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Zeitschrift ffir Ontersuchung de[' Nahrunos- und Genussmittel, sowie der Gebrauchsgegenst~tnde. Jahrgang 1899, ~ovember. I=Ieft 11. Ueber die Erkennung der in den Nahrungs- und Futter- mitteln vorkommenden Spelzen. Von Inspektor J. Form~mek. ~[ittheilung aus der k.k. Lebensmittel-Untersuchungsanstalt der bShmischen UniversitSt in Prag. Die Unterscheidung verschiedener bei der mikroskopischen Untersuchung yon Nahrungs- und Futtermitteln vorkommenden Spelzenfragmente ist ffir den Mikroskopiker yon einer grossen Wichtigkeit, besonders bei der Unter- suchung der Mehle, wo ein falseher Schluss unangenehme Folgen haben kann. Ftir den, der sich mit der mikroskopischen Untersuchung der Nahrungs- und Futtermittel besch~tftigt, ist es wohl sehr wichtig, ja sogar n6thig, die Gersten- spelze yon der Hafer- oder ~irsespelze, die Lolchspelze yon der Trespenspelze u. s. w. nicht nur ftir sich allein, sondern auch in Gemischen unterscheiden zu k6nnen. Manehe in dieser Abhandlung besehriebenen Spelzenfr~iehte sind zwar auch dutch andere Merkmale, welche schon ausffihrlich beschrieben sind, charakterisirt, so z. B. der Loleh dutch seine bekannte Pilzschicht, der Hafer dutch die Form der Starkek6rner, trotzdem abet bleibt der mikroskopisehe Naehweis eines Spelzenfragments sehr wichtig, da er die Untersuchung unterstfitzt und den sonstigen Befund bestiitigt. In manehen Fallen ist man auch bei der mikroskopischen Untersuchung der Futtermittel, besonders bei Gemischen, auf die Bestimmung der Spelzenfragmente angewiesen, namentlich dann, wenn die StarkekSrner gleiehe oder ~thnliehe Formen haben, wie dies z. B. bei dem Hafer und dem Loleh der Fall ist. Die St~rkek6rner deB Hafers und des Lolches unter- seheiden sich fast nur dureh die Gr6sse, beide St~rkesorten bilden namlich ~thn- liche Formen und aueh i~hnlich zusammengesetzte, runde St~trkek6rper. Die Lolehsti~rke ist yon der Hafersti~rke in Gemengen nieht zu unterscheiden. Zum sieheren Naehweis von Loleh im Mehle ist das Auffinden seiner Kleienbestand- theile nnerl~tsslich. In ~tlteren Werken finden wir zwar die Zeichnungen einiger Spelzenarten, jedoch sind dieselben in vielen Fi~llen mangelhaft beschrieben und gezeichnet. In dem neusten Werke yon A. E. Vogl 1) werden zwar die wich- tigsten in den Lebensmitteln vorkommenden Speizen besehrieben, allein nieht allen Beschreibungen sind Abbildungen beigegeben; ferner sind auch die Unter- ~) Dr. A. E. Vogl, Die wichtigsten veget~bilischen Nahrungs- unit Genttssmitte]. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzenberg 1898. ~. 9.. 57

Ueber die Erkennung der in den Nahrungs- und Futtermitteln vorkommenden Spelzen

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Page 1: Ueber die Erkennung der in den Nahrungs- und Futtermitteln vorkommenden Spelzen

Z e i t s c h r i f t ffir

Ontersuchung de[' Nahrunos- und Genussmittel, sowie de r Gebrauchsgegenst~tnde.

Jahrgang 1899, ~ o v e m b e r . I=Ieft 11.

Ueber die Erkennung der in den Nahrungs- und Futter- mitteln vorkommenden Spelzen.

Von

Inspektor J. Form~mek. ~[ittheilung aus der k.k. Lebensmit te l -Untersuchungsans ta l t der bShmischen

UniversitSt in Prag.

Die Unterscheidung verschiedener bei der mikroskopischen Untersuchung

yon Nahrungs- und Futtermitteln vorkommenden Spelzenfragmente ist ffir den Mikroskopiker yon einer grossen Wichtigkeit, besonders bei der Unter- suchung der Mehle, wo ein falseher Schluss unangenehme Folgen haben kann. Ftir den, der sich mit der mikroskopischen Untersuchung der Nahrungs- und

Futtermittel besch~tftigt, ist es wohl sehr wichtig, ja sogar n6thig, die Gersten- spelze yon der Hafer- oder ~irsespelze, die Lolchspelze yon der Trespenspelze

u. s. w. nicht nur ftir sich allein, sondern auch in Gemischen unterscheiden zu

k6nnen. Manehe in dieser Abhandlung besehriebenen Spelzenfr~iehte sind zwar auch dutch andere Merkmale, we lche schon ausffihrlich beschrieben sind, charakterisirt, so z. B. der Loleh dutch seine bekannte Pilzschicht, der Hafer dutch die Form der Starkek6rner, trotzdem abet bleibt der mikroskopisehe

Naehweis eines Spelzenfragments sehr wichtig, da er die Untersuchung unterstfitzt

und den sonstigen Befund bestiitigt. In manehen Fallen ist man auch bei der

mikroskopischen Untersuchung der Futtermittel, besonders bei Gemischen, auf die Bestimmung der Spelzenfragmente angewiesen, namentlich dann, wenn die StarkekSrner gleiehe oder ~thnliehe Formen haben, wie dies z. B. bei dem Hafer

und dem Loleh der Fall ist. Die St~rkek6rner deB Hafers und des Lolches unter- seheiden sich fast nur dureh die Gr6sse, beide St~rkesorten bilden namlich ~thn-

liche Formen und aueh i~hnlich zusammengesetzte, runde St~trkek6rper. Die Lolehsti~rke ist yon der Hafersti~rke in Gemengen nieht zu unterscheiden. Zum sieheren Naehweis von Loleh im Mehle ist das Auffinden seiner Kleienbestand-

theile nnerl~tsslich. In ~tlteren Werken finden wir zwar die Zeichnungen einiger

Spelzenarten, jedoch sind dieselben in vielen Fi~llen mangelhaft beschrieben und gezeichnet. In dem neusten Werke yon A. E. Vogl 1) werden zwar die wich- tigsten in den Lebensmitteln vorkommenden Speizen besehrieben, allein nieht allen Beschreibungen sind Abbildungen beigegeben; ferner sind auch die Unter-

~) Dr. A. E. Vogl, Die wichtigsten veget~bilischen Nahrungs- unit Genttssmitte]. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzenberg 1898.

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834 J. Form,4nek, Spelzen in Nahrungs- u. Fattermitteln. [Zeitschr. f. Untersuchung Ld. Nahr . - u. G e n u s s m l t t e l .

schiede der Haferspelze yon der Gerstenspelze oder der Unterschied der Loleh- spelze und der Trespenspelze nieht angefiihrt, und doeh kommen bei der mikro- skopisehen Untersuehung Mehle mit einer reiehlieheren Menge yon Loleh- und Trespenspelzen verunreinigt vor, deren Nachweis wiinschenswerth ist. Vog l giebt in seinem Werke jedoeh auch noch andere Merkmale der genannten Spelzenfrfichte an. A. E m m e r l i n g l) beschreibt zwar ein einfaehes Unterseheidungsmerkmal zwischen Gersten- und Haferspelzen, das in dem verschiedenen Ban des Sehwamm- parenchyms und der inneren Epidermis der beiden Spelzen besteht. Die Unter- seheidung ist aber naeh seiner Angabe nut dann m6glich, wenn man ein gr6sseres Stfick der fraglichen Spelze wie bei den Futtermit teln zur Verf[igung hat, um die Epidermis absehaben zu kSnnen. In den meisten Fallen ist die Erkennung a b e r nieht m0glieh, namlich dann nieht, wenn die Spelzen mit den Nahrungsmitteln vermahlen oder vermengt sind und daher ein A b s e h a l e n d e r i n n e r e n Epidermis nieht ausffihrbar ist.

Am haufigsten kommen in den Nahrungs- und Futtermitteln Spelzen yon folgenden Cerealien vor: Reis (Oryza sativa), Hirse (Panicum miliaeeum), Gerste (Hordeum) und Hafer (Avena sativa); diesen reihen sich die in den Mehlen oder Futtermit teln vorkommenden Ausreuter an, und zwar Lolch (Lolium temulen- turn), Trespe (Bromus secalinus), Flughafer (Avena fatua), Borstengras (Setaria viridis), Hfihnerfennich (Panieum erus galli) und unter Umstanden auch die Quecke (Trit ieum repens). Die ersten beiden Spelzenarten, namlich die yon Reis und ttirse, sind in verschiedenen Werken der Lit teratur gen~igend besehrieben nnd gezeichnet, so dass eine ausffihrliche Beschreibung derselben fiberfifissig ware, und werden wir uns daher mit den fibrigen Spelzen besehaftigen, nnr findet eine nahere Erwahnung fiber die Reisspelze bei der Beschreibung der Hfihnerfenniehspelze statt. Die genannten Spelzenfrfiehte werden entweder zu selbststandigen Handelswaaren verarbei tet oder kommen als Ausreuter in den ungenfigend gereinigten Mehlen oder Futtermit teln vor. Ferner aber werden diese Schalen als Abfalle zu Falschungen verwendet. Es kommt z. B. die Gerste als Gerstenmehl in den Handel, dasselbe kann aber aueh mit Weizenmehl oder Roggenmehl oder aber mi~ anderen Produkten wie z. B. mit Feigenkaffee oder Chokolade gemiseht werden; gemahlene Getreideausreuter werden aueh, wie kfirzlieh festgestellt wurde, den Gewfirzen beigemischt.

In den nachstfolgenden Zeilen wird nieht der ausffihrliehe anatomisehe Bau aller Spelzentheile angeffihrt, sondern es werden nur solehe Spelzentheile naher beschrieben, welehe sich zur Unterseheidung der einzelnen Spelzen be- sonders eignen. Es sind dies hauptsaehlich die aussere Epidermis der Deck- spelze (Palea inferior) und die aussere Epidermis der Vorspelze (Palea superior). Das Hypoderm, weil es niehts besonders Charakteristisehes bietet und die inhere Epidermis der Spelzen, welche schon andererseits besehrieben ist, wurden hier nieht berfieksiehtigt.

1) A. Emmerl ing , Ueber eine einf~che Unterscheiclungsweise yon Gersten- und Hafer- spelzen. Landw. Vers.-Stat. 1898, 50~ 1--4; diese Zeitschrift 1898, 1, 502.

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Jahrgang 1899. ~ November. J J. Forms Spelzen in Nahrungs- u. Futtermitteln. 835

Gerste (Hordeum). Wie man aus Fig. 52 ersieht, sind die Zellenwande der ausseren Epidermis der Deckspelze (A) ~hnlich denen der Hirsespelze, nur fehlen bei dieser bekanntlich die Kurzzellen und die halbmondfSrmigen Zellen. Die Epidermiszellen der Gerste sind ferner gleichmi~ssig buchtig gewellt, in der Mitre der Spelze sehr dick, an den R~tndern und bei der Vorspelze (B) diinner und schw~tcher. Diese diekwandigen Zellen sind ftir die Gerste charakteristiseh und betri~gt die Breite der ganzen diekwandigen Zelle (a) 23--28 ]z; die Breite der Einbuchtungen (e), deren W~nde sieh im Innern der Zellen (d) bis auf 3 bis 4 An n~thern, betri~gt 10--12 #. Diese Maassangaben sind ffir die Unterscheidung der Gersten- und Queckenspelze, wie man sp~tter sehen wird, sehr wichtig.

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Fig. 52. Spelzen der Gerste (Hordeum). Vergr. 1:150.

Die Querwande der Zellen sind gleichm~sig verdickt, gewShnlich eben, seltener gewellt. An den Seiten der dfinnwandigen Spelzenthefle sieht man reichliehe SpaltSffnungen (o). Neben den langen Zellen beobaehtet man an der Gerstenspelze Kurzzellen (k), halbmondfSrmige Zellen und Zwillingskurzzellen (m). Die Kurzzellen sind rundlieh und weisen gegenfiber den Kurzzellen der ttaferspelze und gegeafiber den Spelzen einiger anderer Spelzenfrfiehte, wie aus den iibrigen Figuren ersichtlich ist, keinen .Untersehied auf. Was die Zwillings- kurzzellen anbetrifft, so sind diese regelmassig so gebaut, dass die gTSssere halbmondfSrmige Zelle eine kleinere Zelle umfasst. Um festzustellen, ob die besehriebenen Merkmale der Spelze bei allen Abarten der Gerste die gleichen sind, wurden die Spelzen verschiedener Arten der Gerste mikroskopiseh unter- sucht und gefunden, dass der anatomisehe Bau ihrer Spelzen gleich ist und keine Abweichungen aufweist. Die Untersuchung der Spelzen wird am besten in Glycerin oder Wasser bei der Vergr(isserung yon 200--400 vorgenommen. Nach der Behandlung der Spelzen mit einer 1 ~ Kalilauge und niJthigen-

57*

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836 J. Formtlnek, Spelzen in Nahrungs- u. Futtermitteln. [zeltse1~r. f. Unfersuehnng kd. Nah r . - u. G enussn l i t t e l .

falls gelindem Erwiirmen wurden die Zellen nur sehr wenig ver~indert, so dass

diese ]3ehand]ung die Beobachtung nicht st0rt; durch die Behandlung mit einer

st~rkeren Kalilauge und Erwarmen wird in Folge der Quellung der Zellen deren Form theilweise ge~tndert, wodurch die Feststellung der Identitgt der

Spelze erschwert wird. Es ist also zu empfehlen, mit einer ganz schwachen

Lauge (1 ~ ) zu arbeiten. Uebrigens kann man eine kleine Menge der zu unter- suchenden Probe (Mehl, Viehfutter u. s. w.) mit 5~ Salzs~iure behandeln,

abfiltriren und den Rest in koncentrirte ChloralhydratlSsung legen. Die St~trke

verschwindet und das Pr~tparat ist klar und hell. t tafer (Avena sativa L.). Fig. 53. Die Zellenw~inde der Oberhaut der Deck-

spelze (A) unterscheiden sich wcsentlich yon den Zellenw~nden der Gersten- spclze; sic sind n~tmlich unglcich verdickt und haben eine charakteristische

A trommelschl~igelartigc Form~); in der

0

3

Fig. 53. Spelzen des I-Iafers (Aven~ s~tiva). Vergr. 1:150.

die Breite der Einbuchtungen (c), wobei sich betr~igt 14--16 #.

Mitte der Spelze sind sie dick, an den

R~tndern und bei der Vorspelze (B) jedoeh dttnner entwickelt und ver-

lieren ihre charakteristische Struktur,

welche sich in eine wellenfSrmige Form verwandelt. Die Querw~nde der Haferspelze (w) haben typische

knotenartige Anschwellungen, welehc ebenfalls fiir den tIafer eharakte-

ristiseh sind und bei der Gerste oder anderen Spelzenarten nicht vorkom-

men. Dieselben k6nnen auch zu den L~ngsw~nden der Zeilen stellenweise

schief stehen nnd es scheint dann, dass die Zellen in eine Spitze (s) aus~

laufen. Die Breite der dickwandigen Zel-

]en (a) betr~tgt regelmassig 32--40 #,

die W~tnde bis auf 4--8/x n~hern (d),

Die Spelze enth~ilt ebenfalls runde Kurzzellen (k), welehe denen der

Gerstenspelze ~thnlich sind, und Zwillingskurzzellen bezw. halbmondf0rmige

Zellen (m), welche aber in den diinnwandigen Zellen an dem Rande der Spelze auch ganz fehlen kSnnen. Die Zwillingskurzzellen (m) sind regehnassig im um-

gekehr~en Verh~tltnisse zu denen der Gerste gebaut. Neben einer grSsseren rundlichen Zelle liegt eine kleinere halbmondfOrmige Zelle, welche einer Krone ~thnlich ist. Ebenso wie bei der Gerste sieht man an den R~tndern der tta.fer-

1) Man kann aueh ;m den Rfindern der Gerstenspelze stellenweise ~hnlich geb~ute ZeIlen- w~nde wie bei dem H~fer beoMehten, die Form der Zwillingskurzzellen schliesst j edoeh jede~ Irrfl~um ~ms.

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J a h r g a n g 1 8 9 9 . " 1 November. J J. Formbnek, Spelzea in Nahrungs- u. Futtermitteln. 837

spelze zahlreiehe Spalt6ithungen (o). Vergleieht man nun die Gerstenspelze mit der Haferspelze, so sieht man, dass ihre Oberhaut sigh nicht nur im Baue ihrer d iekwandigen Gewebselemente, sondern auch in der Form ihrer halbmond- f6rmigen Zellen und Zwillingskurzzellen unterseheidet, so dass es nicht schwierig ist, einzelne Spelzentheile auch in Gemisehen festzustellen~). Es wurden die verschiedensten Sorten yon I tafer antersueht und der gleiche anatomische Bau bei allen Spelzen gefunden.

Als Bestandtheile der Ausreuter in Mehlen oder Futtermit teln k6nnen, wie bereits oben angefiihr~ wurde, die folgenden Spelzenfriichte in Betracht kommen:

Loleh (Lolium temulentum L.). Fig. 54. Die iiussere Epidermis der Deck- spelze (A) des Lolehes besteht aus den langen, in der Mitte diekeren, an den Randern und bei der Vorspelze (B) dttnnen, unregelm~tssig gewellten Zellen, deren Einbiegungen mehr in die Spitze laufen, was sieh deutlieh bei den dtinn- wandigen Zellen Mlssert. Die Breite der diekwandigen Zelien (a) betr~tgt 40--56/~, die Breite der Einbuchtungen (c) 12--20 Iz, die inhere Entfernung der Einbachtungen (d) im Dnrchschnitte 16/~.

Die langen Zellen sind entweder dutch die rundliehen Kurzzellen (k), wetehe naeh aussen gtatt, im Innern aber papillenartig gebaut sind, oder durch die Zwillingskurzzellen (m), deren gr6ssere, gebogene konische Zellen eine kleinere Zelle umfassen, unterbrochen. Die Kurz- zellen sind reiehlich vorhanden, beson- ders inl unteren Theile der Vorspelze

und es kommen auf 1000 1 ~ der Li~nge 1"2--15--17 Kurzzellen. In den Ober- hautzellen der Spelze und zwar am Rande

A

k . . . . . . .

Fig. 54. Spelzen yon Lolch (Lolium temulentum).

Vergr. 1 : 150.

sieht man Spalt6ffnungen (o) und kurze, konisehe dickwandige Haare. Trespe (Bromus secalinus L.). Fig. 55. Die i~ussere Epidermis der Deck-

spelze (A) besteht hauptsVichlich aus den langen, diekwandigen, an den R~tndern und bei der Vorspelze jedoch sehw~cher entwickelten Zellen (B), deren W~tnde wellenf6rmig gebogen sind. Die Einbuchtungen der W/inde unterscheiden sieh wesentlieh yon denen des Lolehes, da ihre Einbuehtungen rund sind und seh~irfere Einbiegungen bilden. Die Breite der diekwandigen Zellen (a) betr/~gt im Durehsehnitte 32--44 I.~, die Breite der Einbuehtungen (e) 14--16 /z und die

1) Die Spelze~ der Haferfrucht siad zwar mit derselben nicht verwachsen, daher leicht abl6sbar, man findet jedoch im tIafermehle, besonders in schlechteren Sorten, genug abgelbste Spelzen.

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838 J. F o r m l n e k , Spelzen in Nahrungs- u. Futtermitteln. ['Zeitsehr. f. Vntersuchung" [d. Nahr.- 11. Genussmittel .

innere Entfernung der Einbuehtungen (d) 3--12 /z. Die langen Zellen sind durch die Kurzzellen (k) oder die Zwillingskurzzellen (m) oder durch beide

Zellenarten unterbroehen. Die Kurz-

o (~

A

Fig. 55.

B

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zellen sind mehr oval und zum Unter- schiede yon den Kurzzellen des Lol- ches an den Seiten zahnf6rmig; sie sind aueh bei der Trespe nicht so reiehlich ver t re ten wie bei dem Lolche, denn es kommen auf 1000/x Li~nge nur 8 - - 1 2 Kurzzellen vor. Ebenso sind die Zwillingskurzzellen, wie man aus der Fig. 55 entnehmen kann, an- ders gebaut als b e i dem Lolche. An den R~tndern der Spelze kann man Spalt6ffnungen (o) beobaehten.

~ ' lughafer (Arena fatua L.). Fig. 56. Die i~ussere Epidermis der Deckspelze (A) ist ahnlich gebaut wie die Spelze des Hafers; sic besitzt in der Mitte dick~:andige, an den R~tn-

Spelzen der Trespe (Bromus seealinus). Vergr. 1 : 150. dern und bei derVorspelze (B) weniger

stark verdickte Zellen, welehe bei der

Httllspelze (C) ebenfalls sehw~tcher entwiekelt sind. Bei flttchtiger Betrachtung scheinen die Zellen der FlughafersPelze mit denen der t taferspelze identisch zu sein, die Zellenwi~nde haben dieselbe trommelsehl~tgelartige Struktur, welehe sich jedoch bei den schwach entwickelten Elementen verliert ; einen geringen Unterschied beobachtet man bei den halbmondfOrmigen Zellen, welche eine hufeisenartige Form annehmen. Der wichtigste Untersehied zwisehen Haler- und Flughaferspelze scheint in den Dimensionen der dickwandigen Zellen zu liegen. Dieselben sind ni~mlich regelm~tssig brei ter als die Zellen der t taferspelze. So betritgt die Breite der einzelnen Zellen der Flughaferspelze (a) 40--60/~, die Breite der Einbuchtungen (e) 17- -26 /~, die innere Entfernung der Ein- buchtungen der Zellen (d) 5 ~ 8 It. An den Seiten der Spelze (B~) beobachtet man neben den Kurzzellen, welche auch in kurze konisehe I t aa re auslaufen, Spalt6ffnungen (o).

Die Aehnlichkeit im Baue der Spelze des Hafers (Avena sativa) und des Flughafers (Avena fatua) erkl~trt sich dadurch, dass, wie I t a u s s k n e c h t 1) be- wiesen hat, der Hafer durch die Kult ivirung des Flughafers entstanden ist.

Quecke (Trit icum repens L.). Fig. 57. Der Bau der Spelze ist dem der Gerstenspelze i~hnlich. Die Zellenw~tnde sind auch i~hnlich gleichmassig buchtig gewellt, in der Mitte der Oberhaut der Deckspelze (A) dicker, an den Randern

1) Siehe Mittheilungen des Thiiring. botan. Vereins, Neue Polge 1892, Heft 2.

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,/ahrgang 189~3.] J. Fo rms Spelzen in Nahrungs- l~. Futtermitteln. 839 November. J

und bei der Vorspelze dttnner entwickcl t (B); die Zellenwfindc der Quecken- spclze sind jedoch rcgelm~issig di inner als bei der Gerstenspelze und die Zellen-

c inbuch tungen im Innern mehr yon e inander cntfernt, und zwar betrligt die

A

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Fig. 56. Spelzcn des Flugbafcrs (:krona fatua).

? r r r "~ ert, r. 1 : 150.

A B

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Fig. 57. Spelzen der Qaecke ('Friticlul, repens). Vergr. 1:150.

Breite der ganzen dickwandigen Zelle (a) 22 - -24 / ~, die Breite der Einbuchtungen (e) im Durcbschni t te 7 - -8 /L , die Zcl lenw~nde sind im Inne ren yon e inander

e twa 8/~ entfernt (d). Die Zellenquerw~tnde sind wie bei der Gerstenspel.ze

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840 J. Formhnek, Spelzen in Nahrungs- u. Futtermitteln. [Zeitschr. f. Unterslmlmng kd. NMlr.- u. Genussmittel.

glatt und gleiehm~tssig verdickt. Die Kurzzellen (k) sind rund oder oval, denen der Gerste ~hnlieh. Die Zwillingskurzzellen (m) sintt auch denen der Gerstenspelze i~hnlieh, nur sind die kleineren Zellen unbedeutend grOsser als bei der Gerste und die umfassenden Ze]len nieht so konisch, sondern mehr viereckig. Der t Iauptunterschied zwisehen Gersten- und Queckenspelze besteht meinen Be- obaehtungen nach in der Differenz der einzelnen Dimensionen der Zellen und Zellenw~tnde, welehe eben angegeben wurden.

Bors tengras (Setaria viridis R. Br.). Fig. 58. Die Spelze besteht aus kurzen Zellen und entbehrt die doppelten Kurzzellen. Die Zellen der Deekspelze (A) sind diekwandig, an den R~ndern (B) und bei der Vorspelze (B1) d/inner und

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i Fig;~58.

Spelzen des Borstengrases (Setaria viridis). Vergr. 1:150.

li~nglich, mit gr6sseren Einbuchtungen. Charakteristisch ftir Borstengras ist, dass jede dickwandige Zelle nahe an der Querwand mit einem Zahne (z) versehen ist, was man bei allen anderen hier angeftthrten Spelzen nicht be- obaehtet. Betraehtet man n~tmlieh die Spelzen yon der ~tusseren Fl~tche, so

erscheinen diese kurzen Z~thne als doppelt konturirte" Ringe (r). Die Breite der dickwandigen Zellen (a) betrggt 64--72 [~, seltener 56 p.,

die L~nge der Zel len (b) 56--80 /z, die Breite der Einbuchtungen (e) 24--28 y., die inhere Entfernung der Einbuehtungen (d) 16--20 l~. Die Dimensionen der dtinnwandigen Zellen (B)sind folgende: Breite (a) 44--64 y., Lange (b)48--64 y., die Breite der Einbuehtungen (e) 18--24/t , innere Breite der Einbuehtungen (d) 8--16 #; die dtinnwandigen Zellen B 1 haben im Durchschnitte 32 /~ Breite,

.64--96 p. L~nge.

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Jahrgang 1899:7 J. Forms Spelzen in N~dxrungs- u. Futtermitteln. 841 November. ]

Der Spelze yon Setaria viridis ist im Baue die yon Setaria italica H. Br.

ahnlich, we]che als Futterpfianze kultivirt wird und folglich auch als Ausreuter

vorkommen kann. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass die Querwande der dickwandigen Epidermiszellen der Spelze des Borstengrases

glatt und nur sanft gebogen sind, wogegen diese Querw~nde bei Steria italica wellenfbrmig gebogen sind und den oben erwghnten Zahn entbehren.

Itfihnerfennich 1) (Panicum crus galli L.). Fig. 59. Die Oberhaut der Deck- und Vorspelze besteht in der mittleren Partie aus kurzen dickwandigen Zellen, welche yon den Zellen der gewbhnlichen Rispenhirsenspelze (Panicum miliaceum L.) durch ihre Breite und sehr dichte, fief gefaltete Biegungen wesentlich ver-

schieden sind, wie es die Fig. 59 klar

macht. An den R~ndern tier Spelze

sind die Zellenwlinde schwacher ent-

wickelt, die Querw~tnde deutlich ge- wellt; die Zellen sind lgnglich, denen der gewbhnlichen Hirsespelze ahnlich.

Die Breite der Zellen (a) betragt regel- massig 56--96/J, die Lange (b) 40 bis 88/L, die Breite der Einbuchtungen (c)

21--44 ~, die innere Entfernung der

Einbuchtungen (d) im Durchschnitte

8 t~. Es giebt ab'er auch Zellen, deren Dimensionen folgende sind: Breite (a)

88--128 #, L~tnge (b) 56--88 y., die Breite der Einbuchtungen (c) 10--56 #,

die innere Entfernung der Einbuch- tungen (d) 8 - - 1 6 /z, es sind also

Zellen, welche breiter als lang sind.

Wie man aber aus der Abbildung der Spelze hirsespelze und den anderen hier angeffihrten

dass man die Dimensionen der Zellen nicht

Unterschied yon anderen Spelzen feststellen zu kbnnen. Nur ist die Hithnerfennichspelze

der R e i s s p e l z e theilweise ~hnlich. Wenn man

aber beide Spelzen vergleicht, so beobachtet man, dass die dickwandigen Zellen der Reiss- pelze (Fig. 60) grbsser und verh~tltnissmgssig

breiter sind, und zwar betragt die Breite der

einzelnen dickwandigen Zellen 185--270 p., die Lange 80--120/z , die Breite der Einbuch- tungen 80--110/J. und die innere Entfernung

A

Fig'. 59. Spelzen des Hiihnerfennichs (Panicum crus

galli). Vergr. 1 : 150.

sieht, ist dieselbe Yon der Rispen-

Spelzen so wesentlich verschieden,

erst zu messen braucht, um den

Fig. 60. Spelze des Reises (Oryza sativa)

Vergr. 1 : 151).

~) W~',chst an feuchten Feldern und in schweren Bbden in reichlicher iV[enge.

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842 Beythien u. Hempel~ Borsiiure-Bestimmung. [-Zeitschr. f. Untersuchung td. Naln'.~ n. G enussndttel.

der Einbuchtungen 25--50 #. Zwisehen den Epidermiszellen sind dieke t taare

eingeschaltet; wo diese ausgefallen sind, sehen wir runde leere R~tume (r)

zwischen einzelnen Epidermiszellen, eine Erseheinung, welche bei den Epidermis- zellen der I-Itihnerfennichspelze nicht vorkommt. Auch sind die Einbuchtungen der Reisspelze gegentiber denen der Htthnerfennichspelze spitziger.

Fasst man die gemachten Beobachtungen und eben beschriebenen Merk- maie der Spelzen zusammen, so sieht man, dass der eharakteristische Unterschied

verschiedener Spelzarten hauptsi~chlich in den dickwandigen Oberhautzellen der Deckspelze liegt. Es ist zwar nicht so leicht, auf den ersten Blick die

Spelzen des Hafers und des Flughafers, der Gerste und der Quecke yon ein- ander zu unterscheiden, es gelingt aber bei einiger Mtihe, wenn man auch die

Dimensionen einzelner Zellen der Spelze bestimmt. Sonst macht der Nachweis

der Spelzen, wenn man sich die beschriebenen und abgebildeten Formen der Spelzen merkt, keine Sehwierigkeiten.

Die Gewebselemente der Vorspelze und die Ri~nder der Spelze kOnnen bei der Untersuchung nicht immer in Betraeht kommen, da sie theilweise an

der Charakteristik verlieren und ihre Erkennung daher unter Umstanden unsicher ist.

Der Verfasser hofft, dass die hier mitgetheilten Beobaehtungen fttr die

Praxis gentigen und zur genaueren Kenntniss des anatomischen Baues der Spelzen beitragen werden.

Ueber die Genauigkeit des Jiirgensen'schen Verfahrens zur Best immung der Bors~iure in Fle i schkonserven und fiber

die Trennung yon Bors~iure und Borax. V o n

Adolf Beythien und Hans Hempel. Mit~heilung ,~us dem chemischen Untersuchungs~mte der Stadt Dresden.

Seitdem der Handel mit vielfaeh dureh Bors~ure oder borsaure Salze kon- servirten Fleisehwaaren ausl~tndisehen Ursprungs, wie amerikanisehen Oehsen- zungen, amerikanisehem P6kelfleiseh, di~nisehen Sehweinslebern, danisehem Kalb-

fleiseh u. s. w. einen immer gr6sseren Umfang angenommen hat, und die BehOrden

der Verwendung yon Konservirungsmitteln iiberhaupt erh6hte Aufmerksamkeit zuwenden, kommt aueh der Nahrungsmittelehemiker immer hi~ufiger in die Lage, Borsaurebestimmungen ausftthren zu mtissen. Trotzdem nun an Methoden dazu wahrlieh kein 5{angel herrseht, so war diese Aufgabe bislang doeh nicht be-

sonders angenehm, denn wenn aueh heute kaum mehr das yon H. R o s e ~) im

Jahre 1850 gefallte Urtheil gilt, dass die quantitative Bestimmung der Borsaure

1) Poggendorf f ' s Annalen 1850, 80, 262.