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(Aus der Sektion fiir Ziiehtungsbiologie des~Vi~hrisehen Zootechnisehen Landes-Forschungsinstitutes in Briinn [C. S.R.] [Pub]. Nr. 140.].) UBER DEN EINFLUSS DER SCHILDDRUSE UND DES THYMUS AUF DIE REIFUNG DES GEFIEDERS UND DIE MAUSER BEI DEN HAUSTAUBEN. EIN SIEBENTER BEITRAG ZUM STUDIUM DER ENTWICKLUNGSMECHANISCtt-ANTAGONISTISCHEN WIRKUNG DES THYMUS UND DER THYREOIDEA. Von JAROSLAV K]~I~ENECK~. Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 16. August 1928.) Vom Thyreoideahormon ist seit einigen Jahren bekannt, daft es das l%eifwerden der Federn und dadurch auch die Mauser (bei gesehlechts- reifen VSgeln) beschleunigt. Diese Tatsache hat in vollkommener fJber- einstimmung eine ]~eihe yon Forschern nachgewiesen: B. ZAWADOWSKY (1925 und 1926), GIAcO~INI (1924), POJ)~I~ADSKff (1926), Kf~I~E~ECK~ und PODHRA])SK~ (1927) und OccmPLw~rI (1927). Die Wirkung wurde entweder durch Darreichung frischer oder getrockneter Thyreoideasub- stanz per os oder durch Injektionen yon Extrakten bzw. yon Thyroxin erreicht. Die Mauser war immer mit einem schnellen Hervorsprossen yon neuem Gefieder begleitet, welches aber wieder durch wiederholte Mauser entfernt wurde und dieser Prozeft wiederholte sich bis zum Tode des Tieres oder zum Einstellen der tIyperthyreoidisation (vgl. diesbeziiglich besonders die Versuche yon PODHRADSKS~ 1926 und yon K]~I~ENECK~ r und Po])m~ADSK~ 1927). Diese Erscheinung weist darauf bin, daft die Thyreoidea eine stimu- lative Wirkung auf die Epidermis spezie]l auf die entwieklungsmecha- nisehe Funktion der Federfollikel hat ~. Da diese formbildende Funktion der Federfollike] periodisch durchlauft und fiir sich also eine Funktion des allgemeinen Verlaufes der Lebensprozesse ist, scheint diese Wirkung der Thyreoidea im vollen Einklang mit ihrem allgemein stimulativen " Einflul3 auf die Stoffwechselvorg~nge zu sein. 1 Damig steht in l)bereinstimmung das Ausbleiben der Mauser infolge Ex- stirpation der Thyreoidea beim Hahne, wie CREW(1926) festgestellt hat. 32*

Über den Einfluss der Schilddrüse und des Thymus auf die Reifung des Gefieders und die Mauser bei den Haustauben

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(Aus der Sektion fiir Ziiehtungsbiologie des~Vi~hrisehen Zootechnisehen Landes-Forschungsinstitutes in Briinn [C. S.R.] [Pub]. Nr. 140.].)

UBER DEN EINFLUSS DER SCHILDDRUSE UND DES THYMUS AUF DIE REIF UNG DES GEFIEDERS UND DIE MAUSER BEI

DEN HAUSTAUBEN. EIN SIEBENTER BEITRAG ZUM STUDIUM

DER ENTWICKLUNGSMECHANISCt t -ANTAGONISTISCHEN WIRKUNG DES THYMUS UND DER THYREOIDEA.

Von

JAROSLAV K]~I~ENECK~.

Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 16. August 1928.)

Vom Thyreoideahormon ist seit einigen Jahren bekannt, daft es das l%eifwerden der Federn und dadurch auch die Mauser (bei gesehlechts- reifen VSgeln) beschleunigt. Diese Tatsache hat in vollkommener fJber- einstimmung eine ]~eihe yon Forschern nachgewiesen: B. ZAWADOWSKY (1925 und 1926), GIAcO~INI (1924), POJ)~I~ADSKff (1926), Kf~I~E~ECK~ und PODHRA])SK~ (1927) und OccmPLw~rI (1927). Die Wirkung wurde entweder durch Darreichung frischer oder getrockneter Thyreoideasub- stanz per os oder durch Injektionen yon Ext rak ten bzw. yon Thyroxin erreicht.

Die Mauser war immer mit einem schnellen Hervorsprossen yon neuem Gefieder begleitet, welches aber wieder durch wiederholte Mauser entfernt wurde und dieser Prozeft wiederholte sich bis zum Tode des Tieres oder zum Einstellen der tIyperthyreoidisation (vgl. diesbeziiglich besonders die Versuche yon PODHRADSKS~ 1926 und yon K]~I~ENECK~ r und Po])m~ADSK~ 1927).

Diese Erscheinung weist darauf bin, daft die Thyreoidea eine stimu- lative Wirkung auf die Epidermis spezie]l auf die entwieklungsmecha- nisehe Funktion der Federfollikel ha t ~. Da diese formbildende Funktion der Federfollike] periodisch durchlauft und fiir sich also eine Funktion des allgemeinen Verlaufes der Lebensprozesse ist, scheint diese Wirkung der Thyreoidea im vollen Einklang mit ihrem allgemein stimulativen " Einflul3 auf die Stoffwechselvorg~nge zu sein.

1 Damig steht in l)bereinstimmung das Ausbleiben der Mauser infolge Ex- stirpation der Thyreoidea beim Hahne, wie CREW (1926) festgestellt hat.

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478 J. Kt.i~eneck~: ~ber den Einflul~ der Sehilddriise und des Thymus

Mit der stimulativen Wirkung der Thyreoidea auf die formativen Prozesse der Gefiederbildung und Gefiederreifung steht in Ubereinstim- mung, dal~ die Thyreoidea bei den mit Daunen bedeekten Hfihnerkiieken die Befiederung, d. h. die Bildung des Umrii~gefieders hesehleunigt, wie ich zuerst an Plymouthkficken (K~IgENECK~: 1926) and spater in Ge- meinschaft mit N~VALONNYJ (K'~igEN~CK~-Nv, vALoNNYZ 1927) an Ply- mouth-, La Bresse- und Wyandottenkficken festgestellt habe 1. Auch die yon TORR~Y und ttORNn~G (1925) festgestellte Erscheinung, da2 bei mit juvenalemGefieder bedeckten Junghfihnern die Hyperthyreoidisierung das schnelle Ersetzen dieses Gefieders durch das definitive reife Gefieder (,,plumage adulte") zur F01ge hat, stimmt damit fiberein.

Bei meinen Versuchen an Plymouthkficken (K~i~ENECK~ 1926) konnte ieh aber zugleich Ieststellen, dab eine Hyperthymisierung im Gegenteil eine Hemmung der Bildung des Umrfl]gefieders hervorruft: Die per os hyperthymisierten Kficken befiederten sich langsamer nicht nur als die hyperthyreoidisierten Tiere, sondern aueh als die Kontroll- tiere. Die spateren Versuehe (K~I~NI~CK~ und N~V~ONNYJ 1927) haben diese Erseheinung auch ffir andere l~assen (Wyandotten, La Bresse neben den Plymouths) besti~tigt.

Hier zeigte sich also eine antagonistische Wirkung des Thymushor- mons gegeniiber dem Thyreoideahormon. Es entstand nun die Frage, ob sich diese antagonistische Wirlcung auch bei der stimulativen Wirkung der Thyreoidea au] die Rei/ung und die Mauser der Federn bei geschlechts- rei]en Tieren zeigen wird.

Diese Frage konnte ich an einem Material verfolgen, welches mir zwei im Jahre 1926 an Tauben ausgeffihrte Versuche boten. Es handelte sich um Versuehe fiber den Einflul~ der Hyperthyreoidisation, der Hyper- thymisation und der kombinierten Hyperthyreoidisation und Hyper- thymisation auf die Regeneration des ausgerupften Gefieders. Es zeigte sich (siehe K~IZENECK-~ 1927 unc~ K~ENECK~r-NEvALONI~YJ-PETROV 1927), da~ weder die eine, noch die andere Behandlung and ebensowenig auch die kombinierte I-Iyperthyreoidisation and t typerthymisation auf diese Regeneration gewirkt hat. Es konnte aber eine interessante Wir- kung der dargereichten Driisen auf den .Federaus]all beobaehtet werden: In ~bereinstimmung mit den Versuchsergebnissen an anderen VSgeln,

1 Nur bei den Italienerkiicl~en zeigte sich damals die Hyperthyreoidis~tion auf die Befiederung wirkungslos. I)urch neue Versuche, welche N~.VALO~YZ im Vorjahre in meinem Laboratorium ausgefiihrt hatte, zeigte sich aber, dal~ auch bei dieser Rass~ diese Wirkung erreichbar ist, wenn man mit der Hyperthyreoidi- sierung (per os) schon in den ersten Tagen nach dem Ausbriiten beginnt. Es scheint, dal3 die Gefiederbildung bei dieser sich schnell befiedernden Rasse schon kurz nach dem Ausschliipfen derart intensiv in Gang gesetzt wird, da] jede sp~tere Beeinflus~ung ohne Effekt bleibt. Die nahere Beschreibung dieses Be- fundes wird in einer besonderen Publikation erfolgen.

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besonders an Hiihnern, rief die Hyperthyreoidisation einen intensiven Federausfall hervor. Ein soleher, abet schwgcherer Federausfall zeigte sieh auei1 bei den hyperti1ymisierten Tauben. Einen besonders starken Federausfall wiesen jedoch die Tauben aus, welei1e kombiniert I1yper- thyreoidisiert und hyperthymisiert wurden.

Uber dicse Erseheinung habe iei1 anhangsweise sehon bei der Be- sehreibung jener Regenerationsversuehe berichtet (siehe Kf~I~EN~CKr~- NEVALOZe~Ya-PETaOV 1927, S. 655--658). Dort habe ich aueh einige Photos der in den einzelnen Taubengruppen ausgefallenen Federn ver- 5ffentlieht. Um diese damals gelegcntlich nebenbei ver6ffentliehten Be- obachtungen in richtigen systematischen Zusammenhang zu bringen, will ieh sic hier unter tIinweis auf die damals loublizierten Abbildungen (Abb. 8 auf S. 656--659 der zitierten Publikation) etwas genauer repro- duzieren.

Es I1andelte sich um zwei, Versuchsreihen yon Tauben, we]cite per os dutch getrocknete Driisensubstanz hyperthyreoidisiert und I1yloerthymi- siert bzw. kombiniert I1yperthyreoidisiert und hyperthymisiert wurden. In einer Versuchsreihe geschah dies durch 1/6 g Thyreoideasubstanz pro Kopf und Tag, durch 1/a g Thymussubstanz pro Kopf und Tag bzw. durch I/6 g Thyreoidea- + 1/a g oder 2/a g Thymussubstanz pro Kopf mud Tag. tn der zweiten Versuchsreihe waren die Dosen 1/6 g Thyreoidea- substanz, 1/4 g Ti1ymussubstanz und I/8 g Ti1yreoidea- + 1/4 g oder 1/2 g Thymussubstanz. In beiden Vcrsuehsre~en befand sich auci1 eine Non- trollserie, welei1e entspreci1ende l~leischmehldosen ertliclt. Die Versuehs- fiihrung dauerte in den zwei Reihen 29--32 Tage.

In den hyperthyreoidisierten Serien konnten wit nun in beiden Ver- suehsreihen sehon am 5.--6. Versuei1stage einen starken Federausfall feststellen, der fast wghrend der ganzen Versuehsfiihrung fortdauerte. Aueh die Kontroll tauben verloren zwar flier und da einigeFederci1en, abet im Verhi~ltnis zu den I1yperti1yreoidisierten Tauben war dieser Feder- ausfall gleieh Null. Ein gewisser gesteigerter l%derausfall erschicn auei1 in den hyperti1ymisierten Serien. Ein auBerordentliei1 und auffallend mgei1tiger Federausfall ka~n aber bei den beiden kombiniert I1yper- thyreoidisierten und hyperthymisierten Serien zustande, t t ier war der Boden der Kgfige tgglich mit einem Haufen yon Federn aller Art reici1- lieh bedcckt.

Besser als alle Worte fiihren uns diese Ersci1einung die Abbildungen, welche ich an der zitierten Stelle verSffentliei1t I1abe, ve t ; diese Bilder beziei1en siei1 auf die zweite Versuei1sreihe und stammdn veto 9. Ver- suei1stage. Der mgehtig gesteigerte Federausfall in den beiden kombi- nierten I1yperthyreoidisierten und hyperthymisierten Serien ergibt sieh flier sehr deutlich und ieh bitte nur den Leser, die betreffenden Bilder zu besiehtigen. Das dort reproduzierte Bild wiederholte sieh damals in

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beiden Versuchsreihen t~glich. Wenn wir die Mengen der ausgefallenen Federn in den einzelnen Serien verglichen haben, ergab sieh die besonders merkwiirdige Erscheinung, dal~ der starke Federausfall in den kombi- nierten (Thyreoidea +Thymus) Serien ke.!neswegs als eine bloBe Sum- mation des unter Hyperthyreoidisation und Hyperthymisation statt- gefundenen Federausfalls entsteht'; er war viel starker. Daraus habe ich damals gesehlossen, daB die Wirkungen der Hyperthyreoidisation und der Hyperthymisation sich bier nicht nur summieren, sondern dab sie sich gegenseitig potenziert haben.

Diese Versuehsresultate zeugten also deutlich dafiir, dab die Wir- kungen der Thyreoidea- und Thymushormone bei der Beeinflussung der Federfollikel bei gesehlechtsreifen VSgeln andere sind als bei jungen VSgeln bzw. Kficken. Hier seheinen sie antagonistisch zu wirken, bei ge- sehlechtsreifen Tieren manifestiert sieh ihre Wirkung aber als eine synergische.

Diese grunds~tzliche und demzufolge beachtenswerte Differenz ver- ]angte eine noehmalige Uberprfifung. Die Gelegenheit dazu boten mir zwei zu Beginn dieses Sommers neu ausgeftihrte Versuche an Tauben, welche sonst mit derselben Methodik wie die friiheren organisiert wurden. Der Zweck dieser Versuehe bestand in der Untersuchung der Wirkung der Thyreoidisierung und Thymisierung auf das Gewieht der Tauben (siehe die vorhergehende Mitteilung in diesem Heft).

Der eine Versuch (Nr. I) wurde am 13.VI. begonnen; die Serien waren. Kontrollserie (~ 1 g Fleischmehl pro" Kopf und Tag), Thyroideaserie (a 1/r g Thyroideasubstanz § 3/~ g Fleischmehl pro Kopf und Tag), Thy- musserie (a 1/2 g Thymussubstanz + 1/2 g Fteisehmehl pro Kopf und Tag), ]combinierte Serie ( 1/~ g Thyroideasubstanz + t/2 g Thymussubstanz + 1/a g Fleisehmehl pro Kopf und Tag). Dauer des Versuches 38 Tage.

Der andere Versuch (Nr. II) wurde am 26. VI. begonnen mit den Serien: Kontrollserie (a 1 g Fleischmehl pro Kopf und Tag), Thyroidea- serie (~/2 g Thyroideasubstanz + 1/e g Fleisehmehl pro Kopf und Tag), Thymusserie (1/2 g Thymussubstanz + 1/2 g Fleisehmehl), Icombinierte Serie (1/2 g Thyroideasubstanz + ~/2 g Thymussubstanz). Dauer des Ver- suches 37 Tage.

Dies.e neuen Versuche unterschieden sich yon den friiheren nur da- durch, dal~ die Thyreoideasubstanzzugaben'auf 1/r g bzw. ~/2 g (gegen- fiber i/~ bzw. ~/s g) erhSht worden waren; die Thymuszugaben blieben etwa dieselben.

In den Thyreoideaserien beider Versuche t rat in 4 Tagen~ Mauser ein, die sich sehnell und maehtig steigerte. Vom 7. Versuchstage an konnte ieh taglich in den Kafigen der thyreoidisierten Tauben beider Versuchs- reihen ~ine grol~e Menge ausgefallener Federn finden. Einige Fed~rehen fielen zwar aueh den Kontrolltauben aus, aber nur vereinzelt. In den

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Thymusserien zeigte sich auch ein Federausfall, der etwas gr61~er war als der in den Kontrollserien, aber doch kleiner als jener, den ich in den friiheren Versuchen beobachten konnte. Hier war ein gewisser Unter- schied zwischen den ffiiheren und den neueren Versuchen, trotzdem die Thymuszugaben etwa dieselben waren. Auffallend grol3 war aber die 5Ienge des in den kombiniert hyperthyreoidisierten uncl hyperthymisierten Serien ausgefallenen Gefieders. Sie war viel grSl3er als jene in der thy- reoidisierten Serie und diesen grol3en Unterschied merkte man schon auf den ersten Blick.

Um zu veranschaulichen, wie grol~ die Unterschiede zwischen den einzelnen Serien waren, gebe ich hier in Abb. 1 die Lichtbilder der K/ifig- b6den wieder, wie sie am 7. Versuchstage in der ersten Versuchsreihe ge- funden wurden. Man sieht die Unterschiede ohne weitere Worte. ])as- selbe Bild bot, sich wiederholend, auch der zweite Versuch, Nur auf eins m6chte ich hier aufmerksam machen: es traten gewisse deutliche indi- viduelle Unterschiede zwischen den einzelnen Tauben in der Intensiti~t des Federausfalles auf, welche aus den Abbildungen gut ersichtlich sind. Man mug also immer die ]3ilder als ganzes betrachten und die Gesamt- menge der ausgefallenen Federn immer bei allen vier Tauben beurteilen.

Um die IntensitS, t der Mauser noch ob]ektiver auffassen zu k6nnen als nut mittels der Lichtbilder, versuchte ich das Gewicht der ausgefallenen Federn zu bestimmen. Das am Boden des Kgfigs liegende Gefieder wurde saint der Exkremente gesammelt, im fliel3enden Wasser bis zur voll- kommenen Reinheit gewaschen, danach getrocknet und gewogen. In der ersten Versuchsreihe bekam ich nun am 21. VI. (dem 8. Versuchtage) :

Kont ro l l se r i e

T a u b e Nr. g

334 0,25 335 0,04 336 0,14 337 0,10

Thyreo idease r ie I Thymusse r i e

T a u b e Nr. g

338 1,08 339 6,96 340 5,55 341 3,41

i T a u b e Nr. g

342 0,38 343 0,10 344 0,20 345 0,25

Thyreoidea- q- Thymus- Serie

Taube Nr. / g

I 346 J 3,80 347 6.95 348 11,05 349 1~40

Die Gesamtmenge und die durchschnittliche )/[enge des ausgefallenen Gefieders betrug :

Kontrollserie . . . . . Thyreoideaserie . . . . Thymusserie . . . . . Thyr. + Thymus-Serie

G e s a m t m e n g e

g

0,53 16,99 0,93

33,24

Durchschn i t t s - menge

fiir eine q ' aube g

0,13 4,25 0,23 8,31

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4 8 2 J . K ~ i ~ e n e c k ~ : ~ b e . r d e n E in f lu i~ d e r S c h i l d d r f i s e u n d d e s T h y m u s u s w .

Abb. 1 a. Koni~rollserie.

Abb. lb . Thyreoidisie~e Serie. Abb. l a und b. Federnausfall in den einzelnen Serien des ersten Versuches am 29. VI., d .h . am

siebeuten Versuchstage.

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Abb. l c . Thymis i e r t e Serie.

Abb. l d . Thyreo id i smr te und thymis le r t e Serie. Abb. l c und d. Federnausfa l l in den einzelnen Serien des eJ's~eJ~ Vers~,ches a m 29.VI.~ d . h . am

s iebenten Yersuchs tage .

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484 J. K}i~eneck~: Ober den Einflui~ der Schilddriise und des Thymus

Im zweiten Versuche bestimmte ich die Menge des ausgefallenen Ge- fieders am 4. VII., d. h. am 9. Versuchstage. Es ergab sich:

Kontrollserie

Taube Nr. g

350 0,11 351 0,08 352 0,12 353 0,09

Thyreoideaserie

Taube Nr. g

354 2,15 355 4,18 356 7,00 357 4,95

Thymusserie

T a u b ~ r , g - - - -

358 0,20 359 0,25 360 0,18 361 0,07

Thyreoidea--~Thymus- Serie

Taube Nr. g

362 14,00 363 6,18 364 5,95 365 10,85

Die Gesamtmenge und Durchschnittsmenge des Gefieders in den ein- zelnen Serien :

Kontrollserie . . . . . Thyreoideaserie . . . . Thymusserie . . . . . Thyr. + Thymus-Serie .

Gesamtmenge

g

0,40 18,28 0,70

35,98

Durchschnitts- menge

ffir eine Taube g

0,10 4,57 0,17 8,99

Die in den thymisierten Serien ausgefallenen Mengen des Gefieders sind nur etwa einmal so "groB wie in den Kontrollserien (im Versuche Nr. I i s t das Verh~ltnis 1 : 1,76, im Versuche Nr. I I 1 : 2,43). In den Thyreoideaserien ist diese Menge vierzigmal bzw. sechzigmal so hoch (im Versuche Nr. I i s t das Verh&ltnis 1 : 40, im Versuche Nr. I I 1 : 65,28). Berechnet man aber die Steigerung fiir die kombinierten Serien, bekommt man: Im Versuche Nr. I das Verh&ltnis 1 : 63,92, im Versuche Nr. I I 1 : 89,90. Man sieht, daft der grofle Federaus/all in den lcombinierten Serien keines]alls dutch eine Summation der Wirkung der Thyreoidisierung und der Thymisierung entsteht, sondern durch Potenzierung dieser Wir- kungen. Durch bloi~e Summation wiirde man im ersten Versuch eine

�9 Menge yon 4,48 g der Federn pro Taube bekommen, im zweiten Ver- such eine Menge von 0,74 g; in den kombinierten Serien bekam man aber 8,31g bzw. 8,99 g, also etwa zweimal soviel als dutch blo[3eSummation.

Die Thyreoidea- und Thymussubstanzen wirkten hier also auf die l~eifung des Gefieders und auf die Mauser synergisch und nicht nur neben- einander summativ.

Der Federausfall war aber nicht dauernd. Hierin unterschieden sich diese neuen Versuche yon den friiheren. Er dauerte nur so lange, als es eben noch Federn zum Herausfallen gab. Die N[auser war n&mlich sehr intensiv, vielleicht infolge der erhShten Thyreoideazugaben. Nach 7 bis 10 Tagen intensiven Federausfalles (der 14.--17. Versuchstag) waren die Tauben beinahe zur H~lfte kahl. In Abb. 2 sieht man die Taube :Nr. 339 aus der thyreoidisierten Serie des ersten Versuches am 27. VI.,

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auf die I~eifung des Gefieders und die Mauser bei den Haustauben. 485

d. h. am 14. Versuehstage und in Abb. 3 die Taube Nr. 349 aus der kom- binierten Serie dieses Versuehes, welche an diesem Tage zugrunde ge- gangen ist. Man sieht besonders an diesem letzten Falle, bis zu welehem Grade der Federausfall gehen kann. In diesem Falle handelte es sich wohl um den potenzierten Federausfall bei kombinierter Be- handlung mit Thyreoidea- +Thy- mus-Substanz. Aueh war diese Taube der extremste Fall yon allen kombiniert behandelten Tau- ben dieses wie aueh des zweiten Versuehes. Aber aueh bei die- sen anderen, sowie aueh bei den rein thyreoidisierten Tauben land man naeh etwa 14 Versuchs-

tagen ganze KSrperpartien, die Abb. 2. Taube Nr .339 der thyreoidis ier ten Serie des

federlos waren. Es fehlten s o - emten Ve~'suches a m 27. VI. , d. h. am 14. Versuchs-

wohl die K6rperdeekfedern wie rage. (Phot. Dr. PODHI~ADSKY.)

aueh die Sehwung- und Sehwanzfedern (vgl. aueh Abb. 2) usw. Infolge dieses Federausfalles hSrte das Mausern begreiflieherweise

auf - - es war niehts mehr zum Mausern da. Zu die- set Zeit merkte man abet aueh, wie neue Federn auszusprossen begannen. Man sieht dies besonders gut an der Taube in Abb. 3. Das verlorengegangene

Gefieder begann zu rege- nerieren, und zwar wieder sehr intensiv. Im Laufe der folgenden 2- -3 Wo- then waren die Tauben wieder normal befiedert.

Daraufhin begann aber wieder das Mausern. Vom etwa 30. Versuehstage an Abb. 3. Die Taube Nr. 349 der kombin ie r t - thy reo id i s i e r t en und

t hymis i e r t en Serie des erste~ Vers~eche~ a m 27. VI . , d. h. a m konnte ich in beiden Ver- 14. Versuchstage eingegangen. (Phot . Dr . PODHIIADSK~.) suchen wieder in den Thy- roidea- und Thyroidea- + Thymus-Serien einen starken Federverlust kon- statieren. Und die Differenzen zwischen den einzelnen Serien wieder- holten sieh wie frtiher : Die Thyreoideaserien mauserten stark, die Thymus-

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serien zeigten einen nur etwas st~rkeren Federverlust als die Kontroll- tiers (yon einer Mauser l~i~t sich hier nicht gut sprechen), die kombinierten Serien zeigten aber eine auffallend starke Mauser. Die in den letzten Tagen der Versuchsffihrung t~glich an den K~figbSden gefundenen Ge- fiederhaufen waren dieselben wie zu Anfang des Versuches. Leider war ich infolge Anh~ufung verschiedener dringenden Arbeiten in diesen Tagen verhindert, Lichtbilder zu machen, bzw. das Gewicht cles ausgefallenen Gefieders wie friiher zu bestimmen. Das Bid war jedoehl dasselbe wie friiher.

Als also sogleich die Ersetzung des zuerst massenweise ausgefallenen Gefieders sin neues ,,Mausermaterial" bot, begann der intensive Feder- ausfall wieder. Das neu ausgebildete Gefieder reifte intensiv heran und fiel wieder aus. Die Unterbrechung des Federausfalles - - wodurch sich diese Versuche yon den frfiheren unterschieden - - v~urde nu t durch den starken Federverlust verursacht. Sonst war das Ergebnis dieser Ver- suche dasselbe wie das der frf_heren:

1. Thyreoidisierung tuft Federrei/en und Federaus/all hervor, wet- chem schnelle Neubilduny der verlorengegangenen Federn ]olgt; bei dauern- der Thyreoidisierung vet/allen diese neugehitdeten Federn wieder bald einem ver/ri~hten Heraus/alten.

2. Die Thymisierung scheint sin nut sehr schwaches Mausern hervor- zuru]en, manchmal ist ihre Wirkung gteich Null.

3. Kombiniert man Thyreoidisiemtn 9 und Thymisierung, erhglt man die Erscheinung des vorzeitigen Rei/werdens und Heraus/allens der ~'edern in einem hoch potenzierten Grade: Die Thymisierung verstiirkt um etwa 100% die Wirkung der reinen Thyreoidisierung.

Daraus folgt, dab bei dem Rei~en der Federn und beim Mausern so- wohl die Thyroidea als auch der Thymus eine Rolls spielen. Beide wirken auf diese Prozesse stimulativ, die Thyreoidea aber viel st/s als der Thymus allein. Der Thymus stimuliert abet die Wirkung der Thyreoidea. Die Wirkung dieser Driisen in dieser Richtung is~ also eine synergische, wobei der Thymus sozusagen die Rolle sines Katalysators zu spielen scheint.

Vom Standpunkts der Entwicklungsmechanik des Umriflge/ieders der VSgel mui~ man gut die Wirkung des Thymus auf die morphogenetischen Prozesse in den Federfollikeln bei jungen Tieren, w o e s sich um das Ersetzen des Daunengefieders durch das zum erstenmal gebildete Um- ril~gefieder handelt, yon der Wirkung des Thymus auf den Reifungs- prozeB der schon einmal oder einigemal gewechselten Umril]federn unter- scheiden. Auf den ersten Prozel~ wirkt der Thymus hemmend, auf den zweiten, periodisch sich wiederholenden ProzeB in Anlehnung auf die gleichsinnige Wirkung der Thyroidea stimulativ. Die Wirkung des Thymus ist im ersten ~alle eine der Thyreoidea antagonistische, im anderen Falle

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auf die Reifung des Gefieders and die Mauser bei den I-Iaustauben. 487

eine ihr synergische. Die Art der Wirkung und ZusammenwirIcung der Thyreoidea- und Thymushormone scheint bier durch den Entwicldungs- zustand bzw. den morphogenetischen Fun]ctionszustand des Organsubstratez bestimmt zu werden.

Literatur.

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v . v r

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