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0 ber die photoelektrische Reaktion des Froschauges. Vou Yrj6 Renqviet. (Aue dem Physiologischen Institute der Universitat Leipzig.) (Hit 26 Flgnren Im Text.) In der fur das ganze Gebiet grundlegenden Arbeit v. Brucke und Gar t ens ,,Zur vergleichenden Physiologie der Netzhautstrome"2 sprechen die Verfasser die Vermutung aus, daB die sog. sekundiire oder Dauer- schwankung des Netzhautstromes des dunkeladaptierten Froschauges und andererseits die Zunahme des Bestandstromes, welche beim Be- lichten von Dunkelaugen eintritt, einander entsprachen. Die Verfasser zeigten, daa der Gang einer sekundiiren Schwankung durch kurze, iviihrend des sekund;iren Anstieges erfolgende Belichtungen nicht merklich beeinfluat wird. Die den Belichtungen entsprechenden Be- lichtungsschwankungen superponieren sich nur einfach auf der Dauer- schwankung. Da ich keine weiteren diesbeziiglichen Versuche in der Literatur gefunden habe und besonders, da solche Belichtungssuperpositionen auf dem hochsten Stande der Dauerschwankung in der Literatur nicht anzutreffen waren, wollte ieh einige diesbezugliche Versuche machen. Met h o di k. Die Versuchsanordnung war derjenigen iihnlich, welche Nikiforowsky3 und spater Beuchelt4 bei ihren, bei Garten aus- gefuhrten Untersuchungen gebraucht hatten. 1 Der Redaktion am 27. September 1923 zugegangen. * v. Briicke und Garten, Pflugers Archiv. 1907. Bd. CXX. 8.290. 3 Nikiforowsky, Zeitschr. f. Biobgie. 1912. Bd. LVII. S. 397. 4 Beuchelt, Zeif-schr. f. Biologic. 1921. Bd. LXXIII. 8. 206. Slmndin. Archly. XLV. 'I

Über die photoelektrische Reaktion des Froschauges

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0 ber die photoelektrische Reaktion des Froschauges. Vou

Yrj6 Renqviet. (Aue dem Physiologischen Institute der Universitat Leipzig.)

(Hit 26 Flgnren Im Text.)

In der fur das ganze Gebiet grundlegenden Arbeit v. Brucke und Gar t ens ,,Zur vergleichenden Physiologie der Netzhautstrome"2 sprechen die Verfasser die Vermutung aus, daB die sog. sekundiire oder Dauer- schwankung des Netzhautstromes des dunkeladaptierten Froschauges und andererseits die Zunahme des Bestandstromes, welche beim Be- lichten von Dunkelaugen eintritt, einander entsprachen. Die Verfasser zeigten, daa der Gang einer sekundiiren Schwankung durch kurze, iviihrend des sekund;iren Anstieges erfolgende Belichtungen nicht merklich beeinfluat wird. Die den Belichtungen entsprechenden Be- lichtungsschwankungen superponieren sich nur einfach auf der Dauer- schwankung.

Da ich keine weiteren diesbeziiglichen Versuche in der Literatur gefunden habe und besonders, da solche Belichtungssuperpositionen auf dem hochsten S tande der Dauerschwankung in der Literatur nicht anzutreffen waren, wollte ieh einige diesbezugliche Versuche machen.

Met h o di k. Die Versuchsanordnung war derjenigen iihnlich, welche Nikiforowsky3 und spater Beuchelt4 bei ihren, bei Gar ten aus- gefuhrten Untersuchungen gebraucht hatten.

1 Der Redaktion am 27. September 1923 zugegangen. * v. Briicke und Garten, Pflugers Archiv. 1907. Bd. CXX. 8.290. 3 Nikiforowsky, Zeitschr. f. Biobgie. 1912. Bd. LVII. S. 397. 4 Beuchel t , Zeif-schr. f. Biologic. 1921. Bd. LXXIII. 8. 206.

Slmndin. Archly. XLV. 'I

96 YRJO RENQVIST:

Das sorgfdtig prlparierte Froschauge (Rana temporaria) wurde . mit seinem Fundus auf eine Tonelektrode gelegt, wahrend ein mit

Froschringerlosung getrankter Faden rnit kleiner Schlinge der Ab- leitung von der Cornea diente.

Die Elektroden waren rnit der Saite des Einthovenschen Saiten- galvanometers verbunden.

Das Auge und die unpolarisierbaren Elektroden befanden sich in einem lichtdichten, schwarzen, durch Schiebdeckel verschliekibaren Kasten. Die Belichtung geschah mit einer Nernstlampe von 100 Kerzen, deren Licht in der in der folgenden Skizze (Fig. 1) gezeigten Weise auf

1.

Fig. 1. Versuchsanordnung. L = Lichtquelle, A = Augenpriiparat auf un- polarisierbaren Elektroden, V = Verschlul)klappe, R = Registrierer.

das Auge geworfen wurde. Die plotzliche Belichtung sowie die Ver- dunkelung des Auges erfolgte mit Hilfe der am Vereinigungspunkt der Lichtstrahlen befindlichen VerschluBklappe (V) , welche durch einen um die Achse (0) drehbaren Hebel gehoben und gesenkt werden konnte. M& der VerschluSklappe war durch einen Strohhalm noch ein Regi-

, strierer (I?) verbunden, welcher den Moment der Belichtung und Ver- dunkelung vor dem Spalt des Gar t enschen Photokymographions markierte.

Fig. 2 zeigt eine typische, rnit dieser Methode aufgenommene Kurve eines dunkeladaptierten Froschauges. Kach der negativen Vorschwankung und der positiven Eintrittsschwankung kommt die sehr starke positive Dauerschwankung , welche wegen der relativ langsamen Trommel- geschwindigkeit (unterste Linie Zeit in 1/5 Sek.) ziemlich steil auf- steigt. Nach erreichtem Maximum geht die Kurve langsam zuruck. Nach Verdunkelung folgt die positive Verdunkelungsschwankng und dann der steile Abfall.

Gleich vor diesem Versuch wurde am selben Auge die Kurve Fig. 3 aufgenommen. In beiden Versuchen 2 und 3 war das Licht der das

fZBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 97

Auge beleuchtenden Nernstlampe durch einen eingeschalteten Widerstand herabgesetzt. Im Versuch 3 wurde aber dieser Widerstand rnehrere Male fur ganz kurze Zeit ausgeschaltet, wie die Markierungen eines

Fig. 2. Aktionsstromkurve des dunkel adaptierten Froschauges.

Signals zeigen (die oberste der unteren Linien). Die Belichtung m r d e also mehrere Male momentan verstarkt. Bei einer jeden dieser

. ..

Fig. 3. Aktionsstromkurve mit , ,superpnierten " Belichtungen.

Belichtungszunahmen erfolgen nun ersichtlich eine kleine negative Vor- und eine positive Eintrittsschwankung, welche den Verlauf der Dauerschwankung nicht merklich beeinflussen. Die Verdunkelungs-

7 *

98 YRJO RENQVIST:

schwankungen. fehlen hier, we3 die Belichtungsdauer sehr kurz ist. Fig. 4 zeigt eine nach der Normalaufnahme Fig. 2 genommene Kurve.

Fig. 4. Aktionsstromkurve mit ,,superponierten" Belichtungen.

An dieser Kurve sieht man sehr deutlich, wie die spateren kurzen Be- lichtungen, sowohl am aufsteigenden Schenkel der Dauerschwankung

Fig. 5. Aktionsstromkurve mit relativ starker ,,superponierter" Belichtung.

wie auf deren Plateau, nicht den Lauf derselben beeinflussen, sondern nur schnell ablaufende, zweiphasische Stromschwankungen hervorrufen.

Bei diesen Aufnahmen war die urspriingliche Belichtung ziemlich stark, die momentanen Belichtungszunahmen auch nicht besonders groB, was einen Ausdruck in den ziemlich kleinen, bei den Belichtungs-

UBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 99

zunahmen erfolgenden Ausschliigen findet. Wenn das zuerst wirkende Licht schwiicher ist und die Zunahme bei den spateren kurzenBelichtungen d a m relaiiv vie1 groSer wird, laufen die Kurven andersartig. Bei der Kurve Fig. 5 war das Licht bei der ersten Belichtung durch eine vorgesetzte berullte Glasplatte sehr stark geschwacht. Warend der der Belichtung folgenden Dauerschwankung wurde nun diese Platte fur einen Augenblick entfernt und gleich wieder zwiickgelegt. Wir sehen, daS jetzt die relativ sehr groSe Belichtungszunahme nicht nur eine zweiphasische, schnelle Stromschwankung zur Folge hatte, sondern dall eine neue, kleinere sekundke Erhebung noch folgt. Anch hier

Fig. 6. Aktionsstromkurve mit ziemlich starker ,,superponierter" Belichtung.

fehlt die Verdunkelungsschwankung infolge der kurzen Dauer der starken Belichtung. (Der schnelle Aufschlag auf der sekundiiren Erhebung ist eine Storung.)

Fig. 6 zeigt cine ih l ich gemachte Aufnahme an demselben Frosch- auge. An Stelle der berdten Glasplatte war hier die zuerst ehiwirkende Beleuchtung durch weniger dunkle Rauchglliser geschwacht. Die plotz- liche Belichtungszunahme bewirkt auch hier eine superponierte sekundiire Erhebung, wenn diese auch kleiner als in der vorigen Kurve ist, ent- sprechend der relativ kleineren Belichtungszunahme. Zum Vergleich zeigt noch Fig. 7 den Gang der ,,normalen" Kurve bei Belichtung durch Rauchglaser.

Wenn also die erste Belichtung schwacher ist, so daB die Belichtungs- zunahme bei der spateren relativ groll ist, wird auf der der ersten Be- lichtung folgenden sekundaren Erhebung durch die Belichtungszunahme

f ' '.

100 YRJO RENQVIST:

cine besondere, superponierte sekundke Erhebung folgen ; diese ist groSer, wenn das erste Licht schwacher und die Lichtzunahme relativ groSer

Fig. 7. Sktionsstromkurve des dunkel adaptierkn Froschauges.

ist. Die folgende, Fig. 8 zeigt deutlich, wie die sekundare Erhebung auf einer schon bestehenden, durch starke Belichtung voll ausgebildeten

Fig. 8. -4kt,ionsstromkurven mit ,,euper-

ponierten" Belichtungen.

sekundlren Erhebung fehlt und nur zweiphasische Stromschwan- kungen den Belichtungszunahmen entsprechen. Eine Belichtung nach der Verdunkelung, wenn der Be- standstrom wieder nahe auf seine urspriingliche Hohe herabgesunken ist, hat aber, wie ersichtlich, eine sekundare Erhebung zur Folge.

Beim im Dunklen gehaltenen oder nur schwach belichteten Auge bewirkt eine Belichtung einen Aktionsstrom nlit sekundker Er- hebung. Beim starker belichteten Auge kommt ein solcher Anstieg nicht zustande, weil er schon ab-

geklungen ist. Hier, auf der schon bestehenden, ausgebildeten sekun- dken Erhebung gibt eine Belichtungszunahme nur eine zweiphasische Stromschwa,nkung.

UBER DIE PHOTOELEKTRISCIIE REAKTION DES E~OSCHAUGES. 101

Diese zweiphasische Schwankung legt m. E. den an sich naturlichen Gedanken nahe, in dem Augenaktionsstrom einen Ausdruck des zeit- lichen Ablaufs der Erregung im Auge oder in der Netzhaut zu sehen. Da die im folgenden zu besprechenden Versuche, sowie die vielen, von verschiedenen Autoren auf diesem Gebiete gemachten Untersuchungen durch eine solche Auffassung m:E. zwanglos miteinander und auch mit Tatsachen aus anderen Gebieten der Elektrophysiologie in Zusammen- hang gebracht werden konnen, erlaube ich mir, den Gedanken nach der Besprechung der eigenen Versuche hier zu entwickeln.

Meine Versuche sollten das Verhalten des Aktionsstromes von Froschaugen nach Durchstromung des Auges mit konstantem elektrischen Strom prufen.

An der schon beschriebenen Versuchsanordnung konnte durch Umlegen einer Wippe das Saitengalvanometer ausgeschaltet und an dessen Stelle ein konstanter Strom durch das Auge hindurchgeleitet werden. Die S h k e und Richtung dieses Stromes wurde an einem eingeschalteten Milliamperemeter abgelesen.

Da aber der Bestand- oder Ruhestrom des Auges durch die Gal- vanisierung sich merklich veriinderte, wurde die Aufmerksamkeit zuerst dieser Sache zugewandt. Vor dem Galvanisieren des Auges wurde die Stiirke des Augenbestandstromes, der in frischen Augen positiv, d. h. im Auge vom Fundus nach der Cornea flieBt, vermerkt. Nach einer Gal- vanisierung des Auges ist dieser Strom immer in seiner Stiirke verhdert. Wenn der positive Bestandstrom stiirker geworden ist, kann man von einem positiven Nachstrom sprechen, wenn er schwiicher geworden ist, von einem negativen Nachstrom. Diese Kachstrome sind gleich nach der Galvanisierung stiirker und werden dann immer schwiicher, anfangs in einem schnelleren Tempo, dann immer langsamer.

In der folgenden Tab. 1 sind einige diesbezugliche Versuche wieder- gegeben.

In der ersten Kolumne steht die Empfindlichkeit, d. h. der Saiten- ausschlag fur eine Spannung von Millivolt. In der zweiten i s t die GroSe des Bestandstromes des Auges vermerkt. Die dritte Kolumne enthat die Stiirke und die Richtung des galvanisierenden Stromes, positiv bezeichnet, wenn der Strom im Auge vom Fundus nach der Cornea, negativ, wenn er in umgekehrter Richtung dwchgeht. In der vierten vorletzten Kolumne ist die Zeitdauer der Galvanisierung, und in der letzten Kolumne steht die nach der Umlegung der Wippe abgelesene,

102 YRJO RENQVIST:

vom Nachstrom verursachte Saitenablenkung, positiv also, wenn sie eine Verstiirkung, negativ, wenn sie eine Abschwachung des Bestand- stromes bezeugt.

Tabelle 1.

Empfindl. Saitenausschlag

in mm fur 0.1 M.V.

20 20 20 20 20 20 17 17 22 22 22 15 15

Bestandstrom. Saitenaueschlag

in mm

stark positiv , t ,, 9 , t ,

,, -, ,, 9 ,

9 , + 3 i ’ .+ 35 + 180 + 180 Jr 180

stark positiv f , ,,

;ah. Strom in M.A.

- 0.4

- 0.4 + 0.4

+ 0.4 - 0.4 + 0 . 4 - 0.8 + 0.8 + 0 .9 - 0.9 + 0.9 - 1.6 + 1.4

Galv. Zeit in Sek.

15 15 15 15 15 15 30 . 30 45 45

30 30

-

Saitenausschlag in mm

durch den Nachstrom

4 :: f 20 - 52 4 25 - 65 + 40 - 40 - 75 + 75

- uber Skala + 9 9 ,, f , 9 ,

-

Aus der Tabelle ist ersichtlich, daS eine Galvanisierung des Auges in positiver Richtung einen in negativer Richtung flieoenden Nachstrom hervonwft. Und umgekehrt, eine in negativer Richtung vorgenommene Galvanisierung ruft einen positiven Nachstrom hervor. Der in negativer Richtung flieoende Nachstrom ist im allgemeinen stiirker als der positive, welcher einer ebenso starken, gleich lange dauernden Galvanisierung folgt. Beide Nachstrome sind im allgemeinen stkker nach einer starkeren als nach einer schwacheren Galvanisierung. Wie schon bemerkt, gehen diese Nachstrome bald zuriick, anfangs schneller, dann immer langsamer. Der positive Nachstrom geht, wie wiederholt beobachtet, schneller und vollstandiger zuriick als der negative. Der negative R’achstroni geht oft nicht ganz vollstandig zuriick, sondern der Bestandstrom bleibt dauernd geschwacht.

Wenn die Galvanisierung eine ganz kurze Zeit (1 bis 2 Sek.) dauert, hat sie keine Nachwirkung oder die Nachwirkung ist der vorigen um- gekehrt, wie die Beispiele in Tab. 2 zeigen.

Wenn ein und dasselbe Auge erst in negativer Richtung 1 bis 2 Sek. galvanisiert wurde, war der Nachstrom negativ, wenn gleich danach die Galvanisierung in negativer Richtung langer fortgesetzt wurde, bekam man als Nachwirkung einen starken positiven Strom. Wurde

DBER DIE PHOTOELEKTR~SCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 103

Empfindl. Saitenausschlag

in mm fiir 0 .1 M.V.

Saitenausschlag

in M.A. in Sek. durch den Nachstrom

Bestandstrom Galv. Strom Galv. Zeit in mm

15 15 25 25

stark positiv ,* I :: ,, I 9 , ,,

+ 0 .4 1 0 - 0.4 1 0 + 0.5 2 +a0 - 0 .5 2 iibm -60

etwas spater in positiver Richtung 1 bis 2 Sek. galvanisiert, war der Nachstrom positiv, wurde aber die positive Galvanisierung liinger aus- gedehnt, bekam man einen starken negativen Nachstrom. Zusammen- fassend also : Galvanisierung in negativer Richtung 1 bis 2 Sek. Nachstrom negativ

~

,, 3, 3 , ,, lagere Zeit ,, positiv 7 ., positiver ,, 1 bis 2 Sek. ,, positiv

9 , 3, 7 , ,, langere Zeit ,, negativ.

Die Verhliltnisse liegen beim Auge also ahnlich wie bei R’erven, Muskeln und anderen untersuchten Organen. Eine langer dauernde Galvanisierung hat als R’achwirkung einen in umgekehrter Richtung flieSenden Strom, hier macht sich die sog. negative Polarisation geltend. Eine ganz kurze Galvanisierung verursacht einen gleichsinnigen Nach- strom, hier wirkt die sog. positive Polarisation.

Die Ursache dafiir, daB die in negativer Richtung fieBenden Nach- strome stiirker als die in positiver Richtung flieoenden sind, diirfte in einer stkkeren Polarisierbarkeit der Corneaseite des Auges gesucht merden, welche Seite bei dem negativen Nachstrom anodisch wirksam ist, und in der Anode des Nachstroms sieht man bekanntlich im all- gemeinen die Kraftquelle dieses Stromes. Die Fundusseite hatte in dieser Hinsicht dagegen eine schwachere Wirksamkeit.

Im Zusammenhang hiermit steht aohl auch das Verhalten der Kachstrome bei lange Zeit oder viele Male galvanisierten Augen. Bei solchen Augen ist der Nachstrom immer negativ, es sei die Galvanisierungs- richtung negativ oder positiv gewesen. Auch bei alten oder schlecht praparierten Augen kann dieses Verhalten beobachtet werden. In diesen F a e n haben also alle Nachstrome die Corneaseite als Anode, nur diese Seite kann zu einer postgalvanischen Wirksamkeit kommen. Man erkennt, daS die Corneaseite des Auges wie eine nicht alterierte

104 YRJO RENQVIST:

: Bestandstrom. Richtung und Art Saitenausschlag des Induktions-

in mm schlages

Steue, wie ein ,,Lhngsschnitt" sich zur Fundusseite verhdt , welche Seite der alterierten, der ,, Querschnittstelle", in ihrem Verhalten hier &h&. 'Ersichtlich hangt das wenigstens teilweise damit zusammen, dafi die Corneaseite des Auges unberuhrt geblieben, die Fundusseite dagegen freiprapariert, alteriert worden ist und auch immer freigelegt werden m a , um direkt vom Auge ableiten zu konnen.

Diese Ergebnisse fiihrten zu einer Priifung der Sachwirhngen von Induktionsschliigen auf den Augenbestandstrom. Die Anordnung dieser Versuche war dieselbe wie friiher. Die Induktionsschllge wurden mittels eines gewohnlichen Induktoriums erhalten. In der folgenden Tab. 3 ist ein typisches Versuchsbeispiel, in welchem alle Versuche an einem und demselben Auge gemacht wurden, wiedergegeben. In der dritten Kolumne der Tabelle steht die Richtung des SchlieBungs- oder i)ffnungsschlages (wie immer + in der Richtung vom Fundus zur Cornea, - umgekehrt). Bei allen Versuchen war der Rollenabstand 0.

SaiknauSschlag in mm durch den

Nachstrom des Induktionsschlagea

Tabel le 3.

Empfindl. Saitenausschlag

in mm fiir 0.1 M.V. -- -

8 8 8 8

8 8 8 8

5 5 5 5

- 3 - 3 T 40 - 35

10Minuten spater: 1 SchlieDung - - 6 0

f 30 - 20

f 20 I SchlieDung + ' 0

._ + 70 + 6 4 ,, + 65 - I tiffnung ,, -

80Minuten spiiter:

Bus dieser Tabelle sieht man, daB die SchlieBungsschliige keinen oder nur einen sehr schwachen, immer negativ gerichteten Nachstrom verursachen.

Die Offnungsschliige haben bei frischen Augen, wie die ersten Versuche zeigen, einen in derselben Richtung mit dem Offnungsschlag gehenden Nachstrom zur Folge. Wenn das Augenprhparat aber a t e r

UBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 105

~~ __ ___ -0 .50 '' t 2 . 2 - 0 . 4 4 'I + 1.3 - 0 . 2 5 j +0.88 - 0.10 + 0.18 -0-03 ' 1

'I

wird, ist der Nachstrom immer in negativer Richtmg flieSend. Es scheint, als ob die Nachwirkung, sowohl die negative wie die positive, desto starker wke, je stiirker der positive Bestandstrom des Auges ist. Die in der folgenden Tab. 4 auf gleiche Empfindlichkeit umgerech- neten, aus vielen Versuchen erhaltenen relativen Zahlen scheinen des zu bezeugen.

+ 0.70 t 0 . 5 + 0.38 + 0.02

Tabelle 4. -

Relativer Relativer Relativer Relativer Bestandstrom I Nachstrom 11 Bestandstrom 1 Nachstrom

- ~~

+ 1 - 5 + 1.1 + 0.88 + 0.25 + 0.19

Wie nach einer Galvanisierung, gehen die Nachstrome auch nach Induktionsschltigen zuriick, erst schneller, dann immer langsamer. Die in positiver Richtung fliel3enden Nachstrome werden zuweilen schlieB- lich schwach negativ, und sie gehen auch schneller als die negativen Strome zuriick. Es wurde auch versucht, mit einem grol3eren Rollen- abstand des Induktoriums Nachwirkungen zu erhalten. Um aber deutliche Wirkungen zu bekommen, war ein kleiner Rollenabstand notwendig. '

In den auf die Offnungsschltige folgenden, mit h e n gleichgerichteten Xachstromen haben wir sog. positive Polarisationsstrome, welche ja die allgemeine 'Nachwirkung von Induktionsschltigen sind. DaS die SchlieSungsschlage beinahe unwirksam sind , muD auf ihrer nicht genugend steilen Stromschwankung beruhen.

Wie nach einer Galvanisierung ist auch nach einem Induktions- schlag der in negativer Richtung flieDende Nachstrom von Iangerer Dauer und auch ofters starker als der entsprechende positive.

Die letzten Versuche der Tab. 3 zeigen, daS bei alten Augen- praparaten auch nach Induktionsschltigen immer nur negativ gerichtete Xachstrome folgen. Dieselben fjberlegungen wie dort konnen natiirlich auch hier angestellt werden. Der Bestandstrom des Auges wird, wie aus der Tabelle auch ersichtlich, mit dem Altern des Augenpraparats schwacher, kann sogar negativ werden. Die Nachstrome sind dann immer negativ.

- 106 y R J 6 RENQVIST:

Die Abschwachung des Bestandstromes beim Altern des Auges, die stakeren und langer dauernden negativ gerichteten Nachstrome und drittens die immer negativen Nachstrome bei alten Augenpraparaten stehen m. E. in einem nahen Zusammenhang miteinander. Diese Erscheinungen beruhen wahrscheinlich darauf, daS die beobachteten Augenstrome hauptsachlich anodisch verursacht sind und da13 die Corneaseite eine stkirkere Polarisierbarkeit besitzt und mit dem Altern des Auges seine Wirksamkeit langer als die alterierte Fundusseite beibehalt.

Es ist natiirlich, daS die neuen Anschauungen in der Elektro- physiologie (Gildemeister, Ebbecke) auch hier herangezogen werden konnen und die formale Sprache der alten Elektrophysiologie durch eine andere ersetzen konnten.

Auch die Wirkung einer Tetanisierung des Auges wurde unter- sucht. In der folgenden Tab. 5 ist ein Beispiel von der Wirkung einer Tetanisierung von 1 Sek. mit einem Akkumulator und bei verschiedenen Rollenabstanden des Induktoriums gegeben.

Tabelle 5.

Empfindlichkeit,. Saitenausschlag

in mm ' fiir 0.1 M.V.

9 9 9 9 9 9

8 8 8 8 8

Bestandstrorn. Saitenausschlag

in mm

+ 75 - - - + 65 + 45

+ 85 - - - + 85

Rollenabstand in mm

- 200 150 100 50 20 0

200 150 100 50 20

Saitenausschlag in mm

durch den Nach- strom von 1 Sek. Tetanisierung mit

Offnungsstromen in n e g a t i v e r

Ric htung

0 0 + 2 9 + 40

- 20 - 80

Offnungsstrome in posit. Riohtung

0 0 0 + 80 + 80

Aus der Tabelle sieht man, da13 eine Tetanisierung von 1 Sek. vom Rollenabstand 50 mm an, einen Nachstrom zur Folge hat, der in derselben Richtung wie die Offnungsstrome flieBt. Wenn man bedenkt, daS die SchlieSungsschlage beinahe unwirksam waren, befremdet das Ergebnis

UBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES PROSCIIAUGES. 107

Emzgrh- Bestand- strom.

in mm ausschlag in mm

Saiten- ausschlag

fiir 0- 1 M.V.

ficht, sondern steht augenscheinlich in Zusammenhang mit den Wirhngen von Induktionsschlilgen.

Nach lange fortgesetzter Tetaaisierung und bei alten Augen- praparaten sind auch hier die Nachstrome ubenviegend nur in negativer Richtung gehend, wie die folgende Tabelle 6 zeigt.

Saitenausschlag in mm

Rollen- von Tetanisierung mit s i e r u n ~ h ~ e r mnungs- Wnungs-

strom in strom in abstand negativer positiver Richtung Richtung

Tebni- 1 durch den l c h s t r o m

in Sek.

Tabelle 6.

Nach diesen Versuchen sollte nun untersucht werden, wie sich der Lichtaktionsstrom

A

des Auges nach den verschiedenen elektrischen Behandlungen verhdt. Da die Belichtung des

B Fig. 9.

C

Aktionsstromkurven : A = Normale Kurve, B = nach einem negativ gerichteten SchlieBungsinduktionsschla.g, C = nach einem positiv gerichteten SchlieBungsinduktioneachlag.

Auges und die Aufnahme der Kurven bei den verschiedenen Versuchen verschieden waren, wird die Beschreibung des Vorgehens bei den ver- schiedenen Versuchsbeispielen folgen.

Nach einem SchlieBungsinduktionsschlag, welcher einen schwachen Nachstrom gehabt hat, ist die Aktionsstromkurve nicht merklich ver- andert, wie das vorstehende Bild, Fig. 9, zeigt. Hier ist Kurve A eine

108 YRJO RENQVIST:

Noma&urve und Kurve B nach einem negativ gerichteten SchlieSungs- induktionsschlag aufgenommen. Der SchliellungsinduktionsscNag hatte hier einen Kachstrom verursacht, welcher eine Saitenablenkung von

RA.0-

Fig. 10. Aktionsstromkurven nach Induktions-

schlagen.

- 4 mm hervorrief. Gleich nach dem schnellen Ruckgang dieses Kachstroms wurde die Aufnahme gemaeht. Kurve C ist wieder in derselben Weise nach einem positiv gerichteten Schliefiungsinduktions- strom aufgenommen. Auch dieser hatte eine Saitenablenkung von - 3 mm zur Folge. Zwvischen diesen drei Kurven ist kein Unter- schied zu sehen. Im nebenstehenden Bilde, Fig. 10, sind sie untereinander reproduziert, um eine gute Ver- gleichung zu ermoglichen.

Wenn das Auge mit Offnungsschliigen behandelt worden ist, sind die Aufnahmen sowohl warend der von dem jetzt stiirkeren Nachstrom

bedingten Saitenbeweaung

nach einem positiv gerich- B Fig. 11. A teten i)ffnungsschlag auf-

ist etwas spater bei ruhender Saite aufgenommen, Um diese Kurven vergleichen zu konnen, ist die Kurve A auf die in der Figur schwarz gezogene Abszissenlinie umgerech- net. Die punktierte Kurve in Fig. 10 ist diese Reproduktion. In dieser Weise sol1 die durch den Zuruckgang des Nachstroms verursachte Saiten- bewegung eliminiert und die Kurvenform an sic,h erhalten werden. In Wirklichkeit geht aber die Saite nicht geradlinig, sondern in einer schwach nach unten konvexen Linie zuriick. Unsere Umzeichnung der Kurve wird also moglicherweise die Hohe der sekundaren Er- hebung etwas zu hoch geben. Wie die Fig. 10 zeigt, ist keine merk- fiche- Verschiedenheit der Kurven jedoch zu sehen. Ebensowenig

Aktionsstromkurven nach Induktionsschlagen. genommen. Die Kurve B

~ B E R DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 109

zwischen diesen beiden und den drei vorigen nach SchlieSungs- schliigen erhaltenen Kurven (die drei oberen Kurven der Fig. 10).

In der folgenden Fig. 12 sind die oberste und die unterste R'ormal- kurven. Die mittlere ist nach einem in negativer Richtung gehenden Offnungs- \ schlag aufgenommen. Die Saite ist dabei in1 Aufsteigen von der Ablenhwng infolge

folgte wieder nach dem besprochenen Fig. 12. Prinzip. Man sieht aus der Figur, daB Aktionsstromkurven nach die sekundare Erhebung in der Kurven- folge immer niedriger wird, aber eine groBere Wirkung scheint der Induktionsschlag nicht zu haben.

Verlauf des Lichtaktionsstroms verandern wurde.

sogar ziemlich lange Tetanisierung beinahe keinen EinfluB.

\ r;;:; Nom.Krre.

des Kachstroms. Die Umrechnung er- *40-. &--

IndUktiomsChM-

Nebenbei ist auch untersucht worden, ob eine Tetanisierung den

Wenn der Rollenabstand des Induktoriums groBer ist, hat eine In der

Fig. 13. Aktionsstromkurven nach Tetanisierung des Auges.

mit schnellem Filmgang aufgenominenen Fig. 13 sind die oberste und unterste Kurve nach einer Tetanisierung von 30 Sek. Dauer mit 90 bzw. 70 mni Rollenabstand gewonnen. Die mittlere normale Kurve verlauft diesen vollkommen ahnlich. Dasselbe wird auch durch Fg. 14 bei groBer Saitenempfindlichkeit dargelegt. Die erste und dritte Kurve sind hier Normalkurven. Die zweite und vierte nach einer Tetanisierung von 60 Sek. Dauer mit Rollenabstand von 40 mm erhalten. Die Offnungsstrome gingen in diesem Falle in positiver Richtung durch das Auge und verursachten als Nachwirkung einen in positiver Richtung gehenden Nachstrom. In derselben Weise wie fruher ist der durch die Nachwirkung verursachte Saitengang auch hier eliminiert worden. Die obere der ,,tetanisierten Kurven'' verlauft der Normalkurve ganz

110 YRJO RENQVIST:

anlich, die untere hat eine niedrigere sekundare Erhebung. die positive Eintrittsschwankung ist bei dieser Kurve niedriger.

Auch

Fig. 14. Aktionsstromkurven nach Tetanisierung des Auges.

Diese sowie viele andere Versuche zeigen, da13 eine Tetanisierung mit groSem Rollenabstand keinen oder einen nur kleinen Einfld auf den Aktionsstrom hat. Bei einer stattfindenden Wirkung wird haupt- sachlich die sekundke Erhebung etwas erniedrigt.

Wenn dagegen der Rollenabstand klein ist, wird die Aktionsstrom- kume deutlich verandert. In Fig. 15 zeigen die zweite und dritte

Kurve, welche nach nur 1 Sek. Tetani- sierung (mit in positiver Richtung gehen- den Offnungsschkgen) beim Rollen- &stand 50 bzw. 20 mm erhalten sind, im -Verhiiltnis zur ersten ,,Normal- w kurve" deutlich eine Herabsetzung der

Fig. 15. sekundken Erhebung. Uber mogliche Aktionsstromkurven nach Veranderungen der anderen Teile der Tetanisierung des Augea. Kurve ist schwer zu urteilen. Eine

anliehe , wenn nicht noch stkkere Wirkung hatte die Tetanisierung mit in umgekehrter Richtung gehenden Stromen (Offnungsstrome in negativer Richtung), wie die Fig. 16 zeigt.

SchlieSlich ist dann die Wirkung einer Galvanisierung auf den Aktionsstrom des Auges untersucht worden.

Die oberste Kurve A der Fig. 17 gibt eine mit ziemlich groSer Saitenempfindlichkeit erhaltene Normahme. Dam wurde das Auge mit einem 0.4 Milliampere starken Strom 2 Sek. lang mit einem in positiver Richtung durch ,das Auge gehenden Strom galvanisiert. Dadurch bekam man erst den in negativer Richtung fieBenden Nach-

\ ;;i;:"!:

UBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 111

strom. meters zur Ruhe gekommen war, wurde eine Belichtung des Auges und eine Aufnahme gemacht: die zweite Kurve B. Man sieht, da,B

Gleich wenn dieser abgeklungen und die Saite des Galvano- .

die in positiver Richtung vorgznommene Galvanisierung keine Veranderung der Kurven- form herbeigefuhrt hat. Da- nach wurde das Auge 2 Sek. lang in negativer Richtung gal- vanisiert, und sobald die Saite zur Ruhe gekommen war, wieder eine Belichtung und Aufnahme gemacht: die dritte Kurve C. Hier merkt man eine Ver-

29-

Fig. 16. Aktionsetromkurven nach Tetanisierung

des Auges.

1.S.L

flachung der sekundaen Erhebung im Verhaltnis zu den vorigen Kurven. Nach einer Ruhepause von einigen Minuten wurde dann eine

Normalkurve aufgenommen: die oberste Kurve D der folgenden Kurven- gruppe. Diese Kurve hat wieder eine hohere sekundare Erhebung, wenn sie auch nicht zu der ursprunglichen Hohe gestiegen ist. AuDer- dem hat die Kurve auch sonst eine andere Form, besonders im spateren Verlauf, nach dem Maximum der positiven Eintrittsschwankung.

Eine jetzt folgende Galvanisierung in negativer Richtung wlhrend 5 Sek. hat wieder eine Verflachung der sekundaren Erhebung zur Folge: die Kurve E. Eine Galvanisierung in positiver Richtung auch wiihrend 5 Sek., einige Minuten spater, hatte eine ahnliche Wirkung, wenn auch die sekundare Erhebung hier weniger verflacht ist. Zwischen den letzten zwei Aufnahmen wurde konstatiert, daS die sekundare Erhebung wieder erhoht war.

Die folgende Kurvengruppe dieser Figur zeigt wieder eine Eormal- kurve G und eine nach positiver Galvanisierung (H) und nach negativer Galvanisierung gewonnene Kurve (J). Hier dauerte die Galvanisierung 20 Sek. Alle Kurven sind immer flacher geworden, und der Anfangs- buckel ist immer runder geworden. Auch hier sieht man deutlich, daS die in negativer Richtung vorgenommene Galvanisierung eine starkere Verflachung des sekundaren Anstiegs bewirkt hat. SchlieDlich sind mit demselben Auge noch die drei Kurven der letzten Gruppe aufgenommen. Hier betrug die Galvanisierungsdauer 60 Sek. Be- sonders die zweite, nach einer negativeri Galvanisierung erhaltene Kurve L ist hier sehr flach.

Gkandln. ArchiT. XLV. 8

I12 YRJO RENQVIST:

Jvenn alle diesc, an einem und demselben Auge gemachten Anf- nahnien verglichen werden, benierkt man, l i e wahrend der Versuchs- dauer die ganzen Kurven inimer flacher gewrorden sind. Die positive ~ntrittssch\\-ankrinff iind bcsontlers die sekundare Erhebung werden

4 G - -.- - ' I -

+ -,- -.- I

%&S.

9.17. 0.v m a . Fig. 17.

Aktionsstronikurven nach Galvanisierung des Auges.

iinmer iuedriger. Die letztere wird aber besonders nach einer in negativcr Richtung gemachten Durchstromung verflacht. AuBerdem sieht ma 11

dne Verlangsaniung der verschiedenen Phasen der Kurve. Die negative Vorschwankung ist weniger steil , die positive Eintrittsschwankung is t flacher aufsteigend. Auch die Verdunkelungsschwankung wird kleiner m d langsamer aufsteigend.

UBER DIE YHOTOELEKTRISCHE HEAKTION DES FROSCHAUGES. 11 3

Jhse Veranderungen der Aktionsstromkurve nach der Galvani- sierung sind in zahlreichen Versuchen bemerkt worden. Fig. 18 ze& cine Versuchsserie niit 90 Sek. Galvanisierung. Die positive Eintritts-

n SoL

Fig. 18. Aktioiisstromkurven nach Galvanisierung des Auges.

G P l v . e lM A % S e e

Fig. 19. Aktionsstromkurveii nach Galvanisierung des Auges.

Fig. 20. -~ktionsstromkurven nach Galvanisierung des Auges.

schwankuilg ist hier nach der ersten, in positiver Richtung vorgenommenen Galvanisierung sclion sehr verflacht. Die sekundke Erhebung ist aber erst nach der in negativer Richtung gemachten Galvanisierung st&rker erniedrigt.

8*

114 YRJO RENQVIST:

Die Kurven in den Fig. 19 und 20, welche von ganz versehiedenem Qpus sind, zeigen auch dasselbe. In Fig. 19 war die Galvanisierungs- dauer nur 2 bzw. 9 Sek. In Fig. 20 sind die Kurven von einem nicht ganz gewohnlichen Typus. Die positive Eintrittsschwankung ist sehr flach, sie scheint beinahe zu fehlen. Die sekundare Erhebung besteht aber deutlich fort, und sie ist besonders nach der negativ gerichteten Galvanisierung verflacht worden.

Wahrend des Ruckgangs des starken, nach der Galvanisierung flieBenden Nachstroms sind ebenfalls Aufnahmen gemacht. Die Emp-

findlichkeit der Galvano- metersaite muB in diesen

/%-. k"r" - 0 a I r . O.JM.A I e l c k Versuchen ziemlich klein

sein, um warend der Auf- nahme die Saite bei ihrer schnellen Bewegung im Ge- sichtsfeld zu behalten.

In Fig. 21 ist die oberste Kurve eine Kormalkurvc.

.-- ~ + C o Z v . o . ~ M . ~ . ~ o = c h . Die zweite Kurve ist nach einer in negativer Richtung - gemachten Galvanisierung von 20 Sek. mit 0.3 Milli-

ist ersichtlich wegen des Riickgangs des positiven

h'achstroms in starkem Zuriicksinken. Die Belichtung verursacht eine negative Vor- und eine positive Eintrittsschwankung. Ebenso ist die Verdunkelungsschwankung in derselben GroSe wie gewohnlich vor- handen. Die sekundiire Erhebung ist aber gleichsarn vollstandig ver- schwunden. Die dritte Kurve ist etwas spiiter, nach einer positiven Galvanisierung, erhalten. Auch hier sind die ubrigen Teile der Kurve ziemlich unverandert, nur die sekundare Erhebung fehlt wenigstens grolltenteils. Die letzte Kurve ist eine spater aufgenommene Kormal- kurve, welche wieder eine, wenn anch niedrige sekundare Erhebung zeigt.

Wenn man aber die Belichtung und die Aufnahme nicht wahrend des sehr schnellen Ruckgangs der Saite macht, sondern wenn diese schon beinahe zur Ruhe gekommen, aber noch in schwacher Bewegung ist, erhdt man ein anderes Bild.

1

Norm. kvrw.

Fig. 21.

sierungsnachstromes aufgenommen. Aktionsstromkurven, wahrend des Galvani- ampere erhalten* Die Saite

;:::-:

- UBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 116

In Fig. 22 ist die oberste Kurve wieder eine Normalkurve. Die zweite Kurve B ist wahrend des sehr steilen Ruckgangs der Saite, nach einer negativ gerichteten Galvanisierung von 20 Sek., erhalten. Hier ist von einer sekundken Erhebung nichts zu sehen. Die folgende Kurve C ist etwas spater, wiihrend einer schon weniger steilen Saiten- bewegung, erhalten. Man sieht hier am Ende der Belichtungszeit eine Andeutung zur sekun- dken Erhebung. Die fol- gende Kurve D ist noch spater

ist hier ganz schwach, und die Belichtung hat eine deutliche sekundke Erhebung zur Folge.

tiver Richtung durchstromt wurde, wurde die sekundare Erhebung bei dem schnellen Ruckgang der Saite vermiSt, \vie auch die folgende Kurve E zeigt. Sie ist aber auch nicht in der Kurve F, welche etwas spater gemacht wurde, zu Fig. 22. sehen. Bei dieser Kwve ist Aktionsstromkurven, wiihrend des Galvani- die Saitenbewegung etiva sierungsnachstromes aufgenommen.

derselben Steilheit wie bei der Kurve D, nur die Bewegungsrichtung ist umgekehrt. Erst wenn die Saite sich in vollstandiger Ruhe befindet, erhklt man wieder eine sekundke Erhebung, wie die letzte Kurve G zeigt.

In Fig. 23 sieht man in der Kurve C , bei welcher der Kachstrom, nach einer negativ gerichteten Galvanisierung, im Zuriickgehen ist, eine deutliche sekundare Erhebung. Ganz besonders deutlich ist diese Erhebung bei der Kurve F, welche auch nach negativer Galvanisierung erhalten ist, ausgepriigt.

Es ist also ein Unterschied zwischen den Wirkungen der positiv und der negativ gerichteten Galvanisierung zu bbmerken. Nach einer negativ gerichteten Durchstromung, wahrend des Ruckgangs seines in positiver Richtung fliel3enden Nachstroms, kann bei Belichtung des Auges eine sekundare Erhebung erhalten werden. Dagegen erhalt man wenigstens keine deutliche sekundare Erhebung, wenn das Auge

N w - k w . - GJ. tMn I o 6 c L erhalten. Die Saitenbewegung - A:‘” Wenn das Auge in posi- s. x e d S&V.

*6ah% I.MJJ6J.C.

If&#. A IW a. n d +lev. 8. -

,116 YRJO EENQVIST:

in positiver Itichtung durchflossen und die Belichtung wahrend des Ruckgangs des jetzt also in negativer Richtung fliefieiiden Xachstronis vorgenommen wurde.

Wie fruher dargelegt wurde, war das Resultat von positiv und negativ gerichteter Durchstromung umgekehrt betreffs der sekundlren Erhebung, wenn die Belichtung erst gleich nach den1 Abklingen des Kachstroms gemacht wurde.

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Fig. 23. Aktionsstromkurven, wahrend des Galvanisierungsnachstromes aufgenommen .

3.S.b.

Ich mochte diese beiden Resultate in einer etwas anderen Weisc ausfuhren. Eine in negativer Richtung gehende Galvanisierung untl ihre als Eachwirkung auftretende, zeitweilige Verstarkung des positir gerichteten Bestandsstromes des Auges habcn als Folge eine Hemmung der Ausbildung des positiv gerichteten Stronies, welche ihren Aus- druck in der sekundiiren Erhebung hat. Eine positiv gerichtete Gal- vanisierung mit ihrer n'achwirkung, der zeitweiligen (und oft bleibenden) SchwZichung des positiv gerichteten Bestandstromes, haben dagegcn keine oder eine schwachere hemmende Wirkung auf die positive sekundarc Erhebung.

Bekanntlich ist es nun eine den Muskeln, Kerven und wohl allcn Geweben gemeinsame, auf der polaren Wirkung beruhende Eigentum-

U B E R DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 117

lichkeit, daB jede Stromrichtung die Erregbarkeit fiir sich herabsetzt, fiir die entgegengesetzte Richtung aber erhoht. Dies ist ja die als Vol tasche Abwechslungen bezeichnete Erscheinung. Die Verhderungen ini Auge, welche den nach einer negativ gerichteten Galvanisierung fliefienden positiven Nachstrom oder verstarkten Bestandstrom zu- grunde liegen, werden also als Folge eine Herabsetzung derjenigen Prozesse verursachen, welche die mit der vorigen gleichgerichtete positive Stromschwankung, wie sie in der sekundaren Erhebung auftritt, zur Poke haben. Da13 mit dem nach einer positiven Galvanisierung flieI3enden Nachstrom, welchen ich negativ genannt habe, obwohl er ja nur eine Verminderung der Stiirke des positiven Bestandsstroms bedeutet, keine VergroBerung der sekundaren Erhebung erfolgt, ist einleuchtend. Der sog. negative Nachstrom bevrirkt ja nur eine Abschwachung des positiv gerichteten Bestandstroms. Wir haben hier keinen der positiv gerichteten sekundken Erhebung entgegen- gesetzten Strom. Eine Verstiirkung des sekundiiren Anstiegs kann also hier gemaS den Volt aschen Abwechslungen gar nicht erwartet werden. Das Gleichhochbleiben der positiven sekundaren Erhebung hangt ersichtlich mit der Schwachung des positiven Bestandstroms zusammen.

Die umgekehrten Veranderungen der sekundlren Erhebung wiihrend des BlieSens des Nachstroms stehen m. E. auch in naher Beziehung zu bekannten Verhdtnissen in der Elektrophysiologie. Die Offnung oder Abschwachung eines Stromes wirkt bekanntlich wie die SchlieSung oder VersWkung eines entgegengesetzten Stromes. Wenn der in positiver Richtung gehende Nachstrom, welcher einer negativ gerichteten Gal- vanisierung folgt, im Herabsinken ist, haben wir eine Wirkung, als ob ein in negativer Richtung fliebender Strom bestehe. Die in umgekehrter, cl. h. positiver Richtung gehenden Strome, wie der Strom des sekundaren Anstiegs, werden verstiirkt, und hierdurch bekommt man die sehr aus- geprgte sekundare Erhebung. Die Abschwachung des umgekehrten Xachstroms, oder eigentlich die Verstarkung des positiven Bestand- stroms, die whhrend des Ruckgangs dieses sog. negativen Nachstroms stattfindet, wirkt naturlich abschwachend auf positiv gerichtete Strome, vie die sekundare Erhebung es ist.

Ob auch die anderen im Lichtaktionsstrom vorkommenden Strom- schwankungen, wie die Vor- und Eintrittsschwankung, nach einer Galvanisierung besondere Veranderungen erfahren, habe ich nicht untersucht. Soviel geht aber ails den Aufnahmen hervor, da13 diese

118 YRJO RENQVIST:

vie1 schnellei verlaufenden Schwankungen wenigstens nicht so deutliche Verhderungen zeigen. Wir sa,hen, daD qrtihrend der sehr steilen Strom- schwankung eines Nachstroms die Saitenbewegung des Galvanometers ganz von diesem Strom bedingt wurde. Von einer sekundken Erhebung war in diesem Stadium des Nachstroms nichts zu merken, nur die schnelleren Schwankungen des Aktionsstroms hoben sich ab. In diesem Falle sind wohl die die steilen Stromschwankungen bedingenden Prozesse, im Verhiiltnis zu den den langsamen sekundaren Anstieg bedingenden, so im tfbergewicht, daS die letzteren sich nicht zur Merklichkeit bringen konnen. Ganz ahnlich, aber im umgekehrten VerhZlltnis, stehen wohl die Dinge bei der flachen Stromschwankung des Nachstroms, wo wieder die steilen Aktionsstromschwankungen die uberwiegenden sind. Wenn aber beide Stromschwankungen von derselben flachen Art sind, wie es die sekundke Erhebung und die flachen Nachstromruckgange sind, dann wird die gegenseitige Beeinflussung bemerkbar. Man muS sich hierbei die Frage stellen, ob nicht ein EinfluS des steilen Nachstrom- ruckgangs auf die steilen Aktionsstromschwankungen zu merken w a e , in demselben Sinne, wie oben der flache Ruckgang auf die flache sekundke Erhebung wirkt. Wegen der fur die Aufnahme notwendigen geringen Empfindlichkeit des Galvanometers und des dadurch bedingten kleinen Saitenausschlags ist es schwer, hiervon etwas zu sehen.

Das Verhiiltnis der durch Galvanisierung im Auge hervorgerufenen Strome und der sekundken Erhebung des Aktionsstroms liLBt sich somit unter die allgemeinen Regelmaigkeiten der Elektrophysiologie einordnen. Ebensowenig wie die alte Elektrophysiologie eine E r k l h n g der RegelmaDigkeiten gibt, will auch diese Darlegung eine solche sein.

Die hier gebrauchte Betrachtungsweise bringt den Gedanken mit sich, den Lichtaktionsstrom des Auges in einer ahnlichen Weise zu betrachten oder zu analysieren, wie in der Elektrophysiologie die tierischen und pflanzlichen Strome im allgemeinen behandelt werden.

Die im Anfang der Arbeit besprochenen Versuche, die zweiphasischen Belichtungsaktionsstrome, fuhren uns auch zu einer solchen Betrachtung.

Wie die Aktionsstrome der Nerven, Muskeln und aller Gewebe Ausdrucke des zeitlichen Ablaufs der mit der Erregung zusammen- hangenden elektrischen Prozesse sind, will ich nun am Auge (Netzhaut) eine tihnliche Betrachtungsweise durchzufuhren versuchen und an allen bekannten Tatsachen priifen.

UBER DIE PHOTOE~WIXISCFE REAK'PION DES FROSCHAWGES. 1.19

Hierbei sind erstens die Stromableitungsmethode und die topo- graphischen Verhaltnisse des Auges zu berucksichtigen. Eine aus- fiihrliche Untersuchung iiber diese Verhiltnisse sowie uber die Potential- verteilung an Augenmodellen und am Auge selbst hat E. Westerlund' veroffentlicht. Er untersuchte die GroBe der bei Lichteinfall in das Auge entstehenden Potentialdifferenz (gemessen an dem hijchsten Punkt der positiven Eintrittsschwankung und der sekundken Erhebung) bei verschiedener Lage der Ableitungselektroden und kam zu folgenden Ergebnissen.

Bei Belichtung des Auges wird der Hornhautpol positiv im Ver- haltnis zu iillen ubrigen Stellen der Augapfeloberflache.

,,Der Funduspol wird negativ im Verhtiltnis zum Hornhautpol und dem vorderen Teil des Augapfels, positiv dagegen im Verhtiltnis zu Punkten, die auf dem hinteren Teil des Augapfels belegen sind."

Der Sehnervenquerschnitt wird negativ im Verhaltnis zum vorderen Teil des Augapfels, positiv dagegen im Verhaltnis zum hinteren Teil desselben.

8Der Mantel des Sehnervs wird bei Belichtung negativ im Verhaltnis zu Punkten, die auf dem vorderen Teil des Augapfels gelegen sind, positiv im Verhaltnis zu Punkten des hinteren Teils des Augapfels, sowie negativ im Verhaltnis zu dem Sehnervenquerschnitt.

Wie Wester lund bemerkt, hat also ein Punkt (oder eigentlich ein Kreis) irgendwo zwischen dem Funduspol und dem Aquator des Auges das groBte negative Potential. Er fiihrt auch aus, daD, wenn einc vollstandige Isolation zwischen Sehnerv und Sklera bestande, das groBte negative Potential wahrscheinlich an1 Fundus selbst l ge . Die unvollstandige Isolation des im Verhiiltnis zum hinteren Augentoil positiven Sehnerven bedingt aber eine Herabsetzung des negativen Potentials in dem naheliegenden Fundus, und dadurch wird das groBte negative Potential etwas mehr aquatorialwarts gefunden.

Die groBte Potentialdifferenz erhalt man also bei Anlegen der Elektroden einerseits auf dem Hornhautpol und andererseits auf einer dem Fundus naheliegenden Stelle. Bei SchlieBung des Kreises geht dann der Stroin im Auge vom Fundus zur Hornhaut. iihnlich gerichtete, aber schwachere Strome erhalt man auch bei Ableitung vom Fundus und Sehnervenquerschnitt.

1 Westerlund, Dies Archiv. 1912. Bd. SSVI. S. 129 und Bd. XXVII. S. 249 und 260.

120 Y ~ J O RENQVIST:

Wie man sich leicht iiberzeugen kann, bestatigen diese Resultate diejenken Schlusse betreffs Potentialdifferenzen und Stromrichtungen, die man nach West e r lund aus den topographischen Verhaltnissen des Auges und den verschiedenen Ableitungen ziehen kann. lch will die betreffende Stelle seiner Abhandlungl wortlich wiedergeben :

,,Wie wir aus Kiihne und Steiners2 Untersuchungen wissen, ist die Ursache dafur, daS bei Lichtreizung eine Potentialdifferenz zwischen Hornhaut und Fundus entsteht, darin zu suchen, daS bei Belichtung ein Spannungsunterschied zwischen der lichtempfindlichen Stiibchen-Zapfenschicht und der anempfindlichen Nervenfaserschicht eintritt, indem die Stabchen-Zapfenschicht negativ im Verhaltnis zur Nervenfaserschicht wird. Der Bequemlichkeit wegen driicken wir die Sache so aus, daS bei Lichtreizung die Stabchen-Zapfenschicht negatives, die Nervenfaserschicht positives Potential annimmt. Der vordere Teil des Auges nimmt darum positives, der hintere Teil desselben negatives Potential an. Bei Ableitung von Fundus und Hornhaut aus, erhiilt inan also einen Strom, der im hneren des Auges vorwkts gerichtet ist. Der Sehnerv dagegen oder wenigstens sein Kern nimmt das Potential der Servenfaserschicht an und wird demnach positiv. Legen wir Elektroden an dem Querschnitt des Sehnervs und an einem Punkte am Fundus an und verbinden sie miteinander, so entsteht ein Strom, der im Innern des Sehnervs hach hinten gerichtet ist, d. h. nach dem Gehirn zu geht."

Wenn man noch bedenkt, daS die hauptsachlich wirksame Netzhaut- fljliohe die belichtete Flache ist (die Potentialdifferenz wachst nach Wes te r lund mit der GroBe der belichteten Xetzhautflache), welche in den Versuchen urn den Fundus des Auges lag, so kann man alles in folgendem zusammenfassen.

Die vorteilhafteste Ableitung ist diejenige, bei welcher die cine Elektrode moglichst vollstandig nur von der belichteten Stabchen- Zapfenseite, die andere Elektrode moglichst vollstandig nur von der entsprechenden Nervenfaserseite beeinflufit wird. Die am besten diesc Bedingung erfiillende Ableitungsmethode ist die, bei welcher die Eleproden am Fundus und Hornhautpol liegen. Die eine Elektrode lie@ ja dann durch Vermittlung der Sklera und Chorioidea dicht an der belichteten Stabchen-Zapfenseite, welche Schicht die Elektrode beinahe vollstandg von der Nervenfaserschicht trennt ; die Stelle der

Westerlund, a. a. 0. W. Kuhne und J. Steiner, Untersuchungen aus dem Physiologischen

S. 191.

Znstitut der Universiliit Heidelberg. Bd. 111. Heidelberg 1880.

UBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTLOR DES FROSCHAUGES. 121

aiideren Elektrode, d. h. der Hornhautpol, ist wieder derjenige Punkt der Augenoberflache, welcher am weitesten von der Stiibchen-Zapfenseite und gleichzeitig der Nervenfaserschicht am direktesten liegt (durch Ver- mittlung der optischen Medien des Auges). Eine noch direktere Stelle fiir die zweite Elektrode ist der Opticusquerschnitt, aber hier lie@ die Stabchen-Zapfenseite sehr nahe an, nur durch die leitenden Sklera- und Duraschichten getrennt. Diese Nachbarschaft sowie die kleine Fliiohen- groBe des Opticusquerschnitts werden natiirlich eine in dieser ,Weise zu erhaltende Potentialdifferenz herabsetzen.

Wenn nun das Augenpraparat in der iiblichen Weise in das Saiten- galvanometer eingeschaltet ist, zeigt die bei Belichtung erhaltene positive Eintrittsschwankung, daB die durch Licht direkt erregbare Stabchen- Zapfenseite sich negativ im Verhtiltnis zur Nervenfaserschichtseite verhalt. Das bei allen Geweben beobachtete Verhalten, dab in stikkerer Erregung befindliche Stellen sich anderen gegeniiber relativ negativ verhalten, sehen wir auch hier. Der .mehr oder minder vollstandige Riickgang dieser positiven Eintrittsschwankung ist in diesem Sinne ein Zeichen einer Verschiebung der Negativitat mehr zugunsten der Faserseite, welche ja auch durch Erregungsleitung in einen Erregungs- zustand geraten wird.

Bei allen Tieren, sowohl Wirbeltieren wie Wirbellosen, hat man die positive Eintrittsschwankung beobachtet. Bei dem Hummer ist diese Schwankung die zuerst auftretende und die hauptsachliche Schaankungl, und bei Cancer pagurus2 ist sie die einzige Schwankung bei Belichtung des Auges. Nach KohlrauschS steigt der Aktions- strom der Augen von Kaninchen, Katzen und Hunden auch mit dieser positiven Eintrittsschwankung an. Nach v. Briicke und Gar ten fangt auch der Aktionsstrom des Affen Macacus Rhesus mit einer positiven Schwankung an. Dagegen haben die letztgenannten Forscher bei der Katze oft, aber nicht immer, ganz kleine, negative Vor- schwankungen beobachtet. Im ganzen scheint also bei den Sauge- tieren die negative Vorschwankung zu fehlen oder sie ist eine un- bedeutende und nicht regelmaBige Erscheinung.

Auch bei Vogeln ist die negative Vorschwankung nach der Unter- suchung von v. Briicke und Gar ten eine nicht ganz regelmiiaige Erscheinung. Each Kohlrausch besteht diese Schwanlmng immcr

v. Briicke und Garten, a. a. 0. S. 342.

Kohlrausch, Du-Bois Arch,h.iv. 1918. S. 195. 2 Frohlich, Grundziige einer Lehre vom Licht- und Farbeneinn. Jena 1921.

122 ' YRJO RENQVIST:

bei den von ihm untersuchten Vogeln (Huhn, Steinkaue, Taube). Auch an den Augen von Emys europaea sowie Salamander maculata haben v. Briicke und Gar t en zuweilen, aber nicht immer, den negativen Vorschlag beobachtet, und soweit aus den publizierten Kurven zu sehen ist, fehlt diese Schwankung ganz; die Xurven beginnen mit der positiven Eintrittsschwankung. Bei dem gewiihnlichsten Untersuchungsobjekt, dem Froschauge, hat man gewohnlich die gut ausgeprgte negative Schwankung vor der positiven Eintrittsschwankung. Die negative Vorschwankung sol1 spater noch besprochen werden.

Die bei allen Tieren beobachtete positive Eintrittsschwankung, welche eine mit dem Erregungszustand verbundene relative Negativitlt der Stabchen-Zapfenseite zeigt, kann unter verschiedenen Umstanden in ihrem Ablauf verandert werden. Gar t en und v. Briicke sagen in ihrer oft erwahnten Abhandlung in Zusammenhang mit der Be- schreibung des Aktionsstroms des Katzenauges, dal3 die positive Eintritts- schwankung desto kraftiger zu sein scheint, je frischer das Auge und je langer es dunkel adaptiert gewesen ist.l Ebenso beschreiben die Verfasser, wie an einer Katze nach 31/,stiindiger Versuchsdauer die Eintrittsschwankung negativ wurde, wahrend sie vorher stets positiv gewesen war. Auch eine nach einer Kurareinjektion verendete Katze gab eine negative Eintrittsschwankung.

Auch am Froschauge kann dasselbe Verhalten beobachtet werden. Ein Auge, das frisch prapariert eine positive Eintrittsschwankung gibt, kann nach langem Liegenlassen oder durch Driicken, auf Belichtung mit nur einer negativen Schwankung antworten. Waller hat die Ver- anderungen des Aktionsstromverlaufs beim Absterben des Froschauges in drei Gruppen eingeteilt, Zur Gruppe 1 gehoren die rein positiven Schwankungen, welche bei frischen Augen beobachtet werden, zur Gruppa 2 gehoren aergangsformen zu einer rein negativen Schwankung (gewohnlich erst positive Schwankung, welchc sich dann ins Negative umkehrt), und zur Gruppe 3 gehoren rein negative Schwankungen, welche an geschadigtcn und absterbenden Augen erhalten werden.

Es ist aber moglich, die positive Eintrittsschwankung auch durch andere MaBnahmen in eine negative Schwankung urnzukehren. In ciner bei Gar t en ausgefiihrten Arbeit hat IXikiforowsky3 gezeigt,

v. Briicke und Garten, a. a. 0. S. 333. Waller, Die Kennzeichen des Lebens vom Standpunkt elektrischer Unter-

Nikiforowsky, Zeitschr. f. Biologic. 1911. Bd. LVII. S. 397. suchung. Berlin 1905.

~ B E R DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 123

daS eine Abkiihlung des Froschauges den Gang des Aktionsstroms wesentlich verandert. Eine Abkiihlung auf + 4 O bis 00 C verzogert wesentlich den Anstieg der Eintrittsschwankung, welche auch ganz flach geworden ist. Bei einer langer dauernden Abkiihlung (his 1112 Stunden) verschwindet die positive Eintrittsschwankung ganz, und nur eine negative Ablenkung der Snite bleibt ubrig. Von den Kurven von Nikiforowsky erlaube ich mir hier nebenstehende vier zu reprodu- zieren, welche gut die verschiedenen Grade der Veranderung des Strom- ablaufs zeigen. In Fig. 24 ist die zweite Kurve von einem helladap- tierten Auge, welches 34 Minuten bei

Fig. 24. war. Die erste negative Schwankung

AktionsstSomkurven nach Behand- ist stark, die darauffolgende positive steigt ein wenig iiber die ursprungliche lung des Auges mit Kiilte, nach

Nulllinie. Die dritte Kurve ist mit Nikif orows ky. demselben Auge nach einer 1 Stunde 20 Min. langen Abkiihlung bei + 0.50 C erhalten. Von einer positiven Schwankung ist hier beinahe nichts mehr zu sehen. Die vierte Kurve ist anch mit demselben Auge erhalten. Hier war die Temperatur - O - l o C und die Abkuhlungsdauer 1 Stunde 33 Min. Hier haben wir nur eine negative Schwankung des Stromes.

Auch in einer ganz anderen Weise sind ziemlich ahnliche Ver- anderungen der Eintrittsschwankung hervorgerufen worden. In einer ebenfalls bei Gar t en ausgefiihrten Arbeit hat Beuchel t l die Frosch- netzhautstrome nach Behandlung des Auges mit Kaliumchloridlosung untersucht. Die Frosche wurden hierbei von der Aorta aus mit Kalium- chloridlosung durchspult, und nachdem die Augen dann in Kalium- chloridlosung der freien Diffusion des Salzes noch ausgesetzt waren, wurden die Aufnahmen gemacht. Der besseren Ubersichtlichkeit halber erlaube ich mir eine Kurvenfolge aus Beuchel t s Arbeit hier wiederzugeben. In der folgenden Fig. 25 ist die oberste eine Kontroll- kurve von einem nicht behandelten Auge. Die zweite Kurve ist nach 46 Min. Diffusion, die dritte nach 76 Min. Diffusion und die letzte

e U-

,a u *qL q" i f

einer Temperatur von + 3OC gehalten 9.b . ) .

Beuchelt, Zeikchr. f . Biologie 1921. Bd. LXXIII. S. 205.

12;1 YRJO RENQVIST:

nach 111 Min. Diffusion in Kaliumchloridlosung erhalten. Wir sehen such hier, wie die positive Eintrittsschwankung sich immer mehr ab- flacht und schlieBlich nur eine negative Schwankung iibrig ist.

Bei Behandlung des Auges rnit Magnesiumchlorid- und Barium- chloridlosung fand B eu c hel t auch ahnliche Veranderungen des Stroni- verlaufs. Wenn das Auge dagegen mit einer Calciumchloridlosung be-

handelt war, bekam er hillier positive Eintrittsschwankun- gen. Auch eine Natrium- und

&m""*- Lithiumchloridlo sung hatte

der Eintrittsschwankung zur Folge. Die Kurven hatten \vie

Fig. 25. bei frischen Augen eine starke Aktionsstromkurven nach Behandlung des positive Eintrittsschwankung. Auges mit KCI-Lbsung, nach Beuchelt. M. E. ist es natiirlich 211

versuchen, die iihnlichen Wir- kungen dieser verschiedenen Behandlungen des Auges in einen Zu- sammenhang miteinander zu bringen.

Wenn man mit Kiihne und Steiner in dem positiven Ausschlag eine relative Negativitat der Stabchen-Zapfenseite sieht, wie ich es hier getan habc, und wie cs eigentlich selbstverstandlich sein muS, so zeigt eine Umkehrung der Eintrittsschwankung in einen negativen Ausschlag, daS die der Erregung folgende Potentialdifferenz sich auch umgekehrt hat, und zwar so, daB jetzt die Nervenfaserseite relativ negativ im Verhiiltnis zur Stabchen-Zapfenseite geworden ist.

Die bei frischen Augen auftretende relative Negativitat der Stabchen- Zapfenseite ist ein Ausdruck der groaeren Erregbarkeit dieser Seite. uberall bei den Geweben folgt einer groBeren Erregbarkeit eine grofiere Empfindlichkeit fur schadtiche Einfliisse ; Erregung wird leichter in Liihmung iibergehen, als bei weniger erregbaren Gebilden. Nach den modernen Anschauungen wird bekanntlich die mit dem Erregungs- zustand verbundene relative Negativitat in eineni Durchlassigwerden der Gewebe gesehen. Wenn das Maximum der moglichen Durchlassigkeit erreicht ist, durch starken oder langen Erregungszustand oder durch andere Einfliisse, kann natiirlich keine weitere Zunahme der Durch- lassigkeit erfolgen, die Erregbarkeit ist erloschen und L h u n g ein- getreten. Da also groBere Erregbarkeit rnit leichterem Durchlassig- wrden zusanimenhangt, ist es ersichtlich, daS eben bei groBer Er-

Newr.Kv-w - -.- -.- w - # - . ''.*.. keine Umkehr in der Rchtung 7- u P.. .. ~ ' . ' " ' ' ' ' . ' . ' '.- -

UBER DIE PHOTOELEKTRISCHE REAKTION DES FROSCHAUGES. 125

regbarkeit das nurchlassigkei tsma~um mit folgender Zlnerregbarkei t leichter erreicht werden kann. Eine leicht erregbare Stelle wird dadurch, im Verhdtnis zu einer weniger erregbaren Stelle, durch viele Erregung sowie auch durch verschiedene andere, die Durchlassigkeit erhohendc Einflusse an ihrer Erregbarkeit relativ mehr verlieren. Und das iiuBert sich in elektrischer Hinsicht als immer schwachere relative Negativitat und schlieBlich als relative Positivitat im Verhatnis zu der jetzt relativ negativen, urspriinglich weniger erregbaren SteUe.

Wie diese Betrachtung auf die Netzhaut angewendet werden kann, ist offensichtlich. Man braucht sich nur die ungemeine Empfindlichkeit der Stabchen-Zapfen zu vergegenwiixtigen, um ihre im Verhaltnis zur R'ervenfaserseite leichte Zerstorbarkeit und Liihmbarkeit zu verstehen. Wenn Kaliumsalz seine durchlassigkeitserhohende FVirkung ausiibt , wird im stiirksten Grade eben die empfindliche Stabchen-Zapfenseite hiervon betroffen. Das Durchlassigkeitsmaximum mit folgender Liihmung wird niiher riicken, und dadurch biiSt diese Seite an Moglichkeit e h , im Verhahis zur Nervenfaserseite elektrisch relativ negativ zu werden. Und nach einer geniigend kraftigen und langen Einwirkungszeit wird die relative Negativitat auf seiten der Nervenfaserschicht liegen.

In derselben Weise wirken die Kdte und uberhaupt alle schadlichen Einfliisse, wie Altern, mechanischer Druck usw.

Bemerkenswert ist, daS Beuchel t nach Durchspulung mit Calcium- chlorid nur immer positive Eintrittsschwankungen erhielt. Wahrschdich macht sich hier der Antagonismus des Calciums zum Kaliuni geltend, welcher auch bekanntlich in der membranverdichtenden Wirkung des ('alciums zum Ausdruck kommt. DaS eine Substanz, welche ver- dichtend wirkt, keine Umkehrung der Eintrittsschwankung verursachen kann, ist nach der hier dargelegten Betrachtungsmreise einleuchtend.

Koh l rausch l hat in seiner schon erwahnten Arbeit gezeigt, daB der Aktionsstromverlauf bei Belichtung des Auges mit verschieden- farbigen Lichtern verschieden ist. Er versuchte erst, durch passende Wahl der Belichtungsintensitaten, die Aktionsstromkurven bei Be- lichtung mit versehiedenfarbigem Licht gleich in bezug auf E.M.K., Stromrichtung und zeitlichen Ablauf zu erhalten. Es zeigte sich aber, daB beim Frosch durch Intensitatsvariierung eine solche ,,&ions- stromgleichung" nicht immer moglich war. Bei Hellaugen blieben immer Unterschiede in der Kurvenform bestehen. Bei Dammerungs-

1 Kohlrausch, a. a. 0.

126 YRJO RENQVIST:

augen wurden aber die erhaltenen Kurven bei Belichtung mit einem 1aweUiien und einem kurzwelligen Licht beinahe ;ihnlich. Betreffs der Eintrittsschwankung war der hauptsachlichste Unterschied bei den Hehugen, daD bei Belichtung mit kurzwelligem Licht der Ausschlag steilei ansteigt und sogleich nach erreichtem Maximum sich wieder etwas senkt.

Auch bei Katzenaugen waren die Unterschiede bei lang- und kurz- welliger Belichtung in derselben Richtung gehend. In noch starkerem MaSe wurden bei im Hellen gehaltenen Augen von Hiihnern dieselben Unterschiede beobachtet. Und bei helladaptierten Taubenaugen waren die Unterschiede sehr groll. Ich erlaube mir hier eine Figur aus der Kohlrauschschen Arbeit zu reproduzieren. In Fig. 26 ist die oberste

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Fig. 26. Aktionsstromkurven des Taubenauges bei Rotbelichtung (linke Kurve), Blaubelichtung (mittlere Kurve) und Purpurbelichtung (rechte Kurve)

nach Kohlrausch.

ein Anfangsteil einer durch Rotbelichtung erhaltenen Kurve, die mittlere ist durch Blaubelichtung und die unterste durch Purpurmischung er- halten. Die Rotkurve ist vom Typus des Aktionsstroms des frischen Auges, mit kleiner negativer Vorschwankung und positiver Eintritts- schwankung. Die Blaukurve ist aber ganz vom Typus der Kurven, welche z. B. durch Kaliumbehandlung oder andere Schadigungen er- halten wurden. Wie Kohlrausch bemerkt, ist diese bei Tauben er- haltene Blaukurve eine Verstarkung derjenigen Kurve, welche bei den vorgenannten Tieren erhalten wurde. Bei diesen Kurven war schon eine Andeutung zur Negativitat vorhanden ; nach der Eintrittsschwankung war der Riickgang dieser Kurven tiefer als bei den Rotkurven.

Das kurzwellige Licht bewirkt also bei diesen Tieren, wenn die Augen unter den Bedingungen der Helladaptation untersucht werden, ehen starkeren Riickgang der relativen Negativitat an der Stabchen-

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Zapfenseite, oder sie bewil.kt-sogar eine relative Positivitat auf dieser Seite im Verhaltnis zur Nervenfaserseite.

Die Intensitaten der lang- und kurzwelligen Lichter, welche die verschiedenen Kurvenformen gaben, waren so abgestuft, daS sie un- gef& ebenso gro5e Amplituden der Saitenausschltige verursachten. Nach Kohlrausch ist das Intensitatsverhaltnis der Lichter hierbei von derselben GroSenordnung wie das Verhaltnis der Reizintensitaten, bei welchen gleichstarke Lichtempfindungen bei dem Menschen aus- gelost werden. Wenn wir nun auch vermuten konnten, daS diejenigen Erregungsprozesse in der Netzhaut , welche den Lichtempfindungen zugrunde liegen, bei diesen verschiedenen Lichtern ahnlich stark wiiren, so miissen wir m. E. doch unbedingt annehmen, daS das kurzwellige Licht in seiner Gesamtwirkung (von dem natiirlich nur ein Teil den Empfindungen zugrunde liegt) stiirker als das langwellige ist. Auf dieser starken Gesamtreizwirkung beruhen ja die besonderen physio- logischen Wirkungen der kurzwelligen Lichter. Kurz und gut, des kurzwellige Licht wirkt in hoherem Grade, besonders natiirlich auf die Wirksamkeit der empfindlicheren Stabchen-Zapfenseite, herab- setzend, wie auch die friiher besprochenen Einwirkungen es taten. Und in dieser Weise wird wahrend einer Belichtung die relative Nega- tivitat hier einbiiDen miissen, was sich in der Aktionsstromkurve friiher oder spater als ein Eiedergehen der Kurve ausdruckt. Es ist naturlich, daB bei Belichtung mit Purpurmischung (rot + blau) die Kurve eine Summationskurve wird, wie das unterste Bild in Fig. 26 zeigt. Die Wirkung des blauen Lichtes tritt spater ein, wie das flachere Sinken der blauen Kurve dartut. Im Anfang der Belichtung wird dadurch die Wirkung des roten Lichtes hauptsachlich hervortreten.

Bei Dammerungsaugen von Froschen sowie von Steinkauzen konnten nach Kohlrausch bei Belichtung mit verschiedenfarbigen Lichtern Unterschiede kaum beobachtet werden. Die Reizlichter waren beim Arbeiten mit Dhmerungsaugen in ihrer Intensitat sehr herabgesetzt ; fur das Menschenauge erschienen sie als vollkommen farblos. Dazu war die Intensitat des kurzwelligen Lichtes im Verhaltnis zur Intensitat des langwelligen Lichtes ziemlich vie1 schwacher als bei den Versuchen mit helladaptierten Augen. Analog wie bei Farbengleichungen brauchte niim- lich das dunkeladaptierte Auge auch bei der ,,Aktionsstromgleichung" relativ schwacheres kurzwelliges Licht als das helladaptierte Auge.

Diese sowohl absolute wie relative Schwachung des kurzwelligen Lichtes muD natiirlich seine oben besprochene herabsetzende Wirkung

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such schwachen und seine den elektrischen Potentialdifferenzen zu- pride liegende Wirksamkeit derjenigen des langwelligen Lichtes mehr iihnlich machen. Dazu kommt noch, daB in der Diimmerung wahr- scheinlich teilweise ein anderer Apparat in der Netzhaut tatig ist, ein Apparat, der besonders bei kurzwelligem Lichte optimal funktioniert. Eine demgema erhohte Widerstandsfahigkeit gegen die deletaren Wirkungen dieser Lichter konnte damit zusammenhangen.

Die bei frischen Augen aller Tiere vorkommende positive Eintritts- schwankung, sowie ihre Modifikationen unter verschiedenen Bedingungen, konnen also m. E. mit bekannten Erscheinungen der Elektrophysiologie in Zusammenhang gebracht werden.

Bei den meisten Wirbeltieraugen geht die kleine negative Vor- schwankung der Eintrittsschwankung voraus. Bei Froschen ist sie gut ausgebildet, bei vielen anderen Tieren unbestandig und tritt bei schwacher Belichtung nicht auf. Sie zeigt, gemaS dem Sinne dieser Arbeit, eine vorerst auftretende Negativitat der Nervenfaserseite im Verhaltnis zur Stabchen-Zapfenseite. In der groBen Monographie ,,Uber die Veranderungen der Netzhaut durch Licht" von Gar ten in Grafe-Saemisch's Handbuchl untersucht der Verfasser, welche Stelle in der Netzhaut der Ort der Umsetzung des Lichtes in Nerven- erregung ist. Auf Grund eigener Versuche sowie Literaturangaben kommt er zu dem Schlusse, daB dieser Ort in der Nahe der Basis der Stabchen und Zapfen liegt, d. h. in der Nihe der Membrana limitans externa, denn hier liegt nach seiner Untersuchung der Ort des scharfen Netzhautbildes. Der eigentliche Ort der ersten Erregung in der Netzhaut muB also an dieser Stelle angenommen werden und nicht in den ganzen Stabchen-Zapfen, denn sonst hatte ja ein scharfes Bild keine Bedeutung. DaS die ganzen Stabchen-Zapfen doch in Erregung geraten, ist natiirlich, wenn dieser Zustand auch wahrscheinlich zeitlich spater als an der Basis sich entwickelt. Ganz im Anfang der Lichtwirkung, wenn diese sich noch auf eine Erregung in der Stabchen-Zapfenschicht beschrankt , eine Erregungsleitung noch nicht stattfindet, haben wir die erste Er- regung mit der relativ groBten Negativitat an der Basis, eine zeitlich spatere Erregung und Negativitat in den mehr auswkts liegenden Teilen der Stabchen-Zapfen. Und das driickt sich natiirlich als eine erst auftretende relative Negativitat der Faserseite oder der Cornea- seite im Verhaltnis zur Fundusseite aus und bedingt eine kleine, kurz-

Garten, ,,Die Verilnderungen der Netzhaut durch Licht" in Graefe- Simisoh, Handbuehder gea. Augenheilkunde. 11. Aufl. 119.-121. Lieferung. 5.4.

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ze'itige negative Schwankung des Aktionsstroms. Sobald aber mehr faserseitwarts liegende Retinateile durch die Erregungsleitung auch in Erregungszustand geraten, wird sich natiirlich die Richtung der abgeleiteten Potentialdifferenz umkehren, weil dann die relativ negative Stabohen-Zapfenseite funduswws von der schwacher negativen Faser- seite liegt, wie friiher ausgefiihrt wurde.

Viele Eigentiimlichkeiten der negativen Vorschwankung unter- stiitzen m. E. diese Auffassung von ihrem Wesen. Ihr Fehlen bei wirbellosen Tieren kann im Zusammenhang niit dem Fehlen einer besonderen, scharfen Lokalisation derjenigen Stelle stehen, wo die Umsetzung des Lichtes in Nervenerregung stattfindet. Eine soharfe Lokalisation dieser Stelle steht natiirlich im Zusammenhang mit scharfen Bildern, wie sie wahrscheinlich erst bei hoheren Tieren vorkommen.

Die kurze Dauer der negativen Vorschwankung zeigt einen sehr schnellen ProzeD an, wie ja der hier angenommene ProzeD bei der schnellen Erregungsfortpflanzung zentralwiirts auch sein muS. Die bei der negativen Vorschwankung auftretende ganz kleine Potential- differenz ist mit den im Verhiiltnis zur ganzen Netzhautdicke kleinen Dimensionen der Stabchen-Zapfenschicht in Zusammenhang zu stellen. Auch die mehr homogene Zusammensetzung dieser Schicht ist wohl hierbei von Bedeutung.

Bei den Siiugetieren ist die negative Vorschwankung inkonstant und schwach oder ganz fehlend, aber auch bei vielen Vogeln scheint sie schwacher als z. B. beim Frosch zu sein. In dem schnellen Erregungs- ablauf bei den warmbliitigen Tieren und in den relativ vie1 kleineren Dimensionen (Dicke) der Stabchen-Zapfenschicht, besonders bei den Saugetieren, kann vielleicht die Ursache hierzu gesucht werden. Bei dem kaltbliitigen Frosch, in dessen Augenaktionsstrom die negative Schwankung sehr deutlich ist, macht dagegen die Stabchen-Zapfen- schicht beinahe die Halfte der ganzen Netzhautdicke aus.

In einer Arbeit von E i n t h o v e n und J o l l y 1 wird hervor- gchoben , daD die negative Vorschwankung bei Dunkelaugen von Froschen bei Belichtung mit ganz schwachem Lichte fehlt. Dagegen ist sie besonders bei Hellaugen deutlich, wenn mit starkem Licht be- leuchtet nird. Auch Kohlrauschz bemerkt, daD die Lichtintensitiit beim Froschauge fur diese Schwankung unterschwellig sein kann. Auch dieses Verhalten spricht m. E. fur die dargelegte Auffassung.

1 Einthoven und Jolly, Quarterly Jmnial of Physwl. I. 1908. p. 373. 2 Kohlrausch, a. a. 0.

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Bei starkem Licht und unter den Bedingungen der Helladaptation wird besonders ein scharfes Bild und eine scharfe Erregungslokalisation stattfinden. Dagegen konnte das bei schwachem Licht und unter den Bedingungen der Dunkeladaptation in kleinerem MaBe der Fall sein.

Die beiden schnellen Stromschwankungen, die negative Vor- und die positive Eintrittsschwankung, bilden bei vorher schon belichteten Augen bei kurzer Belichtungszunahme den ganzen Aktionsstrom, wie im Anfang der Arbeit besprochen wurde. Wie dieser schnell ablaufende Teil des Aktionsstroms den Gedanken auf ahnliche, auf anderen Gebieten erhaltene Aktionsstrome fuhrt, kann er m. E. in einer ahnlichen Weise verstanden werden wie diese.

Bei Besprechung der langsamen sekundaren Erhebung wird wieder an die im Anfang der Arbeit besprochenen Versuche mit einer Galvanisierung tles Auges angeknupft. Wie dargelegt wurde, wies die sekundiire Erhebung der Aktionsstromkurve sow oh1 wahrend wie nach der Galvanisierung Veranderungen auf. Diese VerLnderungen konnten dann unter den allgemeinen Regeln der Elelctrophysiologie eingeorclnet werden. Eine m. 8:. diesen Beobachtungen venvandte Erscheinung bespricht K. Henle l in einer bei Gar t en ausgefiihrten Arbeit ,,U'ber die Beeinflussung des Elektrokardiogramms durch die polare Wirkung des konstanten Stromes". Hen le zeigt, daB haupt- sachlich die T-Zacke des Elektrokardiogramms durch die Galvanisierung des Herzens verandert wird. Wenn das Herz (Frosch- oder Hundeherz) in der Richtung von der Spitze zur Basis galvanisiert wurde, wurde bei Aufnahme des E.K.G. gleich nach der Galvanisierung die T-Zacke kleiner, und sie war zuweilen sogar in ihrer Richtung umgekehrt. Viele von den von Hen le publizierten Kurven zeigen, dalj in dem Herzen nach der Galvanisierung ein in umgekehrter Richtung flieljender, nega- tiver Polarisationsstrom floB; seine diesbezuglichen Kurven sind namlich im ganzen langsam absinkend, was bei der gebrauchten Ableitung einen schwacher werdenden, von der Basis zur Spitze gehenden Strom zeigt. DaB dieser von der Basis zur Spitze gehende Nachstrom auf den in derselben Richtung flieljenden Strom, den die T-Zacke aufweist, ab- schwachend wirkt, fallt ja in das Gebiet der Voltaschen Abwechslungen. Die Analogie mit dem Verhalten der sekundaren Erhebung des Augen- aktionsstroms nach einer entsprechenden Galvanisierung ist nicht zu verkennen. - - ~

Henle, Zeitschr. f. Biologie. Bd LV. S. 5.

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wenn Henle das Herz von der Basis zur Spitze galvanisiert hat, wurde im nachher genommenen E.K.G. die T-Zacke erhoht gefunden, was wieder bei Berucksichtigung des negativ gerichteten Nachstroms den Vol taschen Abwechslungen entspricht. DaB die sekundare Er- hebung des Augenaktionsstroms nach entsprechender Durchstromung nicht erhoht war, ist, wie schon dargelegt wurde, verstandlich. Einen Nachstrom, welcher wirklich in negativer, d. h. der sekundken Er-. hebung umgekehrter Richtung geflossen ware, haben wir nicht im Auge. Hier kommt nur eine Schwachung des positiven Bestandsstroms zu- stande. Beim Auge fallt also dieser Teil des Satzes von den Volta- schen Abwechslungen fort.

Es ist geradezu merkwiirdig, wie hauptsachlich diese beiden trigen Stromschwankungen, im Herzen die T-Zacke und im Auge die sekundke Erhebung, durch Galvanisierung beeinflufit werden. Wie am E.K. G. die T-Zacke und auch die anderen Schwankungen Ausdriicke der ver- Lnderlichen Erregungs- und Negativitatszustande sind, ist es m. E. auch e$e Notwendigkeit, am Augenaktionsstrom die Stromschwankungen in einer entsprechenden Weise zu verstehen. Wie das E.K.G. und alle Aktionsstrome, so kann auch der Netzhautaktionsstrom als ein Aus- druck des zeitlichen Ablaufs der Erregung in der Netzhaut verstanden werden.

In Dankbarkeit mochte ich hier des allzu friih verstorbenen Lehrers und Forschers, Professor Siegfried Gar tens , gedenken. Unter seiner Leitung wurde ein Teil dpr Arbeit gefordert.

H e m Professor W. Sulze mochte ich auch fur seine wertvollen Ratschliige, sowie Herrn Dr. F. Kleinknecht und Frau Dr. Klein- knecht fur ihre immer bereitwillige Hilfe bestens danken.