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218 1873. Dec. 18 1874. Jan. 15 16 17 20 22 26 27 28 29 Febr. 3 5 6 12 24 B em erkungen. Eine zweite Beobachtungsreihe an diesem Tage ergab keine erste Wirkung. Eine Schwankung in der elektromotorischen Kraft der Kette ist die Ursache der ungewiihnlich kleinen dnrchschnitt- lichen Wirkung. Eine Schwankung in der elektromotorischen Kraft der Kette ist die Ursache der nngewiihnlich grofsen Wirkung. Eine plijtxliche Aenderung des Stromes trat beim Begiun der Esperimente ein. Die Kette war nicht constant. Die Wirkung des Herausnehmens des Schliissels schien eine Wirkung in der Richtung des verkleinerten Widerstan- des hervorzurufen, wie obeu bemerkt wird Erste Wirkung. 0-14-9 Dito. 0-47-557 Dito. 0 - 17 - 17 Die Wirkung war sehr unregelmafsig. Wir vermnthen, dafs vom 29. Januar bis zum 12. Februar der Contact des Schliissels nicht vollkommen war. Die Wirkung war unregelmalig. Dito. Siehe 22. Februar. Einer der Drahte war zwischen die Pole nnd den Magnet geklemmt. Diefs ist wohl die Ursache der unregel- miifsigen Wirkung. Dae erste Ma1 wurde der Magnetismus A erregt, dann immer B. 111. Ueber die cheinische Wirkung des Sonnen- spectrums auf Silberhadoidsabe; von tlerrnann W. Vogel. I. Ueber die Licbtempfindlichkeit der Silberhaloidsalze f i r die sogenannten chemisch unwirksamen Farbeu. zur Zeit der Daguerreotypie, als man noch mit Silber- platten operirte, die mit Jod, Brom oder Chlor gerauchert wurden, beobachtete man wiederholt , dafs nicht blofs die als chemisch wirksam angesehenen blauen und violetten Strahlen des Spectrums, sondern auch die als unwirksam

Ueber die chemische Wirkung des Sonnenspectrums auf Silberhaloidsalze

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1873. Dec. 18

1874. Jan. 15

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20 22

26 27 28 29

Febr. 3 5 6

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B e m e r k u n g e n .

Eine zweite Beobachtungsreihe an diesem Tage ergab keine erste Wirkung.

Eine Schwankung in der elektromotorischen Kraft der Kette ist die Ursache der ungewiihnlich kleinen dnrchschnitt- lichen Wirkung.

Eine Schwankung in der elektromotorischen Kraft der Kette ist die Ursache der nngewiihnlich grofsen Wirkung.

Eine plijtxliche Aenderung des Stromes trat beim Begiun der Esperimente ein.

Die Kette war nicht constant. Die Wirkung des Herausnehmens des Schliissels schien eine

Wirkung in der Richtung des verkleinerten Widerstan- des hervorzurufen, wie obeu bemerkt wird

Erste Wirkung. 0 -14 -9

Dito. 0-47-557 Dito. 0 - 17 - 17

Die Wirkung war sehr unregelmafsig. Wir vermnthen, dafs vom 29. Januar bis zum 12. Februar

der Contact des Schliissels nicht vollkommen war. Die Wirkung war unregelmalig.

Dito. Siehe 22. Februar. Einer der Drahte war zwischen die Pole nnd den Magnet

geklemmt. Diefs ist wohl die Ursache der unregel- miifsigen Wirkung.

Dae erste Ma1 wurde der Magnetismus A erregt, dann immer B.

111. Ueber die cheinische Wirkung des Sonnen- spectrums auf Silberhadoidsabe;

von t l e r r n a n n W. V o g e l .

I. Ueber die Licbtempfindlichkeit der Silberhaloidsalze f i r die sogenannten chemisch unwirksamen Farbeu.

z u r Zeit der Daguerreotypie, als man noch mit Silber- platten operirte, die mit Jod, Brom oder Chlor gerauchert wurden, beobachtete man wiederholt , dafs nicht blofs die als chemisch wirksam angesehenen blauen und violetten Strahlen des Spectrums, sondern auch die als unwirksam

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geltenden gelben und rothen Ftrahlen unter Umstiinden eine Wirkiing auf jodirte und bromirte oder chlorirte Silberschichten und andere Korper aukern (S e e b e c k, G o t h e ’ s Farbenlehre, Bd. 11. S. 716, H e r s c h e l , Philo- sophical Transactions 1840-1842, B e c q u e r e l , Annales de Chimie et de Ph., 3. Serie, tome 22, 25, 42 etc. etc.), die freilich erheblich schwacher war, als die Wirkung der stark brechbaren Strahlen. In der modernen Collodion- photographie hat man bisher eine solche Wirkung des gelben und rothen Lichts nicht beobachtet. Im Gegen- theil trat in dieser der Gegensatz zwischen chemisch un- wirksamen und chemisch wirksamen Farben in aller Schiirfe hervor, nicht nur gegeniiber den farbigen Pigmen- ten, sondern noch vie1 mebr gegentiber den Spectralfarben. Hier offenbart sich in dem fast unsichtbaren Ultraviolett eine kraftige photographische Wirkung, die aber nach Dr. Schu l t z -Se l l ack ’ s Versuchen im sichtbaren Spec- trum nicht weiter reicht als bis zur Linie E im Griin.

Neuerdings angestellte Versuche haben mir nun ge- zeigt , dafs die Empfhdlichkeit der Silberhaloidsalze fur Spectralfarben nicht nur bedeutend weiter nach Roth hin geht, sondern sich durch gewisse Mittel fur die schwach brechbaren Theile des Spectrums erheblich steigern 1alst.l) Die empfindlichen Platten, mit denen ich operirte, wurden auf gewohnlichem photographischen Wege praparirt, d. h. Collodion mit einem loslichen, Chlor-, Brom- oder Jod- metall, oder Mischungen dieser Salze versetzt, damit Glas- platten uberzogen und diese in eine Silberlosung getaucht. Nach geschehener Bildung der Silberhaloidsalze wurden die Platten herausgenommen und entweder nafs unter Silberlosung oder aber nach dem Abwaschen feucht, oder endlich im trocknen Zustande exponirt. Nach der Expo-

\

1) Den zu meinen Versuchen benutzten Apparat hahe ich bereits in Bd. 150 p. 435 dieser Annalen in einer vorlaufigen Mittheilung iiher meine Resultate beschriehen, die seitdem durch neuere Untersuchun- gen wesentlich erweitert worden sind.

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sition wurde die Platte mittelst Eisenvitriollijsung unter Zusetxen citronsaurer Silberlosung oder aber alcalisch ent- wickelt und dadurch der unsichtbare Lichteindruck zum Vorschein gebracht. Zu vergleichenden Versuchen wahlte ich stets vollkommen heitere Tage und die Zeit von 11-1 Uhr Mittags ').

Nachstehend gebe ich die mit reinen Haloidsalzen ent- haltenen Resultate.

a. Bromsilber . Bei meinen ersten Versuchen mit Bromsilber beobach-

tete ich sogleich, dafs bei hinreichend lichtstarkem Spec- trum and hinreichend langer Expositionszeit die Licht- empflndlichkeit desselben fur Spectralfarben vie1 weiter nach Roth hingeht, als fruhere Versuche ergaben.

Schon bei relativ kurzen Expositionen von 7' erhielt ich auf trocknem Bromsilber eine Wirkung von Ultraviolett bis fiber die Linie D hinaus, bei llngerer Exposition und

1) Die Collodied wurden folgendermafsen bereitet: 1) Jodcollodion. 1 Gramm Jodcadmium, gelost in 15 Cub.-Cent.

Alkohol, filtrirt. Ein Volumen des Filtrats verdiinnt rnit 3 Volulaeii Rohcollodion, mit 2 pCt. Pyroxylin, 50 pCt. Alkohol und 50 pCt. Aether.

1 Gramm Cd Br geltist in 10 Alkohol, filtrirt. 1 Volumen des Filtrats vermische mit 43 Volumen des oben gedach- ten Roheollodions. Dieses Collodion wahlte ich ewas pyroxglinreichet als Jodcollodion, um eine dickere Schicht zu erzieleu.

3) Chlorcollodion. Ein Volumen einer alkoholischen Losung vou reinem Chlorcalcium, von denen nach der Titrirprobe 10 Cub.-Ctm. genau 1,024 R J aquivalent waren, wurde mit 4 Volnmen Rohcollo- dion versetzt.

Als Pyroxylin wahlte ich das von S c h e r i n g in Berlin gefertigte .Celloidin", ein Prodnct, welches durch geeignete Behandlung von den in Collodionwollen sich stets findenden Nebenbestandtheilen (Gummi, Zucker, Xyloidin u. dergl.) befreit ist. Ich versuchte aucb die Collodien starker zu salzeu , sls sub 2 und 3 angegeben, diefs hatte jedoch die Ausscheidung vom Bromsilber und Jodsilber in Streifen zur Folge.

2) Bromcollodion.

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gunstigen atmospharischen Verhaltnissen dehnte sich die Wirkung sogar aus bis zur Linie a in Roth.

Bromsilber unter Silberlosung beleuohtet, zeigte ein anderea Verhalten. Die Empfindlichkeit war fur Indigo

Ab ,,Silberhad" wurde eine Losnng von 1 Theil A g N 0, in 10 Theilen Wasser benutzt, die auf 300;Cub.-Ctm. 6 Tropfen Salpeter- saure enthielt. Fur Jodcollodion wIhlte ich eip besonderes Bad, das

auf 100 Gramm Ag N 0, - Gramm K J enthielt. Ein solcher K J-

Zusatr ist nothig, nm das Bad ein wenig mit Ag J anzureichern. Silberlosnngen gedachter Concentration besitzen ein starkes Losungs- vermogen fur Ag J und greifen Jodcollodionplatten dadurch merkbar an. Dieses wird durch den K J-Zusatz vermieden. Bromplatten diirfen jedoch, wie ich bereits vor 10 Jahren zeigte, in solchem Ag J-haltigen Bade nicht praparirt werden, da sich dabei immer etwas Ag J in demselbsn niederschlagt.

Noch ist zu bemerken, d a t Bromplatten und Chlorplatten bedeu- tend linger im Silberbade verweilen miissen, als Jodplatten, indem die Bildung von Ag CI nnd Ag Br vie1 langsamer erfolgt, als die Bildung von AgJ. Zur Bildung von Ag Br bedurfte ich z. €3. 7 Minuten bei kiihlem Wetter, wahrend die Bildung von Ag J in 3 Minuten vollendet war.

In starkeren Silherbadern geht die Billlnng von Ag C1 und Ag Br rascher vor sich und habe ich solche Bgder von 12 pCt. und 15 pCt. Ag N 0, wiederholt mit Vortheil benutzt.

1 4

Als Entwiekler wnrden folgende Liisungen benutzt : a) fur saure Entwicklung (in Bezug auf Details iiber saure nnd

alkaliache Entwicklung verweise ich auf die Berichte der D e u t schen Chemischen Gesellschaft 1873 S. 88, sowie tinf mein Lehrhuch der Photographie IT. Auflage) 5 Gramm Eisenvitriol, 3 Gramm Alkohol, 100 Gramm Wasser, 0,2 Grnmm Schwefel- saure. 10 Cub.-Ctm. davon wurden Behufs der Entwicklung versetzt mit einigen Tropfen einer Liisung von 1 Theil Ag NO,, 1 Theil Citronsaure in 50 Theilen Wasser.

b) fiir allcalische Entwicklung 10 Cub.-Ctm. Ammoniak, versetzt mit 90 Cub.-Ctm. Alkohol, davon 7 Cub.-Ctm. versetzt mit 6 Tropfen einer R B-Losung mit 8 pCt. S a l ~ und 6 bis 10 Tropfen einer Lijsung von 10 Gramm Pyrogallus in 100 Gramm Alkohol. Die dkalische Entwicklnng liefert bedeutend inten- sivere Bilder ale die saure nnd arbeitet rascher, giebt aber leich- ter Unreinheiten; sie ist nur fur A g C1 und A g B r verwendbar.

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und Blau starker als bei trocknem Bromsilber, dagegen aber die Empfindlichkeit fur die schwacher brechbaren Strahlen geringer.

Um dieses Verhalten anschaulich zu machen, habe ich die Wirkung des Spectrums durch Curven aasgedruckt, deren Hohe iiber der Horizontalen die Intensitat der Schwar- zung ausdriickt, welche die Salze durch die Belich- tung und nachfolgende Entwicklung an den einzelnen Stellen des Spectrums erfahren haben. Zur Orientirung dienen die senkrecht durchgezogenen Spectrallinien, deren Abstand und Stelliing den Linien meiner Originalspectren entspricht.

Curven XZII. und X I V . zeigen die Wirkung auf rei- nem Ag Br und auf Ag Br unter Ag N 0, nach zwei verglei- chenden Proben, die unmittelbar hinter einander unter glei- chen Umstanden gemacht wurden.

Ich muB hier jedoch bemerken, daCs die Wirkung auf Bromsilber keineswegs irnmer dieselbe ist , sie schwankt, wie ich in einem spateren Capitel zeigen werde, mit der veranderlichen Farbendurchsichtigkeit der Atmosphare.

Die beiden Curven XII . geben ein Beispiel von der verschiedenen W irkung des Sonnenspectrums auf Brom- silber zu anderen Zeiten, die neben der Figur bemerkt sind. Aber diese Schwankungen zeigen sich auch beim Experimentiren mit anderen lichtempfindlichen Salzen. Ich mufste daher, urn eine richtige Anschauung von deren Verhalten zu gewinnen, die Versuche vielfach wieder- holen.

(Siehe Tafel I S. 225.)

b. Chlorsilbor.

Bei alteren Versuchen von S e e b e c k und H e r s c h e l mit Silberplatten , welche mit Chlor geriiuchert worden waren, zeigten diese eine Empfindliclikeit, welche, im Ultra- violett beginnend, bis tief in das Roth hineinging und sich durch eine directe Farbung der Platten ahnlich den Spectralfarben aukerte. In dem jetzt ublichen Collodion- procefs mit Entwicklung erhielt S c h u l t z - S e l l a c k nach

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sehr langer Belichtung bei weit geiiffnetem Spalt, nach seinen mir vorliegenden Originalspectren zu urtheilen, nur eiue Wirkung von nahe N im Ultraviolett bis etwas fiber h im Violett (diese Annalen Bd. 143 p. 166). In mei- nen Handen bedurften trockne Chlorsilberplatten (nur solche versuchte ich) eine sehr lange dauernde Belichtung, um uberhaupt einen Lichteindruck im Entwickler zu zei- gen, an 2tmal so lange als unter gleichen Umstiinden fur Bromsilber niithig war, Dabei zeigten sie aber am 2. Ja- nuar 1874 eine Lichtwirkung, die sich von h im Vio- lett bis B im Roth erstreckte (siehe Taf. I Curve I). Am 24. Marz ging die Wirkung noch weiter nach der violetten Seite hin iind reichte bis L im Ultraviolett. Demnach ist also auch Clorsilber bis ins Roth hinein empfindlich. I)

c. Jodsilber.

Jodsilber exponirte ich theils trocken, theils nafs unter Wasser, resp. unter Hollensteinlosung; es zeigte dabei sehr erhebliche Unterschiede.

Trocken exponirt, begann die Wirkung im Violett bei A", stieg rasch an bis G, blieb sich gleich bis auf etwa

der Entfernung FG, dann nahm sie rasch ab bis F und setzte sich sehr schwach fort bis Gelb oder Roth. So beobachtete ich am 7. Februar 1874 h. 0, 11' eine Wir- kung bis nahe der Linie A im Roth, h. 1, 41' eine Wir- kung bis nahe der Linie C (siehe Linie V Tafel I), am 13. Marz h. 0, 24' hiirte die Wirkung schon in der Mitte zwischen E und D auf.

In allen Fallen zeigte Jodsilber eine starkere Empfind- lichkeit fur stark brechbares violettes Licht, als gleichzeitig belichtetes Bromsilber, eine schwachere fur Blau, Grun, Gelb und Roth.

Jodsilber unter Silbernitratlijsung zeigte eine weiter gehende Empfindlichkeit fur Ultraviolett, als trocknes Jod-

1) Auch alkalische Entwicklung (siehe die Anm. p. 220) wurde mit Chlorsilber und Bromsilber versucbt, sie gab bedeutend intensivere Platten, im iibrigen aber dasselbe Resultat.

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silber. Die Wirknng steigt rasch vom Ultraviolett bis 4" jenseits G (bei einer Entfernung G F = 17m). Zwischen dieser Stelle und G befindet sich ein hochst kraftiger Wirkungsstreif, dann f&llt die Wirkung plistzliph und setzt sich nach Roth hin nur schwach fort, z. B. am 9. Marz bis D bei 13' Exp. (siehe Linie ZIZ Tafel I), am 13. Marz bis nahe C bei 16' Exp.

Das so erhaltene Spectrum ahnelt dem Jodsilber- Spectrum von J. M u l l e r und Dr. S c h u l t z - S e l l a c k . Nur reicht das Muller'sche bedeutend weiter ins Ultra-' violett, weil er mit Qnarzprismen arbeitete. Das Maxi- mum der Wirkung findet sicb, nach den mir vorliegenden Originalcopien zu urtheilen, auch in S ch u 1 t z' und M ti 1 - l e r ' s Spectren auf einen Streif bei der Linie G beschrankt,, der genau mit dem Streifen der starksten Wirkung bei meinem Spectrum iibereinstimmt. Eine weitere Wirkung nach Roth hin haben beide Forscher nicht beobachtet, jedenfalls weil sie nicht hinreichend lange belichteten.

Jodsilber, gewaschen und noch feucht exponirt, zeigte bei gleicher Belichtung, wie Ag J unter SilberlBsung, ein Spectrum, welches zwischen dem trocknen Jodsilberspec- trum und dem Hollenstein-Jodsilberspectrum in der Mitte stand. Die Wirkung begann erst bei R", stieg bis zu der Stelle, wo sich der intensive Wirkungsstreif bei G befand (siehe Linie 1V Tafel I ) , blieb jedoch schwacher als die Wirkung auf Jodsilber unter Hollenstein, nahm jenseits des Wirkungsmaximums aber nicht so plotzlich ab und verschwand bei F.

d. Jod-Bromsilber.

In der gewohnlichen Collodionphotograpliie benutzt man niemals reines Jodsilber , sondern Mischungen dessel- ben mit Bromsilber. Die Erfahrung hat ergeben, dafs solche Collodien zartere Halbtone, feiner gestimmte Lich- ter und detailirtere Schatten liefern als Collodion mit rei- nem Jodsilber. Durch Parallelversuche an gewohnlichen terrestrischen Objecten mit reinem Jodsilber und Brom-

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jodsilber zeigte ich , dafs Bromjodsilber weniger empfind- lich ist fur helle Lichter, dagegen empfindlicher fur matte Lichter als reines Jodsilber. Nimmt man z. B. mit Jod- silber eine mit schwarzer Draperie theilweis verhullte Gjpsbiiste auf, so erhalt man ein hochst intensives Bild des weirsen Gypses, dagegen nur ein mattes der schwar- Zen Draperie. Bromjodsilber liefert in derselben Zeit ein minder starkes Bild des Gypses, dagegen ein vie1 krafti- geres der dunkeln Draperie und der Schattenseite (photogr. Mittheilungen Jahrg. 11. p. 112).

Ich werde auf diese Erscheinung weiter unten zuriick- kommen; hier handelt es sich zunachst um die Empfind- lichkeit von Bromjodsilber gegen das Sonnenspectrum. J. M u l l e r in Freiburgundnach ihm S c h u l t z - S e l l a c k ’) stellten fest, dafs die Empfindlichkeit des Bromjodsilbers von Violett an weiter nach dem rothen Ende hin gehe, als das von reinem Jodsilber. Letzteres zeigt sich in ihren Versuchen nur empfindlich von Ultraviolett bis ein wenig uber die Linie G hinaus. Hier hort die Wirkung plotz- lich auf. (S. 0.)

Das Bromsilber dagegen zeigt auch noch in Hellblau und Griin eine Affection und diese horte erst auf bei der Linie E (Schu l t z -Se l l ack ) .

Meine Versuche haben diese Resultate bestatigt , nur dalb bei meinen Platten die Wirkung noch uber E hin- ausging, in einzelnen Fallen bis D. Das Verhalten der Platten ist jedocb verschieden, je nachdem sie trocken oder nafs unter Hollensteinlosung exponirt werden , und j e nach dem Verhaltnifs zwischen Jodsilber und Broin- silber.

Ich versuchte hauptsachlich swei Bromjodsilberschich- ten, eine mit gleichen Atomen Ag J und Ag Br, die andere mit 5 Ag J auf 1 A g Br.

Unter Eiillensteinliisung belichtet, erschien die jodsilher- reichere mehr fur Violett und Ultraviolett, die jodsilber- 1) Diese Annalen Bd. 109 p. 151 und Bd. 143 p. 161. I’oggendorffs Annal. Bd. CLIII. 15

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ilrmere mehr f ~ r Hellblau und Griin empfindlich (siehe Linie VZ. und VZI.)l).

Sehr merkwiirdig ist es, dals der oben erwahnte kraf- tige Wirkungsstreif bei G, den Jodsilber tinter Hollenstein zeigt, auch bei den Bromjodsilberplatten deutlich wieder zu erkennen ist.

Bromjodsilber mit 1 Ag J auf 1 Ag Br gal) gewaschen und getrocknet ein ahnliches Bild, wie nafs unter Ag N 03, nur mit erheblich verminderter Empfindlichkeit (siehe Linie X.).

Die trockne Schicht mit 5 Ag J auf 1 Ag Br zeigte aber ein ganz eigenthumliches Verhalten. Die Wirkung im Violett, von welcher die Schicht unter Ag N 0, auf das Kraftigste afficirt wid , ist auf der trocknen Schicht nur schwach. Dort, wo die Wirkung auf die nasse Schicht plotzlich sinkt (s. Linie VZ.), steigt beim trocknen Bromjodsilber die Wirkung rasch an und er- streckt sich in gleicher Starke bis b, hier fallt sie wieder und geht mehr oder weniger weit ins Itoth hinein, am 12. April z. 13. wenig iiber E hinaus, am 13. Miirz 1874 bis a (9. Linie VIIZ. und IX.). Die Schwankungen in der chemischen Lichtstarke der einzelnen Farben offenbaren sich hier in der auffalligsten Weise.

Wachst der Bromsilbergehalt, so nimmt die ganze Platte mehr den Charakter des Bromsilberspectrums an. 1) Dr. S c h n l t x - S e l l a c k erklart die eben besprochene grorse Empfind-

lichkeit des Bromjodsilbers fur Scbatten (in] Vergleich zu Jodsilber) aus der grofseren Empfindlichkeit des ersteren fur schwach brech- bare Strahlen, indem er nicht mit Unrecht anfihrt, dafs die Schat- ten der Objecte im Atelier durcb Reflexe farbiger ,Wande mehr in Farben niederer Brechbarkeit tingirt sind. Dagegen ist nur cinzu- wenden, daB die Intensitat dieser Reflexfarben in dern Schatten riel zu gering ist, als dafs sie eine Wirkung gleich dem hellen Spectral- grun iiufsern konnte (siehe Abschnitt 111.). Aurscrdem aber zeigt Jod-Bromsilber sich nicht blofs fur Schatten , sondern iiberhaupt fur lichtschwache weifse Ohjecte cmpfindlicher nls Jodsilber. Die Ursiiche durfte darin zu sncben segn, dars die Anfangswirliung, d. h. die Tragheit der Atome (s. diese Annalen Bd. 143 p. 439), hei Rrom- jodsilber leichter uberwunden wird als bei reinem Jodsilber.

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IZ. Ueber die Steigerung der Lichternpfindlichkeit der Silberhaloidsalze fiir gewisse Farben durch beigernischte

A bsorptionsnaittel.

Aus der photopraphischen Praxis und aus zahlreichen iiber den Gegenstand gemachten Untersuchungen ist es bekannt, dals gewisse Kbrper, Sensibilisatoren genannt, die Liohtempfindlicbkeit der Silberhaloidsalze sehr erheb- lich steigern, so dafs man bei Gegenwart dieser Kbrper zur Erzielung gleicher Resultate einer vie1 kiirzeren Be- lichtungszeit bedarf, als bei Anwendung der reinen Haloid- salze.

Solcher Sensibilisator ist vor Allem die Lbsung von salpetersaurem Silber. In gleicher Weise, wenn auch wcniger kraftig , wirken aber auch gelbes Blutlaugensalz, Tannin, Pyrogallussaure, Morphin etc. Diese chemisch so verschiedenen Kbrper haben, wie ich zuerst nach- wies , alle die gemeinschaftlicbe Eigenschaft , Jod, Brom und Chlor chemisch zu binden und ich erklarte aus diesem Umstande die leichtere Zersetzbarkeit der Silber- haloidsalze, wenn' diese Korper gegenwartig sind ; letztere nehmen dann das bei der Belichtung frei werdende Halo- gen auf (s. diese Annalen Bd. 125, s. 329).

S c h u l t z - S e l l a c k versuchte diese Kbrper ebenfalls in seinen photographischen Spectralbeobachtungen und kam zu ganz anderen Resultaten wie ich, indem er die Behauptiing aufstellte , die sogenannten Sensibilisatoren seyen ohne allen Einflufs. Nur der Hollensteinlbsung ge- stand er eine stark sensibilisirende Wirkung zu. (Diese Annalen Bd 143 p. 161 und 171, Photogr. Mittheilungen Jahrg. 7, pag. 30.) Dieser Umstand veranlal'ste mich zu einer Wiederholung meiner Versuche und ergab dieselbe die Richtigkeit meiner urspriinglichen Beobachtungen, ZII-

gieich erkannte ich aber, dafs es Umstande giebt, uuter welchen die sensibilisirende Wirknng dieser Korpcr nicht hervortritt, ja wo sogar ein Be2chleuniger als Verzbgerer wirken kann, und zeigte sicli hei weiterer Priifuug tler

15 *

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Sache, dafs nicht blofs die Fahigkeit Halogene zu bilden, sondern auch die Fahigkeit , Licht zii absorbiren, nothig ist, um einen Korper zum Sensibilisator zu niachen.

Sehr deutlich tritt dieses bei der Pyrogallussaure her- vor. Bringt man diese in Losung auf eine lichtempfind- liche trockne Bromjodsilberplatte, so wird letztere auf- fallend durchsichtiger und zeigt sich an den benetzten Stellen (beim Belichten in der Camera und nachherigem Entwickeln) erheblich unempfindlicher als an der trocknen. LiiTst man aber die Losung eintrocknen, so schwindet die grofsere Durchsichtigkeit der benetzten Stellen und jetzt zeigen die mit trocknem Pyrogallus getriinkten Theile eine erheblich grol'sere Empfindlichkeit (s. photogr. Mittheil. 9. Jahrgang p. 133).

Aus den Versuchen, die im ersten Abschnitt dieser Ar- beit beschrieben wurden, geht nun hervor, dafs die Stei- gerung der Empfindlichkeit durcb den wichtigsten Be- schleuniger, namlich Hollensteinliisung, keineswegs fur alle Farben gleichmafsig erfolgt, sondern dafs derselbe vorzugsweise die Lichtempfindlichkeit fiir stark brechbare Strahlen erhijht, die Empfindlichkeit fur schwacher brech- bare dagegen eher schwacht.

Am deutlichsten ergiebt sich dieses beim Bromsilber, wie ein Blick auf die Curven XZII. und XIP. (Tafel I.) lehrt. Diese Erscheinnng erkltirt sich jedenfalls daraus, dafs Hiillensteinliisung im Verein rnit Rromsilber die stark brechbaren Strahlen sttirker absorbirt als die schwach brechbaren ').

1 ) Nicht nur Hiillensteinliisung ist im Stande, die Farhenempfindlich- keit erheblich zu modificiren, sondern auch andere farblose Kiirper a w der Reihe der ,,Sensibilisatoren".

Hochst uberraschend ist die Wirkiing des Moryhins. Eine Brom- jodsilherplatte, in einer Morphinlijsung (0,s Morphin auf 1000 Theile Wasser) gebadet und getrocknet, giebt trotz der auherordentlichen Verdunnung der Liisung ein total anderes Spectrum, das erheblich weiter nach Roth und weiter nach Ultraviolett ausgedehnt ist, als das

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Diese Thatsachen erregten meine Aufmerksamkeit in gana besonderem Grade, als ich .einige der von W o r t 1 e y in London fur den Handel nach einem theilweise geheim gehaltenen Verfahren hergestellten Bromsilbertrockenplat- ten versuchte. Diese exponirte ich dem Spectrum und fand zu meiner Ueberraschung, dafs sie im Grfin, d. h. bei der Linie E empfindlicher waren wie im Hellblan, d. h. bei der Linie F. Hier lag also eine Empfindlich- keit vor, die den bisherigen Erfahrungen entgegen , fiir eine sonst cbemisch fiir schwach wirksam gehaltene Farbe starker war, als fur eine sonst kraftig wirkende. Dieser Umstand veranlafste mich sofort zu einer naheren Unter- suchnng.

Wie schon oben bemerkt ist, nimmt die Empfindlich- keit der gew6hnlichen trocknen Rromsilberplatten ganz allmahlig von Blau nach Roth hin ab. Von einer Er- scheinung, wie sie bei den erwahnten englischen Brom- silberplatten in so auffallender Weise auftrat , namlich einer Abnahme der Empfindlichkeit von Violett nach Blau und einer Zunahme von Blan nach Griin bemerkte ich bei den von mir selbst praparirten Bromsilberplatten nichts. Die eben gegebene ErkIarung von der Wirkung des saI- petersauren Silbers auf Bromsilber erregte aber in mir die Vermuthung, dafs die englischen Bromsilberplatten einen Stoff enthalten durften, der das Griin in starkerem Maafse absorbirt, als das Blau. Man pflegt Trockenplatten mit den verschiedenartigsten Stoffen zu iiberziehen, wie Tannin, Gallussaure, Caffein, Morphin, alles jod- und brombindende Korper, die sensibilisirend wirken; man setzt auch zuwei- len einen gelblichen Farbstoff zu in der Meinung, das ,,chemische' blaue Licht dadurch zuriickzuhalten. Das optische Verhalten dieser ,,Praservative' ist so gut wie nicht bekannt, ihr gunstiger Einflufs nicht immer fiber allen Zweifel erhaben.

Spectrum des reinen Bromjodsilbers (5. Tabelle I Linie X I ) Das Spectrum zeigt noch mancherlei andere eigenthurnliche Eigenschsften, auf die ich spiiter zuriickkommen werde.

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Die W o r t 1 e y platten enthalten Urannitrat , Gummi, Gallussaure und einen gelben Farbstoff als Ueberzug. Uni zu sehen, ob dieser Ueberzug eine Wirkung aulserte, wusch ich eine Wor t l eyp la t t e mit Alkohol und Wasser und erhielt dadurch in der That eine Platte, die von einer yerstarkten Empfindlichkeit im Griin nichts mehr wahr- nehmen iiefs.

Jetzt versuchte ich Bromsilber mit einem Stoff zu impragniren , der die gelben Strahlen vorzugsweise absor- birt nnd das freie Jod oder Brom bindet, in der Hoff- nung, dadurch die Empfindlichkeit fur Gelb zu steigern. Ich wahlte eine Sorte Korallin, welches mir Herr Pro- fessor L i e b e r m a n n freundlichst zur Disposition stellte. Die Lijsung desselben gab sehr verdiinnt im Spectroskop cinen Absorptionsstreif zwischen D und E , in starkeren Lijsungen erweiterte sich die Absorption bis iiber D hin- aue, dagegen wurde Blau bei F in ziemlich bedeutendem Grade hindurch gelassenl).

Ich loste dieses Korallin durch Kochen in Alkohol, so dafs eine gesattigte Losung entstaud, und setzte davon 16 Tropfen zu 15 Gramm meines Bromcollodions. Mit diesem Collodion wurden Bromsilbertrockenplatten darge- stellt, die deutlich roth gefarbt waren und die, demspec- trum exponirt , meine Voraussetzung bestatigten ; die Platten zeigten sich empfindlich im Indigo, von da nahm die Ernpfindlichkeit gegen Hellblau hin ab, wurde bei F schwach, nahm dnnn w i d e r zu und zeigte sioh im Gelb fast ebenso krafiig als im bdigo. So war also ein Mit- tel gefunden, Bromsilberplatten zu fertigen, die von einer bisher fur chemiscb unwirksam gehaltenen Farbe, nam- lich Gelb, ebenso kraftig afficirt wurden, als von dem Indigo, das bisher fur die chemisch am kraftigsten wir- kende Farbe galt.

1 ) Andere Korallinsorten zeigten andere Absorbtionen, die sehr wesent- lich beeinflufst werden durch die Gegenwart freier Saure oder freien Alkalis.

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Nach diesem Versuche durfte ich hoffen, dafs irgend ein anderer brombindender Korper , der das Roth kraftig absorbirte , auch die Ernpfindlichkeit des Bromsilbers fiir Roth erhohen wiirde. Solchen Korper erhielt ich durch die Giite des Hrn. Dr. C h o i n acki . ES war das Methyl- rosanilinpikrat. Derselbe absorbirte kraftig die rothen Strah- len in der Mitte zwischen D und C; die Absorption erstreckte sich bei griisserer Concentration weiter nach D hin, Gelb, Griin und Blau gingen fast ungeschwacht hindurch, da- gegen wurde Indigo und Violett starker absorbirt.

Es wurde von diesem Griin eine gesattigte Liisung durch Kochen mit Alkohol hergestellt und nach 24 stiin- digem Stehen 2 Cub.-Ctm. davon rnit 16 Cub.-Ctm. Brom- collodion versetzt, damit wie oben beschrieben Platten im Silberbade gefertigt , gewaschen und getrocknet. Die so erhaltenen griinen Platten erweisen sich in der That als lichtempfindlich bis ins Roth hinein.

Die Empfindlichkeit nahm von Indigo nach Gelb hin ab, dann wieder zu und an der Stelle, wo der oben ge- dachte Absorptionsstreif aufgetreten war, zeigte sich eine kraftige Wirkung im Roth.

Diese Versuche hatten somit die Richtigkeit meiner Voraussetzungen auf das Eclatanteste bestatigt , und kam es jetzt darauf an, diese auch durch Versuche mit anderen Farbstoffen zu priifen. Korallin verandert sich rasch in den sauren Flussigkeiten, die zum Prapariren der Platten nothig sind, es wird mehr gelb und zeigt dann im Gelb keinen Absorbtionsstreifen mehr. Ich machte meine fer- neren Versuche deshalb mit zwei bestandigen Farbstoffen, namlich Naphtalinroth und Rosanilin.

V e r s u c h e m i t N a p h t a l i n r o t h .

Das Naphtalinroth verdanke ich Hrn. Professor H o f- mann. Ich erhielt es in eiuer anscheinend gesattigten Losung, welche beim Verdiinnen rnit Alkohol bekanntlich eine ausgezeichnete Fluorescenx entwickelt. Sauren haben auf diesen Farbstoff keine Wirkung.

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232

In sehr verdiinnter Lijsung mit Spektroskop betrachtet, gab das Naphtalinroth einen Absorbtionsstreifeq bei D, der nach der rothen Seite hin scharf begrenzt war, nach der griinen Seite bin verlief und dicht bei E aufhorte (siehe Tafel 11, Fig. 1). Im Blau zeigte sich wiederum eine Absorption, die sich nach Violett hin steigerte.

In starkerer Losung verbreitert sich der Absorptions- streifen im Gelb bis iiber die Linie D hinaus, auf der an- deren Seite bis iiber F (siehe Fig. 2, Tafel I1 zu S. 233).

a) Naphtalinroth und Bromsilber.

Mit diesem Naphtalinroth wurde nun ein Bromcadmium- collodion sehr kraftig roth gefarbt und damit Platten im Silberbade (8. d. Anmerk., p. 220) gefertigt. Diese Platten zeigten nach dem Waschen und Trocknen keine Fluo- rescenz mehr, und im Spektroskop nur eine schwache Absorption bei D, ebenso bei Indigo und Blau. I m Tages- licht farbten sich die Platten bald braunlich, absorbirten dann Indigo vijllig und loschten Blau, Griin und Gelb zum grofsen Theil aus, nur Roth wurde fast ungesch'wlcht durchgelassen.

Dem Spectrum, am 26. November 1873 exponirt und entwickelt , zeigten die stark gefarbten Bromplatten zu meiner Ueberraschung fast gar keine Wirkung. Nur ein schwacher Schimmer eines Bildes zwischen G und H kam zum Vorschein. Von einer kraftigen Wirkung in Gelb, wie ich sie erhofft hatte, war nicht die Spur zu merken.

Ich kam sofort aus spater zu erorternden Griinden auf die Vermuthung, dafs eine allzustarke Farbung von Nach- theil seyn kijnne, und verdiinnte eine Portion des rothen Collodions mit farblosem Collodion auf das Doppelte, eine andere auf das Vierfache. Platten, mit diesem Col- lodion gefertigt, verhielten sich in der That so, wie ich vorausgesetzt hatte, das auf das Doppelte verdiinnte Col-

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233

lodion zeigte eine kraftige Wirkung von G bis nahe F, hier verschwand sie vijllig, begann aber nach dem Roth hin, 4 lnm von D, plotzlich wieder und verschwand jenseits D (s. Tafel 11, Fig. 3). Noch schiiner zeigte sich die Wirkung bei dem auf das Vierfache verdun nten Collodion, hier begann die Wirkung nahe H, stieg bis G , blieb am kraftigsten bis 9 G F , fie1 dann rasch, erschien in F nur schwach, stieg nach Gelb hin wieder, erreichte in D ein zweites Maximum und verschwand 2 Ulm hinter D (s. Tafel 11, Fig. 4). Es war also aus diesen Versuchen klar, dafs eine schwache Naphtalinrothfarbung von besserer Wirkung sey, als eine starke. Um nunmehr uber die zweckmarsigste Starke der Farbung in’s Klare zu kommen, wurden 40 CC. des oben erwahnten Bromcollodions mit 14 Tropfen ges. Naphtalinrothlosung , andere 40 CC. desselben Collodions mit 7 Tropfen Naphtalinrothliisung versetzt, damit Platten gefertigt , und bei gleichen Lichtverhaltnissen am 7. De- cember zwischen 12 und 1 Uhr belichtet.

Das Spectrum des stark gefsrbten Collodions zeigt No. 5, das des schwach gefarbten No. 6, Tafel 11.

Auch hier sieht man eine Erweiternng der Empfindlich- keit rnit der Verdunnung.

Urn zu sehen, ob eine noch weiter getriebene Ver- diinnung gleiche Wirkung habe, wurde ein Bronicollodion mit 7 Tr. Naphtalinroth auf 80 CC. Collodion dargestellt. Dieses mit dem vorher genannten doppelt so stark ge- fiirbten verglichen, gab das Spectrum No. 8, wahrend das starker gefarbte No. 7, Tafel 11 lieferte.

Somit steigt die Enipfindlichkeit des Bromsilbernaphtalin- collodions fur Gelb, Roth, Griin und Hellblnu mit wachsen- der Verdunnung.

Eine noch weiter getriebene Verdunnung des letztge- dachten Collodions hatte keine weitere Empfindlichkeits- steigerung zur Folge.

Bemerkenswerth ist, dak bei den stark gefarbten Schich- ten die Empfindlichkeit fur Gelb geringer war, als die fur Indigo (Linie G), bei den schwach gefarbten aber die Wir-

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234

kiing des Gelb , wenigstens bei langen Expositionen, die W irkung des Blari entschieden tiberragte ’).

Bemerkenswerth ist ferner, dafs das Maximum der Wirkung in Gelb und Gelbroth sich keineswegs genau an Stelle des Absorptionsstreifens der rerdiinnten Farbstoff- Lijsong (s. Fig. 1, Tafel 11) findet, sondern et,was mehr nach dem Roth hin.

b) Naphtalinroth und Chlorsilber.

Nun versuchte ich auch die Wirkung des Naphtalin- roths auf Chlorsilber. Es wurden 20 cc. Chlorcalcium- collod mit 7 Tr. Naphtalinroth versetzt und damit Platten nach der bekannten Weise gefertigt.

Diese unterschieden sich sehr merklich von den reinen Chlorsilberplatten durch ihre Empfindlichkeit.

Wahrend die reinen Chlorsilberplatten innerhalb einer Exposition von 15’ am 7. December noch nicht die Spur einer Wirkung ergaben, zeigte das rothgefarbte Chlorsilber, ebenso lange exponirt, ein inerkliches Bild.

Die Wirkung auf letzteres war, wie ich im Voraus gehoffk hatte; rings urn D war dieselbe am intensiv- sten, fie1 nach Roth hin plijtzlich ab, weniger rasch nach Grun hin; hier war die Wirkung am schwachsten, nahm dann wieder etwas zu und erlosch P‘l’m jenseits G.

Chlorcollodion rnit t der Menge des Farbstoffs gab dasselbe Resultat, nur zeigte sich eine noch kraftigere Wirkung um D und verschwand dieselbe vor G (Tafel I1 Fig. 9).

Ein noch schijneres Spectrum erhielt ich mit demselben rothgefarbten Chlorsilber am 24. Marz h. 1. 33 mit 9’ Ex- position (Tafel 11, Fig. 10).

Vergleicht man diese Bilder mit der Wirkung auf rcines Chlorsilber (Tafel I, Fig. 1 11. 2), so springt die auffal- lende Wirkung des Absorptionsmittels sofort in die Augen.

1) Es muL hierbei in Erinnerung gebracht werden, dals die Wirkung des Blau und Indigo sehr rasch ein Maxinium crreicht, das bei Ianger danernder Belichtung nicht mehr iiberschritten wird.

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235

Wiihrend das Maximum der Empfindlichkeit fir reines Chlorsilber im Blau liegt, liegt es fur rothgefarbtes Chlor- silber im Gelb.

Es hat demnach das letztere eine Empfindlichkeit, fast analog unserer Net,zhaut.

Ebenso klar geht aus den Figuren hervor, dals das Absorptionsmittel auf Chlorsilber nnd Brornsilber in gleicher Weise wirkt, es steigert deren Empfindlichkeit fiir Gelb.

c) Naphtalinroth und Bromchlorsilber.

Brom- und Chlorcollodion der beschriebenen Zasammen- setzung wurde zu gleichen Theilen gemischt, mit 7 Tr. Naphtalinroth auf 80 CC. Collod versetzt, und damit Platten gefertigt.

Dieselben lieferten ein Spectrum, welches genau zwischen dem Spectrum auf rothem Chlorsilber und rothem Brom- silber in der Mitte stand (s. Tafel 11, Fig. 11).

d) Naphtalinroth und Bromjodsilber.

Mit Bromjodsilber machte ich nur wenige Versuche. Es war vorauszusehen, dafs Jodsilber, welches Gelb so leicht durchlalbt, daher fur solches wenig empfindlich ist, die Wirkung des A bsorptionsmittels nur unvollkommen zeigen wiirde. In der That zeigte jodreiches Jodbrom- silber von einer Empfindlichkeit fur Gelb Nichts. Ich vermuthe jedoch, daQ bei langerer Exposition sich auch eine solcheerweisen wiirde, undin derThat hat B e c q u e r e l , der meine Versuche mit gefarbtem Collodion wiederholt hat (Comptes rendus, 27. Juillet 1874), auf Jodsilber in der Gegend des Absorptionsstreifens des zugesetzten Chlo- rophylls kraftige photographische W irkungen in Roth er- halten. Mit bromreichem Bromjodsilber offenbart sich eine deutliche Wirkung des Naphtalinroths.

e) Naphtalinroth, Bromjodsilber und B6llenstein.

Bei Belichtung von reinem Bromsilber und Bromjod- silber unter Hollensteinlbsung offenbart sich eine betracht-

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236

liche Erh8hung der Empfindlichkeit gegeniiber den reinen Haloidsalzen, 11nd diel's ist der Grund der Verwendung ,,nasser' Platteii in der Praxis. Die Spectralversuche be- lehren uns nun, dafs die Erhiihung der Empfindlichkeit durch Holleusteinliisung nnr eine einseitige ist , sie findet uur statt fiir die stark brechbaren Strahlen (s. o.), fur die schwach brechbaren , Gelb bis Roth, bewirkt Hbllenstein eher das Gegentheil. (Vergl.Taf.1, Fig. 3u. 5 ,6u. 8, 13u. 14.)

Es war nun von Interesse, zu selien, ob die Wirkung des Nnphtalinroths auch bei Gegenwart von Hollenstein- losung sich noch 5uIsern wiirde. Zu dem Zweck wurden 80 CC. Bromjodcollodion mit 7 Tropfen Naphtalinroth versetzt, die damit uberzogeneu Platten im Silherbade seusibilisirt und dann feucht zur Exposition gebracht, dann entwiclrelt. Das Verhalten war etwas verschieden, je nach dem Jodgehalt.

Bei einem Collodion mit 1 Atom Bromsalz auf 5 Atome Jodsalz war keine Gelbwirkuiig incrkbar , dagegen fand sich die stgrkste Wirkung, welche sonst bei der Linie g liegt, bedeutend weiter nach dern rothen Ende des Spec- trums hingeriickt nnd lag bei F. Nahe bei G zeigt be- kanntlich reines Rromjodsilber einen kraftigen Wirknngs- streifen (s. o.), dieser findet sich bei dem roth gefarbten Jod-Bromsilber ebenfalls (siehe Tafel 11, Fig. 12).

Bei reinem bromreichku Collodion, 7 Atome Bromsalz auf 5 Atome Jodsalz, erstreckt sich bei Gegenwart von Naphtalinroth die Wirkung schon weiter nach Roth hin (Tafel 11, Fig. 13). Bei noch starkerer Vermehrung des Bromgehalts trat die Wirkung des Farbstoffes deutlich hervor, am auffallendsten bei solchen Platten, die mit Bromcollodion im jodsilberhaltigen Silberbade praparirt worden waren. I n jedem Silberbade, in welchem Jod- silberplatten praparirt werden, lost sich zuerst etwas Jod- silber auf. 1st das Bad init Jodsilber nahezu gesattigt, so schlagt sich, wie ich vor zehii Jahren zeigte (Photogr. Mittheil., Jahrgang I, S. 32), dasselbe bei der Praparation neuer Platten in der Collodionschicht nieder. Diese Wir-

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237

kung erklart sich daraus, dafs die zuerst in der jodcad- miumhaltigen Collodionschicht eingedrungene Silberlosung sofort ihr Silber durch Umsetzung in Jodsilber verliert ; dadurch geht aber auch das Losungsvermogen fiir Jod- silber verloren und dieses schlagt sich mit nieder. Taucht man daher Bromhadiniumcollodion in solches Silberbad, so erhalt man keine reine Bromsilberschicht, sondern eine jodsilberhaltige. Eine solche Schicht liefert ohne Farbe- stoff das Spectrum Tafel 11, Fig. 14, mit Naphtalinroth gefarbt aber das Spectrum Tafel 11, Fig. 15, wo die Wir- kung der Absorption des Farbstoffs dentlich hervortritt durch eine bedeutende Erhohung der Empfindlichkeit fiir Gelb und Orange.

f ) Naphtalinroth, Hollensteio uud Bromsilber.

Das oben erwiihnte rothgefarbte Bromcollod (7 Tropfen Roth auf 80 CC. Collod) wurde auf sein Verhalten unter Silberlosung untersucht.

Eine in jodsilberfreiem Bade praparirt Platte wurde rids exponirt , daneben eine rothe gewaschene und getrocknete Hromsilberplatte rnit gleichem Collodion praparirt.

Tafel 11, Fig. 16 zeigt das auf rothem trocknem Brom- silber erzeugte Bild, Fig. 17 das tinter Silberlosung ent- standene.

Man ersieht daraus, dafs Silberlosung die Wirkung der Absorption des Farbstoffes, d. h. die Empfindlichkeit fur Gelb und Roth, nicht vernichtet, wohl aber erheblich vermindert, dagegen die Empfindlichkeit fur die stark brechbaren Strahlen steigert, wie solches schon bei den Versuchen mit reinen Haloidsalzen (ohne Farbstoff) deut- lich hervortrat (8. 0. Abschnitt 1).

V e r s u c h e mi t R o s a n i l i n . a) Bromsilber und Rosanilin.

Nach den Versuchen mit Naphtalinroth war es von Inter- ewe, auch einen anderen ahnlichen FarbstoE zu prufen. Ich wahlte dazu zunachst Rosanilin. Auch dieses ist dnrch ver-

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diinnte Sauren nicht veranderlich und zeigt eine Absorption, die der des Naphtalinroths ahnlich ist. In Linie 1, Tafel 111, stellt die ausgezogene Curve die Absorption des verdiinnten, die punktirte die Absorption des concentrirten Rosanilins dar. Bei noch starkerer Concentration schreitet die Absorp- tion bis iiber F hinaus, erreicht jedoch auf der andern Seite D nicht, erst bei sehr concentrirten Losungen geht die Ab- sorption iiber D hinaus bis D $ C, wiihrend sie auf der an- dern Seite viel rascher nach Blan und Violett hin wachst. Ein wichtiger Unterschied zwischen Naphtalinroth und Rosanilin beruht darin, dafs ersteres in verdiinnter Losung auch die violette Seite auslijscht und dafs diese Absorp- tion sich bei verstarkter Concentration weiter nach Both ausdehnt. Eine solche Absorption an der violetten Seite ist bei Rosanilin uicht zu bemerken. (S. Tafel 11, Fig. 1.)

Behufs Herstellung von Platten wurden 0,15 Gramm des Itosanilins in 40 CC. Alkohol gelost und damit 2 Col- lodien gefarbt, das erste auf 80 CC. 7 Tropfen, das zweite auf 240 CC. 7 Tropfen Rosanilinlosung.

Diese Collodien zeigten beide eine sehr bemerkens- werthe Empfindlichkeit in Gelb, die die fur Blau iiberragte. Curve 2 Taf 111 druckt die Wirknng auf das schwach, Curve 3 die Wirkung auf das stark gefarbte Collodion aus.

Der Unterschied zwischen beiden ist bei weitem nicht so bedeutend, als bei den stark und schwach gefarbten Naphtalinrothplatten. Die starker gefarbte war nur etwas weniger empfindlich im Griin bei E . (Vergleiche Tafel 11, Fig. 3 und 4.)

Merkwiirdig ist , dafs bei sammtlichen mit Anilinroth gefertigten Platten das Gelb trotz der starken Wirkung von keinem Lichthof umgeben war, wohl aber das viel schwacher wirkende Blau. Solcher Lichthof bildet sich immer einer Aureole gleich urn stark wirkende Lichter auf photographischen Platten. Beim Naphtalinroth tritt er urn das gelbe Feld so gut, wie um das blaue auf. Seine Ur- sache ist eine Art Irradiation.

Weitere Versuche miissen noch iiber diesen Punkt Auf-

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240

klarung verschaffen. Rosanilin bereitet insofern einige Schwierigkeiten, als es merklich auf das Silberbad reagirt und dadurch zu Flecken und Streifen Veranlassung giebt. Die Platten miissen deshalb bei moglichst niedriger Tem- peratur priiparirt werden.

b) Bromsilber, Rosauilin und Hiillenstein.

Anilinrothcollodion, frisoh sensihilisirt und unter Silber- losung exponirt, gab ein Resultat, welches ganz analog war dem auf in gleicher Weise behandelten Naphtalinroth- bromsilberplatten, d. h. die Empfindlichkeit fiir Indigo und Blau war durch die Gegenwart von Hollenstein bedeu- tend gewachsen. Die Empfindlichkeit fiir Gelb erschien dagegen herabgedriickt, war aber dennoch sehr merklich. Man vergleiche Tafel 111, Fig. 3 u. 4.

V e r s u c h e m i t Ani l ingr i io .

Von den griinen Farbstoffen zog ich zwei in das Feld meiner Versuche, Methylrosanilinpikrat und Aldehydgrun. Beide zeigen ziemlich gleiches optisches Verhalten und sind, was Hauptbedingung des Erfolges ist , hinreichend indif- ferent photographischen Chemikalien gegeniiber.

Pikratgriin absorbirt in verdiinnter Liisung die violette Seite bis Gi F, auQerdem zeigt es einen starken Absorp- tionsstreifen zwischen C und D, einen schwachen in D. (Siehe die punktirte Liuie 5 in Tafel 111.) In concentrirter Losung wachst die Absorption von beiden Streifen nach F hin (siehe die ausgezogene Linie in Fig. 5 , Tafel 111), letzteres wird selbst in sehr concentrirten Losungen noch durchgelassen, ebenso Roth jenseits C.

Aldehydgriin zeigt in verdunnter Losung die Absorp- tion, welche die punktirte Linie in Fig. 6, Tafel 111 dar- stellt. Der Absorptionsstreifen im Roth ist einfach. In concentrirter Losung wachst von beiden Seiten des Spec- trums die Absorption nach F hin, wie die ausgezogene .Linie 6 andeutet. Nach Roth hin schreitet die Absorp-

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24 1

tion bei beiden Griinsorten mit der Concentration viel weniger fort.

Von dem Pikratgriin wurde durch Kochen eine ge- sattigte Losung hergestellt, und dann 2 CC. zu 16 CC. Bromcadmiumco llodion gesetxt und damit Platten gefer- tigt. Diese zeigten, mit dem Spectrum exponirt, was ich erwartet hntte. Sie gaben am 13. November bei 15 Ex- positionen eine kraftige Wirkung, die von Violett nach Blau anstieg, dann von G bis G F sich gleich blieb, dann allmalig abnahm, bei D fast verschwand und dann von neuem dicht bei C auftauchte (siehe Linie 7, Tafel 111). Mit der Verdunnung steigerte sioh die Empfindlichkeit fur Gelb erheblich. Ein Collodion, das auf 20 CC. 1 CC. Pikratlasung enthielt, zdigte zwar eine Abnahme der Em- pfindlichkeit vom Blau nach dem Gelb hin, doch war die Wirkung im Gelb viel intensiver, als bei dem stark ge- fgrbten (siehe Linie 8, Tafel ID). Noch weitergehende Verdiinnung (40 CC. Collod auf 1 CC. Pikrat) zeigte keine weitere Steigerung der Gelbempfindlichkeit. - Jetzt ver- suchte ich das Aldehydgriin.

Folgende Collodien wurden damit gefertigt : I. 20 CC. Cd.-Br.-Collod. 40 Tropfen gesattigte Alkohol-

losung von Aldehpdgrtin, 11. 20 n n 10 n n n n

111. 20 )) n 5 n n n n Das stark gefiirbte Collodion No. 1 zeigte keine ver-

starkte Empfindlichkeit im Roth. Seine Empfindlichkeit nahm von G nach C hin ganz allmalig ab (siehe Linie 9, Tafel 111). Ganz andere Resultate gab das verdiinntere No. XI, Anch hier zeigte sich eine, jedoch geringere Ab- nahme von G nach D hin, aber zwischen C und D ein sehr deutlicher kraftiger Wirkungsstreifen (siehe die ange- zogene Linie 10, Tafel 111)'). Das noch diinnere Griin- collodion No. 111 gab dieselben Resultate.

1) Die geringe Empfindlichkeit fur die violette Seite des Spectrums bei den Aldehydgriinplatten hat ihren Grond nicht im Material, sondern in der schwachen Wirkung des Violett am Beobachtungstage (9. De-

Poggendorffs Annal. Bd. CLIII. 16

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242

Demnach geben bis zu einer gewissen Uriinze die schwgcher gefarbten grtinen Collodien bessere Resultate ale die stsrker gefarbten.

Naphtal inroth nnd Ani l ingr i in gemischt .

Mischt man Naphtalinroth und Aldehydgrtin, so erhalt man bei gewissem Verhaltnifs eine priichtig blaue Fltissig- keit, was sehr leicht erkliirlich ist, wenn man die Absorp- tionsspectren beider Farbstoffe beachtet. Naphtalinroth (Tafel II, Fig. 1) l6scht das Gelb aus, Aldehydgrtin das Orange (Tafel 111, Fig. 6). Es bleibt demnach hauptsach- lich der blaue Theil des Spectrums tibrig.

Ich mischte nun 5 CC. Naphtalinrothbromcollodion mit 16 CC. Aldehydgrtinbromcollodion No. 111 (a. o.), und erhielt so eine blaue Fliissigkeit. Die damit priiparirten Platten gaben am 31. December 1870 eine Wirkung, die bei 13’ Expositionen sich bis zur Linie A, und anderseits tief in’s Ultraviolett hinein erstreckte (siehe Curve 11, Tafel III), wahrend eine Aldehydgrtinplatte No. 111 nur eine Wirkung zeigte, wie sie die punktirte Curve 10 aus- driickt. Erstgenannte Platte war zu lange exponirt, die Wir- kung im Violett und Gelb war gleich stark, und zeigten sich in beiden Theilen starke Hofe. Deutlicher aber traten die Absorptionseinfliisse bei einer Platte am 2. Januar 1874 hervor, wo sich bei D und C Streifen kraftigerer, Wirkung zeigten (siehe Curve 12, Tafel 111). Die krafiigste Wir- kung zeigte diese Platte bei D, ein zweites Maximum bei G, ein drittes schwiicheres bei C. Die Wirkung im Gelb war an dem genannten Tage aufserordentlich stark. Gleich- zeitig versuchte Naphtalinrothplatten zeigten ebenfalls im Gelb eine vie1 kriiftigere Wirkung, als im Blau.

Diese Umstiinde weisen deutlich auf Schwankungen in der Helligkeit der einzelnen Farben des Spectrums hin, iiber welche in einem spiiteren Artikel die Rede seyn wird.

cember 1873). Die punktirte Linie 10 Taf. 111 zeigt daa Verhalten der- selben Schicht am 31. December 1874 h. 0.42 E. 13, and ist hier eino sahr kraftige WkkMg imViolett kennbar, ebenso eine kriiftigere im Qelb.

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III. Wirkung der Pigniente und Gliiserfarben. Besiehungen ziwischen chemischer Lichtwirkung, Absorption und anomaler

Dispersion. Es ist ein in der wissenschaftlichen und photographi-

schen Welt vie1 verbreiteter Irrthum, dals die chemische Wirkung der gewohnlichen Pigment- oder Glilserfarben der Wirkung der Spectralfarben ziemlich analog sey. Obgleich man wohl wei.Cs, dals die Farben der Pigmente niemals rein sind, so glaubt man doch mit einigem Recht annehmen zu dlirfen, dals die Wirkung der Pigmentfarben der Wir- kung der dominirenden Farbe, welche unser Auge empfindet, entspreche. Seit S e e b e c k , S u c k o w , A. Vogel , D b b e - r e i n e r etc. weirs man, dafs gewisse chemische Lichtwirkun- gen, z. B. Bildung der Salzsaure aus Chlorknallgas usw. usw. unter rothen Glasern nicht erfolgen, wohl aber unter blauen, und die Resultate der modernen Photographie, welche blaue Stoffe sehr oft weirs, grline, gelbe und rothe sehr oft schwarz wiedergiebt, bestatigten die alte Anschauung an- scheinend. Ich habe frliher durch Publication einer Farben- tafel nebst Photographie derselben gezeigt, dals diese An- sichten keineswegs allgemein gultig sind (siehe mein Lehr- buch dcr Photographie, Verlag von Oppenheim , Berlin 1870 und l874), dafs gewisse gelbe und rothe Pigmente, z. B. Neapelgelb, Lichtocker und Krapp ziemlich stark, ge- wisee blaue, z. B. Berliner Blau, Indigo, dagegen nur schwach auf photographische Platten wirken , also gerade umgekehrt wie .die entsprechenden Spectralfarben. Diese Erscheinung ist aus der optischen Zusammensetzung der betreffenden Farbstoffe leicht zu erklaren.

In noch grellerem Grade treten aber die Unterschiede zwischen Spectrum- und Pigmentfarben hervor, wenn man die oben beschriebenen gelb- und rothempfindlichen Brom- silber- oder Chlorsilberplatten zur Aufnahme einer Farben- ta.fel verwendet. Wenn man die Empfindlichkeitsdifferenzen zwischen den einzelnen Silbersalzen in Betracht zieht und dem entsprechend die Belichtungsdauer wiihlt , wird man

16 *

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244

dennoch so ziemlich dasselbe Resultat erhalten, gleichviel, ob man mit Chlorsilber, Bromsilber oder Jodsilber, mit oder ohne Farbenzusatz operirt, d. h. gewisse Sorten Blau, wie Ultramarin und Cobalt wirken wie Weirs, gewisse Sorten Gelb und Itoth, wie Chromgelb, Mennige, Zinnober wirken wie Schwarz. Selbst die verstarkte Empfindlichkeit des Bromjodsilbers fur Spectralgrun hat bei kurzen Ex- positionen fur die Aufnahme gruner Pigmente nnd Blatter nicht entfernt den EinfluB, den man ihm zumikt, denn eine Farbentafel, mit reinem Jodsilber unter Ag N O3 auf- genommen, liefert das Grun eben so kraftig als Bromjod- silber unter gleichen UmstPnden. Erst bei sehr langen Expositionen treten die giinstigeren Wirkungen des Griin auf Bromjodsilber deutlich hervor. Man kann daher Qr die Praxis recht wohl annehmen, dafs bei nassen Bromjod- silberplatten die Wirkung farbiger Pigmente wesentlioh abhangig ist von der Menge des darin enthaltenen Spectral- indigo und Violett. Nun scheint es aber zweifellos, dafs bei Anwendung einer Naphtalinchlorsilberplatte , die fiir Spectralgelb erheblich empfindlicher sich zeigt, als fiir Spectralblau (s. o.), eine Wirkung der gelben Pigmeute hervortreten musse; das ist jedoch nur in geringein Grade der Fall. Die Sache ist leicht zu erklaren, wenn man die relative Helligkeit der Spectralfarben in Betracht zieht, die man bisher bei der vergleichenden Beurtheilnng der Wir- kung an Spectral- und Pigmentfarben ganz aufser Acht gelas sen hat.

Vie r o d t hat neuerdings die relative Helligkeit der einzelnen Theile des Sonnenspectrums bestimmt (siehe dessen Anwendung des Spectralapparats zur Messung und Ver- gleichung der Starke des farbigen Lichts, Tiibingen 1871) und giebt folgende Verhaltnifszahlen der Lichtstarke der einzelnen Theile des Sonnenspectrums :

Bei B, bei C, bei D, zwischen Du. E, bei E, bei F, bei G, bei H. 2 12 78 100 37 12,8 0,8 0,07.

Demnach ist das Verhliltnik der Helligkeit des Spec- trumblaus bei G zum Spectrumgelb bei D nahe wie 1 : 100.

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Solche starke relative Helligkeit im Vergleich zum Blau zeigt kein gelbes Pigment. Ein intensives Chrom- gelb wird kaum mehr als 4mal so hell erscheinen, als ein sattes Ultramarin, und eine Platte, die demnach fur Spec- trumgelb nur ebenso empfindlich ist, als fur Spectrumblau, wird daher in der Zeit, wo sie von einem Ultramarinblau kraftig afficirt wird, von einem benachbarten Chromgelb nur einen auherst schwachen Eindruck erhalten, in dem gegebenen Fall eineu 25mal schwacheren. Will man da- her eine Wirkung gelber Pigmente neben blauen erzielen, so mufs man entweder durch passende gelbe Glaser be- lichten, wodurch das Blau hinreichend gedampft wird, oder die Empfindlichkeit der Prlparate fur Gelb noch weiter steigern. Die Resultate mit gefarbtem Chlorsilber berech- tigen zu der Hoffnung, dafs solches mijglich ist.

Vorlaufig sind nur wenige Farbstoffe untersucht. Diese Untersuchungen haben aLer die Thatsache von der photo- graphisohen Wirkung der Absorptionsmittel aufser Zweifel gesetzt, und man wird bei weiteren Versuchen leicht Farb- stoffe b d e n , die die erwahnten Eigenschaften in erhijhtem Maafse zeigen. Freilich sind nur solche Farbstoffe an- wendbar, welche von den in Frage stehenden photographi- schen Praprraten nicht verandert werden und welche gunstig auf den photographischen Reductionsprocefs wirken.

Abgesehen von der praktischen Bedeutung ist die Sache aber auch von theoretischem Interesse. Die Versuche be- statigen namlich in vollstem Umfange den von H e r s c he 1 und D r ape r zuerst vermutheten und von S c h u 1 t z - S e 1 - 1 a c k anerkannten Zusammenhang zwischen Absorption und Chemismus, nur erweitern sie die bisherigen An- schauungen fiber die Sache. S c h u l t z - S e l l a q k nimmt an, dafs Silberhaloidsalze nur durch die Strahlen chemisch veriindert werden, welche sie in merklicher Starke absor- biren. Meine Versuche zeigen, dafs in der Lichtenapfind- lichkeit photographiocher Platten nicht nur die opriscbe Ab- sorptionsfahigkeit der empfindlichen Silbersalw selbst, son- dern auch die opfiscke Absorptionsfahigkeit beigernengter Substansen eine Rolle spielen.

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Riithselhaf't ist aber hierbei, dafs eine Vermehrung der Quantitiit der beigemengten Absorptionsmittel keineswegs eine Vermehrung der Empfindlichkeit f ~ r die absorbirten Strahlen veranlafst, sondern bei den Naphtalinroth- und Anilingriinsorten sogar das Gegentheil (siehe Tafel 11, Fig. 3 u. 4, Tafel 111, Fig. 7 u. 8, 9 u. 10.

Be: dem ersten Anblick scheint die stlrkere EmpSnd- lichkeit schwiicher gefhbter Schichten f i r das Licht, wel- ches die Farbe absorbirt, als ein Paradoxon. Ich glaube jedoch die Sache geniigend erklaren zu k8nnen.

Bromsilber ist bereits fur sich allein blau-, griin-, gelb- und rothempfindlich, nur nimmt die Empfindlichkeit von Blau an nach Roth hin ganz allmiilig ab und hiirte bei meinen Versuchen bei a gans auf. Beim Zusatz eines Farbestoffes steigt sie aber an den Stellen, wo betreffende Stelle einen Absorptionsstreif zeigt. Denkt man sich aber diese Farbe als Schicht auf reines Bromsilber gedeckt, so wird dieses offenbar nach der Belichtung an Stelle des Absorptionsstreifs gar keine Wirkung zeigen , weil ja das betreffende Licht absorbirt ist, ehe es zum Bromsilber dringen konnte.

Aehnlich wird es seyn , wenn Bromsilbermolekiile in einer stark gefarbten Collodionhiille eingeschlossen sind, hier absorbirt die Hiille den grofsten Theil des Lichts, ehe es zu dem Farbestoffmolekul herabgelangt, das mit Bromsilber in Beriihrung ist. Letetgedachtes Farbestoff- molekiil wird daher nur schwach in Schwingung gesetzt werden. Anders ist es bei Verdiinnung des Farbstoffs, hier behalten die Lichtstrahlen nach Durchdringung der obern Schicht noch Kraft genug, die unteren Molekiile des Farbstoffs in energische Schwingung zu versetzen und da- mit auch das benachbarte Bromsilber.

Die Wirkung des Farbstoffs zeigt sich aber nicht nur in einer auffallenden Empfindlichkeitsvermehrung &r den absorbirten Theil des Spectrums, sondern auch in einer auff"a11igen Empfindlichkeitsverminderung fur die nHchst gelegenen , sttirker brechbaren Strahlen. So geht aus der

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oben gegebenen Beschreibung der Naphtalinrothplatten, [siehe Tafel 11, Fig. 3,4, 5, 6 und zum Vergleich die Ag Br- Spectren Tafel I, Fig. 12 u. 141, klar hervor, dafs diese zwar f i r Gelb bedeutend empfindlicher, fur G r b und Hell- blau dagegen unempfindlicher sind als reines Bromsilber. Aehnliches zeigt sich bei den Rosanilin-, den Pikrat- und Aldehydgriinplatten.

Diese seltsame Erscheinung geht parallel rnit der von K u n d t beschriebenen anomalen Dispersion (diese Ann. 142, S. 163; 143, S. 259; 144, S. 128), welche in den Liisungen der von mir angewandten Farbstoffe factisch statthdet, indem der Brechungsindex an der nach Roth bin gelegenen Seite des Absorptionsstreifs sehr erheblich erhtiht, auf der anderen Seite erheblich vermindert wird.

Der Erhbhung des Brechungsindex entspricht eine Er- hahung der Empfindlichkeit und der Verminderung des- selben such eine Empfindlichkeitsverminderung , so dais chemische Lichtwirkung abhangig erscheint con der Geschwin- digkeit des Lichts in den erregbaren Medien.

Ich gebe diese Vermuthung mit allem Vorbehalt , fer- nere Versuohe mtissen noch fiber diesen Punkt Aufklarung verschaffen.

Eine andere Eigenthtimlichkeit der durch Absorptions- mittel erhiihten partiellen Empfindlichkeit fbr Spectralfarben besteht darin, dafs das Maximum der dadurch hervorge- rufenen photographischen Empfindliohkeit nicht genau mit dem Absorptionsetreif zusammenftillt, sondern etwas mehr nach Roth hin liegt. Man vergleiche z. B. dss Absorptioasspectrum des Rosa-

nilins, Tafel 111, Fig. 1, mit dem photographischen Spec- trum des Rosanilinbromsilbers, Tafel 111, Fig. 2, oder die Absorptionsspectren von Pikrat- und Aldehydgrtin, TafelIII, Fig. 5 u. 6, rnit den Spectren der- gleichgefiirbten photo- graphischen Platten Taf. III, Fig. 7, 8, 10.

Auch diese Ersoheinung hat nichts Auffiidiges mehr, nachdem Ku n d t nachgewiesen hat, dafs der Absorptions- streifen keine constante Lage hat, sondern um so weiter

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nach dem rothen Ende des Spectrums ruckt, je grijlser die Dispersion des zugesetzten nicht absorbirenden Mittels ist, (Annalen, Jubelband, S. 615.) Die oben erwahnten Absorptionsstreifen beobachtete ich in Alkoholltisung, wah- rend die Absorption in den Platten in der starker brechen- den Collodionschicht vorgeht.

Hijchst wahrscheinlich wird auch das Absorptionsvep- magen der reineta Silberhaloidselze schon dadurch rnodifi- cirt, und so wird es sich erklaren, daQ die von Dr. S c h ul t z- S e l l a c k a. a. 0. beschriebene Absorption des reinen Jod- silbers dicht bei f2 endigt, wahrend das Maximum des photographischen Jodsilberspectrums ein wenig rnehr nach Roth hin liegt (siehe Tafel I, Fig. 3).

Nach den vorliegenden Untersuchungen kann wohl die bisher giiltige Unterscheidung zwischen chemisch wirk- samen und unwirksamen Strahlen nicht langer aufrecht er- halten werden; hochstens kann noch von stark und schwach ehemisch wirksamen Strahlen die Rede seyn.

Auch B e cquere l ’ s Unterscheidung zwischen rayons exoitateurs et rayons continuateurs { A m . de ch. et ph., Nov. 1843) ist nicht mehr haltbar, wie i1:h bereits bei einer frnheren Gelegenheit (Bericht der deutschen Gesellsch., 6. Jahrg., S. 1498) gezeigt habe.

Wenn gelbes und rothes Licht in den B e cquerel’schen Experimenten die Wirkung von blauem Lichte auf Chlor-, Brom- und Jodsilbersalz fortsetzte, so geschah clas nur, weil durch die Vorbelichtung mit blnuem oder weikem Licht die empfindliche Schiuht sich chemisch verandert hatte , und damit ihre Absorptionsfiihigkeit fiir gelbe und rothe Strahlen gewachsen war.

B e c q u e r e l giebt dies neuerdings selbst zu, indem er au die Besprechung der Wiederholung meiner Versuche mit gefirbtem Collodion die Anmerkung kniipft (Compt. rend., 27. Juillet 1874) :

Cette action dune matibre colorante en couche trhs mince, qui enaeloppe un corps chimiquement impressionable, montre gui peut - btre les substances insolees prealablement camme

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le jodwe, le bromure et le chlorure d’argent, ne deviknnenf s m i b l e s a l’action des rayons les moins rdfrangibles que par om changement duns la coloration ou duns 1’Ltat de leur surface, le pouvoir absorbant de cette surface pour les dif- ferents rayoler du spectre se trouvant alors change.

R e s u l t a t e . 1 ) Chlorsilber, Bromsilber und JodRilber siad nicht blov

fiir die stark brechbaren, sondern auch far die schwach brechbaren Strahlen des Sonnenspectrums empfind- lich, fiir letztere jedoch in erheblich geringem Grade.

2) Die Empfindlichkeit der Silberhaloidsalze fur ver- schiedene Spektralfarben hangt nicht allein ab von ihrer optischen Absorptionsfahigkeit fiir die betreffen- den Strahlen, sondern auch von der optischen Ab- yorptionsfiihigkeit beigemischter Korper.

3) Farbige Korper, die den photographischen Reductions- procefs befordern und gewisse Spectralfarben absor- biren, steigern, in geeigneter Weise angewendet, die Empfindlichkeit des Silbersalzes fdr die absorbirten Strahlen in erheblichem Grade. Dadurch ist man im Stande, die Empfindlichkeit der Silbersalze fur rothe, gelbe und griine Strahlen sehr bedeutend za erhohen.

4) Mischungen verschiedener Farbstoffe wirken wie ihre Einzelbestandtheile zusammengenornmen.

5 ) Auch gewisse farblose Korper (z. B. salpetersaures Silber, Morphin), welche den photographischen Re- ductionsprocess befordern, modificiren die Farben- empfiudlichkeit der Silbersalze insehrrnerklicher Weise.

6) Die photographische Wirkung absorbirender Stoffe steht in einer gewissen Beziehung zur anomalen Dis- persion, indem gleichzeitig mit der Erhijhung oder Verminderung des Brechungsindex die Empfindlich- keit steigt oder sinkt.

Vijllig indifferente Kijrper , die den Brechungs- index beeinflussen, z. B. Collodion, verriicken daher mit dem Absorptionsstreif auch den Ort der starksten photographischen Wirkury3.

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7 ) Dse von Farbenpigmenten reflektirte Licht zeigt eine von den Spektralfarben erheblich verschiedene Wir- kung, die nicht allein veranlafst ist durch die op- tische Zusammensetzung der Pigmentfarben, sondern auch durch ihre bedeutend geringere Helligkeit.

Deshalb Uben rothe und gelbe Pigmentfarben auf photographische Platten, die fiir spektrales GrUn, Gelb und Roth kriifiig empfindlich sind, nur eine schwache Wfrkung aus.

Berlin, im August 1874.

IV. Ue her die Frage der Fortp#anmngsdauer magnetischer Fernwirkungen;

von H e r m a n n H e r w i g ,

D i e Frage, ob elektrische und magnetische Fernwir- kungen zu ihrer Fortpflanzung Zeit gebrauchen, ist in den letzten Jahren theoretisch und experimentell wiederholt Gegenstsnd der Untersuchung gewesen. In experimen- teller Beziehung hatte Hr. B l a s e r n e 1) eine ganz betriicht- liche Zeitdauer fiir die Fortpflanzung der Inductionswir- kung von einer primiiren Spirale zu einer benachbarten andern zu finden vermeint. Darauf haben jedoch Hr. Bern- s t e ins ) und namentlich Hr. He lmho l t z8 ) ein fir ihre Apparate wenigstens augenblickliches Zustandekommen solcher Inductionswirkungen constatirt. Der Apparat des Hrn. Helmhol t z liess die Feinheit der Zeitmessung so weit zu, dafs als untere Grenze einer Fortpflanzungsge- schwindigkeit der InductionswiPkungen sich der Werth von 42i Meilen aus den Experimenten ergab. So lange sich das Experiment auf den Eaum eines Laboratoriums beschrgnkt, miichte es vorl&ufig schwer halten, noch weiter

1) Giornale di s&i naturali ed cconomichc vol. 6. 1870. Palenno. 2) Diem A n d . Bd. 142, 5. 54. 3) Berliner Yonateberichte 25. Msi 1871.