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937 3. 2%er die Elektrixitatserregung durch die Bewegung fester E6rper dn FZ4sdgkeCten. Kontaktelektrtsche Studien II; con Jean Billitxer. In der vorstehenden Abhandlung war ich von der An- nahme ausgegangen, daB fallende Teilchen einen Strom erzeugen, in welchem die positive Elektrizitat im Sinne der Fallbewegung flieBt, wenn die Teilchen positiv gegen die Flussigkeit geladen sind, im umgekehrten Sinne sber, wenn die Teilchen eine negative Ladung annehmen, wahrend im Grenzfall jede Strom- erzeugung ausbleibt. Die Methode stutzt sich allein auf diese Annahme, und es sol1 im folgenden gepruft werden, ob sie zulassig ist, d. h. ob es sich um eine reine Erscheinung handelt, welche auf gut bekannte elektrische Qorgange zuruckgefuhrt werden kann, feriier welchen EinfluB storende Nebenwirkungen ausuben, welche Faktoren von maBgebender Bedeutung sind etc. Porversuche. Die Erscheinung, welche wir naher studieren wollen, ist zuerst von Dorn l) im Jahre 1880 beobachtet worden rind wurde - soviel mir bekannt - seitdem nicht wieder aufgenommen. Dorn beschickte 48 cm lange Rbhren, in welche mittels zweier seitlicher Ansatze zwei Platinelektroden eingefiihrt waren, mit destilliertem Wasser und etwa zu 'Ic mit Glasperlen (in einem anderen Versuche mit Seesand). Wurde die Rohre um eine horizontale Achse gedreht, so fielen die Perlen aus dem oberen Ende der Rohre durch die Flussigkeit herab und erzeugten hierbei einen Strom, der im Galvanometer einen Ausschlag hervorrief. Horte die Bewegung, auf so kehrte das Galvanometer fast genau in seine Ruhelage zuruck. Seesand gab einen etwas groBeren Effekt wie die Glasperlen, verhielt sich aber im ubrigen vollig gleich. 1) E. Dorn, Wed. Bnn. 10. p. 70. 18YO. .4nnden der Phyaik. IV. Folge. 11. 60

Über die Elektrizitätserregung durch die Bewegung fester Körper in Flüssigkeiten. Kontaktelektrische Studien II

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3. 2%er die Elektrixitatserregung durch die Bewegung fester E6rper d n FZ4sdgkeCten.

Kontaktelektrtsche Studien I I ; con J e a n B i l l i t x e r .

In der vorstehenden Abhandlung war ich von der An- nahme ausgegangen, daB fallende Teilchen einen Strom erzeugen, in welchem die positive Elektrizitat im Sinne der Fallbewegung flieBt, wenn die Teilchen positiv gegen die Flussigkeit geladen sind, im umgekehrten Sinne sber, wenn die Teilchen eine negative Ladung annehmen, wahrend im Grenzfall jede Strom- erzeugung ausbleibt.

Die Methode stutzt sich allein auf diese Annahme, und es sol1 im folgenden gepruft werden, ob sie zulassig ist, d. h. ob es sich um eine reine Erscheinung handelt, welche auf gut bekannte elektrische Qorgange zuruckgefuhrt werden kann, feriier welchen EinfluB storende Nebenwirkungen ausuben, welche Faktoren von maBgebender Bedeutung sind etc.

Porversuche. Die Erscheinung, welche wir naher studieren wollen, ist zuerst von D o r n l) im Jahre 1880 beobachtet worden rind wurde - soviel mir bekannt - seitdem nicht wieder aufgenommen.

Dorn beschickte 48 cm lange Rbhren, in welche mittels zweier seitlicher Ansatze zwei Platinelektroden eingefiihrt waren, mit destilliertem Wasser und etwa zu ' Ic mit Glasperlen (in einem anderen Versuche mit Seesand). Wurde die Rohre um eine horizontale Achse gedreht, so fielen die Perlen aus dem oberen Ende der Rohre durch die Flussigkeit herab und erzeugten hierbei einen Strom, der im Galvanometer einen Ausschlag hervorrief. Horte die Bewegung, auf so kehrte das Galvanometer fast genau in seine Ruhelage zuruck. Seesand gab einen etwas groBeren Effekt wie die Glasperlen, verhielt sich aber im ubrigen vollig gleich.

1) E. Dorn, W e d . Bnn. 10. p. 70. 18YO. .4nnden der Phyaik. IV. Folge. 11. 60

9 38 J. Billitrer.

Starkere und dauernde Effekte erhllt man, wie ich mich uberzeugen konnte , zugleich mit besser definierten Versuchs- bedingungen, wenn man die Elektroden an die Enden der Rohre verlegt und statt der Glasperlen elektromotorisch wirk- samere Korper, am besten Metalle, durch Losungen ihrer Salze fallen la&. So wurden alle Versuche , deren Beschreibung folgen soll, mit Silber zwischen Silberelektroden in bestimmten Silbersalzlosungen ausgefuhrt.

Wenn nun solche Silberteilchen - ich verwendete in der Regel einen zu einer ebenen Spirale gewundenen diinnen Silber- draht - durch die Rohre fallen und einen Strom dabei er- zeugen, so entsteht vor allem die Frage, wieviel von dem beob- achteten Effekte auf Rechnung undefinierter Nebenumstande zu setzen ist. Reibungsstromc, Thermostrome, Gravitationsstrome etc. konnten zugleich auftreten und das Messresultat entstellen.

Von diesen Storungen kommen die Gravitationsstrome wohl in erster Linie in Betracht.

I n einer vertikalen Rohre stehen j a beide Elektroden unter verschiedenem Drucke und dadurch kann die LSsungs- tension des Metalles beeinflufit werden, wie es Des Coudres’) fur Quecksilber, das unter Druck stand, beobachtet hat.

Ich beschickte eine etwa 80 cm lange Rohre von 37 mm Durchmesser, an deren Enden zwei kreisformige Silberdektroden Durchmesser 35 mm) sich befanden, mit einer verdiinnten Silbernitratlosung unter vBlligem Ausschlusse von Luftblasen. Die Rohre wurde vertikal aufgestellt und an die Zuleitungs- drahte eines d’Arsonvalgalvanometers der Empfindlichkeit ca. 2 x geschlossen. Hatte ich die VorsichtsmaBregel gebraucht, die Elektroden oinige Tage lang vor dem Versuche in einer Silbernitratlosung kurz zu schlieben, so zeigte das Galvanometer keinen Strom an ; auch dann nicht, als die Rohre umgekehrt wurde.

Nun wird das untere Ende von kalterer Luft umgeben, wie das obere. Thermostrome konnten dadurch entstanden sein, konnten den etwaigen Gravitationsstrom verdeckt haben.

Deshalb fiihrte ich diesen Versuch noch in anderer Form aus , indem ich den spiralfdrmigen Silberdraht (der gleichfalls

1) Th. Des Coudres, Wied. Ann. 46. p. 292. 1892.

Elektrizitatserregung etc. 939

mit den Elektroden kurzgeschlossen worden war und keine Potentialdifferenz gegen dieselben aufwies) in die Rohre warf und die Rohre wieder unter AusschluB von Luftblasen ver- schloB. Das Galvanometer zeigte nun einen Strorn an, dessen Richtung sich beim Umlegen der Rohre umkehrte. Im Mittel von sechs Beobachtungen betrug der Ausschlag bei der Um- kehr 11,4 Skt. Nun wurde die Riihe unmittelbar nach der Umkehr nahe horizontal gelegt (die Silberspirale blieb in Be- riihrung rnit der Elektrode) und es wurden abermals sechs Ablesungen ausgefiihrt, die im Mittel einen Ausschlag von 11,3 Teilstrichen der Skala bei der Umkehr ergaben. Endlich umschloB ich das eine Ende der Rohre mit der Hand oder beruhrte verschiedene Drah te etc. ohne einen deutlichen oder regelmafiigen EinfluB der Erwarmung beobachten zu konnen.

Thermo- iind Gravitationsstriime geben somit bci der gewahlten Anordnung, wenn uberhaupt, so nur Xffekte einer anderen Griipen- ordnung und Konnen daher viillillig vernachlassigt werden.

Nun konnten ferner durch Gleitung an den Glaswanden etc. Reibungsstrijme entstehen. Ich lieB daher den Silberdraht zu wiederholten Malen durch die Fliissigkeit fallen, indem ich ab- wechselnd die Beriihrung rnit der Glaswand vermied oder herbei- fiihrte ohne eine sichere Beeinflussung des Effektes beobachten zu konnen.

Weiter war noch die Wirkung zu priifen, welche der StoB des fallenden Silbers auf die Elektrode ausiibt. Ich wahlte ein kompakteres Silberstuck, lieB es entweder frei durch die Fliissigkeitssaule auf die Elektrode fallen oder ganz sanft auf der gensigten Rohrwand herabgleiten ; auch diesmal erhielt ich fast identische Werte.

D o r n fuhrt an, daB die Intensitaten von einem Tage zum anderen abnehmen. Ich babe diese Beobachtung bei frisch beschickten Rohren bestatigen konnen, nicht aber dann, wenn die Elektroden und der Draht in demselben Elektrolyten mehrere Tage kurzgeschlossen worden waren. Offenbar braucht es einige Zeit, bis sich Draht und Elektroden ins Gleichgewicht mit der LLiisung gesetzt haben. Mehrere Tage vor jedem Ver- suche wurden deshalb (und aus einem ferneren Grunde, der spater besprochen werden soll) die Rijhren mit der betreffen- den Losung und dem Silberdrahte beschickt, die Elektroden

60 *

940 J. Billitrer.

in Beruhrung mit dern Drahte kurzgeschlossen und sie blieben wahrend des Versuches auch stetig durch das Galvanometer und gelegentlich durch einen Widerstand verbunden.

Einflub der Bohrlange. Nunmehr die Vorversuche ein gunstiges Resultat ergeben hatten, schritt ich dazu, die Ab- hangigkeit des Effektes von der Lange des durchfallenen Raumes zu priifen. Es ist vorauszusehen, daS mit ihr die Potential- differenz anwachsen wird ; ist aber ein Gleiches von der Strom- intensitat zu erwarten ? Schon die erste Versuchsreihe zeigte, da6 dies keineswegs der Fall is t ; im Gegenteil: die Strom- intensitat nimmt mit der bange des Rohres ab.

Die Rohre hatten 37 mm Durchmesser und waren an ihren Enden durch zwei kreisf6rmige Silberelektroden von 35 mm Durchmesser abgeschlossen. (Silberspirsle. Silbernitratlosung.)

I. A b s t a n d d e r E l e k t r o d e n 77,3 em.*) Rohre unmittelbar

Rohre vertikal nach der Umkehr nahe horizontal gelegt

Mittel: 7,2

i 2.10-8

593 7,9 6,s 7,3 771 7,6

Mittel: 7,5

Amp.

__

11. A b s t a n d der E l e k t r o d e n 37,3 cm. Rohre vertikal Rohre horizontal

i z-, -15 - 5 Amp.

10.2 10,o 10,4 10,3 10,2 10.1

hlittel: 10,z -~

Amp. 2 . 1 0 - 8

10,4

9,4 9 3

10,s 11.0 1 l,o

Mittel: 10,s

1) Die hIessung der Intensitaten wurde erst nach mehreren Um- drehungen begonnen.

Elektrizitatserregung elc. 941

111. Abstand der E l e k t r o d e n 17 cm.

RShre vertikal Itchre horizoutal

2 . 1 0 - 8 i ~-

Amp 2.10’9 Amp. __ ___

l i ,8 18,2 14,4 15,4 17,l 17,2 18,2 192

l i , 3 15,2

Mittel: 16’8 Mittel: 17,1

16,Q 15,7

~

Kiirzere Rohren liefern also graJ3ere Stromintensitaten und dies kann nicht befremden, wenn man die Rohre als stromlieferndes Element betrachtet : es muB die im aufieren SchlieBungskreise auftretende Intensitat eine Funktion der elektromotorischen Kraft, aber auch des inneren Widerstandes der Riihre sein.

Nun ist jedenfalls die elektromotorische Kraft eine Funktion der Lange des Fallraumes, da es anzunehmen ist, daB eine Trennung der Elektrizitaten auf jedem einzelnen Wegstiicke erfolgen wird. Andererseits wird eine durch die Elektrizitats- trennung erlangte Potentialdifferenz der weiteren Trennnng ent- gegenwirken, d. h. es wird

d l f (9 a v = - - - ,

(1) v = Ink . f ( l )

sein, wenn wir die Potentialdifferenz mit v , die Lange des Fallraumes mit 2, eine Integrationskonstante mit k bezeichnen.

Dagegen wird die Intensitat eine inverse Funktion des inneren Widerstandes und somit der Lange des Rohres sein, weil der Ausgleich der Potentialdifferenzen durch die Fliissig- keit getrennt wird, die der Draht beiin Herabfallen hervor- gerufen hat. Wir erhalten dxher

21

I ’ P

wenn wir die Intensitat mit i, den Widerstand des auBeren SchlieDungskreises mit wa, den der Elektrolyten (in Ohm/cm) mit wf , endlich den Querschnitt durch y bezeichnen.

2 = -

w, + -- Wf (2)

942 J . Billitrer.

77,3 37,3 17,O

(3)

7,2- 7,5 1 3 10,2-10,3 9 J 16,s-17,2 7 J

und

(4)

Durch Verbindung von (1) und (2) erhalten wir

indem wir die natiirlichen Logarithmen durch Briggsche er- setzen, da sie nur als Quotienten in die Gleichung eingehen.

Nun konnte man versuchen, die auftretenden elektro- motorischen Krafte zu messen und daraus i nach Gleichung (2) fur jeden einzelnen Fall zu berechnen. Doch sind leider die auftretenden Potentialunterschiede, wie leicht begreiflich, nur minimale - sie erreichen selten Millivolts -. Wenn ich es gleichwohl versucht habe sie zu messen, um ofters zu kon- statieren, da8 sie mit der Rohrlange etwa in dem zu erwarten- den Verhaltnisse zunehmen, so sind die Zahlen doch zu wenig genau, um eine Berechnung von i zu ermoglichen.

Bei Unkenntnis der f ( 2 ) ist aber nur eine qualitative Priifung des Versuchsmateriales moglich ; auch glaube ich, daB die Genauigkeit der Versuchsdaten fur die quantitative Aus- wertung zu gering ware. Immerhin lassen sich auch aus diesen Versuchen einige Schliisse ziehen, deren Richtigkeit durch das Experiment gepruft werden kann. So kann man durch Einsetzen der betreffenden Werte in Gleichung (3) kontrollieren, ob durch die graphische Einzeichnung der erhaltenen Werte wirklich eine Kurve von logarithmischem Verlaufe erhalten wird.

So ergibt sich aus dem angefuhrten Versuche, bei welchem die Rohren direkt durch das Galvanometer (200 a) kurz- geschlossen waren :

EZektrizitatserregung etc. 94 3

In der graphischen Darstellung Fig. 1 (die Kurven tragen darin die Nummer der Tabelle, auf die sie sich beziehen) tritt in der Tat der erwartete Verlauf hervor.

Sol1 die gegebene Er- kliirung aber richtig sein, so miiI3te ferner die pro- zentuelle Abnahme der Stromintensitat mit der Lange des Rohres um so groBer sein, je schlechter der Elektrolyt leitet, wah- rend in sehr gut leiten- den Fliissigkeiten groBere Effekte und vielleicht sogar eine Zunahme der Inten- sirat mit der Rohrlange erhalten werden konnten.

Um zunachst die erste Konsequenz zu priifen, verdiinnte ich die verwendete Silberlosung unci wiederholte den Versuch unter sonst gleichen Bedingungen.

Fig. 1.

1

1

76,5

37,3

17,O

T a b e l l e 2. Silberspirale. AgNO, verdunnt.

= 10766 f i / cm. w, = 200 fi.

i gef. ~

Mittel

1,2

2,o

2,9-3

26

23

14

944 J. Billitzer.

Auch dieser SchluB wird also durch das Experiment be- statigt. Denn wie wir es erwartet hatten, iiberwiegt hier die Widerstandswirkung derartig, daB die Intensitaten der Rohr- lange nahezu umgekehrt proportional werden.

Die zweite Konsequenz ist nicht unmittelbar zu verwirk- lichen, weil selbst recht konzentrierte Silbernitratlosungen einen erheblichen Widerstand noch besitzen; doch zeigt es sich, daB mit der Verwendung besser leitender Losungen die Strom- intensitaten derart anwachsen, daB wir dem Galvanometer einen Widerstand vorschalten konnen , gegen welchen der innere Widerstand des Rohres klein bleibt.

Ich priifte zunachst, ob noch in 30 proz. Silbernitrat- losungen ohne vorgeschalteten Widerstand eine Abnahme der Intensitaten mit der Rohrlange zu beobachten ist. Dabei fand ich die Intensitaten so groB, da8 ich die bisher verwendete Drahtspirale durch ein kurzes Drahtstuck ersetzen muBte, urn nicht Ausschlage uber die ganze Skala zu erhalten.

T a b e l l e 3. ca. 30 proz. AgNO,-Liisung.

w, = 200 Ohm. Kurzer Silberdraht.

W, = 9,s (Ohmlcm).

1 77,5

37,3 1 i \

17,O

I

i gef.

872 796 8,O 7,9 7,9

11,o 11,4 11,6 11 , l 11,2

13,O 13, l 13,6 12,9 13,2

Mittel

1 779

J

11,2-11,3 1 I

13,l-13,2

Um nunmehr von der Widerstandswirkung unabhangig zu werden, wurde dem Galvanometer ein Widerstand von 5000 Ohm vorgeschaltet. Dadurch nahert sich der erste Bruch auf der

Elektrizitatserreyung etc. 945

rechten Seite der Gleichung (4) der Eins und die hinderungen der Intensitaten werden auf die der elektromotorischen Krafte zuriickzufuhren sein.

Tabe l l e 4. Silberspirale. AgNOs ca. 1 normal. w i = 11,74 $i/cm. w, = 5200 52.

I 1 i gef.

77,3

37,3

17,O

33,0 36,O 36,6 35,l 34,s

32,4

31,l 31,5

27,3 27,O 22,5 26,4 25,2

Mittel

35,l i I I 32, l

1 25,s

I Die gesuchte Erscheinung gibt sich nunmehr durch die

Zunahme der Intensitat mit der Rohrlange zu erkennen. Potentialabfall im Rohre. Nun aber geniigend starke Effekte

erhalten wurden, um groBe Widerstande in den auBeren Strom- kreis legen zu konnen, war es bverlockend den Potentialabfall im Rohre zu messen, dessen Kenntnis einiges Licht auf die Natur der Stromerzeugung im Bohre zu werfen versprach. Deshalb wurde eine Rohre von 48 cm Lange mit vier gleich weit (1 2,5 cm) voneinander entfernten Ansatzen versehen, durch welche vier halbkreisformig gebogene Silberdrahte als Sonden eingefiihrt worden waren. Durch die Korke an den Enden der Rohre ragten gleich lange kreisformig gebogene Silberdrtihte in die Losung, welche 44,5 cm Abstand voneinander besagen, j e 3,5 cm von der niichsten Sonde entfernt. Die so vorbereitete Rohre wurde mit konzentrierter Kaliumnitratlosung , die Silberchlorid enthielt, und einer Silberspirale beschickt und es blieben mehrere Tage vor den einzelnen Versuchen Sonden, Elektroden und Draht

946 J. Biliitzer.

kurzgeschlossen , bis keine Potentialdifferenz mehr zu finden war. Nunmehr wurde zur Messung geschritten, indem man

I 1

Fig. 2.

den Draht durch die game LSinge der Rohre fallen lie8, hierauf den einen Zu- leitungsdraht des Galvanometers, dem 100 000 Ohm vorgeschaltet waren, an das eine Ende der Rijhre anlegte, den anderen sukzessive an die ubrigen Drahte anschlofi und die einzelnen beobachteten Intensitaten verzeichnete. Die beigezeichneten Kurven (Fig. 2) geben das Ergebnis vieler Messungs- reihen graphisch wieder.

Denken wir uns die Abstande d e r Elektroden ( A und B) und der Sonden (1-4) als Abszissen, die Potentialdifferenzen zwischen ihnen , als Ordinaten aufgetragen und lassen wir die Silberspirale von B auf A fallen, so entspricht dem Potential- abfalle im Rohre eine Kurve der Gestalt (1). Von B bis 4 fallt sie rapid, nimmt von hier ab etwa logarithmischen Verlauf, um unmittelbar vor A wieder steil abzufsllen. Diese sonderbare Qestalt erweckte die Vermutung, daB in a und B andere Verhaltnisse bestehen wie in 1-4. Und eine solche Ver- schiedenheit ist auch zu erwarten, wem wir unsere Begriffe und Vorstellungen uber die Art der Stromerzeugung im Rohre fixieren.

Urn uns dieselbe bildlich vorzufiihren, wollen wir uns der Hypothese der elektrischen Doppelschicht bedienen.

Es ist in der friiheren Abhandlung schon darauf hin- gewiesen worden, da8 die experimentellen Ergebnisse eine vie1 ungezwungenere Darstellung erfahren, wenn man den Helm- h o 1 t z schen Begriff der elektrischen Doppelschicht modifiziert und nicht mehr zwei iSchichten darunter versteht, die in auberordentlich geringer Entfernung voneinander entgegen- gesetzt gleiche Ladungen tragen, sondern wenn man an- nimmt, da8 diese Schichten sich unmittelbar an der Be- ruhrungsflache elektrisch nicht ganz neutralisieren , und daB der Rest der Ladung in der umgebenden Fliissigkeit verteilt ist. Konkreter und anschaulicher zugleich wird das Bild, wenn man sich vorstellt, dafi die Doppelschicht durch Ionen ge- bildet wird - wie es in vielen Fallen, z. B. gerade in dem

Elektrizitatserregung etc. 947

betrachteten, daB wie es mit einem Metalle in Losungen seiner Salze als erwiesen, in den anderen zum miiidesten als sehr wahrscheinlich hingestellt worden ist - und dab einige dieser Ionen in die Flussigkeit diffundieren, mit ancleren Worten : daS die Doppelschicht dissoziiert ist. Dann wird die Bildung der Doppelschicht (z. B. auf der Seite des Sauerstoffs vom Umkehrpunkte aus betrachtet) folgendermaBen zu denken sein.

Das Metall entsendet kraft seiner Liisungstension posi- tive Ionen in die Flussigkeit und erhalt dadurch selbst nega- tive Ladung, wahrend die entsandten Ionen sich in bestimmter Art verteilen werden bis die elektrostatische Gegenwirkung weiterer Ionenaussendung das Gleichgewicht halt. Solange das System in Ruhe bleibt, kann nach auBen keine elektrische Wirkung ausgeiibt werden. Bewegen wir aber das Metall, so werden zwar die unmittelbar angrenzenden Flussigkeitsschichten der Bewegung folgen, die zum Teil weiter entsandten Ionen (ihre Zahl sei y) werden aber wegen ihrer vie1 geringeren Be- weglichkeit in der Losung verharren. Das Metall gelangt sber in neue Flussigkeitsschichten , deren Ionenkonzentration gegen die erste um y differiert; um wieder Gleichgewicht her- zustellen, mussen daher wieder Ionen entsanclt werden und dieser Vorgang wiederholt sich auf jedem Wegdifferential, bis die untere Elektrode oder bis ein Grenzzustand erreicht ist. Dabei wird die durch Ionenaussendung erlangte Ladung neuer- licher Ionenaussendung entgegenwirken.

Wir haben es also mit einer Wirkung zu tun, die sich selbst schwacht; die Zahl abgespaltener Ionen wird daher auf jedem folgenden Wegstucke etwa in logarithmischem Verhalt- nisse abnehmen.

Sei dieselbe in 4, 3 . . . (Fig. 2): .z4, z3.. . etc., so wird die Potentialdifferenz zwischen B und 4: IZ Tln c + y/c+x4, zwischen 4 und 3: R T l n c + x 4 / x + x 3 etc.

J e kleiner c ist, desto gr6Ber wird der numerische Wer t der einzelnen Briiche, desto steiler wird die Kurve verlaufen (vgl. Kurve 9, Fig. 1). Ware vollends c gegen x zu vernach-

1) Unter dem Einfluaee eines Potentialabfalles von 1 Volt/cm bewegt sich das Wasserstoffion mit einer Geschwindigkeit von 0,00325 cm/sec, das Clilorion von 0,000678 cm/sec, wlhrend die Silberspirale etws eine Geschwindigkeit von 1-10 cm/sec annimmt.

948 J . Billitzer.

lassigen und nahme x linear mit der Lange ab, so wiirde die ganze Kurve linear verlaufen. Nun nimmt aber x, wie oben ausgefuhrt wurde, viel rascher ab und wird in den meisten Fallen gegen c sehr klein bleiben, daher fallt die Kurve anfangs viel steiler ab.

Werden Ionen nicht ausgesandt, sondern aus der Losung nufgenommen, so gelten mutatis mutandis die gleichen Be- trachtungen. DaB fur diesen Fall y Ionen wirklich aus der Losung beim Falle mitgenommen werden, hat P a l m a e r durch seine schonen Experimente mit cler Tropfelektrode l): wie mir scheint, in ganz unzweifelhafter Weise dargetan. Denumgekehrten Fall, da8 Ionen in die Losung entsandt und beim Falle oben zuruckgelassen werden, habe ich durch eine Reihe von Versuchen, die ich a. a. 0. publizieren werde, gleichfalls bestatigt gefunden.2)

Der Effekt in unseren Rohren ist also der, dab eine Kon- zentrationsverschiebung bewirkt wird , die sich durch den augeren SchlieBungskreis und durch den Elektrolyten aus- gleicht und dabei einen Strom erzeugt , welcher im Prinzipe dem einer Konzentrationskette gleichkommt. Denken wir uns zwei Silberelektroden , die in zwei Silbernitratlosungen ver- schiedener Konzentration (die etwa durch einen Heber mit- einander in Verbindung stehen) eingefiihrt sind und nun durch einen Draht verbunden werden, so gelingt es diesem Systeme Strom zu entnehmen, und man stellt sich nach der Nerns t - schen Theorie vor, dal3 er dadurch geliefert wird, daB die Silberelektrode in der konzentrierteren Losung Silberionen auf- nimmt, walirend ebenso viele Silberionen von der zweiten Elektrode i n die Losung entsandt werden; dabei werden auf der ersten Seite negative Ionen frei, welche durch die Losung i n die verdunntere Losung diffundieren.

Umgekehrt werden in unserem Falle im oberen Teile der Rohre negative Ionen zuruckgelassen , positive unten an- gesammelt und es findet ein Ausgleich statt, indem aus der oberen Elektrode Silberionen in die Losung entsandt, ebenso

1) W. Pa lmaer , Zeitschr. f. phys. Chem. 25. p. 265. 1595; 28. p. 267. 1591; 36. p. 164. 1901.

2) Hieraus folgt, daB bei den ersteu Umdrehungen der Rohre Effekte erhaltcn werden musscn, die etwas voneinander differieren , bei spateren Umdrehungen aber immer kleinere Differenzen erhalten werden. Aus diesem Grunde habc ich die Messung immer erst nach eiuigen Um- drehungen begonnen, vgl. FuBnote p. 940.

E;lektrizitatserre.qun~ etc. 949

viele iron der unteren Elektrode.aufgenommen werden, mahrend sich die Unterschiede durch den Elektrolyten ausgleichen. 1st das Silber positiv gegen die Losung, so wird also die obere Elek- trode einen negativen, die untere einen positiven Pol darstellen, uncl umgekehrt, wenn das Silber negativ ist (also Silberionen in die Losung sendet). Die Richtung des Stromes la& uns somit einen RiickschluB auf den Sinn der Potentialdifferenz ziehen.1)

Mit dem geschilclerten Verlaufe haben wir es zu tun, wenn das fallende Metal1 auf die untere Elektrode nicht auf- trifft, sondern etwa neben dieselbe fallt, beriihrt das Silber aber die Elektrode, so ist dieselbe nicht mit einer Losung umgeben, deren Veranderung der Bewegung des Silbers durch die un- inittelbar benachbarten Gebiete entspricht, sondern die Losung, welche sie umgibt, wird der entsprechen, die das gefallene Silber umspiilt und die naturgemaB eine erheblich grogere Konzentrationsverschiedenheit aufweist.

Diesen SchluB zu prufen , wurde zwischen den ring- formigen Elektroden an den Enden der Rohre und den Korken, durch welche sie gefuhrt waren, ein freier Spielraum gelassen (ohne etwas an den Entfernungen zu andern), so daB die Silberspirale durch die Elektrode fallen konnte, ohne sie zii beriihren. War der eben gezogene Schlu5 richtig, so muBte nun der plotzliche Abfall zwischen B und 4, 1 und A, den wir auf p. 946 beschrieben haben, verschwinden, muBte die Iiurve vollstandig stetigen Verlauf erbalten. Eine Reihe von Experimenten, deren Ergebnisse in Kurve 2 dargestellt sind, iiberzeugte mich, daB diese Konsequenz zutrifft. DaB der Potentialfall bei B jetzt vie1 langsamer ist als auf Kurve (1) ist dadurch bedingt, dab die Konzentration daselbst nicht wie friiher c + y sondern c + z B ist.

Nun verstehen wir aber auch, warum D o r n bei seinen Versuchen nur einen einmaligen starken Ausschlag bekam, der nach dem Aufhoren der Bewegung nach seiner Beschreibung fa.d vollig verschwand. An seinen Elektroden, die von den Enden ca. 6 cm weit abstanden (und deren Entfernung in der Fignr durch x bezeichnet sind), konnten nur solange erheblichere

1) Es versteht sich wohl von selbst, daB vermoge der ungeheuren elektrostatischen Kapazitgt der Ionen eine Trennung ganz unwilgbarer Neugen schon groBe Effekte liefern k6nnen und daB also hier nur von solcheii Mengen gesyrochen wird, die unter dieGrenze der Wggbarkeit fallen.

I : i Verhitltnis

1) Hierbei ist von dem doch nnr geringen Temperaturkoeffizienten der elektromotorischen Kraft der Koneentrationskette abgesehen worden.

94 13,4 291 1 2: I ;:1

15

950 J . Billitzer.

Potentialdifferenzen auftreten als sie durch den herabfallenden Seesand beriihrt wurden, horte die Bewegung (und damit der Kon- vektivstrom) auf, so entsprach ihr Potentialabfall nur mehr der Differenz der Ordinaten in den Punkten, die m f der Kurve 1 durch Kreise bezeichnet sind, also einer erheblich kleinen Differenz, welche durch den grogen Widerstand der(destil1ierten) Wassersaule nur minimale Intensitaten und fast verschwindende Ausschlage im Galvanometer liefern konnten, und es zeigt von grogern experi- mentellen Geschick, daB diese der Beobachtung nicht entgingen.

Verlegt man dieElektroden an die Enden der Rohre, soverfiigt man aber iiber den gesamten Potentialabfall, der besonders grog im oberen Teile der Rohre und unmittelbar ander unteren Elek- trode (bei Beriihrung mit dem gefallenen Draht) gefunden wurde und erhalt so, zumal mit gutleitenden Losungen, wie bereits er- wahnt, vie1 groWere und dauernde Effekte (stunden-, j a tagelang).

Weiter la& sich aus der Vorstellung, daB die Konzentrationsverschiedenheiten durch Dissoziation auf dem Wege durch die Fliissigkeit und Wegdiffusion der bei der Dissoziation abgespaltenen Ionen von der unmittel- baren Umgebung des fallenden Korpers vermuten, daB diese Geschwindigkeitserscheinung wie alle anderen einem groDen TemperatureinfluB unterliegen wird. l) J e schneller die vom fallenden Korper ausgesandten Ionen in benachbarte Gebiete gelangen, von welchen aus sie dem fallenden K6rper nicht mehr folgen konnen, desto gr6Ber wird die Elektrizitatstrennung, desto stlrker der Effekt sein miissen.

Indem ich die Rohre mit einem Mantelrohr umgab, durch welches warmes temperiertes Wasser floB, konnte ich die An&- rung des Effektes mit der Temperatur bestimmen.

Temperatureinflup.

Elektrizitatserregung etc. 951

gefunden wird. Der groBe vorgeschaltete Widerstand gestattet die xnderung des Leitvermogens der L6sung zu vernachlassigen.

Hiernach ware es zu erwarten, daB die GriiBe des Effektes such von der Fallgeschwindigkeit des Drahtes abhangig wke . Einen solchen EinfluB habe ich nicht beobachten konnen (p. 939), offenbar bleibt auch bei langsameren Gleiten des Drahtes seine Qe- schwindigkeit iiberaus grog gegen die der differendierenden lonen.

Mit der Kapazitatsanderung des fallenden Korpers ist eine Anderung des Effektes in dem Sinne zu erwarten, daB mit steigender Kapazitat grogere Effekte er- zielt werden. Dunne Silberdrahte geben in der Tat grogere Effekte wie ebenso schwere dicke Drahte. Bindet man viele quadratische Silberblattchen mit einem Silberdraht zu einem Parallelepiped zusammen, so ist der Effekt vie1 kleiner, als wenn die Blattchen frei voneinander durch die Flussigkeit fallen.

Silberpulver gibt erheblich groBere Effekte wie Silberdraht, dennoch habe ich es vorgezogen, wo es anging, mit Drahten zu axbeiten, da feines Silberpulver zumal in konzentrierteren Losungen koaguliert, dabei gewisse Mengen eines Ions mitreiBt und auf diese Weise Fehler veranlassen kann. AuBerdem findet beim Auflosen des Satzes in eine Staubwolke und der Wiedervereinigung desselben am Boden der Rohre zu neuem Satze eine doppelte Kapazitatsanderung (wie bei den Tropfelektroden statt) und wir haben es daher mit einer etwas anderen Erscheinung zu tun, als die wir beschreiben wollen.

Um den EinfluB der Kapazitat annahernd zu bestimmen, habe ich sukzessive in derselben Rohre und durch dieselbe Losung (abwechselnd Ag NO, und Cyankalium) gleich schwere Drahte verschiedener Dicke fallen lassen. Im Idittel vieler Versuche betrug der Ausschlag fiir :

Einflu/3 der Kapazitat.

i Silberdraht (Durchmesser ca. 1 mm) 17 mm lang 30

19 7, ca. 0,65 ,, 41 ,, ,, 52 17 11 ca. 0,05 ,, in Knhelform 82

Neben der beschriebenen Moglichkeit, daB ein fester Kiirper durch seine elektromotorische Wirksamkeit eine Potential- differenz gegen die umgebende Losung erlangt, konnte aber nach den Knoblauchschen Anschauungen I) eine solche noch

1) 0. Knoblauch, Zeitschr. f. phys. Chem. 39. p. 225. 1902.

952 J . Billitzer.

dadurch erzeugt wvkrden, daA sich das Xetall in einer Losung befindet, in welcher Anion und Kation ungleiche Beweglich- keiten aufweisen, indem das beweglichere Ion schneller an das Metal1 dringt und demselben seine Ladung erteilt, und konnte so die GroBe und in der Nahe des Umkehrpunktes den Sinn der Potentialdifferenz beeinflussen. Obgleich ich nun in einer Reihe von Versuchen uber Kontaktelektrizitat , deren Publi- kation in einiger Zeit erst erfolgen wird, diese Annahme nur selteii bestatigt finden konnte, habe ich doch, wie eingangs erwahnt, die VorsichtsmaBregel gebraucht, diese Wirkung von vornherein durch KurzschluB zu eliminieren, da sie j a nur in offenen Stromsystemen mit einem Konzentrationsabfall an der Elektrode zu stande kommen kann.

Eine weitere Frage, die nunmehr ihre Beantwortung verlangt und die besonders fur die eingangs beriihrte Verwertung der Methode zur Erkennung des Sinnes der Potentialdifferenzen zwischen festen Korpern und Losungen an Interesse gewinnt, ist die nach der Ab- hangigkeit der Effekte von der GroBe der Potentialdifferenz, die zwischen dem Metalle und derjeweilig gebrauchtenLosungbesteht

Wie die GroBe dieses Potentialsprunges ermittelt werden kann, habe ich in der ersten Abhandlung bereits beschrieben, und den Punkt, an welchem die Potentialdifferenz verschwindet, zu Anfang dieser Studie angefuhrt. Da derselbe nicht allein durch Versucheim Fallrohre ermittelt , sondern auch auf anderem Wege (1. c.) an derselben Stelle gefunden worden ist, wollen wir im folgenden alle ,,absoluten" Potentialdifferenzen auf diesen Punkt ( - 0,4 gegen die Wasserstoffelektrode) als Nullpunkt be- ziehen. Und zwar sind die Potentialspriinge nicht wie sonst ublich auf das Elektrodenmetall gleich Null bezogen , sondern der Anschaulichkeit halber, um den Ladungssinn des Metalles direkt entnehmen zu konnen, wie in den fruheren Abhand- lungen auf den Elektrolyten gleich Null. (Das Zeichen der Potentialdifferenz wird dadurch verkehrt.)

In den einzelnen Versuchsreihen vergleichbaren Verhalt- nissen zu begegnen, wurden hier immer gutleitende Elektrolyte verwendet, um einen grogen Widerstand in den augeren Strom- kreis legen zu konnen.

Schon beim Ubergange von der 0,Ol -normalen Silber-

Uie ,,absolute" Potentialdifferenr.

Eiektrizitatserregung etc. 953

nitratlosung (Tab. 1) zu einer noeh weiter verdunnten Losung (Tab. 2) muBte es auffallen, daB bei der etwa 13maligen Widerstandsvermehrung die Intensitat nur auf etwa ' Is sank. Gleichzeitig war die ,,absolute" Potentialdifferenz des Silbers gegen die Losung von + 0;25 Volt in der 0,Ol-normalen Lo- sung auf etwa + 0,20 Volt in der zweiten Losung gefallen, die Intensitat war also - auf gleichen Widerstand bezogen - etwa im Verhaltnisse 1 : 2,6 gestiegen.

Dieser Gang der Zahlen bleibt, wie ich mich durch weitere Versuche uberzeugen konnte , zunachst mit weiterer Abnahme der absoluten Potentiale erhalten, um einer raschen Intensitatsabnahme in unmittelbarer Nahe des Umkehrpunktes zu meichen. Dann folgt ein scbarfes Wiederansteigen in ent- gegengesetztem Sinne und wieder eine, diesmal langsamere, Abnahme mit weiterer Entfernung vom Umkehrpunkte.

Von den Messungsreihen, die ich zur Fixierung dieser Kurve ausfuhrte, seien noch drei Beispiele angefiihrt, wlhrend das Ergebnis der ubrigen aus einer graphischen Darstellung zu entnehmen ist.

Tabe l l e 6. Silberspirale. Losung: KNO, mit einer Spur AgNO, versetzt. Absolutes

Potential festen Silbers in dieser Liisung +0,07 Volt. w, vernachlhigt. w, = 100 200 2.

I 1 i gef. Mittel

Um jenseits des Umkehrpunktes zu gelangen, kann man eine Chlorkaliumlosung, die an AgCl gesattigt iet, verwenden.

Annalen den Phynik. IV. Folge. 11. 61

954 J. Billitzer.

Tnbelle 7. Tabel le 8. Silberspirale. KCl - Losung an Silberspirale. Lbsung der Tab. 7

AgC1 ges. Ag in dieser L6sung mit kone. KC1 versetzt. -0,13Volt (abs.). w,=l00200 a. Ag - 0,24 Volt. W, 5 100200 Jz.

1

7773 1

l7 i 37,3 I

I

i gef. Mittel 1 i gef. Mittel

879

1 675

1 419

I I

T’abelle 9. Silberspirale. CNK-Msung. Ag in dieser Lasung - 0,55 Volt (absol.).

w, = 100200 52.

1

77,5

36,s

22 I

ii I

10,o 11,2 11,s 12,4 11,5 12,o

10,9 9,6 977 99’1 9 J 995

479 474 4,o 491 423 470

f. I1

13,O

11,7 11,5

11,7

12,2

11,2

899 877 796 777 771 590

477 4,3 494 474 4,5 493

Mittel

11,5-11,9

9,7- 8,O

4,3- 4,4

Elektrizitatserregung etc. 955

Rechnet man die Intensitaten der Tab. 1-2 und 4-7 auf den Widerstand von 100000 Ohm um, so erhalt man Werte: welche die Abhangigkeit der Intensitat vom ,,absolutenLL Potentiale darstellen.

T a b e l l e 10.

,,Absolutes" Potential

t? stand f i r gleichen (100000 Wider- Ohm)

Verhgltnis der i

+0,389 +0,25 +0,20 +0,07 -0,13 % 1,7 4,4 5,3

Messungen erganzten) Ergebnisse graphisch dar, indem man die den Poten- tialdifferenzen proportionalen Intensitaten als Ordinaten, die ,,absoluten" Potentiale als Abszissen auftragt, so erhalt man Kurven der Gestalt a auf Fig. 2. Diese Kurven weisen eine auffallende Ahnlichkeit mit denen auf, die J. J. Thomson zur Erlhterung der Verhaltnisse bei der Elektrizitatserregung

Fig. 3.

durch Tropfen , welche durch ein Gas fallen, anfiihrt, wenn gewisse Substanzen der tropfenden Fliissigkeit zugesetzt werden. Mit steigendem Zusatze nimmt die Potentialdifferenz erst ab, um im entgegengesetzten Sinne erst anzusteigen und wieder abzufallen. Dabei nimmt das absolute Potential erst ab, geht durch den Nullpunkt und wachst im entgegengesetzten Sinne wieder an. (Den Vergleich herzustellen, stelle ich diese Kurve neben die andere.) Diese Ahnlichkeit scheint keine bloB auBere zu sein; Versuche, an deren Ausarbeitung ich noch beschaf- tigt bin, zeigen vielmehr, daB die Erscheinungen der Elektri-

61 *

956 J. Billitzer. Elektrizitatserregtmg etc.

zitatserregung durch Tropfen, welche durch Gase fallen, Gase, die in Fliissigkeiten aufperlen etc. vollig wesensverwandt sind, d. h. sich auf einen ahnlichen Ionenaustausch zuriickfdhren lassen. Und wenn wir diese Vorstellungen z u r Verfolgung des Laufes der Kurven u und heranziehen, so folgt es unmittel- bar aus den friiheren Erorterungen, daB die erhaltenen Poten- tialdifferenzen und somit, die Effekte um so grober sein werden, j e gro6er die beim Fallen erzeugten perzentuellen Konzentrations- verschiedenheiten sind. Die prozentuelle Konzentrationsverschie- bung wird aber um so groBer ausfallen, je kleiner die Ionen- konzentration der Losung ist.

Analytisch gesprochen ist diese Bedingung in der Inte- grationskonstante der Gleichung (1) enthalten (neben einer anderen, auf die wir vielleicht gelegentlich naher zu sprechen kommen werden) und ist aus der Formel p. 941 direkt zu ersehen.

Fu r die Verwertung der Erscheinung zur Erkennung ,,ab- soluter" Potentialdifferenzen gewahrt der Umstand, dab die Empfindlichkeit der Methode eben an den Punkten gro6 ist, wo wir sie am meisten benotigen (z. B. bei den Edel- metallen, H,, 0, etc.), ferner der hier geschilderte, durchwegs gesetzmaBige Verlauf der Erscheinungen, endlich die zuletzt beruhrte Vielseitigkeit, daher die Moglichkeit der Ausfuhrung zahlreicher Kontrollversuche ebenso viele nicht zu unter- schatzenden Vorteile.

Wien , 11. Physik. Institut. (Eingegangen 7. Marz 1903.)