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55 uber die praparative Abscheidung von Cellulosekrystallen aus Bastfasern (1. aus Ramiefasern) '1 ; yon Kurt Hess und Guido Schultze. (XXIX. Mitteilung uber Cellulose.) Mit 7 Figuren auf 2 Tafeln. Durch Zerlegung der Gesamtdoppelbrechung natiirlicher Cellulosefasern in Stabchen- und Eigendoppelbrechung sind Herm. Ambronna) und seine Schuler3) zu der Auffassung gekommen, da5 diese Fasern aus in regelmatiger Weise angeordneten anisotropen Langsteilchen bestehen, die den Charakter von Krystallen haben. Die Auffassung ist be- kanntlich in entscheidender Weise durch den Rontgen- versuch bestatigt worden. Im besonderen folgern iiber- einstimmend S c h e r r e r , sowie H e r z o g , J a n c k e und Polanyi aus dem Diagramm eines senkrecht zur Faser- achse durchstrahlten Bundels paralleler Ramiefasern, ,,daS die Einzelkrystallchen in der Faser orientiert gelagert" 3, l) Wir widmen diesen Beitrag dem Gedachtnis des soeben ver- schiedenen hervorragenden Erforschers der pflanzlichen Zellmembrane Hermann Ambronn. Im Begriffe, Ambronn in Jena die aus Ramiefaser abgeschiedenen Cellulosekrystalle , fur deren Existenz er sein Leben lang eingetreten war, vorzufiihren, erhielt ich auf meine Anmeldung bei ihm die Nachricht seines plotzlichen Ablebens. K. Hess. s, Herm. Ambronn, Kol1.-Z. 20, 184, 185 (1917), zunachst an denitrierten Celloidinstreifen. Hans A m b r o n n , Kol1.-Z. 13, 204 (1913); A. Mohring, Koll. Beih. Ambronn-Festschrift 1926, S. 172, 181; A. Frey, Jahrb. f. wiss. Bot. 65, 196 (1926); vgl. auch Ambronn-Festschrift 1926, S. 46, 47. 3 P. S c her r e r in Z s i g m on d y s Kolloidchemie, 3. Aufl., 0. Spamer, Leipzig 1920, S. 408.

Über die präparative Abscheidung von Cellulosekrystallen aus Bastfasern (1. aus Ramiefasern)

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55

uber die praparative Abscheidung von Cellulosekrystallen aus Bastfasern

(1. aus Ramiefasern) '1 ; yon Kurt Hess und Guido Schultze.

(XXIX. Mitteilung uber Cellulose.)

Mit 7 Figuren auf 2 Tafeln.

Durch Zerlegung der Gesamtdoppelbrechung natiirlicher Cellulosefasern in Stabchen- und Eigendoppelbrechung sind Herm. Ambronna) und seine Schuler3) zu der Auffassung gekommen, da5 diese Fasern aus in regelmatiger Weise angeordneten anisotropen Langsteilchen bestehen, die den Charakter von Krystallen haben. Die Auffassung ist be- kanntlich in entscheidender Weise durch den Rontgen- versuch bestatigt worden. Im besonderen folgern iiber- einstimmend S c h e r r e r , sowie H e r z o g , J a n c k e und P o l a n y i aus dem Diagramm eines senkrecht zur Faser- achse durchstrahlten Bundels paralleler Ramiefasern, ,,daS die Einzelkrystallchen in der Faser orientiert gelagert" 3,

l) Wir widmen diesen Beitrag dem Gedachtnis des soeben ver- schiedenen hervorragenden Erforschers der pflanzlichen Zellmembrane Hermann Ambronn. Im Begriffe, Ambronn in Jena die aus Ramiefaser abgeschiedenen Cellulosekrystalle , fur deren Existenz er sein Leben lang eingetreten war, vorzufiihren, erhielt ich auf meine Anmeldung bei ihm die Nachricht seines plotzlichen Ablebens.

K. Hess. s, Herm. Ambronn, Kol1.-Z. 20, 184, 185 (1917), zunachst an

denitrierten Celloidinstreifen. Hans Ambronn, Kol1.-Z. 13, 204 (1913); A. Mohring, Koll.

Beih. Ambronn-Festschrift 1926, S. 172, 181; A. F r e y , Jahrb. f. wiss. Bot. 65, 196 (1926); vgl. auch Ambronn-Festschrift 1926, S. 46, 47.

3 P. S c h e r r e r in Z s i g m o n d y s Kolloidchemie, 3. Aufl., 0. Spamer, Leipzig 1920, S. 408.

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,,daS die Cellulosekrystallite parallel zur Faserachse orien- tiert" l) sind.

Die feinoptischen Untersuchungen sind mit diesen Fest- stellungen nicht erschopft. Sie haben noch zu wichtigen Angaben uber die Krystallsymmetrie und zu Schatzungen uber die GroSe der Krystallchen gefuhrt.

C. S t e i n b r i n c k 3 glaubte zuerst auf Grund von Quellungsbeobachtnngen eine rhombische Symmetrie folgern zu konnen. Derselbe Symmetriegrad geht auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aus den Doppelbrechnngs- messungen der Am b r o nn schen Schuler 3, an Ramiefasern hervor und schlie8lich fuhrte - vielleicht am uberzeugend- sten - die Auswertung des Rontgendiagramms durch M. Po lany i4 ) zu einer rhombischen Gittersymmetrie, wenn- gleich dabei auch monokline Symmetrie mit Sicherheit noch nicht ausgeschlossen werden konnte.

Beziiglich der GroSe der Krystallchen liegen mehrere Versuche fur ihre Schatzung vor. Zunachst kijnnte man allgemein sagen, da8 sie kleiner als etwa 100 pp sind, da sie bisher im Rilikroskop nicht sichtbar geworden sind. Andererseits ist nach den Rontgenmessungen die Kanten- lange des Elementarparallelepipedes etwa 1 pp, so da8 die (XroSe der in Frage stehenden Krystallchen zwischen etwa 1 und 100 pp liegen konnte.

Nach einer von P. S c h e r r e r 5 ) angegebenen Methode hat R. 0. Herzog6) die Kantenlangen der Krystallite von Ramie und Hanf a m der Verbreiterung der Rontgeninter-

l) R. 0 .Herzog u. W. Jancke , B. 63,2163 (1922); R. 0. Herzog, W. Jancke u. M. Polangi , Z. f. Physik. 3, 343 (1920); M. Polanyi , Naturwissenschaften 9, 288 (1921); M. Polanyi u. K. Weissenberg, Z. f. Physik 9, 127 (1922).

2, C. Steinbrinck, Zur Theorie der hygroskopischen Flachen- quellung nnd -schrumpfung vegetabiler Membrane. Verhandl. d. natur- histor. Vereins d. preuf3. Rheinlande 47, 8 (1891).

8, Hans Ambronn, Kol1.-Z. 13, 204, 205 (1913); Diss. Jena 1914, S. 26; A .Frey , Jahrb. d. wiss. Bot. 65, 203, 204 (1926).

4, M. Polanyi , Z. f. Physik 7, 155 (1921); Naturw. 9, 288 (1921). P. Scherrer in Zsigmondys Kolloidchemie, 3. Aufl., S. 401ff. R. 0. Herzog, J. Ph. Ch. 30, 466 (1926).

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ferenzen mit zunehmendem ..4blenknngswinkel bestimmt und diese fur zwei Richtungen zu 11,7 und 6,6 ,up gefunden; die dritte Kantenlange sol1 von ahnlicher Grofienordnung sein. Durch Bestimmung der Gro5e der Kolloidteilchen von Acetyl- und Nitrocellulose glaubt R. 0. K e r z o g weiter- hin einen Anhaltspunkt fur die GroBe der Krystallite zu gewinnen, indem er von deren auffallenden Eigenschaft beim Nitrieren und Acetylieren ihre anfiere Form nicht zu verandern') Gebrauch macht und annimmt, daB die Ester mit der Grofie der arsprunglichen Celluloselcrystallite in Losung gehen. Fu r den Diameter der Kolloidteilchen findet H e r z o g j e nach dem benutzten Rechenansatz verschiedene GroBen. Fur Cellulosenitrat aus Ramie entweder zwischen 5,6 und 9,4 pp oder 14,8 und 34,O ,up, d. i. grofienordnungs- maBig in auffallender Ubereinstimmung mit den rontgeno- graphischenBusmessungen nach der Dfethodevon P.S c h e r r e r.

Die bisherigen optischen Versuche haben nach alledem bereits zu einem tiefen Einblick in den physikalischen Auf- ban der Cellulosefaser gefuhrt. Trotzdem wird man sich nicht der Tatsache verschliessen konnen, da8 die Vorstellung iiber den Faseraufbau durch Krystallchen bisher nur auf indirektem Wege vermittelt werden konnte. Trotz der teil- weise verbluffend ubereinstimmenden Versuchsergebnisse verschiedener Methoden empfindet man daher einen Mangel in dem bisher Erreichten, der manchen noch skeptisch la&; die von der Optik geforderten Krystalle hat noch niemand gesehen. So findet man denn auch in der Darstellung be- rufener Fachleute diesen Mangel wohl angemerkt, und unsere Vorstellnng uber den Faserbau als ,,hypothetisch" bezeichnet. Uberdies sind die Gitterbestimmungen aus den Rontgenversuchen mit einigen bisher offenen Fragen be- lastet, und die Schatzungen der KrystallgroBe enthalten manche unbewiesene anfechtbare Voraussetzung, fur die erst experimentelle Handhaben gesucht werden mussen, bevor sie in allen Punkten befriedigen konnten.

I) Hans Ambronn, Kol1.-Z. 13, 202 (1913); A. Mohring, Wissenschaft und Jndustrie 1, 70 (1922), wortlich ref. in Faseratoffe und Spinnpflanzen 6, 78 (1923).

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Wir konnen nun iiber Versuche berichten, die, wie wir glauben, die bisherigen Untersuchungen uber die Krystallnatur natiirlicher Cellulosefasern erganzen und die fur die Faserforschung neue Anregungen zu geben ver- sprechen. 14% haben ein Verfahren gefunden, nach dem man aus dem Faserverband von vorsichtig kotonisierter Ramiefaser Einheiten abtrennen kann, die durchaus den Eindruck echter Krystalle erwecken, deren Form und GroBe unter dem Mikroskop bestimmbar sind.

Es ist bekannt l), dafi Cellulosefasern mit Essigsaure- anhydrid und einer geringen Nenge Schwefelsaure glatt unter Erhaltung der Faserstruktur 2, bis zum Cellulose- triacetat 3, acetylierbar sind, wenn in Gegenwart eines Reaktionsmediums gearbeitet wird, in dem sich die ent- stehende Acetylcellulose nicht auflost, wie z. B. Benzol. TVir haben beobachtet, dafi hierbei die Reaktion nicht gleichmafiig in die Tiefe der Faser fortschreitet, sondern sich zunachst in den oberflachlichen Schichten der Faser abspielt. Da die jeweils entstandenen Anteile von Acetyl- cellulose in Chloroform oder Eisessig glatt loslich sind, kann man diese durch Ablosen damit entfernen. Die vom Acetylierungsmittel unangegriffen verbliebenen Anteile geben unter dem Mikroskop ein eindrucksvolles Bild.

1st die Reaktion geniigend weit fortgeschritten, so ist der Faserverband verschwnnden, und die unangegriffenen Anteile liegen in Form von wharf umgrenzten, im Polari- sationsmikroskop total ausloschenden spindelformigen Kry- stallen vor (Figg. 1 und 2 auf Tafel I, VergroBerung 1 : 76). Daneben findet man zahlreiche Andeutnngen, in welcher Weise diese Gebilde ursprunglich im Faserverband an- geordnet waren. Besonders instruktiv geht dies aus Figg. 4 und 5 auf Tafel I, 1 : 62) hervor (vgl. besonders die mit + angemerkten Stellen). Derartige Bilder erhalt man, wenn man die teilweise acetylierte Ramie in offener Schale vor- sichtig in Chloroform einlegt : die acetylierten Anteile werden

l) D.R.P. 184201 (B.A.S.F. 1904). 3 A. Miihring, Faserstoffe und Spinnpflaneen 5, 78 (1923). 9 Vgl. I(. Hess u. G. Schultze, A. 466, 94 (1927).

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Ober die priiparative Abscheidung von Cellulosekrystallen usw, 59

fortgelost, trocknen zu einem Film ein und betten fest die nur lose aneinanderhangenden Krystalle, annahernd in der Orientierung wie in der urspriinglichen Faser ein, sofern man dafiir sorgt, dad keine lebhafte Bewegung sie ver- lagern. In Fig. 5 brauchte die entstandene Acetylcellulose noch nicht einmal fortgelost zu werden; umgeben von der ,,durchsichtigen" Acetylcellulose heben sich die Krystalle deutlich in ihrer Lage ab. So erkennen wir unmittelbar, daS die auffallenden spindelformigen Krystalle parallel zu- einander mit der Langsrichtung in der Faserachse an- geordnet sind.

Die Krystalle (vgl. auch Fig. 3, Tafel I, 1: 62) haben annahernd gleiche GrGBe. Nach den vorlaufigen Messungen sind sie in der Langsachse etwa 0,05-0,l mm lang. Die bisherige optische Untersuchung macht ihre Zweiachsigkeit sehr wahrscheinlich. Auf den bisher untersuchten Flachen laschen die Krystalle geradlinig und zwar positiv aus, d. h. die Hauptachsen der wirksamen Indexellipse liegen parallel und senkrecht zur Langsachse der Spindeln. Die Krystalle gehoren also wahrscheinlich dem rhombischen Krystall- system an.3

Durch die gleichma6ige Ausloschung unterscheiden sie sich von der ursprunglicheo Faser, bei der man bekannt- lich wesentlich verschiedene Interferenzfarben unmittelbar nebeneinander bis etwa zum Rot 2. Ordnung beobachtet. Es handelt sich also in diesen Spindeln nicht urn Aggregate von Krystallen, sondern um EinkrystaZZe.

Besonders gut kann man die Krystalle in wenig Eis- essig suspendiert beobachten. Die leichte Reweglichkeit darin verursacht, da5 sich eiu Krystall dem Beobachter in wechselnden Lagen darbietet. Man kann dann nament- lich zwischen gekreuzten Nicols gut feststellen, daS die Spindeln senkrecht zur Langsachse nicht gleich dick sind, sondern eine stark verkiirzte Achse haben, so da5 sie in der Seitenansicht oft wie diinne Blattchen erscheinen.

l) Qber eine genauere krystallogaphische Untersuchung , sowie auch uber die Priifung durch Rijntgenstrahlen wird spater berichtet.

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60 H e s s und Schul t ze ,

F u r die Bbtrennung der Spindeln bei der partiellen Faseracetylierung konnen zwei Ursachen madgebend sein: Entweder sind die Spindeln in einer Fremdsubstanz- ein- gebettet, die rnit dem Veresterungsmittel leichter als die Spindeln selber reagieren, oder sie trennen sich dadurch voneinander ab , dad rnit dem Veresterungsmittel wenige oberflachliche Molekulschichten der Krystalle reagieren, e t v a in dem Sinn, dab sich das Reaktionsmittel zunachst zwischen die Krystalle einschiebt und von hier aus den Krystall konzentrisch angreift ; durch Behandeln rnit Chloro- form werden die auBeren Molekulschichten in Form des Acetates fortgelost, und die arrodierten Krystalle fallen auseinander. Welche von den beiden Moglichkeiten zutrifft, ist schwer zu entscheiden. Wir haben versucht, der Frage praparativ beizukommen, indem wir den durch das Chloro- form abgelosten Acetatanteil isolierten und ihn vergleichs- weise rnit der Krystallsubstanz nach den friiher aus- gearbeiteten Methoden verglichen. Handelt es sich in dem zuerst anfallenden Acetatanteil urn eine Fremdsubstanz, so sollte sie chemisch von der Krystallsubstanz unterscheidbar sein. Das ist nicht der Fall!

Cellulosekrystalle . . . . ,,Interkrystallsubstanz" . . Cellulose aus kiystallisiertem

Diacetat zum Vergleich .

I I Triacetat

3,45O - 21,24 ') 3,38 2, -21,434)

3,45 - 20,o

Chloroform I 1

[alp Pyridin- Aceton 4 : 1 ~ _ _

- 28,78 ') -29,1S4)

- 28,61

I) Drehwert in Kupferamminliisung unter den bekannten Kon-

') Nach dem Verseifen des Acetates mit 2 n-methylalkoholischer

") Nach dem Acetylieren der Krystalle mit Essigsiiureanhydrid

4, In Form des Triacetates.

zentrationsverhiiltnissen, vgl. z. B. A. 466, 216, Anm. 1 (1927).

Natronlauge.

und wenig Schwefelsaure.

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Uber die prapaparative Ahscheidung von Cellulosekrystallen usw. 6 1

Der Drehwert der ,,Interkrystallsubstanz" liegt etwa 2 Proc. tiefer als der Drehwert der Krystalle, der mit dem bisher reinster Cellulose (aus krystallisiertem Acetat) vollig ubereinstimmt. Die Abweichnng von 2 Proc. ist zu un- bedeutend, als daI3 man daraus etwa auf eine irgendwie belangreiclie Gegenwart einer geringen Menge von Fremd- substanzen der Interkrystallsubstanx schlieten konnte.

Es bleibt also unentschieden, ob die zweite Moglich- keit zutriift, oder ob die Krystallspindeln in einer vielleicht amorphen bzw. klein krystallinen und leichter reagierenden Cellulose eingebettet sind. StelIt man sich vor, daI3 das Wachstum der Cellulosefasern in einem AnschieBen der Krystalle aus einer ubersattigten Losung besteht,, so konnte es wohl so sein, daB die letzten Anteile der Mutterlauge mehr oder weniger aniorph zwischen den Krystallen zur Ablagerung kommen. Moge nun aber dieser Sachverhal t sein wie er wolle, wir konnen mit hinreichender Sicherheit annehrnen, daD die isolierten Krystallspindeln die erste nachweisbare Einheit im Aufbau der Faser sind.

Die auffallende GroDe der Krystallchen hat uns nach den oben angefuhrten optischen Befunden iiberrascht, sind sie doch etwa 5-10000 ma1 groSer als z. B. aus den Ver- suchen von R. 0. H e r z o g und seinen Mitarbeitern hervor- geht. Man DUB sich daher fragen, ob die isolierten Krystallchen weiter unterteilbar sind, also letzten Endes noch aus kleineren Individnen aufgebaut sind.

Bei genauer Beobachtung fallt bereits an den Spindeln eine gewisse AufspleiBung in Richtung der Liingsachse auf. Vgl. z. B. in Fig. 2, Tafel I bei den mit + bezeichneten Krystallen. Man beob- achtet kleine Splitterchen, die den Spindeln anhangen, gleich als ob sie durch eine parallel der Langsachse erfolgte Spaltung hervor- gegangen waren. Diese Andeutung einer Teilbarkeit tritt in auf- fallendem MaSe in Erscheinung, wenn man die Faser vor der Acety- lierung mit Benzol mehrere Stunden trankt und d a m erst das Acety- lierungsmittel zusetzt. Unterbricht man die Acetyliergng im geeigneten Augenblick, der von Fall zu Fall wie immer bei diesen Versuchen durch Probenahme ermittelt werden muB, so erhiilt man nicht mehr die charakteristischen Spindeln , sondern Ubergange zu Aufteilungen weitergehender Art. Die Spindeln erscheinen in Richtuug der Langs- achse in eine Unzahl feinster parallel gelagerter Nadelchen aufgeteilt,

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62 Hess und S c h u l t t e ,

die selbst auch parallel zur Langsachse der Krystallspindeln brw. zur ursprunglichen Faserachse gelagert sind. Fig. 6, Tafel I1 (1 : 76) la& im Faserverband noch teilweise erhaltene Spindeln (mit + angemerkt) erkennen, die Mehrzahl ist aber zu Biindeln feinster Niidelchen auf- gesplissen. In Fig. 7, Tafel I1 (1 : 142) haben wir wie oben den ab- gelasten Anteil an Acetat zum Film im offenen Schalchen eintrocknen lassen, wobei die Nadelbundel an einer Stelle auseinander gezerrt sind (+). IIier ist also der SpleiBungsvorgang mit grijlter Deutlich- keit illustriert. Im Zusammenhang mit der oben aufgeworfenen Frage konnte man nun auf die Vermutung kommen, daS die so in die Er- scheinung tretenden Nadeln die von R. 0. H e r z o g gemessenen Cellulosekrystallite sind. Anniiherungsweise ist die Ltinge dieser Nadelchen, die im ubrigen wie die groEen Spindeln zwischen ge- lrreuzten Nicols total und positiv in Richtung der Laugsachse &us- lijschen 0,02 mm, also immer noch mindestens 2000 ma1 grGBer ale durch die Scher rersche Methode der TeilchengrijBenmessung ermittelt worden ist. D a man sich bei der Aufteilung der optisch homogen erscheinenden Krystallspindeln in diese Nadeln achlecht vorstellen kann, daB die Nadeln etwa durch AblGsung einer amorphen Hulle zum Auseinanderfallen gebracht worden sind, so wie die Spindeln aus dem Faserverband nach der oben angegebenen ersten Mijglichkeit , so scheint fur den Zerfall der Spindeln in die Nadeln eine andere Er- klarung gesucht werden zu mussen. Hierzu bietet Fig. 8, Tafel I1 (1 : 142) eine gewisse Handhabe. Diese Fignr entspricht einem Objekt, das wie das der Fig. 7 gewonnen wurde. Hier erscheinen indessen die Spaltstucke nicht immer als Nadeln, sondern als vie1 unregel- maEigere Gebilde. Man gewinnt bei einigen dcr Biindel den Eindruck, daB die liinglichen dunnen Gebilde durch eine in bevorzugten Bahnen in Richtung der Langsachse in das Innere der ursprunglichen Krystall- spindeln fortschreitende Arrosion durch das Acetylierungsmittel zu- stande gekommen sind. Durch die optische Verfolgung des Acety- lierungsvorganges durch A. M8 h r i n g wissen wir, daB das Acetylierungs- mittel die Cellulosefaser vollstandig durchdringt und schliehlich total acetyliert. Fig. 7 IaBt erkennen, daB diese reaktive Durchdringung nicht homogen verlauft, sondern in dem angegebenen Sinn, so da6 im unvollstandigen Stadium der Acetylierung Partien total acetylierter Cellulose zwischen solchen herausgelijst werden kannen, die noch gar nicht angegriEen worden sind.

Die Bildnng der ,,Nadeln" scheint daher nicht auf eine besondere Untgrteilung der Spindeln zuruckgefuhrt werden zu muasen, sondern auf den Krystallbau selbst; sie ent- stehen etwa nach Art der Atzfiguren, ahnlich wie dies z. B. fur Graphitkrystalle bekannt ist, die nicht nur Spalt- barkeit in bevorzugter Richtung haben, sondern auch

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Uber die praparatiue Abscheidung von Cellulosekrysta2len usw. 63

beim chemischen Reagieren z. B. zur Graphitsanre mit Salpetersaure bevorzugte Richtungen des Eindringens des Reaktionsmediums in den Krystall erkennen lassen (lamellen- artiges Abblattern beim Ubergang in Graphitsanre).

Unsere Versuche geben also vorlaufig noch keinen An- haltspunkt fur eine besondere kleinere Krystalleinheit als die der isolierten Spindeln. Wollte man die Krystall- spindeln in dem angegebenen Sinn weiter unterteilen, so ist auler der geometrischen Umgrenzung des krystallo- graphischen Elementarkorpers bisher keine andere Grenze zu sehen, als die der Molekule selbst. Die Molekiile des endlich erhaltenen Faseracetates sind aber in der XXV. Mitteilung l) zu C,K,0,(OCOCH3)3 bestimmt worden, die der Ramie selbst durch die Kupferamminmethode ,) zu C,H,,06. Vielleicht wird die Anwendung der S. 56 er- wahnten S c h e r r e r schen Methode auf die abgetrennten Krystalle weitere Klarheit bringen.

H. Ambronn3) hat in einer interessanten Studie die bekannten regelmalig an Bastfasern, dann aber auch an massiven Cellulosef aden (Epidermiszellen von Cobaea scan- dens) auftretenden Verschiebungslinien nicht wie bisher iiblich im Sinne von Bruchlinien gedeutet, sondern auf Grund der Konstanz der beobachteten Neigungswinkel und dem optischen Verhalten auf einen gewissen Zusammen- hang mit den Oleitflachen bei echten Krystallen hingewiesen. Dieser Vergleich gewinnt durch die Freilegnng der Krystall- spindeln an Wahrscheinlichkeit. Die anch an Ramiefasern zahlreich auftretenden Verschiebungen konnen sehr wohl durch das Spindelgefiige der Faser veranlalt sein, in dem z. B. durch Wachstum benachbarter Zellpartien eine mecha- nische Wirkung auf das Krystallgefiige zustande kommt die zu einer nach aulen hin scharf umgrenzten Verschiebung der Krystalle gegeneinander fiihrt.

Wir haben auch Kunstfasern wie Kupferseide und Viscoseseide in der gleichen Weise untersucht. Sie zeigen

I) K. Hess u. G. Schultze, A. 465, 95 (1927). *) Vgl. auch E. Messmer, Ph. Ch. (192'1) im Druck. 9 H. Ambronn, Kol1.-Z. Zsigmondp-Festschrift 1925, S. 19.

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64 H e s s und Sc l iu l t z e ,

in den verschiedenen Acetylierungsstadien kein differen- ziertes Qefuge, geschweige denn die Andeutung von Kry- stallen. Hier offenbart sich ein grundsatzlicher Unterschied zwischen Natur- und Kunstfasern!

Wir sind rnit der weiteren Ausarbeitung der be- schriebenen Erscheinungen beschlftigt.

Reinigung der Bastfasern. Als Ausgangsmaterisl benutzten wir den Rohbast von Boehmeria

nivea (Chinagras). Der East stammte aus Kulturen in der Niihe von Hunan, siidlich des Tungting-hu in China und war in erster Ernte, also aus der Vegetationsperiode von Miirz bis Juni gewonnen worden.') Aus diesem Rohbast haben wir zunlchst nur Material benutzt, das aus den Bastbundeln etma 15-30 ern unterhalb der obersten Spitze in einer Liinge von 20 cm herausgeschnitten worden war. 21,6 g Material (7,96 Proc. HzO; 4,35 Proc. Asche) wurden unter mijglichstem LuftabschluB 3 ma1 mit j e 500 ccm 2-proc. Natronlauge bei 30° j e 4 Stunden ausgezogen. Die Lauge farbte sich dabei dunkelbraun an. Kach dem grundlichen Auswaschen wurde in 0,3-proc. Chlordioxyd- liisung 48 Stunden bei Raumtemperatur eingelegt, 2-3 Tage dann in 8-proc. Natriumsulfitliisung und schlieBlich gut ausgewaschen. Nach dem nochmaligen Behandeln rnit 2-proc. Natronlauge wiihrend 3 Stdn. bei nunmehr 60 0 , griindlichem Wassern, wurde die Einwirkung mit Chlordioxyd und Natriumsulfit wie oben fortgesetzt und die gesamte Operation (Alkali-Chlordioxyd-Natriumsulfitbehandlung) nocb zweimal wiederholt. Am Ende wurde die Ramie in Form schneeweider, leicht auseinanderziehbarer Fasern erhalten. Sie war frei von Pektin und anderen Begleitstoffen. Ausbeute 16,6 g (8,6 Proc. H80, keine Asche) = 80 Proc. d. Th.; a&,s = 3,41.4

0,1168 g Subst. (bei 96O und 0,2 mm getrocknet): 0,1902 g CO,, 0,0640 g Hzo.

C,H,,O, f162,08) Ber. C 44,42 H 6,22 Gef. ,, 44,45 9, 6,13*

Abtrennung der Krystalle aus dem Faserverband. 21,7 g lufttrockene Ramiefasern wurden rnit einem

Gemisch von 6 g 6-proc. Schwefelsaure, 88 g Essigsanre- -- l) Wir verdanken das definierte Material der freundlichen Ver-

mittlung der Herren B a u m g a r t n e r in Emmendingen in Baden. 3 Kupferdrehwert, mie iiblich, mit 4 mg Mole C,,H,,O,, 10 mg

Mole Cu(OH),, 20 mg Mole KaOH und 1000 mg Mole NH, in 100 ccm LZisung.

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Xiebig’s Annalen der Chemie. Band 456. Tafel I.

Figg. 1-5 der Abhandlnng E. He88 n. G. Schzcltze S. 65.

Page 12: Über die präparative Abscheidung von Cellulosekrystallen aus Bastfasern (1. aus Ramiefasern)

&b$s dnnalen der Chemie. Band 456. Tafel11.

Figg. 6-8 der Abhandlung K. Htws und G. SchzcCtxe S. 55, sowie

Fig. 1 der Abhandlung 2'. Mdcheel S. 69.

Page 13: Über die präparative Abscheidung von Cellulosekrystallen aus Bastfasern (1. aus Ramiefasern)

user die praparattue Ahseheiduny con Cellulosekrystallen usw. 65

anhydrid und 300 ccm Benzol im Wasserbade 8 Stunden anf 70-75 O erwarmt, die Reaktionsfliissigkeit abgegossen, die Fasern mit Benzol, schlieBlich mit Methanol gewaschen und mit Eisessig uberdeckt (gegebenenfalls auch Chloro- form). Der Hauptanteil geht als Triacetat in Losnng (weitere Untersuchnng unten). I n der Losnng suspendiert bleiben neben Faserbruchstiicken zahlreiche Cellulose- krystalle. Um diese von den Faserbrnchstucken vollends zu trennen, wird vorsichtig aufgeriihrt nnd nachdem die Fasern sich zu Boden gesenkt haben, von diesen ab- gegossen. Da die Krystalle zur Sedimentierung etwas Ianger brauchen als die Faserteile, so sind sie dabei zum groaten Teil abdekantiert worden. Dnrch haufigere WiederhoIung der Operation kann man so die Krystalle befriedigend, wenn auch mit gewissem Verlust, von den Faserbrnchstiicken bzw. groberen Krystallverbanden ab- trennen.

Die Ausbeute an Krystallchen schwankt. Mit Sicher- heit laat sich angeben, dafl man durchschnittlich etwa 15 Proc. vom A4usgangsmaterial in Form der znnachst vom Acetylierungsmittel unangegriffen verbliebenen CelluloNe er- halt. Von diesen haben wir durch eine fraktionierte Sedi- mentierung etwa '/5 von Faserbruchstucken vollig freie Krystalle abgetrennt. Wir halten damit die Mbglichkeit einer Erhohung der Ansbente durchaus nicht fur aus- geschlossen. Da es sich in den Fasern urn naturlich ge- wachsene Gebilde handelt, die beziiglich der Angriffs- geschwindigkeit des dcetylierungsmittels von Faser zu Faser sich verschieden verhalten, so ist es schwer, die Bedingungen fur eine optimale Ansbeute an Krystalliten festzulegen. Gunstiger und auch richtiger ist es, einzelne Fasern zu behandeln. Da man damit aber fur die Qe- winnung grbSerer Mengen von Krystallen zu langsam weiter kommt, haben wir vorerst fur die Gewinnung von an Faseranteilen freier Krystallsubstanz die Arrosion durch das Acetylierungsmittel auf Kosten von Krystallsubstanz moglichst weit getneben. Diese zeigt fclgende Eigen- schaften:

h a l e e n der Chemie 466. Band. 5

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66 Hess und Schul t ze ,

0,0937 g Subst. (bei 96O im Hochv. getrocknet): 0,1533 g CO,, 0,0518 g H,O.

C,,Hlo06 (162,OS) Ber. C 44,42 H 6,22 Gef. ,, 44,63 ,l 6,19*

mg Mole C6HloOS 10 mg Mole Cu(OH), 10

4385,8 7,36O

I1 Cellulose - -

- 1 Krystalle . . . . . Aus dem krystallisierten

Cellulosediacetat zum Vergleich . . . . 'k!5,0 7,32O - 1

1 1: - 10

3,45O 1,78O

3,45O 1,77O

Zur weiteren chemischen Charakterisierung der Krystalle wurden diese wie oben acetyliert: 2,O g Krystalle wurden rnit einem Gemisch von 0,6 g 8-proc. Schwefelsaure, 8 g Essigsanreanhydrid und 30 g Benzol 5 Stunden unter hanfigem Umschiitteln im Wasserbad auf 70-75O erwarmt. Dann wurde die acetylierte Substanz vom Acetylierungs- gemisch aurch Filtrieren getrennt, rnit Benzol, dann mit Methylalkohol gewaschen. Vor der Analyse wnrde sie in Chloroform aufgenommen, die Chloroformlosung durch ein mittelporiges Cellafilter l) filtriert , mit Ather gefallt nnd mie iiblich getrocknet.

0,1421 g Subst.: 24,45 ccm etwa n/ao-Ba(OH,) cf = 0,06068), nach H e s s und Weltzien.

Fiir Triacetat Ber. CH,COOH 62,51 Gef. 9, 62,67.

[a]&O = (100.0,215) : (1 .1,012) = - 21,24O (in Chlorofoim), [alp = (100 - 0,295) : (1 1,025) = - 28,76O (in Pyridin-Aceton 4 : I.$)

Es ist bemerkenswert, daf3 sich die Cellulosekryst.alle mit dem Acetylierungsmittel durchacetylieren lassen wie die Fasern. Die acetylierten Krystalle sind unter dem Polarisationsmikroskop weniger stark doppelbrechend, ge- quollen und erscheinen meist aufge~plissen.~) Wir haben

I) R. Zs igmondy, Z. Ang. 39, 398 (1926). *) Vgl. K. H e s s u. G. Schultze , A. 455, 103 (1927). s, Vermutlich sind die Acetatkrystalle pseudomorph nach Cellulose.

Wir behalten uns vor, ihren Zusammenhang mit den makrokrystallinen Formen von Acetylcellulose zu priifen.

Page 15: Über die präparative Abscheidung von Cellulosekrystallen aus Bastfasern (1. aus Ramiefasern)

h r die pi*aparaCive Abscheidung von C'ellulosekrystallen usto. 67

die acetylierten Krystallite mit 2 n -methylalkoholischer Natronlauge verseift und das Eohlenhydrat untersucht;

Der Drehwert liegt 5l/, Proc. tiefer als der der urspriing- lichen Krystalle. Dies ist auf die Bildung einer geringen Nenge von Acetolysenprodukten zuriickzufuhren.

= 3,27 O (in KupferlSsung l).

Krystalle . . . . . . ki-yatallsubstane'c . . Aus Acetat der ,,Inter-

Untersuchung der Interk1.ystallitsubstanz. Hierfiir kann man das Material benutzen, das bei der

Einwirknng des Reaktionsgemisches in Form von Acetyl- cellulose von den Cellulosekrystallen abgelost worden ist. Urn indessen moglichst wenig Celluloseacetat dabei zu haben, das aus der Krystallsubstanz herriihrt, haben wir aus be- sonderen Versuchen die Acetatanteile benntzt, die in ge- ringer Menge (etwa 10-proz. Umsatz der Faser) durch eine kurzfristige Einmirkung auf die Faser erhalten wurden. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dad in diesen Anteilen eine Interkrystallitsubstanz besonders angereichert sein sollte. Derartige PrLparate hatten folgende Eigenschaften:

0,1000 g Subst.. (bei 90° und 0,1 mm getrocknet): 0,1634 g CO,, 0,0549 g HBO.

C,HloOs (162,05) Ber. C 44,42 H 6,22 Gef. ,, 44,58 9 , 6214

0,1275 g Subst.: 21,s ccm BaOH, cf = 0,06068).

[.]ha = (100 - 0,24) : (1 1,120) = - 21,43O (in Chloroform). [alp = (100 0,555) : (1 ~2,005) = - 29,1S0 (in Pyridin-Aceton 4 : 1).

Fur Triacetat Ber. 62,53 Gef. 62,15.

Nach der Verseifung mit 2 n-methylalkoholischer Natron- lauge ergaben sich folgende Drehwerte in Kupferlosung:

7,36O 3,45O 1,75O

7,15O 3,35O 1,72O

mg Mole C,HloOs 10 2 11 mg Mole Cu(OH), I 10 1 1; I 10 Cellulose

I) 4 mg Mole C6H,@s, 10 mg Mole Cu(0HJ usw. 5*

Page 16: Über die präparative Abscheidung von Cellulosekrystallen aus Bastfasern (1. aus Ramiefasern)

68 Hess und Schultze, Ober die praparative Abscheiduny uszu.

Wir haben in gleicher Weise auch die kaufliche Ramie untersucht und gefunden, daS sie sich ahnlich verhalt. Hierzu ist zu bemerken, daO diese Fasern durch abwechselnde Rehandlung mit verdunntem Alkali und Chlorwasser auf- geschlossen ist, wobei mehrfach mechanische Klopf- und Walzoperationen eingeschaltet sind und zuletzt eine fur den Spinnvorgang wichtige Impragnierung rnit fetten Olen vorgenommen ist. Die so kotonisierte Faser reagiert nach unseren Feststellnngen mit dem Acetylierungsmittel nicht un- wesentlich schneller. Etwa im Verhaltnis 1 : 2. I m ubrigen erhalt man auch aus diesen Fasern bequem die Krystalle.

Zur BloSlegung der Krystalle ist allgemein die Vor- behandlung der Faser von grundlegender Bedeutung. Es ist wichtig, daO vor der Einwirkung des Acetylierungs- mittels die Faser nicht, wie dies meistens bei der Dar- stellung des Faseracetates nach der Patentschrift l) ge- schieht, mit der fur die Reaktion erforderlichen Wasser- menge gleichmalig durchquollen ist. I n diesem Falle beob- achtet .man nLmlich keine Differenzierung der Reaktion, sondern eine durch die Faser gleichmaBig fortschreitende Acetylierung, etwa so, wie das A. l\Iohringz) bei seinen mikroskopischen Beobachtungen beschreibt.

Wir haben den Eindmck, daS die im vorangehenden beschriebene partielle Faseracetylierung deshalb zur BloO- legung der Krystalle gefuhrt hat, weil eine Interkrystallit- substanz das zur Reaktion benotigte Wasser schneller auf- nimmt als die Krystalle: Dieses ist der Qrund dafiir, da13 wir die Faser nicht vorher gleichmaSig mit 30 Proc. Wasser, wie das die Vorschrift des Patents vorschreibt , benetzen, sondern die entsprechende Wassermenge dem Reaktions- gemisch zusetzen. Es sei noch bemerkt, daS man die luft- trockene Ramiefaser vor der Acetylierung auch kurze Zeit dampfen kann, wonach dann ebenfalls die BloBlegung der Krystalle gelingt; man gibt dann dem Acetylierungsgemisch die notwendige Schwefelsaure in konzentrierter Form zu.

l) D.R.P. 184201 (B.A.S.F. 1904); vgl. R. Hess u. G. Schultze ,

7 A. MGhring, Wissenschaft u. Industrie 1, 70 (1922). A. 455, 94 (1927).