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(Aus der Chemischen Abteilung des Pathologischen Institutes der Universit~ Berlin. - - Leiter: Prof. Dr. Hinsberg.) i)ber den Brenztraubens~uregehalt des Blutes bei Krebskranken % Von Hans W. $chmidt. (Eingegangen am 29. M~rz 1941.) Die Brenztraubensi~ure (BTS.) nimmt im intermedi~ren Stoffwechsel der Kohlehydrate eine zentrale Stellung ein. Sie bildet ein wichtiges Abbauprodukt des Glykogens 1. Die Weiterverarbeitung der Brenz- traubens~ure kann Wege gehen, die je nach Organismus oder Gewebs- art (Muskel, Nervengewebe) ganz verschieden verlaufen. Bei einer StSrung der Abbauvorg~nge kann es zu einer Anreicherung dieser Ss kommen. Eine solche wird nachgewiesen bei B1-Avitaminosen, was da- mit zusammenhi~ng~, daft die flit ~-Ketos~uren spezifische Decarboxy- lase als Coferment den Pyrophosphors~ureester des Vitamins B~ ent- h~l~. Bald zeigte sich, da~ nicht nur bei Vitamin B1-Mangel, sondern aueh bei Vitamin A-Mangel (v. Euler und HSgberg)~ eine Erh6hung des Brenztraubens~Lurespiegels im Blur stattfindet. Besondere Bedeutung kommt der Tatsache zu, dai~ es v. Euler und Mitarbeitern3 gelang, bei Ratten naeh Implantation von Jensen-Sarkom eine betr~chtliehe Erh6hung der Brenztraubens~urewerte im Blut naehzuweisen. Dieser Effekt war bereits 2 Tage nach der Einpflanzung weniger MJlligramm des Geschwulstgewebes vorhanden und wurde mit dem weiteren Wachstum des Tumors immer deutlicher. Eine Erkl~rung dieses Befundes kann bis heute noch nieht eindeutig gegeben werden. Naeh~v. Euler sind die Co-Carboxylasewerte im Blut von Jensen- Sarkpmratten nicht erniedrigt. Um eine B1-Hypovitaminose kann es sieh bei den Versuchstieren nicht handeln. Die StSrung mul~ also bei einem anderen Abbauweg der Brenztraubens~ure gesucht werden. Masa]ama und Mitarbeitera fanden dagegen den Gehalt an Co-Car- boxylase im Krebsgewebe der Leber vermindert. Aus Untersuehungen yon Schneider und Burger 5 geht hervor, dal~ bei Krebskranken neben einer Itypovitaminose A und C auch eine solche yon B 1 vorliegt. Es erhebt sieh nun die Frage, ob auch beim krebskr~nken Men- schen eine ~nderung des BTS.-Spiegels im Blur naehweisbar ist. Da naeh den Befunden von v. Euler die Erh6hung der BTS.-Werte f~st das Vieffaehe der Norm im Blut yon Sarkomratten gegeniiber dem bei * Die Arbeit wurde mit Unterstfitzung der DeutschenForscliungsgemeinscliaft ausgefiihrt.

Über den Brenztraubensäuregehalt des Blutes bei Krebskranken

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Page 1: Über den Brenztraubensäuregehalt des Blutes bei Krebskranken

(Aus der Chemischen Abteilung des Pathologischen Institutes der Universit~ Berlin. - - Leiter: Prof. Dr. Hinsberg.)

i)ber den Brenztraubens~uregehalt des Blutes bei Krebskranken %

Von Hans W. $chmidt.

(Eingegangen am 29. M~rz 1941.)

Die Brenztraubensi~ure (BTS.) nimmt im intermedi~ren Stoffwechsel der Kohlehydrate eine zentrale Stellung ein. Sie bildet ein wichtiges Abbauprodukt des Glykogens 1. Die Weiterverarbeitung der Brenz- traubens~ure kann Wege gehen, die je nach Organismus oder Gewebs- art (Muskel, Nervengewebe) ganz verschieden verlaufen. Bei einer StSrung der Abbauvorg~nge kann es zu einer Anreicherung dieser Ss kommen. Eine solche wird nachgewiesen bei B1-Avitaminosen, was da- mit zusammenhi~ng~, daft die flit ~-Ketos~uren spezifische Decarboxy- lase als Coferment den Pyrophosphors~ureester des Vitamins B~ ent- h~l~. Bald zeigte sich, da~ nicht nur bei Vitamin B1-Mangel, sondern aueh bei Vitamin A-Mangel (v. Euler und HSgberg)~ eine Erh6hung des Brenztraubens~Lurespiegels im Blur stattfindet.

Besondere Bedeutung kommt der Tatsache zu, dai~ es v. Euler und Mitarbeitern 3 gelang, bei Ratten naeh Implantation von Jensen-Sarkom eine betr~chtliehe Erh6hung der Brenztraubens~urewerte im Blut naehzuweisen. Dieser Effekt war bereits 2 Tage nach der Einpflanzung weniger MJlligramm des Geschwulstgewebes vorhanden und wurde mit dem weiteren Wachstum des Tumors immer deutlicher. Eine Erkl~rung dieses Befundes kann bis heute noch nieht eindeutig gegeben werden. Naeh~v. Euler sind die Co-Carboxylasewerte im Blut von Jensen- Sarkpmratten nicht erniedrigt. Um eine B1-Hypovitaminose kann es sieh bei den Versuchstieren nicht handeln. Die StSrung mul~ also bei einem anderen Abbauweg der Brenztraubens~ure gesucht werden. Masa]ama und Mitarbeiter a fanden dagegen den Gehalt an Co-Car- boxylase im Krebsgewebe der Leber vermindert. Aus Untersuehungen yon Schneider und Burger 5 geht hervor, dal~ bei Krebskranken neben einer Itypovitaminose A und C auch eine solche yon B 1 vorliegt.

Es erhebt sieh nun die Frage, ob auch beim krebskr~nken Men- schen eine ~nderung des BTS.-Spiegels im Blur naehweisbar ist. Da naeh den Befunden von v. Euler die Erh6hung der BTS.-Werte f~st das Vieffaehe der Norm im Blut yon Sarkomratten gegeniiber dem bei

* Die Arbeit wurde mit Unterstfitzung der Deutschen Forscliungsgemeinscliaft ausgefiihrt.

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350 H . W . Sehraidt:

gesunden Tieren be~r~gt, kSnn te auch be im Menschen, der an K r e b s e r k r a n k t ist , e in Ans t ieg e rw~r te t werden. Viel le icht b e t sich mig der Fests~el lung des BTS. -Spiege ls im B lu t eine MSglichkeR di~gnos~i- scher Auswergung. I n dieser Arbe i t wurden eine Anzah l Versuche in dieser R i c h t u n g un~ernommen.

Zur Methodik der B TS . -B e s t i mmung im Blur.

Zur Bestimmung der Brenztraubensgure in physiologisehen FlfissigkeRen oder in Gewebsextrakten sind eine ganze Anzahl Methoden angegeben worden. Kritisehe Darlegungen ~lterer Verfahren finden sieh bei Simon und Ne~berg 6, Jong und Picard ~, sowie Lu s. Diese hlteren Methoden entsprachen nieht den Anforderungen. Sie waren, soweit sie ~uf der bisulfitbindenden Eigensehaft der Ketos~uren be- ruhten (Jong und P icard) zu unspezifisch oder sehr schwierig durchzufiihren (Methode yon Case 9) oder gestatteten nicht die Bestimmung kleinster BIengen, wie sie ira Blur vorkommen. Dieser letztere N[angel baiter auch der Methode yon Fromageot nnd Desnuelle TM an, die ~uf der quantitativen Oxydation der BTS. zu Essigsaure dureh Cerionen in saurer LSsung beruht.

Von Sfraub n wurde 1936 ein neues Verfahren zur Bestimmung der BTS. im Muskelextr~kt angegeben. Es beruht d~r~uf, da~ BTS. in stark alkaliseher L6sung mit Salieylaldehyd ein gefs Kondens~tionsprodukt ergibt, das eolorimetriseh gemessen werden kann. Die Einfaehheit der Methode reizte, da wir die Bestim- mungen fiir k]inisehe Reihenversuehe durehzuffihren beabsichtigten, dieselbe fiir Blur ~nzuwenden. Merkwiirdigerweise enth~lt die Mitteflung Straubs keinerlei Hinweis auf die Unspezifit~t der N[ethode, eine Tatsaehe, auf die ~ueh sehon Krusiu~ ~2 ~ufmerksam maehte. Es ist bekanut, dab die Reaktion unspezifiseh ist (Braunsteln 1~) und eine gro{3e Anzahl yon Carbonylverbindungen wie Aceton, Aeetaldehyd, Di~thylketon, Propionaldehyd usw., ebenfalls positive Reaktion zeigen (Thomsont~). Insbesondere verl~uft sie ffir Aceton wesentlieh empfind- l~eher als fiir Brenztraubens~ure. Ich unterzog auBer diesen eine weitere Anzahl yon Stoffen einer dahingehenden Priifung, nnd zw~r neben Essigs~ure, Ameisen- s~ure, Milehs~ure, Alanin, Glycerin usw. aubh Traubenzueker und konnte in wiederholten Versuehen die Tatsache festste]len, daI3 dieser letztere in reinen LSsungen yon physiologiseher Konzentration (!00 rag%) eine nieht unerhebliehe F~rbreaktion mit Salieylaldehyd ergibt und somit die BTS.-Bestimmung stSrt. Bemiihungen, diese stSrenden Faktoren auszusehalten, sehlugen fehl, Es zeigte sieh, dab dureh Kohlehydratf~llung nach der Kupfer-Ka]kmethode ein groBer, stegs wechselnder und somit unbekannter Tefl eingewogener BTS.-Mengen mit- gerissen wird. Aus diesem Grunde wurden vSllig unbrauehbare Werte erzielt. Eine vor kurzem ersehienene Arbeit yon Huscdk 15 weist ebenfa]]s auf die Tatsaehe bin, dub die Saliey!aldehydmethode in Gegenw~rt yon Zucker nieht anwbndbar ist. Er h~lt jedoch, im Gegensatz zu meinen Ergebnissen, das Verfahren zur BTS.-Bestimmung naeh Entzuckerung flit empfeMenswert. Nach meinen Er- fuhrungen seheint jedoeh die N[ethode yon Straub ffir die BTS.-Bestimmung im Blur nicht geeignet.

Eine sehr brauchbare eolorimetrische Bestimmungsmethode wurde 1939 yon Lu s ~ngegeben. Sie beruht auf folgendem Prinzip: Das 2-4-Dini~rophenylhydrazon der BTS. wird mig _~hylaeeta~ aus seiner wKsserigen LOsung ausgesehiittel~ und schlieBlieh mit SodalSsung BUS dem Gemisch mit Hydrazonen anderer Ketos~uren extrahiert. In Natronlauge ist es mit rftlicher Farbe 15slich, deren Intensit~t dem Lambert-Beerschen Gesetz gehorcht und colorimetrisch gemessen werden k~nn. - - Das Veffahren ist flit kleinste Brenztr~ubens~uremengen, wie sie ira:glut

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Uber den Brenztraubensauregehalt des Blutes bei Krebskranken. 351

vorkommen, ausreiehend empfindlich. Beziiglich der Spezifits der Methode sei ~uf die Kritik yon Lu selbst sowie yon v. Euler und M. 16 verwiesen: a-Ketoss die ebenfalls die Farbe geben, treten im Blur gegeniiber der BTS. zuriiek und st6ren nicht merklieh. - - Fornaroli n tr i t t ebenfalls ffir die Brauchbarkeit der Methode ein.

An Stelle der urspriinglichen photoelektrischen Ablesung wurde yon mir die F~rbintensit~t im Polaphot gemessen. Diese Abanderung hat sich mh" gut be- w~hrt. Die Angabe La's, dal~ die entstehende F~rbe in reinen Hydrazonl6sungen yon der 10. Minute his 90 Minuten v611ig stabil sei, bests sich in wiederholten Versuchen bei BTS.-Einwa~gen nicht. Vielmehr las t die Farbintensitat in den ersten 15 Minuten etwas raseher und in den weiteren 11/2 Stunden ganz allmi~hlich naeh. Ieh hielt es daher fiir nOtig, zu einem genau festgelegten Zeitpunkt ab- zulesen.

Um jede etw~ige Abweiehung der Technik yon der urspriinglieh angegebenen �9 festzulegen, sei die Durchfiihrung der Reaktion noehmal aufgeffihrt:

Genau 0,2 ccm Blur, aus der kurz gestauten Vene mittels Spritze entnommen, werden ]nit I-Iilfe einer Mikropipette sofort in ein kleines Zentrifugeng]as gegeben. Die Mikropipette wh'd mit 0,5 corn Aqua dest. naehgewaschen. Das dureh den Zusatz des Waschwassers und Sehiitteln hi~molysierte Blur wird, wahrend die Glaschen in Eis gekiihlt sind, mit 20proz. Triehloressigs~ure versetzt. Naeh dem Abzentrifugieren des gef~llten Eiweil~ quantitative Oberffihrung der kl~ren Fliissig- keit in ein eisgekiihltes Reagensglas. N~chw~schung des Niederschlags mit 1 ecru 5proz. Trichloressigs~ure. Zentrifugieren und Vereinigung der Auszfige. I-Iierzu 1 eem 0,1proz. 2-4-DinitrophenylhydrazinlSsung in 2n-tiC1. Stehenlassen der Mischung bei 18 ~ (TemperaturkontroUe! evtl. Wasserb~d!). Sod~nn stufenweise Extr~ktion mit Xthylacetat und sehlieBlieh mit SodalSsung, wie yon Lu angegeben. Genau 10 Minuten naeh der Misehung des quantitativ in 4 corn n-NaOtt fiber- gefiihrten Sodaauszuges wird im Yolapho.t (Zeiss) bei Schiehtdieke 20 mm und Filter S 47 gegen Aqua dest. abgelesen und die Ex~inktion bestimmt. Die Ex- tinktionswerte zweier Leerproben, die start mit 0,2 eem Blur mit 0,2 ecru Wasser angesetzt werden und das ganze Extraktionsveffahren gleichzeitig mitdurchlaufen, werden aut gleiehe Weise bestimmt und deren Mittelwert vom ttauptwert ab- gezogen. Aus einer Eiehkurve mit Einwaagen reiner, friseh destiUierter Brenz- traubensgure hergestellt, k6nnen die erhaltenen BTS.-Werte direkt abgelesen werden. Zur Aufstellung dieser Eiehkurve kamen eine grol]e Anzahl dieser ]3e- stimmungen zur DureMfihrung.

Sgmtliche Bestimmungen einsehlieglieh Extraktion wurden in Kontroll- ansgtzen durehgefiihrt und im allgemeinen gute Obereinstimmung erzielt.

Kt in i sche Versuche.

Die K o n z e n t r a t i o n an Brenztraubensi~ure wi rd yon Lu is fiir ge- sunde Mensehen zwisehen 4 und 7,5 ~ pro K u b i k z e n t i m e t e r Blur an- gegeben. Bei ehronischen E r k r a n k u n g e n l a n d sie im Mi t t e l 9,3 ~ p ro Kub ikzen t ime te r , bei a k u t e n E r k r a n k u n g e n W e r t e zwisehen l 0 und 57 ~,, im Mi t t e l 27,2 7 . Nach v. Euler8 Unte r suchungen be t r~g t der BTS. - Spiegel bei Gesunden 1 0 - - 1 4 y im K u b i k z e n t i m e t e r . Bei e inigen I - Ierzerkrankungen im dekompens i e r t en S t a d i u m I a n d e r me i s t hShere Wer te , wi~hrend Diabe t ike r e inen n iedr igen Spiegel aufwiesen.

Neben der Abh~ngigke i t des BTS. -Geha l t e s im Blu t yon der Nah- rungsaufnahme, insbesondere der Vi taminzufuhr , be s t eh t aueh eine

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352 H.W. Schmidt:

solche yon tier KSrpertemperatur sowie yon Muskelarbeit. Bei Fieber steigen die BTS.-Werte an, ebenso bei Arbeitsleistung (Lu). Diese Tatsache finder ihre. Erkli~rung wohl teilweise darin, dal~ unter beiden Bedingungen die intermediiiren Ums~tze steigen, da~ mehr Glykogen abgebaut wird und infolgedessen auch der Gehalt des Blutes an Abbau- produkten desselben, in diesem Fall der Brenztraubens~ure ansteigt.

Um ftir unsere Frage einigermal]en vergleichbare Werte zu bekom. men, waren daher folgende Bedingungen zu erffillen:

1: Die zu untersuchenden Kranken durften keine Temperatur- steigerung aufweisen.

2. Die Kranken mul]ten 12 Stunden niichtern sein, die Blutentnahme erfolgte zweckmi~Sigerweise frfih morgens.

3. Die Kranken mul]ten 12 Stunden Bettruhe eingehalten haben. Sie dufften sich vor der Blutentnahme weder waschen noch anziehen, noch sich sonst irgendwie bewegen.

Mit anderen Worten es wurde unter Bedingungen untersucht, wie sie ffir eine Grundumsatzbestimmung vorausgesetzt werden. Um exakteste Analysen zu ermSglichen, wurden pro Tag nicht mehr als 2 Doppelbestimmungen durchgeffihrt.

Ich habe reich nun zun~chst vergewissert, ob bei Einhaltung obiger Bedingungen bei ein und demselben Menschen einigermal~en konstante

Wcrte an verschiedenen Tagen gefun- Tabelle 1. BTS.-Ruhenfichtern- wert an verschiedenenTagen.

Tag ] BTS. i r /ccm

a) Patient A.: Dekompensierter H ypertonus.

15. I. 12,2 16. I. 16,8 17. L 16,5 18. I. 15,4 20. L 16,0 21. I. I 16,0

b) Patient St.: Prostata.Ca. 29. I. 1 10,0 10,6 30. I. 10,8 10,5 31. I. 12,6 I 10,4

13,2 16,5 16,1 15,0 15,1 15,1

den werden. In Tab. 1 sind einige Bei- spiele angefiihrt.

Wenn gewisse Schwankungen zu er- warren sind und auch bestehen, so er- geben sich doch bei Untersuchungen in einem kiirzeren Zeitabstand Werte, die in einer bestimmten Bereichsh6he ]iegen.

Es wurde auf beschriebene Weise der Brenztraubens~turespiegel im Blut bei bisher 52 Kranken untersucht. Unter diesen befanclen sich 20 Krebskranke, deren Diagnose klinisch, zum Teil histo~ logisch, zum Tell autoptisch oder durch Operation gesichert war. Als Vergleichs- f~lle priifte ich eine Anzahl willkfir-

lich herausgegriffener fieberffeier Kranker aus der Inneren Klinik so- wie einige vSllig Gesunde. M_it Absicht stellte ich eine grSl3ere Gruppe gutartiger Prozesse solcher bSsartiger Natur der gleichen Organlokali- sation gegenfiber.

Betrachten wir die Ergebnisse der Kontrollf~lle zuerst. 3 Gesunde wiesen einen Nfichternbrenztraubens~urewert im Blur yon ebwa 5 bis

Page 5: Über den Brenztraubensäuregehalt des Blutes bei Krebskranken

Uber den Brenztraubensiiuregehalt des Blutes bei Krebskranken. 3 5 3

6 y /ec ru auf . E i n e t w a s h 6 h e r e r W e r t ( 6 - - 1 0 y /ec ru) f a n d s i eh b e i M e n -

s c h e n m i t l e i e h t e r e n E r k r a n k u n g e n . H i e r r e i h e n s i eh b e s o n d e r s M e n s e h e n

m i t l e i e h t e r G a s t r i t i s i n g u t e m A l l g e m e i n z u s t a n d e in . A u c h d iese

W e r t e s i n d n o e h a ls n o r m a l z u b e t r a e h t e n . E i n e n B T S . - S p i e g e l f iber

10 y / e c m m 6 e h t e i eh b e r e i t s a l s m g g i g e r h S h t a n s e h e n , w g h r e n d e in

s o l c h e r f iber 14 y / e c m uls s t a r k e r h 6 h t zu g e l t e n h a t . N s A n s t i e g

i n R u h e n f i e h t e r n w e r t o f f e n b a r t e n e in ige Fi~lle m i t e h r o n i s e h e n e n t -

z f i n d l i e h e n E r k r a n k u n g e n de s M a g e n - D a r m k a n a l s , i n s b e s o n d e r e a b e r

so lehe m i t H e r z e r k r a n k u n g . Die h 6 c h s t e n W e r t e l a n d i eh be i K r a n k e n

m i t L e b e r s e h ~ i d i g u n g , sei es g e n u i n e r A r t , sei es a u f d e r B a s i s e ines H e r z -

l e idens . D ie Z a h l d e r B e o b a e h t n n g e n i s t n o e h zu k l e i n , u m in d i e se r

R i e h t u n g b i n d e n d e Seh l t i s se z i e h e n zu k 6 n n e n .

Tabelle 2. K o n t r o l l f M l e .

BTS. ~/cem Nr. Name Diagnose Mittel

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 3O 31 32

Zeitsehrift ffir

Seh. Hi. Ko. Wi. Sehu. Be. Gu. Kr. Ft. ]3r. Mti. Sehu. Kro. Jii. Po. He. LS. Ma. Xeu. Wa. t~o. Wie. Sehfi. Pu. Ad. Be.

Dru. Ha. No. Gru.

Sto. Zu.

Gesund . . . . . . . . . . . . Gesund . . . . . . . . . . . . Gesund . . . . . . . . . . . . Gastritis . . . . . . . . . . . . . Gastritis . . . . . . . . . . . Gastritis . . . . . . . . . . . Gastritis . . . . . . . . . . . Gastritis . . . . . . . . . . . Ulcus ventriculi . . . . . . . . Uleus ventricuti . . . . . . . . Uleus ventrieuli . . . . . . . . . Uleus duodeni . . . . . . . . Uleus duodeni . . . . . . . . Ulcus duodeni . . . . . . . . Ulcus duodeni . . . . . . . . Jejunum-Colonfistel . . . . . . Cholelithiasis . . . . . . . . . Lebereirrhose . . . . . . . . . Lebereirrhose . . . . . . . . . Lebercirrhose . . . . . . . . . Pleuritis exsud . . . . . . . . . Polyarthri t is . . . . . . . . . Angina pect . . . . . . . . . . Coronarinsuffizienz . . . . . . . Hypertonie dekomp . . . . . . . Herzinsuffizienz . . . . . . . . Lymphat isehe Leuk~mie . . . . Lymphogranulomatose . . . . . Morbus Basedow . . . . . . . Diabetes mellitus . . . . . . . Mycosis fungoides . . . . . . . 0 t i t i s media chron . . . . . . .

Krebsforschung. 51. Bd.

5,5 5,2 5,9 8,9 5,8

12,4 7,5 8,6 8,2 6,8 6,8 8,8

12,6 11,5

5,9 7,5

10,6 20,1 13,7 15,6 10,0

8,9 12,2

9,7 16,3 10,4 10,8

6,3 12,6 11,3 23,1 13,7

24

Page 6: Über den Brenztraubensäuregehalt des Blutes bei Krebskranken

354 H .W. Sehmidt:

Von Krebskranken kamen nur unbestrahlte F~lle zur Untersuchung,

sowie solche, bei denen augenblicklieh ein manifester Tumor nachweis-

bar war. Die Ergebnisse yon 20 DOploelbestimmungen finden sich in

T~b. 3 zusammengestell t . Es f~llt sofort auf, d~B gegeniiber der Ver- gleichsgruppe in Tab. 2 lcein pfinzipieller Unterschied besteht, g u n d die I-l~lfte der gepriiften Fs ]assen Brenzt raubensaurewer te un t e r 10 y /ccm erkennen. Hierunter fallen zum Tell Kranke , bei denen die Geschwulst bereits eine betrachtl iche Ausdehnung angenommen ha t te

Tabelle 3. Careinomf/~lle. I

Mr. Name

1 L o .

2 Lig.

3 1%i.

4 J~.

5 Ke.

6 We.

7 Lin.

8 T6.

9. H6.

10 Gin.

11 M a .

12 Scho.

13 An.

Diagnose BTS. r/ecru

28,5

111,8

SpeiserShren-Ca.

Magen-Ca.

Magen-Ca.

Magen-Ca.

Magen-Ca.

Magen-Ca.

Magen-Ca.

Maven-Ca.

Magen-C~.

M~gen-Ca.

Mastdarm-Ca.

Mastdarm-Ca.

5famma-C~.

a b 3~

9,4 11,2 10,3

6 7,2 6,6

7,1 6,3 6,7

16 16 16

9,2 9,2 9,2

13,3 12,8 13,0

7 8,4 7,7

12~0 10,6 11,3

8,4 6,4 7,4

12,6 12,6 12,6

13 112 12,5

128,5 28,4

11 11,4

Kurze Beschreibung der Erkrankung Sieherung der Diagnose

R6ntgen, Oesophago~ skopie

Operation

Probelaparo- tomie

Stenosierender Tumor in Oesopha- gusmitte. Sehr mifftiger Allge- meinzustand

Palpabler Tumor. Ausgedehnt oberes Magench'ittel

Groges Vorderwand-Ca. Netz-, L6bermetastasen. SchlechterAll- gemeinzustand

Kinderfaustgrol~er Tumor an grol3er Kurvatur. Guter Allgemeinzu- stand

i Groger yon Kardi~ ausgehender Tumor. Netzmetastasen. Mitt- lerer Allgemeinzustand

Kardian~h, zirkul~r, an Meiner Kurwtur fortsehreitend, Leber- metast~sen, miil3iger Allgemein- zust~nd

Medull~rer Tumor vonKardia, bis in Corpus reichend. Schlechter All- gemeinzustand

Ausgedehnter Antrumtumor, blu- R6ntgen tend. Sehr schlechter Altgemein- zust~nd

Ausgedehnter 3Iagentumor. R6ntgea Sehleehter Allgemeinzustand

Vor 9 Monaten Resektion des Ma- ~ R6ntgen gens. Dieser symptomffei. Je tz t Wirbelmetastasen

Inoperabler Tmnor auf Blase fiber- greifend. Anus praeter. Leid- licher Allgemeinzustand

Ausgedehnte Metastasen in Leber, Sektion I Lunge, Gehirn, Kaehexie i Status p. amputationem. Jetzt Operation

Driisenmetastasen. M~iger All- gemeinzustand

l%esektion

Probel~paro- tomie

Probelaparo- tomie

Probelaparo- tomie

I Operation

Page 7: Über den Brenztraubensäuregehalt des Blutes bei Krebskranken

~)ber den Brenztraubensauregehalt des Blutes bei Krebskranken. 355

Tabelle 3 (Fortsetzung).

Nr. Name

14 ISLe.

15 Mei.

16 Pri.

17 Gie.

18 Gu.

19 Gii.

20 Schn.

Diagnose

Prostata-Ca.

!Gallenblasen-Ca.

Luftr6hren-Ca.

Lungen-Ca.

Portio-Ca.

Sarkom

Magen-Ca.

BTS. 7/ccm

a b M

10,8 10,5 10,6

24,2 i24 24,1

7,6 7,4 7,5

8,0 7,0 7,5

9 10,4 9,7

9 9,8 9,4

13,4 11,4 12,4

Kurze Beschreibung der Erkmnkung Sicherung der Diagnose

I

Gro~er inop. Tumor, Blase infil-IExcision trierend. Kachexie I

I

I

Ausgedehnter Tumor. Leber- und iSektion Bauehfellmetastasen. Kaehexie }

Guter Allgemeinzustand. Keine IR6ntgen naehweisbaren Metastasen ]

Magiger Allgemeinzustand. /Probeexcision Lymphdrtisenmetastasen. Pleu- ! Sektion raerguB ]

Ausgedehnter Blumenkohltumor, 'Probeexcision in Parametrien infiltr. Guter Allgemeinzustand

GroBes Weiehteflsarkom am Ober-ISektion . !

sehenke]. Kachexie An- Operation Sehtisself6rmiger Tumor im

trumteil

und Geschwulstsiechtum angedeutet, also der Gesamtorganismus dureh den wachsenden Tumor schon st/~rker in Mitleidenschaft ge- zogen war. 2 F/ille mit ausgesprochener Kachexie bei ausgedehnter Metastasierung des Prim/s wiesen allerdings stark erhShte Brenztraubens/s auf, und zwar 24,i bzw: 28,5 y/ecru. Bemer- kenswerterweise fand sich bei beiden wiederum eine Beteiligung der Leber im Sinne v611iger Durchsetzung derselben mit Metastasen. Bei einem Kranken mit Weichteilsarkom am Oberschenkel im Endstadium ausgepr/igten Geschwulstsiechtums wurden fast normale Werte (bei zweimaliger Kontrolle) gefunden.

Interessant ist eine Gegeniiberstellung gutartiger und b5sartiger Er- krankungen desselben Organs. Vergleichen wir das Magencarcinom mit benignen Magenkrankheiten, also vorwiegend Ulcera, so erkennen wir, dab kein hervorstechender Unterschied in bezug auf den Brenz- traubens/~uregehalt des Blutes beider Gruppen besteht. Errechne ich, soweit bei der relativ kleinen Zahl gestattet, den Durchschnitt aus 10 Magencarcinomkranken und 9 IJlcus- bzw. Gastritiskranken, so erhalte ich fiir erstere fund 10 y/ccm und ffir letztere im Mittel 9 y/ccm, somit fast den gleichen Weft.

Aus dieser kleinen Reihe yon Bestimmungen des Brenztrauben- ss im Blur unter konstanten Bedingungen hat sich somit er- geben, dab Carcinomkranke in nahezu der I-I/~]fte der F/ille fast normale Werte aufweisen, auch dann, wenn der Tumor bereits grSBere AusmaBe angenommen hat und mit Sicherheit eine Beeinflussung der Stoff-

24*

Page 8: Über den Brenztraubensäuregehalt des Blutes bei Krebskranken

356 H.W. Schmidt:

wechselvorg~nge des Gesamtorg~nismus vorliegt. Fi~lle mit ausge- prs Kachexie bei Metastasierung zeigten meist deutlichen Brenz- traubensi~ureanstieg. Eine Parallelits zu den Befunden von v. Euler

beim J e n s e n - S ~ r k o m yon l%atten konnte nicht mit Sicherheit gefunden werden. Es ist mSglich, d~i~ das auffullende V erhalten bei Jensen-

Surkom mit der Tatsache zus~mmenh~ngt, d ~ es sich um I m p / t u m o r e n

handelt. Es kommt n~ch der Implantation des Gews zu einem mehr oder wcniger schlag~rtigen Eingreifen der Geschwulst yon aul~en in Stoffwechselvorgs eines vorher vSllig gesunden und normalen Org~nismus. Dieser Einbruch bewirkt eine Alteration dieser Stoff- wechsel~bI~ufe und somit kommt es z. B. zum Anstieg der BTS.-Werte im Blur. Fiir die Berechtigung zur Ann~hme dieses besonderen Ver- h~ltens beim J e n s e n - S ~ r k o m spricht bes0nders der Befund, d~l~ der Effekt der BTS.-Anreicherung im Blut bereits 2 T~ge n~ch der Ein- impfung eintritt. Im Gegens~tz hierzu weisen menschlichc Gcschwiilste ~ls mehr ,,organisch" und l~ngs~m entstandene Gews diese Er- scheinung in bezug auf die Brenztr~ubenss im Blur nicht eindeutig auf. - - Eine diagnostische Bedeutung ffir die Erkennung der Krebs- kr~nkheit glaube ich der BTS.-Bestimmung im Blur bisher nicht bei- messen zu kSnnen.

Zusammen /as sung .

1. Es wird zur Method ik der Brenztraubensi~urebestimmung nach Straub (S~licylaldehydmethode) sowie nuch L u (2-4-Dinitrophenyl- hydrazonmethode) Stellung genommen. Die erstere Methode eignet sich nicht fiir die BTS.-Bestimmung im Blur.

2. Es werden Brenztraubens/iurebestimmungen im Blut im t~uhe- nfichternzustand bei Carcinomkr~nken sowie Menschen mit inneren Erkrankungen vergleichsweise durchgeffihrt.

3. Die Werte, die bei Carcinomkranken gefunden werden, heben sich nicht in spezifischer Weise hcraus, wenn auch in fortgeschrittenen St~dien des Geschwulstsiechtums hOherer Anstieg des Brenztrauben- s/~urespiegels im Blur zu verzeichnen ist.

4. Eine spezifisch-diagnostische Bedeutung kommt der Brenz- traubens/iurebestimmung im Blur fiir die Friiherkennung des Krebses nicht zu. Die Befunde yon v. Euler bei der Sarkomratte sind nicht auf die menschliche Pathologie des Carcinoms zu fibertragen.

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Page 9: Über den Brenztraubensäuregehalt des Blutes bei Krebskranken

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