i t~ t des geringen Wasserangebotes wegen also bei wei tem n ieh t ausgenf i tz t ist.

Wei t e rh in wurde die Wi rkung s te igenden Wasserzusa tzes au f salzfreies und mi t je 3% NaC1 und Sulfosal icyla t versetztes Muske lhomogena t bei p~ 6,4 gepri iff (Abb. 9). Es is t zun/~chst in teressant , daB - - wie wir dies auch in vielen anderen Versuchsreihen fanden - - die Wasse rb indung des ungesalzenen Muskels t ro tz steigen- den Fremdwasse rzusa tzes im wesent l ichen unver / /nder t bleibt . Zugesetztes Wasser wird also yore na t iven Muskelgewebe nich~ gebunden. D a m i t is t jedoch noch n ich t gesagt , dag bei no rma lem Wasse rgeha l t (etwa 75%) die Wasserbindungskapazi t /~ t des Muskels (ohne SMzzusatz, bei p . 6,4) erseh6pft ist. I n diesem Fa l l n/~mlieh w//re eigentl ich zu erwarten, dab die t I y d r a t a t i o n mi t s te igendem Wasserzusa tz s inkt , da durch Verdi innung die nat t i r l iche Ionenst/~rke des Muskelhomogenates abn immt . Es w/~re denkbar , dab sich hier beide Effekte , n/~mlich Zunahme der t I y d r a t a t i o n du tch erh6htes Wasse rangebo t und D e h y d r a t a t i o n dureh die abnehmende Ionen- s tg rke gerade so kompensieren , dab keine I - Iydra ta t ions/ /nderung resul t ier t .

Sowohl in Gegenwar t yon Kochsa lz als aueh yon Sulfosal ieyla t n i m m t hingegen die Wasse rbh ldung m i t s te igendem Fremdwasse rgeha l t bis zum angewende ten

1 KOLLER, t~.: Salz, I~auch, Fleiseh. Salzburg Berglandbuch 1941. 2 D~BY~, P., u. J. McAvr~AY: Physik. Z. 26, 22 (1925). 3 CALLOW, E. g . : The Scientific Basis of Curing 1929, 69.-- Zit. Anm. 1.

19a

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HSchstzusatz (140 %)1 linear zu (Abb. 9). Die durch beide Salze bedingte Hydra t a t i on des Muskels ist so stark, dal~ zugesetztes Wasser bei p . 6,4 fast vSllig gebunden wird. Dieser Hydra ta t ionseffekt ist so kr£ftig, da~ sich das durch Verdi innen bedingte Absinken der Ionensti~rke bis zum hSchsten Wasserzusatz n icht bemerkbar maeh t ~.

AWp 8O

~'0~/0 )I°" i

I I I

Abb. 8. Wir~ung stei~e~der NaCl-Konzentrc~tion aui die Hydratation des Mus~cels. Ohne Fremdwasserzusatz O .P~ ohne NaCl: 5,50, p~ bei # 3,4: 5,23. )/[it 60% Fremd- wasserzusatz I. p~ ohne NaCl: 5,50; p~ bei ~ 2,1:5,28

2OO

72o

/ l /

× ~ × i ------~×_____~×

;° I W~sserzvsalz

Abb. 9. Binflu]3 stei~enden F~'emdwasserzusatzes au] di~ Hydratation des Muslcels mit und ohne Salzzusatz. p,~ 6,4.

Ohne Salzzusatz x ; mit 3% NaC1 I ; mit 3% Na- Sulfosalicylat ©

Die K u r v e n fiir NaCI u n d das starker hydrat is ierend wirkende Sulfosalicylat fallen - - zuf~llig - - zusammen, da bei gleichprozentigem Zusatz (3 %) das erstere Salz eine hShere Ionenst~rke mi t sieh br ingt 3.

Mit steigendem Fremdwasserzusatz t r i t t sowohl in Gegenwart yon Salz als auch in salzfreien Muskelhomogenaten eine zwar geringe abet signifikante p~-ErhShung ein. Diesem Vorgang wird die gleiche Ursache zugrunde liegen, welche die von uns 4 gefundene, durch steigenden Wasserzusatz bedingte Verschiebung des I . P . yon Rindermuskel naeh der alkalisehen Seite h in bewirkt, nitmlieh die zunehmende Dissoziation basischer Gruppen.

5. Ein/lufi von Neutralsalzen au/ Struktur und Konsistenz von Muslcelhomogenaten Bei nahezu allen Versuchsreihen wurde die Probe mit dem jeweils h5ehsten Fremdw~sser-

zusatz bei 80- und 360faeher VergrSl~erung untersueht and photographiert. Wie diese Bilder, die hier aus raumliehen Griinden nicht n~her diskutiert werden kSnnen, zeigen, nimmt mit steigen- der Hydratation (Pre~versuch, Quellung) die Quellung der Faser zu, w~hrend die Querstreifung versehwindet und die Fibrillenstruktur immer mehr versehwimmt. Die Aufhebung der Quer- streifung bei l~ngerer Einwirkung yon Kochs~lz wurde aueh yon anderen Autoren beob~chtet 5. Die ErhShung der Zartheit des Rindermuskels bei Infusion mit NaC1G steht sieher mit einer derartigen, den Zus~mmenhalt der Fibrillen 15senden Wirkung in Zusammenhang.

1 Bei hShcrem Fremdwasserzusatz ist die PreBmethode nicht mehr exakt anwendbar. 2 DaB bei eincr dem Fremdwasserzusatz yon 140% entspreehenden Ionenst~rke yon # ~ 0,16

fiir NaC1 bzw. ~ ~ 0,12 fiir Sulfosalicylat bereits alles Wasser gebunden ist, h~ben such schon die oben er5rterten Versuche (Abb. 1 und 3) gezeigt.

Bei 60~o Fremdwasserzus~tz z. B. betragt # 0,32 fiir NaC1 u. # 0,25 fiir Na-Sulfosalieyl~t. 4 GRAY, R., R. HArM u. A. BARMAN,: Zit. S. 282, Anm. 5. 5 NALETOW, 72~., U. J. KASSffANENKO: Fleiseh-Ind. UdSSI~ ~2, Nr. 3, 30 (1951), ref. in Chem.

Zbl. 19~2, I, 458. 6 Sv~I, B. t~., u. H. W. Sen~LTZ: Food Technol. 10, ~r. 5, 20 (1956).

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Ober das WasserbindungsvermSgen des Saugetiermuskels. I I I 295

Die Konsistenz der Muskelhomogenate wurde lediglich subjektiv beurteilt. Es ergab sich dabei eindeutig, dal~ der Muskelbrei - - unabhiingig yon der Natur des zugesetzten Salzes - - um so z/~her und pastiger erscheint, je st/~rker Wasserbindung und Quellung sind. Bei starken Hydratationseffekten geht die fibrill/~re Konsistenz zugunsten der Bildung homogener Pasten verloren.

Allgemeine Bemerkungen zur Wirkung yon Neutralsalzen aui die Muskelhydratation

Die relativen Unterschiede in der Wirkung der verschiedenen Kationen und Anionen l~ssen sich, wie oben gezeigt wurde, auf Grund der elektrostatischen Theorie der Bin- dung yon Ionen und Wasserdipolen durch Eiwei[~ befriedigend deuten. Betrachtet man nicht nur die Wirkung der einzelnen Ionen, sondern die des ganzen Salzes (Kation + Anion), so ist die dehydratisierende Wirkung aller untersuchten Salze auf der saueren SeRe des I. P. (PH 3,5) erkl/irlich: In diesem p~-Bereich fiberwiegt, da nur noch relativ wenige dissoziierte Carboxylgruppen vorhanden sind, die Bindung der Anionen an das Protein diejenige der Kationen bei weitem. Diese Anionenbindung setzt die Nettoladung des Eiweil~es und damit auch die Wasserbindung herab. Weniger plausibel hingegen ist die hydratisierende Wirkung n~hezu aller untersuch- ten Salze auf der basischen Seite des I . P . W/~re hier, wie an sich zu erwarten, die Kationenbindung mal~gebend, so mfilRe ein Salzzusatz infolge der herabgesetzten Nettoladung die Wasserbindung erniedrigen. Da dies nicht der Fall ist, muB man annehmen, dab auch noch bei PH 6,4 weniger die Kationenbindung als vielmehr die Anionenbindung fiir das Hydratat ionsverhal ten des Muskels mai~gebend ist. Dal3 eine kr/iftige Anionen-Protein-Assoziation bei nur geringer Kationenbindung im basischen Bereich des I. P. zu einer tIydratationssteigerung ffihren kann, haben wir oben auf Grund elektrostatischer Vorstellungen zu deuten versucht. Man kommt somit zu dem Schlul~, dal~ im Fall der Natriumsalze die Bindung des Na + so schwach ist, dab auch bei Zusatz yon Chlorid und Bromid diese Anionen trotz ihrer nicht sehr hohen Bindungsfestigkeit ffir das Hydratat ionsverhalten des Muskels maBgebend sind und dal~ - - im Fall der Chloride - - selbst in Anwesenheit des relativ stark assoziierten Ca ++ die Chlorionbindung die Hydra ta t ion best immt (Zunahme der Wasserbindung des Muskels auf Zusatz yon CaCl~). SWIFT und ELLIS 1, die jfingst die Wirkung yon MgC12 und CaC12 auf salzhaltiges Rindfleisch untersuchten, sind er- staunt, dab die erstere Verbindung die Wasserbindung des Fleisches erhSht und be- trachten diese Tatsache als im Widerspruch zu unserer Vorstellung yon der dehy- tratisierenden Wirkung der im Muskel yon Haus aus enthaltenen Erdalkalien 2 stehend. Wie aus unseren Versuchen hervorgeht, ist ein solcher Widerspruch nicht gegeben, da die Hydrat~tionssteigerung auf Zusatz yon Erdaikalichloriden der Wirkung des Chlorions zugeschrieben werden mul l Beim Zn ++ hingegen ist die Kationenbindung so stark, dal~ sie bei p~ 6,4 als mal~gebender Effekt auftri t t (Ab- nahme der Wasserbindung auf Zusatz yon ZnC12). Eine eingehende Analyse dieser Verh/~ltnisse ist indessen nur durch das Studium der Beeinflussung des I. P. des Muskels durch Salze mSglich, das Gegenstand einer sp/~teren Mitteilung sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dub die Versehiebung des isoelek- trischen Punktes durch Neutralsalze nicht die Ursache, sondern die Fo]ge der hier behandelten elektrostatischen Ionenbindung ist.

Es dfirfte durch die Ergebnisse dieser Arbeit deutlich geworden sein, dal3 der isoelektrische Bereich des Muskels nicht geeignet ist, die relativen Unterschiede der

1 SWIFT, S. E., u. R. ELLIS: Zit. S. 287, Anm. 1. 2 HAMM, R.: Naturwiss. 42, 394 (1955); Fleischwirtsch. 8, 266, 340 (1956).

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Ionenwiz'kung und ihre Beziehung zur Ionenb indung zu s tudieren, da sich ger~de in diesem Bereieh die Umkehrung der Ioneneffekte vol lzieht und die Ionenb indung als Ganzes (Anion + K~tion) am I. P. ihren Minim~]wert bes i tz t 1.

Neben der A n n a h m e einer echten Bindung zugesetz ter Ionen wgre auch an Aus tauseh-Ef fek te zu denken. So wgre es mSglich, dal~ NaC1 auf der a lkal isehen Seite des I . P. dadureh die Muske lhyd ra t a t i on steigert , dal~ das dehydr~t i s ie rend wirkende Calcium des Muskels gegen N~ + ausge tauseh t wird. Wie wir dureh Be- hande ln yon Muske lhomogena ten ini t Ka t ionenaus t ausche rn gezeigt h~ben, kann ein soleher Aus tausch bei pa > 6 zu s t~rken Hydra t a t i onse f f e k t e n ffihren ~. I-IEIDE- ~AC~S ~ erklgr t die quel lungsste igernde W i r k u n g yon NaC1 auf Ca-Kol lagena t ini t einem solehen Austauseh . Auch das Fre ise tzen yon Ca++-Ionen aus ihrer Bindung an Froseh- muske l auf Zus~tz yon Alkal ieh lor id ~ spr icht fiir die MSglichkeit einer Aus tausch- R e a k t i o n be im Zusatz yon Alkal ieh lor iden zu Fleisch. Die hydra t i s i e rende W i r k u n g yon CaCI2 liiI~t sieh da ln i t al lerdings n ich t deuten. Ein Einflul3 yon Anionen der ~ e u - t rals~lze ~uf das Muskel-Calcium ist n ich t anzunehmen, da diese Calcium n ich t kom- p]ex zu b inden oder zu f~llen vermSgen 5. Eine Ausn~hme Inachen hier lediglieh F luor id und Sulfa t ; d~l~ diese Anionen die I - Iydrat~t ion auf der basischen Seite des I. P. e twas s ta rker erhShen, als es ihrer Stel lung in der Hofmeis tersehen Reihe entsprich~, beruht , wie oben sehon erw~hnt wurde, auf einer Beeinf lussung des Gewebe-Caleiums.

Man mul3 sich al lerdings darf iber im kl~ren sein, daI~ es wohl k a u m mSglieh sein dfirfte, die Salzwirkung einzig und al]ein ~uf Grund der e]ekt ros ta t i schen Bindung yon Ionen und Wasserd ipolen ~n die p o l a r e n Gruppen des Prote ins zu deuten, denn zweifellos spielen hier aueh ~ndere Einflfisse eine Rolle. Insbesondere im Hinb l iek au f die hydra t i s i e rende Wi rkung yon Iqeutra lsa lzen im ~]k~lischen Bereich des I. P. Inul~ man in Bet r~eht ziehen, daI3 der unspezifische Einf lu~ erh5hter Ionensti~rke zu t iefergreifenden S t ruk tur~nderungen , z . B . Kngue lung der P e p t i d k e t t e n un te r En t rop iezunah lne ffihren kann. I n dieser Hins ich t ve rd ien t die Annahlne , dal~ die W i r k u n g yon Salzen zum Tell au f einer Zers tSrung yon Wassers toff-Brf ickenbin- dungen s beruht , Beachtung. Schlie~lich w~re noch ~n einen Einf lu~ der S~lze auf die S t r u k t u r des W~ssers zu denken. Die du tch Assozia t ion yon Wassermolekt i len gegebene S t r u k t u r des Wassers k a n n dureh Salze wei tgehend aufgehoben werden: ; das Wasse r wird in seiner Dichte beeinflul~t s und k a n n daher le ichter in kolloide S t r u k t u r e n eindringen s.

Es is t bekann t , dal~ Salze bei Ionensti~rken > 1,0 # und p a - W e r t e n > 7,5 auch ohne Gegenwar t spezifiseher , ,Weichmacher" (Polyphosphate) Ac tomyos in in Aet in und L-Myosin zu spa l ten verlnSgen ~°. D~ bei unseren Versuchen derar t ige Bedingungen

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t)ber das Wasserbindungsverm6gen des S~ugelbiermuskels. III 297

nieht gegeben waren, ist nieht zu erwarten, dab die beobaehteten Hydratations- effekte mit einer Aetomyosindissoziation in Zusammenhang stehen. Die L6sliehkeit yon freiem L-Myosin hingegen wird dureh Salze im Bereieh der yon uns angeweudeten Ionenst/~rken und pH-Werte erhSht. Wit m6ehten jedoeh die Myosin-16sende Wirkung nieht als gesonderten Effekt betraehten. Wir glauben vielmehr, dab es sieh - - soweit es Neutralsalze anbetrifft - - bei solehen LSsungseffekten vorwiegend um eine dureh Steigerung der Ionenst/irke und/oder erhShtes Wasserangebot bedingte t~ortf/ihrung der hier erSrterten tIydratationswirkungen handelt.

Zusammen/assung Es wurde der EinfluB yon Neutralsalzen (Na-Halogenide, NaNO 3, Na2SO 4, Na-

Snlfosalieylat, Alkali- und Erdalkaliehloride, ZnC12) und yon Na-Salieylat auf Wasser- bindung und Quellung des zerMeinerten gindermuskels bei versehiedenen ps-Werten und Ionenstgrken untersueht. Die Untersehiede in der hydratisierenden Wirknng der Kationen einerseits und der Anionen andererseits entspreehen der Stellnng dieser Ionen in den lyotropen Reihen. Beim t3bergang yon der saueren zur alkalisehen Seite des Isoelektrisehen Punktes (I. P.) t r i t t eine Umkehrung der Ionenwirkung ein. Hinsiehtlieh der gydratat ionswirkung der SMze besteht zwisehen Wasserbindung und Quellung eine gute Korrelation.

Nit zunehmender Hydratat ion gehen - - unabh//ngig yon der Natur des Salzes - - Qnerstreifung und fibrill//re Konsistenz des Muskels zugunsten der Bildung homogener Pasten verloren.

Die Ionenbindung wurde auf Grund der dureh Salzzusatz bedingten l%-Verschie- bung der Muskelhomogenate ermittelt und der Hydratationseffekt der einzelnen Ionen mit der elektrostatisehen Bindung der Ionen und der Wasserdipole an die polaren Gruppen des Proteins gedeutet.

Auf der saueren Seite des I. P. (ps 3,5) ist noch eine deutliehe Kationenbindung, auf der alkMisehen Seite (bei p~ 6,4) noeh Anionenbindung festzustellen. Diese Bindung ist mehr der Weehselwirkung zwisehen Protein und dem betreffenden Ion als derjenigen zwisehen Ion und Gegenion des Salzes zuznsehreiben. Aus den Ver- suehen wird gefolgert, dal~ fiir die bei p~ 6,4 in allen nntersuchten F~llen - - mit Aus- nahme des ZnCls - - beobachtete Hydratationssteigerung nieht die Bindung des Kations, sondern die des Anions mal3gebend ist.

Es wurde ferner die Wirkung des steigenden Wasserzusatzes ohne Salzzusatz und in Gegenwart yon NaC1 bzw. Na-Sulfosalieylat sowie die Wirkung steigender NaC1- Konzentration auf die t tydratat ion des zerkleinerten Muskels untersueht und die Ergebnisse diskutiert.