11
Band 80 "] Yajnik, Kapur und Malhotra, Die Adsorption yon Niederschl~igen 155 Heft 2 (1937)A Vergleich im Adsorptionsverm6gen der Hydroxyde. Wenn man das Adsorptionsverm0gen der ein- zelnen Hydroxyde untereinander vergleicht, so findet man, wenn sich auch eine eindeutige Ent- scheidung nicht treffen lfigt, daf5 im allgemeinen Chromhydroxyd das gr6gte Adsorptionsverm6gen besitzt, dann kommt Aluminiumhydroxyd und zum Schlug das Eisenhydroxyd. Weiser und Scherricl*), die die Adsorption von lonen an BaSO~ wfihrend der Bildung des Niederschlages untersuchten, gaben der Vermutung Ausdruck, dab vorzugsweise die Ionen adsorbiert w/irden, die mit Bariumsulfat schwerl6sliche Komplexe bilden k6nnen. Mehr bzw. fihnliche Ergebnisse erhielt Dhar (loc. cit.). Dhar x2) vermutete ebenfalls, dab diejenigen Ionen, die mit dem Adsorbens Komplexsalze zu bilden vermOgen, hOchstwahrscheinlich auch am meisten adsorbiert w/irden. Dies legt nahe, dab die Menge der ad- sorbierten Ionen durch den Grad tier chemischen Affinitfit des frisch geffillten Niederschlags zu den einzelnen Ionen bestimmt wird. Der Unterschied im Adsorptionsverm6gen der untersuchten Hydr- oxyde kann jedoch nicht yon der verschiedenen 11) Weiser, loc. cit. 12) Dhar, J. physic. Chem. 28, 457 (1924). physikalischen Beschaffenheit herrfihren, da alle nur m6glichen Vorkehrungen getroffen wurden, um diese gleich zu halten. Das verschiedene Ver- halten kann daher nut auf Unterschiede in tier chemischen Natur zur/ickgeffihrt werden, die auf die Bildung schwerl6slicher Sake Einflug hat und die auch chemische Reaktionen zur Folge haben kann. So wird z. B. t<2Cr207 in Gegenwart yon AI(OH)a infolge dessen stark einseitig bevor- zugten Adsorption ffir Wasserstoffionen in CrO~ fibergef~hrt. Cr207 + H~O -+ 2 CrO~ + 2 n'. So k6nnen wit, wenn wir die Reihenfolge und das Ausmal3 der Adsorption an den Aluminium-, Eisen- und Chromhydroxyden kennen, bei gravi- metrischen Bestimmungen dieser Kationen Fehler vermeiden, indem wir die st~irkst adsorbierten Anionen fernhalten. Zusammenfassung. Es wird die Adsorption zahlreicher Anionen an A12Oa, F%O a und Cr~O. gemessen und die Reihenfolge ihrer Adsorbierbarkeit festgestellt. Die Adsorbierbarkeit an den genannten Sub- stanzen wird kdneswegs nur dutch die Wertigkeit der Ionen bestimmt, es kommt noch ein spezi- fischer chemischer Faktor (Bildung unl6slieher oder komplexer Sake usw.) hinzu. Uber die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches. Won J. Schormiiller (Berlin). (Eingegangen am 1. Juni 1937.) (Reichsgesundheitsamt, Biologische Abteilung.) Im folgenden soil die Adsorption yon Farb- stoffen an Proteinen des Fleisches nfiher unter- sucht werden. Die lsolierung der Proteine er- folgte nach dem von K. Beck und H. Urack 1) angegebenen Verfahren durch Extraktion des Fleisches mit konzentrierter Harnstoffl6sung. Zur Gewinnung der Proteine wurde Fleisch er- sch6pfend mit konzentrierter HarnstofflOsung behandelt und aus den Extrakten dnrch Ver- d/innen mit Wasser bzw. dutch Dialyse der Ex- traktfl/issigkeiten ein Protein geffillt, alas in der folgenden Untersuchung als Extrakteiweig be- zeichnet wird. Der R/~ckstand der Extraktion, im folgenden Fasereiweig genannt, wurde mit Wasser grfindlich bis znr Harnstofffreiheit ge- waschen und gleich dem Extrakteiweig nach Be- handlung mit Alkohol, Ather und Azeton ge- trocknet. Nach Untersuchungen yon Beck und 1) t<. Beck und H. Urack, Z. Unters. Lebensm. 65, 399 (1933). Urack, sowie nach neuen, demnfichst verOffent- lichten Arbeiten zeigen beide Proteinarten weit- gehend chemisch gleiehe Zusammensetzung. Die gleiche Art der fraktionierten Gewinnung yon Proteinen wurde auch auf verschiedene Organe eines Pferdes ausgedehnt. Unterschiede zwischen beiden Proteinarten liegen vor allem in morpho- logischer und in chemisch-physikalischer Hin- sieht vor. Zweck der folgenden Untersuchungen ist, die Vorgfinge beim Umsatz von Gewebsproteinen mit Farbstoffen und die etwa dabei auftretenden Unterschiede in der kolloidchemischen Struktur, der Dispersitfit und anderen Faktoren weiter zu kl~iren. Die Vorgfinge der Farbstoffadsorption an Proteine, vor allem an Fasern haben eine ver- schiedene Deutung erfahren. Wfihrend O.N. Witt noch annahm, dab der Farbstoff eine feste L6sung in der Faser bilde, zeigt O. v. Oeorgie-

Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

Band 80 "] Yajnik, Kapur und Malhot ra , Die Adsorpt ion yon Niederschl~igen 155 Heft 2 (1937)A

Vergle ich im A d s o r p t i o n s v e r m 6 g e n der H y d r o x y d e .

Wenn man das Adsorptionsverm0gen der ein- zelnen Hydroxyde untereinander vergleicht, so findet man, wenn sich auch eine eindeutige Ent- scheidung nicht treffen lfigt, daf5 im allgemeinen Chromhydroxyd das gr6gte Adsorptionsverm6gen besitzt, dann kommt Aluminiumhydroxyd und zum Schlug das Eisenhydroxyd. Weiser und Scherricl*), die die Adsorption von lonen an BaSO~ wfihrend der Bildung des Niederschlages untersuchten, gaben der Vermutung Ausdruck, dab vorzugsweise die Ionen adsorbiert w/irden, die mit Bariumsulfat schwerl6sliche Komplexe bilden k6nnen. Mehr bzw. fihnliche Ergebnisse erhielt Dhar (loc. cit.). Dhar x2) vermutete ebenfalls, dab diejenigen Ionen, die mit dem Adsorbens Komplexsalze zu bilden vermOgen, hOchstwahrscheinlich auch am meisten adsorbiert w/irden. Dies legt nahe, dab die Menge der ad- sorbierten Ionen durch den Grad tier chemischen Affinitfit des frisch geffillten Niederschlags zu den einzelnen Ionen bestimmt wird. Der Unterschied im Adsorptionsverm6gen der untersuchten Hydr- oxyde kann jedoch nicht yon der verschiedenen

11) Weiser, loc. cit. 12) Dhar, J. physic. Chem. 28, 457 (1924).

physikalischen Beschaffenheit herrfihren, da alle nur m6glichen Vorkehrungen getroffen wurden, um diese gleich zu halten. Das verschiedene Ver- halten kann daher nut auf Unterschiede in tier chemischen Natur zur/ickgeffihrt werden, die auf die Bildung schwerl6slicher Sake Einflug hat und die auch chemische Reaktionen zur Folge haben kann. So wird z. B. t<2Cr20 7 in Gegenwart yon AI(OH)a infolge dessen stark einseitig bevor- zugten Adsorption ffir Wasserstoffionen in CrO~ fibergef~hrt.

Cr207 + H~O -+ 2 CrO~ + 2 n ' . So k6nnen wit, wenn wir die Reihenfolge und

das Ausmal3 der Adsorption an den Aluminium-, Eisen- und Chromhydroxyden kennen, bei gravi- metrischen Bestimmungen dieser Kationen Fehler vermeiden, indem wir die st~irkst adsorbierten Anionen fernhalten.

Z u s a m m e n f a s s u n g . Es wird die Adsorption zahlreicher Anionen

an A12Oa, F%O a und Cr~O. gemessen und die Reihenfolge ihrer Adsorbierbarkeit festgestellt.

Die Adsorbierbarkeit an den genannten Sub- stanzen wird kdneswegs nur dutch die Wertigkeit der Ionen bestimmt, es kommt noch ein spezi- fischer chemischer Faktor (Bildung unl6slieher oder komplexer Sake usw.) hinzu.

Uber die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fle i sches . Won J. Schormii l ler (Berlin). (Eingegangen am 1. Juni 1937.)

(Reichsgesundheitsamt, Biologische Abteilung.)

Im folgenden soil die Adsorption yon Farb- stoffen an Proteinen des Fleisches nfiher unter- sucht werden. Die lsolierung der Proteine er- folgte nach dem von K. Beck und H. Urack 1) angegebenen Verfahren durch Extraktion des Fleisches mit konzentrierter Harnstoffl6sung. Zur Gewinnung der Proteine wurde Fleisch er- sch6pfend mit konzentrierter HarnstofflOsung behandelt und aus den Extrakten dnrch Ver- d/innen mit Wasser bzw. dutch Dialyse der Ex- traktfl/issigkeiten ein Protein geffillt, alas in der folgenden Untersuchung als Extrakteiweig be- zeichnet wird. Der R/~ckstand der Extraktion, im folgenden Fasereiweig genannt, wurde mit Wasser grfindlich bis znr Harnstofffreiheit ge- waschen und gleich dem Extrakteiweig nach Be- handlung mit Alkohol, Ather und Azeton ge- trocknet. Nach Untersuchungen yon Beck und

1) t<. Beck und H. Urack, Z. Unters. Lebensm. 65, 399 (1933).

Urack, sowie nach neuen, demnfichst verOffent- lichten Arbeiten zeigen beide Proteinarten weit- gehend chemisch gleiehe Zusammensetzung. Die gleiche Art der fraktionierten Gewinnung yon Proteinen wurde auch auf verschiedene Organe eines Pferdes ausgedehnt. Unterschiede zwischen beiden Proteinarten liegen vor allem in morpho- logischer und in chemisch-physikalischer Hin- sieht vor.

Zweck der folgenden Untersuchungen ist, die Vorgfinge beim Umsatz von Gewebsproteinen mit Farbstoffen und die etwa dabei auftretenden Unterschiede in der kolloidchemischen Struktur, der Dispersitfit und anderen Faktoren weiter zu kl~iren.

Die Vorgfinge der Farbstoffadsorption an Proteine, vor allem an Fasern haben eine ver- schiedene Deutung erfahren. Wfihrend O.N. W i t t noch annahm, dab der Farbstoff eine feste L6sung in der Faser bilde, zeigt O. v. Oeorgie-

Page 2: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

156 Schormiiller, Die Adsorption yon Farbstoffen an Proteine des Fleisches F Kolloid- LZeitschrift

vics ~) und mit ihm andere Forscher (W. B i l t z , H. F r e u n d l i c h u.a.), dab die Farbaufnahme nach den Gesetzen der Adsorption erfolge. Sp~i- ter ergab sich, dab zur Erkl~irung der dabei auf- tretenden Erscheinungen die Annahme einer Ad- sorption allein nicht gentige. Vor allem die in den meisten F~llen sehr starke Bindung zwischen Farbstoff und Faser, die eine Reversibilitfit aus- schlieBt, Iflhrte zur Annahme rein chemischer Vorg~inge (M. H e i d e n h a i n , F. K n e c h t u.a.). Danaeh setzt sich die Faser mit dem Farbsalz

i n ihrer Eigenschaft als kompliziert gebaute or- ganische Substanz wie jedes andere Salz um, wobei neben der unlOslichen Verbindung ein zweiter, in L6sung bleibender K0rper entsteht.

Die Forschungsergebnisse sprechen nun da- ffir, dab beide M6glichkeiten je nach der Art des Adsorbens und des Farbstoffes bestehen und dem- entsprechend die eine oder die andere in den Vordergrund treten kann.

Fu~end auf R6ntgenstudien an Fasern, ent- wickelten K.H. Meye r und H. Mark 3) eine Theorie, wonaeh sich chemische Bindung, also Salzbildung und LOsungserseheinungen, gegen- seitig tiberlagern. Nach Meyer zeigen tierische Fasern, wie Wolle und Seide, vor allem chemische Bindung, bei pflanzlichen Substanzen tiberwiegt die LOsung. Die Festlegung tier ,,Adsorptions- kurve" als Kriterium tier Aufnahme yon Farb- stoff durch die Faser stellt lediglich die aus einer Reihe von Prozessen sieh ergebende Resultante dar. Nach Me ye r ist ffir die chemische Reaktion der Umsatz jeder Molekel wesentlich, wfihrend die Adsorption sich nut an der Oberflfiche voll- zieht. Kfirzlich haben A. L o t t e r m o s e r und P. N e u b e r t 4) die Aufnahme und Abgabe von Farbstoffen dutch Stroh ausftihrlich studiert und auch eine zusammenfassende Darstellung fiber die Theorie tier dabei maBgebenden Vorg~inge gegeben.

Ahnlich den beim Studium an Zellulosefasern erhaltenen Ergebnissen und Gesichtspunkten lassen sich die Verhfiltnisse bei der Farbbindung durch Proteine deuten [L. M. C h a p m a n , D.M. G r e e n b e r g u n d C . L.A. Schmidt~)] . Rechnet man mit einer wenigstens teilweise kristallinen Struktur tier Proteine, so wird die Menge des

3) G.v. Georgievics, Kolloid-Z. 10, 31 (1912); 14, 69 (1914).

3) I<. H. Meyer und H. Mark, Melliands Tex- tilber. 1927; 1928; Naturwiss. 15, H. 6 (1927); Ber. dtsch, chem. Ges. 61, 593 (1928).

4) A. Lo t t e rmoser und P. Neuber t , Kolloid- Beih. 45, 149 (1936).

5) L.M. Chapman, D.M. Greenberg und C. L. A. Schmidt , J. biol. Chemistry 72, 707 (1927).

aufgenommenen Farbstoffes wesentlich von der Gr0ge und Art der Kristallite bzw. Mizellen, sowie von der verbindenden Kittsubstanz ab- h~ingen. Bedenkt man ferner die Bedeutung der Assoziation ftir den Zustand der Kolloide, sei es, dab man sie als interionische Attraktion oder nach J. W. Mc Bain G) als eine molekulare Zu- sammenlagerung unter dem Einflug van der Waals 'scher Kr~ifte betrachtet, so gewinnt man den Eindruck, dab es sich hierbei um einen sehr verwickelten Vorgang handelt.

Der Farbstoff reichert sich dureh die Wir- kung der GrenzflfichenkrMte an der fiuBeren und inneren Grenzfl~iche des Gewebes an, anschlie- Bend erfolgt eine LOsung des Farbstoffes im Ge- webe, die schlieglieh zur Verfestigung durch chemische Bindung ffihrt.

Das U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n . Die Adsorptionsversuche wurden mit folgen-

den Farbstoffen durchgeffihrt: Methylenblau, Methylviolett, Eosin, Fuchsin S, Kongorot und Pikrinsfiure.

Es kamen Standard-Prfiparate der Firma G r fib I e r- Leipzig zur Verwendung. Die Pikrin- s~iure ( K a h l b a u m , p. A.) zeigte nach Lieb und Z a c h e r l 7) mit 10proz. Natronlage nach 10 Min. im Pu l f r i ch -Pho tomete r (Filter $53) keinerlei Absorption, war demnach vollkommen rein.

Gew~ihlt wurden basische und saure Farb- stoffe, die in sehr verdfinnten L6sungen (ca. 2 mg-Proz.) zur Anwendung kamen, um den Einflug der nach R. Ff i r th 8) bei wachsender Konzentration steigenden MolektilgrOfie auszu- schalten und bei den in Frage kommenden Farb- stoffen zu echten L0sungen zu gelangen.

Methylenblau, Malachitgrtin, Eosin und Pi- krins~iure geben echte L0sungeng). Kongorot ist ein ausgesprochen kolloider Farbstoff mit grogen Molekfilaggregaten, der in L0sung nicht dialy- siert. Eine Zwischenstellung nehmen Methyl- violett und Fuchsin ein. Sie diffundieren rascher als die kolloid gel0sten Farbstoffe und dialy- sieren in erheblichem Mage. Unter dem Ultra- mikroskop zeigen sich h~iufig Mizellen. Methyl- violett hat in w~isseriger L6sung nach K r a f f t 1~ doppeltes Molekulargewicht und zeigt merkliche

6) J.W. McBain, Nature, London 135, 1033 (1935).

7) M. Lieb und K. Zacherl , Z. physiol. Chem. 223, 169 (1934).

8) R. Ffirth, Kolloid-Z. 41, 304 (1927). 9) Vgl. z. B. Donnan und Harris , J. chem. Soc.

London 99, 1554 (1911). lo) Kraf f t , Ber. dtsch, chem. Ges. 32, 1611

(1899).

Page 3: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

Band 80 -1 Schormtiller, Die Adsorption yon Farbstoffen an Proteine des Fleisches 157 Heft 2 (1937)J

Anomalie. Leider fehlt, wie auch F r e u n d l i c h betont, ftir die Hauptmenge der organischen Farb- stoffe eine Zusammenstellung chemischer und physikochemischer Daten; die ftir die Bewertung tier Adsorptionserscheinungen so wichtigen Iso- merieverhfiltnisse sind ebenfalls nur wenig er- forscht.

Die Messung der A d s o r p t i o n . Gleiche Mengeu tier mit Wasser, Alkohol-Ather und Azeton gereinigten, bei 70 0 fiber Phosphorpent- oxyd getrockneten Proteine (meist 0,20 g) wur- den mit 250 ccm einer 2mg-proz. Farbstoff- 10sung mehrmals im Verlauf yon 5 Stunden ge- schfittelt und fiber Nacht stehen gelassen. Die fiberstehende Flfissigkeit wurde abgehebert oder - - in Ffillen schlechter Sedimentation - - 1 Stunde bei 3000 Touren zentrifugiert. Die so erhaltene LOsung wurde im Pul f r i eh-Photomete r gemes- sen. Als Kompensation wurde die zu den Ad- sorptionsversuchen benutzte Farbl6sung vorge- schaltet.

Die erhaltenen Werte sind stets in Prozenten des aus der Farbl0sung adsorbierten Farbstoffes angegeben, bezogen auf die in 100 ccm LOsung enthaltenen mg Farbstoff. Einzelheiten fiber Farb- und Eiehkurven k0nnen aus Raummangel nieht angegeben werden. Die Ofiltigkeit des Beer 'schen Caesetzes wurde in allen Ffillen inner- halb des untersuchten Konzentrationsbereiches bestfitigt. Folgende Filter kamen zur Ver- wendung:

Methylenblau: S 61; Malachitgrfin: S 61 bzw. S 57; Methylviolett: S 53; Eosin: S 50; Fuchsin: S 53; Kongorot: S 50; Pikrinsfiure: S 43. Uber die genauen Konzentrationen der einzelnen L6- sungen siehe die Angaben der Tabellen.

Zur Messung wurde naeh der aufgestellten typisehen Farbkurve ffir jede Farbl0sung das geeignete Filter gewfihtt und damit ffir die in Betracht kommenden Konzentrationen die Eich- kurven festgelegt.

F a r b s t o f f a d s o r p t i o n an Fase r - und Ex- t r ak t e iwe i l3 aus P f e r d e f l e i s c h .

Zur ersten Orientierung wurden Faser- und Extrakteiweig, die aus Pferdefilet ohne weitere Behandlung gewonnen waren, mit den Farb- 10sungen geschattelt (Tabelle I).

Extrakteiweig war aus dem mit konzentrier- ter Harnstoffl6sung ffinfmal extrahierten Pferde- filet dargestent. Die mit Wasser ausgeffillten Eiweil3mengen wurden vereinigt.

Die echt gel0sten basischen Farbstoffe (Me- thylenblau und Malachitgrfin) werden nur in ge- ringem Mage von Faser- und Extrakteiweig auf-

T a b e l l e I.

Pro- Farb- Adsorb. Farbstoff Farbstoff rein stoff- in Proz. des Ge-

konz. samtfarbstoffs mg- Extrakt- Faser-

g Proz. eiweig eiweig

Methylenblau Malachitgrtin Methylviolett

Eosin Fuchsin, o. Sfiure

~'salz- Fucbsin tsauer Kongorot Kongorot Pikrins~iure

0,20 0,20 0,20

0,20 0,20 0,20 0,10 0,20 0,10 0,20

1,72 2,00 2,00

1,73 2,22 2,38 2,96 1,93 1,91 3,77

8,15 13,00 32,50

86,80 70,40 90,00 81,50 84,00 66,00 54,40

23,20 21,50 40,00

18,50 52,70 60,60 48,70 35,20 14,10 16,95

genommen. Fasereiweil3 jedoch nimmt immerhin mehr auf als ExtrakteiweiB, was wohl auf die geringere Basizit~it der Faser zurfickzuffihren ist. Methylviolett als basischer, in Wasser anomal gel6ster Farbstoff mit ausgepr~igten kolloiden Eigenschaften zeigt merklich erh6hte Adsorptions- ffihigkeit gegenaber den Proteinen im Vergleich zu den vorgenannten Farbstoffen. Anscheinend ist in diesem Falle der Unterschied zwischen Faser- und Extrakteiweig verhfiltnismfigig gering.

Saure Farbstoffe werden im allgemeinen yon Faser- wie yon ExtrakteiweiB viel stfirker adsor- biert. Entsprechend Befunden anderer Forscher ergibt sich daraus, dab beide Proteine elektro- statisch positiv aufgeladen sind. Die Menge des aufgenommenen Farbstoffs liegt im ersten Fall stets fiber der bei Faser erhaltenen. Eine gewisse Einschrfinkung ergibt sich allerdings bezfiglich Eosin und Pikrinsfiure, die yon Fasereiweig nur schwach adsorbiert werden, im Gegensatz zu Fuchsin und Kongorot. Dies erkl~irt sich auch bier daraus, dab bei Eosin und Pikrinsfiure echte Elektrolytl0sungen vorliegen, wfihrend die beiden anderen sauren Farbstoffe kolloide L0sungen liefern. Besonders ausgeprfigt zeigt sich diese Er- scheinung bei Fasereiweig ffir Fuchsin und Kongo- rot. Gerade die Adsorption dieser beiden kolloiden Farbstoffe weist deutlich darauf hin, dab die geringe Dispersitfit tier Teilchen von einer star- ken Affinit/it zu K6rpern, die oberfl~chenaktiv sind, begleitet ist.

Auf Grund dieser Messungen ergibt sich eine weitere St~itze daftir, dab Extrakteiweil3 eine besondere reaktionsffihige Oberfl~iche besitzt, die in weitem Umfang die groBen Teilchen, wie sie beim Kongorot vorliegen, aufzunehmen vermag. Es liegt nahe, diese gr013ere Aktivitfit der Ober- flfiche in Parallele zu der durchwegs stfirker aus-

Page 4: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

158 Schormfiller, D ie Adsorption yon Farbstoffen an Prote ine des F l e i s ch es F Kolloid- kgeitschrift

geprfigten LOslichkeit, Peptisierbarkeit und zu manch anderen Erscheinungen zu setzen, die sich beim kolloidchemischen Vergleich des Extrakt- proteins mit der Faser ergaben und an anderer Stelle mitgeteilt werden sollen. Umgekehrt dfirf- ten wohl die am Faserverband mit seiner resi- stenten Hfille gemachten Beobachtungen frir die viel geringere Aufnahmeffihigkeit yon kolloiden Farbstoffen verantwortlieh gemacht werden.

Bei Untersuchungen fiber die Adsorption von Farbstoffen, wie Kongorot, Methylenblau und Me- thylviolett an verschieden hoch geglfihten Hydro- gelen yon Ferrihydroxyd, Aluminiumhydroxyd und Bauxiten zeigte sich gleichfalls, dag Kongo- rot yon feineren K6rnern, also von solchen mit viel freien Poren besser adsorbiert wird als yon groben, porenarmen Stricken und dab diese Er- scheinung gerade dem makromolekularen Kongo- rot eigenttimlich ist [J. Spl icha l l*) ] .

Ganz allgemein gilt weiterhin, dab bei der amphoteren Natur der Proteine stets die Ladung des Eiwei6es und die des Farbstoffions in Rech- nung zu setzen ist. S~iuren erzeugen demnach nach F r e u n d l i c h kolloide Kationen in der Fa- ser, steigern die positive Ladung unter Zurfick- driingung der negativen und kOnnen sogar eine Umladung ins Positive herbeiftihren. Dabei kommt es zu Erscheinungen, die an anderer Stelle an mit S~iuren oder Basen behandelten Proteinen genauer beschrieben werden.

A. Gangul i ~=) erkennt drei Arten der Ad- sorption an: van der Waals 'sche Adsorption, aktivierte Adsorption und Diffusion durch Smekal 'sche Bahnen oder Quanten. Man wird bei dem komplizierten Bau des Protein-Riesen- molekfils, entsprechend tier Ansicht vieler For- scher, wohl allen drei Arten einen weitgehenden EinfluB auf alas Zustandekommen der Gesamt- erscheinung nicht absprechen ktSnnen.

Bei Adsorption von Farbstoff an Proteine fand K. U me t s u la) deutliche, nicht vorauszu- sehende Unterschiede. Es genrigt nicht, wie M. H e i d e n h a i n x4) meinte, ffir die Bindung ein- fach die entgegengesetzte Ladung verantwortlich zu machen. Dies zeigen auch die vorliegenden Versuche, denn die gleichm~Nge Behandlung aller Proteine mit konzentrierter Harnstoff- 16sung 1/igt jede einseitige Ladungsverschiebung ausgeschlossen erscheinen. Die Bindung zwischen

11) j. Splichal, Coll. Trav. chim. Tchecoslo- vaquie 7, 521 (1935).

13) A. Oanguli, I~olloid-Z. 71, 275 (1935). K. Umetsu, Biochem. Z. 137, 258 (1923).

::I M. Heidenhain, Pflfigers Arch. ges. Physiol. Menschen Tiere 90, 115 (1902); 96, 440 (1903).

Farbstoff und Protein entspricht auch nicht einer Salzbildung fiberhaupt, sondern, wie auch Umet su hervorhebt, der Bildung eines undisso- ziierten Sakes. liJber die Bildung eines derarLigen K{)rpers gibt aber die gegens~itzliche Ladung keinen AufschtuB, sie stellt vielmehr eine spezi- fische Eigenschaft des betreffenden Salzes dar.

Besondere Verh~iltnisse liegen bei Adsorp- tionsversuchen mit Sfiurefuc.hsin vor. Schfittelt man die Proteine mit einer neutralen LOsung yon S/iurefuchsin, so nimmt die Eigenfarbe der Farb- 10sung stark ab. Die resultierenden Proteine der BodenkOrper sind nur schwach angef/irbt. Auf Zusatz yon wenig S~iure zum Bodenk6rper kehrt die Farbe des Fuchsins wieder. Setzt man yon vornherein zu der FarblOsung S~ure, so dab die L6sung n/50 an Salzs~iure wird, so tritt normale Adsorption ein, die EiweiBstoffe werden dabei intensiv angef/irbt. Offenbar erfolgt dabei La- dungsverschiebung der Proteine, die zu gesteiger- ter Adsorption ffihrt, auBerdem ist daran zu denken, d a b S~iurezusatz Anderung im Getzu- stand und damit Umwandlungen bewirkt, die ffir die Adsorption ge~nderte VerhNtnisse schaf- fen.

Ahnlieh fanden H. F r e u n d l i c h und G. Lo- sevl~), dab Farbbasen, die durch Kohle aus Neufuchsin und Kristallviolett adsorbiert waren, an der Oberfl~iche der Kohle eine Verfinderung zu Stoffen mit ganz anderen Eigenschaften erfahren hatten.

Die oben geschilderte Erscheinung, dab S~iurefuchsin beim Schfitteln mit Fleischprote- inen eine farblose LOsung liefert, die mit wenig Salzsfiure wieder farbig wird, zeigt, dab diese Proteine anscheinend die F~ihigkeit besitzen, die farbige Base mit chinoidem Benzolkern in das farblose Karbinol umzulagern, und zwar ist diese Ffihigkeit bei beiden Proteinarten - - Faser- wie Extrakteiweig - - ziemlich gleichstark entwickelt. Im sauren Medium stellen dagegen Extrakt- proteine ungleich stfirker elektrotrope Stoffe dar, zeigen also eine andere elektrostatische Ladung. K a r c z a g 16) nimmt an, dab in diesem Fall die negative Ladung des Extraktproteins gr613er als die der Faser ist, was im Einklang steht mit Beobachtungen bei Adsorption tier tibrigen unter- suchten Farbstoffe.

Im Zusammenhang mit diesen Versuchen mag auf die Ergebnisse von L. K a r c z a g und

15) H. Freundlich und G. Losev, Z. physik. Chem. 59, 284 (1907).

16) L. Karczag, Biochem. Z. 138, 344--396, 429--440 (1923).

Page 5: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

Band 80 ] Schormtiller, Die Adsorption yon Farbstoffen an Proteine des Fleisches 159 Heft 2 (1937)J

L. P a u n z 17) bei der sogenannten indirekten Vi- talffirbung hingewiesen werden. Diese schliegen bei ihren Versuchen auf eine verschieden elektro- statisch negative Ladung der Gewebselemente, wogegen B e c h h o l d und R. Ke l l e r is) diese Frage noch nicht ffir abgeschlossen halten. Wenn aueh Faser- und Extrakteiweig durch die Harn- stoffbehandlung Verfinderungen ihrer vitalen Struktur erlitten haben, so sind doch die Unter- schiede hinsiehtlich der elektrostatischen Eigen- sehaften zwisehen beiden Proteinen stark in die Augen fallend und k6nnen in gewisser Beziehung als Stfitze ftir die obige Auffassung yon Ka r - czag und P a u n z angesehen werden.

A d s o r p t i o n s v e r s u c h e an v e r s c h i e d e n e F r a k t i o n e n des E x t r a k t p r o t e i n s .

In den folgenden Versuchen wurde geprfift,

Tabe l

ob innerhalb verschiedener, getrennt gewonnener Fraktionen des Extraktproteins sich Unterschiede in bezug auf Farbstoffaffinitfit feststellen lassen.

E. K y l i n 19) hatte alas Farbbindungsverm6- gen verschiedener Albuminfraktionen untersucht, die er aus Blutserum (lurch Kataphorese bei ent- sprechender Wanderungsgeschwindigkeit im elek- trischen Feld trennte. Es zeigte sich, dab schnell wandernde Anteile doppelt soviel Farbstoff zu binden verm6gen als langsam wandernde, und dementsprechend wiesen verschiedene Sera auch verschiedenes Gesamtfarbbindungsverm0gen auf. K y l i n schliegt daraus, dab die Serumeiweig- k0rper fliegende Ubergfinge zwischen allen Schat- tierungen und doch in welter voneinander ent- fernt liegenden Gruppen groBe physikalisch- chemische Unterschiede zeigen; folgende Tabelle gibt einen Uberblick fiber die eigenen Versuche:

le II.

Adsorbierter Farbstoff in Prozenten des vorhandenen

Farbstoff

Methylenblau . . . . Malachitgrfin . . . . . Methylviolett . . . . . Eosin . . . . . . . . Fuchsin, ohne S~ime.. Fuchsin, s a l z s a u e r . . . Fuchsin, s a l z s a u e r . . . Kongorot . . . . . . Kongorot . . . . . . Pikrins~iure . . . . . .

Protein

0,20 0,20 0,20 0,20 0,20 0,20 0,10 0,20 0,10 0,20

Farbstoff- konzentration

mg-Proz.

1,72 2,00 2,00 1,73 2,22 2,38 2,96 1,93 1,91 3,77

Vereinigte Ausziige aus

Filet

8,15 13,00 32,50 86,80 70,40 90,00 81,50 84,00 66,00 54,40

Farbstoffs I. Extrakt. bei Dialyse ausfallendes

Protein lI.

7,56 14,50 54,00 77,50 60,00 87,50 85,00 98,00 83,80 52,80

I. Extrakt. Wasser- f~llung

IlI.

18,30 25,50 50,50 63,00 65,00 90,00 86,20 93,80 82,80 29,70

II. Extrakt. gasser-

I ffillung

IV.

11,62 21,50 5O,50 66,50 66,25 92,50 85,0O 93,40 92,80 36,40

Die Versuche wurden wie oben geschildert angesetzt. Zur Verwendung kamen je 250 ccm der einzelnen Farbl0sungen.

Die F r a k t i o n i e r u n g des Extraktproteins wurde in folgender Weise durchgeffihrt:

Pferdefilet wurde wie fiblich mit Harnstoff in der Kfilte extrahiert. In einem Ansatz waren die nach ffinfmaliger Extraktion erhaltenen L0- sungen gemeinsam mit Wasser get,lit worden. Dabei resultierte die P r o b e I.

In einem zweiten Ansatz wurde die erste Extraktion aus dem Fleisch 48 Stunden in Cello- phan dialysiert, vom ausgeflockten Eiweig ill- triert und das so erhaltene Protein gewaschen: P r o b e II. Dieselbe erste Extraktion aus Fleisch wurde mit dem doppelten Volumen Wasser ge-

1~) L. K a r c z a g und L. P a u n z , Biochem. Z. 138, 412--428 (1923).

is) R. Keller, Elektrizit~t der Zelle (Prag 1925).

ffillt und gereinigt: P r o b e III. Die bei der zwei- ten Extraktion des Fleisches erhaltene L0sung wurde wie vorher mit Wasser gef~illt: P r o b e IV. Bei einer weiteren, dritten Extraktion resultierte eine geringe Menge Protein, die zur Durch- ffihrung der Versuche nicht mehr genfigte, sich aber weitgehend fihnlich wie die Fraktion IV verhielt.

Eine fihnliche Fraktionierung hat auch .J. Oroh ~~ bei Kasein angewendet, wo aus 40proz. Harnstoffl6sung des Proteins mit ab- solutem Alkohol mehrere Fraktionen abgeschie- den wurden.

Die Adsorption seitens der verschiedenen Fraktionen zeigt zum Teil betrfichtliehe Unter- sehiede. Basische Farbstoffe werden yon Me-

19) E. Kylin, Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Pathol. Pharmakol. 175, 711 (1934).

20) j . Groh, Z. physiol. Chem. 226, 32 (1934).

Page 6: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

160 S c h o r m i i l l e r ~ D i e A d s o r p t i o n yon F a r b s t o f f e n an P r o t e i n e de s F l e i s c h e s [ Kolloid- _ kZeitschrift

thylenblau fiber Malachitgrtin zu Methylviolett ansteigend schwticher adsorbiert als saure Farb- stoffe. Innerhalb der einzelnen Fraktionen treten merkliche Unterschiede gegentiber verschiedenen Farbstoffen zutage. Bei Methylenblau und Malachitgr/in wird yon tier ersten, durch Wasser- ftillung gewonnenen Fraktion die gr6Bte Menge Farbstoff aufgenommen, Methylviolett zeigt die sttirkste Affinittit zu der bei Dialyse ausfallenden Fraktion. Fuchsin ohne sowie mit Stiurezusatz zeigt keine ausgesproehenen Unterschiede, vor allem schafft die Zugabe yon Stiure gleichartige Verhtiltnisse; offenbar werden durch die dabei eintretende Quellung und Ladungstinderung tel- here Unterschiede verwiseht. Sehr ausgeprtigt sind die Unterschiede bei Pikrinstiure, wo die erste, durch Wasserftillung gewonnene Fraktion ein Minimum der Farbaufnahme zeigt, wtihrend basische Farbstoffe, wie Methylenblau und Ma- lachitgrtin an diese Fraktion am stfirksten ad- sorbiert werden.

Besonders anfftillig sind die bei Eosin und Kongorot beobachteten Erscheinungen. Eosin wird maximal an dem dutch ersch6pfende Ex- traktion des Fleisches erhaltenen Gesamtprotein adsorbiert, w~ihrend Kongorot gerade bei dieser Fraktion ein Minimum aufweist.

Die Ubersicht ergibt, dab innerhalb der ein- zelnen, chemisch gleichartigen Proben groBe Unterschiede in ihrem Verhalten gegentiber Farb- 16sungen sich zeigen. Die dutch Vereinigung aller Harnstoffextraktionen erhaltene Gesamtffillung adsorbiert die geringsten Mengen an basischen Farbstoffen, der Schwerpunkt der Aufnahme ba- sischer Farbstoffe liegt in der ersten, durch Wasserftillung erhaltenen Fraktion. Umgekehrt nimmt das durch Extraktion dargestellte (ie- samteiweig am reichlichsten saure Farbstoffe auf, sehr stark typisch echt gel0ste, wie Eosin und Pikrinstiure, weniger stark das anomal gel6ste Fuchsin. Ftir Kongorot liegt der Maximalwert bei der zweiten, durch Wasserftillung erhaltenen Fraktion, und dieses Protein scheint besonders aktiv zu sein. Rein ~iuBerlich ist dies erkennbar an der lockeren, feinpulverigen und voluminOsen Beschaffenheit des trockenen Proteins, so dag gerade hier, wie schon an anderer Stelle ausge- ftihrt wurde, dem Makromolekfil tier kolloiden Kongol6sung die relativ h6chste Zahl an aktiven Stellen dargeboten wird.

Will man die Fraktioniernng des Extrakt- proteins zusammenfassend charakterisieren, so ergibt sich, dab die Gesamtftillung am stfirksten saute Farbstoffe adsorbiert, die erste, aus Wasser geftillte Fraktion jedoch den H6chstwert der

Adsorption basischer Farbstoffe erreicht. Ver- suche mit Kongorot ergaben ftir die letzte aus Wasser geftillte Fraktion ein Maximum an Akti- vit~t und Adsorptionsftihigkeit far Farbstoffe.

Die Adsorptionserscheinungen deuten darauf hin, dab gewisse Unterschiede zwischen den ein- zelnen Fraktionen bestehen. Diese Beobachtung ftigt sich zwanglos in die Vorstellung ein, die sich aus Versuchen fiber Solvatation, Peptisation und Trfibungsmessungen ergabenn). In allen FSllen dtirfte dieses Verhalten der struktur- chemisch gleichartigen Proteine auf morpholo- gisch verschiedenem Aufbau sowie auf Ladungs- unterschieden beruhen.

Die F a r b s t o f f a d s o r p t i o n an P r o t e i n e , die e iner W e i t e r b e h a n d l u n g u n t e r w o r f e n waren.

Ex t r ak t e iwe i l3 wurde 24 Stunden mit kal- ter, konzentrierter Harnstoffl0sung behandelt und nach dem Wasehen getrocknet. Das so erhaltene Protein zeigt eine geringe Abnahme an Affinittit gegenfiber Malachitgrfin un:i Methylen- blau, wtihrend Eosin und Pikrin?tiure ungleich sttirker adsorbiert werden al~ vom Ausgangs- material.

Ffihrt man diese Behandlung eine Stunde lang bei 700 dutch, so zeigt der R'ackstand eine wesentlich erhOhte Adsorptionskraft ffir basische Farbstoffe, wtihrend saure Farbstoffe sich ver- schieden verhalten. Fuchsin mit und ohne Stiure- zusatz zeigt keine nennenswerten Unterschiede, Pikrinstiure und Eosin werden viel schwticher adsorbiert, Kongorot zeigt keine Anderung, so dab die Oberfltichenaktivitfit unvertindert er- halten bleibt.

Fasere iweiB. Die aus Fleisch erhaltene Faser war in verschiedenen Anstitzen 30--60 Min. bei 700 sowie bei 100 ~ mit konzentrierter Harn- stoffl6sung behandelt worden. Die gewaschenen und getrockneten Rfiekstfinde zeigten gegentiber basischen Farbstoffen eine gleichmtigig gesteigerte Adsorption. Fuchsin ohne S~urezusatz tindert das Bild nur unwesentlich gegentiber der ur- sprtinglichen Faser. Zusatz yon Stiure ffihrt bei gelinde behandelten Proben zu einer Steigerung der Adsorption, wtihrend l~ingere und sttirkere Erhitzung die Menge des adsorbierten Farbstoffes verringert. Die Adsorption von Kongorot zeigt keine ausgesprochenen Ver~inderungen bei fort- schreitender Behandlung, das Maximum der Aktivittit ist nach einsttindiger Behandlung mit HarnstofflOsung bei 700 erreicht.

~1) Demntichst ver6ffentlicht.

Page 7: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

Band 80 7 Schormtiller, Die Adsorption yon Farbstoffen an Proteine des Fleisches 161 Heft 2 (1937)J

Pikrinsfiure und Eosin zeigen sehr groBe Ahnlichkeit in ihrem Verhalten, eine Erschei- hung, die in den meisten der untersuchten F~ille festzustellen ist, und es scheint, als ob bier die so groBe Verschiedenheit im chemischen Bau der beiden Farbstoffe welt weniger ausschlaggebend

ist als die in beiden Ffillen tibereinstimmende Eigenschaft, stark ionisierte, echte L6sungen zu bilden.

Die folgende Tabelle gibt einen Uberblick fiber die Adsorptionsffihigkeit fortschreitend be- handelter Faserproteine:

T a b e l l e III.

Farbstoff Protein g

Methylenblau . . . . . Malachitgrtin . . . . . . Nethylvioleit . . . . . . Fuchsin, ohne S~iure . . Fuchsin, salzsauer . . . Fuehsin, salzsauer . . . . Kongorot . . . . . . . Kongorot . . . . . . .

*) Violettf~rbung (LOsung

0,20 0,20 0,20 0,20 0,20 0,10 0,20 O,10 sauer).

Ausgangs- material 0 Min.

23,20 21,50 40,00 52,70 60,60 48,70 35,20 14,10

Faser bei 70 o

30 Min. 60 Min.

70,40 83,84 59,50 64,50 82,50 89,00 68,50 65,00 87,50 90,00 66,20 89,60 42,50 52,80 15,70 36,10

Faser bet 100 ~

30 Min. 60 Min.

78,60 83,20 74,00 75,50 84,50 87,00 69,40 69,40 72,40 74,00 49,30 60,90 35,30 44,00 14,10 I8,30

In Ameisen- sfiure 48 Std.

bei 20"

0,00 5,50

�9 �9 " 5,50 69,50 94,60 74,40 69,50

,)

Wie die Werte der Tabelle zeigen, ist die maximale Reaktionsf~higkeit der Faser bet ein- stfindiger Behandlnng mit konzentrierter Harn- stoffl6sung erreicht. Es seheint, als ob zu diesem Zeitpunkt die Kittsubstanz der einzelnen La- mellen entfernt ist, die Faserstruktur im Zu- stand weitgehender Desaggregation vorliegt, ohne dab das Proteinmolekfil dutch die auftretende Alkalit~it der Harnstoffzersetzung Schaden er- litten hat. Diese Alkalitfit liegt, wie an anderer Stelle verOffentliehte Messungen zeigen, noeh in dem Bereich, innerhalb dessen das Eiweigmole- k/il nieht angegriffen wird. Ktirzere Behand- lungsdauer seheint die Lockerung des Molek/il- verbandes nicht gen/igend zu bewirken, lfingere Digestion bet erh6hter Temperatur schfidigt im Einklang mit frfiheren Ergebnissen die aktive Oberflfiche oder die ffir die Adsorption verant- wortliehen Gruppen des Molekfils.

Mit Ameisens~iure behandelte Faser erleidet eine Umladung. Bei Zugabe von Kongorot- 16sung schlfigt die Farbe in Violett urn, w~ihrend das Protein rein rot angeffirbt wird.

Diese Umladung der Fleisehproteinewird aus folgenden Versuehen deutlich. Eine aus Pferde- filet erhaltene Faser wurde mit n/100 Salzs~iure bzw. Natronlauge kurz behandelt, anschliegend mehrere Tage mit Wasser gewaschen und nach dem Troeknen mit den FarbstofflOsungen ge- sehtittelt. Mit Sfiure vorbehandelte Proteine ad- sorbieren nut sehr geringe Mengen basiseher Farb- stoffe, Malaehitgr/in zeigt sogar negative Adsorp- tion. Von sauren Farbstoffen werden Pikrinsfiure und Eosin augerordentlich stark adsorbiert. Die- selbe Umladung wird an den Rfickstfinden der

peptischen Verdauung beobachtet, wie Versuche an ether zwei Tage mit Pepsin verdauten Faser zeigen.

Mit n/100 Lauge vorbehandelte Fasern zeigen sehr starke Adsorptionsffihigkeit ftir basische Farbstoffe, yon sauren wird Pikrinsfiure am ge- ringsten, Eosin st~irker und Kongorot am stfirk- sten adsorbiert. Letztere Erscheinung ist vor allem der Auflockerung im Faserverband zuzu- schreiben, die auch rein ~uBerlich am volumi- nOsen, feindispersen Aussehen ether in Lauge ge- quollenen Faser beobachtet werden kann.

Die Rol le des L O s u n g s m i t t e l s . Es wur- den Adsorptionsversuche in alkoholischer LOsung von Methylviolett angestellt, wobei sich zeigte, dab bier keine Adsorption festzustellen war. Diese Erscheinung steht im Einklang mit Unter- suchungen yon F r e u n d l i c h (Adsorption von Pikrins~iure an Blutkohte aus Wasser) und von V i g n o n 22) (Adsorption von Pikrinsfiure an Fasern). Aus diesen Beispielen geht gleichfalls hervor, dab in Wasser stfirkere Adsorption als in organischen L6sungsmitteln eintritt. Dement- sprechend scheint die Adsorptionskraft der Prote- ine eine wesentliche Funktion der Hydratation und der damit verbundenen Quellung zu sein, auBerdem ffillt in organi-~chen LOsungsmitteln die bei Wasser eintretende Ionisation weg, die ebenfalls eine Rolle zu spielen scheint.

Das v e r h a l t e n von P r o t e i n e n aus dem F le i s eh v e r s c h i e d e n e r T ie re .

Zum Vergleich mit den an Proteinen des Pferdefleisches gewonnenen Ergebnissen wurden

32) Vignon, C. R. Acad. Sci. 148, 844 (1909).

11

Page 8: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

169. Schormiiller, Die Adsorption yon Farbstoffen an Proteine des Fleisches J- Kolloid- LZeitschrift

auf gleiche Weise Faser- und Extraktproteine yon Hammel und Gans dargestellt und in ihrem Verhalten gegen Farbstoffl6sungen yon Methyl- violett, Eosin und Pikrins/iure gepraft.

Extrakteiweig aller untersuchten Proteine verh~ilt sich sehr /ihnlich gegentiber Eosin und Pikrinsfiure, w/~hrend Methylviolett Schwan- kungen aufweist, die wohl in verschieden starker elektrostatischer Aufladung begrfindet sind.

Faser yon Gans und H a m m e l zeigt gleich- falls solche 121bereinstimmung in der Farbauf- nahme; die aus der Reihe fallenden Werte ffir Pferd linden ihre Erkl~irung darin, dab diese Faser einem alten Tier entstammt und sehr grobe Struktur zeigt. Die Fasern jtingerer Tiere ver- halten sich fihnlich wie die aus Gans- und Ham- melfleisch gewonnenen Proben.

Nach Messungen ist das im Fleisch verschie- dener Tiere enthaltene Extrakteiweig in seinem Verhalten gegen Farbstoffl0sungen sehr gleich- artig. Fasereiweig yon Tieren mit lockerem Fleischgefage nimmt gleichm~iBig hohe Mengen an sauren Farbstoffen ant, wfihrend die grob- mizellare und morphologisch von den beiden anderen Fasern verschiedene Faser aus Pferde- fleisch viel weniger Farbstoff bindet.

T a b e l l e IV.

Adsorbierter Farbstoff in Prozenten des Eiweig vorhandenen Farbstoffs

Methylviolett I Eosin Pikrins~ure

Extrakte iweiB: P f e r d . . 18,42 76,80 51,00 Gans . . 30,50 76,20 51,50 Hammel 26,80 77;80 49,10

Fasereiweig: P f e r d . . 35,80 23,90 14,60 G a n s . . 37,40 61,70 40,30 Hammel 41,60 62,30 38,60

Die A d s o r p t i o n yon F a r b s t o f f e n an O r g a n p r o t e i n e .

Im Zusammenhang mit den Untersuchungen an Proteinen des Fleisches wurden eine Reihe yon Organen nach dem fiblichen Verfahren durch Harnstoffextraktion in Extrakt- und Faser- eiweig zerlegt, nach sorgffiltigem Waschen mit Wasser, Alkohol und Ather bet 600 getrocknet und zu Adsorptionsversuchen benutzt. Verarbei- tet wurden Fleisch, Herz, Leber, Lunge und Niere eines frisch geschlachteten Pferdes. Die Messun- gen erfolgten wie abl.ich an 0,20 g Protein (bzw. 0,10g far die Messungen mit Kongorot) und 250 ccm der Farbstoffl6sungen, deren Konzen- tration 2 mg-Proz. (bet Pikrinsfiure 4 mg-Proz.) betrug.

T a b e l l e V.

Probe Adsorbierter Farbstoff in Prozenten des

vorhandenen Farbstoffs Methylen-blau Eosin Kongorot s~iurePikrin-

Fleiseh . Herz . . Leber . . Lunge N ie r e . .

Fleisch . Herz . . Leber . . Lunge Nier 'e. .

Ex t rak te iweig : 38,00 58,00 82,00 36,55 56,50 70,50 42,00 58,00 86,00 36,50 78,00 65,00 71,50 56,50 79,00

Fasereiweig: 30,00 25,00 14,50 43,00 25,50 13,50 36,50 24,00 16,00 63,00 25,50 35,50 46,00 22,50 17,00

28,50 28,50 24,00 34,25 26,75

26,75 18,50 18,50 15,00 15,00

Die Versuche zeigen, dab innerhalb der ein- zelnen Fraktionen von Faser- und Extrakt- eiweiB Ubereinstimmung in der Farbbindungs- f/ihigkeit besteht, dab also beide Proteinarten des Fleisches und der Organe sich gleichartig ver- halten. Innerhalb der beiden Gruppen bestehen jedoch in einzelnen F~illen Unterschiede, die der morphologischen Struktur der EiweiBstoffe und damit auch der Organe zuzuschreiben sind. ExtrakteiweiB der Niere adsorbiert mehr Me- thylenblau als die entsPrechenden Proteine der anderen Organe, und diese Ausnahmestellung macht sich schon bet der pr~iparativen Gewin- nung tier einzelnen Fraktionen bemerkbar. Niere liefert einen sehr feindispersen Harnstoffextrakt, aus dem mit Wasser nur geringe Mengen Ex- trakteiweig gef~llt werden k6nnen. Lunge quillt infolge ihrer groBen inneren Oberfl~iche bet Zu- gabe von Harnstoffl6sung sehr stark und h~lt groBe Mengen der L6sung test. Beim anschlie- Benden Auswaschen entstehen far Extrakt- wie ffir FasereiweiB sehr feindisperse Fraktionen, die sich von den fibrigen, leicht flockenden Proteinen durch ihre gelartige Struktur unterscheiden. Dementsprechend ist auch die Farbaufnahme bet Eosin und Pikrins~ure ffir Extrakteiweig, bet Methylenblau und Kongorot fiir Faser dieses Organs gegenfiber den anderen Proteinen stark erh6ht.

lm fibrigen ergeben sich die gleichen Ver- h~ltnisse, wie sie fraher an anderen Proben stu- diert wurden. Graduell abweichende Werte sind darauf zurfickzuffihren, dab die hier untersuchten Proben mit gew0hnlichem Wasser harnstofffrei gewaschen, mit Alkohol-Ather getrocknet waren, w~ihrend fraher untersuchte Proteine augerdem noch mit Azeton ersch6pfend extrahiert wurden.

Page 9: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

Band 80 "] Schormfiller, Die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches 163 Heft 2 (1937)3

K i n e t i s c h e Messungen zur F a r b s t o f f a d - s o r p t i o n yon P r o t e i n e n .

Im allgemeinen erfolgt die Einstellung des Gleichgewichtes bei Adsorptionsvorg~ingen sehr schnell, wobei der Grundsatz gilt, dab der Oleich- gewichtszustand um so rascher erreicht wird, je leichter zug~inglich die Oberfl~iche des Adsorbens ist [vgl. z. B. Marc und Arendt2a, 24)]. Bet den in der Literatur beschriebenen F~illen ether lang- samen Adsorption sind verschiedene M6glich- keiten denkbar. Entweder besitzt das Adsorbens - - unter der Voraussetzung, dab eine wahre Ad- sorption vorliegt - - eine sehr stark entwickelte, nur dutch feine Porch erreichbare Oberfl~iehe im Innern, so dab die Diffusion und damit die Ein- steltung des Oleichgewichtes nur langsam erfolgt. Oder es tritt an die Stelle der Adsorption eine Sorption, d.h. tier adsorbierte Stoff diffundiert in das Inhere des Adsorbens, wobei Verteilung desselben zwischen den Molekfilen des Adsorbens und chemische Reaktion eintritt.

Die geschilderten Erscheinungen verm6gen sich zu fiberlagern, vor allem beim Vorliegen der- artig komplizierter Stoffe, wie sie Proteine oder Proteinfasern darstellen, und es ist schwer zu entscheiden, ob Adsorption an der inneren Ober- fl~iehe oder feste L6sung vorliegt, zumal ein Teil derartiger Vorg~nge von chemischen Umsetzun- gen begleitet ist. Diese Erscheinung der lang- samen Oleichgewichtseinstellung tri t t bet den ausgeffihrten Versuchen stark in den Vorder- grund. Die sehr reichhaltige Literatur wurde von F r e u n d 1 i c h 26) ausffihrlich zusammengestellt.

K i n e t i s c h e Messungen . Bet den Versuchen wurden 0,20g Protein

mit 250 ccm ether 2 mg-proz. Farbstoffl6sung steigende Zeiten geschfittelt und anschliegend dutch Jenaer Glasfilter gegeben, wobei die Haupt- menge der Filtrate verworfen und nut wenige ccm gegen Schlug der Filtration zur Messung entnommen wurden. Filtration durch Zellulose- filter erwies sich als unbrauchbar, Zentrifugieren verursacht, vor allem bet kurzer Versuchsdauer, durch die unvermeidlich l~ingere Berfihrung zwi- schen Adsorbens und FarbI6sung ein Fortschrei- ten des Umsatzes. Zur Anwendung kamen Farb- 16sungen von Methylenblau, Methylviolett und Eosin; als Proteinproben dienten je ein aus Fleisch eines Pferdes auf dem fiblichen Weg er-

~) Marc, Z. Elektrochem. 20, 515 (1914). ~) O. Arendt , Kolloid-Beih. 7, 212 (1915). 25) H. Freundl ich , Kapillarchemie II (Leipzig

1932),

haltenes Extrakt- und FasereiweiB, die sorg- f~iltig gereinigt und getrocknet waren.

Die Konzentration der Farbl6sungen wurde gering gehalten, da F r e u n d l i c h 2~) fand, dab konzentrierte (0,1 proz.) LOsungen naeh der Her- stellung eine Anderung der Oberfl~chenfestigkeit erleiden. Anderseits erfordert nach A.M. Wil- l iams 27) sowie nach Wo. Os twa ld , R. da I z a g u i r r e und H. Schu lze 28) die Adsorption in konzentrierten L6sungen die Berficksichtigung verschiedener Umst~inde, die in verdfinnter LO- sung nicht ins Gewicht fallen. Bet konzentrierten L6sungen muB das Volumen sowie die Menge des adsorbierten L6sungsmittels berficksichtigt wer- den.

K i n e t i k der M e t h y l v i o l e t t a d s o r p t i o n . Entsprechend der kolloiden Natur dieser

Farbstoffl6sung sind die Unterschiede in der AffinitM des Farbstoffs gegenfiber Faser- und Extrakteiweig nicht sehr stark ausgepr~igt.

Was an den Kurven (Fig. 1) vor allem auf- f~illt, ist der rasche Anstieg in kurzer Zeit. Auf diese Verhfiltnisse soll zusammenfassend sp~iter eingegangen werden. Im ersten Tell tier Kurve bildet sich ein Knick aus und an dieser Stelle scheint, sowohl bet Extrakt- wie bet Fasereiweig, die reine Adsorption an der Oberflfiche im wesent- lichen beendet zu seth. Die vom Farbstoff leicht zu erreichenden aktiven Stellen des Proteins oder

100.

7050iG0 ~ p ~ ~ ........ 36

2~

16

I r

0 5 1~7 15 20 2/7

Fig. 1. K i n e t i k der Adsorp t ion yon Me thy l v io le t t . Ordinate = Proz. adsorbier ter Farbstof f . Abszisse = Ze i tdauer in Stunden. I = Ex t rak te iwe iB . 11 = FasereiweiB.

~) H. Freundl ich und Neumann, Kolloid-Z. 3, 80 (1908).

37) A.M. Wiltiams, Medd. fr. K. Vet. Akad. Nobelinst. (2)Nr. 27 (1913).

2s) Wo. Ostwald, R. da Izaguirre und H. Schulze, Kolloid-Z. 30, 279 (1922); 32, 57 (1922); 36, 289 (1025).

11"

Page 10: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

1 6 4 Schormiiller, Die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches F Kolloid- L Zeitschrift

auch die reaktionsf~ihigen Gruppen im Bau des Eiweigmolekfils sind abgesfittigt und erst eine weitere Steigerung der Einwirkungsdauer ftihrt zu der Erscheinung, die wir unter dem Begriff der Sorption zusammengefagt haben.

DaB dieser Knick bei Fasereiweig viel frfiher einsetzt als bei Extrakteiweig, ist darauf zurtick- zuffihren, dab die freien Stellen der innerlich ver- festigten, stark assoziierten Faser viel geringer sind als die des feinpulverigen, lockeren und fein- dispersen Extraktproteins und somit bei der Faser die erste Stufe der Absfittigung schneller erreicht wird. Bei l~ingerer Dauer der Farbstoff- adsorption eilt die Farbaufnahme der Faser der- jenigen des Extraktproteins kurz voraus, gerade in dem Punkt, wo nun bei Extraktprotein die Absfittigung frei liegender oder leicht erreichbarer Stellen ein Ende gefunden hat.

Die hier geschilderten Verhfiltnisse finden eine Parallele in Untersuchungen der L• yon Azetylzellulose in Benzylalkohol [Wo. Os t - wa ld und H. Ortloff29)], wo ebenfalls das Auf- treten zweier, streng voneinander getrennter Sfittigungsstufen konstatiert wurde.

K i n e t i k der M e t h y l e n b l a u - und E o s i n - a d s o r p t i o n .

Bei der Untersuchung dieser typisch echt gel6sten Farbstoffe treffen wir ganz andere Ver- hfiltnisse an. Entsprechend frfiheren Versuchen

ze ig t Methylenblau eine viel stfirkere Affinitfit zur Faser als zu ExtrakteiweiB. Eosin verhfilt sich umgekehrt. Ganz besonders betont werden muB auch hier, dab diese Unterschiede in den Proteinen an sich begrfindet liegen und nicht etwa in einer verschiedenen Behandlungsart, die zu irgendwelchen, ffir die einzelnen Proteine ver- schiedenen Umladungen ffihrte, denn alle EiweiB- stoffe wurden aus Fleiseh mit der kaum alkalisch reagierenden Harnstoffl0sung gewonnen. Die weitere Behandlung mit Wasser, Alkohol-Ather

Dauer der Adsorption

2 Minuten 1 Stunde .

2 Stunden 4 Stunden 6 Stunden 8 Stunden

24 Stunden 48 Stunden

und Azeton ~ibt gleichfalls keinen Einfldg auf die Ladung der Proteine aus, augerdem erfolgt sie in allen FNlen gleicb, so dab die beobachteten Verscbiedenheiten typische Eigenschaften der beiden Proteinarten darstellen.

Betrachtet man die an den Farbstoffen ge- messenen Kurven (Fig. 2), so fNlt auf, dab die Hauptmenge des Farbstoffs in fast allen Ffillen sehr schnell aufgenommen wird. Sind die an der Oberfl~iche liegenden Partien umgesetzt, so geht die Adsorption langsam in eine Sorption fiber. Der Farbstoff dringt zunfichst noch relativ stark, dann immer langsamer an innere Aktivitfits- stellen der Proteine vor und ffihrt in diesem Stadium auch zu rein chemischen Umsetzungen im Molekfil.

100 ~00180 § 1 "

t,70 . ~ - - - - ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

~'0]_ ,/"' 50]_ /'

~1-,' ~ ._________._

0 5 ~0 15 20 2# Fig. 2

Kinetik der Farbstoffadsorption von Methylenblau und Eosin.

Ordinate = Proz. adsorbierter Farbstoff. Abszisse = Zeitdauer in Stunden. I = ExtrakteiweiB. II = Fasereiweifi. - - Methylenblau, --- Eosin.

Hier sind ebenfalls auffallende Unterschiede zwischen Faser- und Extrakteiwei$ zu beoh- achten, die in der Tabelle deutlich in Erscheimmg treten.

T a b e l l e VI.

ExtrakteiweiB [t FasereiweiB Adsorbierter Farbstoff in Prozenten des ursprfinglich vorhandenen Farbstoffs

Methylviolett Methylenblau Eosin Methylviolett

7,00 56,20 48,60 55,50 57,00 67,80 84,80

4,65 8,15 8,66 8,73 8,73 8,73 8,73 8,73

18,95 44,70 60,60 71,10 72,20 73,35 76,40 80,60

29) Wo. Ostwald und H. Ort loff , Kolloid-Z. 58, 215 (1932).

6,50 32,70 38,60 41,50 58,50 66,70 79,00

Methylenblau

9,90 16,85 27,90 33,10 34,90 37,80 40,10 43,60

Eosin

3,68 9,50

10,00 11,55 13,65 17,35 28,90 41,00

Page 11: Über die Adsorption von Farbstoffen an Proteine des Fleisches

Band 80 "] Schormfi l le r , Die Adso rp t i on yon Fa rbs to f f en an P r o t e ine des F l e i s ches 165 Heft 2 (1937)/

Bei Methylviolett verlfiuft der Vorgang der Sorption fast gleichartig fur beide Proteine. Bei Methylenblau erreicht die Farbaufnahme ffir Ex- trakteiweiB schnetl einen Orenzwert, der auch naeh 48 Stunden nicht mehr fiberschritten wird, wfihrend die Farbaufnahme durch Fasereiwei[5 langsam aber stetig steigt und auch nach 48 Stun- den noch nicht zum Stillstand gekommen ist.

Sehr deutlich sind die Unterschiede bei Eosin. Beide Proteine zeigen hier ausgesprochene Sorp- tionserscheinungen. Bei Extrakteiweil3 wird die Hauptmenge des Farbstoffes jedoch sehr schnell aufgenommen, der auf Sorption weisende Kurven- ast zeigt nut geringe Steigerung. Bei tier Faser ist dagegen ein stetiges Steigen der Farbauf- nahme zu beobachten, das nach kurzer und rela- tiv geringer Spanne der reinen Adsorption sich fast geradlinig fortsetzt. Nach 48 Stunden ist noeh kein Stillstand der Farbaufnahme festzu- stellen. Zusammenfassend ergibt sich ein we- sentlich verschiedenes Bild far Faser wie ffir Extrakteiweig. Beide Proteine zeigen im allge- meinen eine reine, ausgesprochene Adsorption, in deren kurzdauerndem Verlauf die Hauptmenge des Farbstoffes aufgenommen wird, beide be- sitzen also eine kolloiddisperse, stark entwickelte innere Oberfliiche. Diese aktive Flfiche wird bei ExtrakteiweiB relativ schnell vom l=arbstoff be- setzt, eine weitere Farbaufnahme aus der LOsung, sei es durch langsame Diffusion oder durch chemische Umsetzung, tri t t in keinern megbaren Betrag ein. Bei der Faser dagegen ist zun~iehst ebenfalls schnell erfolgende Adsorption zu beob- achten. Daran schliegt sich jedoch eine stetige, wenn auch langsame weitere Aufnahme des Farb- stoffes an, der einerseits in das Innere des Faser- verbandes diffundiert, anderseits zwischen den Molekfilen der Mizellen sich verteilt und che- misch reagiert. Die Vereinigung all dieser Vor- g~nge, deren strenge gegenseitige Abgrenzung schwer, ja willkfirlich erscheint, ffihrt zu dem Bild, das wit an Faserproteinen, vor allem bei der Aufnahme yon Eosin, beobachten.

Z u s a m m e n f a s s u n g . Es wurden die verschiedensten Proben der

aus Fleisch und Organen durch Harnstoffextrak-

tion dargestellten Eiweil3fraktionen auf ihr Ver- halten gegen Farbl6sungen untersucht.

1. Faser- und Extrakteiweil3-unterscheiden sich wesentlich in ihrer Aktivitfit gegen w/isserige L6sungen verschiedener Farbstoffe.

2. Verschiedene Fraktionen des aus Fleisch dutch Harnstoffl6sung extrahierten Proteins, die chemisch keine feststellbaren Unterschiede auf- weisen, zeigen deutliche Verschiedenheit im FarbbindungsvermOgen.

3. Aus Fleisch gewonnene, einer Weiterbe- handlung mit alkalischen und sauren Agenzien unterworfene Eiweigstoffe wurden auf ihre Ffihigkeit, Farbstoff aufzunehmen, geprfift.

4. Die Kinetik der Farbstoffadsorption zeigt wesentliche Unterschiede in der kolloidchemischen Struktur yon Faser- und Extrakteiweil3.

5. Die an Proteinen des Pferdefleisches er- haltenen Ergebnisse wurden an Proteinen aus dem Fleisch yon Oans und Hammel nachgeprfift und untereinander verglichen mit dem Ergebnis, dab das Extrakteiweig der verschiedenen Tiere sich sehr gleichartig bei der Farbstoffadsorption ver- hNt. Unterschiede im Verhalten der Faser yon Pferdefleisch sind auf morphologische Verschie- denheiten im Bau dieser Faser gegenfiber den aus Gans und Hammel dargestellten Proben zurfick- zuffihren.

6. Die Farbstoffadsorption an Proteine ver- schiedener Organe eines frisch geschlachteten Pferdes ergab, dab die einzelnen Fraktionen yon Faser- und Extrakteiweit3 unter sieh groge Uber- einstimmung in der Farbbindungsf/ihigkeit auf- weisen. Innerhalb 'der beiden Gruppen zeigen jedoch einzelne Proteine Unterschiede, so Ex- trakteiweig der Niere und Lunge, Fasereiweif3 der Lunge gegenfiber einigen Farbstoffen.

Dem Leiter der biochemischen Abteilung des Reichsgesundheitsamtes, Herrn Geh.-Rat Dr. K. Beck , danke ich ffir die gfitige F6rderung bei der Ausffihrung der vorliegenden Arbeit.