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435 VI. Ueber die Anwendung des elektrischen .Fun- kens zu Geschwindigkeitsmessungen ; oon Werner Siemens, Lieutenant in der KBnigl. Preuh. Artillerie. (Gelesen in der physikalkhen Gesellsehaft zu Bedin am 3. Oct. 1845.) Es hat sich neuerdings ein PrioritItsstreit iiber die Idee, die Bemegungsgeschwiiidigkeit der Projectile mittelst des galvanischen Stromes zu messen, erhoben. Aus den dort gemachten Zeitangaben ergiebt sich jedoch, dafs in der preufsischen Artillerie schon vie1 friiher ein derartiger Plan aufgestellt uiid in’s Leben gerufen wurde. Da der zu dicsem Beliufe gefertigte und noch jetzt im Gebrauch befindliche Apparat iioch in keiner wissenschaftlichen Zeit- schrift beschrieben, wenn auch seiner Zeit in einigen Ta- gesblzttern ausfiihrlich besprochen ist, so werde ich einige Worte uber den Ursprung und die erste Ausfiihrung der Idee, die Bewegungsgeschwindigkeit der Geschosse rnit Hiilfe des galvanischen Stromcs, und namentlich des Elek- tromagnetismus, zu messen, vorausscliicken. Die Richtig- keit dieser Angaben wiirde sich sowohl durch die Acten der betreffenden Behilrde, mie .durch die cinigen freinden Gesaiidten, namentlich den franzasischen und russischen, auf ihr Ansuclien gemachten offiziellen Mittheilungen iiber diesen Gegenstand erweisen lassen. Der grofse Werth, welchen die genaue Bestimmung der Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse fur die Artil- lerie hat, und die grofsen Mj;ngel, welche den bisher zu diesem Behufe benutzten Instrumenten, und namentlich dem Ballistischen Pendel, anhaften, veranlafsten die Ar- tillerie-Prufungs-Commission zu Berlin zur Betretung ei- nes ganz verschiedenen Weges, nIrnlich der directen Mes- sung der Flugzeit des Project&, mittelst eines dektro- 28 *

Ueber die Anwendung des elektrischen Funkens zu Geschwindigkeitsmessungen

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VI. Ueber die Anwendung des elektrischen .Fun- kens zu Geschwindigkeitsmessungen ;

oon W e r n e r Siemens, Lieutenant in der KBnigl. Preuh. Artillerie.

(Gelesen in der physikalkhen Gesellsehaft zu Bedin am 3. Oct. 1845.)

Es hat sich neuerdings ein PrioritItsstreit iiber die Idee, die Bemegungsgeschwiiidigkeit der Projectile mittelst des galvanischen Stromes zu messen, erhoben. Aus den dort gemachten Zeitangaben ergiebt sich jedoch, dafs in der preufsischen Artillerie schon vie1 friiher ein derartiger Plan aufgestellt uiid in’s Leben gerufen wurde. Da der zu dicsem Beliufe gefertigte und noch jetzt im Gebrauch befindliche Apparat iioch in keiner wissenschaftlichen Zeit- schrift beschrieben, wenn auch seiner Zeit in einigen Ta- gesblzttern ausfiihrlich besprochen ist, so werde ich einige Wor te uber den Ursprung und die erste Ausfiihrung der Idee, die Bewegungsgeschwindigkeit der Geschosse rnit Hiilfe des galvanischen Stromcs, und namentlich des Elek- tromagnetismus, zu messen, vorausscliicken. Die Richtig- keit dieser Angaben wiirde sich sowohl durch die Acten der betreffenden Behilrde, mie .durch die cinigen freinden Gesaiidten, namentlich den franzasischen und russischen, auf ihr Ansuclien gemachten offiziellen Mittheilungen iiber diesen Gegenstand erweisen lassen.

Der grofse Werth, welchen die genaue Bestimmung der Anfangsgeschwindigkeit der Geschosse fur die Artil- lerie hat, und die grofsen Mj;ngel, welche den bisher zu diesem Behufe benutzten Instrumenten, und namentlich dem Ballistischen Pendel, anhaften, veranlafsten die Ar- tillerie-Prufungs-Commission zu Berlin zur Betretung ei- nes ganz verschiedenen Weges, nIrnlich der directen Mes- sung der Flugzeit des Project&, mittelst eines dektro-

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436 magnetischen Apparats. Schon im Jahre 1838 war die- ser Plan von der genannt,en Commission vollsthdig aus- gearbeitet. Er bestand darin, daL eine Uhr erbaut wer- den sollte, welche sich zur Angabe sehr kleiner Zeittheile eignete und durch magnetische Kraft engagirt und nrretirt werden kdnnte. Der hiesige Uhrmachcr Hr. L e o n h a r d ward mit dem Bau derselben bemftragt und bcgann ihn im Februar 1830. Die grofsen technischen Schwierigkei- ten, welche sich der Anfcrtigung einer solclicn, die Ab- h u n g von T&,V Secunden gestattenden Instrumentes eot- gegensetzten, inachten bedeutende Moditicationen des ur. spriinglichen Planes und viele zeitraubendc Versuclie er- forderlich. Dem Eifer und der grofsen Gescliicklichkeit des Hrn. L e o n l i a r d gelaug es indefs, diefs Werk end- licb zur vdlligen Zufriedenheit und so lierzustellen , wie es nocli jetzt bci den Versuclieii der Artilleric- Priifungs- Commission in Gebrarich ist. hi Wesentliclien bestelit es nus einem conischen I’cndcl, welches durch ein Uhr- werk iu kreisfiirinigcr Schwingung erlialten wird. - Ein Beobachtungszeiger kann durch Bewegung eines HebeIs mit diesem in stetem und gleichfihmigem Gauge befind- licheu Ulirwerk verbunden, und ebenso wieder von ihin getrelint und festgestellt werden.

Diese Engagirung und Arretiriing des Beobachtungs- zeigers suchte inan bei den im Jalire 1842 mit dieser Uhr angestellten Versuchen dadurch zu bewerkstelligen, dafs die Kugel beim Hinaustreten ails der Miindung des Geschiitzes einen elektrischen Strom herstellte, durch wel- cben de’r Magnetismus eines Elektromagneten erregt und der Anker angezogen wurde. Durch die Bewegung des Ankers wurde der Beobachtungszeiger mit deln im Gange befindlichen Uhrwerk verbunden und daher in Bewegung gesetzt. - Wenn die Kugel am Ziele anlangte, so wie- derholte sich dasselbe Spiel mit einem zweiten Elektro- magneten, wodurch der Zeiger wieder vom Uhrwerk be- trennt und festgestellt wurde.

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Man gewaiin iudeb bald die Uebeneugung, dal's die auf diesem Wege erzieltcn Zeitangaben nie den Grad von Genauigkeit erreichen wiirden, welchen die Construction der Uhr gestattete. Der Griind lag einmal darin, dak die Kugel nicht' direct die galvanische Kette herstellen konnte , und zu diesem Elide inechanisclie Zwischenglie- der eingeschaltet werden mulsten, welche nothwendig Feh- lerquellen mit sich fulirtcn, und zweiteus darin, dafs die Erregung des Magnetisinus nicht mornelitan rnit der des Stroincs erfolgt, und dal's seiue Iiitensitat von der Starke desselben abkingt , uiid daher nie vollkornmen constant ist. Die Bcwegung des Ankers wird dalier auch nicht iinmer iii delnselbeu Zeitabschnitt nocli der Erregung des Stromes beginnen, und aufserdem die zur Durchloufung seines Weges erfordcrliche Zeit verschieden seyn.

I)iefs veranlnfste inicli sclion damals zii dern Vor- schlage zur Engngirung uud Arretirung des Beobachtuugs- zeigers, anstatt des Elektroinagnetismus, den elektrischen Funken zu benntzen. Dick liefs sich auf verschiedene Wcise ausfuhren. Die Federn, durch deren Freiwerden der Zeiger engagirt und arrctirt wurde, konnteu durch aufserst fein gezogene PlatindrYtite gespannt werden, wel- clie durch hindurchschlagende Funken nacli einaiider ge- schmolzen wurden ; oder diek konnte durch Seidenfsden gescbehen, welche durch einen permanenten Stroin von Wasscrstoff oder einen mit Knallgas gefullteu Raum Iiin- durch gingen und durch die Entziinduug des Gases durch den elektrischen Funken verbrannt wurden. Auch konn- ten die, die Engagirung und Arretirung des Zeigers be- wirkenden Hebel durch die inechanische Wirkuiig der Explosion des Knallgases direct in Bewegung gesetzt werden.

Die Artillerie-Priifungs- Comnission giog jedoch auf meinen Vorschlag nicht ein, weil ihr die Isoliruiig langer Leitungsdriihte, besouders bei nicht ganz giinstiger Wit- teriing, zii schwierig schicn. Sie adoptirte dagegtn die

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von H i m lp in Gattingen zuerst vorgescblagene und von mir gleichzeitig mit meinem Plane zu ihrer Kenntnifs ge- brachte Unterbrechung des galvanischen Stromes durch die Kugel uninittelbar, jedoch benutzte sie dieselbe in ganz anderer Weise, wie H i m l y es vorschlug. Dieser wollte nsmlich durch die Unterbrechuug der Hauptleitung einer starken galvanischen Kette den ganzen activen Strom einer Nebenleituug zuwenden , dadurch einen feinen in dieselbe eingeschalteten Platindraht schmelzen und bier- durch den Beobachtungszeiger engagiren. Die Commis- sion behielt dagegen den Elektroinngnetisinus bci, jedoch unter der wesentlichen Modification , dafs die Engagi- rung und Arretirung des Beobachtungszeigers nicht inehr wie friiher durch die Berstellung eiiies Strotns, sondern durch die Unterbrechiing desselben und dns dainit ver- bundene Abfallcu der Anker der Elcktrotnagneten gesclie- hen sollte.

Die mit der so ausgerusteten Uhr, namcntlich iin Som- mer 1844, angestellten Beobachtungen gaben itn Allgemei- nen befriedigende Resultate, da der variable Fehler sel- ten einige Tausendtheil-Secunde uberstieg. Vollkommen fehlerfreie Hesultate werden sich jedocli auch auf dicsein W e g e nicht enielen lassen, weil die magnetische Kraft nicht ylatzlich mit der Unterbrechung des Strornes auf- hart, oder auch nur bedeutend vermindert wird. Es kann diefs nur in einer mehr oder weniger steilen Curve ge- schehen. W'enn daher aiich ein Anker, der die GrYuze der Tragkraft des Magneten beinahe erreicht , scheinbar momentan mit der Unterbrechuug des Strouies abfdlt, so mufs doch immer eine, von der Starke des Stromes, so wie auch von der Dauer seiner Einwirkung auf den ge- schlossenen Magneten abhangige Zeit verfliclen, bis dieb eintritt. J a selbst wenn die Schwere dcs Ankers die Trag- kraft vollstandig erreichte, kiinnte er doch nicht momen- tan abfallen, weil im Augenblicke der Unterbrechung der Strom und mithin auch die Anziehungskraft des Magne-

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ten, durch die inducirende Wirkung der Drahtwindungen auf einander, noch ansehnlich vermehrt wird.

W h e a t s t o n e und B r e g u e t wenden bei ihren ncuerdings bekannt gemachten Apparaten, anstatt einer Uhr als Zeitmesser, einen rotirenden Cylinder an. Sie lassen die Anker der Elektroinagnete direct auf densel- ben hiiiablallen und crhalteu dadurch Marken auf seiner Oberflzche, deren lothrechter Abstand voii einander ihnen das M a d s der zwischen der Unterbrechuog der beiden Striiiiie verflossencri Zeit giebt.

Es ist einleuchtend, dafs ein Cylinder sich durch Verbindung niit einein conischeu Pendel in weit gleich- iiisfsigere und schnellere Rotation vcrsetzen lafst, wie ein 13eobacli~iingszei'er, der plii1zlich in Bcwegung gesetzt und dennoch sehr leicht und zart coustruirt werden mrs , dnmit seine Masse keine inerkbareri Stiirungen verursacht. Durch das directe Hinabfallen der Aiiker auf den Cylin- der ist ferner abermals ein mechanischcs Zwischenmittel zwischen dem Geschosse und dem Zeitangeber beseitigt, also auch eine Fehlerquelle weniger vorhanden. Indefs sind dagegen andere Ucbelstande mit diesen Apparaten verkniipft, die ihre Voniige vor dem hier angewendeten mindestens sehr fraglich machen. Es kbnnen namlich bei jenen nur sehr leiclite Anker angewendet werden, die so- wohl hinsichtlich der Zeit ihres Abfallens, wie auch wah- rend des Falles selbst, stbrenden Einfliissen weit mehr ausgesetzt sind, wie schwere. Doch auch rnaglichst leichte Anker werden iin Augcnblicke des Stokes auf den Cy- linder cine betrlchtliche Reibung erzeugen, welche stii- rend auf die g1eichfi)rmige Bewegung dessclben einwirkt. l ler Cylinder selbst inufs sehr lang und verhaltnilsrnafsig schwer wcrden, uud seine Axen cine entsprechende, der gleichfiirmigen und schnellen Rotation nachtheilige Dicke erhalten, Eiue weit grufscre Fehlerquelle licgt aber noch in der Verscliiebung des Cylinders oder der Mngnetc wshrend der Messung. Denn da dieselbe erst kurz vor-

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her beginnen kann, so m u k die jetzt eintretendc Bewe- gung einer betrlchtlichen Masse, die nur auf Kosten der Drehungsgeschwindigkeit des Cylinders entstehen kann, nothwendig bedeutende Stbrungen in der GleichmaCsigkeit der letzteren herbeifiihren, die nocli durch die betracht- liche Reibung in den Schraubengewinden vergrbkert wer- den. Die Resultate der Messungen mittelst eines solcheu Instruments kiinnen daher auch nur sehr unsicher seyn.

W e n n i n d c t auch die Anwendung eines rotireuden Cylindcrs in Verbindung mit Elektromagneten mit gro- €sen Uebelsttinden verknupft ist, so wiirde doch ein sol- cher, wenn e r sehr k u n und leicht gefertigt worden, und ganz frei rotiren kannte, eineu sehr vollkommenen Zeit- angeber bilden.

D i e t bewog mich, meinen friiheren Plan, den elek- trischen Funken zur Geschwiudigkeitsincssung zu benutzen, wieder aufzunehmen, und die Ulir durcli einen rotirenden Cylinder zu ersetzen. Mein Bestreben war dabei, jedes mechanische Zwischenelement zwischen der Kugel und dem Zcitangeber zu beseitigeo, den Funken sich also direct auf dem Cylinder markiren zu lassen. - Eiiie Reilie von Versuchen, die ich mit verschiedenen Metal- len und Uebeniigen anstellte, urn eine scharf begrenzte und leicht erkennbare Marke durcli einen iiberspringen- den Funken zu erhalten, liek niich einen polirten Stahl- cylinder ohne jeden Uebenug als das Angemessenste er- kennen. - Jeder, wenn auch noch so schwache Funke, macht auf polirtem Stahl eiuen scharf begrenzten und deutlich sichtbaren Punkt. E r ist anfangs schwanlich ge- fiirbt von abgelagertem Eisenoxyd, tritt aber, wenn diefs durch Abwischen entfernt ist , vie1 deutlicher als heller unter dem Mikroskop sichtbar vertiefter Fleck hervor.

Die Construction des hierauf begriindeten elcktri- sthen Chronoskops ist nun folgende:

Ein sorgfdtig gearbeiteter und getheilter Stahlcylin- der, dessen Schwerpankt im Quecksilbcrbade geuau cen-

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trirt ist, wird durch ein Getriebe mit einem conischen Pendel in Verbindung gesetzt, und durch dasselbe in schneller und gleicbmafsiger Rotation erhalten. Seiner Peripherie miiglichst nahe ist eine isolirte Metallspitze angebracht, welche mit der inneren Belegung einer gela- denen Leydner Flasche commuuicirt. - Von dem eben- falls isolirten Cylinder und der lufseren Belegung der Flasche ausgehend, fiihren zwei Metalldrzhte, in einem die Schlagweite des Funkens iibersteigenden Abstande, vor der Miindung des Geschiitzes vorhei, und sind hin- ter derselben befestigt. Wenn die Kugel aus der Miin- dung des Geschiitzes tritt, so trifft sie die beiden Drahte und stellt in diesem Augenblicke die leitende Verbindung des Cylinders mit der zukeren Belegung der Flasche durch ihre eigene mctallische Masse her. Der jetzt iiber- springeude Funke markirt sich auf der Oberflache des rotirenden Cylinders. Einige Fufs von der Miindung des Geschiitzes entfernt ist eiu zweites Drahtpaar eben so wie das erste angehracht, von denen der eine ebenfalls mit den1 Cylinder, und der zweite mit der aufseren Be- legung einer zweiten Flasche cominiinicirt , deren innere Belegung wie die der ersteren mit der Spitze verbunden ist. Der zweite Funke muls daher auf den Cylinder iiberspringen, wenn die Kugel den Abstand der beiden Drahtpaare von einandcr durchlaufen hat und das zweite Paar triflt; der Abstand der Punkte vou einander ist dann das M a a t der dazu verbrauchten Zeit.

Gesetzt nun, der Cylinder ware in Tausend Theile getheilt und rotirte lOmaI in der Secunde uui seine Axe, so wiirde einem Abstnnde der Punkte YOU 1 Theilstrich eine Zeit von 0,0001 Secunden entsprechen. Mit Hiilfe eines Noniris Iassen sich aber noch 10 Unterabtbeilungen bequem ablesen, wenn die Funken schwach gelialten sind, wodurch die Genauigkeit der Messuog sich auf 0,00001 Secunden steigert. Ein Fehler in der Zeitangabe ist da- bei kaum miiglich, und konnte nur in einer Unregelmlhig-

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keit der Drehung des Cylinders seinen Grund haben. Durch eine grofse Drehungsgeschwindigkeit wird aber der nachtheilige Einfluk etwaniger Fehler des Rgderwerks, die sich bei langsamer Bewegung vollstandig arif die Dre- hung des Cylinders ubertragen wiirden, eomgenoirt. Da sich bei dieser Scharfe dcr Zeitangabe noch eine Bewe- gung des Geschosses urn r+u Fufs auf dent Cylinder ab- lesen lacst, so wiirde es unnbthig scyn, die Flugzeiten wahrend cines grillseren Theils der Gesammtbahn des- selben zu inessen, wie es bei Anwcndung des Elcktro- magneten, des betrscltlichen variabclun Fehlers wegen, erforderlicli ist. Man gewinnt dadurch in mehrfaclicr Be- ziehung. Einmal kaiin die Anfangsgcscbwindigkeit direct gemessen werden, da die Abnahme der Bemegungsge- schwindigkeit dcs Geschosses in den ersten 5 bis 10 Furs noclr kaum mcrkbar seyn wird. Ferner kinn mail ohne Schwierigkeiten zwei kurzc hinter cinander folgendc Stiickc der Flugbnhn gleichzeitig messen, uin dadurcli eine Con- trole der Zeitnngabe zu erhalten. Man braucht zu die- sem Ende niir cin drittes Drahlpaar, welches init einer dritten, cben so wie die beiden andcren, mit der Spitze verbundene Flasche communicirt, in der Schufslinic zu placiren. Endlich erreicbt man dadurch noch den Vor- theil, dafs die zu inessenden Zeiten stets gcringer sind, wie die zu einer halben Umdrehung des Cylinders erfor- derlichc. Es ist defswegcn auch nicht niithig eine Ver- scliiebung der Spitze oder gar des Cylinders stattfinden zu lassen, um die Umdrehungen zShIen zu kilnnen, und zu wissen, welches der erste Punkt ist. Ferncr ist es auch unniithig dem Cylinder eine betrschtliche Lzngc zu geben, und nach jedcm Schussc dcnselben anzuhalten, um das Resultat abzulesen. - Die Spitze braucht nur nach jedcm Schusse in der Richtiing der Axe des Cylinders et- was vcrschoben zu werden. €Iierdurcli wcrden die Piinkte in einen neuen Kreis gebracht und kiinnen von den frii- hercn leicht uuterschiedcn werden. Die Fahigkcit, kIeine

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Zeitintervalfen mit Genauigkeit zu messen, macht diefs Instrument noch zu einer anderen Versuchsreihe anwend- bar, welche fiir die Theorie der Schutwalfen von grofser Bedeutung werden wird. Es ist diefs das Messen der Geschwindigkeit des Gescbosses in den verschiedenen Ab- schnitten seiner Bahn im Geschiitze selbst. Man braucht zu diesem Ende nur in verschiedenen Abstlnden Likher in’s Geschiitz zu bohren und isolirte Leitungsdrlhte hin- durch zu fiihren, die init den lufseren Verlegungen der Flaschen communiciren, wsbrend das Geschiitz mit dem Cylinder in leitende Verbindung gebracht ist.

Bci allen diesen Messungeii kann das Instrument in einem Zimmer dicht bei dein Ceschiitze, und dicses selbst init den Leitungsdrshten ebenfalls in einem bedecktcn Kaume stehen.

Die Isolirung dcr Drahtc wiirde daher bei einiger- mafsen giinstiger Witterung, die man ja immer zu der- artigen wissenschaftlichen Untersuchungen abwarten kann, keine Schwierigkeit haben. Ebcn so wiirde bei den vor- geschlagenen geringen Entfernungen das Treffen der ein- zelnen Drahtpaarc uicht gefahrdet seyn. Urn Letzteres auch auf griifsere Entfernungen zu sichern, kann man auch einen Rahmen, in welchem parallele Drlhte ausge- spannt sind, anstaft eines einzelnen Drahtpaares in die Schutliuie bringen. Die Drahte werden abwechselud mit einander verbunden, so dafs z. B. der lste, 3te, 5te etc. mit dem Cylinder, der 2te, 4te, 6te etc. mit der lulseren Belegung der Flasche communicirt. Die Kugel mufs dann stets init zwei nach einander folgenden Drahten gleich- zeitig in Contact kommen, und dadurch das Uebersprin- gen des Funkens veranlassen.

Zur Mcssung der Zeiten, welche das Geschofs zur Durchlaufung sehr grofser Theile seiner Gesammtbahn gcbraucht, wiirdc das Instrument in der beschriebenen Form indefs kauin auwendbar seyn, da die Isolirung so langer Drahte ilnmer mit groken Schwicriskeiten verknupft

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segn wiirde. Zu diesem Behufe wiirde es vortheilhafter seyn, sich des Inductionsfunkens anstatt des Fuukens der Flasche zu bedienen. Dieis liefse sich auf folgende Weise bewerkstelligen:

Ein aus isolirten Drzhten bestehender Eisenkern wird mit zwei besponnenen Drshten umwunden, von denen der eine dickere der Schliefsungsdraht eirier starkeii galvani- schen Kette ist, und Tor der Miindung des Geschutzes vorbeifiihrt. Die Enden des zweiten diinnen uiid hinge- ren Drahtes werden mit dein rotirenden Cylinder uud der Spitze, die dein Cylinder so iiahe wie iniiglicli gc- bracht wird, verbunden. Bei der Unterbrcchung der Kctk durch die Kugel springt dann ein Fuoke auf den Cylin- der iiber, der sich ebenfalls, wenn aucli bedeutend scliwii- cher und undeutlicher, auf dem Cyliiider inarkirt. Das- selbe wiederholt Eich mit einer anderen Inductionsrollc, wenn die Kugel, am Ziele angelangt, den Scliliefsuugsdraht einer zweiten Kette durchreikt.

Da sich die Empfindlichkeit des beschriebenen Ap- pgrats durch eine mbglichst sorgfdtige Anfertigang, ge- nauere Tbeiliing und schnellere Rotation des Cylinders und Benutzung sebr schwacher Funkeu noch bedelitend steigern lassen wird, so liefse er sich auch vielleicht mit Vorthcil zu Messungen der Bewegungsgeschwindigkeit der Elektricitat selbst benutzen. Zu dem Ende miithe der Cylinder aus zwei isolirten Scheiben oder Ringen, die auf derselben Axe rotiren, bestehen. Diesen Scheiben stehen zwei Spilzen gegeniiber, die genau auf denselbeu Theilstrich eingestellt sind. W i r d nun die eine dieser Spitzen mit der inneren Belegung einer geladenen Fla- sche verbunden, uud ist die Verbindung dcr beiden Scliei- ben durch ejnen langeu Leitungsdrabt hergestellt, so wird, wenn die zweite Spitze durch einen eben so langen Draht suit dcr aukeren Belegung in Verbindung gesetzt wird, ein Funke zwischen beiden Scheiben und Spitzeii iiber- springen. Der lothrechte Abstand der Punkte von einan-

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der giebt dann die Zeit an, welche der Funke zur Durch- iaufung der Halfte des Gesammtweges gebrauchte.

VII. Ueber ein Volumenometer; oon Hrn. K RegnauZt.

(Ann . dc elrim. et

K i n frauziisischer Vorschlag gemacht,

de phys., Ser. III, T. XZV, p . 207.)

Physiker, Hr. S a y , hat zuerst den das Volum eines Karpers durch Mes-

sung des von ihrn verdrangten Luftvolums zu messen I).

Der von Say unter dem Namen Stereometer vorgeschla- gene Apparat ist eine Art Glastrichter AB (Taf.1, Fig. ll), bestehend nus einer Kapsel A, in welche man den Kbrper legt, und einer Rbhre B von mbglichst gleichfbrmigem Durchmesser. Die Kapsel ist auf ihrern Rande abge- schliffen, damit sie durch eine schwach eingefettete Glas- platte herinetisch verschlossen werden kann. Auf die Rbhre ist eine doppefte Scala geklebt; die eine giebt Lsngentheile der Rbhre, die andere deren Volume.

Wahrend die Kapsel offen ist, senkt man die Rbhre bis zum Nullpunkt ihrer Scala in einen mit Quecksilber gefiillten Cylinder, und verschliefst nun die erstere durch die Glasplatte. Man hat alsdann ein Luftvoluin Vunter dern Druck H der Atmosphare. Nun hebt man das In- strument; die Luft nimmt ein gr6fseres Luftvolum V+o ein, aber unter einem schwacheren Druck H-h, wo h an der Langenscala der Rbhre b gemessen wird. Offen- bar ist also:

1) Ann. dc chirnie, T. XXZZI, p. 1. ( G i l b e r t ’ s AnnaL, Bd. 2, s. 230. P.)