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Uber die doppelte Umsetzung bei gasrdrmigen Kiirpern. Von HENRYK ARCTOWSKI. Mit 2 Figuren iin Text. Die Annahme, dafs in verdiinnteii wasserigeii Losungen die Salze in eineni Zustand weitgehender elelitrolytischer Dissoziatioii vorhnnden sind, wird heutzutsge allgemein sls giiltig hetrachtet. Die Ionen der Salze sind nun insoweit selbstandig, dal's ihr teiiweiser Austausch in einer Losung, welche zwei Salze neben einander ent- halt , sich ohne weiteres vollzieht. Diese verhaltnismafsige Selb- scandigkeit der Ionen macht uns somit verst,andlicli, weshalb eiiie Mischung der Losungen zweier Salze thatsachlich vier rerschiedeiie Salze enthalt , vorausgesetzt , dal's keine identischen Ioiien vorhan- den sind. Aukerdem erreichen, wie bekannt, die Mengen der ge- bildeten Salze fur bestimmte Temperaturverhaltnisse bestinimte Gleichgewichtszustande , jedesmal wenn alle vier Salze lbsiicli sind. 1st jedoch eines der durch den doppelten Umsntz gebildeten Salze unloslich, so wird der Gleichgewichtszustand fortgesetzt gestort, mid der doppelte Umsatz vollzieht sich so lange, bis die Reageiitien voll- kommen verbraucht sincl. Es sei, z. B.: Es ist dies das BERTHOLLET'SChe Gesetz. Hi,CYZ -+ H',,Sr f aq HgS + 2H,C1' f aq. I Y Und zwar gilt dies Gesetz nur fiir wasserige Losungen. wahreiicl es auf Salzlosungen in einem Lbsungsmittel, welches iouisierende Eigenschaften nicht zeigt, nicht anwendbar zu sein scheint. Wenig- stens - urn uns an Thatsachen zu halten - habeii einige fiir gewisse Salze (oder besser fir gewisse Ionen) charakteristisclie Reaktioneii bei Losungen dieser Salze in anderen Losungsmitteln als Wasser nicht erhalteii werden konnen. So fallt z. U. H,S nicht mehr das Quecksilber aus einer Sublimatlosuiig in wasserfreiem Ather oder absolutem Alkohol. ' Nach demManuskript des Verfassers dentsch von EDMUKD TAIELF., Xiiichen.

Über die doppelte Umsetzung bei gasförmigen Körpern

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Uber die doppelte Umsetzung bei gasrdrmigen Kiirpern. Von

HENRYK ARCTOWSKI. Mit 2 Figuren iin Text.

Die Annahme, dafs in verdiinnteii wasserigeii Losungen die Salze in eineni Zustand weitgehender elelitrolytischer Dissoziatioii vorhnnden sind, wird heutzutsge allgemein sls giiltig hetrachtet. Die Ionen der Salze sind nun insoweit selbstandig, dal's ihr teiiweiser Austausch in einer Losung, welche zwei Salze neben einander ent- halt , sich ohne weiteres vollzieht. Diese verhaltnismafsige Selb- scandigkeit der Ionen macht uns somit verst,andlicli, weshalb eiiie Mischung der Losungen zweier Salze thatsachlich vier rerschiedeiie Salze enthalt , vorausgesetzt , dal's keine identischen Ioiien vorhan- den sind. Aukerdem erreichen, wie bekannt, die Mengen der ge- bildeten Salze fur bestimmte Temperaturverhaltnisse bestinimte Gleichgewichtszustande , jedesmal wenn alle vier Salze lbsiicli sind. 1st jedoch eines der durch den doppelten Umsntz gebildeten Salze unloslich, so wird der Gleichgewichtszustand fortgesetzt gestort, mid der doppelte Umsatz vollzieht sich so lange, bis die Reageiitien voll- kommen verbraucht sincl.

Es sei, z. B.: Es ist dies das BERTHOLLET'SChe Gesetz.

Hi,CYZ -+ H',,Sr f aq HgS + 2H,C1' f aq. I

Y Und zwar gilt dies Gesetz nur fiir wasser ige Losungen. wahreiicl es auf Salzlosungen in einem Lbsungsmittel, welches iouisierende Eigenschaften nicht zeigt, nicht anwendbar zu sein scheint. Wenig- stens - urn uns an Thatsachen zu halten - habeii einige fiir gewisse Salze (oder besser fir gewisse Ionen) charakteristisclie Reaktioneii bei Losungen dieser Salze in anderen Losungsmitteln als Wasser nicht erhalteii werden konnen. So fallt z. U. H,S nicht mehr das Quecksilber aus einer Sublimatlosuiig in wasserfreiem Ather oder absolutem Alkohol.

' Nach demManuskript des Verfassers dentsch von EDMUKD TAIELF., Xiiichen.

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Wir miilsten also annehmen, dals, um den Austausch der die beiden Korper bildenden Bestandteile zu erreichen, unter allen Urn- sfinden eine wasserige Losung angewandt werden mufs, d. h. ein Mittel, welches diesem Vorgang gunstig ist, kurz. - dak die Wirkung des Wassers die Reaktion einleitet und dais dieses selbst unent- behrlich ist. Indessen durfte dabei ein wesentliclier Irrtum vor- liegen. Die Cheniie der wiisserigen Liisungen ist eine Chemie fur sich, und wir diirfen nach ihren Thatsachen kcine Analogieschliisse ziehen, wenn wir mit anderen Bedingungen zu rechnen haben.

Es liegen wenige Untersuchungen vor uber den Vorgang der doppelten Umsetzung von Kiirpern unter Ausschluk eines Losungs- mittels. GUSTAVSOK~ hat Beobachtungen angestellt iiber die Re- alitioiieii . welche sich beim Xrwiirmen der Mischungen von fus- sigen Kijrpern , wie CC1, , CBr, , BoCl,, AsCl,, SnC1, etc. voll- ziehen. Die Nischung von CC1, und BoBr, giebt bei Abwesen- heit von mTasser CRi-, und BoCl,, und zwar wird diese Reak- tion durch Erhitzen beschleunigt. Nach Verlauf einer gewissen Zeit stellt sich jedoch ein Gleichgrewichtszustand ein, der, nach GUSTAV- SON, unabhangig von der Temperatur erscheint, bis zu welcher die Mischung erhitzt wurde. Die zahlreichen Versuche, welche er danii weiter in dieser Richtuiig unternommen hat, fuhren ihn zu den1 Schlusse, ,,dab die doppelten Umsetzungen, bei Abwesenheit voii Wasser, in Bezieliung zu den Atomgewichten der Elemente stehen. aus welchen die wechsclseitig auf einander eiiiwirkenden Kiirper zu- sammengesetzt sind‘.. GU~TAVSOK hat in diescr Richtung nur solche homogene fliissige Korper uxitersucht, die bei gegenseitiger Einwir- kung keine nnlosliclien Produkte ergaben.

Der Versiich BERTIIOLLET’S iiber das Zusammenschnielzen roil CaC1, und RaSO, ist bekannt. Es bildet sich dabei in bestimmtem Verhaltnis CaSO, und BaCl,, und BERTHOLLET fuhrt selbst dieses Reispiel an, um zu xeigen, dals das nach ihm benannte Gesetz nur bei wiisserigen Losungen giiltig ist, da bei Abwesenheit von Wasser clieselbe Reaktion auch im umgelrehrtem Sinne verlaufen kann. Ebrnso erhielt DrJLONGi beim Schmelzeii von BaSO, mit K,CO, einen doppelten Austausch der Komponenten.

A ~ L . Chim. PI/yS. 15 1 (1874) 2. 200. Stat. chin&. I, 133. BWZ. chin^. Php. S2, 133.

* Es sei ckrauf hingemiesen, dsl’s nach deli Uutersuchungen von FOUSSERAU (A?m. Ghini. Phys. [ S ] 6, 354) volt PoixrariB (ebendaselbst 21, 289) urid yon

Diese Reaktiorien gehen aber vor sich bei recht lioheii Tem- peraturen; die Versuche von Prof. W. SPRING’ dagegen haben ge- zeigt, dais eine doppelte Unisetzung auch bei gewiihnlicher Tempe- ratur stattfindet , z. €3. wenn trockenes feingepulvertes BaSO, mit Na,CO, innig gemischt einige Zeit lang sich selbst uherlassen wird, so stellt sich auch in diesem Falle nach einer gewissen Zeit zwischen deli beiden entgegengesetzt verlaufenden Reaktionen ein Gleich- gewichtszustand ein ; Gleichgewiclitszustallcl, dessen Msls von der Natur der auf einander wirkenderi Korper abhsngig ist.

Diese Resultate stehen nun jeclenfalls in offenbarem Wider- spruch mit der Anschauung, dals fur eirie doppelte Umsetzung eiii ionisierendes Lijsungsmittel erforderlich ist.

Es schieii mir nun von Interesse, zu nntersuchen, wie sich in dieser Hinsicht die Mischung zweier aus je zwei Ionen bestehenden Substanzen verhalteii wird , weiin ihre Molekiile dine das vermit- telnde Losungsmittel, aber in einer dein Losungszustande entsprechen- den Verteilung in Reriihrung gebracht werden. Wird diese Nischung auch, entsprechend dem Losungszustand , nicht zwei sondern vier Korper enthnlten:? - Wir mussen also die Substanzen. deren Re- aktion wir prufen wollen, in Dampfform zusammenbringen, urid um die Analogie init den zahlreichen Reaktionen der aiialytischen Chemie vollstandig zu erhalten, mussen die beiden Suhstanzeri so gewahlt werden, dd’s cler eine der (lurch den doppelten Umsatz eiitstehenden

C h A h T Z (U-hed. h n . 40) die meisten geschmolzenen Sake gute Elelitricit&ta- leiter sind. lhre Lcitfiihiglreit w%chst mit der Temperatur und ist niclit gleicli Null beiiti Erstarrungspunkt des Salzes. In Hinsicht auf die elektrolytische Theorie dar chemischen Realrtionen sind dime Vorgiinge also identisch mit denen, welche in wiisserigeii L6snngen vor sic11 gehen.

Zeitsahr. phys. Chen,. 2, 536. Bzcll. SOL. Chitt). 1’wi.s 41, 166 untl 46,229. BuZ1. Bead. Belg. [31 (1885)X, 5. - Eine andere Rcaktion: HgC1,+2KJ = HgJ, + 2KC1 ist besonders interessant in dieser Kinsiclit, cla sie Zafserst schnell verlauft und duidi die Andernng der Farbe der Mischung, die in cirieni MSrser zcrrieben wird, sehr deutlich zu verfolgeu ist (s. Bdl. Bead. Belge 121 49, 5 2 ) .

Nach den Untersuchungcn von ARRHENIUS (Wied. Aim. 42, IS) iiber die elektrische Leitfiihigkeit der Dampfe von Salzen, sind die Salzc in Dampfform nicht ioiiisiert. - Die Leitfiihigkeit der in einexn Bunsenbrenner verdampfen- den Salze der Alkalien und alkalischen Erden berulit auf dem Vorhandensein der lonen der Hydroxyde, welche sicli durcli doppclten Umsat~ zwischen den Dampfen der Salze und den Wasserdiimpfen der Flamme gcbildet habcn.

Korper hei der Versuchstemperatur fest ist. Andererseits mussen wir, um das Prinzip des Arbeitsmasimums zu nmgehen, ein solches Beispiel wahlen, dafs die Reaktion im umgekehrten Sinne des Af- tinitatsgrades verlauft, d. h. um uns korrekter auszusprechen, ent- gegen dem so oft bestrit.tenen Prinzip RERTHELOT'S.

Die Reaktion zwiscben H,S und HgCI, , welche vernioge cier Unloslichkeit tles HgS in wasseriger Losung ohne weiteres vor sich geht , diirfte uiiter den beabsichtigten Redingungen nicht statt- tinden, denn :

HgCI, f H,S (62.8)

IlgS + 2HCl-6.4 c d .

(7.4Ik -(19.8) (2 X 221

IXe Reaktion ist entgegen dem Prinzip der Masimalarbeitsleistung.l Indessen, wenn wir dss Gesetz von BERTHOLLET nuch auf gas- i'iirmige Korper :iusgedehnt denken, so kommen wir zu cler Meinung, dais diese Reaktion sich wohl vollziehen Itonnte, denn H,S ist ein Gas und HgCI, eiii sebr fluchtiger Korper, HgS dagegen eiiie ver- 1iiiltnism:il'sig wenig fluchtige Substanz.

Und in der That , diese Reaktion zwisclien den Dampfen von HgCl, und H,S geht selir leicht ror sich, mie die folgenden Experi- ineiite es zeigen.

Die bei den Beobachtungen angewandte Versucliba~iordnu~ig ist <o einfach, elalb das Experiment leicht wiedcrholt werden kann. Eine schwer schmelzbart,, cu t getrocknetc Glasriihre AU wnrde in einen gcwiihnllcllen kleinen Verbreuuungs- <,fen eingcalegt ( e . Fig. 1). In derselben befirden sich aurserlialb des Ofem

1 Fig. 1.

zwei mit Schwefelblniiie gefullte Schiffchen pi1 and ?/, , wiihrend iiiiierhalb des Ofcns ein tlrittes Schiflcheii frisch snblimiertes HgCI, eutliLlt. Die Kiihre b lcitet die Diiinpfe ab, wahrencl von (( aus (tin Strom reiiien uncl sogfiiltig iiber Phoup1iorpi:ntosyc~ getruckneten Wasserstoffes cingefuhrt wird. \Venn dcr Ap- )jarat vollstiindig mit Wasserstotf gefiillt ist, beginnt man dell Teil ed der Xiihre zn erliitzen, i i ~ i c l zwar hei offeiiem Ofcn und kleiiicn Flammen, so dafs die 'leinperatur der. oberen Halfte der Kiihre init Sicherlieit nicht iiber 400° steigt. I.)anti rrhitzt mail vorsiclitip clas Schifl'clien ' / t 3 , uiid sobald die Iliimpfe dtbs

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Sublimates begonnen haben, sich in der RBhre auszubreiten, so erhitzt man die Rohre stark bei e und schmilzt zugleich den Schwefel im Schiffchen n2 durch eine mit der Hand bewegte Flanime. Man kann so leicht den Schwefel nach und nach ganz verfliichtigen. Dieser verbindet sich dann an der er- hitzten Stelle e rnit dem Wasserstoff. Und da der Wasserstoff im UberschuQ vorhanden ist, so ist die Dissoziation des gebildeten H,S nur eine sehr geringe und sie kann sogar unter giinstigen Bedingungen giinzlich vermieden werden.

Sobald sich nun der Schwefelwasserstoff mit den Dampfen des Sublimats mischt, so erscheint eine Triibung im Rohre: Der trockene Schwefelwasserstoff reagiert mit den1 gasformigen Queck- silberchlorid , und das eine Produkt dieser doppelten TJmsetzung, das Schwefelquecksilber , welches bei der Temperatur der weniger erhitzten Teile des Rohres fest ist, schlagt sich hier nieder. Aber in demselben Make, in welchem es aus dem Aktionsbereich der Dgmpfe tri t t , wird das zwischen den Dampfen der beiden Substanzen erreichte Gleichgewicht gestort, und von neuem ver- lauft die Reaktion in gleichem Sinne, und HgS wird wieder niedergeschlagen. Dieser Vorgang tritt momentan ein, er er- fordert nicht mehr Zeit: als wenn er in wasseriger Liisung ge- schahe. Das entstehende Produkt ist krystallinisch. Es ist die- selbe schwarze Modifikation des Quecksilbersulfides, welche kiirzlich yon W. SPRING^ untersucht wurde: Durch Reiben mit einem harten Gegenstand wird das gebildete Produkt leicht in die rote Modifi- kntion iihergefiihrt. Auch zeigen die Krystalle denselben charakte- ristischen Habitus des natiirlichen Metacinnabarits.,

Um festzustellen, dafs das erhaltene Quecksilbersulfid das Produkt einer doppelten Umsetzung zwischen dem dargestellten H,S und den Sublimatdampfen ist, und nicht durch die Einwirkung der Schwefel- diimpfe auf das Quecksilberchlorid entsteht, habe ich den Versuch wiederholt, indem ich den Wasserstoff durch einen Strom von Kohlen- saure ersetzte. Dabei verfluchtigte sich aber das Sublimat in den Schwefeldiimpfen, ohne die geriiigste Veranderung zu erfahren, und verdichtete sich, mit dem Schwefel gemischt, an den kalteren Teilen des Rohres. Wir konnen also schliefsen, dafs das erhaltene Meta- cinnabarit das Produkt einer doppelten Umsetzuiig ist, analog dem Vorgang in wasseriger Losung.

Indessen mul's hier doch auf einen Punkt hingewiesen werden.

Diese Witschr. 7, 371. Diese Krystalle werden spater meinerseits Gegenstand einer Resehrei-

bung sein. 2. anorg. Chem. VIII. 15

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Bei der Versuchstemperatur von 400-450 lie& der Schwefel in der Kohlensaureatmosphiire nicht in atomistischer Form vor , son- dern als Molekul S, oder selbst s,, urid seine Reaktionsfahigkeit m u k be1 dieser Polymerisation stark abgeschwacht sein. Andererseits ist bei dieser Temperatur der Schwefelwasserstoff teilweise dissoziiert, unrl wenn auch der Uberschuls an Wasserstoff verhindert, dais Schwefel in freiem Zustande vorhanden ist, so hindert er nicht, dals ein Atom S durch Dissoziation eines Molekuls H,S frei wird. um dann allerdirigs gleich wieder mit zwei anderen Atomen H ein neues Molekiil H,S zu bilden. Bei einer sehr hohen Temperztur miissen die Schwefelatome von einem Wasserstofl'molekul zum anderen wandern und dieser Zustand wurde j a genau dem- jenigen entsprechen, in welchem wir uns die Ionen eines Salzes in wasseriger Losung vorstellen. Zur Entscheidung dieser Bedenken bediirften wir nun allerdings neuer Untersuchungen, denn so vie1 bis heute beknnnt ist, sind H,S und HgC1, schlechte Elektrizitits- leiter.' Die beziiglichen Bestiinmungen wurden jedoch bei Tempe- raturen ausgefuhrt, die weit unter der angewandten Versuchstempe- ratur von 400O liegen.

Das Verfahren, welches icli fur die kunstliche Darstellung des Metacinnabarits anwandte, ist schon von DUROCHER~ benutzt worden bei der kunstlichen Darstellung verschiedener Sulfide, welche dann g m z die Formen der natiirljchen Mineralien zeigten. DUROCHER hat nach dieser allgemeinen synthetischen Methode folgende Kiirper erhalten : Pyrit, Zinkblentle, Rleiglanz, und die Schwefelverbindungen von Wisniut, Antimon, Silber und Kupfer. Indessen sind seine rJersuclie ausschliefslich fiir geologische Zwecke unternommen worden urid wurclen deshalb nicht naher beschrieben. Da sie jedoch auch in ganx anderer Hinsicht von Interesse sein durften, so niukten sie wiedeiholt werden, und zwar unter den verschiedensten Bedin- gungen.

Fur die Darstellung des Schwefeleisens habe ich dieselbe Ver- suchsanurdnung wie vorher befolgt , da eine hijhere Temperatur nicht erforderlich ist.

An Stelle des Schiffchens n3 wurde ein kleines Reagenzrohr init subli- miertem Fe,CI, eingeftuhrt, uiid dann trockeiier Wasserstoff dureligeleitet.

OSTWALD, Allg. Ghem. 2, 776-778. Comnpt. rend. (1851) 32, 823. Siehe auch: PELOUZE et FRBMY, Trait6 de

chimie 2 , 949 ; Fucns, Die kiiiostlich dargestelllen Mineralien (Einleitung).

Wenn das Rohr vollkommen damit gefiillt war, wurcle das Eisenchlorid lang- Sam erliitzt, urn die Spnrcn vou Feuchtigkeit, welclle es beim Ehfiihren auf- genommeii hatte, zu entfernen. Hierbei wird durch den Wasserstoff ein Teil des Fe,CI, zu FeCl, reduziert, wrlches sich in kleinen Gruppen sehr feiiier gllnzen- der Schnppen danebeii absetzt. Man erliitzt dauii etwas stsrker und verfluchtigt das Gemenge der bcideii Cblorverbindungcn. Der zu gleicher Zeit in1 Schiffchen 11% stark erhitztc Schwefel giebt Veranlassung zur Bilduiig von Schwefelwasser- stoff, uiid sobald dieser in den Tcil c d der R6hre gelaiigt, wird alles dort in Dampfform befiiidliche Chloreiseii sofort in Sclrwefeleisen iibergefuhrt und riiedergeschlagcn.

Der Inhalt der Robre trubt sich, wahrend die Dampfe durch- einander wirbeln, und je nach der Menge der hinzukommenden Dampfe fallen sofort dichte Wolken eines schweren Staubes nieder. Das Seliwefeleisen setzt sich nicht an den Wanden des Glases fest und seine Bildung vollzieht sich plotzlich. Diese Erscheinung ist wohl verstandlich , denn , wahrend das vorher erhaltene Schwefelqueck- silber verhaltnismiifsig leicht fluchtig ist, so ist dagegen das Schwefel- eisen bei der Temperatur von 400° ein absolut fester Korper. Und feriier, wie ein Niederschlag in wasseriger Losung zur Bildung eine gewisse Zeit gebraucht, wenn er in Wasser etwas loslich ist, aber sofort ausfallt, wenn er ganzlich unliislich ist , so ist es voraus zu sehen, dals ein analoger Vorgang auch bei der Reaktion zweier Xiirper im gasformigen Zustande zu beobachten sein wird. Aber wir wissen ferner , dals absolut unlosliche Niederschlage meistens ainorph sind, wahrend bei einer geringen Loslichkeit des Nieder- schlages, also bei etwas langsamer Bildung, fafst immer ein mikro- krystallinisches Produkt gebildet wird. Die Analogie zwingt uns also a priori anzunehmen, dafs bei Anwendung der Methode von DUROCHER die erhaltenen Produkte urn so eher krystallisiert sein werden, je hoher die Temperatur war, bei welcher sie sich bildeten, abgesehen natiirlich von der individuellen , besonderen Fahigkeit eines jeden Korpers, krystallisiert oder amorph aufzutreten. Man mufs j a jedenfalls in den beiden Fallen den Molekulen die notige Beweglichkeit und Zeit geben, damit sich die krystallinischen Gebilde aufbauen konnen.

Der erhaltene Niederschlag , der wahrscheinlich eine Mischung mehrerer Sulfide ist, stellt sich dem blolsen Auge als schwarz- graues, feines, scheinbar krystalliuisches Pulver dar. Unter dem Mikroskop sieht man einige kleine, nicht melsbare, zerbrochene gelbe Krystallchen blitzern, wahrend die grofsere Masse aus einem dichten gelb-griinen Pulver besteht.

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Bei der Einwirkung von H,S auf die Dampfe des SbCI, bilden sich unter denselben Bedingungen, wie vorher, Krystalle von Sb,S,, deren Formen identisch sind mit denen des natiirlichen Schwefel- antim0ns.l

I n diesem Falle geht die doppelte Umsetzung nicht momentan vor sich, und es bildet sich kein Niederschlag. Man sieht im Gegenteil, wie die Krystallisation an verschiedenen Stellen beginnt, und das Wachstum der Krystalle lalst sich leicht verfolgen. Er- hoht man die Temperatur durch Bedecken des Ofens mit Kacheln, so geht die Krystallisation langsamer vor sich und man erhalt ein sehr schones Produkt. Nach dem Abkiihlen ist das Rohr ganz er- fullt von glanzenden Plattchen, die eine Lange von 3-7 mm zeigen und baumformig angeordnet sind.

Das Arsentrichlorid wird zersetzt. Das Amen verbrennt mit dunkelblauer Flamme.

Der fur diesen und den folgenden Versuch benutzte Apparat ist derselbe, nur clak das Schiffchen a3 durch einen kleinen De- stillierkolben ersetzt ist, von dem eine langere Riihre die Tlampfe bis zum anderen Teil des Ofens fiihrt.

A--

Fig. 2.

Das Zinnchlorid giebt durch die doppelte Umsetzung mit H,S Zinnsulfid in kleinen goldglanzenden Schnppen , die sich vorzugs- weise auf dem weniger heifsen Rohre, durch welches die Dalnpfe des Chlorids eingeleitet werden, absetzten. 3;s ist dies jedenfalls nicht das in der Natur vorkommende Stannin , welches Mineral irnrner in Begleitung der Schwefelverbindungen von Kupfer, Eisen und Zink vorkommt.

Die Darstellungsart dieses Sulfides ist iibrigens schon langer bekannka

Endlich wurde ancli noch die Einwirkung des Schwefelwasser- stoffes auf die Dampfe des Molybdanpentaohlorid untersucht. Die

IXese recht scliijnen Krystalle von kiinstlichem Stibin liabe ich Herrn Prof. C E ~ I W iiberlussen, sie werdeii von ihm an einem anderen Orte beschrieben werden.

(+RAHAY-OTTO, 8~80~9. Ghem. '7, 1284.

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doppelte Umsetzung mit diesen teilweise dissoziierteti Dampfen ist eine vollige. Ein schwerer Rauch crscheint in dem Rohr, sobald die Reaktionssubstanzen zusammentreffen. Diese Dampfe bestehen aus aukerordentlich feinem Pulver , das von dem Wasserstoffstrom mitgefiihrt wird und sich am Ende der Rohre in dicken Flocken absetzt. Der Korper scheint aniorph zu sein, zeigt indessen unter dem Mikroskop gewisse Spuren von Krystallisation.' Die Rohre iiber- zieht sich mit einem Spiegel.

Die vorliegenden Versuche sind nun allerdings nicht zahlreich genug, um irgend welche bestimmten Schliisse zu ziehen in Bezug auf den Gedanken, welcher mich zu diesen Untersuchungen gefiihrt hat. Da es inir nun aber wahrscheinlich nicht miiglich sein wird, dieselben fortzusetzen, so habe ich mir erlaubt, iiber die wenigen mitgeteilten Versuche zu berichten, und miiclite noch daran die folgenden Uberlegungen kniipfen.

Das Wasser, das Analogoii des Schwefelwasserstoffes, giebt bei Einwirkung auf die Chloride die Oxyde. Schon im Jahre 1823 wurde nuch dieser Methode zum ersten Male der Eisenglanz von GAY- LUSSAC dargestellt. Andere natiirlich vorkommende Oxy de wurden nach derselben Methode erhalten von: DAUBR~E,~ STANISLAS MEUNIER,~ FERRIBRES und DUPONT,~ HAUTEFEUILLE etc. Die erlangten Resul- tate sind in geologischer Hinsicht ausreichend , keineswegs jedoch in chemischer Beziehung. So ist der Einfluk der Temperatur auf diese Reaktionen bis jetzt erst einmal naher untersucht worden, und zwar von G. ROUSSEAU' bei der Einwirkung der Wasserdampfe auf Eisenchlorid. Aus seinen Untersuchungen geht deutlich hervor, dak diese doppelten Umsetzungen zwischen zwei Dampfen keineswegs mit gleicher Leichtigkeit bei allen Temperaturen vor sich gelien.

* Um das Sulfid lrrystallisiert zu erhalten, entsprecliend dem naturlichen MolybdLnglanz, kiinnte man wahrscheinlich, ohne zu hiiheren Temperaturen zu greifen, das Verfahren von CARNOT mit Erfolg anwenden. Man mufste dann den Schwefelwasserstoff l h g e r e Zeit bei geeigneter Temperatur iiber das amorphe Produkt leiten.

A m . Cliim. Phys. 12, 415. Conzpt. reiid. (1849) 29, 135, 227. Ann. des Miltes [5] (1852) 1, 124.

Siehe auch Qe'ologie expirimentale. ' Conipt. rend. (1880) 90, 701.

FR~MV'S Eneyelop. ehinz. 2 (I Nachtrag), 68. Ann. Clrim. Plrys. [4] 4, 49.

' Conzpt. vend. (1893) 116, 1S8.

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Diese Reaktionen konnen sich also unterhalb einer bestimmten Temperatur nicht mehr vollziehen, - sie haben eine Anfangs- temperatur. Auch ist in dem erwaihnten Fall der Vorgang besonders komplizicrt durch die gleichzeitig auftretenden chemischen Anzie- hungeii zwischen dem gebildeten Oxyd und dem noch nicht zersetzten Chlorid, die nur durch einen betrachtlichen Uberschuls des ein- wirkenden Reagenz aufgehoben merden konnen.

Es 1st zu bemerken, dak sich jede Reaktion fast immer kom- pliziert durch das Suftreten der entgegengesetzten Umsetzung, aber dies chemische Gleichgewicht wechselt mit der Temperatur, und die Reaktion vollzieht sich zu Gunsten des einen Produktes. Wie be- kannt, ist die Losung des Eisenchlorids hydroljtisch clissoziiert und clas Verhaltnis des vorhandenen Eisenhydrats wachst mit der Tem- peratur. Und deshalb gerade iniissen wir die Anfange der von GAY-LI-SSAC bei reclit hohen Temperaturen erzeugten Reaktionen 111

der HJ tlrolyse der F:isencliloridliisungen aufsuchen. Nach den vorerwahnten Uberlegungen scheint es mir nun. dalk

wir da> auf die vergasteii S d z e ausgedehiite BERTHOLLET'whe Gesetz in folgender NTeise formulieren konnen: Wenii d i e M i s c h u n g d e r D a m p f e von zwei z u s s m m e n g e s e t z t e n K o r p e r n d u r c h d o p - p e l t e U m s e t z u n g e i n b e i h e r r s c h e n d e r T e m p e r a t u r uucl D r u c k f e s t e s P r o d u k t g e b e n k a n n , wahrencl d i e d r e i a n d e r e n P r o d u k t e gasf i j rmig b l e i b e n , s o w i r d s i c h d i e s e s i m m e r i n f e s t e r F o r m a u l s e r h a l b d i e s e r A t m o s p h i i r e a b - s c h e i d e n ; - dals dies Gesetz in gewissen Fallen nur bei sellr hohen Temperaturen seine Gultigkeit bewahreii wird. und dafs die nahere experimentelle Erforschung desselben von grofsem Interesse sein wiirde, ergiebt sich gleichfalls.

Schliefslich mochte ich noch auf die hochst bemerkenswerte dynamische Theorie der chemischen Verbindungen \. 011 AL. WILLIAN- SON hinweisen. WILLIAJI\ON nimmt an , dak die Atume, welche die Molekule der zusammengesetzten Korper bilden, in einem gewissen Bewegungszustand gegen einanrler sich befinden. Die Molekiile eirier Substanz konnen ihre sie bilderiden Atonie fortwalirend unter ein- ander austauschen, und so erklart sich WILLIAM~OK. wie bei dem Zusammentrefien verschiedenartiger Molekule eine doppelt e Umsetzung sich vollziehen kann. So fiihrt er die Ursache selbst eiiies jeden chernischen Gleichgewichtes, und also auch desjenigen. welches sick

L/'eb. A I L I I . (1551) 72, 37.

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in einer wasserigen Losung vollziehen kann, und des BERTHOLLET- schen Gesetzes auf diese hypothetischen Bewegungsvorgange der konstitutiven Teile der Molekule zuruck.

Von diesem Standpunkt aus kann es uns keineswegs uberraschen, wenn wir sehen, wie zwei zusammengesetzte trockerie Korper sowohl im festen Zustande, wie im fliissigen und a fortiori in gasformigem Zustande mit einander reagieren konnen. Von diesem Standpunkte aus siiid die im Losungszustande eintretenden Reaktionen nur ein besonderer Fall, nllerdings der verwickeltste, denn wahrend gewisse Losungsmittel die Reaktion durch ihre dissoziierende Wirkung er- leichtern, scheinen andere im Gegenteil durch eine entgegengesetzte (assoziierende) Wirkung die Reaktion vollkommen aufzuheben.

Liittich, Bastitut de chimie gkne'rale, den 5. Deoewibev 1894.

Bei der Redaktion eingegangen am 10. Dezember 1994.