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190 Cariws, uber die iiquhalente Ersetzung oon Ueber die aquivalente Ersetzung von Saueratoff durch Schwefel ; von L. Carius. - Die wichtigsten Grundlagen der herrschend gewordenen Ansichten iiber die Constitution chernischer Verbindungen sind ohne Zweifel : 1) Die Erkenntnik der Unrnoglichkeit, aus dem chemischen Verhalten der Korper auf die Lagerung der in ilinen vorhandenen einfachcn Atome zu schlieken, und 2) die Festslellung des chernischen Moleculs (der klein- slen Menge bei chemischer Reaction thatiger Substanz) ein- facher und zusarnrnengesetzter Korper , und des chernischen Atoines (der kleinsten in Verbindung vorkommenden Menge) einfacher Korper. Die Analogie des Sauerstoffs und Schwefels folgt un- zweifelhaft aus der Existenz einer grofsen Anzahl von Ver- bindungen des cinen Kijrpers , denen chernisch analoge des andern entsprechen; es mufs daher rniiglich sein, den Sauersloff einer Verbindung sowohl ganz als theilweise durch Schwefel zu ersetzen. Dabei rnufs, wenn das Atomgewicht des Sauerstoffs 16 ist, die Vertretung stets nach dieser Menge fur 32 Schwefel stattfinden. Solche Beziehungen zeigen von Kohlenstoffverbindungen a. B. die Essigsaure und die Thiacetsaure, die von K e k u le *) durch eine einfache Ersetzung des Sauerstoffs der Essigsaure durch Schwefel erhalten wurde. Beide sind einbasische Sauren und enthalten das Radical (der chernischen Reaction) CzHsb. Moglicherweise kann nun auch der Sauerstoff dicses ") Ke kul 6, uber eiiic noiw Iieilie scliwefelhaltiger organiwher 83ureii ; diese Annelc~i SC, 309.

Ueber die äquivalente Ersetzung von Sauerstoff durch Schwefel

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Page 1: Ueber die äquivalente Ersetzung von Sauerstoff durch Schwefel

190 Cariws, uber die iiquhalente Ersetzung oon

Ueber die aquivalente Ersetzung von Saueratoff durch Schwefel ;

von L. Carius. -

Die wichtigsten Grundlagen der herrschend gewordenen Ansichten iiber die Constitution chernischer Verbindungen sind ohne Zweifel : 1) Die Erkenntnik der Unrnoglichkeit, aus dem chemischen Verhalten der Korper auf die Lagerung d e r in ilinen vorhandenen einfachcn Atome zu schlieken, und 2) die Festslellung des chernischen Moleculs (der klein- slen Menge bei chemischer Reaction thatiger Substanz) ein- facher und zusarnrnengesetzter Korper , und des chernischen Atoines (der kleinsten i n Verbindung vorkommenden Menge) einfacher Korper.

Die Analogie des Sauerstoffs und Schwefels folgt un- zweifelhaft aus der Existenz einer grofsen Anzahl von Ver- bindungen des cinen Kijrpers , denen chernisch analoge des andern entsprechen; es mufs daher rniiglich sein, den Sauersloff einer Verbindung sowohl ganz als theilweise durch Schwefel zu ersetzen. Dabei rnufs, wenn das Atomgewicht des Sauerstoffs 16 ist, die Vertretung stets nach dieser Menge fur 32 Schwefel stattfinden.

Solche Beziehungen zeigen von Kohlenstoffverbindungen a. B. die Essigsaure und die Thiacetsaure, die von K e k u l e *) durch eine einfache Ersetzung des Sauerstoffs der Essigsaure durch Schwefel erhalten wurde. Beide sind einbasische Sauren und enthalten das Radical (der chernischen Reaction)

CzHsb. Moglicherweise kann nun auch der Sauerstoff dicses

") K e kul 6 , uber eiiic noiw Iieilie scliwefelhaltiger organiwher 83ureii ; diese Annelc~i S C , 309.

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Sawrstofl durch Schwefel. 191

Radicals noch durch sein Aequivalent an Schwefel ersetzb werden , wodurch folgende neue, denen der Essigsauregruppe analoge Verbindungen erhalten wiirden :

CzHsS SC2Hss CI, C2H3S N H .

H H

CICsH30 bildet bei der Einwirkung auf Alkohol

ClH + 0 2 r ; durch Einwirkung auf Mercaptan (vielleicht

besser Kalium- oder Quecksilber-Mercaptid) wird ohnezweifel

CIH + Sky, thiacelsaures Aethyl, entstehen. Geht man

in dieser Betrachtung weiter, so wird es wahrscheinlich, dafs dem hypothetischen Chloride CI, C2H3S noch eine weiterc Reihe von Verbindungen entspreche, die dieselbe Zusammen- selzung wie die a n die Thiacetsaure sich anschliefsenden haben, miiglicherweise aber nur mit ihnen isomer sein wur- den , indem ihren Reactionen zufolge das Schwefelatom zur Constitution des Radicales CzH& zu rechnen ware. Einer jeden einbasischen Oxysaure entsprechen durch successive Ersetzung des Sauerstoffs durch Schwefel drei Solfosauren.

Dehnt man dieselben Folgerungen auf solche an zwei- atomige Radicale sich anreihende Verbindungen , z. B. ewei- basische S luren a u s , so wird die Zahl der uberhaupt mog- lichen Verbindungen hier noch grofser. Als Anfangsglieder einer solchen Gruppe kiinnen die Kohlensaure (irn Hydrat- zustande gedachl) und die sog. Schwefelkohlenwassersloffsaure von B e r z e l i u s betrachtet werden *). Ersetzt inan den Sauer-

*) Fur die imFolgendcn mit 1, 2, 3 und 4 tezeichnetcn Slluren, die h e n cntsprechenderi nether, Chloride u. s. w. ist von G e r h a r d t in seinam Trait6 schon die Ableitung von der Kohlensaurc durch Ersetzung des Sauerstoffs durch Schwefel angenoiumcn worden ; iiur giebt er den Verbindungen verschiedene Formcln, z. B. dem

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192 Care'zrs, fiber die Bquivalente Erseteung uon

stoff der Kohlensaure successiv durch Schwefel, so wird man auf die folgende Reihe von Verbindungen gelangen :

1. 2, 3. 4.

0 OICO H2 OICO s Hs Da jede der Sauren zweibasisch ist, so entsprechen

jeder zwei Chloride, deren Bildung empirisch gedacht werden kann durch Ersetzung von j e OH oder SH durch CI, und es werden dabei wahrscheinlich zwei Chloride derselben Reihe gleichzeitig zwei verschiedenen Siluren entsprechen , z. B. den Sauren 1 und 2 die beiden im Folgenden unter i be- zeichneten Chloride :

1. 2.

0 cii Cll H

s cs Cll H

Cl2CO CIZCS.

Moglicherweise existiren aber noch zwei andere Glieder

der Saurereihe, namlich 5 , OlCs der dann das Chlorid gll\s und 6, :!\!: der das Chlorid E1]F, und denen beiden noch

die Chloride ClzCS und C12C0 correspondiren wiirden.

Den Siluren entsprechen die folgenden neutralen Aethyl- verbindungen :

Aether 3 : C,S4i$zE. Zugleich bedient sich G e r h a r d t fiur

diese Verbindungcn einer Nomenclatur I wonach die durch Lqui- valente Ersetzung des Saucrstoffs durch Schwefel entstanden zu denkcnden Verbindungen als Sulfoverbindungen bezcichnat werden und die ich fur die weiter unten bezeichneten neuen Verbindun- gen angenommen habe.

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Sauerstoff durch Schwefel. 4 93

3. 4. 1. 2.

0 co OhC&k)2

Kohlens. Kohlens. Aethyl SchwefclLthyl,

von D e b u s

O I C O C1 C2H5 Chlorkohlens. Aethyl

s \ cs s cs 0 1 (Cd5)Z S/(C2H5)2 Xanthins. Kohlensulfid- Aethyl, Schwefel2thy1,

van Z e i s c von S c h w e i t z c r

Noch unbeknnnt *).

Den Sauren 5 und 6 entsprechen ebenso noch zwei Aether und nioglicherweise zwei Chloride ; von den Aethern sind vielleicht 2 und 5 , sowie 3 urrd 6 identisch; ebenso kannen die beiden Chloride identisch sein, so dars dann der ganzen Gruppe nur drei aufser detn Radical noch Sauerstoff oder Schwefel haltende Chloride, und endlich wieder C12C0 und ClsCS entsprechen.

Das Chlorid CIzCS, Chlorsulfocarbonyl, zuerst von I( 01 b e als Chlorschwefelkohlenstoff beschrieben , entsteht nach Ver- suchen von Dr. E. F r i e s und mir durch Einwirkung yon Phosphorsuperchlorid auf Schwefelkohlenstoff in zuge- schmolzenen Rohren bei etwa 200°, und zwar nach der ein- fachen Gleichung :

scs + C15P = Cl2CS + C13PS.

") Mit Veisuchen zur cx~ierhentcllen Prufung dieser Theorie bin ich soit lLngerrr Zeit gemoinschaftlich mit sweien meincr Schuler, Hcrrn Dr E. F r i e s und Herrn S e n k e n b e r g , beschilftigt; wir habcn ein Chlorid von der Zusammensetsung CI(C,H,)CS, und ein aiideres Cl(C,H,)CSO erhalten ; die Uritersuohung ist noch nicht beandigt, es wheint indefs als existire das letztere Chlorid in awei isomeren Zustlinden, vcrschieden dadurch, d a h im einen Falle der Schwefel zur Constitution dcs Radicnles gehort, im andern riicht Die Untorsuchung dicscr Korper ist init Bchwierig- keiten verbunden; wir hoffen indcl's bald ubcr dieselbon nhd uber das Chlorsulfocarboriyl , CI,CS , susfuhrliche Mittheilung maohen zu kiinncn.

Annal. d . Chem. u. Pharm. CXII. Bd. 2. Ileft. 13

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194 C o r i u s , iibcr die iiquivalente Erselsimg won

Wenn man dieselben Betrachtungen auf die a n ein drei- atomiges Radical sich anreihenden Verbindungen ausdehnt, so werden hier, z. B. in der Gruppe der Phosphorsaure, eino noch griifsere Zahl von Verbindungen moglich sein. In d e r Phosphorsaure oder deren neutralem Aether sind 4 At. 0 durch 4 At. § ersetzbar, wie am besten aus folgendeni Schema ersichtlich wird :

1. 2. 3. 4.

PO' 0 PS' 0 PS' PS' 0 I

('ZH5)3 0 \('tH5)3 :{ (C2H5)3 p{ (c!2H.5)3

0 c1 Ips

Cl,, PO Cl,, PS. Auch hier konnen moglicherweise noch andere Verbindungen

existiren , indem drei verschiedene neutrale Aether miiglich sind, die sich von den Aethern 2 , 3 und 4 dadurch unter- scheiden, dafs sic? nicht das Radical PS, sondern das PO, aufserhalb d e s Radicales aber 1, 2 oder 3 At. 0 neberi 3, 2 oder i At. S enthalten. Nirnmt man nun noch hinzu, dafs jedem Aether als Stammgliede einer Reihe durch suc- cessive Erselzung der Aelhylgruppe durch Wasserstoff drei verschiedene Sliuren, und dafs einem jeden Aether eine lange Reihe von Chloriden, Amiden u. s. w. correspon- diren, so erhalt inan als wahrscheinlich existirerid eine neue Gruppe von Verbindungen, die Hunderte von Gliederri enthalt, welche alle auf die erorterten einfachen Beziehurigen gestiitzt sehr zweckmarsig classificirt sind.

Dieser Gegenstarid gewinnt noch an Interesse, seit es mir geiungen ist , mehrere Glieder der Gruppe darzustellen,

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Scuerstofl durch Sckwefel. 195

deren physikalische wie chemische Eigenschaften vie1 Interes- santes bieten.

Von diesen neu dargestellteri Verbindungen werde ich i m Folgenden nur diejenigen beschreiben, deren Untersuchung als vollendet angesehen werden kann, mul's mir aber auch hier ihre ausfiihrliche Beschreibung fur eine splitere Mitthei- lung vorbehalten.

Gelegentlich der Beschreibung der Thiacetsaure erwahnt K e kul&*), durch Einwirkung von Alkohol auf Phosphor- supersulfid entstehe Mercaptan nach der Gleichung :

Schon vor Ilngerer Zeit versuchte ich diese Reaction zur Darstellung von Mercaptan zu benutzen, erhielt aber selbst bei mehrmaliger Wiederholung des Versuches nur sehr kleine Mengen von Mercaptan ; dagegen entwickelte sich slets, selbst bei sorgfaltigstem Fernhalten alles Wassers, Schwefelwasserstoff, beim Erwlrmen der klaren dickfliissigen Losung im Wasserbade destillirte ebenfalls keine Spur Mer- captan, und erst beim Erhitzen auf eine weit hohere Temperatur destillirt unter heftigem Aufschlumen der Masse ein grorsses Volum einer Mercaptan enthaltenden gelblichen Flussigkeit, wahrend im Riickstande Phosphorsaure und Schwefel blieb. Bei der Untersuchung des gelblichen Destillationsproductes war mir Herr W. K e l l n e r aus Frankfurt sehr behulflich, wofiir ich ihm hier meinen besten Dank ausspreche. Durch wiederholtes Fractioniren, wobei Anfangs noch ein geringer Ruckstand von Phosphorsaurc hlieb, liefsen sich aus der gelhlichen Flussigkeit drei Flussigkeiten von constanten Siede- punkten abtrennen; der erste kleinste Theil bestand aus Mercaptan, durch seinen Siedcpunkt und Bildung der Queck-

*) Diese Annalen XC, 309.

13 *

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196 C a r i u s , 5ber die aquivatmte Erseteung von

silberverbindung geniigend characterisirt. Der zweite Theil b e s a k den Siedepunkt 91° bis 920 C., gab mit Quecksilber- chlorid die Reaction des Einfach - Schwefelathyb und bei der Analyse durch Verbrennen rnit Quecksilberoxyd und kohlensaurem Natron :

Angewandt : 0,2562. Erhalten : 0,6665 schwefelsaurer Raryt , entsprechend

35,89 pC. Schwefel; berechnet 35,55 pC. Schwefel. D e r dritte Theil siedete constant bei 151O bis 15i0,5

(Baronleterstand Om,7482), besah den eigenthiimlichen Geruch des Zweifach - Schwefelathyls und gab bei e iner Analyse durch Verbrennen mit Quecksilberoxyd und kolilensaurem Natron :

Angewandt : 0,3240. Erhalten : 1,2330 schwefelsaurer Baryt , entsprechend

52,25 pC. Schwefel; berechnet 52,44 pC. Schwefel.

Ich vermuthete hiernach, d a k die Reaction des Phos- phorsupersulfides e ine ganz andere sei, als yon K e k u l b an- genommen wurde , dals sie vielmehr zu vergieichen sei rnit der Einwirkung von Pliosphorsaureanhydrid auf Alkohol, und fand diese Vermuthung vollkommen bestltigt. Bei Anstellung der xu diesem Zweck nothwendigen grofsen Zahl von Ver- suchen ist mir Herr E. S e n k e n b e r g aus Offenbach sehr behulflich gewesen.

Die Einwirkung von Phosphorsaureanhydrid auf Alkohole laQt sich in der folgenden Gleichung zusammenfassen :

Meiner Untersuchung zufolge geht die Retlclion von Phosphorsupersulfid auf Alkohole , z. B. Aethylalkohol , vor sich nach der Gleichung :

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Sauerstoff durch Schwefel. 197

Die neue Saure mufs nach der ohen angedeuteten Nomen- clatur den Namen Dilthylsulfophosphorsaure haben, der Aether dagegen disulfophosphorsaures Aethyl genannt werden. Beide Korper erhalt man in sehr erheblichen Mengen und mit Leich- tigkeit rein. - Die Slure ist eine zahe olartige Fliissigkeit, die sehr stark sauer und zugleich bitter schmeckt , sich in verdunnter wasseriger oder alkoholischer Losung ohne Zer- setzung kochen laQt , bei starkem Erhitzea aber Mercaptan (und Schwefelathyl ?) unter Zurucklassung von Phosphorsaure giebt (durch diese Zersetzung erklart sich leicht , wershalb K e k u 16 Mercaptan fand ; er hat das Gemisch von Phosphor- supersulfid und Alkohol einfach etwas zu stark erhitzt). Die Saure bildet eine Reihe sehr bestandiger Salze, von denen das Ammonium-, Kalium-, Natrium-, Baryum-, Calcium- und Blei-Salz leicht in Wasser, zugleich aber in absolutem Alkohol und sogar in Aether loslich sind; das Silbersalz ist fast un- loslich in Wasser, aber sehr leicht loslich in Alkohol und Aether, dieses und das Blei- und Zink-Salz zeigen die Eigen- thumlichkeit, bei raschem Verdunsten ihrer Losung in oligen Tropfen herauszufallen, und bleiben dann so lange zahe, his sie mil einem harten KGrper beruhrt werden, wobei sie kry- stallinisch erstarren. Die Salze wie die Saure sind geruchlos.

Disulfophosphorsaures Aethyl, o g 1 cc-,H513, P S

ist eine farblose olartige Flussigkeit von besonders in gelinder Warme gewurzhaftem und zugleich etwas knoblauchartigem Geruche, mit Wasscrdiimpfen ohne Zersetzung destillirbar. Der Aether giebt bei Beliandlung mit alkoholischem Kalium- oder Ammoniumsulfhydrat die Salze einer neuen Saurc, der

0 PS Diathyldisulfophosphorsiiure , deren Bildung stattfindet nach der Gleichung :

d W 5 ) Z H '

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198 Carius, uber die aquioalmte Erseikung eon

Diese neue Saure sowie ihre Salze gleichen in ihren physikalischen Eigenschaften sowie ihrer Loslichkeit der Diathylsulfophosphorsaure und ihren Salzen sehr. Die Saure entsteht irn freien Zustande aus dem disulfophosphorsauren Aethyl durch Einwirkung von Mercaptan bei hoherer Tempe- ratur im zugeschmolzenen Rohr als eine durclisictitige amnrphe farblose Masse, die in gelinder Warme zahflussig ist.

Die bezeichnete Reaction des Aelhers mit Mercaptan ist eine setrr interessante; es M e t hier die Bildung von ein- fachen oder gemischten Sulfiden der Alkoholradicale (Sdfo- dthern) genau analog statt, wie die Bildung der einfachen oder gemischten Oxyde derselben einatoniigen Radicale aus sauerstoffhaltigen Aethern zwei- oder mehrbasischer Sauren und Alkohole.

Bildung nova Aethyl-Methylather :

Bildung oon Aethyl-Methylsulfouther :

Es ist bis dahin noch keine Reaction bekannt gewesen, welche so wie diese die Analogie der Sulfoalkohole (Mer- captane) mit den Alkoholen, des Schwefels mit dem Sauer- stoff zeigte. - Eine andere nicht minder interessante Reaction giebt tias disulfophosphorsaure Aethyl mit Alkohol ; hier findet derselbe Austausch des Wasserstoffes irn Alkohol gegen das Alkoholradical im Aelher , aber gleichzeitig der Aastausch von 1 Atom S = 32 gegen 1 Atom 0 = 16 statt; S O z. B. :

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SauersSof durch ScReoefel. 199

Die einfachen oder gernischten Sulfoather entstehen also hier neben der 1 At. S = 32 weniger als der angewandte Aether haltenden Saure. Nach bciden mitgetheilten Ent- stehungsweisen habe ich, unterstutzt durch Herrn S e n k e n-

b e r g , die gemischten Sulfoather S cH3 und S C2H5 in erheb-

licher Menge dargestellt, und werde sehr bald iiber ihre Eigenschaften ausfuhrliche Mittheilung machen.

CaH5 C5Hll

P" ( W 5 1 , '

' Tetraszrlfophosphorsaures Aethyl SS]

Da die vorerwahnte Reaction ohne Nebenproducte statt- findet, so setzte ich voraus, d d s sie fiir alle schwefelhaltigen Glieder der grofsen Gruppe von Verbindungen gultig sein wurde. 1st diefs der Fall, so wird dieselbe einfache Reaction zur Darstcllung der langen Reihe von neutralen und sauren Aethern dienen konnen, sobald es gelingt, das als Ausgangs- punkt dienende, nur Schwefel und keinen Sauerstoff haltende Endglied , das tetrasulfophosphorsaure Aethyl, leicht darzu- stellen. Letzter Aether bildet sich in erheblicher Menge durch Einwirkung von Phosphorsupersulfid auf Mercaptan, oder besser Quecksilbernrercaptid. Die dabei stattfindende Reaction ist vollkomrnen analog der Einwirkung von Phos- phorsupersulfid auf Alkohole, und geht ohne alle Nebenprodiicte nach folgender Gleichung vor sich :

Nach beendigter Einwirkung und Erkalten erhalt man eine olige gelbe Fliissigkeit, die das uberschiissige Mercaptan und das tetrasulfophosphorsaure Aethyl enthall , und einen gelbbraunen Absatz van Schwefelquecksilber, der mit schonen starkglanzenden kurzen SIulchen eines Quecksilbersalses ge- mengt ist; letetere sind ohne Zweifel das Quecksilbersalz der Diathyltelrasulfophosphorsiiure. Leider ist es bis jetzt nicht

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200 Carius , uber die Bquivalente Ersefwng von

gelungen, dasselbe unzersetzt zu isolirenj es l6st sich in kochendem absolutem Alkohol , aber der vorher vollstiindig von dem oben genannten gelben Oel befreite Ruckstand ent- wickelt dabei Mercaptan, und beim Erkalten setzt sich ein neues Quecksilbersalz in langen silberglanzenden zugespitzten

Saulchcn ab; dieses ist O2 1 ps eines der schdnsten Salze

der oben schon beschriebenen Diathyldisulfophosphorsaure. - Das tetrasulfophosphorsaure Aethyl ist eine olartige hellgelbe Fliissigkeit, die sehr dem disulfophosphorsauren Aethyl gleicht, nur leichter zersetzbar ist. Der Aether giebt mit alkoholischem Kaliumsulfhydrat das diathyltetrasulfophosphorsaure Kalium, mit Kalihydrat dagegen ein n e w s Kaliumsalz, das sehr wahr-

scheinlich diathyltrisulfophosphorsaures Kalium

ist; die Untersuchung ist jedoch hier noch nicht weit genug vorgeschritten.

s CC2H5)SHg’

0 PS” ’ S2 I (CZH5)ZK’

Aulser den im Vorigen beschriebenen Korpern ist schon eine Saure bekannt, die Schwefelphosphorslure von W ur t z*), welche in dieselbe Gruppe von Verbindungen gehort; ferner hat C 1 o 6z *%) angegeben, eine Aethylschwefelphosphorsaure erhalten zu haben; diese beiden Verbindungen sind :

Von anderen Verbindungen der Gruppe , deren schon noch mehrere von mir erhalten, aber noch nicht genugend untersucht sind, erwahne ich nur noch eines Chlorides, eines fluchtigen, atherartigen Korpers , dessen Analysen die Zu-

sammensetzung entsprechend der Formel s2 1 ps ergaben. CI CCaH512

*) Ann. ch. ph. [3] XX, 472. **) Compt. rend. XXIV, 388.

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Sauerstoff durch Schtoefel. 201

Endlich sei es mir noch gestattet, darauf aufmerksam zu machen , dafs den ubrigen Phosphorsulfiden, besonders aber dem Phosphortrisulfid , P&&, ahnliche grofse Gruppcn von Verbindungen correspondiren werden , die ein s e h r hohes Interesse fur die Chemie haben werden.

H e i d e l b e r g , den 16. Juli 1859.

Ueber die Einwirkung des Zinks auf Jodathylen C A J 2 ;

von J. A. Wanklp und Carl voa Thann. -

Wenn Zink mit einer Mischung von Aether und Jodathyl erwarmt wird, verbindet sich jenes sowohl mit Aethyl aIs auch mit Jod, indem sich Jodzink und Zinkathyl bilden. Es schien uns wahrscheinlich, dafs Zink auf die atherische Losung von Jodathylen in ahnlicher Weise einwirken kiinnte nach der folgenden Gleichung :

CiH4J2 + Zn4 = C;H4Zn2 + 2JZn.

Wir haben versucht, diese Reaction zu verwirklichen ; unsere Erfahrung hat aber zu dem Resultate gefuhr t , dars die Zinkverbindung dieses zweiatomigen Radicals auf diese Art nicht erhalten werden kann.

Unser Versuch w a r i n folgender Weise angestcllt : Ueber Jod, welcbes im Wasscrbade etwa auf 60° C. er-

warmt w a r , wurde langere Zeit ganz re ines Aethylengas geleitet, dann das gebildete Jodathylen von dem uberschussigen Jod durch Abspiilen mit verdunnter Kaliliisung hefreit , das so erhaltene gelblich-weite krystallinische Jodathylen durch