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Cber den Wettstreit der Sehfelder.' Von Yrj6 Renqviet und Atle Malin. (Aus dem Physiologischen Institut der Universittit Helsingfors.) Wenn u-ir im Stereoskop dem einen Auge ein weiBes, dem anderen ein schwarzes Pigmentpapier darbieten, wettstreiten das weil3e und schwarze Gesichtsfeld und verschmelzen erst nach langerer Zeit. Stellt man diese Pigmentpapiere auf zwei im Stereoskop zu betrachtende rotierende Maxwellsche Scheiben, verschmelzen das weiBe und schwarze Gesichtsfeld dagegen gleich zu einem einzigen groBen Felde, das dieselbe graue Farbe zeigt, wie wenn wir auf einer Maxwellschen Scheibe 180° WeiB und 180° Schwarz zusammenstellen. Woher kommt dieser Unter- schied? Ohne Zweifel daher, da8 im ersteren Falle die Unebenheit des Pigmentpapiers deutlich zu sehen ist und unsere Aufmerksamkeit immer auf einzelne Punkte in einem der beiden Gesichtsfelder, sozusagen auf ein ,,Ohjekt" lenkt, wobei seine Farbe fur einen Moment dominierend wird. In dem letzteren Fdle mit den rotierenden Scheiben konnen wir dagegen in keinem , weder in dem weiDen noch in dem schwarzen Gesichts- feld irgendwelche einzelnen Punkte unterscheiden, die Gesichtsfelder sind gewissermden nur we33 und schwarz, die Aufmerksamkeit kon- zentriert sich auf keine Einzelheit und die Verschmelzung geht ohne Hindernisse vor sich. Der Wettstreit der Sehfelder hiingt auch von Figuren ab, die in den Feldern sichtbar sind, wie viele Forscher, wie Helniholz, E. A. Weber, Volkniann, v. Kries, Schenck, Stirling u. a. festgestellt haben.2 Gellhorn3 hat nachgewiesen, daB der Wettstreit oder die 1 Der Redaktion am 25. November 1927 zugegangen. Helmhole, Handbuch der phgsw&gk7ten Optik. 1910. Teil III. S. 410. Gellhorn, Pflugers Archiv f. d. ge8. PhysioZ. 1924. CCVI. S. 237; vgl. auch S. 209 und 1925. Bd. (ICVIII. S. 408. Skandinav. Archiv. LIV. 2

Über den Wettstreit der Sehfelder

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Cber den Wettstreit der Sehfelder.' Von

Yrj6 Renqviet und Atle Malin.

(Aus dem Physiologischen Institut der Universittit Helsingfors.)

Wenn u-ir im Stereoskop dem einen Auge ein weiBes, dem anderen ein schwarzes Pigmentpapier darbieten, wettstreiten das weil3e und schwarze Gesichtsfeld und verschmelzen erst nach langerer Zeit. Stellt man diese Pigmentpapiere auf zwei im Stereoskop zu betrachtende rotierende Maxwellsche Scheiben, verschmelzen das weiBe und schwarze Gesichtsfeld dagegen gleich zu einem einzigen groBen Felde, das dieselbe graue Farbe zeigt, wie wenn wir auf einer Maxwellschen Scheibe 180° WeiB und 180° Schwarz zusammenstellen. Woher kommt dieser Unter- schied? Ohne Zweifel daher, da8 im ersteren Falle die Unebenheit des Pigmentpapiers deutlich zu sehen ist und unsere Aufmerksamkeit immer auf einzelne Punkte in einem der beiden Gesichtsfelder, sozusagen auf ein ,,Ohjekt" lenkt, wobei seine Farbe fur einen Moment dominierend wird. In dem letzteren Fdle mit den rotierenden Scheiben konnen wir dagegen in keinem , weder in dem weiDen noch in dem schwarzen Gesichts- feld irgendwelche einzelnen Punkte unterscheiden, die Gesichtsfelder sind gewissermden nur we33 und schwarz, die Aufmerksamkeit kon- zentriert sich auf keine Einzelheit und die Verschmelzung geht ohne Hindernisse vor sich.

Der Wettstreit der Sehfelder hiingt auch von Figuren ab, die in den Feldern sichtbar sind, wie viele Forscher, wie Helniholz, E. A. Weber , Volkniann, v. Kries , Schenck, S t i r l ing u. a. festgestellt haben.2 Gellhorn3 hat nachgewiesen, daB der Wettstreit oder die

1 Der Redaktion am 25. November 1927 zugegangen. Helmhole, Handbuch der phgsw&gk7ten Optik. 1910. Teil III. S. 410. Gellhorn, Pflugers Archiv f. d. ge8. PhysioZ. 1924. CCVI. S. 237;

vgl. auch S. 209 und 1925. Bd. (ICVIII. S. 408. Skandinav. Archiv. LIV. 2

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Verschmelzung der Sehfelder davon abhangen, welcher von beiden Fak- toren das Auftreten der Figur bei der Gesichtswahrnehniung als Figur befordert. Der folgende kleine Versuch beleuchtet das gut. Wenn das eine Auge iin Stereoskop ein durch ein weiBes Papier gebildetes Gesichts- feld, das andere eiii schwarzes und auf den beiden Papierstucken 2 Papier- kreischen zu betrachten hat, von denen das schwarze auf den1 weiBen, das weiSe auf dem schxarzen Papierstuck angebracht ist, so ist der Wettstreit besonders stark. Me Papierkreise verschnielzen nicht mit- einander. Wenn aber der schwarze und weiBe Kreis, beide aiif einem aeiBen Hintergrunde angebracht werden, verschmelzen eie zienilich leicht zu einem Kreise. Wenn im ersteren Falle Verschmelzung statt- fande, wiirden die Figuren nicht niehr sichtbar sein, sondern es wiirde eine graue Figur auf gleichfarbig grauem Hintergrund entstehen. Ini letzteren Falle dagegen hebt die Verschmelzung das Sichtbarwerden des Kreises als Figur nicht auf, sondern verstarkt es im Gegenteil.

Die Bedeutuny der Einzelheiten und der ,,Gestalt" der Figur beiin Wettstreit der Sehfelder deutet darauf hin, daB dieser in Verbindung mit dem direkten Sehen steben mu13; bei indirektem Sehen ist namlich die ,,Gestaltung" nur schwach.

Wir ha,ben versucht, den Wettstreit der Sehfelder unter den ein- fachsten Verhaltnissen zu untersuchen, uriter Ausschaltung der Ein- wirkung von Figuren und nur in AbhZingigkeit von der GroSe der Ge- sichtsfelder, von der Lage der Felder zur Gesichtslinie, von dem Adap- tationszustand der Augen und von den Farben der Sehfelder.

Die Versuchsanordnung ist dabei die folgende. In einem Zeiss- Stereoskop wird jedes Gesichtsfeld durch ein schwarzes Diaphragma begrenzt, in dessen Mitte sich eine runde Offnung befindet. Hinter jeder Offnung sind zwei Maxwellsche Scheiben angebracht, die durch einen elektrischen Motor getrieben und von einer elektrischen Lampe hinter dem Diaphragma beleuchtet werden. Die Lichtstkke der Lampe la& sich vermittelst eines Widerstandes verhdern. Die auf den Scheiben angebrachten wettstreitenden Farben erscheinen so in sogenanntem redu- zierten Zustande (Hering), in dem die Farbe moglichst frei von Formen, fast als ,,bloB" Farbe wahrgenommen wird. Die Offnungen der Dia- phragmen haben wir in drei verschiedene GroBen gestaltet, entsprechend den Gesichtswinkeln 2, 4l/, und 13l/,O.

Um die Starke des Wettstreites der Gesichtsfelder beurteilen zu konnen, haben wir die Zeit bestimmt, die dieser Wettstreit dauert und aul3erdem seine subjektive Sttirke geschatzt. Das Aufhoren des Wett-

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_ _ P s n t r . ipeliph.1

streites la,& sich nieist nicht genau bestimmen ; wir haben deswegen bei unseren Versuchen zwei Stoppuhren verwandt, mit der einen die Zeit gemessen, in der der Wettstreit deutlich wahrnehmbar ist, wahrend lrir mit der zweiten die Zeit bis zur Beendigung des Wettstreites fest- stellten, wonach die Verschmelzung der Gesichtsfelder also vollstandig war. Der letztere Wert ist ohne Zweifel genauer zu bestimmen und auf ihm basieren wir hauptsachlich unsere Untersuchung.

Damit iiberhaupt Wettstreit wahrnehmbar wird, mussen die li'elder stark beleuchtet sein. Wenn wir die Intensitat der das Feld beleuchtenden Lampe schwachen, wird der Wettstreit auf Feldern von jeder GroBe, auch wenn sie zentral sind, bald ganz gehemmt. Das ist auch ganz naturlich. In dunkeladaptierten, farbenblinden Augen kann natiirlich kein Farbenwettstreit entstehen. Darum haben wir alle Versuche mit gut beleuchteten Gesichtsfeldern ausgefiihrt.

Tabelle 1. Gleich starke Farben wettstreiten.

Vemuchsperson R.

D r k e T t

zentr. I periph.

I1 Rot- Griin I Gelb-Blau yri 1 D F ; d a T

zentr. periph. zentr. I periph. ---,-

Wir untersuchen zuniichst den EinfluS der GroBe des Gesichts- feldes. In Tab. 1 sehen wir die Ergebnisse fiir die Versuchsperson R. -41s Farben haben wir Ostwalds Rot und Griin (in der linken Hiilfte der Tabelle) venvandt, fur das linke Auge 3600 Rot, fur das rechte 360O Griin. Dies sind Komplementiirfnrben und auSerdem fast gleich stark, da Rot 590 und Grin 56O W e 3 entspricht. In der rechten Halfte der Tabelle sind Ostwalds Gelb und Blau, die ebenfalls gleich stark sind, 520 WeiD entsprechend. (Dem Gelb, dessen Stiirke 1200 WeiB entspricht, ist Schwarz beigegeben.) Die erste Kolumne der Tabelle gibt die GriSBe des Gesichtsfeldes an, die iibrigen Kolunlnen zeigen die Zeitdauer des Wettstreites, in Klammern die voll deutlich wahrnehmbare Zeit des Wettstreites , mit fetten Zahlen ihre Gesamtdauer. Beide Ver- suche, der mit Rot-Griin und der mit Gelb-Blau, sind mit hell- und

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dunkeladaptierten Augen ausgefiihrt, xie aus der Tabelle ersichtlicli ist. Die Augen werden helladaptiert, indeni man ungefahr 5 Minuten zum Penster hinaussieht und dunkeladaptiert, indem man sie fur 5 Mi- iiuten zubindet. In beiden Adaptationszustanden wwrden die Versuche mit immer gut beleuchteten und sowohl zentralen wie periphereii Ge- sichtsfeldern angestellt. Bei den peripheren Versuchen wurde der Fixier- punkt mit weil3er Farbe markiert und lag 1,80 voiri nachsten Rand des rechts von ihni gelegenen Gesichtsfeldes. Die GroDe des Gesichtsfeldes betrug, wie aus der Tabelle ersichtlich ist, sowohl in zentraler wie in peripherer Lage 2, 41/2 und 13I/,O. Die Versuche wurden alle erst aus- gefuhrt, nachdem die Versuchspersonen sich an die Aufgabe gewohnt liatten. Da wir unser Interesse nur der Frage zuwandten, ob der Wett- streit lange oder kurze Zeit dauert oder gar nicht eintritt. lag kein Gruncl vor, niit Hilfe vieler Bestimmungen Mittelwerte der Zeitdauer zit be- rechnen, deren Bedeutung doch nur zweifelhaft wSire. Eine einzige von einer geubten Versuchsperson ausgefuhrte Versuchsreihe ist in Fallen, wo den Werten keine quantitative Bedeutung gegeben wird, zuverlassiger als unbestimmte Mittelwerte.

Wenn die Augen helladaptiert und die Gesichtsfelder zentral sind, dauert, wie man sieht, bei allen FeldgroSen der Wettstreit lange, und subjektiv ist der Wechsel schroff, Rot geht schroff in Grun uber und umgekehrt. Bei den kleinsten, 2 O groBen Gesichtsfeldern dauert der Wett- streit Rot-Grun bei zentralem Sehen 106 Sek., wenn die Felder groDer, 4,5 und 13,5O sind, nur 79 und 86 Sek. Bei den Fa<rben Gelb-Braun ist die Zeitdauer des Wettstreites fur alle Felder ziemlich gleich groB (50 bis 60 Sek.). Bei der Unsicherheit der Zeitbestimmungen l&Bt sich aus diesen Zahlen nur folgern, dal3 der Wettstreit Rot-Grun etn-as lilnger dauert als der Wettstreit Gelb-Blau. Wenn wir dann die beiden letzten Kolumnen in der linken und rechten Halfte der TalJelle betrachten, in der die Ekgebnisse der mit dunkeladaptierten Augen und in der Peri- pherie liegenden CTesichtsfeldern angestellten Versuche verzeichnet sind , SO sehen wir, daB hier kein Wettstreit sich zeigt. In den helladaptierten Yeripherien kann dagegen, wie BUS der zweiten Kolumne jedes Teiles der Tabelle hervorgeht, wohl Wettstreit stattfinden. Die Dauer des Wettstreites ist d a m allerdings bedeutend geringer (20 bis 40 Sek.), als wenn die Felder zentral liegen (60 bis 100 Sek.). Besonders bei den Farben Rot-Griin sind die betreffenden Zeiten (15 bis 30 Sek.) vie1 kleiner als die entsprechenden zentraleii Werte (80 bis 100 Sek.). Bei den Farben Blau-Gelb ist die Dauer des Wettstreites in den groDeren Gesichtsfeldern

VBER DEN WETTSTREIT DER SEHFELDER. 21

41/2 und 131/20 zienilich groB (40 Sek.). SchlielSlich sehen wir noch, da13 auch bei dunkeladaptierten Augen in den Gesichtsfeldern Wettstreit auftritt, aber nur in zentralen Feldern. Die Dauer des Wettstreites ist dann allerdings gering (0 bis 45 Sek.). Bei den Farben Gelb-Blau scheint anch hier die Zeitdauer hei groberen Gesichtsfeldern groBer zu sein (19? und 22 Sek.).

Hei gut beleuchteten nnd gleich farhenstarken Feldern dauert der Wettstreit der Sehfelder also an1 langsten in zentralen, helladaptierten Gesichtsfeldern und ist dann auch am starksten und schroffsten in den Ubergaiigea. Kiirzer dauert der Wettstreit in peripheren helladaptierten Gesichtsfeldern. Kurz ist er auch, wenn die Felder vor dem Versuche dunkeladaptiert sind, auch wenn sie zentral liegen; dann ist der Wett- streit auch weniger schroff in den n e r g h g e n und weniger deutlich. In der Peripherie von dunkeladaptierten Feldern findet iiberliaupt kein Wettstreit statt, obwohl der Versuch in guter Beleuchtung ausgefiihrt wird, so daB wahrend des Versuches die Gesichtsfelder sehr schnell hell- adaptiert werden und die Farben in den Feldern bei Einzelbetrachtung sehr gut sichtbar sind.

Da wir den funktionellen Bau der Netzhaut kennen, konnen wir das obige Ergebnis im Licht des funktionellen Untersohiedes der StZibchen und Zapfen betrachten. Wir sehen dann, dall der Wettstreit am liingsten dauert und am starksten ist, aenn die Funktion der Zapfen donMert. Das ist der Fall bei Versuchen, wo die Gesichtsfelder im Zentrum liegen, wobei die zapfenreiche Macula centralis einbezogen wird, und zweitens bei Helladaptation der Netzhaut, die dem Versuoh vorausgeht, wobei vor allem die Zapfen in Funktion treten, w w n d die Stiibohen mebr zuriicktreten. Wenn der Versuoh i n den erwilhnten beiden Fallen vor allem auf der Funkt ion der Zapfen sioh griindet, das Gesichtsfeld also zent ra l und vorher helladaptiert i s t , so i s t der Wet t s t re i t am starksten. Wenn das Gesichts- feld helladaptiert i s t , aber in der Peripherie l iegt, i s t der Wet t s t re i t bedeutend kiirzer und schwlcher, was wir i n Verbindung bringen mi t der relativen Zapfenarmut der Peripherie der Netzhaut gegeniiber dem Zentrum. Wenn das Gesichtsfeld vor einem im Zentrum angestellten Wet t - streitversuch dunkeladaptiert i s t , t r i t t auoh Wet t s t r e i t auf, aber nur kurz und schwach. I n Verbindung mi t der Dunkeladaptation macht sich also eine die Zeitdauer des Wet t s t re i tes beeinflussende Hemmung geltend, die n ich t

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I Rot-Griin -

in der Dunkeladapta t ion a l s solcher liegen kann, d a y \vie e rwahnt , der Wet t s t re i tversuch i n gu te r Beleuchtung an- gestel l t wird und die Augen also f a s t vom Begiiin des Ver- suches a n ta t sachl ich he l ladapt ie r t s ind und die Farben vonl Anfang des Versuches an gut gesehen werden, was man feststellen kann, wenn man abwechselnd das rechte und das linke Auge schlieBt.

Wenn schlieBlich die Augen vorher dunkeladapt ie r t sind und die Versuche mi t per ipheren Gesichtsfeldern aus- gefiihrt werden, t r i t t i iberhaupt kein Wet t s t r e i t auf. Auch hier kann natiirlich das Ausbleiben des Wettstreites nicht auP der Dunkeladaptation als solcher beruhen und zwar aus demselben Grunde wie in dem obenerwahnten Ball. Wahrend des Versuches vierden die Augen helladaptiert, man wiirde also wie bei den Versuchen, wo die Peripherie von Anfang an helladaptiert war, in der Peripherie jedenfalls Wettstreit erwarten. Wir bemerken also, da13 vorhergehende Dunkeladaptation irgendwie indirekt hemmend auf den Wettstreit der farbigen Gesichts- felder einwirkt, und zwar macht sich diese Einwirkung sowohl, wenn die Felder zentral wie auch, wenn sie peripherisch liegen, geltend. Im ersteren Falle verkiirzt die Dunkeladaptation im allgemeinen nur die Zeit- dauer des Wettstreites, im letzteren Falle verhindert sie diesen ganz.

Tabelle 2. Gleich starke Farben wettstreiten.

Versuchsperson M.

Gelb-Blau

Dunkeladapt.

1 1 2 I ~ 3 I T - - Helladapt.

2 O 4.6O

13.6O

I zentr. I periph. )I zentr. I periph. I zentr. 1 periph. I/ zentr. I periph.

(41) 68 (6) 15 W. Spur. (48)67 (32) 51 (10)17 W. Spur. (34)47 (36) 64 (7)18 W. Spur. (49)Sa

UBER DEN I~ETTSTREIT DER SEHFELDER. 23

adaptierten Peripherien tritt gar kein oder nur eben wahrnehmbarer Wettstreit auf. Die Versuche mit der Versuchsperson $1. stutzen also unsere friiheren Folgerungen.

Tabelle 3. Komplementarfarben wettstreiten.

Versuchsperson R.

Gelb-Blau I/ Rot-Griin I 11 Helladapt. / / Dunkeladapt. I Helladapt. / I Dunkeladapt..

1 1 zentr. I periph. zentr. periph. zentr.

(16)32 (26)42 (4) 9 (67)81 (16)29 (27)39 (5) 11 (47)68 (14)23 (12)24 (6) 9 (32)69

periph.11 zentr. 1 periph.

Neben gleich starken Parbenpaaren haben wir bei unsern Versuchen auch Komplementarfarben verwandt. Auch hier haben wir die Paare Rot-Grun und Gelb-Blau gewahlt. Die Verschmelzungsfarbe war dann grau, wahrend sie bei dem fruheren Versuche also schwach rotlich oder gelblich war. Die Tabelle 3, die genau so angeordnet ist, wie die fruheren, zeigt das Ergebnis der Versuche mit der Versuchsperson R. Diese stimrnen fast vollstandig mit den Resultaten der friiheren, mit gleich starken Farben angestellten Versuche uberein. Die einzige Ausnahme bilden die Er- gebnisse mit den vorher dunkeladaptierten peripheren rot-griinen Feldern, wo hier ein gmz kurzer Wettstreit auftritt (9 bis 11 Sek.). Vielleicht haben wir das so zu deuten, d& in vorher dunkeladaptierten Feldern,

Tabelle 4. Komplementarfarben wettstreiten.

Versuchsperson M.

Gelb-Blau /I Rot-Griin I I( Helladapt. 1 1 Dunkeladapt. I Helladapt. 11 Dunkeladapt.

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24 YRJO HEXQVIST URD ATLE MALIN:

wenn der Wettstreitversuch in1 Lichte ausgefiihrt wird (11-0 die Zapfen also schnell in Funktion treten), es leichter ist, Wettstreit festzustellen, wenn die Verschmelzungsfarbe grau ist, als wenn sie einer der beiden wettstreitenden Farben (Rot) ahnelt.

Tabelle 4 zeigt das Ergebnis der Versuche mit Komplementarfarben bei derVersuchspersonM. Auch diese stimmen mit den Ergebnissen der mit gleich starken Farben bei der gleichen Versuchsperson ausgefiihrten Ver- suche (Tab. 2) iiberein. In allen vier Tabellen ist demnach der Wettstreit am 1iingstenimZentrum desGesichtsfeldesund wenn dieAugen helladaptiert sind. Kiirzer ist der Wettstreit in der Peripherie der Pelder, wenn vorher Hella- daptation stattgefunden hat, oder im Zentrum der Gesichtsfelder, wenn die Augen vorher dunkeladaptiert sind und schliel3lich fehlt Wettstreit im allge- meinen in derperipherie des Gesichtsfeldes bei vorheriger Dunkeladaptation.

Wir wollen noch die im Zentrum der Sehfelder mit vorher hell- adaptierten Augen in 2 und 4'/,0 grol3en Gesichtsfeldern angestellten Versuche vergleichen. Bei beiden Versuchspersonen R. und M. ist die Zeitdauer in den groSeren, 4'/,O betragenden Feldern kleiner als in den kleineren von 20, die ganz in die Macula centralis fallen. Dieser Unter- schied ist zwar im allgemeinen nicht sehr groS, aber da er immer dieselbe Richtung aufweist, kann er wirklich sein. Eine Ausnahme bildet die Zeitdauer bei gleich starkem Gelb-Blau bei der Versuchsperson R. (Tab. 1.). Wie lUt sich die Verringerung der Zeitdauer in 4l/,O groSen Gesichts- feldern, verglichen rnit Gesichtsfeldern von 20, die in die Macula cen- tralis fallen, erklaren? Eine Moglichkeit wiire, daS die VergroSerung der Gesichtsfelder an sich verkiirzend auf die Dauer des Wettstreites einwirkte. Ein Vergleich zwischen der Zeitdauer des Wettstreites bei den Gesichtsfeldern 4l/, und 13l/,O zeigt jedoch, daL3 bei dem letzteren groSeren Felde die Zeitdauer im allgemeinen langer ist, als bei dem kleineren Felde. Besonders bei der Versuchsperson M. ist das der Fall, wahrend die Versuchsperson R. hiervon eine Ausnahme aufweist (gleich starkes Gelb-Blau). Wenn die Groh der Gesichtsfelder an sich von EinnuS wgre, rniiSte demnach die Dmer des Wettstreites bei Gesichts- feldern von 4l/,O groSer sein als bei solchen von 2O. Da aber tat- sachlich die Verhaltnisse umgekehrt liegen, liiBt sich der Vorgang nicht anders erklken, als daB in dem groSeren Felde, in das auch die Macula centralis ganz hineinfallt, neu hinzutretende Feldteile hemmend auf den Wettstreit einwirken. So wirken wahrscheinlich die a n den Randern der Fe lder von 4I/,O auf t re tenden Stabchen hem- mend ein auf den bei 20 i n ziemlich reinen Zapfenfeldern

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vor sich gehenden Wet ts t re i t . Wir h a t t e n also hier einen F a l l von hemmender Einwirkung der S tabchen auf die Ta t igke i t der Zapfen , wie sie v. Liebermann en tdeckt hat. In dieseni Zusamnienhang ist zu erwahnen, dall Trendelenburgl nachgewiesen hat, da13 kein Wettstreit der farbigen Sehfelder stattfindet, wenn die Fejder ganz in der Fovea centralis liegen, d. h. nur 30 oder 15 Bogenminuten betragen. In so kleinen Feldern geht die Verschmel- zung gleich vor sich. Dementsprechend wies Trendelenburg nach, dal3 der Wettstreit immer schwacher wurde, wenn das Feld von 2O ab immer mehr verkleinert wurde.

Bei Sehfeldern, die ganz in die Macula fallen, ist demnach der Wett- streit immer stiirker, je groBer sie sind, was unsere Ansicht von dem hemmenden EinfluB der Stabchen stiitzen wiirde.

Wenn wir die Versuche, die im Zentrum in 2und 41/,0 groBen Ge- sichtsfeldern mit dunkeladaptierten Augen angestellt wurden, ver- gleichen, so bemerken wir den obigen Vorgang noch deutlicher (eine Ausnahme bildet wiederum gleich krWges Gelb-Blau bei R. und M.). Die Dauer des Wettstreites ist deutlich geringer bei Feldern von 4l/,o als bei solchen von 2O GroSe. Bei dunkeladaptierten Augen ist die Zeit- dauer des Wettstreites in den groaten Feldern von 131/,0 im allgemeinen aber noch geringer als bei Feldern von 4l/,O GroBe, so daB sich hier wohl nur schwer niit Sicherheit etwas iiber die Tatigkeit der Sttibehen folgern lut.

Wenn wir die in der ersten und dritten mwie zweiten und vierten Spalte der Tabellen enthaltenen Angaben iiber die Zeitdauer des Wett- streites in gleich grol3en Feldern vergleichen, so khnen wir feststellen, dafi der Wettstreit fast ausnahmslos (die einzige Ausnahme bilden die Komplementiirfarben Rot-Griin bei der Versuchsperson M. in den 2 und 4l/,O groBen Feldern) und besonders deutlich bei der Versuchsperson R. liinger dauert nach vorheriger Helladaptation, als wenn vor dem Ver- suche die Augen dunkeladaptiert waren. Und zwar tritt diese Erscheinung sowohl in zentralen wie peripheren Feldern auf. Wie i s t diese schon friiher e rwahnte , den Wet t s t r e i t hemmende Einwirkung der Dunkeladapta t ion zu e rk la ren? Wie friiher dargelegt wurde, kann die Dunkeladapta t ion als solche den Wet t s t r e i t n i ch t hemmen, denn der Wet t s t re i tversuch wird i n gu te r Be- leuchtung ausgefuhr t , wobei die F a r b e n g u t s i ch tba r sind. Wenn wir die in Tabelle 1 angegebenen Zeitdauer bei den Farben-

Trendelenburg, W., Zeitschr.J.Sinnesphysio2. 1913. Bd.XLVIII. S.203.

26 YRJO RENQVIST UND ATLE MALIR':

paaren Rot-Griin betrachten, so, sehen wir, daS sie in der Per ipherie 45 Sek. bei helladaptierten und 0 Sek. bei vorher dunkeladaptierten Augen betragt. Das vollstandige Ausbleiben des Wettstreites in1 letzteren dunkeladaptierten Falle ist schwer zu erklaren. Die Augen werden hier doch in sehr viel kiirzerer Zeit als 45 Sek. (sofort) hell- adaptiert und sind also schnell imstande, Farben zu sehen; waruni findet, wenigstens nach einigen Sekunden, kein Wettstreit statt ? Der Grund l iegt ohne Zweifel in der Ar t , wie die Sehzentreii wirksam sind. Diese diirften die Fahigkei t oder Neigung haben, den einmal e ingetretenen, durch die Verschinelzung de r Fa rben der Sehfelder bewirkten Farbeneindruck z u be- wahren. Obgleich die ,,peripheren" Verhal tnisse spa te r s o werden konnen, daS Wet t s t r e i t au f t r e t en konnte , wird dieser doch verh inder t , wenn das Zent rum sein ,,Gleich- gewicht" e r langt hat. Die Sache liegt dann, soviel wir sehen, so, daB das Resultat der Verschmelzung, die erhaltene ,,Gestalt", eine deutliche Tendenz zur Priignanz zeigt und nach Erlangung dieser Prag- nanz nicht wieder sich in Wettstreit auflost.

Noch merkwiirdiger ist vielleicht ein Vergleich zwischen den hell- und dunkeladaptierten zentralen Gesichtsfeldern. Weswegen verkiirzt hier vorherige Dunkeladaptation die Dauer des Wettstreites bei den ent- sprechenden FeldgroSen? Hier ist die obige Auffassung als solche nicht am Platze. Auch nach Dunkeladaptation tritt hier Wettstreit der Ge- sichtsfelder auf, ,,Gestalt", Gleichgewicht ist hier also nicht eingetreten. Man hat die Sache wohl so aufzufassen, d& vorherige Dunkeladaptation, auch wenn diese wahrend des Wettstreitversuches sich in Helladaptation verwandelt, die Sehzentren in einen fur Verschmelzung schneller empfang- lichen Zustand versetzt hat.

Wenn wir dann noch die Kolumnen 1 und 2 sowie 3 und 4 in den Tabellen miteinander vergleichen, sehen wir, wie in jedem Adaptations- zustand, bei jeder Grol3e des Gesichtsfeldes die Zeitdauer des Wett- streites bedeutend grol3er ist im zentralen Gesichtsfeld als im peripheren. Wet t s t r e i t der Gesichtsfelder s t e h t also im Zusammenhang m i t d i rek tem Sehen. I n der Per ipher ie i s t der Wet t s t r e i t viel schwacher oder un terb le ib t ganz. Dieser Ums tand h a t nat i i r l ich groBe Bedeutung. I n die Zentren der N e t z h l u t e , die beiden Macylae centrales f a l l t das Licht immer von dem gleichen P u n k t der AuBenwelt, a ls gleichfarbiger Lichtreiz. Unter normalen Verhal tnissen kommen dem-

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nach die Zentren der Netzhaute nie i n die Lage, in W e t t - s t r e i t e inzut re ten , nu r die Yersuchsverhal tnisse konnen einen solchen anormalen Zus tand schaffen. Wenn die Punkte an der Peripherie der Netzhaute dagegen eine ebenso starke Neigung zum Wettstreit hatten, wie die Zentren, so hatten sie dazu auch unter normalen Verhaltnissen immer Gelegenheit. In ein paar peri- pheren Punkten der beiden Netzhaute fallen entsprechend der Orien- tierung der Augen und den veranderlichen auSeren Gesichtsfelder die Bilder von demselben oder verschiedener Punkte der AuSenwelt. Wenn diese verschiedenfarbig sind, lagen in dieser Beziehung also immer Mog- lichkeiten zu Wettstreit vor. DaS das aber fur das Sehen eine Unmog- lichkeit ware, ist ohne weiteres klar. Nur die Zentren der Netzhaute bewirken unter abnormen Verhaltnissen die abnorme Wettstreitreaktion. Die Peripherien beider Netzhaute dagegen haben sich untere inander a n wechselnden Reizkombinat ionen angepaSt ; schnelle Verschmelzung t r i t t bei ihnen als Reakt ion auch be i unseren Versuchsverhiiltnissen auf.

Die Verhaltnisse, unter denen Wettstreit zwischen den Netzhauten entsteht, erinnern in gewisser Weise an die Entstehung von Doppel- bildern. Diese sind in den Zentren der Netzhaute am deutlichsten. In der Peripherie dagegen treten sie schwacher oder gar nicht auf; da dort bekanntlich die Disparation den Tiefeneindruck bewirkt.

Merkwurdiger als der Wettstreit der Sehfelder ist jedoch das Auf- horen des Wettstreites und die Verschmelzung verschiedenfarbiger Felder. Auch unter den als abnorme zu bezeichnenden Versuchsverhaltnissen gewohnt sich der Sehapparat bald an die Situation; das ist funktionelle Plastizitat der Zentren.

Auf dem zent ra lnervosen Charakter des Wet t s t r e i t e s der Sehfelder be ruh t auch die von uns gemachte Beobach- t u n g , daB Augenblinzeln und Wil lensanstrengung i h n be- einf lussen. Besonders zu Beginn des Wettstreites, wenn dieser noch schroffen Wechsel zeigt, kann man durch den Willen und durch Blinzeln den Farbenwechsel herbeifuhren; mit Hilfe des Willens kann man so in beschrankten Grenzen die konkurrierenden Farben wechseln lassen. Willensimpuls, motorisches Augenblinzeln und sensorischer Farben- wettstreit stehen in Beziehung zueinander.