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170 D. Balarew. Uber die Oberfliichenspannung der Bariumsulfat- und Gipskristalle. Von D. BALAREW. W. J. JONES~) errechnet die Oberflachenspannung der Kristalle von BaSO, und Gips an der Grenzflache fest-flussig aus den Resul- taten von HULET bezuglich der Lijslichkeit der beiden Salze - grofikornig und in feine Teilchen zerrieben - und erhalt fur BaSO, 1300, fur Gips 1050 dyn/cm. Diese Resultate sind aber sehr hoch im Vergleich zu den Resultaten, die man iiach anderen Methoden far die Grofie der Oberflachenspannung am der GuenflBche fest-gas- formig eines glas- bzw. kristallfesteii KCqers erhalt.2) Wolier kommt dieser Unterschied ? Urn ein feinkiirniges Pulver von BaSO, und von Gips zu erhalten, serreibt HULET die beiden Salze in einem AchutniSrser. Die Ver- groserung der Loslichkeit dabei bestimmt er durch Ausmessen der Leitfahigkeit der normalgesattigten Losungen, in welchen die zer- riebenen Pulver suspendiert sind. HULET beobachtet dabei ein schnelles Aufsteigen und syater ein Abfallen der Leitfahigkeit dieser Liisungen. In awei friiheren BeitrBgen3) habe ich gezeigt, daB beim Zer- reiben eines Kristalls eine Reihe von Vednderungen stattfindet, die auch eine Erhohung der Leitfahigkeit der normalgesattigten Losungen verursaclien kiinnten. Eine solche Veranderung ist folgende. Das BaSO,, mit welchem HULET gearbeitet hat, enthiclt sweifellos BaCI, . Beim Zerreiben seiner Kristalle befreien sich neue innere Oberfliichen, und auf diese Weise werden Mengen von diesem EaC1, von der normalgesattigten Losung ausgezogen. Meine Versuche haben gezeigt, daB dieses BaCl, ein Steigen und spBter eiri Abfallen der Leitfahigkeit der noriiialgesattigteii Liisung in den ersten Mo- l) 2. phys. C7bem. 82 (1913), 448. 2, FREUNDLICH, Kapillarchemie. 2. Aufl. 20 8. 3, 2. rinorg. 26. dg. Chen. 145 (1925), 122; 151 (1826), 68.

Über die Oberflächenspannung der Bariumsulfat und Gipskristalle

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Page 1: Über die Oberflächenspannung der Bariumsulfat und Gipskristalle

170 D. Balarew.

Uber die Oberfliichenspannung der Bariumsulfat- und Gipskristalle. Von D. BALAREW.

W. J. JONES~) errechnet die Oberflachenspannung der Kristalle von BaSO, und Gips an der Grenzflache fest-flussig aus den Resul- taten von HULET bezuglich der Lijslichkeit der beiden Salze - grofikornig und in feine Teilchen zerrieben - und erhalt fur BaSO, 1300, fur Gips 1050 dyn/cm. Diese Resultate sind aber sehr hoch im Vergleich zu den Resultaten, die man iiach anderen Methoden far die Grofie der Oberflachenspannung am der GuenflBche fest-gas- formig eines glas- bzw. kristallfesteii KCqers erhalt.2) Wolier kommt dieser Unterschied ?

Urn ein feinkiirniges Pulver von BaSO, und von Gips zu erhalten, serreibt HULET die beiden Salze in einem AchutniSrser. Die Ver- groserung der Loslichkeit dabei bestimmt er durch Ausmessen der Leitfahigkeit der normalgesattigten Losungen, in welchen die zer- riebenen Pulver suspendiert sind. HULET beobachtet dabei ein schnelles Aufsteigen und syater ein Abfallen der Leitfahigkeit dieser Liisungen.

In awei friiheren BeitrBgen3) habe ich gezeigt, daB beim Zer- reiben eines Kristalls eine Reihe von Vednderungen stattfindet, die auch eine Erhohung der Leitfahigkeit der normalgesattigten Losungen verursaclien kiinnten. Eine solche Veranderung ist folgende.

Das BaSO,, mit welchem HULET gearbeitet hat, enthiclt sweifellos BaCI, . Beim Zerreiben seiner Kristalle befreien sich neue innere Oberfliichen, und auf diese Weise werden Mengen von diesem EaC1, von der normalgesattigten Losung ausgezogen. Meine Versuche haben gezeigt, daB dieses BaCl, ein Steigen und spBter eiri Abfallen der Leitfahigkeit der noriiialgesattigteii Liisung in den ersten Mo-

l) 2. phys. C7bem. 82 (1913), 448. 2, FREUNDLICH, Kapillarchemie. 2. Aufl. 20 8. 3, 2. rinorg. 26. d g . Chen. 145 (1925), 122; 151 (1826), 68.

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menten nach dem Zerreiben des BaSO, verursachen konnte. Den1 groBereri Unterschied in der Loslichkeit der verschieden grol3en Teilchen entspricht aber ausgerechnet eine grol3ers Oberflachen- spannung des festen Salzes, und da der Gips im Vergleich zu dem gefallten BaSO, ein reines Mineral ist, so mu6 die Gro13e der von JONES ausgerechneten Oberflachenspannung von BaSO, , wegen der Unreinlichkeit des festen Salzes, noch mehr erhoht sein als die des Gipses.

AuBer den Unreinlichkeiten und cler Verznderung der Dimen- sionen - unter gegebenen Grenzen - konnten eine Erhohung der Loslichkeit bzw. der Leitfahigkeit der normalgesattigten Losung nach dem Zerreiben der Teilchen beider Salze noch folgende Ver- anderungen verursachen.

1. Die Teilchen eines jeden zerriebenen Kristalls miissen schon darum, weil sie verletzte Kristalle sind, eine groBere Loslichkeit im Vergleich zu den ganzen Kristallen besitzen.l)

2. Beim Zerreiben ekes Kristalls zerstBubt er - auBer den sichtbaren Teilchen entsteht dabei noch mikroskopisch unsichtbarer Staub, dessen kleinste Teilchen vielleicht nur aus einigen Atom- komplexen bestehen.q

3. Die Oberflache der Teilchen, die beim Zerreiben entsteht, niuBte wegen der Zerstaubung sehr rauh sein - auf genannter Ober- flache muBten viele spitzige Gipfel entstehen. Da die Krummung der Oberflache die Oberflachenspannung bzw. die Loslichkeit der gegebenen Stelle bestimmt, so mul3ten die Teilchen der zerriebenen Kristalle eine vie1 groljere Loslichkeit zeigen, als die, welche im allgemeinen den Dimensionen der ganzen Teilchen entspricht .

4. Nach TAMMANN entstehen beim Spalten eines Kristalls Trummer von Atomkomplexen, fur welche die normalgesattigte Liisung als ungesattigt erscheint.

Eine experimentelle Ijestirnmung der Einflusse der einzelnen Yaktoren und damit eine Korrektion der ausgerechneten Ober- flachenspannung ist unmoglich, aber ich habe versucht, experinlentell festzustellen, ob die fiumme dieser vier Faktoreri iiberhaupt mefibar ist, und wenn dies der Fall wtire, in welchern Verhdtnis diese Summe ungefahr zu clem Einflusse der Verkleinerung der Teilchen auf die Loslichkeit derselben steht.

2. anorg. u. allg. Chem. 145 (1925), 123. 2, 2. anorg. u. allg. Ckem. 151 (1926), 69.

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Ich habe nur mit Gips gearbeitet - wegen seiner Reinlichkeit. In der normalgesiittigten Losung des Salzes = 0002208 Ohm-l cm-l) werden dunne Gipsplatten in einem Achatmorser nur in einige Teilchen eerbrochen. Die Leitfiihigkeit der Losung war nach 10 Minuten beim ersten Versuch um 8,50/,, beim zweiten um 4,8%, beim dritten um 2,9O/, erhoht, also findet eine etwa 7 ma1 kleinere Erhohung statt, als der maximale Wert der Leitfiihig- keit betragt, die HULET beim langeren Zerreiben der Gips- teilchen - Dimension der Teilchen 0,2 p - erhiilt. Da nach 30 Minuten die Leitfiihigkeit der Losung fast dieselbe bleibt und da nach dieser Zeit in der Losung noch Teilchen von der Dimension 0,3 p (bestimmt nach der S ~ 0 c ~ ’ s c h e n Formel) schwimmen, so zeigen meine Resultate, daB bei den HuLET’schen Versuchen mit Gips die Leitfahigkeit der normalgesattigten Losung nicht darum so hoch gestiegen ist, weil den Dimensionen 0,2 p eine entsprechend groBe Loslichkeit zukommt, sondern darum, weil wirklich die Einfliisse der genannten vier Faktoren meljbar sind und bei dem langeren Zerreiben sich diese Einflusse suminieren.

Die Summe der Einflusse der letzten vier Faktoren kann man nicht genau experimentell bestimmen, aber aus rneinen Versuchen kann man schlieRen, daB die wirkliche Oberflachenspannung des BaSO, und der Gipskristalle vie1 kleiner ist - wahrscheinlich mehr als 10mal - als diejenige, die JONES ausrechnet. Dabei gilt diese 8ohluBfolgerung nur in dem Fall, daB die Voraussetzungen von JONES bzw. OSTWALD-HULET richtig sind.

Die Leitfiihigkeit der Losung von eerriebenen BaS.30, und Gips- bristallen kann sich auch aus dem folgenden Grunde mit der Zeit in der einen oder anderen Richtung veriindern; die nach dem Zer- reiben entstehende Oberflache des festen Korpers muI3te wegen der obengenannten Ursachen nicht nur verschiedene Loslichkeit, sondern auch verschiedene Adsorptionsfahigkeit gegen alle Ionen und ganzen Molekule der Losung besitzen und darum muBte mit der Regene- rierung der Kristalle auch die Leitfahigkeit der Losung sich veriindern. Der genannte EinfluB wird dabei um so grol3er sein, je mehr sich mit der Verletzung des Kristalls die Adsorptionsfahigkeit desselben gegen verschiedene Ionen verandert.

Sofia, Institut fur anoryanische Chemie der Universitaf . Bei der Redaktion eingegangen 18. Februar 1926.