34
mi# Wwersk# 45 Tbeile theilt; der eine zersetzt sicb freiwillig nnd giebt festen and gasfdrmigen Phosphorwasserstoff, in welciiem letztern der andere Theil der fliissigen Verbindung sich verfliicbtigt und ihm die Selbstentziindlichkeitverleiht. 15) Dafs sich der feste Phosphorwasserstoff bei Cegenwart eines freien wiisserigen Alkalis, in gasfiirnrigen Phosphorwai+ serstoff und Phosplioroxyd verwandelt. 16) Dab sich das Phosplioroxyd unter dcnselben Umsttin- den unter Enlwickelung von Wasserstoff in unterphosphorige Siinre verwandelt. 171 D a t man diesem Verhalten die Verschiedenheit des selbslenlziindlichen Gases, welches sich bei derselben Operation entwickelt, zuschreiben mufs. 18) DaL sich, wenn man das entstandene Alkali sogleich durch eine starke Siiure neutralisirt , nur reines , nicht selbst- entziindliches PhospliorwasserslolTgas , obne Beimischung ron freiem WasserstolTe und eine proportionale Menge feesten Phos- pliorwasserslolFs , jedoch kein unlerphosphorigsaures Salz bildet. (Ann. de Chim. el de Phys. III. s6r. T. QV p. 5.) Ueber die harnsauren Sedimente; von W. Heinb. Die harnsauren Sedimenle , welche sich aus erkaltendem saurem Harn enlweder sogleich oder nach mehrercn Stunden abscheidai, miissen, vom chcrnischer~ Gcsiclrlspunkte aus belracb- tet, in zwci Bliisscn getlieilt werden. Einmal finder man ein kiirniges schweres, sich fest auf den Boden legendes, unter dem Mikroscop betrachtet , deulliche Krystallform zeigendes Se- diment, das, die geriuge Yenge Farbstoff abgerechnet, am

Ueber die harnsauren Sedimente

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber die harnsauren Sedimente

mi# Wwersk# 45

Tbeile theilt; der eine zersetzt sicb freiwillig nnd giebt festen and gasfdrmigen Phosphorwasserstoff, in welciiem letztern der andere Theil der fliissigen Verbindung sich verfliicbtigt und ihm die Selbstentziindlichkeit verleiht.

15) Dafs sich der feste Phosphorwasserstoff bei Cegenwart eines freien wiisserigen Alkalis, in gasfiirnrigen Phosphorwai+ serstoff und Phosplioroxyd verwandelt.

16) Dab sich das Phosplioroxyd unter dcnselben Umsttin- den unter Enlwickelung von Wasserstoff in unterphosphorige Siinre verwandelt.

171 Dat man diesem Verhalten die Verschiedenheit des selbslenlziindlichen Gases, welches sich bei derselben Operation entwickelt, zuschreiben mufs.

18) DaL sich, wenn man das entstandene Alkali sogleich durch eine starke Siiure neutralisirt , nur reines , nicht selbst- entziindliches PhospliorwasserslolTgas , obne Beimischung ron freiem WasserstolTe und eine proportionale Menge feesten Phos- pliorwasserslolFs , jedoch kein unlerphosphorigsaures Salz bildet. (Ann. de Chim. el de Phys. III. s6r. T. QV p. 5.)

Ueber die harnsauren Sedimente; von W. Heinb.

Die harnsauren Sedimenle , welche sich aus erkaltendem saurem Harn enlweder sogleich oder nach mehrercn Stunden abscheidai, miissen, vom chcrnischer~ Gcsiclrlspunkte aus belracb- tet, in zwci Bliisscn getlieilt werden. Einmal finder man ein kiirniges schweres, sich fest auf den Boden legendes, unter dem Mikroscop betrachtet , deulliche Krystallform zeigendes Se- diment, das, die geriuge Yenge Farbstoff abgerechnet, am

Page 2: Ueber die harnsauren Sedimente

48 Eeinta, iiber dis hwmawan sedimmh.

Harnshm besteht, die unter Urnstiind& am sebr geringe Men- gen einer Basis enthalten kann. Dann aber, und ich habe diere Form hluGger gesehen, als die eben genannte, selzt sich nicht sellen aus dem Hsrn ein in seinen physikalischen Eigenschrh durchnus davon verschiedenes Sediment ab. Dieses legt sich nicht fest auf den Boden des Gefafses, wird durch Scliulteln sebr leicht durch die ganze Fliissigkeit verlheilt, und eeigt sich, uoter dem Mikroscop belrachkt, als ein hiiclist feines ainorphes Pul- ver, dem nur cuweilen Krysliillclien von Harnsiiure beigemengt sind. Sehr leiclit unlersclieidet sich dieses Sediment von dem aas reiner Harimlure beslehenden aufserdem dadurch , dafs es, wenn der durch dasselbe gclriibte IIarn erwiirmt wird, sich darin vollkommen auflosl, und bcim Erkallcn desselben sich wio- der’7daraus abscbeidet, wilirend jencr zuerst penannle Bodensatz des Hams gar nicht oder doch nur urimerkbar von dem er- wiirinten €lam aufgclost wird. Es is& zuwcilen aber sellen voll- hnlmen wcifs, meislens hat es cine rosenrollie oder melir dun- kelrolhe Farbe; zuweilen ist es gelhlich geTdrbt , welohe Ver- schiedenheiten von den FarbslolTen abliiingen , die in dem Ham vorhanden sind, und die durch dasselbe zum Theil init nieder- gerissen werden.

Die Natur diescs Sediments ist schon lange ein Gegensland der Untersuqhungen gcwesen. Dessenungeachlet bat man bis jetzt noch nicht eine dcr vielcn dariibcr aufgeslellten Ansichleo allgemcin als die riclitige anpiommen, ohgleich die, wonach es eine Verbindung von Harnsiiure mil Ainmoniok seyn soll, in welche eine geringe Mbngo ciiics fiirbenden StolTs eingeht, die ‘am meislen verbreitek ist.

Pie Frage nach der Zusammcnsetzung desselben bin@ mit der iiber die Art, wie dic Harnsiiure im Harn aufgeliist enlalten, 80 eng zummmen, dafs man bei gescliichtliclicr Anftihrung ailer der Mehungen, welche bisher daruber gehcrrscbt haben, beide nicht trenaen kmn.

Page 3: Ueber die harnsauren Sedimente

Beinti, aber d# hummum &dhm&. 47

Proust hielt diems Sediment, besonders das r6thlich g s fQrMc, zuerst Wr eine eigene S u r e , dio er macide m a c i q u e r nannte, iiberzeugte sich aber spllcr, dafs es rvesentlich nus Ham- d u r o beslehe , nur mit oinem eigenlhiiinhclien Fnrbsloff verun- reinigt. Proot *) erkllrte es d m u f fiir Iiurnsaures Amitioniak, das durch Verbindung mit vcrschidcnen F a r b s l o h die oben erwiihntcn verschiedenen Firbungen erhielte , und glauble d e b wegen, die Harnsiiure rey als Ammoniwksalz ini Ilarn aufgelkt. Dieser Mcinung schlob sicli D o n n e **) a n , der sicli besonders auf die Auflijslichkeit d i a e s Sediinents beirn Erwiirmen des Urins sliilzle.

Gegen diese Ansicht trat zuerst Qu&vcnne***) auf, der es entweder Iur ein Hydrat der IlarnsPure oder fiir cine Ver- bindung derselben init cinetn FarbstolTo crkliirlc, in dcr wohl geringe Mengen van Ammoniak sicli vorfitidon kijniitun , jedoch nur als unwosenlliche Beimischung.

W e l z l a r i), der S c h u l t e n s ++) Angabe, dufs kaustiscliea Ammoniak die tlarnsiiure nacli einigen Stundun so vollsliindig nus dem Hame fiille, doll in der Iillrirtcn Fliissigkeit d m h eine S u r e keine Filllung nielir erhaltcn werden kiiiinc, besliligt fand, konnte del‘shalb das amorphe Sediment niclit fur harnsrures Am- moniak hallen. Er glaubte viclinelir, (lab Nalron die Basis sey, woran dio llarnslure in demselbcn gebunden sey, olino sich jedoch a u l direcle Versuche zu sliilzen, sondcrn allein aus dem Grunde, weil er das Nalron fur das cigcnlliche lhierische Alkali hielt. Denn dcr einzige Versuch, d i n er anfiilirt, und der darin

+) W. Yrout, On the natnm and treatment of rtomad a d rend dim- ~OIBI. London 1843 s. 168.

**] L’llhritier, Cliiniio pathulogiquc. 1842. S. 438.

+) W e t r l a r , Beitrag zur Kcnntnih dw menrehlichcn Ham und der me) Ibid. S. 438.

Entrtehung der Hauteine. S. 18. ++) N e w Jounul dm Ckmie Bd. Ill S. 347.

Page 4: Ueber die harnsauren Sedimente

48 Re in tz, iiber die harnsauren Sedimate.

bestand, dafs er eine Aufliisuiig von harnsaurem Natron in Harn gofs und den Harn erkalten lids, wobei ein dern amorphen Sedi- ment ganz alinlicher Nicdcrsclilng sicli bildcle, der aus Harnsaure und Nalron, ncbst etwas rollieiii Farbsloff heslaiid, beweist nur dic Miigliclikeit, niclit die Nolliwcndigkeit , dafs diis iialurliche Sedi- nient gleicliFalls tlaraus bcstelie. Ucbrigens konnte das nuf t h e Weisc? erzeugtc kiinstliche Sediiiicnt inijgliclier Weisc lialk odt:r Aininonialc dcii iin Harn aurgeliisten Salzen dieser Basen ent- nominen liaben und auf diese Weise also nicht inehr reines Natronsalz gewesen seyn.

D uv e r n o y *) scliricb dciri Farbslofl des Harns die Eigen- schaft zu, die €larnsltre in Auflijsung zu erliallen, uiid glaubte, dafs sit! nur dadurcli sicli aus deinselben niedcrsclilage, dafs der Farbstoff eine Veiiinderung erleidc. Er pfliclitete daher W e tz- la r bei, dill;; dtis pdverfiirleigc Sctliiiient aus dcrii VOII diesein angegebeneii Cruiidc iiicht aus liariisaureiii Aininoniak bestehen kiinne, hieh es aber auch niclit, wie dicser, fur harnsaures Na- @on, sondern fur Harnsliure, die nur durch den Harnfarbstoff yerwreinigt wke.

auf, dafs das von den Schlangen enlleerte harnsaurehaltige Excret, diis doch farblos sey, fast cben SO 1OSliCh sey, wie das geiianiite Sediment. In diescm Fall0 kdnne also weiiigstens D u v ern o y's Ansicht niclit richtig seyn, und die Jlogliclikcit, dak aucli aus dein nienschlichen Harn sich harnsaures Airnnoniali absclrcitlen liiinne, sey dadurcli unzweifel- haft, obglcicli dciri Farbsloll'e wolil ciiiige Illilwirkung bei der Auflijsung der Hariisiitirc zwrlmiiil werdcn niusse.

der Auflij-

Hiergegen sfellle P ro u t

Die Arisiclit voii \Y i 11 is **a) , dafs der

*) Du veri io y , Clicsiiscli-nicdiciiiisclic Untcrsuchaogen iiber den mensch- lichen Urin. 1835. S. 20.

**) A. a. 0. S. 533. -) Will i s , Hrankheitcn des Harnsystems. 1841. S. 20.

Page 5: Ueber die harnsauren Sedimente

Heiii t zi, iiber die hainsaweta Sedirnente. 49

sung der IIarnsiure im IIarn in ihrer chemischen Verbindung mit Wasser zu suchen sey, erledigt sich dadurcli yon selbst, d a b Fritzsclie *) gezeigt hat, wie diese Verbindung es gerade ist, die stets zucrst enlsteht, wenn dio Hzrns5ure sich aus einer kalten Aubsung abselzt. Sie ist also e l m so unloslich wie die wasserfreie Aiirnslure.

A. Becquerel **) trilt der Ansiclit von Qukvennc volL kommen bei, und halt niit i l i in das ainorphe Sediment fur Harn- saure, die durch den IIarnfarbstoff gefiirbt, und der unter Uin- sllnden jedoch stels nur wenig hariisaures Aininoniak bcige- mengt sey.

Sche re r ***) ineiiit, wie Wctz la r , die Harnsaure sey als Natronsalz im Harn aufgclost, sctze sich aber ainorph als reinc HarnsLure durch Einwirkung der llilclisaure aus deniselben ab. Die saure Reaction des noch nicht gelrubten Harncs er- kliirt er dadurch, dafs die h i e Siiure desselben Nilchsaure sey, die erst, wenn sie in einer gewissen llengc rorwaltc, das harn- saure Nalron, das er in der Auflosung enllialteii annimint , zer- setzen kiinne. Der Vorgang bei der Sedimentbildiing sey nun der , d a t das liarnsaure Natron durch die anfangs vorliandene Milchsaure zum Theil zerlegt werde , die abgeschiedene Rarn- siiure aber nocb, wie auch Duvernoy iiieiiite, durcli den Ex- tractivstoff aufgeliist erlialten wiirde, bis tlioscr leicht zerselzbare Woff sich so verandert IiPlte, dafs sie sich abscheiden musse. Die freie Milchsaure, die nun irn Verhaltnifs zu ihr in grofserer Masse als vorher vvirke, zerselze daini wicdcr elwas harnsaures Natron, und so fort his alle Harnsiiure aligcscliieden scy. Man sieht aber nicht ein, wefshdb die freie Milclisiiure nach Abschei-

*) Pharmaceutisches Centrnlbl:itt. 1839. S. 206. **) Becquerel, Simiotique des twines. 1841. p. 45.

-*) Scherer, Chemisclie und niilrroscapisclie Untersuchungen zur PI- thologie. iS43.

A n d . d. Chemic u. Pharm. I.V. nil. 1. II&. 4

Page 6: Ueber die harnsauren Sedimente

50 Heints , iiber die hmnsatiren Sedinaente.

dung eines Tlieils der Harnsaure im Verhiiltnifs zu dieser in griiterer Masse vorhanden seyn miisse. Denn so vie1 Atome dieser Saure abgescliieden werden , eben so vie1 Atoine Milch- saurc miisscn sich mit dem Nalron des harnsauren Natrons ver- binden. Es wurde nur dann wirklich der Fall seyn, wenn melir Milchslure im Harn vorhanden ware, als Harnslure, was S che- r e r dmchaus nicht bewiesen hat, was vielmehr durch neuere Forschungen widerlegt ist.

Lip0 w ilz *_) ist gleichfalls der Meinung, dafs die Harn- siure durch die Milchsaure aus ihrer Verbindung mit Natron ausgetrieben werdc. Er hat namlich gefunden , daL sie , wenn sie n i t einer Aufliisung eines niilchsauren Salzes bis auf einige Grade iiber die Blutwarme erhitzt wird, sich aullost, beim Er- kalten aber sich wieder ubsetzt.

Simon **_) spricht sich tiber das amorphe Sediment in der Art 91\16, dafs man daraus ersieht, er hahe zwar dasVorkommen k a m o q h e n &unsliure fur gewifs, aber fiir sehr selten. .-.~.,~Gol&ag Bird *w) dagegen erkliirt , niernals amorphe Ilmldbw geseha zu haben.

! ) I : M e diese Ansichlcn miissen durch den hiichst wiclitigen und Ihhaltschweren Aufsalz von Liebig-f) : nUeber die Con- slilnlion des Hams der Menschen und der fleischfressenden Thiereu eine mehr odcr weniger vollstandige Modificalion erleiden. Da nach Liebig’s Unlersucliuiig des gcfiiullen und nach meiner #) des frischen Hams in ihm durchaus keine Milchsiiure vorhanden

*) Simon’s Ileitrlge zur physiologischen iind pathnlogischen Chemie und hlikroscopie Bd. I S. 97.

**) Simon, Blediciniscli-malytisclie Chemie Bd. 11. S. 372. ***) Bibliothek des Airslandes fur die organisch-chemische Richtung der

Ileilltundo yon Eckstein. 1844. lien 11. S . 31. f) Annalen der Clieniie und Pliarriiacie Bd. XI,. S. 161.

fl.1 Pnggenclorfrs Annnlen Bd 1.x” S. 602.

Page 7: Ueber die harnsauren Sedimente

Heiratl;, iiber die h m m l m Sedinaente. 51

ist, so sind nothwendig die Ansichten, nach denen das Harn- sauresediment durch Einwirkung dieser Saure abgesondert wer- den soll, unrichtig. L i ebig’s Arbeit giebt itns bekanntlich den klarsten Aufsclilufs iibcr die Art , !vie die Harnslure in dem Hariie aufgcliisl ist, iiidem er zcigt , dafs plio~phorsaurcs Natron die Fbhigkcit hat , diese Saure in ziemlicli bedcutciider Menge aufzuliisen , indem sich die Phosphorsiiure und die IIarnsfiure in das vorhaiidene Natron theilen, und dafs diese Pliissigkeit sailer reagirt, wic der Harn. Ob aber des ainorphe Sediinent aus Harnsaure oder ails harnsauren Salzen bcstelie, tlafiir ist sie nicht enlscheidend. Denn nach den Thatsaclien , die L i c bi g aufstellt, bleibt heides moglich. Da die Harnsiiure nacli ihtn mittelsl des phosphorsauren Nalrons im Harn aufgeliist entlialten ist, so wire sowolil der Pa11 denlibnr, dafs dieses Selz sie beim Erkalten als solche wieder absetzt, wenn sie etwa nur in der Warme einen Theil dcs Natrons des phosphorsauren Salxes an sich risse, beim Erkalten aber wieder fahren liefse, als auch der, dafs das saure phosphorsaure Natron in dcr Auflosnng blicbe, wahrend saures harnsaures Natron sich absetzte. Diese Frage zu erledigen und dadurch die Bildulig der verschiedcnen Harn- sauresedimente zu erklaren, ist der Zweck tliesrr Arbeit.

Die Entscheidung derselben wird besonders durch die gro- fsen Scliwierigkeiten sehr bt?hindert, welche der directen Unter- suchung des arnorphen Sedimerits entgegenstehen , und die theils darin ihren Grund haben, dafs in dem auf einmal gelassenen Harn sich dem Gewicht nach iiiir Bufserst wenig dcsselben abselzt, tlieils darin, dafs es beim Auswaschen zum grofsen Theil sich wieder auflost und endlich dariil, dafs es rcin zu crhalten sehr schwer, ja es vom Farbstoff vollstindig zii hefreien , unmoglich ist. Die viclen Uittersuchungen , wclche ich init dem genannten Sedimente angeskllt habe , sind auf fnlgende Weise auspfiihrt worden.

.

4s

Page 8: Ueber die harnsauren Sedimente

52 Hein t z , iiber die harmauren Sedimente.

Der Harn wurde frisch gelassen fillrirt , oder wenn sich das Sediment schon gebildet haite, rorlier erwlrmt, bis es sich wieder aufgelost hatto und dnnn fillrirt. Das nach dem wieder erfolgten Erkalten sich abscheidende , in der Regel riitlilich gefirbte Pulver wurde abfillrirt , und so lange rnit destillirtem Wasser ausgewasclien , bis die ablaufende Flussigkeit durchaus frei yon den Harnbestandlheilen gefunden wurde, mit Ausnahrne der geringen Menge des Sediments, welches sich in dernselben rufloste.

Das so erlinltene Pulver oder ein Theil desselbcn, wenn seine Mcngc zu diesein und dern sogleich anzufiihrenden Ver- suche hinreiclrte , miirde noch fcuclit in einem Uhrgllschen m t kauslischern Kali iibergossen. Ein dariiber gehallener, mit Salz- siure befeuclileter Glasstab erzeugle in d e n (wohl 20) Fillen deutliche Nebel von Salrnialt. Diescn Versuch stellte ich stcts in einem Ziminer an , dns cntkrnt genug von mcinern Labora- torium lag, als dafs man annehrnen diirftr,, die ainmoniaknlische Atmospharc dessellien liiitte ihre Enlstehung twtliiigt. Auch um- gab sich der mit Salesaure bcfeuclitefe Glasslab, wedcr wenn er entfernt von dem Uhrgliischen gchallen, nocli wcnn cr dcr zu dem Versuche angewendetcn lialil6suiig genaliert wurde, niit R’ebeln. Die Anwesenheit dcs Ammoniaks in dem genannlen Sedimente ist daher durch den nngegcbcnen Versuch erwiesen.

Der antlcre Theil des Sediments wurde gelroclrnet und verbrannt. Er lieferte stek eine ini Verliiiltnirs zur uiitcrsuclilcn Verbindung nicbt unbedeulende, alwr sich nicht gleichbleibende Menge Asche. Ich erhielt in tlcn verschiedencn Vcrsuchen 4,26; 8,02 ; 3,20; 2,98; 5,63; 7+4; G,20; 4,21; 3,61 pC. Asclie. Diese unter- suchte ich wegen dcr gcringcn Slcngc, in der sic in den ein- zelnen Fallen erhalten wurrle (tiur 0,002 - 0,006 Graminen), mit der grafslen Vorsicht aiif folgende Weisc. Sie wurde init wenigem kochendcm Wasser niisgezogen, die allrnlisch reagirende

Page 9: Ueber die harnsauren Sedimente

He i n f z , iiber die harnscruren Sedimente. 53

Losung abfiltrirt und zur Trockne verdatnptt. Der Riickstand wurde mit einigen 'rropfen Wasser iibergossen, damit erwarmt und mit einigen Tropfen Salzsaure versetzt. Stels bemerkle ich hierbei eine, wenn auch nur geringe Gasentwickelung, ein Be- weis, dab die aofgeliislen Basen vor dern Verbrennen der Sub- stdnz an orgdnischc Sdure gebunden waren. Die Liisung wurde wieder zur Trockne abgedampft und vor dem Liithrohr mit den bekannlen Vorsichtsmatregeln auf Natron untersucht , welches ich in allen Fiillen deutlich nachweisen konnte. Der Rest wurde zu einem Versuche, Kali mittelst Plalinclilorid aufzusuchen, ver- wendet. In zwei Fdlen war seine Gegenwart unzweifelhafi, ob- gleich es nur in hoclist geringer Menge gefunden wurde.

Der Theil der Asclie, welclier sich ini Wasser nicht aufge- liist halte, wurde mit Salzsaure, woiin er sich unter Brausen aufloste , versetzt , die Aufliisung ammoniakaliscli gemacht , und zu der klar bleibenden Plussigkeit einigc Tropfen einer Auflii- sung von Oxalslure gefiigt. Ich erhielt in allen FIUen einen Niederselilag von oxalsaureni Iialli. Die davon abliltrirte Flus- sigkeit gab mit phosphorsaurem Natron in einem Falle einen schwachen Niederschlag von phosyliorsaurer Ammoniaktalkerde.

Auf Salzslure, Schwefelsiure und Pliosphorsaure habe ich diese Asche stets vergeblicli unlersucht.

Aus-diesen Versuclien geht also hervor, dafs das fragliche Sediment an Basen stets Ammoniak , Natron und Kalk, zuweilen auch Kali und Magnesia enthalt, und zwar an eine organische Siiure gebunden. Dime SIure ist offenbar Harnsaure, wie es schon seit Pr ousl's bekannter Arbeit iiber dicsen Gegenstand allgeinein angenommen ist. Auch ich liabe mich durch viele Versuche davoii iiberzeugt.

Es ist daher zwt.ifellos, dafs das amorphe Sediment stets barnsaures Ainnioniak , harnsaures Natron und harnsaure Kalk- erde, sellener auch harnsaures Kali und harnsaure Magnesia enlhalt.

Page 10: Ueber die harnsauren Sedimente

54 Heintz , ziber die hamaurcn Sed&nente.

Sclierer”) ist zwar der Meinung, dafs der kohlensaure Kalk, welchen auch er in der Asche dieses Sediments stets ge- funden ha t , von milchsaurern Kalk hcrriihre; indessen ist , wie erwiilint, gar keine blilchsaure iin Ilarn enthalten, und wenn diefs auch der Fall ivarc, so wiirdc docli iri tlcn von inir untersuchten Sedimenten niclrt irgend ein inilclisaurcs Sitlz enthalten gewesen seyn kiinnen , da ich sic anhaltcntl niit Wasser ausgewaschen haite , worin diese Salze bekanntlicli slmrntlich aufliislich sind.

Der einzige Einwurf, welclier nocli dagegen gemacht wer- den kiinnte, wlre , dds der Stoff, welcheni das Sedimenl seine Farbc verdankt, es sey, der die in’ der Asche gerundenen Basen gebunden hilt. Diese Ansicht kann zwar nicht dadurch wider- legt werden , dak der FarbsloB keine SIiure sey , oder wenig- stens eine weit schwachere als die IIarnsCure; tlenn wir wissen leidcr uber seine Natur zu wenig. Die Ursache dieser Unbe- kanntschaft mit seinen Eigenscliaften ist abrr zugleich ’ der Grund, auf welchen ich mich stutze, indem ich diesen Einwurf als un- begriindet zuruckweise. Er ist namlich in zu geringer Menge im Harnsedirnent vorlisnden, urn die Anwesenheit von bis 8 Pro- centen allein feuerbestiindiger Basen zu erkllren. Aufserdern habe ich aber auch einnial ein fast vollkommen weirses Sediment untersucht, welches von allen oben angefuhrteii gerade am mei- sten feuerbesrandige Basen enthielt , nlmlich 8,02 pC., unter denen aucli Kali sich befand.

Wenn es nun hicrllurcli erwiesen ist, dafs das amorphe Sediment stets salzartige Vcrbindungen der Harnslure enthalt, so fragt es sich jetzt , ob es in der That nur aus harnsaurem Salze besteht, oder ob, auch wenn das Mikroscop lieine Kry- stalle mehr von Harnsiiure nachweist , deiinoch diese Saure im freien Zustande in dernselben vorkomrne.

*) Chemiache uud mikroscopische Uiitersuchungen zur Pathologie. 1843. s. 1.

Page 11: Ueber die harnsauren Sedimente

Hein tz , iiber die hamscruren Sedinmie. 55

Diese Frage ist weit schwieriger zu entscheiden als die eben erledigle. Wenn man einen vollkommen reinen Stoff und diesen k hinreichender Mcnge zur Unlersuchung hatte, so wurde man zu ihrer Beantwortung unzweifelhaft xur quantitativen Analyse desselben schreiten. Man kann ttber, wie ich schon oben an- fiihrte , das Sediment niclit vollstiindig von seinem Farbstoff be- freien.

Fur jetzt will ich zuerst die Griinde besprecheu, welche fiir die Ansicht angefiihrt worden sind, als bestiinde das amorphe Sediment auch nur zurn Theil aus Harnsiure. Die Griinde, welche Quhvenne bestimmte, diese Ansiclit aufzustellen, kann ich Ieider nicht angeben , also auch nicht direct widerlegen, weil mir die Originalarbeit desselben nicht zu Hiinden gekommen ist. Ich kann nur das anfuhren, was L'HBritier dariiber sagt. Da- nach scheinen die Grunde fiir seine Ansicht nur gewesen zu seyn, dafs sowohl die Aufloslichkeit des Sediments in der Wiinne, wie auch die Abscheidung dcr Harnsaure aus dern Harn durch eine stirkere Saure, sich eben so gut mit der Ansicht vertruge, dab sie als harnsaures Salz, als mit der, dafs sie als reine Harnslure darin enthalten sey. Die Art und Weise, wie QuBvcnne diese letztere' Yeinung vertheidigen will, giebt L'HBritier leider nicht an.

Duvernoy **) welcher, wie ich schon oben erwghnte, der Meinung war, d a b der Farbstoff des Harns die Aufloslichkeit der Harrisaure bedinge, giebt einige Griinde gegen die Annahme, dafs diese Siiure an ein Alkali gebunden im Harn enthalten sey, an, die nach ihrer Widerlegung durch Liebig's eben erwlhnte Arbeit uns jetzt wenig interessiren Iiiinnen. Merkwiirdig isf aber, dafs sein Versuch, den er als fiir seine Ansicht sprechend

'

*) L'HBritier, Trait6 de chimie pathologique S. 438, **) Chemisch-medicinische Untersuchungen iiber den menschlichen H a m

1835. s. 19.

Page 12: Ueber die harnsauren Sedimente

56 Heirhtr;, i iber die iuwrUraure,i Sedmaenk.

anhhrt, direct zur Bestltigung der L ieb ig'schen Ansichten die- nen kann.

Er loste iiarnlich reine kryslallisirte Harnsiiure in kochen- dern Wasser auf und setzte so vie1 Harnfarbstoff hinzu, dab die Farhe der Auflosung die eines etwas concentrirten Urins war, und beobaclitete nun oft lteine Fillung beiin Erkalten desselben. Auch beirn Zusatz eiiier Siiurc scliictl sie sicli erst riach einigen Stunden aiis. Dicse Erschcinung erl&irt er durch die auflosende Kraft, wdchc tler Farbsloff auf die flarnsiure ausiibt. Der Harn- farbstoff , welchcii er zu diesein Vcrsiiche anwendete, war auf folgende Wcise lwreitct worden. Den zuin Extracl dingedampf- ten Harii zog cr niit al,soluteiu Alkohol BUS und stellte nach dem Abdainpkn die geliistc blasse zur Iirystallisalioil hin , dann lieb e r clcn fliissigen Tlieil i n Papier einziehcn und erhielt aus diesein drircli Auslaugcn init Wasser und Ahdaiupfen den Farb- stoff. Diem mufste abcr nebeii anderen Stoffen aucli noch Phos- phorsiiure enthalten. Denn schon Vauque l in *) und H e n r y "3, j a D u v e r n o y selbst haben die Gegenwart der Phosphor- saure irn alkoholisclien Auszugc des Harnextracts nachgewiesen. Mag sie nnn im fieicn Zustaiitle darin enthatten seyii, oder im gebundenen , so iiiufs sie dadurcli zur Aufliisung der HarnsZiure nothwendig beitragcii, dafs .sie sicli rnit dem Arninoniak, welches aus clern vorhandenen Harnstoff sich erzeugt haben tnurste, ver- bindet, und so zur Biltlung cines basisch phosphorsauren Alltali- salzes Arilnfs giebt. Der RUS tlern Harnsediinent selbsl durch Auskocheii mit Alkoliol erlialtenc Eslractivsloff gab ihin daher nicht dasselbe Resultat, weil dieser offenbar yon Phosphors;iure %vie von Harnstoff frei war. Den Schlufs, welchen Du ve rnoy

--- *) hnnales du Museum d'histoire naturelle Bd. XVlI S. 133.

**) Journal cle phamacie Bd. XV S. 228. **'j A. a. 0. s. 24.

Page 13: Ueber die harnsauren Sedimente

Heintzt, iiber die luunraursn & h t e . 51

aus seinem Versuche fur die Zusammenselzung des amorphen Harnsediments zieht , ist daher vollkomrnen unbegriindet. Es folgt daraus durchaus nicht, dafs das Sediment nur eine Verbin- dung der Harnsiure niit dein Eatractivsloff sey.

B e c q u e r el *] fiihrt als Grund , wefshalb er der schon angefuhrten Meinung von Qu6ve n n e iiber die Zusamrnensetzung desselben beitritt , folgendes an. Wenn ein solclies Sediment von dern Harn abfiltrirt und einige Male rnit Wasser, zulelzt aber mit Alkohol ausgewasclien wird, so sol1 es nach ihm auf einem Objectglasclien niit Clilorwassersto~ssiiiire vermischt durchaus nicht seine Form verandern, wsiihrend man doch erwarlen sollte, dafs, wenn es ein harnsaures Salz wsiire, Harnsiiure in Ihystallen ab- gcschieden werden mufste. Manchirial hat B e cque re1 diefs zwar beinerkt, aber nur lheilweisc~, und dann, sagt er, sey harn- saures Ammoniak beigemongt gowesen.

Ich liabe zu Widerlegung dieser Schlusse , welche Bec- qu ere1 aus seinem Versuclic zielit , niclit allein den seinigen wiederholt, sondern anch noch einige neue angestellt.

Wenn man trocknes harnsaures Ammoniak, das in feinen Nadeln krystallisirt ist, rnit etwas verdunnler Salzslurc versetzt und die Veranderungen, die es dadurcli erleitlet, mittelst des Mikroscops beobachtet , so bemerkt man anfringlich gar keine Einwirkung ; allinalig werden aber die Nadeln etwas breiter, ohne dafs jedocli die sicli abscheidende Harnsiiure die regel- matige Form annitnint , die sie zeigt , wenn sic sich unrnillelbar aus einer Fliissigkeit absetzt.

Wird slalt miit Wasser verdunnter mit Alkohol verdiinnte Salzsaure zu deni genanntcn Salz hinzugefigt, so wirkt die Saure noch langsamer ein; dann aber scheidet sich die Harn- siiure arnorpli ab.

.

*) Becyuercl , i i . :I. 0.

Page 14: Ueber die harnsauren Sedimente

58 Reints, fiber die harturcuren Sedimente.

Wenn das weiter unten weitliiufiger besprochene kiinstlich dargestellte amorphe harnsaure Salz, das als Basen Natron and wenig Ammoniak enthalt, wit Wasser angeriihrt wird, zu dem ein wenig Salzslure gesetzt worden ist, so sieht man unter dem Mikroscop anfanglich gar keine Veranderung. Nur bei sehr ge- nauer Beobachtung miltelst eines sehr guten Inslruinentes be- merkt man endlich, dafs die einzelnen Iiiirnchen ctwas lang- licher werden.

Als ich statt Wasser und Salzsaure Alkohol und Salzsaure zu dernselben Salze hinzufiugte, konnte ich indessen kaum die geringste Veritiderung bemerken.

Ganz ebenso verhielt sich das wit Wasser vollstandig aus- gesiifste Harnsediment, Wird es vollslandig getrocknet iind mit Wasser und Salzsaure angeriihrt, so zeigt es selbst nach langer Zeit keine deutliche Veranderung. Es bildeten sich zwar stets nach langer Zeit einige sehr kleine Krystillchen yon Harnsaure, allein vie1 des amorphen Pulvers blieb unverindert, und auch die sich erzeugenden Krystallchen waren nicht vollstandig aus- gebildet. Ihre Ecken waren mehr oder weniger abgerundet.

Das trockene Sediment mit Alkohol und Salzsaure versetzt, veriinderte seine Form gar nicht.

Wurde dagegen das Sediment noch feucht votn Filtrum ge- nommen, so konnte man zwar anfanglich beim Zusatz von Salz- siiure auch lieine Veriinderung bemerlren. Aber nach einiger Zeit wurde jedes der kleinen Biigelchen langlicher, und bekam eine Form, die der dcr Harnsiiurc vollkornmen entspricht, so weit es bei der grofsen Kleinheit dieser Iiiirnchen moglich war, cs ZU beurlheilen.

Eine iihnliche Veranderung konnte nicht bemcrkt werden, als das noch feuchte Sediment mit etwas niit Alkohol verdunnter Salzsaure versetzt wurde, obgleich nach liingerer Zeit die Born- chen ein wenig langlicher getvorden zu seyn schienen , was

Page 15: Ueber die harnsauren Sedimente

Ees'nts, iibe- die irrsrrascaUren Sedeirtede. 59

aber bei der Kleinheit derselben nicht mit hinreichender Sicher- heit beobachtet werden konnte.

Man sieht aus diesen Versuchen, dafs das trockne amorphe Harnsediinent sich genau so verhalt, wie das trockne ltmorphe harnsaore Natron, rnogcn sie niit alkoholischrr oder' wlisserger Salzsaure versetzt werdcn , dafs aber das fcuchte Sediment mit Wasser und Siilzsaure belliiiidelt sic!i slets in wenn aucli nur kleiric Harnsaurekrystalle verwandelt. Da aber Be cquerel , wie aus der Besclireibung seines Versuchs Iiervorgetit, entweder alkoholische Salzsiiure nuf das aiisgewaschene Sediment einwirken liefs , oder ; wenn diefs nicht der Fall war, es doch vor dem Versuch getrocknet hatte, so ist klar, dafs cr kein anderes Resultat finden konnte, als er gefiinden hat, ohne dafs er jedoch zu den1 Sclilufs, welchen er daraus zieht , niimlich dafs das un- tersuchte Sediment kein liarnsaures Salz sey , berechtigt ware. Denn eine Verbindung, die offenbar ein harnsaures Salz ist, verhalt sich genau ebcnso, wie jenes.

Der Grund aber dafur, dafs die Iirystalle, die sich bei die- sen Versuchen bilden, nur sehr klein sind, liegt ollenbar darin, dafs die harnsaure Verbindung nicht in hinreichender Menge in der Fliissigkeit auflcislich ist, so dafs dic Harnslure nicht aus einem aufgelosten Salze, sondern aus der unaufgeliisten Verbindung unmmittelbar sich absclieidet. Daher war auch dic Zersetzung des harnsauren Salzes in den Fallen, wo es mit alkoholischer Salzsaure versetzt wurde, gar nioht zu beincrken , weil sowolrl die Harnsiiurc selbst , als die genannten harnsauren Salzc darin ganz unliislicli sind.

IIierinit glaube icli liinreichcnd dargetliaii zii haben , dafs die Grunde , welche dafiir angerutihrt werden, dafs das amorphe Rarnsedimerit niir aus Harnsiure bestunde , drirchaus nicht das beweisen, was sie bcweisen sollen. Sol1 icli nun abcr darlhun, dafs in dern amorphen Sediment neben harnsauren Salzen keine freie Harnslure enlhalten sey, so mufs ich bekennen, dafs ich

Page 16: Ueber die harnsauren Sedimente

60 Heintl;, iiber die lmmaum Sedimenfe.

es zwar im hochsten Grade wahrscheinlich machen, aber nicht beweisen kann. Ich habe keinen Versuch ersinnen konnen, der mich auf directem Wege zur Entscheidung dieser Frage hatte fiihren miigen. Docli kann ich niclit unterlassen, eines Vcrsuchs Erwahnung zu thun, den ich zwar schon init der Ueberzeugung anstellte, dafs er mir diese Frage niclit beantworten werde, der aber gerade defslialb von Intercsse ist , weil ich das Resultat desselben aus der l\liscliung des Hariis rind aus Liebig’s Er- kliirungswcise dcr Aufliisung der Harnsatire irn Barn im Voraus erschliefsen koniite.

Wenn inan einen H a m , der ein arnorphes Sediment gebil- det hat, fillrirt und die Fliissigkeit rnit ctwas reiner Harnslure versetzt und erwiirnit, so lost sich dieselbe in nicht unbedeuten- der Jlenge auf und fdlt beirn Erkalten wieder nieder. Das so erlinltene amorphe Sctliinent ist aber niclit Harnslure , sondern hauptsachlich liarnsaures Aiiiinoniak. Icli habe auf diese Weise mit demselben Harn dreimal hintereinander kunstliche Sedirnente erzeugt, die siimnitlich eine bedeutende Mengc Arninoniak ent- hielten. Das erste derselben hinterliefs beirn Verbrerinen noch 5,53 pC. Asclie, (lie bciden letzten waren aber ganz frei davon.

Es fragt sicli nun , wie es zu erltliren ist, did’s der Harn, wenn er mit Harnsaure ofters gekocht wird, sie irnitier wieder von Neiiem auflost, und beim Erkalten ein harnsanres Salz fallen Iifst. Ich bin der lCleinung, dafs dieso Frage, wenn wir von Lieb ig’s Ansicht iiber das Liisungsmittel der Harnslure aus- gehen, sicli sehr leicht beantworten Iiifst. Nehnien wir an, d a t das nacli der ersten Abkocliung des Harns niit IIarnslure nie- dergefallene kiinstliche Sediment das vorliandene phosphorsaure Natron fast vollstandig in saures phosphorsaures Salz verwandelt habe, SO kann dieses als solches freilich nicht ferner wesentlich von seiner Basis an die Harnsiiure abtreten. Da aber Harnstoff im Harn vorhanden ist , der sowohl bei gewohnlicher Tempera- tur, als besonders in der Kochhitze Ammonidk durch seine Zer-

Page 17: Ueber die harnsauren Sedimente

Beintl;, iiber die kmsaurm Sedimenie. 61

selzung erzeugt , so mufs sich phosphorsaures Ammoniaknatron bilden, was nun wiederum IIarnsaure aufzuliisen vermag. Da- her enthielten auch die zulclzt dargestcllten kunstlichen Sedi- mente fast gar keine feuerbeslandigen Basen, sondern hauptsiich- lich Ammoniak. Ware im Harn nicht eine fortsahrende Quelle fur die Bildung dieser Base vorhantlcn, SO wurdc dieser Ver- such ein bedeiilendes Gemiclit fiir die Enlscheidung dieser Frtige haben kiinnen.

Obgleich es mir nicht miiglicli gewesen ist, die Abwesen- heit der freien Harnsaure als antorphos Pulver im Sediment di- rect iiaclizuweisen, so gelrt doch daraus, dafs die Grunde fur die enlgegengeselzte Ansioht durcliaus unhaltbar sind, entschie- den liervor, dai's wir nicht berecliligl sind, sie als die richlige zu betrachlen. lch will aber jetzt einige Thalsachen anfibren, welclie fiir die Meinung sprechen , nwch welcher das amorphe Sediment nur aus I~arnsanren Salzen besteht.

Es ist hekannt, dafs man, wenn die Harnsiiure aus der Auflosung ihrer Salze miltelst einer Shure priicipitirt wird, nic- mals ein amorphes Pulver erhllt, mag die Fdlung auch noch so schnell geschchen. Unter dem Mikroscop erkennt man iin- mer Bllttchen , wenn dieselben aucli nicht immer regclmlfsige Kryslallformen habcn. Ua nun der Bodensalz dcs H a m sich nicht einmal plolzlich bildet, sondern mclrr oder weniger Zeit zu seiner Absclieidung braucht, so ist gar nicht einwsehen, wefs- halb hier die Harnsaure amorph niederfillen sollte. Man kiinnte zwar einwenden , dafs der Harnfarbstoff, welcher niit ihr zu- gleich sic11 abscheidet , ihre Krystallisalion verhindertc. Allein wir finden bekanntlich schr oft krystallisirte Harnsliure, tlic so- gar auch durch den Harnfarbstoff gcfttrbt ist, als Sediment im Harn. Ja selbst in dem amorplien Sedimcnt sind oft cinige wenige Kryslalle von Harnsiiure aufzufinden. Endlich, wenn man die Harnsaure aus dem Harn oder unler gunstigen Umstiinden aus dern Sedimente durch eine Sliure abscheidet , so selzt sie

Page 18: Ueber die harnsauren Sedimente

62

sich krystallisirt, und demnach gefkbt ab. Dieser Einwurf ist daher durchaus unhaltbar.

Ich habe schon oben eines Versuchs Erwlhnung gelhan, nach welchem Harn , der von dem ainorphen Sediment abfiltrirt worden ist, in der Warme reine Harnsaure aufliist und beim Erkalten harnsaures Salz fallen I&. Da nun Ilarnsaure aus der vom Sediment befreiten Harnfliissigkeit noch feuerbestandige Basen mit forlnehmen kann , so ist niclit einzusehen , wefshalb nicht schon die als amorph in dem Sediment enlhalten ange- nommene Harnsaure sich dieser Basen bemachtigt hat.

Diese Griinde gegcn die Absclieidung der Harnsaure aus dem Harn als amorplies Pulver wcrden, so glaube ich, genugen.

Jetzt fragt es sich wodurch es veranlafst wird, dafs das Harnsediment slets arnorpli erscheint , walrrend doch sowohl das harnsaure Animoniak , als das harnsaure Natron in freilich nur mikroscopisclien Nadeln anschiefst.

Was die harnsaure Kalkerde belrifft, so brauche icli ihrc Abscheidung aus dem Harn als aniorphes Pulver nicht weiler zu erklairen. Denn sie fallt auch in reinein Zustande aus ihrer Auflosung in Wasser in dieser Form nicder. Wenigslens er- hielt ich sie mehreremale so, als ich Kalkinilch mit iiberschus- siger Harnsiure kochte , dic Flussigkeit abfillrirte und erkal- ten liefs.

Fur die Abscheidung des harnsauren Aiiimoniaks als amor- phes Pulver hat Ben c e Jones *] eine Erklarung gegeben, welche ich durch meine Versuche zum grofsten Theil beslitigen kann. Er fand namlich, dafs liarnsaures Animoniak, wenn es in Wasser aufgeliist und niit einer Auflosung gewisser anderer Salze , zuin Beispiel von essigsaurem Ammoniak oder Chloram- monium, versetzt wird, in aniorphem Zuslande daraus niederfallt,

Heints , iibibcr die hamawen Sedhmte.

*] The Lancet. 16. Derritilicr 1843,

Page 19: Ueber die harnsauren Sedimente

Eeinta, iiber die harnsaerren Sedimente. 63

ein Beweis nicht nur, dafs durch diese Sake die AuflBslichkeit desselbcn vermindert wird, sondern auch seine Fallung in der Form bedingt wird, in der es aus dem Harn sich abscheidet. Kochsalz wirkt in Beziehung der Liisliclilieit dieses Salzes urn- gekehrt , aber das harneaure Salz erlialt dadurch gleichhlls die Eigenscliaft , sich als amorplics Pulver abzuscheiden. Es bildet unter dem Mikroscop betrachtet , griifsere oder kleinere Kiigel- &en. Bence Jones hilt das aus einer liochsalzliisung ubge- scliiedene Salz fur harnsaures Ammoniak. Wenn dieses der Fall ist, so ist dadurch aucli fur diescs Salz erkliirt, wodurch es ver- ursaclit wird, dafs es sich in der gcnannten Form aus demHarn abscheidet. Es Ileiltt noch iibrig , cine aliiiliche Ursaclic der Abscheidung in ainorplier Form fiir das harnsaure Nalron zu finden. Diefs ist mir durch die Untersuchung des nach Bence Jon cs dargeslelllen Salzes gelungen.

Icli fand ninilich in deniselben sowohl Natron als Ammo- niak, und rcrinulhele dalier zuerst , dafs die Iiarus8urs bei dein angegebenen Versuche ein Doppelsalz iiiit Ammoniak urid Nalron bildete , wahrend sich eine enlsprechende Blengc Salniiak er- zeugte. Meiiie Versuclie haben aber dime Ansicht widerlegt, es ist gewifs , dafs das ainorphe Sillz keine Doppelverbindung, sondern nur eine Menguny des Natronsalzes mit dem Ammoaiuk- salze ist.

Icli will hier zuerst die genauere Beschreibung der Uiiter- suchung dieses Salzes folgen lassen.

Es wurde mehrinals suf die oben angegebene Weise tlar- gestellt, und zuerst die Quantitiit des Natrons , welclie in den verschiedenen Salzen enthalten ist, auf die Weise bestirnmt, drfs eine gewogenc Menge des gut ausgewaschenen und bei 1000 C. getrocknelen Salzes in einem Plalintiegel bei miiglichst schwacher Hitze verkolilt , zu der kohligcn Blassc concentrirle Schwefel- sliure gesetzt , irnd der Ucberschufs derselben diirch Mibe, init grofser Vorsiclit, wcil die Masse lciclit sprilsf, vcrtricben wurde.

Page 20: Ueber die harnsauren Sedimente

64 Beints , iibep die harnsaum Sedhente.

Das Zusetzen von Schwefelsaure und das Verjagen des Ueber- schusses derselben wiederholte icli so oft, bis der Riicksland vollkorninen weirs geworden war. Dann wurde das saure schwe- felsaure Natron auf die bekannle Weise rniltelst kohlensauren Amrnoniaks in neutrales Salz verwandelt und gcwogen.

Auf diesc Wcisc erhiell icli zicinlich vcrschiedene Dlengen yon schwefelsaurern Natron.

Aus 0,6655 Grrn. eines solchen Snlzes erhielt ich 0,1933 Grm. schwefelsaures Natron , was 0,0847 Grin. oder 12,73 pC. Nalron cnlspricht.

0,3692 Grm. desselben Salzcs, welche ich zur Conlrole der analytiscben Methode verbrannte , gaben 0,1084 Grm. schwefel- saures Natron, d. h. 12,87 pC. Natron.

0,4972 Grm. eines anderen Salzes gaben 0,1632 Grm. schwefelsaures Natron oder 0,0715 Grm. Natron. Es enlhielt also 1433 pC. Nalron.

Aus 0,4485 Grm. eines drilten Salzes erhielt ich 0,1425 Grm. schwefelsaures Natron, d. h. 13,92 pC. Natron.

Von einem vierlen Sake wurden 0,6833 Grrn. auf dieselbe Weise verbrannt, und liefertcn 0,2135 Grrn. schwefelsaures Na- tron oder 13,71 pC. Natron.

0,5725 Grm. eines fiinflen endlich gaben 0,1932 Grm. schwe- felsaures Natron oder 14,79 pC. Natron.

Ein Salz dagegen, welchcs durch Kochen von Harnsiure mit einer arninoniakalisclicn Kochsalzliisung beim Erkalten der filtrirten Fliissigkeit in Form kleiner Nadeln erhalten worden war, gab weit weniger Nalron. Icli erhielt ans 0,457 Grm. desselben 0,050 Grin. schwefelsaures Natron , also nur 4,79 pC. Natron.

Um die vollstandige Zusarnrnensetzung dieser Verbindung zu errnilleln, befolgte icli folgende Methode.

Eine gewogene Quantitit des bei 100° getrocknelen Salzes wurde mit heifser verdunnter Salzsaure iibergossen und die

Page 21: Ueber die harnsauren Sedimente

Heints , iiber die hamaurn, Sedimcate. 65

Flassigkeit in mifsiger Wrirme bis zu einer geringen Menge verdampft. Nach dem Erltalten setzte icli etwa das FunEache des Riickstandes an absolutein Allcohol liinzu , um eine Fliissig- keit Iierzustellen , in der die Harnsaure vollkommen unl8slich ist , wahrend Kochsalz und Salrnitik noch davon aufgelBst wer- den. Die Harnsaure wurde nun auf einem gewogenen Filtrum filtrirt, -mit Allroliol ausgewasclicn , Lei looo getroclrnet und ge- wogen. Die abfiltrirte Flussigkeit wurdc mit etwas Platinchlo- ridlosung und etwa ein Drittheil clerselben an Aether versetzt, das Animoniumplatinchlorid nach zwiilf Sluriden fillrirt und mit iitIierhal!igem Alkohol ausgcwaschen. Aus der Quantitat des daraus durch Gluhen erhaltenen Platins wurde die Menge des Amnioniaks bestimmt. Die vom 6mnioniuinplalinclilorid abfiltrirte Fliissigkeii wurde abgedampft , der Rkkstand zur Zersetzung dcs uberscliussig zugesetzten Platinchlorids schwach gegliiht, mit Rasser daraus das Chlornairiurn ausgezogen und nach dem Ab- dainpfen und schwachen Gluhcn gewogen.

So untersuclite ich zuerst das Salz, wclches 14,79 pC. Na- tron gegeben hatte.

I. Aus 0,3643 Grm. desselben crhiclt ich 0,2958 Grm. Harnsaure, 0,0013 Grm. Platin und 0,108 Gmi., Chlornatrium. Es enthielt also 81,20 pC. Harnsiiurc, 0,09 pC. Ammoniumoxyd nnd 14,92 pC. Natron.

11. Aus 0,8405 Grm. des Salzes, welches 13,70 pC. Natron gegeben hatte , erhielt ich 0,6877 Grni. Nariisiiure, 0,030 Grm. Platin und 0,225 Grm. Chlornatrium. Dids entspricht 81,82 pC. Harnslure, 0,95 pC. Amrnoniumoxyd und 14,27 pC. Natron.

III. 0,718 Grm. des Salzes, welches 13,92 pC. Natron gegebcn hatte, lieferten 0,587 GI rn. Harnsiiure, 0,0163 Grm. Platin und 0,1942 Grin. Chlornairiurn. Es enthielt also 81,75 pC. Ham- saure, 0,60 pC. Amnioniumoxyd und 1441 pC. Natron.

Uni mich zu iiberzeugen , ob die angewendete analytische Methock besonders fur die Bestimmung der Harnsaure hinreichend

Annal. d. Cheinir a. Phnrin. I.V. Ed. t. l lvf l . 5

Page 22: Ueber die harnsauren Sedimente

66 Heints, iiber die W w t m Sediffaente.

gmau sey, untersuchte ich stets die abgesliedene Saure mit der grofsten Sorgfalt auf einen Gehalt m Natron durch Ein- lschern cines Theils derselben, und an Ammoniak durch Ueber- giefsen des Restes mit kaustischein Kali, welcher Mischung dann ein mit Salzsaure benclzter Glasstab genlhert wurde. Ich fand sber niemals etwas dieser Stoffe, selbst nicht in der geringsten Menge.

Ein zweiter Vcrsuch , welcher zur Controle’ diencn sollte, war folgender. Icli versetzte eine gewogene Quantitlt des Sal- zes, dessen Analyse unler I. angegeben worden ist , in einem Platintiegel mit ctwas Sdzsiiurehaltigem Wasser , dampfte die Masse ein und trocknete den Ruckstand bei 100° C., worauf er gcwogen wurde. Er mufste aus Harnsaurc, Chlornatriurn und Chlorarnmonium bestchen. Die Quantilat des gcfundenen Ruck- standes mufs nun dcr Sumnie der Harnslure und dcs Chloram- moniums und Chlornatriums entsprechen, welche aus den in dem Salze gefundenen Mengcn Natron und Ammoniurnoxyd gcbildet werden kiinnen. Ich fand, dafs 0,2422 Grm., auf diesc Weise behandelt , 0,2657 Crm. Ruckstand liefsen, oder 109,’i’O auf 100 Theile. 100 Theilc des Salzcs enthdten aber nach dcr obigen Analyse 81,20 Harnsiiure und so vie1 Natron und Ammoniumoxyd, dafs daraus 28,OO Clilornatrium und O,i9 Chlarammonium cr- zcugt merden mussen. Dic Surrirne dieser drei Zahlen ist 109,39, also der gefundenen so nahe, als nur irgend, zu erwarlen war.

Ferner bestimmte ich zu dernselben Zweck den Sickstoff- gehalt in demsclben Sake nacli der Blclhode von Will und V a rr en tr a pp.

0,213 Grm. desselhcn gaben 0,4015 Grm. Platin, d. h. 0,0576 Grm. Slickstoff oder 21,04 pC. In diesein Salze halte ich 81,20 pC. Harnsaure gefunden. Diese Mengc dersclben enlhllt aber 27,20 Slickstoff. Rechnet man hierzu noch 0,05 Sticksloff, der in dem Ainmoniuinoxyde des Salzes enthalten ist, so findet man im Gan- Zen 27,31 pC. Stickstoff, cine Zahl, die gcmifs hinreichend gcnau

Page 23: Ueber die harnsauren Sedimente

Reintz;, iiber die lmrnsauren Seddmente. 67

mit der durch die directe Stickstofiestirnmung erhaltenen iibcr- einstirnrnt , so dafs die Giite der Methode d& Analyse dadurch hinreichend erwiesen ist.

Uin rnich nun zu iiberzeugen, ob nicht etwa durch das Trock- nen bei 1000 C. ein grofser Tlieil des Aminoniaks ausgekieben seyn mochte, stcllte ich das Selz noch eiiimal dar und trocknetc es unter der Luftpumpc iiber Scllwefelsiure. Die hier folgende Analyse dieses Salzes zcigt lteinc wesenllicben Verscliicdenheiten von den frulier angefiihrten.

0,5026 Grm. desselben gaben 0,4112 Grm. Harnsiiure, 0,0268 Grin. Platin und 0,1192 Grrn. Chlornatrium. Diefs ent- spricht 81,82 pC. Harnsiiure, 1,41 pC. Ammoniumoxyd und 12,64 pC. Natron.

Stellen wir nun die vcrscliicilenen Analysen zusamrnen, SO

finden mir, dafs, wcnn man tlic gcringe lenge Amrnoniurnoxyd mit zurn Natron rechnet, die Zusammenselzung dieses Salzes der Formel : (C, H, N4 0, + i-i) + (C, H4 N4 O3 + "a) zicm- lich genau entspricht.

Harnsiiure . . . 81,20 81,82 81,75 81,81 80,73 Armnoniumoxyd . 0,09 0,95 0,60 1,42 - Ratron . . . . 14,92 14,27 14,41 12,64 14,96 Wasser (Verlust). 3,79 2,96 3,24 4,14 4,31

- I. 11. 111. IV. Berechnct.

100,oo 100,oo 100,oo 100,oo 100,oo. Indem ich die angcfuhrte Formel fur dimes Salz auf-

stelle, will ich nicht behaupten, dafs 1 Atom Harnsaure als BUS C, H4 N, 0, bestehend betrachtet werdcn miisse. Dariiber zu enkcheiden, ob diese Formel odcr C,, 11, N, 0, die richtige sey, ist nicht der Zweck diescr Arbcit. Ich wende sie nur an, weil sic auf den gegebenen Fell genau parst, und weil sis Berz elius fur jetzt aufstellt.

Aufser den sngcfuhrten Selzcn untersuchte ich auch das oben erwiihnte, in Nadeln krystallisirte Salz, welchcs 4,81 pC.

5 "

Page 24: Ueber die harnsauren Sedimente

68

Natron gegeben Iialte. Es wurde gleichfalls bei 100° getrocknet. 0,521 Grm. desselben lieferten 0,4603 Grm. Harnsiiure , 0,1241 Grm. Platin und 0,0463 Grm. Chlornatrium, d. 11. es enthielt %,35 pC. Harnsfure, 6,31 pC. Ammoniumoxyd und 4,74 pC. Natron .

l l e i n t z , fiber die karrapaecren Sedhente.

Dieses Salz bestelit also aus : Hamslore . . 88,35 . .4mmoniumoxyd 6,31 Natron . . . 4,74 Wasser . . . 0,60

100,oo.

Es ist diesc Zusammcnsetzung durcliaus nicht auf eine ein- faclie Formel zuriickzufuhren , da weit melir Harnsaure vorhan- den ist, als die gefundenen Mengen Basis zu binden vermogen. Zu bemerken ist aber, dafs aus diesem krystallisirten Salze bei 4 0 0 0 fast alles Wasser entweicht, wiihrend in dem oben er- wahnten Nalronsalze offenbar cin Atom dessclben vorhanden bleibt. Sollte das bei dieser Warme fortgehende Wasser viel- leicht eine entsprechende Quantitat Ammoniak iiiit fortreifsen und defshalb die gcfundenen Zalilen nicht init einer Formel in Ein- ltlilng gebracht werden konnen?

So viel geht aber unzweifelhaft aus der Unlersuchung dieses Salzes hervor, dafs seine Zusamniensetzung von der des oben erwiihnten Natronsalzes verschieden ist. Will man dah.er das amorphe Salz wieder erhalten, so mufs man nicht Harnsiiure mit einer ammoniakalischen Auflosung von Kochsalz , sondern harn- saures Ammoniak mit Koclisalzliisung erhitzen , und nach Ab- scheidung des Ungelosten die Verbindung durcli’s Erkalten sich ribschciden lassen. Auch liabe ich bemerkt, dafs je concentrirter die I~oclisalzlosung angewendet wird, um so mehr Natron in der sich ausscheidenden Verbindung enthalten ist.

Es ist mir gegluckt, diese Verbindung auch auf die Weise

Page 25: Ueber die harnsauren Sedimente

darzustellen , dafs icli einer Aufliisung yon IZochsalz , das init der Harnsaurc fein angericben war, so vie1 Ammoniakflussigkeit in der lialle hinzufiigtc, dafs der Gerucli davon deullich zu be- inerken war, und das Ganze n u n inelirerc T a p stehen liefs, Die ganze Ilcngc dcr Ihiriisiurc vcrivantlclt sich dadurch in ein amorplies Pulrer, odcr wcnn dic Mcngc tPcr Flissiglicit vermehrt wirtl, in elwas grufserc Iiugclii, (lie Ilarnsilurc, Natron, Ammo- niak und Wasser cnthicltm.

Aus 0,5655 Grin. cines solclicn Salzcs crliielt ich 0,4605 Grm. IIarnsiiin-c , 0,0075 Grin. Pliltill iintl 0,t 463 Grin. Clilorna- trium. Diefs bclriigt 8 1,43 pC. IIarnsiiure, 0;35 pC. Ami~ioniua~- oxyd untl 13,PD pC. Natron.

G C ~ I I I I ~ ~ I I . Bcrcclinet. IIarnsGure . . 81,43 - 80,?3 Aniinoniumoiyd 0,35 - - Ri~tron . . . 13,70 - 14,YG Wasser . . . 4,53 - 4,31

100,C)o - 200,OO. -

Die Untersuchung dicser Swlzc zcigt also niclrt allcin , &ds wenn harnsaures Atnrnoniak mit Iioclisalzlijsong gclioclit wird, sich sowolil harnsaures Kalron als linrnsaures Ammoniak ab- sclieidet , sondern auch, dds dicsc, wcnn sic sich init einantler aus cincr Iroclisalzhal~igcii Fliissighcit ahschcidcn , die amorplic Form annelitncn. Dieser Fall is1 in dem IIarn stels gegcben; es ist also nolliwcndig, d a t sicli auch BUS ihin bcidc Salzc init der angegebenen Form aussondcrn.

Das Angefuhrle ist freilioli nur einc gcniigende Erliliirung des Factuins ; die Criinrlc dicr , wef'shalb dic nngrgebenen Um- stiinde gcrade dicfs 1icsull;it Iiabcn miissnr , I~iiencn erst dann nachgewiescn wertlen, meiin wir die Gcsclze, welclie die Bil- dung der vcrschiedenen liryslellfonnen bediagcn, Itennen werden.

Als icli schon den griihten Theil clcr Versuche, welche ich in dieser Arbeit niederlege, vollendet halte, kam mir der Aufsalz

Page 26: Ueber die harnsauren Sedimente

70 H d i n t 5 , iiber die hamtsaurerb Sedimente.

von Golding Bird 9) in die Hiinde, in welchem er einige Versuche beschreibt , die die Sedimenlbldung im Harn erkllren sollen.

Er liisto phosyhorsaures Natron in Wasser, setzte der Lii- sung IIarnsiiure zu und loste sie durch WIrnie darin auf. Nach dem Fillriren erhielt er beim Erkalten ein Salz, das aus in Stern- chen und Biindeln vereinigten Prismen bestand, sich in kochen- dem Wasser nicht aufloste und beim Einaschern einen feuer- bcstlndigen Riickstand liefs. Diese Angaben slimrnen vollkommen mit den Resultaten rneiner Versuche iiberein. Auch fand ich die Verhnderung , welche Salzsaurc bewirkt , wenn der Nieder- schlag damit digcrirt wird, zuin Theil so, wie Bird sie angiebt. Die Krystalle verlnderten narnlich nicht ihre Form, sie wurden nur triibe. Einige derselben zerfielen aber, ohne jedoch zur Bildung von Harnsiurekrystallen Anlafs zu gehen. Ganz ver- schiedeiie Resultate hat aber unsere Untersuchung der Asche dieser Verbindung gegeben.

Golding Bird sagt namlich, dafs die mit Salzsiure dige- rirten Kryslalle , wenn sie irn Platinloffel verdarnpft wurden , zu einer schwarzen Masse verbrannten , die beim weitern Erhitzen zulebt ein weifses geschmolzenes Kiigelchen zuriickliefsen, wel- ches in Wasser 16slich war, rnit Saure aber nicht brausle und aus phosphorsaurem Natron besland.

Abgesehen davon, dafs es durchaus unnBthig war, die Asche darauf zu unlersuchen , ob sie mit Salzsiiure brauste, da die Asche von mit Salzsiiive abgedarnpften organischen Alkalisalzen iiberhaupt nicht mit dieser Saure noch brausen. kann, ist der Ruckstand gewifs nicht phosphorsaures Natron , sondern Chlor- natrium gawesen. Denn ich erhielt beim Verbrennen des reinen --

*) London medical gazette, August 1844. Eine Uebersetzung iindet sic11 im nhrchiv fiir physiologinche und pathologische Cheniie und Rlikros- copic,u 1844, Haft 3. S. 248.

Page 27: Ueber die harnsauren Sedimente

Eein ts , iiber die harnsmt-en Seclinmte. 71

gut ausgewasclienen Salzes einen weifsen geschmolzeneii Ruck- stand, der sich in Wasser liiste , tnit Sauren stark brauste und dabei den Geruch eiitwiclcelto , welcher aus eineni cyansauren Salze rnittelst einer Shre hcrvorgebracht wird. Die Auflosung in iiberschussiger Salzslure gab, wenn sie iiiit Ammoniak irn Ueberschufs und wit scliwefelsaurer Blagncsia versetzt wird, sclbst nach langer Zeit keinen R'iederschlag. Das Salz war also nicht eine Verbindung von IiarnsPure iiiit pliosyliorsaurern Natron, wie Bird nieint , soriderii ein Nalroiisalz diesur Slure. Diefs geht auch daraus Iierwr , dafs sic!), \venii iiiaii eine gcringe Menge der Krystallu auf eiiieni Oljectgliischcn wit Salzslure an- feuchtet und die Fliissigkeit freiwillig verduestce Iiifst, besoiiders wcnn diefs nrehrniels wicdcrliolt w i d , iiii Hiicltshinde wurfel- forinige und octa6drisclie liry~talle , OfIiinbiir yon Iiochsalz, vor- Gnden. Ich brauclie liier wolil liauin zu wiederholen , dafs der Grund , wefshalb die Kryslulle beiin Zusatz von Salzsaure nicht ihre Form, nur ilir hiisclien veriindcrii, wicdcr darin zu soclien ist , d a b die Harnsaure auch liier ails dciii festcii harnsuriren Sahe sich abscheidet und niclit aus einer Aufliisung.

Als ich die von der eben erwiihnten Verbindung abfiltrirte Fliissigkeit mit HarnsHurc nochrnals erhilzte und hcifs ubfiltrirte, so bildete sich ein, obwolil gcringcrer Bodensalz, der ausge- waschen und verbrannt glciclillls iioch cine natronhaltigc Asche zur@Aliefs, jedoch nur in geringer Rlenge. Wurde diefs niit der wiederum abfiltrirten Fliissigkeit inehrnials wiederholt , so erhielt ich endlich zieniliclr reine Harnslure, die also beiiii Ver- brennen kaum eine Spur feuerbestiindiger Salze zuriicliliefs. Die Forin der Krystalle, in welclier sic sicli jetzt abschied, war ineist der ahnlich, in der dic IInrnsiiurc arn hluligsten i i n Harn !'or- kommt; sie bildete niinlich rhoiiibisclie Tafeln , die aber niehr langgestreckb waren, so dafs die zwei Diagonalen sich etwa wie 1 : 6 yerhielten, wahrend diefs Verhallnifs bei ails den1 Harn sich abscheidender Hurnsiiurc dwi1 \vie 2 : 3 ist. Die Ecken, die-

Page 28: Ueber die harnsauren Sedimente

72 He in tz, iiber die hamsmren Sedimente.

jenigen besonders an der kiirzeren Diagonale, waren ebenso abgerundet, wie man diefs inHarnsedimenten so oft sieht. Ein- ma1 habe ich jedoch auch prismatische Formen beobachtet.

Wurde die Auflosung von phosphorsaurem Matron, aus der sich schon reine Hamslure abgeschieden hatte , nochmals mit Hornslure erwlrmt und mit etwas saurem Harn versetzt , aus dem sich eine Mengung von Harnslure iind harnsauren Salzen als freiwilliges Sediment abgesetzt hatte , so schied sich die €Iarnsiiure genau in der Form 'ab, in der sic sich im Ilarn am meisten vorfindet. Ebenso war did's der Fall, wenm LU dieser Aufliisung ein Harn gesetzt wurdc, der durch Salzsslure von der Harnsaure, die er entliielt, befreit worden war, wie auch schon B i r d gcfunden hat.

Das phosphorsaure Ammoniaknatron verhalt sich wie drs phospliorsaure Natron , wie schon Bird glcichfalls angiebt , nur dafs das anfanglich entstehende Sediment aus harnsaurem Am- moniak mit sehr wenig liarnsaurem Natron besteht. Zuletxt aber scheidet sich gleichfalls fast reine Harnslure ab.

Aus diesen Versuchen gelit deullich hervor, dafs das p h o s phorseure Natron und Aininoninknntron durch Harndure zum Theil zersdzt wird, so dab auch beirn Erkalten die Basis an die sich abscheidende Harnsiiure gebunden bleibt , dafs aber, wenn auf diese Weise erst eine gewisse Menge der Basis aus der Aufliisung entfernt ist, zwar in der Warme die Harnsaure siclr aufliist mittelst des Alkalis des phosphorsauren Salzes, beim Erkalten aber wieder als freie Slure sich abscheidet, indein ihre Verwandtschatt mi dcr Basis durcli's Erkallen so geschwlcht wird, dafs diese an die Phosphorsiure gebunden bleiben kann.

Somit haLen wir nun nlle Miltel in Hiinden, um die Ent- stehung der krystallinischen Sediinente vollstiindig zu erkllren. Ein Absatz von reiner Harnslure in Iirystallen mufs dann sich im Harn bilden , wenn cr sehr saure phosphorsaure Salze ent- hilt, vorausgesetzt nnturlich, dafs eine liinreichende Menge diescr

Page 29: Ueber die harnsauren Sedimente

Heintz;, iiber die iramsauren Sedimente. 73

Siure in dem Harn enthallen ist; denn in diesem Falle sahen wir bei detn oben angefuhrten Versuche fast vollkommen reine Harnsiiure sich abscheiden. In der That ist der Harn stets sehr stark sauer, wenn er ein Sediment von kryslallisirter Harnsiiure absetzt.

Je weniger sauer das in ihm aufgelliiste phosphorsaure Salz ist , utn so melir Basis wird die sich abscheidende Harnsiure enthallen, bis endlich bei dem Verh6ltnifs von zwei Atomen Basis auf ein Atom Phosphorsaure das Sediment bei Beibehal- tung der Iirystallisalion am meisten der Basen enthiilt.

Jetzt habe ich nur noch die Bildung der amorphen Sedi- rnentc zu erklaren. Da, wie ich oben gezeigt habe, ein Ham, der ein solclies Sediment abgesetzt hat, wenn e r mit Harnsiure erwarmt und danii filtrirt wird , wiederum ein solches Sediment abselzen kann , das nocli bedeutendo Mengen feuerbestandiger Basen enthiilt, so ist offenbar, d a t das Mengenverhiiltnifs zwi- schen Harnsaure, Pliosphorsaure und den von dieser gebundenen Rasen in einem solchen Harn der Art seyn mufs, dafs erslere von letzteren niclit so vie1 bci der Sedimentbildung aufnimmt, d a b das in der Aufliisung bleibende phorphorsaurc Salz ein saures wird. Da nun fwnsr, wie in dein Friiheren auseinan- dergesetzt ist , nie ein amorplies Pulvcr , sondern slets Krystalle sich absondern, wenn eine Aufliisiing von phosphorsaurem Natron mit Harnsaure erwiirmt und die klare Losung erkalten gelassen wird, so war dcr Schlul's einf,ich, d.afs das amorphe Sediment sich im Harn erzeugen rnufs, wenil inehr als zwei A t o w Basis mit einem Atom Phospliorsiiure in demsclben verbiinrlen sind. In dar That zeigte ein Versiich, dafs, wenn eiiic Losung von phosphorsaurein Nalron init hiirtisaurem Aininoniak anhaltend ge- kocht und die Fliissigkeit, die daiin schwach alknlisch oder neutral reagirt , filtrirt wird , nacli liingerer Zeit ein Bodensatz sich bildete, der vollkoinmen amorpli war. Er lag aber fest auf

Page 30: Ueber die harnsauren Sedimente

7-2 Heinta, fiber die lbmawen S&fe.

dem Boden des Gefafses und ersuhien, linter dem Milvoscop be- trachtet, ak aus ziemlich grofsen Kugeln hestehend.

Dieses Salz ist offenbar dem amorphen Harnsedimente ent- sprechend , welches man oft besonders im ammoniakalischen Harne Gndet , und das bei dreihundertmaliger Vergrafserung aus etwa stecknadelknopfgrofsen Bugelchen zu bestehen scheint. Fur dieses Sediment kann ich aber noch eine andere Entstehungs- weise angeben. Haben sich namlich aus einem sauren Harn Krystalle von Harnsaure abgescliieden , und wird dieser Harn durch schnelle Zersetzung des Harnstoffs bald darauf ammonia- kdisch , so formen sich die Krystallo alltnllig in die erwahnten Kiigelchen urn, wie ich es oft zu beobachten Gelegenheit hatte. Man kann sie anch kiinstlich .dadurch hcrvorbringen , dafs man den Harn, in welchem Harnsiiurekrystalle sich abgeschieden haben, schwach ammoniakalisch rnacht.

Oben gab ich schon an, dafs wenn man reine Harnsiiure mit Kochsalzliisung und so vie1 Ammoniak verselzt , d a b die Flussigkeit danach riecht, ein amorphes Sale in grBfseren oder kleineren Kligelchen erzeugt wird , das ganz die Zusanrmen- setzung desjenigen hat, was entsteht , wenn in einer solchen Liisung harnsaures Ammoniak aufgeliist wird. Hieraus scheint hervorzugehen , dafs das im Harn vorkoinmende amorpho , aber in grofsen Kugeln sich abscheidende Sediment, gleichfalls BUS

einer Mengung von .harnsaurem Ammoniak mit harnsaurem Na- tron besleht.

Urn diefs direct nachzuweisen, habe ich dieses Sediment, wie es im Harn vorkommt, zu untersuchen versucht, obgleich es mit grofsen Schwierigkeiten verkniipft ist , weil es theils in SO aufserordentlich geringer Menge im Harn vorkommt , theils fast irnmer rnit phosphorsaurem Kalk und phosphorsaurer Ammo- niaktalkerde gemischt ist. Ich erhielt es jedocb zweimal auf die Weise zieinlich rein, dafs ich den Harn schwach sauer machte,

Page 31: Ueber die harnsauren Sedimente

Beinfa, iiber die hwen S e d k f e . 75

wodurch das Sediment nur nach llngerer Zeit zersetzt wird, whhrend die pliosphorsauren Salze augenblicklich sich auflosen, dafs ich dann , nachdem das Sediment sich gesetzt ha@, die klare Fliissigkeit abgofs, darauf schnell filtrirte und auswnsch. In den ineisten Fallen gelang diefs freilich nicht, indern der Schleim des Harns das schnelle Filtriren desselben verhinderte, wefshalb dann die vollstandige Abscheidung der Harnslnre aus dem Sedi- niente erfolgte. Die zmei so gereinigten kugligen Seditnentd enthielten reichlich Aminoniak und gaben beim Verbrennen 1,75 und 1,72 pC. Asche, die zwar noch etwas phosphorsauren Kalk, aber aucli Natron entliielt.

Es bleibt jelzt nur noch ubrig, die Entslehung des fein pul- verigen Sediments zu erkliiren. I)a dieses nur irn sauren Harn sich bildet, so lag es nalie, zu vermuthen, dafs dazu eine solche Sattigungsslufe der iin €Iarn befindlichen Phosphorsiiure erfor- derlich sey, dars mehr als zwei und weniger als drei Atome Basis damit verbunden sind , wobei die satire Reaction dennoch mittelst der darin aufgelosten Hiariisiiure leiclit ZLI erkliiren ht. Ich versuchle daher eine Fliissiglreit herzuslellen , die diese Eigenschaft hiitte , indem ich theils Htirnsaure und harnsaures Ammoniak zu gleicher Zcit in phospliorsaurem Natron autliiste, oder indein ich zu der Mischung des harnsauren Animoniaks mit einer -4uflosung von diesetn Salzc hiichst wenig Salzsaure setzte und die warrne Flussigkeit abfiltrirle. In diesen Fallen erhielt ich stels entweder griifsere Iiugelii , oder diese gemcngt mit den oft erwiihnten langlichen Iiryslillchen. Wurde aber Kochsnlz noch zu der Auflosung hinzugefugt, so erhielt ich oilers ein dein amorphen IIartisedirnente ganz iilinliches Pulver, das sich abcr stets ziemlich fest an die Wiinde der Gef&e legte, wie man es aucli hdufig bei Harnseditnenten findet. Meistens er- hielt ich jedoch dieselben Absatze, wie wenn kein Kochsalz hin- zugefiigs gewesen ware.

Page 32: Ueber die harnsauren Sedimente

76 Eeinta, fiber die htsauren Sedimente.

Darans, dafs in diesem Falle oB Kryslalle und amorphes Pulver zugleich sich absetzt, erkllirt sich auch das gemeinschab liche Vorkommen von Harnsliure und harnsauren Salzen im Harn. Diefs kann dann eintreten , wenn etwas, aber nur wenig mehr der Basen als zwei Atome mit einem Atom Phosphorsliure ver- bunden sind. Doch kann Bf'ters der Grund hiefur auch darin liegen, dafs in dem Harn, der zuerst stark saner war, und also Harnsliure beim Erknlten absetzte, zicmlich schnell der Harnstoff zersetzt wird, so dafs durch das sich bildende Ammoniak die Sattigungsstufe desselben erreicht wird, bei der sich das amorplie Sediment bildet. Ucbcrhaupt miiclite das Ammoniak , welches man im Harn findet, nach von Schlofsberger im Giefsener Laboratorium angestellten Versuchen , erst durch die Zersetzung des Harnstoffs gebildet werden.

Mil Sicherheit erhielt ich nur dann ein pulveriges Salz, wenn ich zu der von dem kugligen Absatz abfltrirten Fliissigkeit einen Tropfen einer sehr verdunnten Saure hinzufiigte. Wurde ein Ueberschufs von Salzsiiure zugesetzt , so schied sich natijrlich die Harnsa'ure in ausgebildeten Krystallen ab.

Bekanntlich verlillt sich mancher Harn , welcher fur sich kein Sediment oder wenigstens erst spit ein solches absetzt, ebenso. Wenn eine Siiure in hochst geringer Menge hinzuge- fugt wird , so scheidet sich aus demselben ein amorphes'Pulver entweder sogleich, oder nach einiper Zeit aus. Offenbar ist solcher Harn, abgeselien von den iibrigen Bestandtheilen dessel- ben, als eine Liisung von IIarnsiure in phosphorsaurern Nntron anzuschen, in welchem letzteres mchr als zwei Atome Basis auf ein Atom Slure enthllt. Die zugeselzte Slure entzieht dem phosphorsauren Natron cinen Theil dieser Basis, und der Rest kann nun nicht mehr so auflosend auf die Hnrnsiiure wirken, wie vorher, so dafs sie sich ausscheiden niufs. Diefs geschieht als harnsaures Salz, so lange noch niclit so vie1 Saure zugesetzt

Page 33: Ueber die harnsauren Sedimente

Eeintzi, ,fiber die hmmpauren Sedhnente. 77

worden ist, dafs auch dieses seine Basis an die Salzslure ab- kilt; aber die Harnsaure wird sogleich rein abgesondert, wenn die Salzsliure in hinreichendern Ueberschufs zugeselzt wird.

Die angefuhrten Versuche reichen aber noch nicht hin, die so haufige freiwillige Bildung eines feinpulverigen amorphen Sediments im Harn zu erklarrn, da es mir nur einige Male g e lungen ist, unter den angegebenen Umstandcn ein solches Sedi- ment zu erhalten.

Daher versuchte ich, welche Form ein Gemenge von ham- saurem ICalk , Na.lron und Ainmoniak , wenn sie sich zugleich aus einer Fliissigkeit abscheiden , annelimen mochten. Zu dem Zweck loste ich in einer Liisung von Iiochsalz und phosphor- saurem Natron, zu dcr ein Tropfeii einer verdlinnten Chlorcal- ciumlosung hinzugefiigt war , harnsaurrs Ammoniak auf , und inachte die Liisung, ehe sie filtrirt wurde, mit einem Tropfen verdiinnter Salzsaure schwach sauer. * Die klare Fliissigkeit setzle stcts beiiii Erkalten ein hochst feines amorphes Pulvcr ab, das sich in der Wiirme leicht aufliiste, bcim Erkalten aber in der- sclben Form wicder niederftel, und sowohl Iialk, als Natron und Amrnoniak enthielt.

Da ich nun oben gezeigt habe, dafs das feinpulvcrigeSedi- ment aus einer Merigung von harnsaureni Natron , harnsaurem Kalk und harnsaurem Ammoniak besteht, und also nicht nur die Eigenschafien , sondern auch die Zusammensetzung mit diesem kiinstlich dagestellten Sedimente gemein hat, so ist durch die- sen Versuch der Grund der Abscheidung desselben als feines amorphes Pulver hlnreichend klar gegebcn. Er liegt namlich in dem gleichzeitigen Niederfallen dieser drei Salze, wvon das Kalbalz, wie ich'oben gezeigt habe, an sich schon immer, das Ammoniak- und Natronsalz aber, wenn sie sich bei Gegenwart von Kochsalz aus einer Flussigkeit zusanimen abscheiden, gleich- falls haufig als feines amorplies Pulver, immer aber in Form von grofseren oder kleineren mikroscopisclien Kugeln niederfallen.

Page 34: Ueber die harnsauren Sedimente

78 I l j e n k o u. Laskowski, Cber die friich&~en Sauren

Man ersieht aus dieser Arbeit , dafs mit Hiilfe von Lie- big’s Ansicht uber die Art und Weise, wie die Harnsiure im Harn aufgelost enthalten ist, nicht nur die Entstehung aller ver- schiedenen harnsaurehaltigen Sedimente leicht erklirt werden kann, sondern auch, d a b sic sich simnitlich kunstlich nachmachen lassen. Ich glaube daher, dafs sie einigermafsen dazu beitragen wird, diese Ansicht allgemein zu machen.

Ueber die fluclit,igen Siiuren im Base; yon P. Z@nlio und AT. Laskowski.

Unter den chemischch Vorgiingen, zu denen die naheren Bestandtheile thierischer Harper bei ihrer wechselseitigen Be- riihrung an der Luft und bei einer mlfsigen Temperatur Anlafs geben, sind die Veriinderungcn , welche mit den Bestandtheilen der Milch unter dcnjenigcn Umstanden niit der Zeit vor sich gehen, unter welchen diese Bestanrltheile in den Kasearten neben einander bestehen , gewifs eben so interessant , als noch nicht hinlanglich erforschl. Es diirfte daher keine Thatsache unwill- kommen seyn, die in irgend einer Art beitragen konnte zur niheren Kenntnifs dieser Verinderungen , welchc , abgcsehen vom rein chemischen Interessc und davon, d a b sie ein in diiite- tischer und selbst toxikologischer Hinsicht merkwiirdiges Nah- rungsmittel betrelien, schon wegen einer gewissen Pu’aturlichkeft der sie bedingenden Momente wichtige Erklarungen und Analo- gien fur physiologische Erscheinungen gestalten.

Diesen Betrachlungeq zufolgc erlauben wir uns die Ver- iiffenllichung nachstehender Untersuchung , die in dem Laborato- riutn zu Giefsen, auf Veranlsssung und uder den leitenden An-