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L. R o sent h aler : Eisenaalicylat. 563 Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institnt der Universitat Strassburg i. E. Ueber die Eisenverbindungen der Salicylsaure. Ton L. Rosenthaler. (Eiogegangen den 24. IS. 1904.) Dall aus der violetten Lbung, welche man durch Zusatz von Eisenchlorid zu einer L6sung von Salicylslure oder deren Salzen erhllt, der flrbende Kiirper nicht mit Aether oder Chloroform ausgeschiittelt werden kann, ist bekannt. Trotzdem ist der Satz: ,,Wird die durch Eisenchlorid violett geflrbte wasserige Salicylslurel6sung rnit Aether oder Chloroform geschtittelt, so verschwindet die Violettflrbnng nicbt" I), nur bedingt richtig. Wohl ist bei einmaligem Ansschtitteln der violetten Lirsung mit Aether nichts Auffllliges zu bemerken. Schiittelt man aber wiederholt aus oder, besser und bequemer, behandelt man eine wlsserige Idsung von salicylsaurem Natron, die bis zur Violettflrbung mit Eisenchlorid verset.zt ist, im Perforationsapparat mit Aether, so beobachtet man folgendes: Die Fltissigkeit verliert allmlhlich ihre violette Farbe und geht in Kirschrot tiber. Setzt man die Perforation noch weiter fort, so verschwindet auch die Rotfarbung und es hinter- bleibt (manchmal unter Abscheidung weniger brauner Flocken) eine braune Fliissigkeit, die mit Eisenchlorid keine Violettfarbnng mehr gibt und also auch keine Salicylsaure mehr enthllt., wenn man von vornherein gentigend Eisenchlorid zugesetzt hatte. Unterwirft man die Fliissigkeit der Dialyse, bis in der Bnlleren Fltissigkeit rnit Silber- nitrat kein Chlorid mehr nachweisbar ist, so scheiden sich aus ihr branne Flocken von Eisenhydroxyd ab und sie wird vollstlndig farblos. Nimmt man statt Aether Chloroform, so verlluft der Vorgang in der- selben Weise, nnr scheidet sich schon in der letzten Periode der Perforation mehr Eisenhydroxyd ab. Dampft man den Aether oder das Chloroform, womit man die Perforation vorgenommen batto, ab, so hinterbleibt Salicylslure. Die Eigenschaft, bei der Perforation mit Aether oder Chloroform zerlegt zu werden, kommt anch noch anderen organiechen Eisen- verbindungen en nnd es lassen sich ghnliche Vorglnge wie die ftir Salicyl. same geschilderten bei der Perforation der Flllssigkeiten feststellen, welohe man dnrch Znsatz von Eisenchlorid zu den wlsserigen LBenngen 1) E. Schmidt, Pharm. Chemie (3. Aufl. 1896), 2. Bd, S. 994. 36+

Ueber die Eisenverbindungen der Salicylsäure

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Page 1: Ueber die Eisenverbindungen der Salicylsäure

L. R o sent h a ler : Eisenaalicylat. 563

Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institnt der Universitat Strassburg i. E.

Ueber die Eisenverbindungen der Salicylsaure. T o n L. Rosenthaler .

(Eiogegangen den 24. I S . 1904.)

Dall aus der violetten Lbung, welche man durch Zusatz von Eisenchlorid zu einer L6sung von Salicylslure oder deren Salzen erhllt, der flrbende Kiirper nicht mit Aether oder Chloroform ausgeschiittelt werden kann, ist bekannt. Trotzdem ist der Satz: ,,Wird die durch Eisenchlorid violett geflrbte wasserige Salicylslurel6sung rnit Aether oder Chloroform geschtittelt, so verschwindet die Violettflrbnng nicbt" I),

nur bedingt richtig. Wohl ist bei einmaligem Ansschtitteln der violetten Lirsung mit Aether nichts Auffllliges zu bemerken. Schiittelt man aber wiederholt aus oder, besser und bequemer, behandelt man eine wlsserige Idsung von salicylsaurem Natron, die bis zur Violettflrbung m i t Eisenchlorid verset.zt ist, i m Perforationsapparat mit Aether, so beobachtet man folgendes: Die Fltissigkeit verliert allmlhlich ihre violette Farbe und geht in Kirschrot tiber. Setzt man die Perforation noch weiter fort, so verschwindet auch die Rotfarbung und es hinter- bleibt (manchmal unter Abscheidung weniger brauner Flocken) eine braune Fliissigkeit, die mit Eisenchlorid keine Violettfarbnng mehr gibt und also auch keine Salicylsaure mehr enthllt., wenn man von vornherein gentigend Eisenchlorid zugesetzt hatte. Unterwirft man die Fliissigkeit der Dialyse, bis in der Bnlleren Fltissigkeit rnit Silber- nitrat kein Chlorid mehr nachweisbar ist, so scheiden sich aus ihr branne Flocken von Eisenhydroxyd ab und sie wird vollstlndig farblos. Nimmt man statt Aether Chloroform, so verlluft der Vorgang in der- selben Weise, nnr scheidet sich schon in der letzten Periode der Perforation mehr Eisenhydroxyd ab. Dampft man den Aether oder das Chloroform, womit man die Perforation vorgenommen batto, ab, so hinterbleibt Salicylslure.

Die Eigenschaft, bei der Perforation mit Aether oder Chloroform zerlegt zu werden, kommt anch noch anderen organiechen Eisen- verbindungen en nnd es lassen sich ghnliche Vorglnge wie die ftir Salicyl. same geschilderten bei der Perforation der Flllssigkeiten feststellen, welohe man dnrch Znsatz von Eisenchlorid zu den wlsserigen LBenngen

1) E. Schmidt, Pharm. Chemie (3. Aufl. 1896), 2. Bd, S. 994. 36+

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von Phenol, Resorcin, Gallusslure. l’yrogallol und Bntipyrin erhiilt. Gerbslure verhPlt sich negativ. WZhrend bei der Perforation der blauen Phenol-Eisenchloridmischung ’) sehr bald die gelbe Eisenchlorid- farbe in der wasserigen Losung auftritt, i s t dies bei Resorcjn, Gallus- saure und Pyrogallol nicht zu erreichen, weil die im Verlauf der Reaktion sich bildenden Osydationsprodukte dieser KBrper (oder deren Eisenverbindungen) dunkel gefarbt sind. Fiihrt man den Versucb mit Thnllin Bus, so geht, wenn die zun5Lhst grtine Fliissigkeit mi t Chloro- form perforiert wird, in letzteres ein schon rotvioletter K6rper fiber, der auller in Chloroform i n Wasser, Weingeist, Aceton, Petroltither und Benzol loslich ist. In krystallisiertem Zustand konute ich ihn nicht erhalten.

Bur Erkllrung dieses Verhaltens der Salicylsaure und der sich analog rerhaltenden Iiorper mull man annehmen, daP die betreffenden Eisenverbindungen teilweise hydrolytisch dissoziiert sind. Da nun ein Gleichgewichtszustand zwischen der Muttersubstanz und ihren Disso- ziationsprodukten besteht, so muD, wenn ein Dissoziationsprodukt durch die Perforation entfernt wird, wiederum ein Teil der Muttersubstanz die hydrolytische Dissoziation erfahren und dies wird in derselben Weise weitergehen, bis sie vollstandig gespalten ist.

Bei der Salicylslure kommt aber noch hinzu, dall in dem eingangs geschilderten Versuch die violette Verbindung erst, i n die rote iiber- geht. dall also zwei derartige Reaktionen hinter .einander verlaufen. Eine einwandfreie Erklgrung dieser Erscheinung wird dadurch er- sohwert, dali wir weder die Zusammensetznng der roten noch die der violetten Verbindung kennena). Beide lassen sich aber aus der grunen Verbindung erhalten, welche entsteht, wenn man iiberschussiges Eisen, SalicylsSure und Wasser unter Luf tabschld zusammenbringt. Diese Verbindung ist sicher ein Ferrosalicylat und da auch salicylsaures Natron metallisches Eisen zu losen vermag, so dtirfte sie baeisch aalicylsaures Eisenoxydul sein oder mindestens solches enthalten. An der Luft entsteht aus der griinen Verbindung die rote, die demnach als basisch salicylsaures Eisenoxyd zu betrachten wtire. Fiigt man zu der roten Losung etwas Saure, es gentigt Salicyls;Zure, so entsteht die

1) Uebrigens ist auch die in der Literatur sich fiadende Angabe, daD mit dem Eintreten der Farbung eine Reduktion des Eisencblorids zu Eiseu- chloriir verbunden ist, nicht richtig. Gibt man unmittelbar nach dem Ent- stehen der Blaufllrbung Salesiiure nnd dann Ferricyankalium zu der Fhssigkeit, so bildet sich nicht sofort Turnbull’s Blau.

9) Vergl. J. E. G e r o c k : Beitrag zur Kenntnie der Verbindungen von Salicylsaure und Eisen in der StraDburger Festgabe fur den Deutschen Apotheker-Verein 1897 (Zweiter Teil, S. 121).

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violette Verbindung. Diese bildet sich auch immer, wenn zu iiber- schussiger Salicylskre ein wenig Eisenchlorid hinzugefiigt wird. Qibt man aber zu einer Lbsung von salicylsaurem Natron ein wenig Eisen- chlorid, so tritt, wie bekannt, Rotftirbung ein und erst auf Busatz von mehr Eisenchlorid bildet sich wieder die violette Verbindung. Es 1Ut sich aber zeigen, dall, urn in diesem Fall die rote in die violette Verbindung liberzufilhren, der Zusatz von Eisenchlorid gar nicht er- forderlich ist; es ist nur ein Zusatz von Saure, also von Wasserstoff- Ionen nGtig, und die Wirkung des Eisenchlorids in diesem Fall beruht z u n a c h s t darauf, dall m i t ihm gleichzeitig Wasserstoff-Ionen eingefiihrt werden. Gibt man dann zu der violett gewordenen Liisung salicyl- saures Natron, so tritt wieder die rote FBrbnng auf. Durch den Zu- satz des salicylsauren Natrons zu der sauren Mischung wird ngmlich die wenig dissoziierte Salicylslure gebildet und die Dissoziation letzterer, wie aus einer von O s t w a l d angegebenen Regel hervorgeht, noch weiter vermindert. Auch dann geht die rote Verbindung auf Zusatz von Salz- oder Schwefelslnre (zuviel SInre wird nattirlich alle Salicylslure zur Abscheidung bringen) wieder in die violette iiber. Daraus ist zu schliellen: B e i e i n e r b e s t i m m t e n g e r i n g e n Kon- z e n t r a t i o n d e r W a s s e r s t o f f - I o n e n i s t n u r d i e r o t e V e r - b i n d u n g bes t t ind ig , e r s t be i g ro l l e re r die v io le t te . Mit Hilfe dieses Satzes 1Pllt sich nun auch erkltiren, warum in dem zuerst ge- schilderteil Perforationsversuch die violette Fliissigkeit in die rote ubergeht. Mit der Salicylsaure , die infolge der hydrolytischen Dissoziation des Eisensalicylates in den Aether iibertritt, werden Wasserstoff-Ionen aus der wasserigen Flfissigkeit entfernt, die mit dem Eisenchlorid eingeftihrt waren. J e mehr SalicylsLure in den Aether tibergeht, desto mehr mull die Konzentration der Wasserstoff- Ionen in der wlsserigen Flfissigkeit abnehmen. Damit sind die Be- dingungen fiir den Eintritt der Rotfgrbnng gegeben. Der weitere Verlauf der Reaktion versteht sich nach dem oben Gesagten yon selbst. Nach vijlliger Entfernung der Salicylshre ist das zweite Dissoziationsprodukt, das Ferrihydroxyd, noch i n der Fliissigkeit kolloidal gelost nnd kann auf die angegebene Weise abgeschieden werden.

Eine Gewillheit iiber die Zusammensetzung und Konstitution der roten und violetten Salicylslureverbindung des Eisens 1E1Ut sich seibst- verstandlich durch derartige qualitative Reaktionen nicht erlangen. Es ist aber zweifelhaft, ob der violette K8rper iiberhaupt j e in analysen- reinem Zustand gewonnen werden kann.

Ich mochte bei dieser Gelegenheit noch auf eine Spur hinweisen, deren Verfolgung zur Auf klarung dieser Verhiiltnisse und in Lhnlichen

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Fallen von Nutzen sein konnte. Es ktinnte namlich eine der Salicyl- s lure isomere S I u r e von folgender Konstitution existieren:

L. R o 8 e n t h a1 er : Ebensalicylat.

co I&$ (1 CnCOOH

\/ Diese Formel steht zu der der Salicylslure i n demselben Ver-

hiiltnis wie die Keton-Formel zur Enol-Formel beim Acetessigester ; es sei devhalb dieses Isomere der Kiirz9 halber als ,,Keto"-Salicylsaure bezeichnet. Die Eisenverbindungen der beiden Sluren kfinnten wohl verschiedene F k b u n g besit zen, umsomehr als bei der Salicylslure (von der Karboxylgruppe abgesehen) der Wasserstoff der COH-Gruppe noch durch Metal1 vertretbar ist, wlhrend bei der isomeren Slure Wasser- stoff der CHa-Gruppe dafiir in Frage kommt, und es ware nicht aus- geschlossen, daB die eine dieser Verbioduugen bei geringer Aenderung der Verhlltnisse, z. B. Abnahme der Aciditat, in die andere Uberginge.

Die Annahme einer derartigen ,,Keto"-Salicylslure i s t nicht so gewagt, ale es auf den ersten Blick scheinen m k h t e , da gerade bei aromatischen Verbindungen solche Annahmen nichts so seltenes sind. Das Phloroglucin reagiert z. B. mit Hydroxylaniin als ,,sekundares Phloroglucin" *):

err, co '\ co

C I b \/ CHa co

Sekuodares Phloroglucin,

ucd J. T h i e l e a ) gelangte zu dem SchluD, .daG im freien Phenol resp. den Salzen bei den Schwingungen innerhalb des Molekiils voriibergehend auch die Retoformen auftreten".

Angesichts der Tatsache, daD ich der .I~et~'~-Salicylsanre-H~~~o- these vorlPufig keinerlei experimentelle Grundlage geben kann, hake ich es fur miiaig, weitere Folgerungen aus derselben zu ziehen. Ich sehe deshalb auch davon ab, zu erartern, von welcher der beiden Sauren, z. T3. die violette Salicylslure-Eieenverbindung sich ableitet, obgleich gerade hier Analogieschliisse sehr nahe liegen.

1) Ber. d. d. chem. Ges. SIX, S. 160. 2) Liebig'a Annalen der Chemie 306, S. 129.