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Fettchemische Umschau Neue FoZgeder Chemischen Umschau ad dem Gebiete der Fette, Ule, Wachse und Harze Organ der Wisrenschattlichen Zentralrtelle fur Ul- und Fettforschung,e.V. Heft 4 Seite 49-48 Stuttgart, April 1936 43. Jahrgang (Wirotf) Berlin Uber die Chemie der Bleicherden. Von A4dolf Voigt, Wuppertal-Elberfelcl. I’crschietlene Gebiete der Kolloidchemie haben im Laufe der letzten Jahre schnell wirtschaftliche Be- deutung erlangt. Sei es einmal, daI3 die kolloidche- niische Durchforschung bekannter, empirisch gefun- dener Herstellungsverfahren neue Wege wies, durch welche d’ie Herstellungskosten verringert oder bessere Produkte hergestellt werden konnten. Zum anderen gelang es clurch Obertragung wissenschaf tlicher kol- loidchemischer Erkenntnisse in die Technik, vollig neue Produkte untl Verfahren zu entwickeln, durch die zum Beispiel auf dem Gebiete der Pharmazie die erfolgreiche Bekampfung gewisser Iirankhei ten we- sentlich erleichterf, wenn nicht iiberhaupt erst mog- lich murde. Ein Gebiet der Kolloidchemie, das in die verschie- ilensten Zweige cler chemischen Technik Eingang gcfunden hat, ist das tler Ad - und Absorp - t i o n s t e c h n i k. -\us Luftgemischen, die leicht fliichtige Losungsmittel enthalten, adsorbiert man diese mit Hilfe von Silicagel und kann so eine Wie- clerverwendung ermoglichen, wodurch die Herstel- lung eine in manchen Fallen ausschlaggebende Ver- billigung erfahrt. Auf dem Gebiete der Hormon- und Vitaminchemie ist die technische Dars tellung dieser fur den Menschen so wichtigen Katalysatorstoffe erst dadurch moglich, clan man sie vor der Isolierung durch Adsorption anreichert. Bei den Fetten und ebenso bei den Mineralolen ist eine Behandlung rnit Bleicherden zuweilen unbedingt nijtig, um ein in jeder Hinsicht marktfahiges Produkt herzustellen. Fette, fette Ole, Mineralole usw. wur- den schon vor einigen Jahrzehnten rnit Hilfe von Bleicherden veredelt, und zwar waren es im wesentlichen die amerikanische Floridaerde und die englische Fullererde, die sich einen weiteren Ver- braucherkreis erobert hatten. Die verhaltnismaBig hohen Frachtkosten veranlaaten die deutschen Fett- und Mineralolerzeuger, auch in Deutschland Aus- schau nach solchen Bleicherden zu halten. Vornehm- lich in Bayern und im Rheinland fand man dann Erden, die Bleichvermiigen aufwiesen. Heute wiichst die Zahl der Fundorte von Bleicherden noch dauernd. Ober groBe Vorrate diirften auf Grund neuester Ver- offentlichungen vor allem die Vereinigten Staaten von Nordamerika rnit ihren Lagerstatten am Mis- souri und in Kalifornien und die Sowjet-Union ver- fiigen. Fur die Erkennung von Tonen mit B l e i c h e i g e n s c h a f t e n ist es notig, Reaktio- nen ausfindig zu machen, die allen Bleicherden zum Unterschied von den gewohnlichen Tonen eigen sind; denn nur so ist es moglich bei der ungeheuren Anzahl von Tonen und tonhaltigen Mineralien alle diejenigen von vornherein fur die weitere Untersu- chung auszuschalten, die bestimmt keine Bleichwir- kung haben. Gewohnliche Tone, wie z. B. der Zett- litzer Kaolin oder die Bunzlauer Erde, die kein Bleichvermogen zeigen, geben die Hauptmenge ihrcs Wassers bei Temperaturen von 450-550O ab. Dage- Sen haben Bleicherden eine steile, nahezu geradlinige En twasserungskurve. Je mehr sich die Entwasse- rungskurve einer Geraden nahert, um so hohere Er- wartungen darf man in die Bleichkraft der unter- suchten Probe sctzen. Dabei bcsteht in der Wirltung auf Fet te und auf Mineralolprodukte kein wesent- licher Unterschied. Eine zweite Erkennungsmethode ist die Messung des Thermoeffektes, der entsteht, wenn man den zu untersuchenden Ton mit einer ungesattigte Verbin- dungen enthaltenden Fliissigkeit mischt. So bestimmt man gern die IYarmemenge, die beim Vermengen von Ton mit Terpentinol frei wird. Das Ergebnis die- ser Methode gibt nicht immer ein vollig zuverlassiges Bild von der Bleichkraft des Tones, da geringe Men- gen adsorbierten Wassers die entwickelte Warme- menge bedeutend herabsetzen, durch die aber die Adsorptionskraft der Erde in keiner Weise ungiinstig beeinflunt wird. Die dritte und sicherste Untersuchungsmethode ist die Bestimmung der Struktur rnit HiIfe von Ront- genstrahlen. Nach einer Anzahl von Bestimmungen, die auf diesem Gebiet gemacht worden sind, kann man heute sagen, daI3 alle B 1 e i c h e r d e n neben gerin- Sen Mengen an Verunreinigungen wie Quarz, Musko- vit, Glaukonit und amorpher Kieselsaure aus K r y - stallen des Montmorillonit-Typs be- stehen. Geringe Mengen an Huminsauren, die in fast allen Bleicherden gefunden werden, diirften kei- nen EinfluB auf die Aktivitiit der Erde haben. Eine Eigenschaft shtlicher zum Montmorillonit-Typ ge- horenden Mineralien ist die charakteristische FHhig- keit der eindimensionalen Quellung. Im Verlauf der , Dampfdruckkurve zeigt sich ein analoges Verhalten

Über die Chemie der Bleicherden

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Fettchemische Umschau Neue FoZgeder Chemischen Umschau a d dem Gebiete

der Fette, Ule, Wachse und Harze Organ der Wisrenschattlichen Zentralrtelle fur Ul- und Fettforschung,e.V.

Heft 4 Seite 49-48 Stuttgart, Apri l 1936 43. Jahrgang

( W i r o t f ) Berlin

Uber die Chemie der Bleicherden. Von A4dolf Voigt, Wuppertal-Elberfelcl.

I’crschietlene Gebiete der Kolloidchemie haben im Laufe der letzten Jahre schnell wirtschaftliche Be- deutung erlangt. Sei es einmal, daI3 die kolloidche- niische Durchforschung bekannter, empirisch gefun- dener Herstellungsverfahren neue Wege wies, durch welche d’ie Herstellungskosten verringert oder bessere Produkte hergestellt werden konnten. Zum anderen gelang es clurch Obertragung wissenschaf tlicher kol- loidchemischer Erkenntnisse in die Technik, vollig neue Produkte untl Verfahren zu entwickeln, durch die zum Beispiel auf dem Gebiete der Pharmazie die erfolgreiche Bekampfung gewisser Iirankhei ten we- sentlich erleichterf, wenn nicht iiberhaupt erst mog- lich murde.

Ein Gebiet der Kolloidchemie, das in die verschie- ilensten Zweige cler chemischen Technik Eingang gcfunden hat, ist das tler A d - u n d A b s o r p - t i o n s t e c h n i k. -\us Luftgemischen, die leicht fliichtige Losungsmittel enthalten, adsorbiert man diese mit Hilfe von Silicagel und kann so eine Wie- clerverwendung ermoglichen, wodurch die Herstel- lung eine in manchen Fallen ausschlaggebende Ver- billigung erfahrt. Auf dem Gebiete der Hormon- und Vitaminchemie ist die technische Dars tellung dieser fur den Menschen so wichtigen Katalysatorstoffe erst dadurch moglich, clan man sie vor der Isolierung durch Adsorption anreichert. Bei den Fetten und ebenso bei den Mineralolen ist eine Behandlung rnit Bleicherden zuweilen unbedingt nijtig, um ein in jeder Hinsicht marktfahiges Produkt herzustellen.

F e t t e , f e t t e O l e , M i n e r a l o l e usw. wur- den schon vor einigen Jahrzehnten rnit Hilfe von B l e i c h e r d e n v e r e d e l t , und zwar waren es im wesentlichen die amerikanische Floridaerde und die englische Fullererde, die sich einen weiteren Ver- braucherkreis erobert hatten. Die verhaltnismaBig hohen Frachtkosten veranlaaten die deutschen Fett- und Mineralolerzeuger, auch in Deutschland Aus- schau nach solchen Bleicherden zu halten. Vornehm- lich in Bayern und im Rheinland fand man dann Erden, die Bleichvermiigen aufwiesen. Heute wiichst die Zahl der Fundorte von Bleicherden noch dauernd. Ober groBe Vorrate diirften auf Grund neuester Ver- offentlichungen vor allem die Vereinigten Staaten von Nordamerika rnit ihren Lagerstatten am Mis- souri und in Kalifornien und die Sowjet-Union ver- fiigen.

Fur die E r k e n n u n g v o n T o n e n m i t B l e i c h e i g e n s c h a f t e n ist es notig, Reaktio- nen ausfindig zu machen, die allen Bleicherden zum Unterschied von den gewohnlichen Tonen eigen sind; denn nur so ist es moglich bei der ungeheuren Anzahl von Tonen und tonhaltigen Mineralien alle diejenigen von vornherein fur die weitere Untersu- chung auszuschalten, die bestimmt keine Bleichwir- kung haben. Gewohnliche Tone, wie z. B. der Zett- litzer Kaolin oder die Bunzlauer Erde, die kein Bleichvermogen zeigen, geben die Hauptmenge ihrcs Wassers bei Temperaturen von 450-550O ab. Dage- Sen haben Bleicherden eine steile, nahezu geradlinige En twasserungskurve. Je mehr sich die Entwasse- rungskurve einer Geraden nahert, um so hohere Er- wartungen darf man in die Bleichkraft der unter- suchten Probe sctzen. Dabei bcsteht in der Wirltung auf Fet te und auf Mineralolprodukte kein wesent- licher Unterschied.

Eine zweite Erkennungsmethode ist die Messung des Thermoeffektes, der entsteht, wenn man den zu untersuchenden Ton mit einer ungesattigte Verbin- dungen enthaltenden Fliissigkeit mischt. So bestimmt man gern die IYarmemenge, die beim Vermengen von Ton mit Terpentinol frei wird. Das Ergebnis die- ser Methode gibt nicht immer ein vollig zuverlassiges Bild von der Bleichkraft des Tones, da geringe Men- gen adsorbierten Wassers die entwickelte Warme- menge bedeutend herabsetzen, durch die aber die Adsorptionskraft der Erde in keiner Weise ungiinstig beeinflunt wird.

Die dritte und sicherste Untersuchungsmethode ist die Bestimmung der Struktur rnit HiIfe von Ront- gens trahlen.

Nach einer Anzahl von Bestimmungen, die auf diesem Gebiet gemacht worden sind, kann man heute sagen, daI3 alle B 1 e i c h e r d e n neben gerin- Sen Mengen an Verunreinigungen wie Quarz, Musko- vit, Glaukonit und amorpher Kieselsaure aus K r y - s t a l l e n d e s M o n t m o r i l l o n i t - T y p s be- stehen. Geringe Mengen an Huminsauren, die in fast allen Bleicherden gefunden werden, diirften kei- nen EinfluB auf die Aktivitiit der Erde haben. Eine Eigenschaft sh t l i che r zum Montmorillonit-Typ ge- horenden Mineralien ist die charakteristische FHhig- keit der eindimensionalen Quellung. Im Verlauf der ,

Dampfdruckkurve zeigt sich ein analoges Verhalten

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der Montmorillonit-Tone rnit der Quellung von Gra- phitoxyd. Des weiteren zeichnen sie sich durch das Vorhandensein austauschfahig gebundener Ca- und Mg-Ionen aus. Diese mussen an der Oberflache der Kryslalle loblisiert sein,da dieQuellung unabhangig von der Menge der austauschfahigen Basen vor sich geht. Je hoher die Summe der austauschfahig gebun- denen Ca- und Mg-Ionen ist, u m so geeigneter ist die Erde zur Verwendung als Bleicherde. Im allgemeinen belauft sich die Summe der Austauschionen auf 30 bis 60, in .Ausnahmefallen bis auf 100 hIilliaquivalente/ 100 g Ton. Zur ersten Orientierung geniigt es auch, die prozentuale Loslichkeit von A1,0, und Fe,O, fest- zustellen; losen sich 16-18 % des gesamten Gehaltes an Aluminium- und Eisenoxyd bei dreistiindigem Kochen in 0,5 n-Salzdure, so diirfte die Erde zur Aktivierung geeignet sein.

Als man daran ging, auch in Deutschland Erden rnit Bleichwirkung ausfindig zu machen, erkannte man bald, daB bei den deutschm Erden die Bleich- wirkung sich urn ein Vielfaches gegeniiber der des natiirlichen Minerals steigern lieB, wenn man die Erden vor ihrer Verwendung aktivierte. Die A k - 1 i v i e r u n g besteht in einer Behandlung der Erde mit Sauren. Als solche vcrwendet man Salzsaure und Schwefelsaure; von den organischen Sauren ist nur die Oxalsaure brauchbar. Die Aktivierung rnit Schwefelsaure kommt vornehmlich fur Erden in Frage, die zur Reinigung von Petroleum, Paraffin und Crackbenzin bestimmt sind. Im GroBbetrieb wer- den die Roherden meistens durch Iiochen rnit l0proz. Salzsaure aktiviert. Sie konnen hierbei sowohl di- rekt als auch indirekt erhitzt werden. Kach der Fil- tration von der verdiinnten Saure mull die Erde rnit Wasser griindlich gewaschen werden. Restlos lallt sich die S5ure nicht aus der Erde entfernen. Hier- durch ist die aktivierte Bleicherde stets etwas hygro- skopisch und iibt bei der Bleichung eine ueringe spal- tende Wirkung auf fette Ole aus. Die gohe der hy- drolytischen Aciditat steht jedoch in keiner einfa- chen Proportionalitat zur Bleichkraf t der Erde. Die gewaschene Erde wird dann getrocknet, wobei dar- auf zu achten ist, daB die Temperatur niedrig, mog- lichst unter 1000 bleibt. AnschlieBend gibt man dem Material durch Mahlen die richtige KorngroBe. Als geeignet hat sich eine solche erwiesen, bei der die grobsten Teilchen noch durch ein Sieb rnit 200 Ma- schen/cm2 gehen. Obwohl mit zunehmendem Gehal t der Erde an Feinmehl die Bleichwirkung besser aus- genutzt wird, darf man die Mahlung nicht zu weit treiben, da sonst das Filtriervermogen zu schlecht wird. Ein Erhitzen der Roherden auf hohere Tempe- ratur vor der Aktivieiung sol1 giinstigen Einflua auf das Adsorptionsvermogen der aktivierten Erde ha- ben. Bei dem AktivierungsprozeB ist die angewandte Sauremenge, die Dauer der Einwirkung sowie die Temperatur von grollem EinfIuB. Fur die Erzielung der hochsten Adsorptionskraft der behandelten Er- den ist es notig, dall man fur jedes Rohmaterial vor- her durch Laboratoriumsversuche die optimalen Ak- tivierungsbedingungen ermittelt. Meist wird der Ton rnit etwa der doppelten Gewichtsmenge verdiinnter Siiure 3 bis 5 Stunden auf 105 bis l l O o erhitzt. Salz- slure wird der Verwendung von Schwefeldure vor-

gezogen. 1st man jedoch angewiesen, die Herstel- lungskosten moglichst niedrig zu halten, so kann man auch die aus Saureschlamm durch Regenera- tion gewonnene, dunkel gefarbte Schwefelsaure ge- brauchen. Bei der Anwendung geringer Saurekon- zentrationen mu0 die Behandlungszei t verlangert werden. Die Erhohung der Temperatur macht eine kiirzere Aktivierungszeit moglich. Oberschreitet man bei der Aktivierung die zur Erlangung der besten Adsorptionseigenschaften festgelegten Behandlungs- bedingungen, sei es nun hinsichtlich der Saurekon- zentration, der Temperatur oder der Einwirkungs- klauer, so verringert sich die Bleichkraft der,behan- delten Erde, da durch zu starken Angriff die Struk- tur des Materials verandert wird. In der chemischen Zusammense tzung macht sich dies durch einen ge- ringeren Gliihverlust, einen geringeren Gehalt an Ba- senbestandteilen und durch einen erhohten Anteil an Kieselsaure bemerkbar. Dagegen bleibt bei nor- malen Aktirierungsbedingungen die Montmorillo- nitstruktur der Roherde beslehen. Nach sorgfaltigeni Waschen und Trocknen macht der GIiihverIust 6,3 bis 7,3 % aus. Uei manchen besonders empfindlicheri Erden wird die Trocknung sogar im Vacuum vorge- nommen, urn so bei moglichst niedriger Temperatur arbeiten zu konnen und keine Einbune an Adsorp- tionskraft zu erlciden.

Worauf ist nun die durch den AktivierungsprozeB erhohte A d s o r p t i o n s k r a f t der Erden zuriick- zufiihren? Es ist obcn bereits crwahnt, daB alle Uleicherden ihrer Struktur nach dem Montmorillo- nit-Typ angehoren, dessen durchschnittliche chemi- schc Zusammensetzung der Formel (?ylg, Ca) 0 * A1,0, * 5 SiO, * 5-8 H,O entspricht, wobei ein Teil cler Cn- und Mg-Ionen austauschfahig in clas Kry- stallgitter eingehaut ist. I3ei der Einwirkung der Saure sind drei verschiederie Reaktionsarlen zu un- terscheiden. Zunachst lost die Saure einen Teil des Eisen- und Aluminiumoxyds aus dem Gitter heraus. Dies bewirkt eine Auflockerung des Krystallgitters und eine damit verbundene VergrGBerung der Ober- flache. Die zweite Reaktion ist die schrittweise Aus- wechslung der an der Oberflache der Montmorillo- nit-Krystalle gelagerten Ca- und Mg-Ionen gegen die Wasserstoffionen der Saure. In dritter Reaktions- folge wird ein Teil des an die Stelle der Ca- und Mg- Ionen getretenen Wasserstoffs gegen die infolge der ersten Reaktion in der Losung befindlichen Al-Ionen ausgetauscht. Samtliche drei Reaktionen verlaufen nicht vollstandig, sondern nur bis zur Erreichung eines Gleichgewichtszustandes, der durch die Menge der angewandten Saure, die Temperatur und die Einwirkungsdauer bedingt ist. Je groBer die Summe der ausgetauschten Ca- und Mg-Ionen $1, eine urn so starkere Bleichkraft hat die aktivierte Erde. Un- terschiede in der Aktivitat von Erden, bei denen die gleichen Mengen an Ionen ausgetauscht sind, kon- nen ihren Grund in einem verschiedenen Verhaltnis der H- zu den Al-Ionen haben. Ebenfalls konnen Unterschiede durch die mehr oder weniger groat? Auflockerung des Gitters bedingt sein. Da, wie schon gesagt, die Ionen nur an der Krystalloberflache aus- getauscht werden, ist eine mijglichst starke Locke- rung des Gitters erwunscht. Sie ist einmal von der

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Ueschaffenhci t der Roherde, zum andern von dell Aktivierungshedingungen abhaiigig. Ein annahern- des h f l fur die Auflockerung ist die Abnahme des Schiittgewichtes der aktivierten Erde im Vergleich zu dem der Roherde.

Eine andere Art dcr Aktivierung ist die E 1 e k - t r o d i a 1 y s e. Hierbei setzt man die rnit Wasser nngeteigten Rohstoffe der Einwirkung des elektri- schen Stromcs aus, so dafi als wesentliche Wirkung eine Elektrodialyse oder Elektroultrafiltration statt- findet. Zur Verbesserung der Anfangsleitfahigkeit setzt man der Tontriibe geringe Mcngen von schwa- chen Sauren, wie z. B. gasformige Kohlensaure, oder von Elektrolyten zu. Jedoch darf durch diese oder durch die zu Beginn der Stromeinwirliung aus den Rohstoffen frei werdenden Sauren die Bleicherde in ihrer Zusammensetzung und Struktur nicht ungiin- stig beeinflufit werden. Man laflt die Elektrizitat bis zur Erreichung einer konstanten Endleitfiihigkeit einwirken, Aus wirtschaf tlichen Grunden ist es auch zulassig, den Prozefi schon vor Eintritt des konslan- ten Endwiderstandes zu unterbrechen, da die Ab- nahrne der Leitfahigkeit rnit der Zeit immer gerin- ger wird. Die physikalisch-ehemischen Vorgange bei dcr Elektrodialyse sind dieselben wie bei dcr Akti-, vierung mit Sauren. Auch hier werden die austausch- fahig gebundenen Ca-, Mg-, K- und Na-Ionen durch H- und Al-Ionen ersetzt.

&lit den so aktivierten 15leicherden wird die eigent- liche 13 1 e i c h u n g d c r F e t t e , fettcn Ole usw. vorgenommen. Sie wird nach zwei Verfahren durch- gefuhrt. Beim Perkolationsverfahren ist das Adsorp- Lionsmiltel ortsfest, und das leichte 01 passiert die Heicherdc unter dem Einflull der Schwere. Dieses Verfahrcn wird nur noch wenig angewandt, und zwar zur Reinigung der lcichtcn Erdolfraktionen. Meist arbeitet man hcute nach dem Mischverfahren. Sowohl die Erdolprodukte als auch die pflanzlichen Fette und Ole werden hiernach gcreinigt. Dabei wird das zu reinigende Gut mil bis zu 10 % der gcmahlenen Erde vermisch t und bei erhoh ter Tempcratur inn& verruhrt. Bei der Bleichung voh Ulen und Fctten, die zu Genuflzwecken dienen, sol1 man rnit Salzsaure aktivierte Erden nehmen und mit der Teniperatur nicht uber 90 bis 95O gehen. Nach dern Absetzen des Adsorptionsmittels wird das 01 mit Hilfe von Filter- pressen von der als Ruckstand verbleibenden Bleich- erde getrennt. Uei besonders groflen Durchsatzmen- gen nimmt man die Behandlung des Oles mit dern Adsorptionsmittel nach dcm Gegenstromprinzip vor.

Die 13 1 e i c h k r a f t einer Erde wird durch Colo- rimetrieren bestimmt, wobei sich das Arbeiten auf gleiche Leistung als geeignet erwiesen hat, d. h. man bestimmt die Menge an 13leichmitte1, ausgedruckt in % des zu reinigenden Materink, die nolig ist, um das 01 auf eine bestimmte Helligkeit zu bleichen. Hierbei hat sich als die exakteste nestimmung die Messung der Farbwerte vor und nach der Bleichung rnit dem Pulfrich-Photomeler erwicsen.

Reaktionsmaflig ist die Uleichung als ein reiner Adsorptionsprozen anzusehen. Die Bleichung - die Entfernung der Farbsfoffe aus den Olen - be- ruht nicht auf chemischen Renktionen der Farbstoffe rnit den an der Oberflache gebundenen H- und AI-

Ionen oder einer etwaigen Tonsaure; denn einge- hende Untersuchungen der letzten Zeit habell crge- ben, dafl bei der Bleichung die Freundlich'sche Ad- sorptionsisotherme gilt. Handelte es sich hei der Bleichung urn das Zustandekommen einer chemi- schen Verbindung zwischen Farbstoff und bestirnm- ten Gitterbausteinen der Heicherde, so ware nichl einzusehen, weshalb die Bleicherdcn, sowohl im ro- hen als auch im aktivierten Zustand, die verschie- densten Gase zu ad- und absorbiercn vermogen. Uei den Unlersuchungen iiber die Sorption von Gasen durch Sauretone wurde von K e n - i c h i Y a rn a - m o t o u n d Y o s h i o Oo t subogefunden , dafl im Prinzip die Sorption der Gase in derselben Weise wie bei Silicagel und aktivierter Kohle geschieht. Die Gase werden zuerst an der Oberflache der festen Stoffe adsorbiert; sekundar werden sie dann im Jn- nern des festen Stoffes gelost oder dispergiert. Hierbei verlauft der erste Vorgang sehr schnell, wahrend clcr zweite langsamer vor sich geht. Dic Tatsache, daI3 dic aus dem 01 entferntcn Farbstoffe mit siedendem AI- kohol aus der Uleicherde extrnhiert werden konnen, lafl t ebenfalls erkennen, dafl die Bindung der Farb- stoffe an die Erde rein adsorptiv ist. Denn bei der I3ildung einer chcmischen Verbindung zwischen Erde und Farbstoff ware es sehr unwahrscheinlich, dafi sich der Farbstoff wiedcr in Alkohol Iost. Es sei aber erwahnt, dnfl die Uindung des Farbstoffs an die Erde eine andere sein mufl als die Adsorption an aktiver Kohle, denn aus letzterer lS13t sich der ge- bundene Farbstoff nicht mehr rnit Aceton extra- hieren.

Infolge ihres struliturcllen Aufbaus eignet sich die Bleicherde als grofiporiges Adsorbens insbesondere fur die Adsorption von Kolloiden, Ein gei-ingcrer Faktor fur die Bleichwirlcung ist der schwache S ~ U - regchalt der aktivierten Erden, der sich in erster Linie aus Salzsaure und Rcsten zuruckgebliebenen Aluminium- und Eisenchlorids zusammcnsetzt. Durch diese Aciditat werden Schlcimstoffc, die in vielen Fallen als die eigentlicheri Trager der Farb- stoffe zg bezeichnen sind, gefallt.

Nach der Bleichung sind die Bleicherden mit reichlich Fett- und Farbstoffen beladen. Urn die E r d e w i e d c r v e r w e n d b a r zu machcn, miis- sen diese Stoffe entfernt werden. Fur die Beseitigung odcr Gewinnung der Fettstoffe sind im wesentlichen zwei Verfahren zu nennen. Einmal konncn die Erden mit Losungsmitteln entfettet werden; .so extrahiert z. 13. die Commercial Solvents Corp. die Bleicherde mit einem Gemisch von je 1 Teil Aceton, Methanol und Benzol rnit 3 Teilen Benzin. Nach dem zweiten Verfahren wird die Bleicherde mit verdiinnten was- serigen Alkalien im Autoclaven erhitzt; die Fettstoffe werden dabei verseift und losen sich. Die Fqrbstoffc kann man ebenfalls durch geeignetc Losungsmiltel- gemische aus den Bleicherden herauslosen, beispiels- weise mit Hilfe eines Gemisches aus Alkohol und Essigsaure oder aus Alkohol und geringen Mengen an Salzsaure oder lietonen. Durch Kochen rnit ver- dunnten Sauren lassen sich die Farbstoffe rncist zer- storen, man mull dann allerdings nachher die Erdc gut auswaschen. Die einfachste Methode, sowoh1 Fett- als auch Farbstoffe aus den Bleicherden zu ent-

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fcrnen, ist die R 8 s t u n g. Hierbei ist aber sehr sorg- f5llig zu verfahren, da bei zu starker Erhitzung die IJleichkraft der Erde verloren geht. Untersuchungen auf dem Gebiet der Bleicherde-Reaktivierung haben crgeben, daB samtliche aktivierten Bleicherden in ihrer Entwasserungskurve bei ungefahr 100 bis 120° cinen Knick zeigen. Aus dem Verlauf der Kurven lafit sich berechnen, dan die Bindungsenergie zwischen Wasser und Ruckstand oberhalb des Knickpunktes 10 bis 20 ma1 groaer ist. Werden die Erden oberhalb der Knickpunktstemperatur erhitzt, so verlieren sie an Bleichwirkung. Hieraus kann gefolgert werden, dan das unterhalb des Knickpunktes abgegebene Wasser nur desorptiv gebunden ist. Beim Erhitzen der Erde oberhalb des Knickpunktes tritt unter Was- serabgabe eine strukturelle Anderung der Substanz ein, die an Hand von Rontgenaufnahmen verfolgt werden kann. Das oberhalb des Knickpunktes abge- gebene Wasser ist konstitutiv gebunden. Ein Ver- lust hieran bringt rnit der Zerstorung der Montmoril- lonit-Struktur eine Abnahme der Bleichkraft rnit sich, wahrcnd bei der Abgabe des adsorptiv gebun- dcnen Wassers lteine Anderung der Adsorptionskraft zu verzeichnen ist. Das adsorptiv gebundene Wasser ist in bezug auf das Bleichvermogen reversibel, wah- rend das konstitutiv gebundene Wasser irreversibel ist. Beim Verlust des konstitutiv gebundenen Was- sers andert sich der Abstand der Schichtpakete der Montmorilloni t-Krystalle; eine Beziehung zwischen diesen beiden Effekten konnte bis jetzt nur der Rich-

lung nach festgestellt werden. Es erscheint nach alledem unmoglich, eine Erde durch Brennen von den Fett- und Farbstoffen zu befreien, ohne auch eine EinbuDe ihrer Aktivitat in Kauf zu nehmen. Ein amerikanisches Patent sei nun SchluD noch erwahnt, wonach die Reaktivierung durch Behandeln der ge- brauchten Bleicherde rnit einer 50prOZ. Chromsaure- losung mijglich ist.

In der Praxis werden die Erden heute noch sehr wenig reaktiviert, am meisten in der Mineralolindu- strie, da es hierbei nicht auf den Geschmacksschutz ankommt. In den.weitaus meisten Fallen diirfte sich auch eine Reaktivierung nicht lohnen, denn erstens benotigt man nur einige Prozent Bleicherde vom Fettgewicht, und zweitens sind die Aufwandskosten fur die Lijsungsverfahren so hoch, daB man nur dort rentabel arbeiten kann, wo groBe Mengen an ge- brauchten Bleicherden anfallen. Die Rostung bringt zwar keine goBen Unkosten mit sich, ist aber bei nicht ganz sorgfaltiger Handhabung rnit einem sol- chen Verlust an Bleichkraft verbunden, daB auch die Anwendung dieses Verfahrens selten lohnt. Man hat sich deshalb nach anderen Absatzgebieten fur die gebrauchten Bleicherden umgesehen und gefunden, daB Zusatze von entolter Bleicherde die Elastizitat und Bestandigkeit von Kunststeinen erh6hen. Des- gleichen zeigen mit Bleicherden versetzte Kunststein- massen erhohte Isolierfahigkeit gegen Hitze, Kalte, Schall und Feuchtigkeit.

(Eingegangen am 22. 3. 1936.)

Uber die Oxydation ungesattigter Fetter Ole durch Luftsauerstofli.

(2. Mitteilung.)

Von Johs. M. Aas. (Staatliches Vitamininstituf, S k o y e n bei Oslo, Norwegen.)

In Anlehnung an cine friihere Arbeit ') sollen hier dergegeben, zeigt dasselbe Verhaltnis. DaD man bei noch einige Oxydationsreihen beschrieben werden. pflanzlichen Olen andere ,,Sauerstoffverhaltnisse" Es wurde gezeigt, daD bei den tierischen Olen, die der (s . u.) findet, wird nach einer Versuchsreihe mit Luft ausgesetzt werden, etwa 2 A t m e Sauerstoff je W e i z e n k e i m 6 1 in Tabelle 2 wiedergegeben. Doppelbindung aufgenommen weden. Eine Das 01 nimmt etwa 3 Atome Sauerstoff je Doppel- Versuchsreihe rnit R o b b e n 6 1, in Tabelle 1 wie- bindung auf,

T a b e 11 e 1. Oxydafionsversuche mit Robbend. T a b e 1 I e 2. Oxydationsversuche mit Weizenkeimiil. - -- - -- Zeit Gewichts- JZ. (Wijs), ber. auf

Grund des Anfangs- gewichtes der Probe

l44,l I0 1 1 1 143.2 18 26 26 34 34 48 48 59 59 105 105

11,7 1 33,4 31,9 54,7 54,3 67,2 64,O 72,3 72,3 75,s 75,2

134;9 118,l 119,9 102,8 103,2 92,O 94.0 8?,7 88,l 78,5 76.8

') Fettchem. Umschau 1935, 42, 71.

Jodzahl- Abnahme

- - 9,2

20,O 24,2 41,3 449 52,l 50,l 56,4 56,O 65.6 67,3

0 15 45 45 56 56 69 69 83 83 102 102 162 162

Gewichts- Hnderung

(mg/g Fett)

- - 2,6 4.0 8,9

25,4 32.5 49,O 44.5 54.8 57,O 53.0 5490

JZ. (Wijs), ber. auf Grund des Anfangs- geivichtes der Probe

133,2 134,6 132,l 132,O 129,5 129,9 121,4 l16,8 106.5 110,2 95.7 93,7 84.5 84,O

Jodzahl- Abnahme

- - 1 9 1

1.2 3,7 3,3

11,8 16.4 26.7 23,O 37,5 39.5 48.7 49,2