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ARCHIV DER PHARMACIE. C. Bandes zweites Heft. Erste Abtheilwmg. I. Physfk, Chemie und prakfische Pharmacie. Ueber die Bestandtheile des Lactucariums ; von Hermann Ludwig, Assistenten am pharm.-chemischen Institute zu Jena. (Schluss vun Band C, Heft 1, Seite 19.) - - Bevor ich zu den ubrigen Bestandtheilen des Lactu- cariums iibergehe, will ich die Analyse eines von mir selbsl am 16. Juli 1846 im Garten des Herrn Hol-Apo- thekers 0 s an n hieselbst von Lactuca virosa gesam- melten Lactucariums mittheilen, zugleich aber auch dem Herrn O s a n n fur die Zuvorkommenheit, mit welcher er mir das zu dicser Untersuchung nothige Material zukom- men liess, meinen verbindlichcn Dank abstatten. Der aus der bliihenden Pflanzc regelrecht gewonnene Milchsaft wurde sogleich in ein mit destillirtem Wasser halb angefulltes Glas fallen gelasseu und dabei der Inhalt ofiers umgeschuttelt. Schon nach wenigen Augenblicken trennte sich das Ganze in eine hellgelbe klare Losung und in weisse, zahe, darin schwimmende Plocken. Diese wurden auf einem Filter gesammelt und mit Wasser gut ausgewaschen. Nach dem Trocknen wurde die weissc zusammengobackenc lllasse mit 9Oprocentigem Alkohol mehre Wale ausgekocht und der Alkohol davon durch Destillation und Verdunstung getrennt. Das zuriickbleibende Lactucerin von rein wcis- Arch. d. Pharm. C. Bde. 2. Hh. 9

Ueber die Bestandtheile des Lactucariums

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Page 1: Ueber die Bestandtheile des Lactucariums

ARCHIV DER PHARMACIE. C. Bandes zweites Heft.

Erste Abtheilwmg.

I. Physfk, Chemie und prakfische Pharmacie.

Ueber die Bestandtheile des Lactucariums ; von

Hermann L u d w i g , Assistenten am pharm.-chemischen Institute zu Jena.

(Schluss vun Band C, Heft 1, Seite 19.) - -

Bevor ich zu den ubrigen Bestandtheilen des Lactu- cariums iibergehe, will ich die Analyse eines von mir selbsl am 16. Juli 1846 im Garten des Herrn Hol-Apo- thekers 0 s a n n hieselbst von Lactuca virosa gesam- melten Lactucariums mittheilen, zugleich aber auch dem Herrn O s a n n fur die Zuvorkommenheit, mit welcher er mir das zu dicser Untersuchung nothige Material zukom- men liess, meinen verbindlichcn Dank abstatten.

Der aus der bliihenden Pflanzc regelrecht gewonnene Milchsaft wurde sogleich in ein mit destillirtem Wasser halb angefulltes Glas fallen gelasseu und dabei der Inhalt ofiers umgeschuttelt. Schon nach wenigen Augenblicken trennte sich das Ganze in eine hellgelbe klare Losung und in weisse, zahe, darin schwimmende Plocken. Diese wurden auf einem Filter gesammelt und mit Wasser gut ausgewaschen. Nach dem Trocknen wurde die weissc zusammengobackenc lllasse mit 9Oprocentigem Alkohol mehre Wale ausgekocht und der Alkohol davon durch Destillation und Verdunstung getrennt. Das zuriickbleibende Lactucerin von rein wcis-

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ser Farbe wurde dern Gewichte nach bestimmt und dientc nach dem Ernliryslallisiren zu den obcn angefuhrt.cn Ana- Iysen l. und 11. Dcr in Alkollol unliislichc ‘.Cheil der weis- sen Flocken wuede mit Aether mehre Malc ausgezogen, von den vereinigten Liisungen der Aether abdestillirt,. Es blieb ein wachsiihnlicher K~rper zuriick, der hei gelinder Warme schmolz und einen nicht verschwindcnden Feu- fleck auf Papier hervorbrachte.

Das im Aclher UngelGsle besland aus IIolzfaser von der verletzten Oberhaut des Giftlattigs.

Die wasserige Lactucariumliisung schmeckt~e sehr bit- ter, rcasirte frisch v o l l i g n e u t r a l ; sie schisd beim Er- hi tan his zum Sieden Eiweiss ab, welches scliwacb grau ge- riirbt war, und nahm dabei eine s a u r e R e a c t i o n an. Die vom Eiweiss getrennte Fliissigkeit wurde zur Exlract- consistenz verclarnpft und dieses vorsicht,ig getrocltnet. Das Extract wurde mit Weingeist ausgezogen, der Wein- geist abgezogen und das weingeistige Extract durch Aus- kochen mil Aether von einem kleinen Resk aufgelost gewesenen Lactucerins Lefreit.

Der Wassergehalt des frischen Saftes wurde nichl bestimmt, sondern nur die Mengen der Bei 1000C. ge- trocheten Extracte u. s. w., und diese auf 100 berechnet.

Bestandtheale des frischbereiteten troclcefzen %actu.ca.rizims. . . . . . . . . . .

Wachsartiger Khper, leicht sclirnelzbnr. . . 3,99 .. 48,63 proc. in Wasser un- ldsliche Th. I

Lactucerin oder Lactucon 42,69 Proc.

Pflanzenfaser mit einer in Ammoniak aufquel- lenden, in Wasser, Weingeist und Aether unliislichen Substnnz . . . . . . . . . . . 2,OO ..

. . . . . . .. bitteres Extract . . . . . . . . . . . . . 27,68 ..

Eiweiss, schwacli grno gefiirbt 6,98 In Wasser und in Weingeist von 0,830

spec. Gew. (bei 23O C.) liisliches, sehr

Wisseriger, in Weingeist von 0,830 spec.

Lactucerin, durch Vermittelung der iibrigen in Wasser loslichen Substamen in die wlisserige Ldsung ubergegaogen 1,75 c

Gew. unliisliches Extract . . . . . . . . 14,96 .. . . . .

100,00. 100,oo

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iibcr die Bestandtheile cles Lactucariums. 134

Das erhaltene grau gefairbte Eiweiss gab beim Yer- brennen stinkende Dampfe und liinterliess eine unwag- bare Menge kalkhaltiger Asche.

Das b i t t e r e in W a s s e r und W e i n g e i s t Itis- l i c h e Extract gab rnit Wasser nur eine triibe gelbe Lo- sung. Die Versuche, daraus einen krystallinischen Bitter- s ~ & das sogenannte Lactucin, nach den bis jetzt bekannlen Methoden darzustellen, bliebvn erfolglos. So wurde z. B. dae weingeistige Extract mit Bleiessig gefallt, aus dem Fil- trat d u d 1 Schwefelwasserstoff das Blei entfernt und die Fliissigkeit verdunsten gelassen. Der Rucksand stellte ein sehr bitteres, sauer reagirendes, hellgelbes Extract dar, welches iiicht zum Krystallisiren zu bringen wap und beim Verbrennen in der Platinschale alkaliscli r e a g i r e n d e A s ch e hinterliess. Wie wir spiiter sehen werden, ent- halt dieses in Weingeist und Wasser losliche Extract Oxal- saure, zwei andere organische Sauren, Blannit, aber liei- nen gahrungsfahigen Zucker, und endlich den von Au- b e r g i er zuerst bemerkten kryslallinischen Bitterstoff.

Das w a s s e r i g e , in Weing.eist u n l o s l i c h e Ex- t r a c t gab mit Eisenchlorid und cssigsaurem Ratron ver- setzt, eine griinlichbraune FBrbung ohne Niederschlag. Beim Einaschern desselben wurde auffallend vie1 Asche erhalten. Diese letzlere betrug des lrockncn whseri- gen Extracts, und zwar auf 100 Theile Lactucarium (bei 160 0 Setrocknet) berechnet 3,147 Proc. ; davon waren 2,18C Proc. in Wasser losliche nnd 0,933 Proc. darh .un- Iodiche Aschenbestandtheile. Der liisliche Thejl der Asche enthielt kohlensaures Natron und kohlensaures Kali, Schw- felsa.ure, wenig Chlor und wenig Phosphorsaure. Des Unlosliche bestand grosstentheils aus Manganoxyd, etwas Eisenoxyd, wenig Kalk und Spuren von Phosphorsiiure. Es war dernnach anzunehmen, dass in diesem Exlract eine oder mehrere ocganische Sauren enthalten waren, wolche jene Basen in Auflosung erhalten hatten.

-~ Das Vorhalten des bittern, in Wasser und Weingeist

loslichen Extracts des frischen Lactucariums sowohl, als 9*

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132 Ludwig,

auch des BUS dcm von Herrn Re 1 s cli y erhallenen getrock- neten Lactucarium dargestcllten weingeistigen Exlractes, machten es hochst wahrscheinlich, dass der Bitterstoff des Lactucariums wcder indifferenter Natur, wie W a l z und A u b e r g i c r angcben, noch ein Alkaloid, wic L e n o i r vcr- muthet, sondei-n eine 1,itterc SPure sein miissc. Die Exi- stem von hittern Sauren hat heutzutage nichts Auffalliocs mehr, seitdem man im W el tcrs 'schen Bitter die Pikrin- saure crkannte und wo man ausscr s a u r e n Sauren aucli gescbmacklose, ndstringirende, losliche und unl~sliche, Lackmus rijthende und nicht rothende , Curcumapapier braunende SBuren kennt. Die nach dieser Richtung hin unternommenen Versuclie bestatigten diese Voraussetzung. und ein genaueres Studium der schon von P fa f f und K 1 i n k benannten, aber spider wieder verworfenen und fiir OxalsPure erklarten, iiberliaupt bis jetzt noch gar nicht erkannt gewesenen L a c t u c a s a u r e wird mir zeigen, ob dieselbe in die Reihc der Gerbslure. Ctiinasaure, Mecon- saure, ChelidonsBure und der von P a y e n neuerrlings be- schriebenenen Chlorogensaure gehort, denen sie auf alle Falle nahe verwandt ist.

Indem ich die Darstellung der Lactucasaure und ihre hauptsachlichsten Eigcnschaften kurz angebe, behalte ich mir vor, ausfiihrlichere Mittheilungen iiber dieselbe spater folgen zu lassen.

80 Gramm fein zerriebenes schones deutsches Lac- tucarium, von den Herren P r i e d r i c h und S c h u l z e in GeTa bezogcn , wurde in fein gepulvertem Zustande mit 80 Gramm reincr verdunnter SchwefelsBure (5 Theile Was- ser auf 1 Thcil cn%lische Schwefelsaure, durch Einlcitcn von Schwefelwasscrstoff, Erhitzen zum Sieden und Fillri- Fen bereitet) 4 Stunde lang in der Kalte zusammengerie- ben, sodann 400 Grm. 84procentiger Weingeist hinzuge- gemischt. Nach gehorigem Durcheinanderschutteln wurdc die Fliissigkeit filtrirt und das 'rothgelbe Filtrat rnit zcr- fallenem Iialkhydrat in der Kalte geschiittell, bis eine ab- filtrirte Probc nach Verdiinnung mit Wasser, wetler mit Barytwasser noch mit oxalsaurem Kali oinen Niederschlag

?

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iiber die Beetandthailc des Lactucariums. 133

mehr gab. Der Kalk hatte sich ausser der Schwefelsaure auch noch aller vorhandenen Oxalsaure und . einer ande- ren SPure bemachtigt, deren Studium ich einstweilen uuter- lassen habe, zu deren Haupteigenschaften aber ihr nichl bitterer Geschmack und die Fahigkeit gehort, ammonia- kalische Silberlosung zu reduciren. Die vom Kalk und den . damit verbundenen Sauren abGlt.rirte alkoholische Liisung wurde rnit gut gereinigter Thierkohle entfarbt, der Weingeist grosstentheils davon abhltrirt und der Ruck- stand vorsichtig eingedampft. Dabei schied sich eine braune terpentinartig zahe Massc ab, welche auch nach ofterem Waschen mit kaltem Wasser an dasselbe noch Bilterkeit abgab. Mit vielem Wasser zum Sieden erhitzt, loste es sich theilweise darin aut mit Hinterlassung einer zPhen, harzartig an die Schale anklebenden Substanz (un- reines Lactucerin). Nach Entfarbung der wasserigen Lo- sung durch Tliierkohle und Verdunsten hinterblieb ein Gemenge von Lactucaslure rnit dem von A ub er gi er ent- deckten, in der Borexsiiure ahnlichcn Schuppen krystallisi- renden Korper, welcher den &men L a c t u c i n mit Recht verdient. Aus der Auflosung rnit siedendem Wasser schied sich beim Erkalten das Lact.ucin nach und nach als kry- stallinische weisse Schiippchen auf der Oberfliiche ab, welchc zu Boden sinkend neuen Schuppen Platz machten. Beim Verdunstcn der sehr bittern Losung, hinterblieb nur iinreine Lactucasaure.

Die Lactucasaure ist, so weit es mir gelungen ist, sie zu reinigen, eine in Wasser und Weingeist leicht losliche, amorphe, hellgelbe, bei langem Stehen krystallinisch wer- dende Masse. Ihre Losungen schmecken stark und anhaltend bitter, ohne die geringste Erinnerung an Saure; im Schlunde und am Gaumen verspurt man noch lange nachher ein Gefuhl yon Trockenheit. Lackmuspapier wird yon der heiss gesattigten wasserigen Losung stark gerothet ; ver- diinnte wasserige Losungen der Saure rothen aber das- selbe nur sehr schwach oder unempfindliches Lackmus- papier auch gar nicht. Aetzna t ronlauge , Kalkwas- ser, B a r y t w a s s e r , so wie Aetzammoniak , farben

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134 Ludwig,

die firrblose wLserigo L6SRng der S u r e entweder so- gleich oder nach einigem Stehen we i n r o t h. Aetz- natronlaugo entwickelt dabei weder in der Khl6e noch WArrne Amnioniak. Die wiherige, mit Kupfervitriollosung versetzte Saurelosung zeigt keino Veranderung ; fugt man aher noch hetznalronlauge irn Ueberschuss hinzu und kocht das Gemenp, so wird clas K u p f e r o x y d h y d r a t zu b r a u n r o t h c m K u p f e r o x y d u l r e d o c i r t u n d d i e i i b e r s t e h e n d c F l i i s s i g k c i t f a r b t s i ch t i e f d h n - k e I b r a u n. Bcim Ansauern der dunkelbraunen Losuns rnit Salzsaurc fallen huminsaureartige Flocken nieder und die hberstehende Plussigkeit wird fast farblos. Diese so scharfe und bis jetzt nur an den wirklichen Zuckerarten beobachtete Reaction Less mic\i lange an der Reinheit der Slure zweifeln; aber die Losung der letzteren mit guter Biwhek in einer mit Quecltsilber abgesperrten Glasrohre hei einer Temperalur von 200 C. mehrere Tage stehen gelassen, entwickelte keine einzige liohlensaureblase, wah- rend im Gegentheil dieselbe Here, mit sehr wenig Zucker versetzt, schon nach mehreren Stunden vie1 Kohlensaure lieferte.

Die wasserige L6sung der Lactucasaure in B 1 e i - zuc k e r l o s u n g getropfelt, giebt einen Niederschlag, der anfangs beirn Umruhren immer wieder verschwindet, aber bei gehorigem Zusatz der ersteren entsteht ein weisser Niederschlag. B1 e i z u c k e r 1 d s u n g n e h s t e i ni gen T r o p f e n A e t z a m m o n i a k bewirkt sogleich einc weisse PBllung. S a1 p e t e rs a u res S i 1 b e r o x y d verandert die wasserige Losung in der Kalte nicht, aher nach Zusatz von Aetzammoniak und Koclien scheidet sich reducirtes Silber ab. Die rothbraune Losung des e s s i g s a u r e n E i s e n ox y d s verandert heim Zusatz von Lactucasaure- losuns ihre Farbe in Gelh um, und bei hinreichendem Zusatz von lctztererentstehtein w e i s s e r R i e d e r s c h l a g , der in uberschussiger Essigsinro nufloslich ist. C o n c e n - t r i r t e S c h w e f e l s a u r e farbt sich in der Kahe damit augenblicklich gelb, beirn Erwarrnen wird sic rothbraun, dann schwam, und entwickelt schweflige Saure. C o n -

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idber die Bestundtheile des Lucti~cariums. 4 35

r t e S a l p e t e r s i i u r e firbt sich damit schwach c e n t r gelb.

In entwic

der Platinschale schrnilzt die Siiure, wird braun, elt Lackmus rothende , wachsiitinlich - riechende

Diimpfe; der Ruckstand blaht sich auf, hinterliisst eine volumintise Kohle, die bei weiterem Erhitzcn viillig ver- Iirennt. In der verschlossenen Glasrcihre erhitzt, hinter- bleibt lockere metallisch glknzendc Kohlc.

Das aus der erkaltcten LBwng der Lactucasiiure sicli ausschcidendc L a c t u c i n tvurde durcli gereinigle Thierkohlc cntfarht und diirch Umkrydlisiren gereinist. Es stellt alsdann weisse pei.lmuttergl~~nzendc, dcr Borsiiure ~hnliche Scliuppchcn dar, welche viillig neutral reagiren, aus ihrer wPsserigen Liisung wedcr durch neutrales, noch durcli ammoniakalisclies essigsaures Bleiosyd, noch durch essigsaures Eisenoxyd gefiillt werdcn ; ebenso wenig brin- gen Jodwasser, so wie Eisciichlorid Reactionen darin her- vor. Concentrirte Schwefelsiiuce lijst es in der I W c farh- 10s auf, beim Erwiirmen w i d die Fliissigkeit gelb, braun und schwarz. Wcder ainmoniakalische, noch saure Losung des salpetersauren Silheroxy ils wird dadurch reducirt, auch nicht in der Warme. Aber h i i n Zusatz von Aetznatron wird clas ahgeschiedene Silberosyd beini Iiochen rcducirt und die Innenwand des Glases mit ei'nem Metallspiegel iiberzogen. - Selzt man zu ciner Liisung des Lactucins einigc Tropfen Kupfervitriol , dann Aetinatronlauge, und kocht das Gemisch, so reducirt sich sclion hellbraunrothes Kupferosydnl und die Liisiing farbt sich braun. Aetz- natronlauge wirkt in der Ihilte nicht sichtbar auf Lactucin- losung, hoim Erwarmen firbt sich dic Losung nach und nacli gelb, gclbbraun. Beim Erbitzen schmilzt das Lac- tucin, ohne sich zu fiirben, starker erliitzt, briiunt cs sich und hinterlasst eine lockere, leicht und vollstiindig ver- brennende K.ohle.

Die wCsserige Losung des weingeistigen Lacbncarium- extracts, welche von der braunen, harzartig ziihen, lactuca- s&urehaltigen Masse getrennt worden war, liinterliess bei

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4 3e Ludluig,

langsamem Verdunsten eine gelblich weissc, auf der Ober- flache warzenrormig arnorphe, auf der Unterseite aus ver- worrenen seideglanzendenden Nadeln bestehende Masse, die 2,86 Grm. betrug. Beim Behondeln mit heissem Wein- geist von 84 Procent hinterblieb ein ncutraler Ruckstand. der in Wasscr gelost beim Verdunsten farblose kurze dicke harte riiombische Prismen von fadem, susslichem Geschmack liel'erte, die nicht gahrungsfahig waren und deren geringe blengc cine Untersuchung nicht gestattete.

Die zur Trockne verdunstetc weingeistige Losung gab einen wie vorher undeutlich krystallisirenden Ruckstand, welcher mit siedendem absolutem Alkohol behandelt beim Erkallcn Nadeln auskrystallisiren liess, die beim Umkry- stallisiren ein Gewebe von weissen, langen, seidengliinzen- den , federbnschiihnlich gruppirten Prismen gaben, von siisscm Geschmack, neutraler Reaction und bei Beruhrung mit Befe und Wasser durchaus nicht in Gahrung zu ver- setzen waren. DiS wasserige Losung derselben wurde durch Aetznatron weder in der IGilte noch Wiirme ver- andert, hochstens schwach gclblich gefarbt.. Mit concen- trirter Schwefelsaure liessen sie sich in der Kalte l'arblos mischen, in dcr Wiirme entstand eine hellbraune Losung ohne Triibung und ohne Abscheidung von Kohle. Mit Kupfervitriollosung und iiberschiissiger Aetznatronlauge gc- kocht, wurde anfangs eine griinlichc Liisung erhalten, dle bei liingerem Kochen schwnrzes Kupferoxyd absetztc, ohne dasselbe im bhdesten zu reduciren. Es war mithin M a n - n i t , aus welchem die erhaltene 2,86 Grm. zur grossten Halfte bestanden.

Die Muttcrlauge des blannit enlhielt noch unreine Lactucasaure.

Der durch Schiitteln des schwefelsaurehaltigen wein- geistigen Laclucariumausziigs mit Kalkhydrat erhaltene Niederschlag wurde rnit verdunnter gereinister Schwefel- saure ubersattigt und eine Zeitlang digerirt, die ausge- presste Fliissigkeit mi t Thierkohle gereinigb, abgedunstet, vondcm sich ausscheidenden Gypse abfiltrit und zur Syrups-

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consistenz verdampft. Sie erstarrte nach den] Erkalten zu einer amorphen gallertartigcn Masse von adstringirendern, wenig saurem G eschmack. Beim Einaschem eines Theils derselben zeigte sich ein starker Alaunerdc- und Eisen- oxydgehalt, aus dem gcwohnlichen Actzkalk herruhrend. Desshalb wurde das Sauregemeng mit Wasser ausgezogen, der Auszug durch essigsaures Bleioxyd gerallt, der Nieder- schlag gut ausgewaschen, getrocknet, abermals gewaschen, sodann in Wasser vertheilt mil Schwefelwasserstoffgas zer- setzt. Aus dem zur Syrupsdicke verdampften Filtrat kry- stallisirten weisse Prismen heraus, welchc umkrys[allisirt dicke plattgedruckte schiefe rhombische, rnit zwei Flachen zugescharfte Prismen und ungleich sechssoitige Tafeln von scharfsaurern Geschmack darstellten, die 0,Gk Grm. betru- gcn und bei gelinder Wiirme verwitterten. Sie verhielten sich als reine Oxalsaure. Die wasserige Losung der- selbcn gab mit Chlorcalcium einen weissen, in Essigsaure unloslichen Niederschlag; rnit salpetersaurem Silberoxyd einen weissen in Salpetersaure lijslichen Niederschlag, der auf Znsatz von Aetzammoniak wicder zum Vorschein kam. We- der neutrale noch ammoniakalische Silberoxydlosung wurde durch die Liisung der Slure, selbst in der Warme nicht, reducirl. Mit farbloser conccntrirter Schwefelsaure er- warmt, entwickelten sich eine Menge Gasblaschen, ohne dass dabei die Schwefelsiiure im Mindestcn gefiirbt wor- den ware.

Die Mutterlauge der Oxalsaure cnthiclt neben freier Schwefelsaure eine dritte organische Saure, welche Silber- losung stark reducirte, deren Untersuchung aus Mange1 an Zcit nicht vorgenommen werden konnte.

--- Wird das in der Kalte mit scbwefelsaureliaItigem Wein-

geist ausgezogene Lactucarium mit heissem Weingeist von 84 Proc. mehrere Male erschiipfend behandelt, so krystal- lisirt aus dem erkaltenden , weingeistigen AuszuSe fast alles Lactucerin heraus. Beim weiteren Eindunsten scheidel sich noch etwas Lactucerin ab, gemcngt mit einem bei gc- wohnlicher Temperatur p f l a s t e r a r t i g we i ch e m Ha rz e,

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138 Ludwig,

nnd in der lutterlaugc befindet sich ncben Oxalsiurc auch vie1 Lactucasiure.

Z u c k e r und Gummi konnte ich im Lactucarium iiicht finden.

Das mit kaltem schwefelsiiurehalligem Weingcist, so- dalin mehrerc IvIale mit- kochendem Weingeist behandelte Lactucarium wurde mit Wasser mehrere Male ausgekocht. Beim Verdunsten kryslallirtc die Lauge fast bis auf den letztetl Tropfen und gab 2,613 Grm. ge&ihten Salzruckstand, welchcr zum Srijssten T heile aus s ch w e fe 1 s a u re ni I< a I i, ctwas B i t i e rs a I z und etwas bosisch schwefels. C ‘ i sen- ’

o x y d bastand. Diese aus 80 Grrn. Lactucarium erhallcne Salzmasse betriigt also 3,897 Proc. schwefelsaures Kali, Talkerde und Eisenosyd. Vcmachliissigt man die beiden letzteren Basen, so herechncn sich daraus 1,566 Proc. Kali, welches im Lactucarium on Oxalsaure und andere organi- sche Sguren gebunden war. Dic direct gefundenen 0,8 Proc. Oxaluaiirc reichen aber kaum hin, um den Gten Theil jenes Iialis in zweifach osalsaures I k l i zu verwan- deln. Es mussten desshalb noch andere Sciuren mit jenem Kali verbuncl’en gcwescn sein.

Aus dem durch Weingeist und Wasser erscliopften Lactucarium zieht Aether noch eine bcdeutrnJe Menge cines wachsartigen, sehr ziihen Krjrpers aus, dessen Ana- lyse noch niclit vorSenommen werden konnte.

Zur Ermittelung des Ceruchprincips wurden 3 Grin. des trockenen Lactucariums in einer Retorte mit abge- kiihlter Vorlage 6 Stunden Ian3 im Wasserbade fiir sich erhitzt. Dabei waren 0,18 Grm. einer wasserigen, farb- losen, saucr reagirenden, stark nacli Lactucarium riechen- den Fliissigkeit ubergegangen. Mit Zinkoxyd digerirt ver- schwand die saure Reaction; beirn Verdunsten verlor die Fliissigkeit ihren Geruch, und cs hinterblieb so wenis Ruckstand, dass damit kein entscheidender Versuch ge- macht werden konnte. Das namliche Resultat wurde bei einer Deslillation des Laclucariums mil Wasser erhalten. Endlich wurden 4,QO Grm. desselben Lactucarium mit

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iiber die Bestandtheile des Lnctucariums. 139

3 Grm. Sehwefelsaurehydrat und 4 % Grm. Wasser destil- lirt, und dabei ein stark nach Lactucarium riechendes sau- res Destillat erhalten, welches mit kohlensaurem Kalk ge- sattigt ein in Blattchen krystallieirtes Kalksalz lieferte, bei dessen Destillation mit saurem schwefelsaurem ICali eine geringe Menge einer stechend sauren baldrianiihnlich rie- chenden Flussigkeit erhalten wurde, die keine Essig- saure war.

Ueberbliclien wir noch einmal die Bcstandtheile des deutschen Lactucariums, so finden wir in demselhen:

I ) einen eigenthiimlichen indifferenten Stoff, das Lac- tucon, dem Kautschuk nalie verwandt. Seine Menge kann von &39 Proc. bis zu 53,s Proc., ja nach T h i e m e bis zu 6G Proc. steigen. Degleitet wird es

2) vun einem bei geiviihnlicher Tempefatur paaster- artig weichen Harze, und

3) von einem 1eid.r~ schmdzhren wachsahnlichen Korper, der bei einer Bestimmung 4 Proc. ausmachte;

4) als den Hauptbestandtheil, wcnn auch nicht der Menge, so doch der Wirksamkeit nach, das indifferente krystallisirbare Lactucin, welches durch seine reducirende Eigenschaft gegen Kupferoxyd und Silberoxyd beson- ders sich auszeichnet ;

5) eine eigenlhumlich bittere, bisher noch nicht ge- kannte Saure, krystallisirbar, welcher mithin der Name L t c t w c as 8 u r e mit Recht zukommt. Mit ihr zugleich findet sich

5) Oxalslure wohl gegen 1 Proc.; 6) und 7) eine nichtfliichtige, Silberoxyd reducirende,

nicht bittere Saure und eine fliichbige, baldrianahnlich rie- chende Saure, beide in untergeordneter Menge;

8) Eiweiss gegen 7 Proc.; 9) hlannit wenisstens 2 Proc.;

4 0) eine in rhombischen Pyramiden krystallisirende. nicht bittere, neutrale, nicht gahrungsftihige Substanz in Swinger Menge. Endlich

4 4 ) eine grosse Memge Asche, die in dem frischen

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140 Hornung,

selbstgesammelten Lactucarium 3,1117 Proc., in dem Lactu- carium des Hewn R e t s c h y 6 Proc. betrug. Sie bestand ails Kali, Natran, Manganoxyd, Eisenoxyd und wenig Kalk. Die loslichen Basen waren liauptsachlich an Kohlensaure, mithin im Lactucarium an organischc Sauren gebunden.

Wenn vorliegende Arbeit irgend ctwas zur genaueren Kenntniss einer so werthvollcn Drogue, wie das Lactu- carium, heitragen sollte, so miige dies hauptsachlich der Unterstiitzung des Herrn Hofraths W a c k e n r od e r zu- seschrieben werden, dessen giitigen Rathes ich rnich Jabei zu erfreuen hatte.

Ueber die Darstellung des reinen Silbers; yon

E. G, Hornung. - Herr H i m b a ch cmpfiehlt Bd. 43, 13.2, S. 458 dieses

Archivs die Reduction des salzsauren Silbers durch metal- lisches Zink als leicht und ohne Verlust, und beschreibl sein Verfahren genauer. Bei einem Versuche, den ich an- stellte, erhielt ich jedoch keine so gunstisen Resultate, und habe wie I l leurer gefunden, dass die Reduction nicht vollstanclig gelingt. Sie geht nicht so rascli, wie an- gegeben wird, von statten; ja selbst nachdem das salz- saure Silber auf die dort angegebene Weise einige Tag und zum Tlieil unter Erwarmung, weil dieso von selbst nicht in dem Maasse eiiitrat, als zu erwarten stand, rnit dem Zink in Beruhrung gewesen war, blieb bei der Auf- losung in Salpetersaure noch Hornsilber ungelost zuriick. Aber unangenehmer war cs, dass das reducirte Silber selbst nach wiederholter Behandlung mit vcrdiinnter Salz- saure noch Zink cntliielt und, wie in der Anmerkung der Redaclion schon angedeutet wurde, auch Kadmium. Eiiic mehrfach wiederholte Digcstion mit verdunnter Salzsaurc und sorgfiltigc Prufung dcs reducirlen Silbers durch Auf-