12
Z. anorg. allg. Chem. 536 (1986) 53-64 J. A. Earth, Leipzig Uber die Fluchtigkeit von Silber im Sauerstoffstrom HARALD SCHAFER* und WERNER KLUY [I] Nuns ter, Anorganisch-chemisclies Institut der Universitat Inhaltsiibersicht. &fit einer Mitfuhrungseinrichtung wurde die Verfliichtigung von Silber bei 611-721°C im Sauerstoffst.rom gemessen. Versuche mit Silberriillchen oder Silberwolle in einer Quarz- oder Silberbirne fuhrten zu den gleichen Ergebnissen. Dnrch Variation des Sauerstoffdrucks und der Silberaktivitat ergab sich, daR die Verf1ucht)igungals Ag,O erfolgt. 2 Ag,f + 0,5 0, = Ag,O,g, dH'(298) = 57,3 4 1 kcal/Formelumsatz; AS"(298) -= 25,5 cal/O, Formelnmsatz. Der Bodenkorper war zunachst reines Silber. Es bedeckte sich jedoch bei lang danernder Messurig mit einer dunnen Schicht von Sauerst'off oder Silberoxid, was die Konzentration von Ag20,g im Gleichgewichtsgas auf einen kleineren, aber konstanten Wert erniedrigte . Die anschlieRende Messung mit N2 als Tragergas fuhrte schlieBlich ziim Abbau der Deckschicht und zum sehr kleinen Sattigungs- druck des Silbers. Die Bedeckuiig des Silbcrs konnte nach DAVIES [2] mit Quecksilber nachgewiesen werden. Yaporizat,ion of Silver in a Stream of Oxygen Abstract. Using a transport equipment the vaporization of silver 3t 611-72l"C in a st,rcmi of oxygen has been measured. Experiments with detachable cuffs of silver or with wools of silver in a bulb made from quartzglass or silver load to the same results. By variation of the 0,-pressure and the activit'y of silver is observed that the vaporization happens at: Ag,O,g, see "Inhaltsiibersicht" . The solid was at first pure silver. During long lasting experiments, however, it is covered with a thin layer of oxygen or silver oxide, which lowers the concentration of Ag,O,g in the equilibrium gas to a smaller, yet constant value. The following measurements using N2 as carrier gas lead to the decomposition of this layer and ends with the very small vapor pressure of silver. The layer of oxygen or silver oxide on the metal could be shown after DAI-IES [2] using mercury. Sauerstoff lost sich in der Hitze (> 600 "C) inerklich in metallischem, festen Silber, das dabei eine Atzung erfahrt [3]. Kleine Mengen von Silber werden gleich- zeitig verfluchtigt [4, 51. Diese Verfluchtigung haben wir naher untersucht. Sie ist gering, GLEMSER und STOCKER [C;] fanden sie nicht. Zunachst wurde die Analysenmethode gensuer uberpruft . 1. Photometrisc he Silberhestimmnng mit Pyridin-2,6-dicarbonsjiure Das Reagenz bildet init Ag'* Absorptionsinaxima inittlerer IntensitZit bei E(~,~) = 841 und qQZ0) = 809 I/Mol. em. Das dunkelgrune Produkt ist ein bei niedriger Temperatur bestandiges Isomer. Es enthalt Silber und Pyridin-2,6-di- carbonsaure im Molverhaltnis 1 : 2 [7, 81.

Über die Flüchtigkeit von Silber im Sauerstoffstrom

Embed Size (px)

Citation preview

Z. anorg. allg. Chem. 536 (1986) 53-64 J. A. Earth, Leipzig

Uber die Fluchtigkeit von Silber im Sauerstoffstrom

HARALD SCHAFER* und WERNER KLUY [I]

N u n s t e r , Anorganisch-chemisclies Institut der Universitat

Inha l t s i ibers ich t . &fit einer Mitfuhrungseinrichtung wurde die Verfliichtigung von Silber bei 611-721°C im Sauerstoffst.rom gemessen. Versuche mit Silberriillchen oder Silberwolle in einer Quarz- oder Silberbirne fuhrten zu den gleichen Ergebnissen. Dnrch Variation des Sauerstoffdrucks und der Silberaktivitat ergab sich, daR die Verf1ucht)igung als Ag,O erfolgt. 2 Ag,f + 0,5 0, = Ag,O,g, dH'(298) = 57,3 4 1 kcal/Formelumsatz;

AS"(298) -= 25,5 cal/O, Formelnmsatz.

Der Bodenkorper war zunachst reines Silber. Es bedeckte sich jedoch bei lang danernder Messurig mit einer dunnen Schicht von Sauerst'off oder Silberoxid, was die Konzentration von Ag20,g im Gleichgewichtsgas auf einen kleineren, aber konstanten Wert erniedrigte . Die anschlieRende Messung mit N2 als Tragergas fuhrte schlieBlich ziim Abbau der Deckschicht und zum sehr kleinen Sattigungs- druck des Silbers.

Die Bedeckuiig des Silbcrs konnte nach DAVIES [2] mit Quecksilber nachgewiesen werden.

Yaporizat,ion of Silver in a Stream of Oxygen A b s t r a c t . Using a transport equipment the vaporization of silver 3t 611-72l"C in a st,rcmi

of oxygen has been measured. Experiments with detachable cuffs of silver or with wools of silver in a bulb made from quartzglass or silver load to the same results. By variation of the 0,-pressure and the activit'y of silver is observed that the vaporization happens at: Ag,O,g, see "Inhaltsiibersicht" .

The solid was at first pure silver. During long lasting experiments, however, it is covered with a thin layer of oxygen or silver oxide, which lowers the concentration of Ag,O,g in the equilibrium gas to a smaller, yet constant value. The following measurements using N2 as carrier gas lead to the decomposition of this layer and ends with the very small vapor pressure of silver.

The layer of oxygen or silver oxide on the metal could be shown after DAI-IES [2] using mercury.

Sauerstoff lost sich in der Hitze (> 600 "C) inerklich in metallischem, festen Silber, das dabei eine Atzung erfahrt [ 3 ] . Kleine Mengen von Silber werden gleich- zeitig verfluchtigt [4, 51. Diese Verfluchtigung haben wir naher untersucht. Sie ist gering, GLEMSER und STOCKER [C;] fanden sie nicht.

Zunachst wurde die Analysenmethode gensuer uberpruft . 1. Photometrisc he Silberhestimmnng mit Pyridin-2,6-dicarbonsjiure

Das Reagenz bildet init Ag'* Absorptionsinaxima inittlerer IntensitZit bei E ( ~ , ~ ) = 841 und qQZ0) = 809 I/Mol. em. Das dunkelgrune Produkt ist ein bei niedriger Temperatur bestandiges Isomer. Es enthalt Silber und Pyridin-2,6-di- carbonsaure im Molverhaltnis 1 : 2 [7 , 81.

54 Z. anorg. allg. Chem. 536 (1986)

Reagenzlosung. 25 g Pyridin-2,6-dicarbonsiiure (Raschig, Ludwigshafen) wurde in einer iiquivalenten Menge NaOH gelost und auf 476 ml verdunnt.

Oxydat ionsmi t te l . 100g NazS,O,, gelost in 900 ml Wasser.

Aceta tpuf fer . 118 ml Eisessig + 4 g Natriumacetat (NaCH,COO - 3 HzO) wurden in H,O gelost und auf 1000 ml gebracht.

Arbe i t svorschr i f t . Die halogenidfreien Probelosungen wurden je nach der erwarteten Ag- Menge in einen 100 ml bzw. 50 ml MeBkolben iiberfuhrt und rnit 10 bzw. 5 ml Pufferlosung, 5 bzw. 2,5 ml Reagenzlosung und 10 bzw. 5 ml Na,S,O,-Losung versetzt. Die MeBkolben wurden nun fur 15' in ein Wasserbad von 35-45°C gebracht und nach dem Abkuhlen auf Raumtemperatur bis zur Eichmarke aufgefullt und photometriert.

Zur Messung (572 nm) diente das Elko I1 (ZeiB, Oberkochen), das mit einem Spannungskon- stanthalter (Philips) versehen war. Die MeBgenauigkeit betragt bei 1 pg Ag 3,5y0, bei 2 pg Ag 1,5% und bei 5 yg Ag 0,5y0. Der EinfluB der Temperstiir ist zu vernachlassigen.

E indampfen von Ag-haltigen Losungen. Losungen mit 100-200 pg AgNO, wurden auf dem Luftbad bis zur Trockne eingeengt. Danach wurde kein Ag mehr gefunden. Dasselbe ergab sich bei Zugabe von 60 ml HNO, oder von etwas H,SO,. Im Luftbad (25OOC) verfluchtigten sich die kleinen Mengen von AgNO, und Ag,SO, restlos. Auch auf dem Wasserbad stellten wir noch eine merkliche Verfluchtigung von AgNO, fest . Gibt man jedoch zur Analysenlosung noch 100 mg NaNO, und verdampft die Losung zur Trockne, so bleibt die Ver- fluchtigung aus. Hierfur ist die Mischkristallbildung von NaNO, mit AgNO, [9] mal3gebend.

2. Die Mitfuhrungseinrichtung Wegen der zu erwartenden kleinen Silberoxid-Drucke kam fur die Messung

nur die Mitfuhrungsmethode in Betracht. Die MeBtemperatur sollte ~ 6 0 0 - 700 O C

betragen, da dann der Druck des elementaren Silbers noch zu vernachlassigen war [lo].

Der Ofen Ein rnit Kanthalband (Al) bewickeltes Pythagorasrohr ( @ i = 50 mm) wvlrde mit Einbettmasse

isoliert. I n dieses wurde ein zweites Pythagorasrohr ( @a = 35 mm) gebracht, das auf Asbestringen ruhte und an den Enden eine Zusatzheizung aus Kanthaldraht trug.

Die Beheizung erfolgte rnit Wechselstrom (Spannungsstabilisator). Pt/PtRh-Thermoelemente und Fotozellenregler uberwachten die Ofentemperatur, wobei die Zusatzheizungen empfindlich auf die Ofenmitte (T-Differenz Null) eingestellt wurden. Auf diese Weise betrug die T-Konstanz f 0,5 "C auf einer Strecke von 90 mm Lange.

Die T e m p e r a t u r wurde rnit einem Pt/PtRh-Thermoelement gemessen, das innerhalb der Silberschicht verschiebbar war. Es wurde mit den Schmelzpunkten von Zn (419,5"C), NaCl (804"C), Ag (960,S'C) und Au (1065°C) geeicht.

3. Reaktionsbirnen und Bodenkorper Die Reakt ionsbi rnen bestanden aus Quarzglas oder aus Silber. Der Gleich-

gewichtsraum war 100 mm lang mit einer lichten Weite von 16 mm. Er war mit

H. SCRAFER u. W. KLUY, Fluchtigkeit von Silber im Sauerstoffstrom 55

14 g Feinsilberrollchen oder 27 g Silberwolle (Quarzbirne) oder 32 g Silberwolle (Silberbirne) locker gefullt (vgl. Abb. 1).

I 830mrn

Quarz- oder Silberbirne im Mantelrohr

I A 90mrn 2 Abb. 1 A = T-konstante Zone; B = Thermoelement; C, D = Dichtungskappen NS 29 und NS 19; El, E, = Hilfsgaseintritt; F = Tragergaseintritt

Das fliichtige Silberoxid lost sich z. T. in der Quarzwand des Auffangrohrchens. Mit HNO, wird nur ein Teil des Silbers gelost, der Rest geht mit warmer FluBsiiure in Losung.

Si lber ro l lchen wurden aus Silber gewonnen, das nach HONIGSCHMID und SACHTLEBEN [ll] hergestellt war. Es wurde zu 0,06 mm starkem Blech gewalzt, zu Rollchen geformt und mit HNO, geatzt.

Die S i lberwol le und die S i l b e r b i r n e enthielten nach Heraeus 2 - lo-,% Cu, 2,5 - lO-3yO Pd, 2,5 *

Die rnit Silberrollchen bzw. -wolle gefullten Reaktionsbirnen wurden 3- 4 Wochen unter stro- mendem N, bei 600 bzw. 700°C gealtert.

Sauerstoff lost sich bei P(0,) = 800 Torr zu 2,61 mg/100 g Ag [12]. Hierdurch wird die Aktivitkt des Silbers nicht merklich erniedrigt.

% Rh und je 0,6 . % Fe, Ca, Mg.

4. Reaktionsgas und Hilfsgas Sauerstoff, Stickstoff und eine Sauerstoff-Stickstoff-Mischung mit 31,5 Vo1.-% O2 (Analyse mit

Dithionit) wurden Stahlflaschen entnommen. Das Gas passierte einen mit konz. H,SO, gefiillten Riesenfeldschen Stromungsmesser, Turme rnit P,O, und eine rnit Glaswatte gefiillte Falle (-80°C). Es ging danach, falls erforderlich, durch einen Silbervorofen, nm etwa vorhandene C1-Spuren zu entfernen, und gelangte schliefilich in die Reaktionsbirne.

Der S i lbervorofen enthielt 10 g Ag-Wolle bei 700°C. Etwa entstandenes AgCl konnte sich bei

Die geeichten Gasuhren waren rnit Silikonol (Wacker, A K5) gefullt, das von leichter fluchtigen

D r u c k d e s Reakt ionsgases . Der mit einem Barometer gemessene AuSendruck wurde durch

der Abkiihlung des Gases (20°C) abscheiden.

Anteilen im Olpumpenvakuum bei 45-60°C befreit und bei 80°C ausgeheizt wurde.

den nach der Anordnung gemessenen Uberdruck (18 Torr) korrigiert.

Das Q u a r z a u f f a n g r o h r enthielt 1 g Quarzwatte auf einer Strecke von 150 mm, die das ver- fluchtigte Silberoxid zu 95% band. Der Rest war in der Wand des Auffangrohres gelost. Die Watte wurde in eine Pt-Schale gebracht und das Rohr 30’ rnit 10%iger FluSsaure bei 60°C behandelt. Dann wurde die HF-haltige Losung in die Pt-Schale gebracht, wobei sich die Watte loste. Dann wurde nachgewaschen, 100 mg NaNO, zugesetzt und bei 200°C eingedampft. In der gewonnenen wasserigen Losung wurde das Silber photometriert.

56 Z. anorg. allg. Chem. 636 (1986)

5. Priifung auf Gleichgewichtseinstellung und Messungen niit P(Oz) = 1 atm Durch Anderung der Stroinungsgeschwindigkeit (Verweilzeit am Roden-

korper) ergab sich, da13 der Silbergehalt bei ( 3 1 O,/h wegen der Thermodiffusion des Gases zu gros ist [13j, da13 er aber bei 3-10 1 O,/h einein konstanten Wert (Gleichgewichtswert) entspricht (Abb. 2) .

/III/IIJI r, 6 8 10

Stromungsgeschwindigkeit I I h

0,o

Abb. S Verfluchtigte Silbermenge pg Agjl O2 in Abhangigkeit ron tier Stromungsgescli~vi~idigkeit des Sanerstoffs bei F79"C

Messungen (Quarzbirne)

Bei 611nC ist P(Ag) zu vernachlassigen (1 . 1O-IO atm) w 0,0004 pg Ag/l. Die mit Ag-Rollchen (Mess. 1-3) bzw. Silberwolle (Mess. 4,5) gemessene Ver- fliichtigung ergab die in Tab. 1 zusanimengestellten Werte. Das 0,-Volunien wurde stets suf 1 atm und 25OC bezogen.

Tabelle 1 Verfliichtigung von Silber als Silberoxicl mit 1 atm Sauerstoff (Quarzbirne) bei 611°C

Xr. Stromungs- gefunden 0, irg Agll 0 2

geschwind. pg Ag 1 1 O,/h

1 5 4 87.0 1037 0,084

2 4,6 94,s 1320 0,072

3 4 8 49,2 916 0,054

4 4,B 61,7 877,5 0,070

6 4,6 55,6 776 0,072

1 } M = 0,070 & 0,002 pg Ag/l 0,

Die Sattigung des Saucrstoffs mit H,O (SOOC) war ohne EinflnB.

Messungen (Silberbirne mit Silberwolle)

= 6 . 10-9 atm) = 0,02 pg Ag/l noch zu vernachlassigen. Auch bei 696 OC ist der Sattigungsdruck des metallischen Silbers (Pa,( 767OC)

H. SCHAFER u. W. KLUY, Pliichtigkeit von Silber jm Sauerstoffstrom 57

0,6

0,4 0 3 02 0,l

Tabelle 2 Verfliichtigung von Silber (Silberwolle) a19 Silberoxid mit 1 atm Sauerstoff bei G96"C

Nr. Stromungs- gefunden 0, Erg Agll 0, geschwind. pg Ag 1 1 Oz/h

1 6 5,0 98,O 180,7 0,542

7 5,0 l l6 ,9 241,fi 0,484

- 0 - O 02

0 , 5 - " 0 N2 -

- - - 0 0

n n

- I I I

M = 0,630 f 0,014 pg Ag/lO, 8 4 3 190,o 326,2 0,582

9 4,4 3 27, l 234,O 0,543

10 4,5 109,9 199,7 0,650 I 11 4,0 149,1 310,s 0,480 J

1 13 4,2 121,6 500,4 0,243 I 1 2 3,9 9 4 3 411,8 0,229

pgAg/l O2 sinkt ab 14 G,4 101,5 510,G 0,186

15 6,7

16 4, 7 loo,.', 492,o 0,193

79,9 327,4 0,244 1 Die Messungen G - 1 1 fuhrten zuiii Mittelwert 0,530 pg Ag/l 0,. Danach

(Mess. 12-16) sank die verfluchtigte Silbermenge stark ab und wurde bei einem niedrigeren Wert wieder konstant (vgl. Abb. 3 ) . Dies kann nur bedeuten, daD das Silber nun vollstgndig init einer auDerst dunnen Lage Sauerstoff oder Silberoxid bedeckt war. Unmittelbar im AnschlulS an die 1 Gte Messung erfolgte eine Messung mit reinem N, (uber Ferrum reduktum) als Tragergas (Tab. 3).

Hier wurde die Sauerstoff- bzw. Silberoxidbedeckung abgetragen, bis schlielS- lich nur noch elementares Ag verdampfte (Mess. 20).

Uber die Verandcrung des Rodenkorpers in1 Laufe der Messung vgl. Abschn. 8.

Abb. 3 menge (1)

Verfliichtigte Silbermenge pg Ag/l 0, oder Nz bei G91j"C in Abhangigkeit' von der G:M-

58 Z. anorg. allg. Chem. 536 (1986)

Tabelle 3 an Mess. 16 (Tab. 2) (vgl. Abb. 3)

Messung mit Silberbirne (+ Silborwolle), 1 atm N2 bei 696°C im unmittelbaren AnschluB

Nr. Stromungs- gefunden Gasvol. pg Ag/l N2 geschwind. Ag N23 1 1 N2b

17 5,l 56,O 236,2 0,237

18 7,O 30,2 204,5 0,148

19 7,O 18,9 448,3 0,042

20 5,8 9 8 357,6 0,027

Jetzt wurde die Silberbirne an ihrer Gasaustrittsseite eingekittet, so daB von aul3en her kein Silberdampf init dem Hilfsgas in das Auffangrohr gelangen konnte. Die Messung bei 714OC ergab folgende Werte (vgl. Tab. 4).

Der Sattigungsdruck des eleinentaren Silbers betragt M 0,02 pg Ag/l. Aucli hier fie1 von der Messung Nr. 28 an die verfluchtigte Ag-Menge auf einen niedrige- ren Wert ab und blieb dann konstant.

Tabelle 4 Messung mit Silberbirne ( f Silberwolle), 1 atm 02, 714°C

Nr. Stromungs- gefunden Gasvol. pg Ag/lO2 geschwind. pg Ag o,, 1 1 O,/h

21 6,1

22 6,3

23 5,9

24 6,6

25 6,4

26 6,7

27 6,8

28 6,8

29 5,9

30 5,8

31 G,5

32 6,O

33 6,O

34 G,6

35 5,6

36 6,2

243,O

168,6

218,7

91,3

86,3

225,G

99,3

136,7

87,G

33,9

31,2

50,4

105,O

69,4

52,9

61,5

287,7

294,O

299,7

162,O

128,6

336,7

180,9

300,7

230,4

121,3

109,l

150,G

441,4

272,O

191,s

231,3

0,845

0,573

0,730

0,564

0,673

0,670

0,549

0,455

0,380

0,279

0,286

0,335

0,238

0,255

0,277

0,266

H. SCHAFER u. W. KLUY, Fliichtigkeit von Silber im Sauerstoffstrom 59

Von jetzt ab wurde zusatzlich rnit einem Silbervorofen gemessen, so da13 keine etwa vorhandenen Halogenspuren in die MeBbirme gelangen konnten (Tab. 5), was die Ergebnisse jedoch nicht anderte.

Tabelle 5 Silberbirne rnit Silberwolle, P(0,) = 1 atm bei 721°C

Nr. Stromungs- gefunden Gasvol. pg Ag/ 10, geschwind. 1 Oz/h Yg Ag 02,1

M = 0,714 pg Ag/lO,

37 6,6 319,8 553,2 0,578

38 6,6 95,3 127,3 0,749

39 6,l 98,O 132,7 0,739

40 7,l 103,3 131,O 0,789

41 6,5 95,2 292,l 0,326 1 42 9,0 53,2 171,2 0,311

43 9,l 56,3 217,6 0,259

44 6,5 70,2 325,7 0,216

pgAg/lO, sinkt ab i

Wieder fiel die verfliichtigte Silberoxidmenge von der 4lsten Messung ab

Bei der gleichen Teniperatur wurde anschlieaend mit reinem N, gemessen auf einen niedrigeren Wert, der dann konstant blieb.

(Tab. 6).

Tabelle 6 Silberbirne mit Silberwolle, P(N,) = 1 atm bei 721°C

Nr. Stromungs- gefunden Gasvol. pg Ag/l Nz geschwind. pg Ag Nz, 1 1 Nz/h

45 7,O 114,2 367,9 0,310

46 7,5 106,O 531,8 0,199

47 9,8 101,8 1062,9 0,096

48 7,5 35,8 651,5 0,055

Auch hier fiel die verfliichtigte Silbermenge nochmals (wie in Tab. 2/3) all- mkhlich auf angenkhert den Wert des elementaren Silbers ab.

6. Messungen zur Ermittlung der Formel des fliichtigen Silberoxids bei 721°C rnit Sauerstoff (1 atm; 0,315 atm; rnit Ag-Wolle) und rnit einer Gold-Silber- Legierung in einer Quarzbirne (mit a(Ag) = 0,46)

In Tab. 5 wurde M = 0,714 pg Ag/l 0, gemessen. Als Mittelwert (mit Tab. 7) folgt = 0,716 pg Ag/l 0, iiber Silber mit P(0,) = 1 atm.

60 Z. anorg. allg. Chem. 536 (1986)

Messungen mit P(O), = 0,315 atm (bestimmt mit alkalischer Dithionit- 16sung), P(N,) = 0,685 atm bei 721OC.

Eine Silber-Gold-Legierung mit 45 Gew.-% Ag + 55 Gew.-% Au (Heraeus, Hanau) entspricht dem Molenbruch X(Ag) = 0,599, entsprechend a(Ag) = 0,48 bei 74GOC oder a(Ag) = 0,46 bei 721OC [14].

Tabelle 7

Nr. Stromungs- gefunden Chsvol. pg Ag/lO,

Messungen mit Ag-Wollo im Sanerstoffstrom; P(0,) := 1 atm bei 'i21°C

geschwind. pg Ag 0 2 , 1 1 O,/h

49 li,8 86,7 119J 0,727 1 11 = 0,719 pg Ag/l O2 60 8,O 62,9 74,5 0,710 I 51 G,8 37,s 91,8 0,408

52 7,0 30,:: 87,4 0,347

53 7,7 43, :3 214,5 0,202

54 5,s 24,s 107,3 0,228

pg Ag/l 0, sinkt ab I T,Lbclls 8 Messungen mit Ag-Wolle mit P(0,) = 0,315 atm bei 721%

Nr. Stromungs- gefunden Gasvol. Pg Ad1 geschwind. pg Ag 4 0 2 + "2 I/h

1

58. 5,7 F2,3 l52,7 0,408 I 59 .5,2 48,6 132,G 0,367 J

5.5 5.7 51,4 136,9 0,376

66 5.6 53,s 137,7 0,383

57 5,1 45,O 120,7 OJ7.3 M = 0,381 pg Ag/l (0, $- N2) J 60 G,r, 37,9 141,2 0,268

61 6,2 28,9 13G,9 0,211 sinkt ab

Tabelle 9 Nessungen bei 721°C init P(0,) = 1 rttm iind a(Ag) = 0,46

Nr. Stromunga- gefunden Gasvol. Ad1 0 2

geschwind. pg Ag 1, 0 2

1 OJll

1 62 f,2 4°C) "0,3 0,150

(3 6,l 53,7 299,3 0,179 } M = 0,154 pg Ag/l 0,

64 5,G 34,s 258,3 0,333 J G:, 5,s 3 7 4 4%6,9 0,088 66 7,8

1 pg Ag/l 0, sjnkt ab 59,7 546,3 0,109 I

H. SCHAFER u. W. KLUY, Fluchtigkeit von Silber im Sauerstoffstrom 61

28 g der Legierung wurden in feine Drehspane verwandelt, in die Quarzbirne gebracht und unter N, bei 700OC ausgeheizt. Bei 7 2 1 O C wurde dann die Silber- oxidverfliichtigung niit P(0,) = 1 atm gemessen (Tab. 9).

7. Auswertung der ICleBergebnisse Die Silberverfluchtigung entspricht ent weder G1. (I), (2) , (3) oder (4).

2 Ag,f + 0,5 0, = Ag,O,g ( 1)

Ag,f + 0 3 0 2 = A g o g ( 2 )

2 Ag,f + 0 2 = Ag&g (3) 2 A g J + 1,5 0, = Ag,O,,g. (4)

Mit der gefundenen Silberverfluchtigung bei 721 OC (Tab. 7, 8, 9) berechnet man die folgenden K,-Werte (Tab. 10).

Tabelle 10 Kp-Werte (721"C), berechnet uber Ag fur P(O), = 1 atm und 0,315 atm sowie fur P(0,) = 1 stm iiber a(Ag) = 0,46

a(Ag) im Bodenkorper 1 1 0,46 P(O& atm 1 0,315 1

AgQg 1G,2 . lo-* 15,4 . 10-8 7,59. 10-8

Ag,O,g 4 , O G . 10-8 3,87 * 10W 4,12. 10-8

L4g202,g 4,OG. 10-8 685 * 10-8 4,12. 10-8

A g A g 4,06 * 10-8 12,2 . 10-8 4,12. 10-8

Man erkennt, da13 Kp fur GI. (1) innerhalb der Fehlergrenzen voin 0,-Druck und von der AktivitBt des Bodenkorpers unabhangig ist. Die Silberverfluchtigung erfolgt also als Ag,O,g.

Die beobachtete Ag,O-Verfluchtigung bei 611, 696, 714, 721OC (Tab. 1, 2, 4, P(Ag,O) ~ ( 0 , ) ~ ~ ~ . 5, 7) fuhrte zu den Werten fur Kp =

P(Ag,O) P ( 0 p

Tabelle 11 Kp-Werte, Kp =

"C K Kp (atm) 1% KP extrapoliert nach Fox u. ESDAILE [5] log Kp' - log 2,0 = log Kp

611 884 3,970 . lW9 -8,401 -8,721

696 969 3,003 . -7,522 -7,609

714 987 3,729. 10-8 -7,429 - 7,399

721 994 4,046 . -7,393 -7,319

721 994 4,080 * - 7,389 -

62 Z. anorg. allg. Chem. 536 (1986)

Fox und ESDAILE [5] habeii die Verfluchtigung von Silber in 1 atm Sauerstoff bei 840-930OC (1113-1203 K) zu log P'(atm) = 4,25-1,12. l o 4 . T-l bestimmt. Berucksichtigt man, daB Ag als Ag,O verfluchtigt wird, so ergeben sich die in Tab. 11 fur Ag,O umgerechneten (und extrapolierten) Werte von Fox und ESDAILE, die mit unseren Werten gut ubereinstimmen (Abb. 4).

Abb. 4 Darstellung der von Fox und ESDAILE ( 0 ) und von nns ( 0 ) beobachteten log Kp-Werte gegen 103/T

Fur Ag,O,g betragt die Summe der Entropien So(trans, 298) und So(rot., 298) = 42,2 + 25,s = 68,O cal/O, Mol. Die G e s a m t - E n t r o p i e So(Ag,O,g 298) wurde zu 70,4 cal/O, Mol geschiitzt. Damit gilt fur 2 Ag,f + 0,5 0, = Ag,O,g, 4S0(298) = 25,5 cal/O, Formelumsatz.

Die Cp-Funkt ion fur Ag,O,g wurde anhand zahlreicher Satomiger Molekule und der T-Abhangigkeit ihrer Inkremente geschatzt zu Cp = 14,65 + 0,32 -10-3 T - 0,99 * 106 T-2 cal/O. I n Kombination mit den be- kannten Cp-Werten [15] fur Ag,f und 0, wird dCp = 0,89 - 4,26 - 10-3 T - 1,51 - lo5 T-,.

Mit diesen Werten und den ermittelten Kp-Werten (Tab. 11) berechneten wir fur die Bildung von Ag,O,g aus Ag,f und 0, AHO(298). K 884 969 987 994 994 AH"(2SS) in kcal 55,80 57,13 57,74 57,98 57,96

E= 57,3 & 1 kcal.

Fur die Verdampfung von Silber gilt dagegen dH0(298) = 68,4 kcal [lo].

H. SCHAFER u. W. KLUY, Fluchtigkeit von Silber im Sauerstoffstrom

8. Die Veranderung des Bodenkorpers im Laufe der Messung

Die Mitfiihrungsrnessungen mit Sauerstoff haben gezeigt, da13 die verfliichtigte Silbermenge pro 1 Sauerstoff nach einer bestimmten Zeit (Sauerstoffmenge) auf einen kleineren, aber definierten Wert absinkt. Wird danach Stickstoff statt Sauerstoff als Mitfuhrungsgas verwendet, so sinkt die verfliichtigte Silbermengen abermals ab, bis schlieBlich der Sattigungsdruck des Silbers erreicht ist (vgl. Abb. 3).

Selbst das thermodynamisch stabile feste Silberoxid Ag,O zerfallt oberhalb 44OOC in die Elemente. Daraus folgt, da13 bei unseren Temperaturen (FGIIOC eine kompakte Silberoxidp h ase nicht entstehen kann. Wohl aber entsteht eine BuBerst dunne Sauerstoff- oder Oxidbedeckung, die wir nach DAVIES [2] nach- weisen konnten.

Wurden Silberbleche von 1 em2 GroBe im Stickstoffstrom auf 700 OC erhitzt und danach mit einem Hg-Tropfen benetzt, so breitete sich der Tropfen auf der ganzen Flache schnell aus. Das Silber trug also keine Oxidbedeckung. Wurde jedoch das Silber im Sauerstoffstrom auf 7OOOC erhitzt, so konnten beim Auf- tragen des Hg-Tropfens deutlich Stellen auf der Ag-Oberflache beobachtet werden, bei denen die Benetzung nur zogernd erfolgte, wahrend die ubrige Flache schnell benetzt wurde. Nach etwa 30 Minuten waren kleine Flecke auf der Silber- oberflgche allseitig von Hg umgeben. Erst nach 5 Tagen war die Benetzung des Silbers vollstlindig.

Wir ver mu t en 1 ., dalj bei der Gleichgewichtsmessung zunachst elementares Silber neben einer teilweisen Ago,-Bedeckung vorlag, daB jedoch bei vollstandiger Bedeckung der Silberoxiddruck auf einen kleineren Wert absank. Wenn danach N, als Tragergas diente, wurde die Ago,-Bedeckung vollstandig abgebaut .

Rontgenographische Untersuchung des Bodenkorpers mit einer Hochtempera- turkamera nach Guinier (Mo, Ka)

63

Bei 50°C betragt fur Silber a = 4,094 A, und bei 700°C a = 4,164 A. In Sauerstoff waren nach 80 und 180 h neben den starken Ag-Reflexen wenige schwache Fremdreflexe zu erkennen. Wir v e r m u t e n 2., dal3 Fremdstoffe in Gegenwart yon Sauerstoff zur Oberflache wandern [16]. Wird anschlieaend im N,-Strom weiter erhitzt, so zerfallt das Oberflijchenoxid, und es wandert z. B. das Cu wieder ins Innere. Das aus der Silberwolle hergestellte Blech enthielt 2 . 10-2yo Cu und je 2,5 .

Pt und Rh und je 0,6. Fe, Ca, Mg.

Literatur [l] KLUY, W.: Dissertation, Munster 1963. [2] DAVIES, D. E.: Nature 179 (1957) 1293. 131 RAUB, E.; PLATE, W.: Z. Metallkunde 48 (1957) 529. [4] v. WARTENBERU, H.: Z. Elektrochem. 19 (1913) 489. [5] Fox, P. G.; ESDAILE, R. J.: Acta Metallurgica 11 (1963) 1363. [S] GLEMSER, 0.; STOCKER, U.: Z. anorg. allg. Chem. 341 (1965) 333. [7] HARTKAMP, H.: Z. Anal. Chem. 184 (1961) 98. [8] BANNERJEE, B.; RAY, P.: J. Indian Chem. SOC. 34 (1957) 207.

64 Z. anorg. allg. Chem. 536 (1986)

[9] HISYINK, U. J.: Z. phys. Chom. 32 (1900) 537. [lo] STULL, D. R.; SINKE, G. C.: Thermodynamic Properties of the Elements, Washington 1956. [Ill H?)NIwcHifiD, 0.; SACHTLEREN, R.: 7;. anorg. allg. Chcm. 195 (1931) 207. [la] STEACIE, E. W. R.; JOHNSON, F. M. G . : Proc.. Roy. Sou. (London) Ser. A ll” (1926) 541. [13] SCHAPER, H.: Z. anorg. allg. Chcm. %!) (1949) 75, 84. [14] WAGNER, C.; ENOELHARDT, G.: Z. phys. Chcm. 159 (1932) 233, 260. [ 1.51 Bartix, I. ; KNACKE, 0. : Tlicrmochemical properties of inorgmic substances, 13erlin: Springer

[16] LEROUX, J. A. A.; RAUB, E.: %. anorg. allg. Chem. 188 (1930) 206, 218. 1973.

Bei der Redaktion eingegangen am 17. Oktober 1986.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. HARALD SCHHFER, Dr. WERNER KLUY, Anorg.-cliem. Inst. d. Univ., Corrensstr. 36. D-4400 Munster