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Ueber den Rhabarbar-Stoff [Rhabarbargelb), yon Ph. L. Qeiger. Vorstehende Abhmdlung von Fmnd Brsndes ver- anlarst mich, die Resultate ineiner bereits seit einem Jahre iiber diesen Gegenstand angestellten Versuche , welche ich erst spnter in dieaen Annalen, wenn rie mahr verrollstandigt seya aiirdea, bekanntmachen wollte, ebenfalls kurs mitzu- theilen. Sie sind, wie beds irn 8ten Bde. S. 60 dieier Annden angefihrt n u d e , in der ceit ein Paar Wochen ver- sendeten 41en Adage des eirteo Dander yon meinem Hand- buch der Pharmaac s. 908 - 910 abgedtuckt. Die Darstellung des Rhrberbnratoffi gelaag mir auf ver- schiedene Weise: I) Durch kdte Extraction der Wurzel rnit Weiogeist, Bebandcln des rorn Weingeist beheiten Extracts rnit viel kaltcm Wasser, Liioen des im lralten Was- ser unlaslichen unreinen Gelbo in bochendem Wawer, wo beim Erhalten das nhabarbargelb hcrauvfallt ; Wiederholen dieser Operationen, bis Eisenorydlijsung wenig oder keinen Gerbastoff und Tanningensaure mebr anreigt; Lasen des SO gereinigten RhabarbarstoEs in absolutem Albohol und Be- hasdeln der rom Alkobol befreitea Auozuga mit reinem wasser- und neingeistfreien Aether, endlich Abdestillircn des Aethers rorn klsren Aurzug in gelindester Wi'rme. - 2) Durch L6rcn des trockncn pistigen Rbaborbsrextracts in so viel Wasser , bis anfiingt Triibuog zu entstehen, Versetzen der ISsung mit verdiinnter Schwefel- , Salz- oder Salpekrsaure, so lange ein schnell emammenballender dunkler Niederschlag entsteht, Waschen dieses Niederichlags mit kaltem Wasser, und Behandeln dcsielben wie in No. I. - 3) Durch Vcr. setzen der ziemlich vcrdiinnten triiben wauerigen LSsung des Rhabarbarextracts rnit hetzammoniak im Yebertchufs ,

Ueber den Rhabarbar-Stoff (Rhabarbargelb)

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Ueber den Rhabarbar-Stoff [Rhabarbargelb), y o n

P h . L. Q e i g e r .

Vorstehende Abhmdlung von F m n d Brsndes ver- anlarst mich, die Resultate ineiner bereits seit einem Jahre iiber diesen Gegenstand angestellten Versuche , welche ich erst spnter in dieaen Annalen, wenn rie mahr verrollstandigt seya aiirdea, bekanntmachen wollte, ebenfalls kurs mitzu- theilen. Sie sind, wie b e d s irn 8ten Bde. S. 60 dieier Annden angefihrt n u d e , in der ceit ein Paar Wochen ver- sendeten 41en A d a g e des eirteo Dander yon meinem Hand- buch der Pharmaac s. 908 - 910 abgedtuckt.

Die Darstellung des Rhrberbnratoffi gelaag mir auf ver- schiedene Weise : I ) Durch kdte Extraction der Wurzel rnit Weiogeist, Bebandcln des rorn Weingeist beheiten Extracts rnit viel kaltcm Wasser, Liioen des im lralten Was- ser unlaslichen unreinen Gelbo in bochendem Wawer , wo beim Erhalten das nhabarbargelb hcrauvfallt ; Wiederholen dieser Operationen, bis Eisenorydlijsung wenig oder keinen Gerbastoff und Tanningensaure mebr anreigt; Lasen des SO

gereinigten RhabarbarstoEs in absolutem Albohol und Be- hasdeln der rom Alkobol befreitea Auozuga mit reinem wasser- und neingeistfreien Aether, endlich Abdestillircn des Aethers rorn klsren Aurzug in gelindester Wi'rme. - 2) Durch L6rcn des trockncn pistigen Rbaborbsrextracts i n so viel Wasser , bis anfiingt Triibuog zu entstehen, Versetzen de r ISsung mit verdiinnter Schwefel- , Salz- oder Salpekrsaure, so lange ein schnell emammenballender dunkler Niederschlag entsteht, Waschen dieses Niederichlags mit kaltem Wasser,

und Behandeln dcsielben wie in No. I. - 3) Durch Vcr. setzen der ziemlich vcrdiinnten triiben wauerigen LSsung des Rhabarbarextracts rnit hetzammoniak im Yebertchufs ,

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Vemetzen der klaren blutrothen haflijSUng rnit klaunliisung, so lange noch ein rother Niederschlag entrteht, Venetzen des wohlgewaschenen Niederschlegs mit verdiinnter (Schwe- fel-) SIure, bis allt rothe Farbe verschwunden ist, und Be- handeln des ausgeschiedunen Rhabarbnrgelbs mit Alkohol utld Aether v i e snrher. - Die viillige Scheidung des Rha- barbargelbs von erbestoff und Tanningens5ure ist etwas scbwierig. Die letzten Antheile lassen sich nuch durch Ver- setxen der geistigen lli;sung rnit etwas HausenblaselGsung, FTersetzen des Filtrats rnit salzsnrrrem Eisenoxyd , so Iange sich diescs schwiirzt, Verdampfen zar Troche, Waschen des Hiickstmdes rnit ltaltem Wasser , und Behandeln der wohlgewaschensn und getrockneten Rhabarbargelbs rnit ab- solutem Aether entfernen. Wegen dem weitern Detail dieser Arbeiten rerweise ich auf das genannte Handbucb.

Die Etgens~Aajten des auf eine oder die sndere dieser Metboden erhaltenen Rhabarbarins stimmen mit den von B r a n d e s angegebenea griifstentheils Gberein. Nur ist aocb 211 beiuerken , dafs es blor fi isch im genz trockerten ZLoatsnde geruchlos ist , durch I,iegen an der Lufi erhiil: e8 abcr einen ungenehmcn uromufisc-hrn Rhob .6urgeruch !, es entwickelt ferner bei langerm Verweileu ,:uf der Zunge einen widolrcA s~:lrtvuc4 6rfter.hchen Geschmuch und fiirbt den Speiohel 11 A- gelb. Rcim vovsichtyen Erhitzan in einem Destillirapparate verfliichtigt sich ein Tbeil Rhabarbarin ?mverundrt, wmig- stens zeigt der gelbe krystallinische Anfliig gnnz dieselbcn Eigenschaften, wie nicht rublimirtes Rhabarbarin ; die rich cntwickelnden gelben Diimpfe verbreiten einen starken eigen- thiimlicben rhabarbarahnlichen Gerucb. Ein Theil wird aber, besonders bei roschem Erhitznn, zentiirt, er cntwickeln sicL brenzliche, nicht ammoniakalische Diimpfe; selbst wenn man die Iliissigen Destillationsproduktc mit hetzbali evhitzt, ent- wickelt sich kein Ammoniak. Das Rhabarbargelb ist also stic.li.qto@/rd! Die LSslichkeit in Wasam, Weingeirt nnd Artlier fnnd ich ungefiihr ehen so wie B r a a d e s , I Theil

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ertbrderte gegen 350 Theile Alkobol und a00 Tbeile Aetber 4 e i gewiihnlicher Termeratur, in dcr Hitze weniger; die mGglicbst concentrirten Iijsungen schmecken widerlich bit- terlich und iG/hen clcutlirh Lackmuspapier ( B r a n d es fand dicsra nicht , S. 90 1, salzsaure Eisenoxyd1o"sung firbt die geistige LGsung braun, ohne Fiillung, Zinnsolution triibt sie uiiter EatGrbung uud Ablagerung eines blafsgelben Nieder- scblags , BlehuclierlGsung fdrbt sie anfangs rchiin gelbroth, spater lagert sich ein morgenrotber Niederscblag ab. Ban- senbldsei3sung triibt die wiisserig-weingeirtige LGrong nicbt. - B r a n d e s hob schon die auffallende Reaction der Alka- lito a i d Rhabarbarin hervor. Alle alhalische Fliissigheiten Usen er leicbt und in grofser Menge mit prahtiger gcsiittigi v i o l d f r d w t . Farbe auf, auch organische Alkalien, Atropin, Hyoscyarnin, Coniin u. s. w. fiirben es intensiv purparroth, so dali zr als eins dar crnpfindlichsten Reagentien auf AILa- lien aiigeceben werden mu&, und wenn eine problematiscbe orguische Substan Whaba:barin nicht Fiithet, 80 iat es auch hein Alkali ! A I a u i ~ l ~ s : : ~ ~ ~ schliigt die al4alischc Rbabarbarin- liisung ak eineu scLi;t:eii amarantrothen, in \Tamer unliis- lichen Lack nieder (s. W. YXlI. S. 56; die dort berrohriebene biuztzc Yubi;tane war alter kein rehes Rhabarbarin ) , robei die Pliissi$eii viillig entfarbt w i d ; Zinnsolution Gllt daraus violettrothe Hocken, welche ate:. durch Waschen mit War- rer ihre Farle verlieren ; Bleizuc1;erliisung Gllt sie dunhel- violettruth, der Niederschlag wird duiah Waschen mit Was- ser nicht enttarbt; Siiuren zerstijrea abei. die Farbe dieser Kkderschl6;e und macben Rhabarborstoff frei. Derselbe verhiilt sich also, 'R;C in der liegel alle sticbstofffrcie or- ganhclie Farbsloff e, gegen Bpseo als eine rchwache Saure !

Ich halte d i e m Rhabarbargelb fiir den wirhsaruen (ab- fiibrenden) Bestandtheil lisr Rhabarbar, wenigsteiis hwirhte

Cran, einem grorsen V ~ g e i (IIeher) beigehracht, mehrere Jiione anlbiigs starli gei l gef.9,ke Darm~oslect~ungen. E s wlcic!ct zber diescr Stoff leiclrt Vcrinderungcn, wie sc!ion

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damus hmvorgeht, d d s er bald einen starken Rhabarbar- gerach annimmt! Er ist hestimmt die Ursache des eigen- tbiimlkhen Geruchs der Rhabarbar und nicht ein a t b c h h w Oel. (Vergleiche auch meirte friiheren Behauptungen ilber den Gerurh der Rhsbarbm Rd. VlH. S. 55 dieser Annalen, ml&e durch die Eigenrcbaften deo Rhaberbarins Ekstlitigung erhsltm. Vergl. Ferner die Arbeizeo iiber Atropin, Hyoscyr- min Q. s. w. in dieran Annalen Bd. V. 8. 43, Bd. VI. 8. 44 u. 67 und Bd. V S 9. a+ ff.) Hiebei wird e r , besoderr auch in Verbindong mit den fibrigen extraetiree Theih dw *barbar, fkhcba in Waswr und Wcingeut, dagegen sum Their enl&tlicb in Acther, ohoe gerade s ine medicinirehe Wirkaamtsil m verlieren, dnd daber kammt er wobl, dafs gut6 altc Bhabarbar oh eben ao fterk, ja nocb starker riwht, a k frische *), u n d gana ?rische anfungs oft gerocb. 10s ist (1. Bd. VIM. S. 55 dieser dnnden). Mit der tcr- mebrtcn Llislichbeit des Rhabarbarins tritt auch Jer d d m &h bitten Rhabarbarpchmach &I ttiirker heryor , dahm Rhabarbarwurcel, mehr nocb &en Extract , weit bitterer scbmcckt, a h reines Rhobarbarin; denn das Extract entbslt neben Gerbcsroff vorziiglich v i d y o n diesem IRslichen Rha- barbarstoff, deshalb man hei rler Darstclhmg schr wenig un- rcrdndmVes erbiilt. lch glaube nicht, dsfs der widerlich bittere Geschinack der Rhabarbar VOR einem andern hi dcr W u r d pracristirenden Bestandtheil herrabrt , sondern d m geiben Farbstoff allein in einem 1lsh'chet.n Zustande ZUZO-

scbreiben ist. Wie leicht organische Subtsnzen wiihrend der Bearbeitung auch in ih rer LtfsHcbkcit cine Vdinde rung erleiden, davon geben a u d die nea entdeckten organischen

3 Ich befitze durch die Gute dsr Hewn Qeheimen Rathr Moler in Harlsrube Muster yon russischev Rkbrrbr r aus dem hi. serlicben Habinett in St. Petersburg, die iiber 30 Jahre alt ist, und zuin Theil ooch starkern Rhrbarbargcruch hat, als gute frircbe russircbe Rhabrthar!

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k&slien Bd. V11. S. 470 ff. dieser Annaltn auffatlende Be- lege. Auch das Sautonin eeigt ein iihnliches Verbalten We- nigstens schmeckt es an sieh fast gar nicht bitter, wiihrend Wurmsamen sich durch den bekannten hzcbst widarlich bit- tern Grschmaek auszeichnet, den er w&l grtirstentheils dem Santonin vedankt. Dafs dasselbe den wirkwrnsten Bestand- theil des Wurmsamens ausrnacht , beweistn aber die neue- rten damit angestellter? therapeutiscbeo Versuche. - Und d u Strebcn Mancher , bei Pllonzenanalyreo recht viele Stoffa aufzutinden, i d nicht zu loben, denn oft miigen die meisten, aortatt Edokte, nur Produkte de r Operation seyn. Icb 6"- stebe darum , dars icb Analysen der A r t , worin aua einern Ptlenzcntheil wenigstens- ein Paar Dutzend ausgeschiedeno &off e paradiren, immer mit Mifatrauen ansehe.

Horn e ma n n's Rhcrrmin (Berliner Jahrb. der Phormacie, 1891, S. 262 ff.) ist wohl nor mit Fett oder Wachs oder beiden verunreinigtas Rhabarbarin. *) Was de ssen Rha- ponticin ist (ebendas. S. 280), auf welches Alkalien gar nicht reagiren, wage ich niclit zu entacheiden. Es ist mir indes- sen nicbt wrhrscheinlich, d a b in der Rhapontik ein eigen- thiimlicher Stoff enthalten seyn sollte, der nicht auch in dcr Rhaoarbar des Handels vurkonime. Die ubrigen bisher als RMarborin, Rhobarbnrbrttcr u. 8. n. beschriebenen Substan- zen sind unreine Produkte. Am reinsten ist wohl noch dsr ron H e n r y duieh wicderholtes Fiillen aus dem Rhababar- auszug mit vie1 Wasser erhaltene; vielleicht nocb rnehr das ron V r u d i n mit Salpetersiiure dargestellte m c i n (Magrzin Rc Pharmacie Bd. 15. S. 145) , denn selbst starke Siiuren, concentrirtc Schwefelsike ausgenommen , scheinen auf Rha- barbarin nicbt oder our wenig verandernd einzuwirken. (Yergl. iiber Rhobarbarstoff auch L. G m e l i n ' s Lehrbuch der Chemic, 3te Auflsge, Bd. IL. S. 1004 ff.)

*) Auch dar nach o k n beschriebenen Methoden erhsltene Rha. harbarin kann nach Spuren von Fett enthalten. Gr.