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110 Rose: Ueher Borizit. Man stosst also bei der Erklarung der Krystallformen der Feldspathreihe auf noch grdssere Schwierigkeiten, als bei der Erklarung der chemischen Zusammensetzung, wo wenigstens die Substitution 'gleichartiger Basen ein Mittel bietet, die Moglichkeit der Richtigkeit der von Herrn Prof. S a r t o r i us aufgestellten Hypothese xu beweisen, so dass, wenn auch durch Herrn Prof. .Sartor ius die bei vielen Verbindungen auftretenden irrationalen Werthe des Kiesel- saure-Atoms erklart werden, obgleich in seinem einen Endglied, Krablit, dieses Atom (1 : 3 : 22,7) gleichfnlls irrational ist, doch die einfachen Grunde, die in chemischer und lrrystallographischer Hinsicht gegen diese Theorie sprechen , eine allgemeine Annahme derselben hochst zweifelhaft machen. XV. Ueber den dichten Borazit von Slasfurt. Von 0. Rose. (Ber. d. Berk Akad.) Im Jahre 1846 wurden aus dem Bohrloche von Stas- furt*), a19 man in einer Tiefe von 797 Fuss zu einem schon sehr mit Steinsalz gemengten Anhydrit, der das Liegende eines 147 Fuss machtigen, festen, steinsalzfreien Anhydrits bildete, gekomrnen war, grossere und kleinere Stiicke einer Substanz herausgezogen, die im Ganzen Aehnlichkeit mit einem weissen dichten Kalkstein hatte, aber yon K a r s t e n fur wasserfreie borsaure Tallcerde er- kannt wurde. Nach der Analyse, die er in der Sitzung yom 7. Januar 1847 der Akademie rnittheilte**), enthielt dieselbe : *) Stasfurt liegt 3n der Bode,.5 Meilen siidlich von Magdeburg. **) MonatAber. d. Akad. Y. 1S47, S. 19.

Ueber den dichten Borazit von Stasfurt

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110 R o s e : U e h e r B o r i z i t .

Man stosst also bei der Erklarung der Krystallformen der Feldspathreihe auf noch grdssere Schwierigkeiten, als bei der Erklarung der chemischen Zusammensetzung, wo wenigstens die Substitution 'gleichartiger Basen ein Mittel bietet, die Moglichkeit der Richtigkeit der von Herrn Prof. S a r t o r i u s aufgestellten Hypothese xu beweisen, so dass, wenn auch durch Herrn Prof. . S a r t o r i u s die bei vielen Verbindungen auftretenden irrationalen Werthe des Kiesel- saure-Atoms erklart werden, obgleich in seinem einen Endglied, Krablit, dieses Atom (1 : 3 : 22,7) gleichfnlls irrational ist, doch die einfachen Grunde, die in chemischer und lrrystallographischer Hinsicht gegen diese Theorie sprechen , eine allgemeine Annahme derselben hochst zweifelhaft machen.

XV. Ueber den dichten Borazit von Slasfurt.

Von

0. Rose.

(Ber. d. Berk Akad.)

Im Jahre 1846 wurden aus dem Bohrloche von Stas- furt*), a19 man in einer Tiefe von 797 Fuss zu einem schon sehr mit Steinsalz gemengten Anhydrit, der das Liegende eines 147 Fuss machtigen, festen, steinsalzfreien Anhydrits bildete, gekomrnen war, grossere und kleinere Stiicke einer Substanz herausgezogen, die im Ganzen Aehnlichkeit mit einem weissen dichten Kalkstein hatte, aber yon K a r s t e n fur wasserfreie borsaure Tallcerde er- kannt wurde. Nach der Analyse, die er in der Sitzung yom 7. Januar 1847 der Akademie rnittheilte**), enthielt dieselbe :

*) Stasfurt liegt 3n der Bode, .5 Meilen siidlich von Magdeburg. **) MonatAber. d. Akad. Y. 1S47, S. 19.

R o s e : U e b e r B o r a z i t . 111

Tdkerde %,48 Borsaure 6 ' 3 9 Kohlens. Eisenorydul mit Spuren Y. kohlens.

Manganoxydul und von Eisenoxydhydrat 1.03 100,oo

X. a r s t e n fand ferner ihr spec. Gewicht zu 2,9134 und ihre Harte zwischen 4 und 5. In verdunnter Salz-, Sal- peter- und Schwefelsaure losie sie sich leicht, und in con- centrirter Flusssaure ohne aUe Entwickelung von Wiirme auf.

Der krystallisirte Borazit von Luneburg, wenii man annimmt, dass e r eine Verbindung yon 3 Atomen T d k - erde und 4 Atornen Borsiiure (k'gJB4) ist, besteht aus:

Talkerde 30,71i Borsliure W,20

e r hat nach R a r n m e l s b e r g ein spec. Gewicht 2,955. Diese Zahlen weichen so wenig \-on den von K a r s t e n gefundenen ab, dass letzterer hierdurch sich bemogen fand, das Mineral yon Stasfurt auch fur Borazit und also fur eine dichte Abanderung desselben zu halten.

Spater fand Prof K a r s t e n (der Sohn)*), dass wenn man fein zerriebene Theilchen des Minerals yon Stasfurt s u f einer Metallplatte uber der Spirituslampe erwkmt, sich allerhand Bewegungen bernerklich machen , die Tlieilchen sich von einander schieben und zusammen- ballen, sich anziehen und abstossen, und sich vollig auf dieselbe Weise wie gepulverte Bornzitkrystalle verhalten ; er sah daher darin noch einen Grund rnehr, das Minerai von Stasfurt fur Borazit zu halten. Dafur erkliirt sic11 endlich auch V o l g e r in seiner neuern Schrift uber deli Borazit'"), indem er noch die Schwierigkeit, die fur dic Identitatsannahme des Stasfurter Minerals rnit dern Borazi t in der bei weiteni leichtern Auflosliclikeit des erstern in Chlormasserstoffsaure liegen konnte , durch die Antiuhme zu heben sucht, dass sie durch die grosse Feinheit seiner krystallinischen Theilchen heworgebracht sei. Die Meinung, dass das Stasfurter Mineral Borazit sei , fand nirgends W iderspruch.

*) Pogg. Ann. 1847. Bd. LXXI, S. 343 **) Versuch einer Monographie dee Borazits. Hannover 1896, S. 84.

112 R o s e : U e b e r Borazi t .

Indessen lassen sich doch gegen diese Meinung recht wichtige Einwendungen machen. Schabt man von dem leicht zerreiblichen Stasfurter Mineral rnit dem Messer einige kleine Theile ab, und betrnchtet sie unter dem Mi- kroskop , so erscheinen dieselben keineswegs structurlos, und ohne das geringste krystallinische Gefuge, wie Prof. K a r s t e n bei Beschreibung seiner elektrischen Versuche erwiihnt, sondern a19 ein Aggregat von lauter prismatischen Krystallen von verschiedener Grosse, die hei 360maliger Vergrosserung eine scheinbare Grosse eines Korpers von 1 bis 3 Linien in deutlicher Sehweite haben. Endkrystd- lisation ist bei ihnen nicht wahnunehrnen, indessen haben doch Krystalle , welche zurn regularen Krystallisations- system gehoren, ein solches hnsehen nie, die kleinen Krystalle von Stasfurt konnen daher nicht zum regularen Systeme gelioren.

Hierzu kornrnen noch die andern Unterschiede. Die borsaure Talkerde von Stasfurt lost sich zerrieben in con- centrirter Chlorwasserstoffsaure bei Erwarmung mit der Spirituslampe fast augenblicklich auf*) und aus der erkal- teten Auflosung scheidet sich nach einiger Zeit Borsaure- Hydrat als ein weisser krystallinischer Niederschlag aus, bei welchern man die Form der einzelnen Krystalle (die sechsseitigen Tafeln) bei schwacher (95maliger) Bergros- serung sehr gut erkennen kann. Sehr fein zerriebener durchsichtiger Borazit von Liineburg loste sich, in der- selben Chlorwasserstoffsaure viel langere Zeit gekochf gar nicht auf, es schied sich beirn Erkalten der Auflosung keine BorsSure aus und die Chlorwasserstoffsaure enthielt auch keine Talkerde.

Vor dern Lothrohr schmilzt das Mineral von Stasfurt viel leichter als der durchsichtige Borazit. Nan kann von ersterem ein kleines Stuck auf der Kohle zur Kugel schmelzen, was mit dern Borazit nicht angeht; man muss bei diesem einen starken Luftstrom anwenden, und daher dss Stuck mit der Platinzange halten, wobei ma6 es dann

*) Nach einer spatern Mittheilung von Rrn. Rammelsberg ist eie sogar schon etwas in reinem Waseer laslich.

R o s e : U e b e r Borazi t . 113

an den Randern zum Schmelzen bringt. Sonst sind die Erscheinungen dieselben. Beim Erkalten der geschmol- zenen Kugel treten aus der Oberflache eine Menge kleiner Blasen hervor, und die Oberflache bedeckt sich mit feinen prismatischen Krystallen, die unter der Lupe ganz deut- lich sind.

Im Kolben vor dem Lotlirohr erhitzt, geben sowohl das Stasfurter Mineral a19 der Borazit ein geringes .meisses Sublimat, was sich beim Borazit nirgends erwahnt findet. Es besteht wohl offenbar nur aus Borsaure, und erscheint unter dem Mikroskop bei 90maliger Vergrosserung aus kleinen quadratischen Tafeln bestehend. Zuweilen decre- pitirt das Stasfurter Mineral und giebt dann im Kolben erhitzt vie1 Wasser; in diesem Fall 4st ihm aber eine was- serhaltige Chlorverbindung , die auch in grossern Massen mit ihm zusammen Yorkommt, in geringer Menge beige- mengt.

Das spec. Gewicht des Stasfurter Minerals, melches nach der Angabe von K a r s t e n 2,9134 betragt, ist zwar nicht vie1 yon dem des Borazits, 2,955, indessen doch immer etwas verschieden. .

Hiernach erscheint doch das Stasfurter Mineral durch so wesentliche Eigenschaften von dem Borazite geschieden, dass man es fur ein besonderes Mineral anzusehen und demnach mit einem besondern Namen zu bezeichnen hat. Der Verf. schlagt d a m nsch seinem Fundorte den Xamen Stasfurtit vor. Bestiitigt sich die gleiche Zusammensetzung, die es nach der Analyse von K a r s t e n mit dem Borazit hat, so ware es mit diesem heteromorph, und man konnte vielleicht auf diese Weise eine Erscheinung beim Borazite erklken, die bisher etwas sehr Rathselhaftes hatte, dass er nimlich haufig undurchsichtig ist, und dann aus fasrigen Theilen zusammengesetzt erscheint, die auf den Krystall- flachen, und namentlich den Dodekaeder- und den Hexaeder- flachen senkrecht stehen. Man konnte nun annehmen, dass diese Krystalle Pseudomorphosen nach Stasfurtit waren, dessen fasrige Individuen auf den Kry.stallflichen senkrecht stehen, wie dies ofter bei Pseudomorphosen vor- kommt, wie 2. B. bei dem geschmolzenen Zucker, wenn

Juurn. 1. prnkt. Chemie. LXVIII. 2. 8

11.6 R o s e : U e b e r B o r a z i t

er undurchsichtig geworden ist, oder bei den Pseudo- morphosen yon GBthit nach Eisenkies,).

V o 1 g e-r, der in seinem angefiihrten Werke die Borazite mit fasriger Structur ausfuhrlich bespricht, erklart dieselben nuch fur Pseudomorphosen, ist aber der Meinung, dass die fnsrigen Individuen ein neues Mineral von verschiedener Zusammeneetzung rnit dem Borazite sind, das er Parasit nennt Indessen ist doch der Unterschied in der Zusam- mensetzung der undurchsichtigen Borazite mit fasriger Structur und der durchsichtigen unveranderten nach den Analysen sowohl von R a m m e l s b e r g als von W e b e r zu gering, urn die erstern, wenn man auch berucksichtigt, dass sie gewohnlich nur zum Theil umgeandert sind, fur ein in der Zusammensetzung von dem durchsichtigen Bo- razite verschiedenes Mineral zu halten.

Sind aber die Borazite rnit fasriger Structur als in eine heteromorphe Substanz und zwar in Stasfurtit ver- audert anzusehen, so miissen sie in diesem Falle in Chlor- wasserstoffsaure leicht aufloslich und vor dem Ldthrohr auf der Kohle schmelzbar sein. Das letztere ist augen- scheinlich der Pall, das erstere bewahrte sich durch den Versuch aber nur zum Theil, denn a h der Verf. einige fasrige Borazitkrystalle fein zerrieben in einem Reagenz- glase mit derselben Chlorwasserstoffsaure, rnit welcher er die durchsichtigen Krystalle behandelt hatte, kochte, schien sich erst nichts aufstulosen, als e r aber das Reagenzglas nach einiger Zeit betrachtete, fand er , dass sich nun auf der ungelost gebliebenen Masse doch eine nicht unbe- deutende Menge Borsiiurehydrat abgesetzt hatte, es war also doch ein Theil der fasrigen Krystalle durch die Chlor- wasserstoffsaure zersetzt worden. Es ist miiglich und sogar wahrscheinlich, dass der Grund, weshalb sich nicht Alles aufgelost hatte, dtrrin lag, dass die angewandten Bo- razitkrystalle nur zum Theil in Stasfurtit umgeandert waren, indessen bedarf die Sache doch noch weiterer Unter- suchung.

*) Vergl. Pogy. Ann. Bd. XXMLI, S. 577.

S c h n e i d e r : A e q u iva l e n t d. Ant im ons. 115

In dem grossen Schachte, welchen man jetzt in Stas- furt abtauft, ist man nun schon bis zu dem Stasfurtit ge- kommen. Hr. Apotheker T u c h e n in Stasfurt hat meinem Bruder schon mehrere Stiicke desselben, so wie auch Proben \-on den iibrigen ihn hegleitenden merkwiirdigen Mineralien gessndt. Mein Bruder wird die Analyse des Stasfurtits wiederholen und dariiher entscheiden, ob er die- selbe Zusammensetzung hat, als der Borazit. Vielleicht wird man nun noch Stiicke yon Stasfurtit antreffen, in welchen derselbe deutlicher krystallisirt ist, so dass man etwas Genaueres iiber seine Krystallform wird bestimmen konnen.

XVI. Ueber das Atomgewicht des Antimons

Von

Dr. R. Schneider..

(A. d. Ber. d. Berl. Akadcmie.)

Das Aequivalent des Antimons ist im Jahre 1818 von B e r z e l i u s bestimmt worden und zwar auf die Weise, dass eine gewogene Menge reinen Antimons durch Oxy- dation vermittelst Salpetersaure, Abdampfen und Gluhen des Riickstandes in antimonsaures Antimonoxyd verwan- delt wurde. Dahei fand sich, dass 100 Theile Antimon 124,s Theile antimonsaures Antimonoxyd gaben, woraus das Aequivalent des Antimons zu 1612,Y berechnet wurde.

Da es mir nicht ausgemacht zu sein schien, dass das nntimonsaure Antimonoxyd, ohne einen Verlust an Snuer- s to f f zu erfahren., liingere Zeit einer hohen Temperatur ausgesetzt werden kann und da iiberhaupt die Darstellung reiner Antimonpraparate von so einfacher Zusammen- setzung , wie sie fiir den vorliegenden Zweck erforderlich war, mit sehr grossen Schwierigkeiten verbunden ist, so

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