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lO34 KLINISCHE WOCHENSCH ist verl~ngert, die Heilung erfo!gt erst nach einer i --2 w6chigen Ruhelage. Die Injektionsbehandlung der H~morrhoiden ist nicht in allen FXllen anwendbar; HXmorrhoidenkranke kommen bekanntlich in ganz verschiedenen Phasen der Krankheits- entwickhng in ~trzttiche Behandlung. Es gibt eine Krank- heitsphase, in der es zu Blutungen aus dem Plexus haemor- rhoidalis kommt, ohne dab es getingt, eine ausgesprochene Knotenbildung nachzuweisen. Bei dieser Erscheinungsform des H~morrhoidalleidens ist irgendeine Radikalbehandlung irt der Regel nicht indiziert. Palliative Mal3nahmen gentigen meist in diesen FMlen. In einer anderen Entwicklungsphase des H gmorrhoidalleidens finder man ausgesprochene Knoten, welche zwar bluten, aber keine Neigung zum Prolaps zeigen, so dab es nicht m6glich ist, die Knoten zu einer dauernden Entfaltung vor den Analring zu bringen. Auch diese Fglle sind ffir die Injektionsbehandlung ungeeignet; sie sind besser dem Chirurgen zu fiberlassen, dem es dutch eine Dehnung des Sphincter ani gelingen mag, sich die blutenden Knoten zuggnglich zu machen. Dagegen ist eine hgufige Komplikation des Hgmorrhoidal- leidens, die Strangulation prolabierter Knoten, niemals Gegenstand einer Radikalbehandlung. Der prolabierte ein- geklemmte H~morrhoidalknoten st6Bt sich unter palliativen MaBnahmen spontan ab, er verf~llt der Selbstheilung. Die eigentliche Dom~ne der Injektionsbehandlung bildet die klinisch ausgesprochene Form des H~morrhoidalleidens mit Blutungen nnd Prolaps der Knoten. Mit Recht sagt BoAs: ,,Die Injektionsbehandtung der H~morrhoiden ist genau so radikal wie die chirurgische Behandlung." Das ist eigentlich selbstverst~ndlich; denn die Injektionsbehandlung ist ja nichts yon der Operation prinzipiell Verschiedenes, sondern nur eine andere, eine einfachere Form der Knoten- beseitigung, als sie durch die Operation erzielt wird. Was die Frage der m6glichen t(omplikationen bei der Injektionsbehandlung betrifft, so ist zun~chst darauf hin- zuweisen, dab die Funktion des Schliel3muskels yon der In- jektionsbehandlung nicht berfihrt wird. Stenosen oder Paresen des Schliefimuskels sind bei einer richtige.n Technik und bei Anwendung eines geeigneten Injektionsmittels aus- geschlossen. In diesem Punkt ist die Injektionsbehandlung der operativen Behandlung fiberlegen. Eine etwas h~tufigere Komplikation ist eine mangelhafte oder v611ig miglungene l%position der IZnoten, die gew6hn- lich die Folge einer falschen Injekti0nstechnik ist. In diesen Fs ist die Rekonvaleszenz verls da es leicht zu einer Gangr~n der I~noten !~ommt. Aber nach der AbstoBung der I(noten ist die Heitung auch in diesen F~tllen eine vollst~ndige. Von sonstigen Komplikationen babe ich mehrere Male eine Fissura ani, mehrere Male ein intrarectales Ulcus gesehen, einmal auch eine Thrombose des Unterschenkels. Gelegent- lich kommt es zu vorfibergeheuder Harnverha!tung, selten zu einer leichten Temperaturerh6hung. Im allgemeinen sind die Komplikationen, mit denen man bei der Injektions- behandlung zu rechnen hat, durehaus harmloser Natur. RIFT. IO. J A H R G A N G . Nr. 22 3o. MAI r93~ Wag die Frage der Rezidive anbetrifft, so kann man selbstverst~ndlich mit der Injektionsbehandlung, genau wie mit der Operation, nur die vorhandenen Knoten besei- tigen. Nicht beseitigen l~kBt sich die Disposition zur Knoten- bildung. Wo eine solche besteht, kSnnen sich frfiher oder spXter immer wieder neue Knoten bilden. Weiterhin kann es vorkommen, dab sich wXhrend des Ansaugens gr6Bere Knoten in der Saugglocke vordr~tngen und kleinere, eben- fails bhtende Knoten verdecken. Diese Knoten bleiben alsdann ungespritzt; sie k6nnen frfiher oder sp~ter ]Blutungen hervorrufen. Auch hier handelt es sich nicht um Rezidive im eigentlichen Sinne, sondern um unbehandelt gebliebene Knoten, die einer neuen Injektionsbehandlung bedtirfen. Von Chirurgen hat sich schon vor Jahren VOELKERS sehr lebhaft ffir die Injektionsbehandlung der H~morrhoiden ein- gesetzt. Von Interesse ist das Urteil yon BONHEIM% der alle 3 chirurgischen Methoden (Kauterisation, Ligatur und Nahtmethode) und die Injektionsbehandlung in vielen Jahren ausprobiert hat und nun die Vorzfige und Nachteile der operativen und der Injektionsbehandlung gegeneinander ab- w~gt. Er entscheidet sich ffir die Injektionsbehandlung, yon der er sagt, dab sie den Patienten niemals aufregt, auch bei Schwerkranken noch vorgenommen werden kann, dab die Technik sehr einfach, keinerlei Instrumentarium und keine Vorbereitung oder Nachbehandlung erforderlich ist, so dab sie in jedem Privathaushalt ausgefiihrt werden kann. Meine eigene Meinung ist, dab die Injektionsbehandlung der weitans einfachste Weg der Knotenbeseitigung ist : Als ein nichtoperatives Verfahren, das nur wenige Minuten in Ansprueh nimmt, dem Patient ]edwede lclinische Behandlung und alle mit einer Operation verbundenen Ungelegenheiten erspart, wird die Infektionsbehandlung noch fi~r viele Schwerkranlce in Betracht lcommen, bei denen sich die Operation verbietet. Dazu kommt, dab die Technik der Injektion zwar gelernt sein mul3, aber doch so einfach ist, dab sie yon jedem Praktiker mit den Mitteln der allgemeinen Praxis ausgefibt werden kann. Nun geh6rt, glaube ich, ein ganz Tell Optimismus dazu, anzunehmen, dab die Behandlung einer Krankheit, die Jahrhunderte hindurch eine Dom~ne der Chirurgie war, in kurzer Zeit in den Besitzstand der Allgemeinpraktiker fiber- gehen werde. Diesen Optimismus besitze ich nicht. Anderer- seits aber gibt es zahlreiche H~morrhoidenkranke, die sich Jahre hindurch mit Vorfall und Blutungen herumtragen, lediglich, um sich nicht einer Operation unterwerfen zu mfissen. ~3ber diese operationsscheuen Patienten wird die In- jektionsbehandlung der H~morrhoiden auch bei uns in Deutschland ihren Weg in die Praxis linden, den sie in anderen L~ndern l~ngst gefunden hat. Denn es ist kaum zu erwarten, dab uns die Zukunft ein noch einfacheres und ungef~hr- licheres Mittel zur ]3eseitigung der H~morrhoiden an die Hand geben wird, als wires in der Injektionsbehandlung besitzen. Literatur: 1 BoAs, Dtsch. med. \u I927, 13 u. I93o, 6. -- 2 ELSNER, Dtsch. reed. Wschr. I93o, 5 u. Klin. Wschr. I927, I8. -- s VOELKER, Med. Klin. x92I. -- 4 BONHEIM, Dtsch. med. Wschr. I928, 44. REFERATENTEIL. UBER DIE BEDEUTUNG DES KOLLOIDOSMO- TISCHEN DRUCKES DES BLUTES FOR DIE 0DEMPATHOGENESE. Yon ESKIL KYLIN, J6nk6ping (Schweden). 1. J~inleitung und Problemstellung. In den letzten Jahren haben sich unsere I~enntllisse fiber die Odempathogenese bedeutend vermehr~c und ver~lldert. Dureh ver- schiedene Untersuchungen ist die P~:oblemstellung erweitert wor- den und Anschauungell, die frflher als wahrscheinlieh galtell, werden heute zum Teil als feststehende Tatsachen betrachtet, w~hrend sie zum Teil nicht langer aufrechterhMten werden k6nnen. In der- selben Weise, wie die Elltwicklullg auf so vielen anderen Gebieten der illneren Medizin zu eiller Umgruppierullg ulld weitgehenderen Aug- teilullg gefflhrt hat, hat es sich aucti auf dem Gebiet der (~dem- forschullg als notwendig erwiesen zu trellnen und zu gruppierell. W~hrend wir frflher nur zwei Odemformen, das kardiale ~dem und das rellale 13dem, unterschieden, mfissen wir heute mit mehreren verschiedenen Odemgruppell rechllell. Eine zufriedenstellellde Definition des Begriffes Odem ist schwierig. Am besten kann es als eille pathologische Flfissigkeits- ansammlullg in dell Geweben bezeiehnet werden. Diese Definition gibt jedoch nieht all, in welcher Weise die Flfissigkeit all die Gewebe gebunden ist. Man hat sich auch dart~ber gestritten, ob die Flflssig-

Über die Bedeutung des Kolloidosmotischen Druckes des Blutes fÜr die ödempathogenese

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ist verl~ngert, die Heilung erfo!gt erst nach einer i --2 w6chigen Ruhelage.

Die Injektionsbehandlung der H~morrhoiden ist nicht in allen FXllen anwendbar; HXmorrhoidenkranke kommen bekanntlich in ganz verschiedenen Phasen der Krankheits- en twickhng in ~trzttiche Behandlung. Es gibt eine Krank- heitsphase, in der es zu Blutungen aus dem Plexus haemor- rhoidalis kommt, ohne dab es getingt, eine ausgesprochene Knotenbildung nachzuweisen. Bei dieser Erscheinungsform des H~morrhoidalleidens ist irgendeine Radikalbehandlung irt der Regel nicht indiziert. Pall iat ive Mal3nahmen gentigen meist in diesen FMlen. In einer anderen Entwicklungsphase des H gmorrhoidalleidens finder man ausgesprochene Knoten, welche zwar bluten, aber keine Neigung zum Prolaps zeigen, so dab es nicht m6glich ist, die Kno ten zu einer dauernden Entfal tung vor den Analring zu bringen. Auch diese Fglle sind ffir die Injektionsbehandlung ungeeignet; sie sind besser dem Chirurgen zu fiberlassen, dem es dutch eine Dehnung des Sphincter ani gelingen mag, sich die blutenden Knoten zuggnglich zu machen.

Dagegen ist eine hgufige Komplikation des Hgmorrhoidal- leidens, die Strangulation prolabierter Knoten, niemals Gegenstand einer Radikalbehandlung. Der prolabierte ein- geklemmte H~morrhoidalknoten st6Bt sich unter palliativen MaBnahmen spontan ab, er verf~llt der Selbstheilung.

Die eigentliche Dom~ne der Injekt ionsbehandlung bildet die klinisch ausgesprochene Form des H~morrhoidalleidens mit Blutungen nnd Prolaps der Knoten. Mit Recht sagt BoAs: ,,Die Injektionsbehandtung der H~morrhoiden ist genau so radikal wie die chirurgische Behandlung." Das ist eigentlich selbstverst~ndlich; denn die Injekt ionsbehandlung ist ja nichts yon der Operation prinzipiell Verschiedenes, sondern nur eine andere, eine einfachere Form der Knoten- beseitigung, als sie durch die Operation erzielt wird.

Was die Frage der m6glichen t(omplikat ionen bei der Injektionsbehandlung betrifft, so ist zun~chst darauf hin- zuweisen, dab die Funktion des Schliel3muskels yon der In- jektionsbehandlung nicht berfihrt wird. Stenosen oder Paresen des Schliefimuskels sind bei einer richtige.n Technik und bei Anwendung eines geeigneten Injektionsmittels aus- geschlossen. In diesem Punkt ist die Injektionsbehandlung der operat iven Behandlung fiberlegen.

Eine etwas h~tufigere Komplikation ist eine mangelhafte oder v611ig miglungene l%position der IZnoten, die gew6hn- lich die Folge einer falschen Injekti0nstechnik ist. In diesen Fs ist die Rekonvaleszenz verls da es leicht zu einer Gangr~n der I~noten !~ommt. Aber nach der AbstoBung der I(noten ist die Heitung auch in diesen F~tllen eine vollst~ndige. Von sonstigen Komplikationen babe ich mehrere Male eine Fissura ani, mehrere Male ein intrarectales Ulcus gesehen, einmal auch eine Thrombose des Unterschenkels. Gelegent- lich kommt es zu vorfibergeheuder Harnverha!tung, selten zu einer leichten Temperaturerh6hung. Im allgemeinen sind die Komplikationen, mit denen man bei der Injektions- behandlung zu rechnen hat, durehaus harmloser Natur.

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Wag die Frage der Rezidive anbetrifft, so kann man selbstverst~ndlich mit der Injektionsbehandlung, genau wie mit der Operation, nur die vorhandenen Knoten besei- tigen. Nicht beseitigen l~kBt sich die Disposition zur Knoten- bildung. Wo eine solche besteht, kSnnen sich frfiher oder spXter immer wieder neue Knoten bilden. Weiterhin kann es vorkommen, dab sich wXhrend des Ansaugens gr6Bere Knoten in der Saugglocke vordr~tngen und kleinere, eben- fails b h t e n d e Knoten verdecken. Diese Knoten bleiben alsdann ungespri tzt ; sie k6nnen frfiher oder sp~ter ]Blutungen hervorrufen. Auch hier handelt es sich nicht um Rezidive im eigentlichen Sinne, sondern um unbehandelt gebliebene Knoten, die einer neuen Injektionsbehandlung bedtirfen.

Von Chirurgen hat sich schon vor Jahren VOELKER S sehr lebhaft ffir die Injektionsbehandlung der H~morrhoiden ein- gesetzt. Von Interesse ist das Urteil yon BONHEIM% der alle 3 chirurgischen Methoden (Kauterisation, Ligatur und Nahtmethode) und die Injektionsbehandlung in vielen Jahren ausprobiert ha t und nun die Vorzfige und Nachteile der operativen und der Injektionsbehandlung gegeneinander ab- w~gt. Er entscheidet sich ffir die Injektionsbehandlung, yon der er sagt, dab sie den Patienten niemals aufregt, auch bei Schwerkranken noch vorgenommen werden kann, dab die Technik sehr einfach, keinerlei Ins t rumentar ium und keine Vorbereitung oder Nachbehandlung erforderlich ist, so dab sie in jedem Privathaushal t ausgefiihrt werden kann.

Meine eigene Meinung ist, dab die Injektionsbehandlung der weitans einfachste Weg der Knotenbeseitigung ist : Als ein nichtoperatives Verfahren, das nur wenige Minuten in Ansprueh nimmt, dem Patient ]edwede lclinische Behandlung und alle mit einer Operation verbundenen Ungelegenheiten erspart, wird die Infektionsbehandlung noch fi~r viele Schwerkranlce in Betracht lcommen, bei denen sich die Operation verbietet. Dazu kommt , dab die Technik der Injekt ion zwar gelernt sein mul3, aber doch so einfach ist, dab sie yon jedem Praktiker mit den Mitteln der allgemeinen Praxis ausgefibt werden kann.

Nun geh6rt, glaube ich, ein ganz Tell Optimismus dazu, anzunehmen, dab die Behandlung einer Krankheit , die Jahrhunderte hindurch eine Dom~ne der Chirurgie war, in kurzer Zeit in den Besitzstand der Allgemeinpraktiker fiber- gehen werde. Diesen Optimismus besitze ich nicht. Anderer- seits aber gibt es zahlreiche H~morrhoidenkranke, die sich Jahre hindurch mit Vorfall und Blutungen herumtragen, lediglich, um sich nicht einer Operation unterwerfen zu mfissen. ~3ber diese operationsscheuen Patienten wird die In- jektionsbehandlung der H~morrhoiden auch bei uns in Deutschland ihren Weg in die Praxis linden, den sie in anderen L~ndern l~ngst gefunden hat. Denn es ist kaum zu erwarten, dab uns die Zukunft ein noch einfacheres und ungef~hr- licheres Mittel zur ]3eseitigung der H~morrhoiden an die Hand geben wird, als w i r e s in der Injektionsbehandlung besitzen.

L i t e r a t u r : 1 BoAs, Dtsch. med. \u I927, 13 u. I93o, 6. -- 2 ELSNER, Dtsch. reed. Wschr. I93o, 5 u. Klin. Wschr. I927, I8. -- s VOELKER, Med. Klin. x92I. -- 4 BONHEIM, Dtsch. med. Wschr. I928, 44.

REFERATENTEIL.

UBER DIE BEDEUTUNG DES KOLLOIDOSMO- TISCHEN DRUCKES DES BLUTES FOR

DIE 0DEMPATHOGENESE. Yon

ESKIL KYLIN, J6nk6p ing (Schweden).

1. J~inleitung und Problemstellung. In den letzten Jahren haben sich unsere I~enntllisse fiber die

Odempathogenese bedeutend vermehr~c und ver~lldert. Dureh ver- schiedene Untersuchungen ist die P~:oblemstellung erweitert wor- den und Anschauungell, die frflher als wahrscheinlieh galtell, werden heute zum Teil als feststehende Tatsachen betrachtet, w~hrend sie

zum Teil nicht langer aufrechterhMten werden k6nnen. In der- selben Weise, wie die Elltwicklullg auf so vielen anderen Gebieten der illneren Medizin zu eiller Umgruppierullg ulld weitgehenderen Aug- teilullg gefflhrt hat, hat es sich aucti auf dem Gebiet der (~dem- forschullg als notwendig erwiesen zu trellnen und zu gruppierell. W~hrend wir frflher nur zwei Odemformen, das kardiale ~dem und das rellale 13dem, unterschieden, mfissen wir heute mit mehreren verschiedenen Odemgruppell rechllell.

Eine zufriedenstellellde Definition des Begriffes Odem ist schwierig. Am besten kann es als eille pathologische Flfissigkeits- ansammlullg in dell Geweben bezeiehnet werden. Diese Definition gibt jedoch nieht all, in welcher Weise die Flfissigkeit all die Gewebe gebunden ist. Man hat sich auch dart~ber gestritten, ob die Flflssig-

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~o. MAI ~93r K L I N I S C H E W O C H E N S C H

keit innerhalb oder aul3erhalb der Zellen gebunden ist. VOLHARD Z. B. ist der Meinung, dab 0dem nut intercellular, nicht intra- cellular vorkommt.

Der Mechanismus der C)dementstehung hangt mit irgendeiner Disproportion zwischen dem Zu- und AbfluB des Wassers im Ge- webe zusammen. Diese Disproportion laflt sich auf verschiedene Weise entstanden denken, i. Man kann sich denken, dab dem Ge- webe abnorm viel Wasser zugeffihrt wird, wahrend der. Abilul3 normal oder geringer als normal oder starker als normal ist, aber jedenfalls unzureichend zur Entfernung der zustr6menden Flfissig- keit. 2. Die AbfluBm6glichkeiten k6nnen verringert sein, so dab nicht binreichend Flfissigkeit aus den Geweben entfernt werden kann. 3- Es lal3t sich denken, dal3 das Gewebe selbst Flfissigkeit an sich bindet, so dab trotz normaler Zu- und Abflugm6glichkeiten dennoch Flfissigkeit im Gewebe zurfickbleibt.

Zwischen diesen theoretischen M6glichkeiten ist das Vorliegen yon Kombinationen denkbar.

Die Zufuhr yon Flflssigkeit zu den Geweben geschieht dutch das Blut. Sie wird durch verschiedene Faktoren bedingt, unter denen wit gegenwXrtig die folgenden unterscheiden k6nnen: a) die Per- meabilit~ttsverhMtnisse der Capillarwand, b) tier hydrostatische Druck zu beiden Seiten der Capillarwand, c) der kolloidosmotische Druck zu beiden Seiten der Capillarwand.

Der Abflug yon Flfissigkeit aus dem Gewebe geht auf ver- schiedenen "Wegen vor sich, yon diesen seien angeffihrt: a) vom Gewebe zurflck in die ]Blutbahnen, b) dnrch die Lymphbahnen, c) fiber die Gewebe selbst zur Aul3enwelt dutch naheIiegende Haut- partien (oder dutch anderes mit der Auflenwelt in Verbindung stehendes Gewebe, wie z. B. die Schleimhattt der Lnngen, der Nase oder des l~achens usw.). Welche Faktoren die Flfissigkeitsstr6mung dutch die erw~hnten AbfluBwege beschleunigen oder verIangsamen k6nnen, ist nicht naher bekannt.

Das Gewebe kann unter gewissen VerhMtnissen Flfissigkeit an sich binden, und zwar in der Weise, dab alas Wasser trotz normaler Abflufim6glichkeiten nicht aus dem Gewebe abtransportiert werden kann. Worauf diese hydrophile Eigenschaft des Gewebes beruht, ist noch sehr wenig bekannt. Nach FISCHER werden die Gewebe mit zunehmende~n Sauregrad immer hydrophiler. FISCHER hat deshalb die 0dements tehung als eine Folge eines erh6hten Saure- grades des Gewebes erklAren wollen. Gegen diese Erklarung, die vielleicht theoretisch denkbar wXre, ist yon verschiedenen Seiten der Einwand erhoben worden, dab derartige Sauregrade, wie sle a rch FlSC~ERS Untersuchungen ffir das Auftreten yon Gewebe- 6demen notwendig sind, ira lebenden Gewebe nicht vorkommen k6nnen. Der Mechanismus dieser Flfissigkeitsbindung an das Ge- webe muB ein anderer sein, als FISCHER ihn sieh vorgestellt hat, wenn sich auch die Mhglichkeit nicht ausschliel3en laBt~ dab eine Erh6hung des Sauregrades zu einer-~nderung der hydrophilen Eigen- schaften des Gewebes beitragen kann.

Die Flfissigkeitsstr6mung zwischen Blut und Gewebsflfissigkeit hangt mit der ]3eschaffenheit der t rennenden Membran, d. h. der Capillarwand, zusammen. Man nimmt an, dab diese 3/Iembran normalerweise fiir Wasser und Krystalloide durchl~ssig ist, dab hin- gegen Kolloide dieselbe nicht durchdringen khnnen. Unter ge- wissen Bedingungen soIIen d~e Capitlaren jedoch auch ffir kolloide Partikel durchlassig sein (B2ROGH). Dies soll der Fall sein, wenn die CapiUaren dilatiert sind oder wenn sich ihre PermeabilitXts- verhaltnisse in anderer Weise verandern. Ob alle Capillaren des K6rpers in dieser Hinsicht denselben Gesetzen unterworfen sind, oder ob die Capillaren gewisser Organe andere Permeabilitats- verhaltnisse bieten, ist nicht bekannt.

Wichtig ist es bei der Diskussion der Permeabilitatsverh~ltnisse der Capillaren daran zu denken, dab die Capillarwand keine einfache semipermeable Membran ist. Schon aus dex Tatsache, dab sie unter verschiedenen Verhaltnissen ihre Permeabilitat andern kann, geht hervor, dab sie nicht mit einer einfachen Kollodiummembran ver- glichen werden kann. Itierzu kommt jedoch, daB, wie OEItME her- vorgehoben hat, die Capillarwand eine kolloide Membran ist. Wit wissen, daft kolloidale L6sungen unter der Einwirkung yon Salzen und anderen Stoffen ihre biochemischen t~iigenschaften ~ndern k6nnen. In derselben Weise muB man annehmen, dab die Capillar, wand wXhrend des Lebens unter der Einwirkung verschiedener chemischer Stoffe ihre permeablen Eigenschaffen andern kann. Die Erfahrungen, die wir durch das Studium der Permeabilit~tsverhMt-

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nisse mit kfinstlichen Kollodiummembranen zu gewinnen imstande sind, k6nnen uns deshalb nur als Analogien dienen; zu einer wirk- lichen Kenntnis der Permeabilit~tsverhaltnisse der lebenden Capillarwand k6nnen wit auf diesem Wege nieht kommen.

Zu den bisher angeffihrten Gesichtspunkten sei noch erw~ihnt, dab man zu der Vermutung berechtigt sein dftrfte, dab die Ca.pillar- wand mit dem Gewebe in engerer Verbindung steht, als mit dem Blut. Die Capillaren lassen sich nicht vom Gewebe trennen und k6nnen nicht ohne Zusammenhang mit demselben untersucht werden. Sie hangen dutch Bindegewebselemente direkt mit dem Gewebe zusammen. Man kann annehmen, dab der Transport yon Wasser und den darin gel6sten verschiedenen Stoffen hierdurch ein anderer wird, als der Fall sein wt~rde, wenn der Austausch zwischen zwei nur dutch eine einfache semipermeable Membran getrennte Flfissigkeiten vor sich ginge.

Die Faktoren, die auf den Austausch yon Stoffen zwischen Blur und Gewebsflfissigkeit einwirken, k6nnen, wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, nicht mit hinreichender Genauigkeit w~hrend des Lebens studiert werden. Zwei dieser Faktoren sind jedoch in gewissem Grade der Forschung zuganglich, wena auch ant Grund technischer Schwierigkeiten exakte Aufschlfisse nicht zu erhalten sind. Diesen beiden Faktoren hat man in den letzten ]ahren eine auBerordentliche Bedeutung ffir die 0dempathogenese zugeschrie- ben. Es handelt sich hier einerseits um den hydrostatisehen Druek und andererseits um den kolloidosmotischen Druck des Blutes in den Capillaren.

Der hydrostatische Druck in den Capillaren laBt sich bei dem gegenwartigen Stand der Forschung nicht mit hinreichender Genauigkeit b e s t i m m e n . Zur Messung dieses Druckes stehen uns zwei Methoden zur Verfflgung. Die eine geht yon dem Versuch aus, direkt und blutig den Druck in einer gewissen Capillare zu messen, die andere versucht den Druck zu bestimmen, der notwendig ist, die Capillaren znsammenzudrficken. Beide Methoden sind mit Fehler- quellen behaftet. Die blutige Methode ist durch CARIER und REH- BERG ZU ihrer bisher h6chsten erreichten Vollkommenheit gebracht worden. Diese haben unter mikroskopischer Vergr6gerung einzelne Capillaren am Nagelfalz des Fingers vom Menschen punktiert und den hydrostatischen Druck direkt gemessen. Die yon diesen For- schern verwandten Kanfilen hat ten jedoch ein so grobes Bialiber, dab sie das ganze Capillarlumen ausffillen muBten. Hizrdurch [ungiert die Capillare als Seitenrohr zu dem ni~chst hOheren Gefi~fl, wahrscheinlich der kleinsten Arterlenverzweigung. Der auf diese Weise gemessene Druck stellt daher nicht den Druck des Blutes in der Capil- late, sondern eher in der Priicapillare dar. Wenn daher die genannten Forscher den Capillardruck mit gO-- 75 mm H~O angeben, so ist dieser Weft zu hoch. Der wirkliche hydrostatische Druck in den Capillaren muB bei noch niedrigeren Werten liegen. Es ~st wichtig, dies im Ged~chtnis zu behalten, wenn man versuchen will, die Ents tehung von 0demen zu erkl~,ren, wie auch ffir die gesamte Diskussion fiber den Flfissigkeitsaustausch zwischen ]glut nnd Gewebe.

Bei der unblutigen, indirekten Methode best immt man den Druck, der zur Kompression der oberflachlichsten ttautgefaBe er- forderlich ist. Der so erhaltene Druckwert ist nicht der Druck des Blutes in den Capillaren, sondern eher der Dr~ck in dem nachst h6heren GefaBabschnitt, in den kleinsten Arteriolea. Dieser Druck ist auBerdem um so vim h6her als der Blutdruck in den Capillaren, wie de r 'Druckwert, der eriorderlich ist, das Gewebe zu destruieren und das Blur aus den Capillaren dutch die n~chstgelegene, ffir den Blutstrom offene Blutbahn zu pressen.

Die indirekte Methode nach KYLINS Technik ergibt Werte, die zwischen 5O--lOO mm I-I~O hhher tiegen als die Werte der direkten blutigen Methode.

Zur Erzielung ldinischer Werte ist die direkte Methode wegen ihrer aul3erordentlichen technischen Schwierigkeiten unbrauchbar. Will man sich fiber die DruekverhMtnisse in den kleinsten Gef~gen bei verschiedenen krankhaften Zustanden eine Auffassung bilden, muB man sich deshalb der indirekten Methode bedienen. Man mug jedoch, wenn man auf diesem Wege welter kommen will, im Ge- daehtnis behalten, dab man nicht den hydrostatischen Druek in den Capillaren bestimmt, ebensowenig, wie man dies mit CARRIER- REHBERGS Methode tut.

Aus dem Gesagten geht also hervor, d a b der wirkliche hydro- statische Druek im Capillarblut niedriger sein dfirfte, als wir frfiher angenommen haben. Welehe Werte wit ffir diesen Druck anzu-

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n e h m e n haben , l~Bt s ich n u r s chwer angeben . J e d o c h s ind W e r t e zwischen 4 5 - - 7 5 m m H~O n a c h d e m oben Ausge f f ih r t en zu hoch .

Vor m e h r e r e n J a h r e n h a t Verf. ve r such t , d iesen D r u c k i nd i r ek t zu be rechnen . Mein V e r f a h r e n war fo lgendes : Z ue r s t wurde der capi l lare K o m p r e s s i o n s d r u c k in der gew6hn l i chen Weise n a c h KX'LINS Methode b e s t i m m t . D a n n wurde da s B l u t m i t Hilfe e iner G u m m i b i n d e aus d e m F i n g e r ausgepreBt , so dab die m e i s t e n Capri- l a r en b lu t l ee r w u r d e n u n d schliel31ich jede wei tere B l u t z u f u h r d u t c h eine l e s t ange leg te K o m p r e s s i o n u m die ers te P h a l a n x ve rh inde r t . N u n di i rf te der h y d r o s t a t i s c h e D r u c k in den Capi l la ren o oder u m o be t r agen . D a n a c h w u r d e der capilIare iKompress ionsdruck y o n n e u e m b e s t i m m t . Der Un t e r s ch i ed zwischen den g e f u n d e n e n W e t - t e n b e t r u g in der Regel 15 - -3o m m H20 . W e n n m a n n u n a n n i m m t , dab der h y d r o s t a t i s c h e D r u c k n a c h der AnXmis ie rung des F inge r s o oder e in wenig m e h r als o betrXgt, so wfirde der an d e m a n ~ m i s c h e n F inge r gemessene D r u c k d e m D r u c k en t sp r echen , der er forder l ich ist, die Gewebe zu des t ru i e r en u n d das B lu r i n n e r h a l b der GefXB- b a h n e n zu ve r sch ieben . Der ~virkliche Blutdruek in den CapilIaren wi~rde also, wenn diese ErwSgungen riehtig sind, zwischen 15--30 mm H20 llegen.

Wir e r h a l t e n also ke ine e x a k t e n W e r t e fflr den Druck , den wir z u b e s t i m m e n wi inschen, s o n d e r n n u t Vergle ichswer te fiir den D r u c k in e i nem u~s n i ch t n~ther b e k a n n t e n Gef~gabschn i t t . D u r c h e inen Vergle ich dieser W e r t e u n t e r n o r m a l e n u n d p a t h o l o g i s c h e n Verh~ l tn i s sen k a n n m a n t r o t z d e m i n t e r e s s a n t e Aufkl~Lrungen er-

ha l t en . Die Bestimmung des kolloidosmotischen Druckes, u n t e r we l chem

der F l i i s s i g k e i t s a u s t a u s c h zwischen B h t u n d Gewebe w ~ h r e n d des L e b e n s vor s ich geht , e rb ie te t ebenfa l l s t e chn i s che Schwier igke i ten , die s ich b i she r als unf ibe rwind l i ch erwiesen haben . Diese Druck - verhi~ltnisse s t e h e n in f u n d a m e n t a l e r Abh~ng i gke i t y o n der Be- s cha f f enhe i t der Capi l l a rwand , welche jedoch, wie s chon e rw~hn t , w~hrend des L e b e n s ihre P e r m e a b i l i t ~ t s e i g e n s c h a f t e n je n a c h d e m zufa l l igen Di l a t a t ions - oder I Z o n t r a k t i o n s z u s t a n d der Capi l laren

~ndern . W e n n wi t u n t e r V e r w e n d u n g der auBero rden t l i ch e x a k t e n u n d zu-

ver l i i ss igen y o n SCHaDE oder yon BIROGH a u s g e a r b e i t e t e n Me thod ik den ko l lo idosmot i schen D r u c k des Blu tes b e s t i m m e n , bed ienen wir uns e ine r k i lns t l i chen , t o t e n K o l l o d i u m m e m b r a n m i t k o n s t a n t e r Po ren - gr6Be. A u f diese Weise k 6 n n e n wir den ko l lo idosmot i schen D r u c k des B lu t e s gegen diese gegebene M e m b r a n b e s t i m m e n . Es i s t j edoch ke ineswegs s icher , dab m a n dense lben D r u c k w e r t e r h a l t e n wiirde, wenn m a n die to t e IKo l l od i ummembran gegen eine lebende Capi l lare a u s t a u s c h e n kOnnte . Es i s t d u r c h a u s n i c h t u n d e n k b a r , s o n d e r n i m Gegentei l s eh r wahrsche in l i ch , dab m a n in d iesem Fal le ganz ande re Druckwer t e b e k o m m e n w~lrde. W i r d i i r f ten k a u m be rech t i g t se in a n z u n e h m e n , dab eine M e m b r a n aus l ebenden Zellen dense lben Ge- se tzen u n t e r w o r f e n i s t wie e in t o t e r Ko l lod iumsack , se lbs t w e n n m a n s ich vors te l l en k6nn te , dab die Dicke der M e m b r a n , ihre Poren- gr6Be usw. in be iden F~l len gleich w~re. I n der l ebenden Zelle geheI1 d a u e r n d S to f fwechse lve rXnderungen vor sich, welche eine fo r tw~hrende V e r s c h i e b u n g der b i o c h e m i s c h e n Verh/ i l tn isse in der ZelIe u n d d a m i t a u c h in den a u s Zetlen z u s a m m e n g e s e t z t e n lVfem-

b r a n e n herbe i f i ih ren k 6 n n e n . W e n n wir also m i t der u n s gegenw~r t ig zu r Verf f igung s t e h e n d e n

T e c h n i k den ko l lo idosmot i schen D r u c k des B lu t e s b e s t i m m e n , h a b e n w i t also ke ine genf igende Garan t i e daffir, dab wir in zuver l~s- siger Weise die D r u c k v e r h M t n i s s e b e s t i m m e n , die wXhrend des Lebens b e s t e h e n u n d u n t e r we lchen der F l i i s s i g k e i t s a u s t a u s c h zwisehen B l u t u n d Gewebe vor s ich geht .

Wi r l i n d e n also, dab die B e s t i m m u n g der be iden D r u c k v e r h ~ l t - nisse, denen m a n grol3e B e d e u t u n g fa r die 0 d e m e n t s t e h u n g zu- geschr ieben ha t , nichts anderes als Vergleichswerte yon t~all zu t~a~l ergeben kann, die t r o t z d e m ftir die t3eur te i lung der Vorghnge bei der 0 d e m e n t s t e h u n g wer tvo l l sein kOnnen.

V o n B e d e u t u n g f a r den F l f i s s i gke i t s aus t ausch zwischen B lu r u n d Gewebe is t na t f i r l i ch a u c h der ko l lo idosmot i sche sowie der h y d r o s t a t i s c h e D r u c k ira Gewebe selbst. J e d o c h fehlen uns M e t h o d e n zur B e s f i m m u n g des h y d r o s t a t i s c h e n Druckes i m Gewebe.

E b e n s o i s t es unm6g l i ch , den ko l lo idosmot i schen D r u c k in n o r m a l e r GewebsfIf iss igkei t zu b e s t i m m e n , da s o l c h e Flf lss igkei t n i ch t zu e rha l t en i s t ; a n d aus der pa t ho l og i s chen Gewebsfi f lss igkei t bei 0 d e m z u s t & n d e n k 6 n n e n wir ke ine s icheren Schlasse ziehen, w e n n

R I F T . lO. J A H R G A N G . N r . 22 3o. MAI i93i

es d a r a u f a n k o m m t , die n o r m a l e n Vorggnge b e im Flf iss igkei ts- a u s t a u s c h zwischen Blu r u n d Gewebe zu beur te i len . D e n n wir wisseI1 n ich t , ob u n d in welcher VVeise die pa tho log i sche 0dem~ flf issigkeit l J b e r e i n s t i m m n n g e n oder Ver sch iedenhe i t en y o n der n o r m M e n Gewebsfi f iss igkei t aufweis t .

N u n di i rf te m a n be rech t ig t sein zu v e r m u t e n , dab der kolloid- o smot i s che D r u c k in der n o r m a l e n Gewebsfl i issigkei t , welche m a n ffir sehr e iwe iga rm hgl t , e in n iedr iger ist. W e n n diese V e r m u t u n g r ich t ig ist, dfirf te u n t e r n o r m a l e n Verhg l tn i s sen der ko l lo idosmo- t i sehe D r u c k der Gewebsfl f iss igkei t k a u m gr6Bere B e d e u t a n g ffir d en F l f i s s i gke i t s aus t ausch zwischen B lu r u n d Gewebe h ab en . Es er- s che in t j edoch als wahrsche in l i ch , dab die VerhMtnisse bei 0 d e m - z u s t ~ n d e n ande r s liegen. S te ig t der ko l lo idosmot i sche Druck , was bei O d e m z u s t a n d e n e in t re f fen k a n n (bei 0 d e m e n habe ich in der 0demf l f i s s igke i t ko l lo idosmot i sche Dracke bis zu IOO m m H 2 0 ge- messen) , so b e d e u t e t dies a n u n d fa r s ich eine Ve r sch i eb u n g der Gle ichgewichts lage zu e iner 0 d e m t e n d e n z . Vo n gr6f3erer tge- d e u t u n g k 6 n n e n diese v e r ~ n d e r t e n ko l lo idosmot i schen Dru ck - ve rhMtn i s se ffir den A n s t a u s c h yon Stof fen zwischen Blu r u n d Flf iss igkei t bei en tz i ind l i chen E x s u d a t e n werden . Bei so lehen habe ich ko l lo idosmot i sche Drucke bis zu f a s t 3oo m m I-I~O m e s s e n k6nnen , also Drucke , die s ich d e m n o r m a l e n ko l lo idosmot i schen D r u c k des 13lutes n~hern .

Aus d e m b isher Gesag ten g e h t hervor , daft elne Reihe verschiede~ net Faktoren au~ die Ent8tehung einer patho~ogischen Flgtssigkeits- ansammlung in den Geweben Ein[lu/3 haben k6nnen. Keiner dieser Faktoren kann unter so gi~nstigen VerhSltnlssen 8tudiert werden, daft man die wiihrend des Lebe~s bestehenden Bedgngungen direkt untersuchen kSnnte. Ureter d iesen Umst i~nden muB die F r ag e n a c h de r C)dempathogenese seh r schwer zu b e a n t w o r t e n sein.

Z u r ]3e leuchtung der Vorg~nge, die ffir die O d e m e n t s t e h u n g y o n p a t h o g e n e t i s c h e r B e d e u t u n g s ind, k a n n m a n iedoch n n t e r a n d e r e m a u c h so vorgehen , dab m a n m i t Hilfe der m a n g e l h a f t e n Me~hoden, die u n s zur Verf i igung s tehen , fiber die Druckverh~t l tn isse im Blur bei g e s u n d e n u n d k r a n k h a f t e n Zus t&nden A u f k l g r u n g zu g ewin n en such t . W e n n m a n a u c h auf d iesem Wege die DruckverhXl tn i sse , die s ich de fac to fflr den F l f i s s igke i t s aus t ausch d u r c h die Capi l lar- w a n d ge l tend m a c h e n , n i ch t b e s t i m m e n k a n n , so lassen s ich doch an f diese Weise gewisse phys ika l i s ch -chemische Zns t~nde des B lu t e s u n t e r s u c h e n . E in Vergle ich zwischen den Wer t en , die m a n bei G e s u n d e n n n d 0 d e m k r a n k e n erh~tlt, k a n n d a n n zur B e l e u c h t u n g der hier in Rede s t e h e n d e n F r a g e n gee igne t sein. Man d a r f j edoch n ich t vergessen , dab m a n keine abso lu t en W e r t e erh~lt , s o n d e rn n u t Vergle ichswerte , welche t r o t z d e m gee igne t sein k6nnen , e inen un~ au fgek l~ r t en iKomplex yon F r a g e n zu be leuch ten .

2. Welchen EinJlufl haben der kolloldosmotische und der hydrostatische Druck au]einander .und au] den ]~'li~ssigkeitsaustauseh zwisehen Blut

und Gewebe?

Auf den F l f i s s igke i t s aus t ausch zwischen der s e m i p e r m e a b l e n M e m b r a n , welehe d u r c h die Capi l l a rwand zwischen Blu r u n d Ge- websfIf lssigkeit e ingeschoben ist, f iben die be iden Drucke , dec ko l lo idosmot i sche u n d der hydros t a t i s che , en tgegengese tz t e WirJ k u n g aus. Der h y d r o s t a t i s c h e D r u e k trXgt dazu bei, die Blutfli~ssig- ke i t d u r c h die Cap i l l a rwand in das Gewebe h i n a u s z u p r e s s e n . Der ko l lo idosmot i sche D r u c k h ingegen h a t e ine S a u g w i r k u n g au f die Flf iss igkei t u n d ist bes t reb t , sie im Blu te zur f l ckzuha l ten , Die O d e m e n t s t e h u n g wtirde also gef6rder t we rden tei ls d u r c h eine Erhdhung des hydrostatisehen Drue/ces u n d tei ls d u r c h e ine Herab- setzung des l~olloidosmo~isehen Druckes im Capi l larblut .

E ine Re ihe yon Fo r sche rn h a b e n d iesen be iden F a k t o r e n eine aul3erordent l ich gro/3e B e d e u t u n g ffir die 0 d e m p a t h o g e n e s e zu~ geschr ieben. Besonder s s ind hier zu n e n n e n KROG~I, I<ORAN'ZI, SCHADE, IVERSEN U. a. A m we i t e s t en gehen h ins i ch t l i ch der Be- d e u t u n g dieser be iden F a k t o r e n IKORANYI u n d se ine Schiller v. FARKAS u n d ROSZNIAK. Diese Forsche r s i nd der Ans ich t , dal3 diese be iden F a k t o r e n ffir die 0 d e m e n t s t e h u n g p r a k t i s c h die e in- z igen sind, die eine wesent l icbe Rolle spielen. Ande re Fo r sche r h ingegen wie KRESL, NONNENBRUCH, OEHME, PAUL MEYER U. a, s .chreiben der Bescha f f enhe i t des Gewebes als solchen eine gr6Bere B e d e u t u n g zu, w~hrend sie den F a k t o r e n koIIoidosmot ischer u n d h y d r o s t a t i s c h e r D r u c k ffir die E rk l~ rung der O d e m p a t h o g e n e s e ke ine so groBe B e d e u t u n g be imessen .

Page 4: Über die Bedeutung des Kolloidosmotischen Druckes des Blutes fÜr die ödempathogenese

3o. MAI z 9 3 ~ K L I N I S C H E W - O C H E N S C F I R I F T . I0. j A H R G A N G . N r . 22 lO37

3. Historisches i~ber den kolloidosmotlschen Druck.

Der erste der sich, soweit mir bekannt ist, mit der Frage nach der Bedeutung des kolloidosmotischen Druckes ffir die 0dempa tho- genese befaBt hat, ist STARLING. I)ieser ha t te schon am Ende des I9. Jah rhunder t s hervorgehoben, dab der kolloidosmotisehe Druck des ]3lutes EinflnB auf die 0 d e m e n t s t e h u n g h~itte. Anfang 192o richtete IKROGH seine Aufmerksamkei t auf diese Frage, und schon in se inem 1923 erschienenen Such fiber die Anatomie und Physio- logie der Capillaren wies er darauf hin, dab unter anderen Faktoren der hydrostat ische und der kolloidosmotische Druck des Capillar- blutes yon wesentlicher ]3edeutung i fir die 0dempathogenese seien. Es dauerte jedoch eine ZReihe Yon Jahren, ehe t(ROGH diese Frage Yon neuem au fnahm und naher studielace.

Die beiden Pioniere auf diesem Gebiet waren SCHADE und GOVAERTS, welehe in den Jahren 1923--I928 unabhangig vonein- ander grundlegende Untersuchungen anstell ten und wichtige physiologische Fundamen te Ifir den EinfluB des kolloidosmotischen Druckes auf den Flflssigkeitsumsatz im menschlichen KGrper auf- deckten. Die Resultate, zu denen diese beiden Forscher kamen, besta t igten und komplet t ier ten einander. Beide stellten lest, dab der kolloidosmotische Druck des normalen tBlutes zwischen 300 bis 400 m m I-I~O liegt. Beide Ianden aueh, dab dieser Druck bet 0 d em zu s t an d en fiberhaupt unternormal war.

SCHADE untersuchte den Einfiul3 des kolloidosmotischen Druckes auf eine mi t kolloidalen LGsungen durchstrGmte Modellcapillare. Bet geeignetem kol]oidosmotischem Druck anf die Flfissigkeit innerhalb und auBerhalb der Membran und bet geeigneter Einstel- lung des hydrosta t ischen Druckes konnte el" zeigen, dab die Flfissig- keit in der ersten Halfte der Capillare ausgeprel3t und in der anderen ItMfte der CapilIare angesogen wurde. In Welcher Rich tung die FlfissigkeitsstrGmung verlief, hing yon dem hydrosta t ischen Druek ab, der in der ersten Hali te der Capillare gr6Ber ist Ms in der zweiten.

Eine andere experimentelle Anordnung, die interessante Resul- tare ergab, war folgende: SCI~AI)E lies eine Modellcapillare, die yon RingerlOsung umgeben war, unter einem bes t immten Druck Yon einem normalen Serum durchstrGmt werden. Der Druek wurde so eingestellt, dab kein 0 d e m ents tand. Nun lies er dieselbe Capri- lare unter genau demselben Druck yon einem Serum von unter- normalem kolloidosmotischem Druck durchstrGmt werden, tIierbei wanderte Wasser aus der Capillare aus. Es war somit experimentell bewiesen, dab eine Senkung des koltoidosmotisehen Druckes an und ~iir sieh ein Auswandern yon Wasser dutch die Modellcapillare ent- sprechend ether Odembildung im lebenden Organismus zur Folge haben konnte.

GOVAERTS n a h m die Frage auf, welche Stoffe im Blute den kolloidosmotisehen Druck bedingten. Er land, dab es die Globu]ine und Albnmine waren. Sparer n a b m v. FARI~AS dieselbe Frage zur Unte r suchung auf. Es gelang ihm zu zeigen, dab der lcolloidosmoti- sche Druek ira Plasma und Blutserum gleieh hoeh war. Hieraus ging hervor, dab das Fibrinogen ffir die HGhe des kolloidosmotischen Druckes keine t3edeutung hat te . Er berechnete auch den kolloid- osmotischen Druck f fir Globuline nnd Albumine ffir sich und land, dab eine I proz. LGsung yon Albumin einen kolloidosmotischen Druck yon 68 m m H20 hatte, w~hrend eine I proz. L6sung yon GlobuIin einen kolloidosmotischen Druck yon 25 m m H20 aufwies. v. FARKAS n a h m danach eine Serie yon Bes t immungen des kolloid- osmotischen Druckes an verschiedenen Seren vor. Gleichzeitig bes t immte er den Albumin- und Globulingehalt dieser Seren und berechnete nach dem gefundenen Albumin- und Globulinwert den kolloidosmotischen Druck. Der so errechnete Wert ffir den kolloid- osmotischen Druck s t immte gut mi t dem Wef t fiberein, den er durch direkte Messungen erhielt. Der Unterschied zwischen den berech- neten und gemessenen Werten war nicht grGl3er, als ma n nach den Fehlerquellen in den Bes t immungsmethoden des kolloidosmotischen Druckes ex-warten konnte.

Aus diesen Untersuchungen semen also hervorzugehen, daft dee Gehalt des Blutes an Albumin und Globulin ]iir den kolloidosmotischen ])rubk ausschlaggebend set. Hieraus ging auch hervor, dab die Be- s t i m m u n g dieses Druckes ebensogut im Serum wie im Plasma ge- schehen konnte.

RUSZNIAK Iand, dab bet herabgesetztem kolloidosmotischem Druck im ]31utserum eine Zunahme des Fibrinogens im Plasma nach- weisbar war. Er war der Ansicht, dab diese Fibr inogenvermehrung ffir die Druekherabsetzung ausschlaggebend set, eine Auffassung,

die jedoch dureh v. PARKAS schon erwahnte Untersuchungen wider- legt wurde, da das Fibrinogen nach v. FARKAS keinen meBbaren kolloidosmotischen Druck im ]3lute hervorruft .

RUSZNIAK w-ie auch v. FARKAS und andere fanden, dab die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes einigermaBen parallel mit einer Herabsetzung der EiweiBmenge des ]31utes verl~uft. Line vGllige Parallelitat lag jedoch nicht vor. Die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes war im allgemeinen starker, als die Herabsetzung der EiweiBmenge. Die ~rkl~irung daffir war, dab die Krankheiten, welche mit einer Herabsetzung des kolloid- osmotisehen Druckes verliefen, auch eine Verschiebung des Albumin- Globu]inquotienten im ]31ute aufwiesen, und zwar in der Weise, dab eine relative Herabsetzung der Albuminmenge vorlag. Wie oben erwahnt, haben die Albumine einen hGheren kolloidosrnotischen Druek als die Globuline, was die hGhere Herabsetzung dieses Druckes im Verhaltnis zur Herabsetztmg der EiweiBmenge erklart.

GOVAERTS wie auch v. FAREAS untersuchten den EinfluB einiger anderer Stoffe auf den kolloidosmotischen Druek. Sie fanden, dab eine Rest-N-Steigerung im ]3lute den kolloidosmotischen Druck weder erh6hte noch herabsetzte. Zu demselben Resul ta t ist auch Verf. gekommen. ]31utserum ha t wetter seinen h6chsten koUoid- osmotischen Druck bet einer Salzkonzentration, welche der physio- logischen Konzentra t ion (0,8--0,9%) entspricht . H6here und niedrigere Konzentrat ionen setzen diesen I)rnck herab. Lecithin- Cholesterinsol setzte den Druck herab (v. FARKAS).

Das wichtigste Resul ta t der Untersuchungen fiber den kolloid- osmotischen Druck war der Befund, dab dieser Druck bet 0dem- zustanden im allgemeinen unter die normalen Werte herabgesetzt war. Dieses Resul ta t wurde yon samtl icben erwahnten Forschern bestat igt (KROGH, SCHADE und Mitarbeiter, GOVAERTS, RUSZNIAK, V. FARKAS, PAUL MEYER, IVERSEN und Mitarbeiter ). Die Untersuchungen schienen in dieser Beziehung ein fibereinstimmendes Resul ta t zu er- geben. Ausnahmen yon der Regel, dab 0demzus tande herabgesetzte kolloidosmotische Druckwerte ergaben, fand ma n in frfihen Stadien kardialer Odeme. War hingegen bei der Herzinsuffizienz die Nieren- funkt ion gesehadigt, so war der kolloidosmotische Druck h e r a b - gese tz t (GovAERTS). AuffMlig war auch, dab GOVAERTS bet frfihen Fallen yon Glomerulonephritis mit 0 d e m normale kolloidosmotische Drucke land, eine Tatsache, die ich in einer ziemlieh groBen Anzahl yon Fallen bestat igen konnte.

IVERSEN und seine Mitarbeiter interessierten sich bet ihren Untersuchungen mehr ffir die Frage fiber das Verh~,ltnis zwisehen dem kolloidosmotischen Druck im Blur einerseits sowie ill Exsnda ten und Transsuda ten andererseits. Sie fanden, dab der kolloid- osmotische Druck in Transsuda ten niedriger war als in Exsuda tem Nach ibrer Ansicht hang t dies da mi t zusamlnen, dab bet Exsuda ten eine Capillarsch~digung besteht, wodurch eine Auswanderung yon BluteiweiB dutch die Capillaren in das Exsuda t hervorgerufen wird. Hierdurch wurde das Exsuda t eiweiBreieh, wodurch sich erklarte, dab der kolloidoslnotische Druck relativ hoch wurde.

4, Eigene Untersuchungen tiber die Bedeutung des kolloidosmotischen Druc~es des Blutes ]iir die Odempathogenese.

~ir haben im vorhergehenden gesehen, dab eine Anzahl von Forschern (KROGH, SCHADE, GOVAERTS, IVERSEN u. a.) der I-Ierab- setzung des kolloidosmotischen Druckes eine grol3e Bedeutung ffir die En t s t ehung yon 0 d e m e n beigemessen haben. Am weitesten gingen in dieser l-Iinsicht KORANYI und seine Schiller. I~ORANYI suchte die 0de me n t s t e hung im allgemeinen als eine Folge dieser beiden Faktoren, Erh6hung des hydrosta t ischen und Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes, zu erklaren, welche nach J4~ORANYI entweder jeder ffir sieh oder in gewissen Fallen gemeinsam 0deme hervorrufen.

Im Gegensatz z u diesen Forschern, welche die Ursaehe der Odements tehung pr imaren int ravascularen u zu- schreiben wollten, haben andere, wie OEHME, PAULMEYER, KYLIN und NONNENBRUCH, dem Gewebe selbst eine Bedeutung ffir die 0 d e m e n t s t e h u n g zusprechen wollen. Besonders NONNENERUCH hebt hervor, dab es nicht mGglich set, die 0dempathogenese mit den beiden erwahnten Faktoren, Herabsetzung des kolloidosmo- t ischen und Erh6hung des hydrosta t ischen Druekes, zu erklaren. PAUL MEYER bet rachte t Veranderungen des kolloidosmotisehen Druckes des Blutes f iberhaupt in erster Linie als Ausdruck yon Geschehnissen im Gewebe.

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Die Untersuchungsserien, die ich z u m TeiI s chon frf iher be- sch r i eben habe u n d hier in e iner ku rzge faBten l~bers icht dars te l l en will, h a t t e n die Aufgabe , die F rage n a c h der B e d e u t u n g des kolloid- o s m o t i s c h e n Druckes ffir die 0 d e m p a t h o g e n e s e zu be leuch ten . Mein Mate r ia l b e s t e h t aus 275 Fal len, bet denen i n s g e s a m t be inahe 8 o o m a l der ko l lo idosmot i sche D r u c k b e s t i m m t wurde . I ch h a b e re ich h ierbe i der y o n KROaH a n g e g e b e n e n M e t h o d i k bed ien t .

Mein Mate r ia l i s t i m Laufe der J a h r e 1929 u n d 193 ~ tei lweise in e ther A n z a h l k le inerer Aufsa fze im Dtsch . Arch. kl in. Med. I65; Z. exper . Med. 68; 70: 72; 73; Ac t a reed. scand . (Stockh.) 72; Z. Mii1. Med. I I3 , I I 4 und Arch. f. exper . P a t h . (im Druck) ver- 6 f fen t l i ch t worden . E i u ande re r TeiI des Mater ia l s is t n o c h n i ch t publ iz ie r t .

Bet m e i n e n ~rtiheren U n t e r s u c h u n g e n h a b e ich, wie a u c h alle anderen U n t e r s u c h e r , den ko l lo idosmot i schen D r u c k im Venen - b lu r b e s t i m m t . W a h r e n d der l e t z t en M o n a t e habe ich i ndes sen gle ichzei t ig den ko l lo idosmot i schen D r u c k i m ar ter ie l len u n d v e n 6 s e n B lu t e gemessen . Bet d iesen g le ichzei t igen U n t e r s u c h u n g e n f and ich, daft der ko l lo idosmot i sche D r u c k i m ar ter ie l len B h t e bet G e s u n d e n u n t e r n o r m a l e n V e r h M t n i s s e n h6he r l iegt als im v e n 6 s e n B lu t e . Der U n t e r s c h i e d b e t r a g t i m D u r c h s c h n i t t 35 m m H~O. Der ko l lo idosmot i sche D r u c k i m Ar t e r i enb l u t e beweg te s ich a u c h in engere n Greuzen als i m V e n e n b l u t e ; war also besser ab- gepuf fe r t . Fflr den ko l lo idosmot i schen D r u c k i m A r t e r i e n b l u t e I and ich die Grenzwer t e zu 3 3 o - - 3 8 5 m m HeO m i t e i nem Mit te l - we r t v o n 359 m m H20 . I m Y e n e n b l u t e f a n d ich bet m e i n e n f r f i h e r e n U n t e r s u c h u n g e n S c h w a n k u n g e n zwischen 2 9 5 - - 4 2 0 m m H~O. Bet den j e t z t ausgef f ih r ten , g le ichzei t igen B e s t i m m u n g e n s c h w a n k t e der ko l lo idosmot i sche D r u c k i m V e n e n b l u t e zwischen 2 9 5 - - 3 6 o m m H 2 0 m i t e inem Mi t t e lwer t yon 323 m m H20 . Be- d e u t u n g s v o l l s ehe in t die y o n mi r fes tges te l l te T a t s a c h e zu seth, dab bet Odementstehung der ko l lo idosmot i sehe D r u c k i m Venen - b lu t e h 6 h e r wi rd als i m A r t e r i e n b l u t e (Arch. f. exper . P a t h . j im Druck~). Das B l u t wird, wie es schein t , dabe i w a h r e n d des Lau fe s durch die Capi l la ren eingedickt, entwSssert, was ja a l lerdings m i t unse r e r A u f f a s s u n g fiber die r f i be r e ln s t immt .

Wie s chon vo rhe r h e r v o r g e h o b e n ist, h a b e n mehre r e Fo r sche r (ScHADE u n d Mi ta rbe i te r , OOVAERTS, PAUL MEYER, IVERSEN u n d Mi tarbe i te r , KORANYI, RUSZNIAK, V. FARKAS) ein b e s t i m m t e s Zusammengehe I1 zwischen O d e m e n u n d H e r a b s e t z u n g des kolloid- o s m o t i s c h e n D r u c k e s ge funden . Diese T a t s a c h e habe a u c h ich k o n s t a t i e r e n k6nnen .

W i r k 6 n n e n also fes ts te l len, daft eln Zusamrnenhang besteht zwi- schen Odemen und Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes des Blutes.

Eine Frage , die zur P r o b l e m s t e l l u n g geh6 r t u n d au f die nigher e i n g e g a n g e n zu we rden verd ien t , i s t fo lgende: wodurch wird dieser Zusammenhang bedlngt?

Theo re t i s ch k a n n m a n s ich d iesen Z u s a m m e n h a n g in versch iede- ne r Wei se e n t s t a n d e n denken . I c h stelle m i r io lgende MSgl iehke i ten vor, ohne j edoch d a m i t andere ausschl ieBen zu wol len:

i . Der h e r a b g e s e t z t e kol loidosmotisc 'he D r u c k k a n n die Ur- s ache der 0 d e m e n t s t e h u n g seth.

2. Das O d e m k a n n m e h r oder weniger d i rek t die U r s a c h e der H e r a b s e t z u n g des ko l lo idosmot i schen Druckes seth.

3. Die H e r a b s e t z u n g des ko l lo idosmot i schen Druckes u n d die 0 d e m e n t s t e h u n g k 6 n n e n k o m b i n i e r t e E r s c h e i n u n g e n seth, beide v e r u r s a c h t d u r c h e inen g e m e i n s a m e n F ak t o r .

I ch will u n t e r s u c h e n ob, u n d gegebenenfa l l s bet we lchen ~ d e m - z u s t ~ n d e n die e ine oder die andere M6gl ichkei t w a h r s c h e i n l i c h ist, so wel t s ich dies m i t I l i l fe unse re r gegenwar t i gen K e n n t n i s s e be- u r t e i l en 1,,tBt.

Zue r s t ve r suche i ch die Mdgliehkeit Nr. 1 zu be leuch ten , so wel t dies an der H a n d des m i r vor l i egenden Mater ia l s gescheheI1 k a n n .

Zur B e a n t w o r t u n g dieser F r age habe i ch 2 G r u p p e n k r a n k h a f t e r Z u s t a n d e u n t e r s u c h t , bei denen der ko l lo idosmot i sche D r u c k s ich n a c h m e i n e n U n t e r s u c h u n g e n als unternormal erwles, ohne daft Odern bestand, ni iml ich I. F~ille m i t a k u t e r B lu tungsan i imie , u n d 2. FMle m i t a k u t e n en~czfindlichen Prozessen u n d Erg i i s sen in die groBen t~:6rperh6hlen. Meine Abs i ch t war fes tzus te l len , ob Odeme entstehen, wenn der kolloidosmotische Druck sinkt.

I n der e r s t en Gruppe babe ich 7 Fal le u n t e r s u c h e n k6nnen , bet denen der ko l lo idosmot i sche D r u c k deu t l i ch herabgesetz~c war . Bet

keinem dleser Fiille habe ieh Odeme nach,weisen ~6nnen. Dieses Ver- h a l t e n set d u r c h folgende Beispiele i l lus t r ier t :

Fall 1. G u s t a i G. 53 Jahre . Frf iher im groBen u n d ganzen gesund , a h g e s e h e n yon ger ingen Magenbeschwerden u n d ze~t- wei l igem Erb rechen . H a t angeb l i ch alle Speisen g u t v e r t r a g e n . A m 15. V. ff ihl te er s ich p l6 tz l ich mfide uud kraf t los , Schwindel- geffihl. Eiuige S t u n d e n sp~ter z u n e h m e n d e Mat t igke i t . B e i m H o c h h e b e n des Kopfes wurde es i h m schwarz vor den A u g e n . A m t5. V. ger inges B l u t e r b r e c h e n u n d t ee r fa rbene Faeces . AuD n a h m e i m K r a n k e n h a u s a m 15. u 193 o. Bet der A u f n a h m e war Pa t . s eh r b lab u n d s t a r k m i t g e n o m m e n . Keine D y s p n o e oder Cyanose . Keine Odeme. Stuh l t ee r fa rben . W e b e r + + + . D e u t - l iche D r u c k e m p f i u d l i c h k e i t d i rek t obe rha lb des Nabels . Inue re Organe sons t o . B . Ro te Blu tk . I , I8 Millionen, weiBe 3ooo. Kol- loidosmotischer Druek 209 mm H20, EiweiB 5 ,o3%.

19. V. Keine Odeme nachweisbar. 23. V. B lu r : rote B lu tk . 2,50 Millionen, weiBe 4000. !4olloidosmo-

f i scher D r u c k 319, EiweiB 5 ,68%. Keine Odeme. 27. V. B lu t : ~)ote B lu tk . 2, IO Millionen, weiBe 7000. Kolloidos*

mo t i s che r D r u c k 3o7, EiweiB 5 ,68%.

Fall 2. Tore Berg, 2o Jahre . In der e r s ten Ha l f t e des J u n i Magen- be schwerden yon D u o d e n a l g e s c h w f i r s t y p u s . Seit e ther W o c h e groBe Mfidigkeit u n d Kraf t los igke i t . In den le tz ten T a g e n is t es i h m of t s chwarz vor den Augen geworden . A m 18. bis 2o.VI. t ee r f a rbene Stfihle. A u f n a h m e a m 23. VI. 193o. Auffa l Iende Blasse. Keine Dyspnoe . Keine Odeme. Abgesehen yon e ine m Ulcus duoden i s ind die inne ren Organe o. ]3. Ro te B lu tk . 2,86 Millionen, weiBe 960o. Kolloidosmotischer Druck 240 mg H20, EiweiB 6,12 %,

I n zwei FMlen m i t a k u t e n B l u t u n g e n (Magen b lu tu n g en ) b a b e ich gle ichzei t ig den ko l lo idosmot i schen D r u c k im ar ter ie l len u n d venSsen BIu te b e s t i m m t . I n be iden Fa l l en war der kol lo idosmo- t i sche D r u c k sowohl i m ar ter ie l len als a u e h im v en 6 sen B lu t e b e d e u t e n d gesenk t . I n d iesen be iden Fa l l en wa r der kolloid- o smof i sche D r u c k im venOsen :Bltlte h6he r als i m ar ter ie l len Blu te , ] )as B l u r w u r d e also im per ipberen Kre i s l au f entwiissert, was m i t e iner W a s s e r r e t e n t i o n z u s a m m e n z u b r i n g e n ist. K l in i sches O d e m e n t s t a n d indessen n ich t* .

I n d iesem Z u s a m m e l l h a n g dtirf te es yon B e d e u t u n g sein hervor - zuheben , dab ich bet Fa l len yon pern iz i6ser A n a m i e Odem und gleichzeitig herabgesetzten ~olloidosmotischen Drue~ babe n ach we i sen k6nnen . Bet e in igen dieser Falle m i t O d e m War die t t e r a b s e t z u n g des ko l lo idosmot i schen Druckes weniger hochgradig als bet den eben besch r i ebenen Fa l len y o n B l u t u n g s a n a m i e ohne 0 d e m . H i e r a u s sche in t he rvo rzugehen , dab bei der 0 d e m e n t s t e h u n g bet der pern i - z i6sen A n a m i e aul3er der H e r a b s e t z u u g des ko l lo idosmot i schen Druckes noch andere F a k t o r e n w i r k s a m s ind.

I n der a n d e r e n Gruppe m i t a k u t e n E x s u d a t e n in den K6rper - h6h len habe ich 21 Fglle u n t e r s u c b t . I n e ther f r a h e r e n Arbe i t [Acta, reed. scand . (Stockh.) 72~ babe ich 17 dieser F~lle beschr ieben , Bet io Fgl len war der ko l lo idosmot i sche D r u c k he rabgese tz t , bei m a l l c h e n bis au f 2oo m m 1-I20 u n d d a r u n t e r . N u r bet e inem diesel ~ Fglle k o n n t e ich 0 d e m e nachweisen . Bet d iesem Fal l traten ]edoch die Odeme bedeutend ]riCher au] als die Herabsetzung des kolloid- osmot~schen Druckes.

Dieser Fal l h a t t e folgellden Ver lauf : E ine 6o J a h r e alte, I r t iher ge sunde F r a u e r k r a n k t e s u b a k u t m i t F ieber u n d wu rd e d e s h a l b a m 12. X. 1929 a u f g e n o m m e n . Sehon bet der Au]nahme waren Odemr an den Untersehenkeln angedeutet. Ko~loidosmotischer JDructc am 23. X . 320ram HeO. Inne re Organe o. B. abgesehen y o n e in em sch wa- chen sys to l i schen Ge rausch fiber d e m Herzen . A m 21. X. w u r d e e in ger inges E x s u d a t im B a u c h nachgewiesen sowie fiber beideI~ L u n g e n b a s e n einige h a r t e Rasse lge rausche . A m 2. XI . wurde E x s u d a t in be iden P leuren nachgewiesen . Gleichzei t ig f an d en s ich deutliche Odeme am t~i~eken und an den Unterschenkeln. Die Ergf isse in der B a u c h h 6 h l e u n d in den P leu ren n a h m e n n a c h u n d n a e h zu~ N a c h e in igen VVochen w u r d e n TB. i m S p u t u m nachgewieseu . Pa t . s t a rb a m to. II . 193 o. Die Sek t ion ergab eine Mil iar tuberkulose~

* Zur Korrelctur: Neulich habe ich einen neuen Fall mit Blutungsan~imie unter- sucht. Die Patientin kam wegen Magenblutung ins Krankenhaus. Der kolloid, osmotische Drack war sowohl im arteriellen als auch im ven6sen Blur normal. Rote BlutkSrperchen beinahe 4,o Millionen. Die Blutungen hielten an. Drei Tage sp/iter wag der kolloidosmotische Druck im Arterienblut 243 (EiweiB 5,68) und im Venenblut 277 (Eiweil3 6,34). Rote BlutkSrperchen 1,4 Millionen. Sicheres 0dem wurde jetzt kliniseh festgestellt. Die Patieatin starb einige Stunden spliter. -- Dieser Fall kann ifir die Annahme sprechen, dab 0deme dutch eine dutch hochgradige Blutunge~ helworgerufene Senkung des kolloidosmotischen Drucks verursacht werden.

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30. MAI 193I K L I N I S C H E ~ u I0. J A H R G A N G . Nr . 22 lO39

Die gefundenen kolloidosmotischen Werte waren: 23. X. I929: 320, 3. XI. : 315, 5. XI. : 300, 12. XI. : 270, 19. XI. : 260, 7. I. 193o: 226.

Aus diesen Untersuchungen scheint hervorzugehen, daft eine bedeutende Herabsetzung des kolloidosmotischen Druekes ~ein tclinisch naehweisbares Odem hervorzu~u]en braucht. Ob jedoch bei diesen F~llen eine pr~6demat6se Ansammlung yon Flfissigkeit in den Geweben vorlag, entzieht sich meiner Beurteilung.

Eine generelle Erkl~rung des Zusammenhanges zwischen ge- wissen 0demformei1 und Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes im Blur dutch die Annahme, dab bei herabgesetztem, kolloid- osmotisehem Druck 0deme entst~nden, scheint mir jedoeh nicht gut m6glich.

Als zweite m6gliche Erkl5rung des Zusammenhanges zwischen ~dements tehung und t ierabsetzung des kolloidosmotischen Druckes nannte ich: Das 0dem kann mehr oder weniger direkt die Ursache der Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes sein.

D a B die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes des Blutes bei gewissen Zust~nden durch die Auswanderung yon Blut- eiweil3 dureh die Capillarwand hervorgerufen werden kann, geht am besten durch meine Untersuchungen fiber den kolIoidosmotischen Druck im Blute bei akuten Pleuritiden hervor [Acta reed. scand. (Stockh.) 72]. Bei der akuten Exsudation sank dieser Druck be- deutend (bis auf 2oo mm H~O und darunter) und stieg wahrend des folgenden Rekonvaleszenzstadiums wieder auf normale Werte an.

Will man den erw~hnten Zusammenhang auf diese Weise er- kl~ren, so lal3t sich folgender Vorgang als eine denkbare M6glich- keit vorstellen. Man kann annehmen, dal3 die Capillaren bei diesen 0demformen diffus im K6rper night nur for Wasser und Krystal- loide, sondern auch ffir Kolloide durchlassig sind. Dieses Ver- halten ist bei Icardialen Odemen m6glich, wo die Capillaren wegen des erh6hten hydrostatischen Druckes in denselben dilatiert sind. Dila- tierte Capillaren sind nach KROGH auch for kolloidale Partikel durchl~ssig. Das entstandene 0dem erh~lt so eine Beimischung yon BluteiweH3, wodurch der Eiweii]gehalt des Blutes herabgesetzt wird und zwar besonders hinsichtlich des Albumingehaltes. Es l~13t sich denken, daI3 dies eine Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes des Blutes herbeiffihrt.

"Diese Erkl~rung haben mehrere ~orscher (Iv~RSEN, GOVAERTS u .a . ) liar die Entstehung der Herabsetzung des kolloidosmotischen Druekes bei Herzinsu]]izienz mit Odemen herangezogen.

Als eine dritte mggliehe Erkldirung des Zusammenhanges zwisehen Herabsetzung des kolloidosmotisehen Druckes und 0demen habe ieh angef0hrt, dab beide Erscheinungen koordiniert sein k6nnen, und zwar verursaeht durch ein und denselben Faktor.

Es ist nicht leicht, Fakta anzufflhren, die for eine solche M6g- lichkeit sprechen. Als eine solche Tatsache k6nnte man vielleicht das Ergebnis meiner Untersuehungen fiber den kolloidosmotischen Druck nach Insulininjektionen anf0hren, die ich im Dtseh. Arch. klin. Med. x65, sowie in der Z. exper. Med. 72 ver6ffentlicht habe.

Bei diesen Untersuehungen folgte ich mit wiederholten Be- st immungen des kolloidosmotischen Druckes einer Anzahl FMte yon schwerem Diabetes mellitus, welehe mit Insulin behandelt wurden. Die Kranken wurden t~glieh morgens nfichtern gewogen. Der kolloidosmotische Druck wurde wie gew6hnlich in N0chtern- blutproben bestimmt.

Bei dieser Untersuchung zeigte sich, dal3 der kolloidosmofische Druck w~hrend der Insulinbehandlung sank. Gleichzeitig entstand eine Wasserretention, die in gewissen ~ l l e n zu kllnisch naehw~is- baren Odemen i~berging. Bei einigen F~llen land ich, daft die Herab- setzung des kolloidosmotischen Druekes ]riCher au]trat, als die Fli~ssig- keitsretention nachweisbar war.

In einem Falle yon Diabetes, der im Korea eingeliefert und mi t grol~en Dosen Insulin behandelt wurde, kabe ich gleichzeitig den kolloidosmotischen Druek im arteriellen und ven6sen Blute wiederholt best immt und zwar im Anfang zweimal t~glich. In diesem Falle ring die Wasserretention schon an, als der Wert des kolloidosmotischen Druckes im arteriellen Blute noch in den fiir dieses Blut normalen Grenzen lag. Die Wasserretention Wurde teils dadurch konstatiert, dal3 der kolloidosmotische Druck im ven6sen ]3lute h6her als im arteriellen Blute wurde, tells dadurch, da~3 das K6rpergewicht zunahm. Sp~iter entstand kli- nisches 0dem. Der kolloidosmotische Druck ira arteriellen Blute war dabei bis 205 mm H~O gesunken. Ober den Fall wird spliter n~her berichtet.

Nun k6nnte man sich ja denken, dab die Herabsetzung des kol- loidosmotischen Druckes, bei diesen F~llen hervorgerufen durch die Insulinwirkung, der pathogenetische Faktor ffir die 0dement- stehung gewesen sein k6nnte. Jedoch war, wenigstens bei manchen F~llen, die Drucksenknng, welche der F10ssigkeitsretention voraus- ging, so unbedeutend (kaum unter den Normalwerten), dab man nicht bereehtigt sein dfirfte zu vermuten, dab die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes die Ersache der Flflssigkeitsretention war. Und in dem letzterw~hnten Falle ring die Wasserretention schon bei normalen kolloidosmotischen Druckwerten for das durchstrgmende Blur an.

Es scheint mir nun, dab man zu der Vermutung bereehtigt sein d0rfte, dab das Insulin die hydrophilen Eigenschaften der Gewebs- kolloide sowie der ]~lutkolloide im Sinne einer Flfissigkeitsretention beeinflul3t und dab die Odementstehung wie auch die t31utverdfin- nung eine direkte und koordinierte Folge der Hormonwirkung des Insulins ist. Ob diese Vermutung richtig ist, mfissen weitere Unter- suchungen erweisen.

Aus obiger Zusammenstellung seheint also hervorzugehen, dab wir gegenw~rtig kaum hinreichende Beweise fflr die Annahme haben, dab klinisch betrachtet die Kerabsetzung des kolloidosmotischen Druckes allein und an und liar sich zur Hervorrufung yon 0demen genfigt. Dagegen erscheint es als wahrscheinlich, daB, wie NONNeN- BRUCH, PAUL MEYER und OEHME angenommen haben, for die ]~nt- stehung klinischer 0deme noch andere Momente hinzukommen miissen.

Ich komme dann wieder auf meine ursprfingliche Frage zurflck : Wie l~ifit slch der Zusammenhang zwischen Odemen und Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes erkli~ren?

Bei gewissen 0demformen, z. B. den kardialen und glomerulo- nephritischen, wo man in zahlreichen F~llen normMe kolloidosmo- tische Drucke findet, d0rfte man als wahrscheinlich betrachten diirfen, dal~ die zuweilen nachweisbare t{erabsetznng des kolloid- osmotischen Druckes durch den EiweiBverlust hervorgerufen wird, der w~hrend der Entstehung und Entwieklung tier 0demkrankhei t auftfitt . Bei diesen Krankheiten verliert das Blur durch die Capil- laren diffus im K6rper, wie auch durch die Nieren, Eiweil3. Der Eiweil3verlust bezieht sich haupts~chlich auf die feindispersen Albu- mine, welche einen hohen kolloidosmotisehen Druck haben, iKier- durch wird das t31ut eiweiB~rmer als normal. Aber gleichzeitig sinkt der kolloidosmotisehe Druck in h6herem Grade als der Eiweil]- gehalt. Man erh~ilt, wie mehrere Forscher feststellen konnten, eine Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes per Gramm Eiweil3.

]Die Tatsache, die ieh nachweisen konnte, dal3 bei einer groBen Anzahl F~llen mit sowohl glomerulonephritischen als auch kardialen (3demen ein normaler kolloidosmotischer Druck besteht, spricht bestimmt gegen die Annahme, dab diese Odemformen auf einer prim~ren Herabsetzung dieses Druckes beruhen.

Wenn sich nun auch der Zusammenhang zwisehen der YIerab- setzung des kolloidosmotischen Druckes und der 0dembildung in manehen Gruppen in der oben dargestellten Weise erkl~ren l~I~t, scheint es nicht unwahrscheinlich, dab der Zusammenhang zwisehen diesen beiden Faktoren bei anderen Odemformen eine andere Er- kllirung erfordert. Ich will nun versuchen festzustellen, ob unsere gegenw~rtigen Kenntnisse zu einer Beleuchtung dieser Frage ge- ni~gen.

Der Obersicht halber schildere ich im folgenden einige bekann- tere 0demformen unter diesem Gesichtspunkt.

Die 0demformen, bei denen man die Ursache der Odement- stehung in einer I-terabsetzung des kolloidosmotisehen Druckes ge- sucht hat, sind tells die Nephrose6deme und tells die Odeme be~ pern~- zi6s'er An~imie.

FOr die Annahme, dab die Nephrose6deme durch die IJerab- setzung des kolloidosmotischen Druckes verursacht wfirden, spricht die Tatsache, dab der kolloidosmotische Druck des Blutes bei dieser 0demform besonders niedrig ist. IJAGEDORN, I~]~HBERG und RAS- MUSSEN fanden bei einem Fall -con Nephrose einen kolloidosmo- tischen Druck yon IOO mm H20. Selbst habe ich bei 3 Fgllen yon Nephrose Werte zwischen lOO--i65 mm I-I20 gefunden (bei dem einen Fall 16o, bei dem anderen 165, bei dem dri t ten IiO, bei den ]3estimmungen, die sofort nach der Aufnahme des Patienten ins Krankenhaus vorgenommen wurden). In einem yon diesen Fiillen wurde der kolloidosmotische Druck auch im arteriellen Blute bestimmt, t~r war 125 mm H~O. Bei solehen niedrigen

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1040 B I L I N I S C H E W O C H E N S C H R

kolloidosmotischen Druckwerten ist die FXhigkeit des Blutes z u r Aufsaugung yon Fiiissigkeit s tark herabgesetzt , und ma n ffihlt sich s tark versucht , die oben dargestellte Annahme als erwiesen zu erachten. Diese Annahme erh~It dadurch eine Stfltze, dab wir keine Krankhe i t mit tieferer Senkung des kolloidosmotischen Druckes f inden and dab eben bei dieser Krankhe i t die Odeme so fiberaus groBe und gegen Behand lung resistent sind. Jedoch ha t sich bei meinen Unte r suchungen eine andere Tatsache heraus- gestellt, die mir geeignet erscheint, Zweifel daran zu erwecken, dab die En t s t eh u n g der Nephrosen/gdeme mi t dieser Annahme hin- reichend erklart ist. Ieh un te rsuchte unter wiederholten Best im- mu n g en 3 Fglle yon Nephrose sowohl wXhrend der Zeit, wo mi t Hilfe ur intreibender Mittel (in 2 Fallen Thyreoidea, in dem dri t ten Urea) das 0 d e m ganz oder teilweise ausgeschwemrnt wurde, wie auch unter der Zeit, wo das 0 d e m sich wieder ansammel te (Z. klin. Med. II4). Der kolloidosmotische Druck Anderte sich wXhrend dieser verschiedenen Perioden nieht nennenswert . PXUL MEYER konnte dieses Ergebnis vollauf best~tigen. Besonders auffgllig schien mir zu sein, dab die 0 d e m a u s s e h w e m m u n g bei diesen FAllen bei So niedrigen Werten des kolloidosmotischen Druckes wie Io o - - I5 o m m HsO vor sich ging. Auch im arteriellen tBlute war der koltoidosmotische Druck wahrend der 0 d e m a u s s c h w e m m u n g so niedrig wie 125 m m H20. OMenbar stehen dem menschliehen Kdrper MOgtichkeiten zur Ver/i~gung, aueh bei sehr niedrigen lcolloid- osmotisch.en Druclcwerte,~ des durchstrdmenden Blutes Ode,me aus- Zusehwemmen.

Diese Ta tsachen scheinen mir dagegen zu sprechen, dab die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druekes allein die Entstehung der NephroseSdeme erktgren kann. Wahrscheinl ich kommen noch andere Faktoren hinzu, die eine Wasserre tent ion bewirken. Ob diese Faktoren in den Geweben oder andererweits lokalisiert sind, entzieht sich gegenw~trtig unserer Kenntnis .

Diese Unte r suchungen fiber die Odemausschwemmung bei NephrosefAllen konnen auch dutch ahnliche Untersuchnngen be- leuchtet werden, die ich wahrend der Ausschwemmung yon kardialen Odemen vorgenommen habe. I3ei diesen Unte rsuchungen fand ieh, dab der kolloidosmotische Druck im Venenblute bei der Aus- s ch wem m u n g yon kardialen 0 d e m e n groBen Variat ionen mi t m o m en tan en bedeutenden Herabse tzungen unterworfen war. Den- selben Befund machte PAUL MzYX~ bei der Ausschwemmung yon IDdemen nach Salyrganinjektionen. Auch bei der nieht durch Salyrgan bewirkten A u s s c h w e m m n n g cardialer 0deme land PAUL NIzy~R nicht selten zufXllige starke Herabsetzungen. Der kolloidosmotische Druck variierte sehr. Bemerkenswert ist, dab diese Schwankungen nicht oder nur in mgBigem Grade im arte- riellen Blare zu l inden sind. Wahrscheinl ich werden die von mir be- obaebte ten groBen, m o m e n t a n e n Senkungen des kolloJdosmotischen Druckes im Venenblute bei der Odemausschwemmung dureh den krgft igen Eins t rom yon Odemwasser ins Blur erklart. Das arte- rielle Blur m ach t dabei die Schwankungen nicht im selben Grade wie das ven6se mit. In den meisten Fallen fand ich im arteriellen Blute bei der Ausschwemmung cardialer 0deme stet iges Steigen bis zu normMen Wer tem Nur ausnahmsweise fand ich ~m arteriellen Blute wAhrend der Ausschwemmung cardialer 0deme kleine Senkungen des kolloidosmotischen Druckes. Auffallig ist, dab ich bei der Aussehwemmung yon nephri t ischen 0 d e m e n die er- wghnten grogen Schwankungen des kolloidosmotischen Druckes nicht Ieststellen konnte.

]3ekanntlich t reten bei einigen Fallen yon pernizi6ser Anf~mie Odeme ant. Durch Unte rsuchungen yon IVERSEt~ und Mitarbei tern wurde festgestellt, dab der kolloidosmotische Druck bei einigen Fallen dieser I i rankbei t unter die normalen Werte herabgesetzt ist. A u c h ieh habe dasselbe Verhal ten konstat ieren k6nnen. Jedoch war die Herabsetzung, die ich bei diesen FglIen gefunden habe, in der Regel nicht besonders stark.

IVERSEN ha t annehmen wollen, dab die Odements t ehung bei der pernizi0sen AnAmie wenigstens teiIweise als eine Folge dieser Herabse tzung des kolloidosmotischen Druckes im Blute angesehen werden kann. Diese Annahme kann motiviert erscheinen. Jedoch fand ich, wie schon erwAhnt, bei FAllen von akuter BlutungsanAmie eine welt stArkere Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes als bei den lr yon pernizi6ser Angmie. Bei den ak~tter~ Blutungs- anSmien /and geh ~edoch keine Odeme, trotz genauester Unte rsuchung der Kranken aa i alas Vorkommen von 0demen . IVE~SEN ha t

I F T . I0. J A H R G A N G . N r . 22 3 o. NIAI r93~

dasselbe Verhalten festgestellt. Diese Tatsache scheint mir da- gegen zu sprechen, da8 nur die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes bei der perniziSsen Angmie die Odeme hervorruft.

Insu l i~deme . Bei meinen Untersuchungen ha t es sich in einigen Fallen gezeigt, dab die Herabsetzung des kolloidosmotisehen I)ruckes, die ich bei Insul in6demen kons tant naehweisen konnte, fri~her auf t ra t als die Wasserretent ion and die hierdureh bedingten 0deme. Hieraus smite man scheinbar sehlieBen k6nnen, dab diese Wasserretent ion durch die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes verursaeht wfirde. Wie ich sehon frfiher hervorgehoben habe, war iedoch die prg6demat6se Herabsetzung dieses Druckes so unbedeutend, dab sie ffir diese Annahme kaum eine hal tbare Unterlage bilden kann.

Odeme bei Morbua Baaedowl. Die 0dempathogenese bei diesen ZustAnden bat als besonders dunkel and wahrscheinlich ohne ein- heitliche ErklarungsmOglichkeiten gegolten. Bei FMlen mit Herz- insuffizienz diirften diese Odeme teilweise als kardiale Odeme auf- gefal3t werden kOnnen. Abet andererseits sei hervorgehoben, dab die {)deme bei Morbus Basedowi nicht besonders an den dekliven Partien, sondern mehr allgemein lokalisiert sind.

Nun babe ich bei einigen FAllen yon Morbus Basedowi unter- normale Werte des kolloidosmotischen Druckes konstat ieren k6n- hen (s. Z. exper. Med. 72). Ich ha t te Gelegenheit, einigen wenigen FAllen mit wiederholten Bes t immungen dieses Druckes zu folgen, w~hrend d~e Pa t ien ten mi t R6ntgen behandel t wurden. Bei diesen FAllen stieg der kolloidosmotische Druck gleichzeitig mit der Besse- rung der Pat ienten an, der Grundumsatz wurde normal oder naher te sich normalen Werten und evil. vorhandene 0deme ver- schwanden. Nun sollte ma n meinen k6nnen, dab die 0deme bei Morbus Basedowi durch die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes verursacht warden. Jedoeh sei eine gegen diese Annahme sprechende Tatsache hervorgehoben, namiich dab die Herabsetzung bei meinen Basedowfgllen mi t 0de me n keineswegs so hochgradig war, wie ich sie bei manchen FAllen von akuter Blutungsangmie und akuter Pleuritis gefunden habe, bei denen jedoch Odeme/ehlten.

Myxgdeme. Die Flf iss igkei tsansammlungen bei myx6demat6sen ZustAnden sind wahrscheinlich nicht als gew6hnliche 0deme auf- zufassen. Die Fliissigkeit ist beim Myx/Jdem wahrscheinlich in einer anderen and festeren Weise an die Gewebe gebunden, Ms es bei anderen 0 d e m e n der Falt ist. ])as geht sehon daraus hervor, dab die Schwellung des Unterhauibindegewebes bei den gewbhnlichen 0 d e m e n leicht dutch Druck mit dem Finger fortgedrfickt werden kann. Beim Myx6dem erhAlt ma n jedoch dutch Druck mi t dem Finger keine Impression.

Bei zwei Fallen von Myx6dem hat te ich, wie fri~her erwAhnt (Z. exper. Med. 72), Gelegenheit, den koUoidosmotischen Druck zu bes t immen. Bei dem einen Falle war der Druck bedeutend erh6ht (bis auf 49o m m HeO), b e i dem anderen Fall lag der Wef t an der oberen Grenze des Normalen. Beiden FAllen Iolgte ich mi t wieder- holten Bes t immungen dieses Druckes, wAhrend die Pat ienten mi t Thyreoidea behandel t warden. In beiden Fallen verschwanden unter der Behandlung die myxOdematbsen Symptome. Gleichzeitig san- ken die kolloidosmotischen Druckwerte auf und schtieBiich unter die normalen Druckwerte. Von besonderem Interesse scheint zu sein, dab bei dem einen Fall, der die ausgesprochendsten Symptome auiwies und erhOhte kolloidosmotische Druckwerte hatte, nach mehrere Wochen durchgeffihrter Thyreoideabehandlung 0deme yon gewbhnlichem Typus auftraten. Der kolloidosmotische Druck ebenso wie der Eiweil3gehalt des Btutes ha t te zu dieser Zeit schon lange auf unternormalen Wer ten gestanden. Die myx6demat6se Teigigkeit war zu dieser Zeit schon seit langem v611ig ver- schwunden.

Der geschilderte Befund des lJberganges eines Myx6dems zu ge- w6hnlichem Odem, wAhrend der kolloidosmotische Druck nach und naeh yon fiber- auf unternormale Werte sinkt, scheint Ifir die An- nahme zu sprecben, dab 0de me dutch eine Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes hervorgerufen werden. Jedoch sei ffir diesen Fall hervorgehoben, dab der Pa t ien t wghrend der Be- handlungszei t bedeutend he run te rkam u n d e s scbeint n ieht un- denkbar, dab dieser Ums tand an und ffir sich die 0 d e m e n t s t e h u n g erklAren kann. Es ist ja al tbekannt , dab bei bettlagerigen herunter- gekommenen Pat ienten nicht so ganz selten {3deme auftreten. Andererseits sei aber hervorgehoben, dab die 0 d e m e n t s t e h u n g bei diesen herunte rgekommenen Pa t ien ten sehr wohl als auf dem Wege

Page 8: Über die Bedeutung des Kolloidosmotischen Druckes des Blutes fÜr die ödempathogenese

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einer Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes entstanden aufgefagt werden kann. Der oben erw~hnte Fall kann unleugbar ffir den, welcher die Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes als einen wichtigen Faktor ft~r die 0dempathogenese betrachten will, als eine Best~tigung dieser Ansicht gelten.

5. Zusammen/assu~g and Zusammenstellung.

Ich habe oben hervorgehoben, dab SCHADE und seine Mitarbeiter dutch ihre sch6nen Untersuehungen an einer Modellcapillare bewiesen haben, dab eine Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes im Blur ffir die Entstehung 6demi~hnlicher Ergflsse eine bedeutende Rolle spielen kann. Ich babe auch hervorgehoben, dab der kolloid- osmotisehe Druek im Btut bei 0demzust~Lnden im aI[genleinen sehr oft unter die normalen Werte herabsinkt. Es war natfirlich, dab man unter diesen VerhXltnissen die gefundene Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes als die Ursache mancher 0demformen ansah.

Jedoch erscheint es durch die Untersuchungsergebnisse, welche ich hier kurz referiert babe, als wahrscheinlich, daft diese Herab- setzung des tcoUoidosmotisehen Din*clues hdehstens einer der Faktoren sein kann, welehe au] die Odempathogenese Ein/lufi haben. Und die

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . re. J A H R G A N G . Nr . 22 i 0 4 i

Frage nach der Ents tehung yon 0demen scheint komplizierter zu sein, als man sich nach Bekanntwerden der theoretischen Bedeutung der Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes vorstellte. '

Die Tatsache, dab bei Blutungsan~mien und bei akuten ent- zfindlichen Prozessen in den groBen K6rperhShlen der kolloidosmo- tlsche Druclc bedeutend s~nken ~ann, ohne daft Odeme entstehen, schelnt zu beweisen, daft antler dieser Herabsetzung andere Faktoren wirksam sein mi~ssen, wenn ein Odem ent~tehen sell. Ebeliso beweist die Tat- sache, dab Nephrose6deme auch bei sehr ~iedrigen kolloidosmotischen Druckwerten im durchstrdmenden Blute ausgeschwemmt werden kdnnen, daft der menschliche Kdrper i~ber Krgi]te ver]i~gt, die den Fti~ssigkeits- u~satz auch bei niedrigem kolloidosmotischem Druclc regulieren k6nnen.

Die Untersuchungen, die dieser Zusammenste[[ung zugrunde liegen, scheinen also zu erweisen, dab der Herabsetzung des kolloid- osmotischen Druckes im Blut keineswegs die dominierende Be- deutung ffir die 0dempathogenese zukommt, die man ihr frtiher zugeschrieben hat. Wie KREHL, NONNENBRUCIt, OEHME, PAUL MEYER U. a. angenommen haben, diJrften auBer diesem Faktor noch andere, bisher nicht bekannte Eaktoren yon bedeutendem Einflul3 sein, was jedoch keineswegs dazu I~hren daft, die Bedeutung der Herabsetzung des kolloidosmotischen Druckes zu untersch~itzen.

EINZELREFERATE UND

ALLGEMEINES. O GrundriB der inneren Medizin. Von A. v. DOMARUS. 5- verb. Aufl. 63 tells farb. Textabb, XI., 669 S. Berlin: Julius Springer 1931. Geb. RM. 18.8o.

Der ,,GrundriB" yon DOMARUS verdankt seinen wohlverdienten Erfolg und seine grebe Beliebtheit bei Studenten nicht zuletzt der guten Form, in d e r e r gesehrieben ist: kurze, einpr~.gsame S~tze, grebe Klarheit und l~bersichtlichkeit zeichnen das Bach aus. Es werden auch offene Probleme diskutiert; doch wird der Leser fiber diese hinaus zu einer einleuchtenden and praktisch brauchbaren Stellungnahme geffihrt. Bew~hrte neuere Effahrungen sind be- rficksichtigt. Es ist erstaunlich, wie vieles auf dem engen Raum geboten wird. SIEBBCK, Heidelberg. O Menscbliche Auslese und Rassenhygiene (Eugenik).u F. LENZ. 3., verm. u. verb. AufI. (Menschl. ErbliehkeitsIehre u. Rassenhyg. Von E. BAUR, E. F ISCHER u. F. LENZ. Bd. 2.) 12 Textabb. VII, 593 S. Mfinchen: J . F . Lehmann 1931. Geh. RM. 15.--, geb. RM. 17.--.

Der ,,Baur-Fischer-Lenz" hat sich in Fachkreisen wie bei ver- erbungswissenschaftlich und eugenisch interessierten Laien langst seine Stellung als das eingehendere Lehrbuch der menschlichen Erb- lichkeitslehre und Eugenik erobert. So bedarf die Neuauflage dieses zweiten, in sich selbstXndigen Bandes des Gesamtwerkes, der voll- st~ndig aus LENZ' Feder stammt, keiner Empfehlung mehr; ja, nachdem dieser Band mehrere Jahre lang vergriffen war, wird man die nun vorliegende drit te Auflage mit besonderer Spannung zur Hand nehmen. Schon ~uBerlich i~berrascht das Bach durch einen stark vermehrten Umfang: der Text ist yon 337 Seiten der zweiten Auflage auI nunmehr 566 angewachsen. Und damit Hand in Hand ist eine grflndliche inhaltliche Neubearbeitung gegangen, so daB, wie L. im Vorwort mit Recht sagt, ,,ein neues Buch" entstanden ist. Das Buch nimmt in der klaren, fesselnden und temperament- vollen Art, in der L. zu schreiben weiB, zu so vielen theoretisch and praktisch wichtigen, ja brennenden Fragen Stellung and bietet It~r ein eigenes Urteil in ihnen ein so reiches Tatsachenmaterial, dab niemand, auch derjenige nieht, der die zweite, 1923 erschienene Auflage bereits kennt, vers~umen sollte, das Bach zu studieren. Er wird auch da, we er widersprechen UlUg, den hohen Wahrheitswillen and IdeaIismus des Verf. achten. GONTHER JUST, Greifswald.

lJber Eugenik. Von J. ~VAGNER-JAUREGG. Wien. klin. Wschr. x93I I, i.

Verf. gibt zunXchst einen kurzen l~berblick fiber die Eugenik, deren Grundlagen und Ziele, unter besonderer Berficksichtigung derjenigen eugenischen Bestrebungen, die das deutsche Volk interessieren. Ffir die Eugenik gibt es zwei Wege, die gleichzei• betreten werden sotlten: r. soil ungiinsfiiges Erbgut m6glichst yon der Fortpflanzung ausgeschaltet werden und 2. soil gflnstiges Erb- gut gefOrdert werden. Der erste Weg st613t ant Schwierigkeiten wegen der seit 19oo st~ndig abnehmenden Geburtenzahl auch in Deutschland. Der Geburtenrfickgang einerseits und die Zunahme der durchschnittlichen Lebensdauer andererseits wirken sich in eigentfimlicher and ungfinstiger Weise auf den Altersaufbau der

Klinische Wochenschrift, to, ~ahrg.

BUCHBESPRECHUNGEN.

ganzen Bev6ikerung ans, well zu wenig junge und zuviel alte Indi- viduen vorhanden sind. Eine Berechnung der Geburts- und Sterbe- ziffern nach richtigen statistischen Prinzipien ergibt ferner, dab die Sterbeziffer bereits die Geburtsziffer fiberschritten, dab somit die Zunahme des deutschen Volkes bereits aufgeh6rt hat. Zur Steue- rung des Geburtenrfickganges kommen verschiedene Wege in Be- tracht. Auger materiellen Zuwendungen mfissen vor allem ideelle Beweggrtinde in der Bev61kerung geweckt werden. Zur Verbesserung der Erbbeschaffenheit des Volkes m~lssen alle Individuen, die Tr~ger yon erblich iibertragbaren ungtinstigen Eigenschaften sind, yon der Fortpilanzulig ferngehalten werden, ttierbei erwachsen den. Ehe- beratungsstellen, den Hans- and gewissen Fach~rzten besonders wichtige Aufgaben. Zum SchluB besprfcht Verf. die Frage der kfinstlichen Sterilisierung unter Berficksichtigung der besonders in Amerika ausgeifihrten Operationen. In Deutschland und (~ster- reich is~ Sterilisierung aus eugeinscher Indikation, auch mit Zu- stimmung des Sterilisierten, derzeit noch strafbar. Der zweite Weg, den die Eugenik beschreiten kann: F6rderung guter Erb- anlagen sollte vor allem dolt angestrebt werdeli, we die groBen Massen sind (Handwerker, gelernte Arbeiter, Landbev61kerung). Dieses Problem ist also in erster Linie ein wirtsehaftliches.

DRESEL,

PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE. lJber die Wirkung des Adrenalins und adrenalinverwandter K6rper (Sympatol und Ephetonin) auf den Kreislauf. Von M. HOCHREIN und J. KELLER. Naunyn-Schmiedebergs Arch. 156 , 37 (I93O) -

Nach einer fibersichtlichen Darstellung der chemisch verwandt- schaftlichen Beziehungen der genannten Substanzen werden die Untersnchungsergebnisse am Ganztier (Hund und Kaninchen), an isolierten Organen bei Variation verschiedener Kreislauffaktoren geschildert. Bei den Versuchen wurde besonderer Wert auf Ein- haltung mSghchst physiologischer Bedingungen gelegt, wobei frfiher beschriebene Methoden (Glasplattenmanometer yon BROEMSER, Reinsche Stromuhr, Pneumotaehograph yon I-IOCHREIN USW.) a n - gewendet wurden. Es zeigte sich, dab Adrenalin, Ephetonin und Sympatol eine aus mehreren Meehanismen bestehende Herz- and Gef~3wirkung besitzen, die je nach Dosis in verschiedener Weise interferieren. Die in den photographiseh registrierten Kurven- bildern erkelinbaren Phasen der Wirkung bezfiglich Arteriendruck nnd -strOmungsgeschwindigkeit, Venendurchstromung sind im Prinzip bei allen 3 Substanzen gleich. Verschieden ist das quantita- tive Ausmag. Bei Adrenalin starkste und flt~ehtigste Wirkung, Arrhythmieneigung und Drosselung der Nierendurchblutung. Ephe- *onin geringste, aber am ]fingsten dauernde Drucksteigerung, ge- ringe Gef~tl3wirkuug, ReizleitungsstOrung aueh bei kleinen Dosen. Sympatol steht in bezug auf Best~ndigkeit und Druckwirkung in der Mitre; Reizleitungs- und Atemst6rungen nur bei toxischen Dosen. Praktische Anwendung des Sympatols bei peripheren Kreislauf- st6rungen, Pneumonie and anderenInfektionskrankheiten, Lungen- embolie und Coronarthrombose ffihrte zu befriedigenden thera- peutischen Erfelgen. OPFEgHEIMER.

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