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Uber die Einwirkung von Hitze auf Schwefelkohlenstoff. VOIl HENRYK ARCTOWSKI.' Mit 1 Figur im Text. BERTHELOT hat vor gewisser Zeit den wohlbekannten Versueh uber die Einwirkung von Hitze auf Schwefelkohlenstoff ausgefiihrt, und daraus geschlossen . dals dieser Korper genau bei derselben Temperatur sich zu zersetzen beginnt, bei welcher er zu entstehen anfangt, namlich in der Rotglut. Uncl zwar sol1 diese Zersetzung durch Erhitzen einfach in eiiiem Zerfall cles Schwefelkohlenstoff- inolekiils in Scliwefcl und Kohlenstoff ohne Bildung von Moiiosnlfid bestehen. Indessen diirfte dieser Vorgang cloch ron etwas komplizierterer Art sein. - Bei Gelegenheit einer friiheren Arbeit schieiien mir einige Thatsachen darauf hinmweisen, dais selbst geringe Warme, wenn sie iiur genugend lange eiumirkt , eirien polyiiierisierendeii Einfluls auf den Schwefelkolilenstoff ausubt. Je hoher die Tempe- ratur geht, dosto dentlicher ist diese Einwirkung. Wahrscheinlich ruhrt der unangenehine Geruch des gemiilinlichen Schwefelkohlen- stoffes von Spuren dieser Kondensationsprodukte her. - Ich bin jetzt in der Lage. etwas gennuer iiber diese Beobachtungen zu berichten. In einer iieueren Arbeit4 berichtet BBLA v. LEKGTEL fiber die Eiiiwirkung des elektrischen Flanimenbogens auf die Dknipfe yon Scliwefelkohlenstoff. Der elektrische Funke ubt eine zersetzencle Wirkung auf denselben aus. und riacli Verlauf einer gewi>seii Zeit bildet sich eiiie betrachtliche Menge eiiier roten Fliissigkeit : (1d.s Sesquisulficl des Kohlenstoffes C,S,. fiber die Art der Entstehung dieses Koiidensatioiisproduktes spricht sich B~LA v. LENGYEL nicht aus. I)a nun in dein elektrisclien Flammenbogen neben der Elektrizit%t

Über die Einwirkung von Hitze auf Schwefelkohlenstoff

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Uber die Einwirkung von Hitze auf Schwefelkohlenstoff. V O I l

HENRYK ARCTOWSKI.' Mit 1 Figur im Text.

BERTHELOT hat vor gewisser Zeit den wohlbekannten Versueh uber die Einwirkung von Hitze auf Schwefelkohlenstoff ausgefiihrt, und daraus geschlossen . dals dieser Korper genau bei derselben Temperatur sich zu zersetzen beginnt, bei welcher er zu entstehen anfangt, namlich in der Rotglut. Uncl zwar sol1 diese Zersetzung durch Erhitzen einfach in eiiiem Zerfall cles Schwefelkohlenstoff- inolekiils in Scliwefcl und Kohlenstoff ohne Bildung von Moiiosnlfid bestehen.

Indessen diirfte dieser Vorgang cloch r o n etwas komplizierterer Art sein. - Bei Gelegenheit einer friiheren Arbeit schieiien mir einige Thatsachen darauf hinmweisen, dais selbst geringe Warme, wenn sie iiur genugend lange eiumirkt , eirien polyiiierisierendeii Einfluls auf den Schwefelkolilenstoff ausubt. J e hoher die Tempe- ratur geht, dosto dentlicher ist diese Einwirkung. Wahrscheinlich ruhrt der unangenehine Geruch des gemiilinlichen Schwefelkohlen- stoffes von Spuren dieser Kondensationsprodukte her. - Ich bin jetzt in der Lage. etwas gennuer iiber diese Beobachtungen zu berichten.

I n einer iieueren Arbeit4 berichtet BBLA v. LEKGTEL fiber die Eiiiwirkung des elektrischen Flanimenbogens auf die Dknipfe yon Scliwefelkohlenstoff. Der elektrische Funke ubt eine zersetzencle Wirkung auf denselben aus. und riacli Verlauf einer gewi>seii Zeit bildet sich eiiie betrachtliche Menge eiiier roten Fliissigkeit : (1d.s Sesquisulficl des Kohlenstoffes C,S,. fiber die Art der Entstehung dieses Koiidensatioiisproduktes spricht sich B ~ L A v. LENGYEL nicht aus. I)a nun in dein elektrisclien Flammenbogen neben der Elektrizit%t

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und der Warme auch die Wirkung des Lichtes zu beachten ist, so kann die Entstehungsursache der Kondensationsprodukte sowohl auf einem dieser Griinde als auf allen dreien zugleich beruhen. Und die Erklarung ist um so verwickelter, da durch Wirkung des Lichtes allein ein Zersetzungsprodukt des Schwefelkohlenstoffes entsteht, nach SIDOT:~ (CS)". - Es schien mir nun von Interesse, zu untersuchen, ob ,dureh Einwirkung von Hitze allein nicht auch das Sesquisulfid ent- steht. Nach meinen Qersuchen , die bei verhaltnismassig niedriger Temperatur ausgefuhrt wurden, ist dies wahrscheinlich, und man wird jedenfalls bei Anwendung hoherer Temperaturen, als sie mir zu Gebote standen, vollstandig zufriedenstellende Resultate erhalten.

Ich wandte bei den Versuchen folgenden Apparat an :

In dem kleinen Glaskolben von ungefahr '1, 1 Inhalt kist mail reinen und trockenen Schwefelkohlenstoff sieclen. Das Ableitungs- rohr (8 mm im inneren Durc,hmesser) ist aus bohmischem Glas. Die Dampfe kondensieren sich in einem aufrecht stehenden Kuhler urid flieSsen in das darunter befindliche fest abgeschlossene Gefals. Die Korkstopfen miissen sehr sorgfaltig schlielsen wid der Kuhler durch ein Sicherheitsrohr abgeschlossen sein, damit keine Luft iri den Apparat eintreten kann. Dies Experiment ist nicht ollne Gefahr.

&Ian beginnt damit, die Luft aus dem Apparat durch die Dampfe des CS, zu vertreibeii, lafst erst dann Wasser durch den Kiihler laufen, und setzt nach und nach die einzelnen Flamnien rles Verbrennungsofens in Brand. Die Temperatur steigt auf ungefahr

Compf. rend. 81, 31.

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600 0. Der Schwefelkohlenstoff m d s sehr langsam sieden, damit die Dampfe innerhalb der Rtihre bleiben konnen, und die ganze Destillation nimmt dann mehr als 2 Stunden in Anspruch. Nach- dem der Apparat erkaltet ist, destilliert man die erhalterie Fliissig- keit von neuem in derselben Weise. Ich habe diese Operation in einer Woche 15 Ma1 wiederholt.

Das Prodnkt erscheint nicht stark verandert. Der Ruckstand bei den letzten Destillationen fkrht sich stark gelb, wahrend das Destillat ein gmz farbloses Proilukt ist, es ist selir ubelriechend. 1)ie Rohre hat sich mit einern leichten, schwarzon , glanzenderi Spiegel bedeckt, der jecloch nicht reine Kohle ist, da sich in dem- selben Spuren vori Schwefel nachweisen lassen. Das Reaktionsprodukt wurde iiun eiiier frxktionierten Destillation unterworfen : 250 ccm gehen bei 46.2" (B~rometerstand 752 mm) fiber; der Ruckstand hat eine olirengelbe Farbe und scheint auch niclit so dunnfliissig wie reiner Schweft:lko~~leiistc,ff.

E s gehen ditnn iiber: bei 46.5" : 20 ccm, das Destillat ist farblos, von stark atherischein Geruch,

bei 47.1° : It; cc'rn, etwas gelblich gefiirbt, Riicltstand orange, blig; bei $tl.jo :

Riickstand orangegelb ;

S c ( m , gelb mid uriangenelirn riechend.

Der Riickstand, 5 ocm, ist eine iilige rote, stark ubelriecheiide Fliissigkeit. Eiidlich bleibt in dem kleinen Destillationskolben , in welchen die Fliissigkeit iibergegossen wurde, ein oliger, im durch- fallenden Lichte bmunroter, im reflektierten Lichte schwarzer Tropfen, der nicht inehr destilliert. Die in1 Schwefelkohlenstoff' enthaltenen Spuren von Schwefel gehen niit diesem iiber, und man kann sie durch Verduiistenlassen der lichten Fraktionen nachweisen.

Der braunrote Ruckstand diirfte nun wohl das von BBLA v. LENGYEL beschriebene Sesquisulfid seiii. Zur Analyse reichte die Substanzmenge nicht aus. Ich habe jedoch folgende Versuclie damit gemacht.

Der erste Tropfen wnrde auf einem Uhrglas in eirieni Trocken- schrank auf 120 erhitzt. Nach wenigen Minuten war die Substanz in eine schwarze Masse verwandelt. Ein zweiter Tropfen wurde in Chloroform gelost; die rijtliche Lijsung gab, mit einem Tropfen Rrom versetzt, nach Clem Einengen unter der Luftpumpe einen hellgelben flockigen Niederschlag. Der clritte Tropfen, ebenfalls auf ein Uhr- glas gebracht , verwandelte sich spontan in die schwarze Modifi- kation, er liiste sich dann langbam in konz. Kalilauge; die Liisung

Die Substanz wurde in drei Teile geteilt:

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war rot und gab beim Nentralisieren mit Salzsaure zalilreiche braurie Flockchen.

Es scheint also nach diesen Beaktionen das durch Einwirkung der Hitze auf die Dampfe von Schwefelkohlenstoff gebildete Pro- dukt dasselbe zu sein, welches BELA von LENGYEL untersucht hat. Jedenfalls ist es der Korper , welcher den unangenehmen Geruch des unreinen Schwefelkohlenstoffes hervorruft.

Da es mir iniiglich war, andererseits zu zeigen,l dak der Schtvefelkohlenstoff stark verandert wird, wenn man ihn im ge- schlossenen Rohre auf eine Temperatur von ungefahr 175 O erhitzt, so ist jedenfalls anzunehmen, dals eine sehr hohe Temperatur nicht notwendig ist , urn einen gewissen Teil der Substanz zu polymeri- sieren, weiin nur die Einwirkung der WBrme genugend lange Zeit vor sich geht.

Endlich glaube ich bemerken zu durfen, d d s nach den Ver- suchen von BELA v. LENGYEL und den vorstehenden die eingangs erwahnte Annahme BERTHELOT’S wenig wahrscheinlich ist.

Schwefelkohlenstoff, im geschlossenen Rolir 16 Stnnden lang auf 160-175 O

erhitzt, wird stark gelb und sehr ubelriechend. Im Vakuum verdampft, hinter- liefs er eine ijlige dunkelbraune, mit einigen schwarzeii Kbrnern durchsetzte Masse , deren Gerncli an den von verbrannteni Kautschuk erinncrte. (Diese ZeifPtkr. 6 , 255.)

Liittich, Institut de chirtzie gd&rule, dex 16. Jcmucir 1895.

Bei der Redaktion ringegangen R T I ~ 37. Janum 1895.