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1844. ANNALEN To. 6. DER PHYSIK UND CHEMIE. BAND LXII. I. Ueber die Psetrdornor~~uhosen und illre arrogene unrl kaiogenc Bihlung; con W. Hnidinger. (Vorgetragen am l9ten Scptctnber 1843, ill der rriirlcralogisclrcn Scction dcr Versarnmlting Dcutscllcr Kntudorsclicr iinil Aerrtc in Griilz.) W e r u e r began11 das Studinin der Pseudouiorplioseii mit ihrer Erkliirung. Man glaubtc sie zu kenucii, wcil lnaii wufste, was Ausfiillung und was Uebenug sey. H a u y ’ s Begriff der Epigeuese eutspricht gut dein allgem~inen Vorgang der Bilduug clieser Kihper, die sp$- tere Entsteliung bezeiclinend. Erst in der iieueren Zeit begauueu die Miueralo- gen die cinzcluen Fallc geiinucr zu stiidiren, uiid wir besitzen schou so viele Beobach~un+pi, ond diese wer- deu noch immerfort durch neue in solcher Ausdeliuu~ig vermehrt , clafs die Anordnung derselbeu nacli gewisscii Gesichtspuuktcn zum Bediirfnifs gewordeu ist, uin das Mannigfaltige leicbter zu iibersehen. Ich hatte mqnches bis dabin nicht Beschriebeiic in der Natur beobaclitet, und nebst mehrerein Bekannten in eincm Aufsatz zusaminengcstellt, der iiu Jahre 1827 in dcn Schriften der kiinigl. Gcsellscliaft in Edinburg erschien. Urn die zun%chst mit einander zusammenhln- genden Faille maglichst iialie zu betrachten , versaminelte ich sie in gewisse Gruppeii, nach einem hervorstechen- den clieinischen Bestandtheile, der besonders inttrcssante Verhaltnisse zu beruhren schien. Die Silicate, noch jctzt nicht vollstandig durchforscht, boten dainals uocli meni- ger Anhaltspuukte. Das Fortfiilireii YOU mancherlei Reob- achtungen, die ich spater samuelte, urn dep Gegenstaud ausfuhrlicher I\ ieder vorzunehinen , wnrde durch meinc PnggcndorPs Annnl. Bd. LXII. 11

Ueber die Pseudomorphosen und ihre anogene und katogene Bildung

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1844. A N N A L E N T o . 6. DER PHYSIK UND CHEMIE.

BAND LXII.

I. Ueber die Psetrdornor~~uhosen und illre arrogene unrl kaiogenc Bihlung; con W. H n i d i n g e r .

(Vorgetragen am l9ten Scptctnber 1843, ill der rriirlcralogisclrcn Scction dcr Versarnmlting Dcutscllcr Kntudorsclicr iinil Aerrtc in Griilz.)

W e r u e r began11 das Studinin der Pseudouiorplioseii mit ihrer Erkliirung. Man glaubtc sie zu kenucii, wcil lnaii wufste, was Ausfiillung und was Uebenug sey.

H a u y ’ s Begriff der Epigeuese eutspricht gut dein allgem~inen Vorgang der Bilduug clieser Kihper, die sp$- tere Entsteliung bezeiclinend.

Erst in der iieueren Zeit begauueu die Miueralo- gen die cinzcluen Fallc geiinucr zu stiidiren, uiid wir besitzen schou so viele Beobach~un+pi, ond diese wer- deu noch immerfort durch neue in solcher Ausdeliuu~ig vermehrt , clafs die Anordnung derselbeu nacli gewisscii Gesichtspuuktcn zum Bediirfnifs gewordeu ist, uin das Mannigfaltige leicbter zu iibersehen.

Ich hatte mqnches bis dabin nicht Beschriebeiic in der Natur beobaclitet, und nebst mehrerein Bekannten in eincm Aufsatz zusaminengcstellt, der iiu Jahre 1827 in dcn Schriften der kiinigl. Gcsellscliaft in Edinburg erschien. Urn die zun%chst mit einander zusammenhln- genden Faille maglichst iialie zu betrachten , versaminelte ich sie in gewisse Gruppeii, nach einem hervorstechen- den clieinischen Bestandtheile, der besonders inttrcssante Verhaltnisse zu beruhren schien. Die Silicate, noch jctzt nicht vollstandig durchforscht, boten dainals uocli meni- ger Anhaltspuukte. Das Fortfiilireii Y O U mancherlei Reob- achtungen, die ich spater samuelte, urn dep Gegenstaud ausfuhrlicher I\ ieder vorzunehinen , wnrde durch meinc

PnggcndorPs Annnl. Bd. LXII. 11

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Verhaltnisse unterbrochen ; aber andere Forscher haben auf demselben Felde reiche Ernte gchalten. Mi t s c h er- l i c h , G u s t a v R o s e , B r c i t h a i i p t , M a r x , Z i p p e gaben lnanche wertlivolle Beobachtiingen. Aber L a n d - g r e b e I ) und B l u m z , wiirdeli durch die stcts wach- seude Menge, die insbesondere B luin (lurch vieles wich- tige Neue verinehrte, ziir Aufstellung von allgemeiiien Ansichten der Betrachtiiiig clicscr Kiirper bewogeii, jc nachdein sie durch Aufiiahine oder Vcrliist von Stoffen, durcli Austauscli gcwisser Bestaudtbcile, otler eudliclr durch Ersetzuug der ganzen Species durch eine neue gebildet werden.

Obwohl in kleinere Abtheiliingen geschiedeii, erhalt die allgeineine Betrachtung dcr vorkoininenden FAle docli keinen rechten Anhaltspunkt. Mali sondcrt gewisserma- t e n uiir iin GroCsen einige Fzlle ab, bei \velchen dic chemische Erkliirung durch Verlust oder Aufnahine von Stoffen sich dein Forsclier aufdringt, voii denjenigen, bei welchen sie weiiiger leicht erscheint, durch theilweisen hustausch gewisser Bestandtheile , d. i. theilweisen Ver- lust iind Aufiidime zugleich; von den tioch schwerer er- kliirbaren endlich , voii welchen die urspruiiglichen Be- standtheile der ubrigbleibenden Forin glnzlich verscliwuii- den sind und durch einen neuen Korper ersclzt werden. Stets wird aber doch die cine inineralogische Species durcli eine andere vollstalidig verdrlngt, ~ e n n auch je- der Zeit durch eine.solche, die in der Art, in der An- zahl, oder in der chemischen Bezieliung ihrer Bestand- theile mehr und weiiiger init ihr ztisammenhaogt. In je- der Abtheilung bleibt jeder Fall als ein einzelnes Facttiin stehen , ohiie Zusammenliang init andern.

W e n n aber eiii.Korper in einen andern verwaiidelt

I ) Ueber Pseudornorphosen der Nincralreichu ctc., yon Dr. G e o r g

2) Die Pseudomorphoren du Mineralrcicher, ron Th. J. Reinhard

L an dgr e b e.

Blum.

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wird, oder seine Theilchen denen des andern weichen, so miissen wir billig eiuen dritten voraussetzen, der un- ter mancherlei begleiteudeii Uinstanden im Stande ist, diese Veranderung hervorzurufcn. Wir diirfen wohl ei- nen Strom von gewisser Beschaffenbeit annehmeii, in dem sich dieser Kbrper bewegt, der eine aufliisende Kraft auf die Materie des gegebeiieii Krystalls besitzt. Eot- weder der Strom loste einen Bestandtheil dieser Materie auf, und fiihrte ihii mit sich fort, so dafs der Rest in der Form gleichsam auf eiiiein Filtro unaufgelilst zuruck- blieb, oder die Matcrie kllte aus der Aoflosurrg, clic in dem Strom voruberging. eiuen Kiirper, der mit ilir oder anstatt ihr unauflirslicb zuruckblieb. Die Wirkiiiig ist stets chemisch, aber nicht ohne eine inechanische Anuli- herung der Theilchen, bis zu der Eutfernung, wo sie erst cheinisch auf einander wirken konnen. Schlusse auf diese Kiirper und die Verhtiltnisse, welche wirksaiii ge- wesen scgn kiiniien, werden am sichersten begriindet, weiin man die Mischuiigsverli~iltiiisse dcr zwei gcgebe- nen, des verschwundencn uiid des pscudolnorplieii odcr neu gebildeten, aus allgemeineren Gesich~spunkten init einander vergleicht, und dazu ist wohl der elektroche- mische Gegensatz clerselben der naturlichste, der deiin auch diejenigen FYlle, in welchen der Inhalt giinzlich verlndert wurde, auf gleiclie Stufe mit denen bringt, bei welchen nur Weniges verandert wordcn ist.

Gewisse Veranderuiigen, wobei die Form der Kiirper bleibt, die Materie verandert wird, siud wir irn Staude nach Willkiihr hervorzurufen. Die wichtigsten allgemei- nen Bedingnisse sind Temperatur und Pressung der At- mosphare bei alien Processen, die wir vornehmen, und wo es auf Bildung oder Zerstiirung von Kiirpern darch das Spiel dcr AffiioitSt ankommt, welche beide eigentlich auf- Eins hinauslaiifen; denn jede neue .Verbindung lost alte auf. Ob wir bei der gewiihulichen Temperatur ab- sicl~tlich W a s r r im fliissigen Ziistande, oder unter dein

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Gefrierpunkte als Eis, odcr i n der Gluhhitze als Dampf mit Eisenfeile voii gleicher Temperatur zusammenbrin- gen: so werden selbst bei gleicher Pressung der Atmos- phare die Resultate sehr verschieden segn.

Aber schon der natiirliclie W e g im Wechsel der Jahreszeiten bringt SO inanclie auffallencle , wenii auch alltagliche Erscheinungen hervor. Der Winter verwan- delt das fliissige Wasser in festes Eis. Iin weitestcii Sinne kiinnte man nnnehinen, dafs clabei cine Art ron Pseudomorphose gebildet werde, denu das Eis niiiimt deli gufsern Raum ein, deli das Wasser friilicr erfiillte. Ebenso schiefst der krystallisir~e Zucker innerhalb dcr bekannten stangenfijrmigen Gestalten des gescbmolzcnen amorphen Zuckers an. Diefs sincl die einfachsten Ver- haltnisse des Vorkoinmens von Bildiingen eines ziveiteii Kfirpers in dein von einem aiidern erfiillten Raume, die man jedoch geiiiihnlich iiicht mit den eigcntlichcii Pseu- doinorphosen betrachtet, weil die Kiirper, welclie die Ge- stalt liefern, sclbst amorph sind; -obwohl inan sich ihrcr niitzlich als Anfangspunkt bei den dahin gchijrigen Be- trachtungen bedienen kann. Der amorphe Zucker ist eben so wenig individualisirt, als das Wasser; erst der krystallisirte, SO wic das Eis, nimmt unorgaiiisclie Gestal- tung an, er verhslt sich zum Zucker ivie Wasser ziim Eis, er zeigt den Wassenustand des Zuckers.

Die Physik unterscheidet' die Zustande fest iind fliis- sig. Das Fliissige des Wassers zcigt uns keine solche Verschiedenheiten , wie das Fliissige der Zuckerlbsung oder des geschmolzeneii Zrickers selbst. Der letztere geht durch Temperatur- Abnahine durch nlle Abstufun- gen des Diinnfliissigen, Uickflussigen und Zahen bis zu dem Punkt, dafs Ilngere Stangen iioch biegsam sind, und Eindrucke vom Fingernagel annehmen, und dabei ihre vollkoinmene Durchsichtigkeit und muschligen Eruch beibehalten, und auch noch jenseits desselben, so dafs sie vollstandig fest erscheinen. Aber zwischeii diescn

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Zustlndeu existirt kein fester Schmelzpunkt. Die Sub- stanz geht allmalig aus dem festen in den fliissigen iiber. W i r finden keine feste Grenze. Man begreift diese Art des Festen und das Flussige unter dem Namen des Amorphen. Aber in dein ainorphen Zucker, obwohl scheinbar fest, sind die Theilchen noch so beweglich, dafs sie der Krystallisationskraft folgen kiinuen, wodurcli Individuen gebildet werdeu. Uieser eine feste Punkt findet bei verschiedenen Kihpern aucli in verschiedeneu Temperatureii stalt.

Die Eigcnschaft der Biegsamkeit bei aiigewandteui Drucke koinmt aber aucli krystallisirtcn Kiirpcrn zu. So ist das Steinsalz in deu sclionsten Krystallblattclien bieg- S a m und niinmt Eindriicke voin Fiogcrnagel an. Wohl darf man aunehmen, dars jedes krystalliiiische Atom ur- sprunglich bei durchweg gleichbleibenden Verhaltnisseii eine ebenflHchige Lage annimmt. -4ber wir treffen theil- bare Steinsalz- Varietaten init in inancherlei Richtungen gebogenen Fliichen. Die Mineraliensammlung der k. k. Hofkatniner im Munz- und Bergwesen bewalirt dereu mehrere, vorzuglich von Aussee in Steyermark. Es Illst sich dabei cine Veranderung der Lage der Tlieilchcn durch Druck voraussetzen. Diese geschah in einem fe- sten individualisirten Minerale. Die Theilchen verscho- ben sich an einander, aber doch nur rnechanisch, und bc- finden sich nun in einer Spannuug, welclie cheinischer AffinitSit, oder erneuerter gegenseitiger individualisiren- der Anziehung Raum giebt.

W e n n in den. bekannten, im Merge1 schief gedruck- ten Salzwurfeln die Theilbarkeit unterbrochen erscheint, und sich neue Individuen mit wenig verschiedener Stel- lung bilden, so sind diek wahre Pseudomorphosen VOII

Steinsalz nach Steinsalzformeu. Denn es findet im In- uern eines schon gebildeten Krystalles durch die indi- vidualisirende Kraft einr? ueiie Anordnung dcr Theil- chen statt.

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166 Bei tessularischen Fonnen, wie beim Steiiisalz, ist

natiirlich die Ausdehiiung jederzcit gleich in drei senk- recht auf einander stehenden Richtungen. Bei den rhom- boedrischen des Kalkspntlies findet durch die Warine eine starkere Ausdehnung in der Richtung der Are statt, als senkrecht auf dieselbe. War daher bei eiiier Tem- peratur die Spannuug ausgeglichen, so mu& bei einer hbheren eine neue von der vorigen verschiedene ein- treten, die zur Geltendinachung von neuen Affinitaten Raum giebt.

Wiihrend wir oben aus einem Steinsalz-Individuuin durch Pressung mehrere entstehen sahen, so giebt eben diese Species Beispiele, wie sich im Laiifc der Zeit meh- rere nahc an einander liegende nach ond nach zu einein einzigen Individuum umbilden. Die k. k. Hofkammer-Mi- neralieusammlung bewalirt Stiicke von Maros Uivar in Sie- benbiirgen, welche dieses VerhriltniCs deutlich darthun.

Das Salz, wie es noch vor unsern Augen sich an- hauft in den Salzseen, in den Meersalinen, kiinstlich oder natiirlich wie in den Limans in Bessarabien, besteht aus einer Menge einzelner, lose an einander liegender Kry- stalle, oder vielmehr krystalliniscber Anschiisse, die erst spater durch fernern Ansatz in ihrer neuen Lage zu Kru- sten zusainmenwachsen , die ein karniges Gefuge haben. Die Krystalle liegen darin natiirlicli in mancherlei zufiil- ligen Richtungen. Dicke Masseii solcher Eiederschlzge, unter Thon und Schlainmscliichten begraben, erlauben noch den Salztlieilchen einige Bewepng. Die zuntichst an einander liegendeii ordneu sich zu griilseren Indivi- duen. Hexaedrische Theilbarkeit geht durch viele hin- durch, zeigt aber keine vollkoinmen glatte und ebene Flachen. Jede derselbcn ist wie von Mosaik aus einer Menge in ihrer Stelluiig wenig abweicheiideii Individuen zusammengesetzt. Nach der Mittlieilung meines gemese- neii Zuhbrers Herrn K a r 1'F o i t h, von Dee'sakna, fiudet inaii mehr als centnerschwere Massen, wclche diese Beob-

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achtung bestatigen. Zu entfernteren Krystallisationssphii- ren gehiirige Theilchen grenzen dann entschieden in ab- weichenden Stellungen an einander, uud bilden grobkbr- nige oder grofskbrnige Zusammensetzungen.

Bei diesen Bewegungen der kleinsten Theilchen wer- den fremdartige Stoffe ausgeschieden, so das Wasser, at- mospharische Luft, Kohlenwasserstoffgas, das in dern Kni- stersalz von Wieliczka in so geprefstem Zustande vor- handen ist, dab es bei der Auflijsiing in Wasser das umgebende Salz zersprengt, auch die bitiitiiiniisen Stoffe, welche liier insbesondere cincn dentlichen Stinksteinge- ruch hervorbringeu, dime urspruuglich durch orgaoisches Leben bedingt, wie inan dciiti i n eiriigen Varietiiten des Spizasalzes von Wl'ieliczka Fiiiwniuifereii firidet ; eiidlicb erdige Stoffe, nacb Mafsgabe der Pressuug wasserlialtiger Gyps, oder wasserloser Anhydrit, Thon, der spiiter zii Merge1 wird, in dem letztcrii Schwefelkies u. s. m.

Schon in tliesem Falle wird gewirs die Beweglich- keit der Theilchen bedeutend (lurch die gegen die Tiefe zu steigencli Temperatur und den glciclizeitig statltjnden- den Druck, die Spannung von alleii Seiten moclificirt uud erleichlert. Die Materie selbst belindet sich dabei in einem geschlosseneii Raume. Bekanntlich ist in ge- schlossenen Rlurnen die Spannung durch die Tempera- tur bedingt. C a g n i a r d d e . l a T o u r fand, dafs Was- ser mit dreimal so vie1 Luft in einein Geftifs herrneliscli geschlossen bei 480" den ganzen Kaum gasfijrmig, als ein gleichfiirmiges Fluiduui erfullte. Fliichtigere Kbrper bei niedrigeren Temperaturen, wie deuii eine in der Hbh- lung eines Amethystkrystalles von S i r D a v i d B r e w - s t e r entdeckte Flussigkeit dieses Phznomen durch die Hand erwarmt zeigt'e. - Nach deiu Gesetzc, dafs die Temperatur bei 100 Furs uin einen Grad steigt, genugt fiir diesen Effekt sclion eine gcringe Tiefe zwischen an- dertlialb uud zwei Meileu. Es ist crlaubt auzunchme~i, chfs bei eiuer griifseru Ticfe Tcmpcr;itiirgradc eiotretcii,

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168 welche bei d e n auf der Oberfllclie bcstehendeu gerin- gen Druck Alles in geschmolzeilen Zustand versetzeii wurden. Vieles wird in dieser Teinperatur durcli den Druck von oben abgeandert. Aber Wirkung und Ge- genwirkung sind stets einander gleich.

Wichtig fur die Wirkiirig von Pressung scheint eine Beobachtuug J e f f r e y ’ s , von welclier R e r z e l i u s I )

Nachricht giebt. Schwach gebrannte Mineralwasser-Thon- kruge, gefullt init ciner Auflirsung von 1 ; Drachmen kohleusauren Natrons in 20 Uiizeii Wasser uiid Koh- IcnsZurc, unter dein Driick voii 8 Atmosph3reu, lieben beides, Gas und Wasscr durcli. Stzrker gebraiinte lie- ken blofs Gas durch, keiii Wasser. Noch stiirker ge- brannte kein Gas, sondern Wasser mit sainint dcm auf- gelbsten Salze.

Bodensiitze von Schlamm, von Thon, von Sand, so wie das Wasser selbst, iiben einen der Tiefe enlspre- chenden Druck aus. hbe r nicht Alles ist Druck von oben. Der Bergmann weifs schr gat, daEs der Firstcn- druck verhiillnifsmlfsig starker ist, wenn er wenig Erd- rcich, besonders rolliges, iiber sich hat. In tiefercii Strek- ken, gauz im festen Gestein, bemcrkt niau keinen Druck; die Festigkeit dcsselben ist selbst das Resultat der Aus- gleichung des fruher vorhandencn Druckes bei einer Tem- peratur, welche tieueti Affinitlten Balin inaclrtc. So grofs sind wir berechtigt, den Grad iler gegeiiseitigen Pressuiig anzunehmen, das in1 Verglcich mit dcinselben die Schwere, das Resultat der Auziehung aller Ktirper gegen ihren ge- ineinschaftlichen Scliwerponkt oder dcn Mittelpunkt dcr Erde, hirchst unbedeiitend ersclreint. Flier iin Kleinen mird nun die individualisireiitle oder Krystallisationskraft thiitig, die unter diescn Verhdtnissen vie1 iingehinderter wirkcn kauu als in iinsercn Laboratorien, wo wir nur bei der eitiseitigen gewbhiilicheii Pressung der Atiiiosphiire arbciten. Manches geliogt daher in jeiien Riiiunen, was

1 ) Jalrresbcricht 21. 11, S. 36.

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169 u l l s zu eneugen unmbglich bleibt. Die Gesammtmassen jedoch aufsern such wieder ihren proportionellen Druck gegen die Unterlagen und in der Nachbarschaft. Sta- rungen geben Anlafs zu vulkanischen Eruptionen, als Si- cherheits -Processe fur die Gestalt der Erdoberflache, 211

Erdbeben, wobei sich jene Stilrungen wieder ausgleichen, deren grofsartigste Ereignisse aber jene ungeheueren Zer- reifsungen der Erdrinde darstellen , wodurch eine neue Form derselben hervorgebracht wird, und Theilc einer und der namlichen Schicht hoch iiber das Niveau der fruhern Lage als Gebirgsinasse emporgehobcn wird, wah- rend das Gleichgewicht es erfordert, dafs sich ein ange- messener Theil in die Tiefe hinabgedriickt tiude. Ganz verschiedenen Zustanden sind nun zusaminenhiingendc Theile einer gleicbfilrmig gebildeten Gebirgsschicht preis- gegeben. Wahrend der emporgehobene Theil nach uud nach eine niedrigere Temperatur annimmt, und wahrend er auf der Oberflsche auf mehr mechanische Weise am- trocknet, steigt die Temperatur stufenweise in der Tiefe, bis sie denjenigen Grad erreicht hat, welcher der Dc- pression entspricht. Neue Verhlltnisse finden nun statt, eine neue Modification von Druck in den Massen, die ihren Seiten- Zusammenhang verloren haben ; endlich werden neue Siittigungspunkte hervorgerufen, die den neuen Ver- hBltoissen von Druck und Teinperatur angemessen sind.

Die Veranderungen, obwohl gewaltthYtig im Gaiizen uud ungeheuer, aus eiiiem allgeineineu Gesichtspuukte, gelren oft iibcr . die feinsten, zartesten Bildungen scho- nend hinweg. Die arspriinglichen Forinen organischer Wesen voii Pflanzen und Thieren bewunderu wir noch in harteii Substanzen,' die allmlilig den Platz der organi- schcn Materie eiugenommen Iiaben. Eben so trcffen wir nocli die Forinen von Kryslallen verschwundener Mine- ralspecies, erfullt von neuen, deneii sic fremd siod. Bei einer allgemeiuen lktrach~uog hbuuen w i r Vcrsteiiicrun- ~ C I I rind Pscudomoqhosen nicht treiinen, so wic denii

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170 beide am niitzlichsteu zu dem Zwecke des Verstandnis- ses aus einem gemeinschaftlichen Gesichtspunkte mit den Veriinderungen der Gestaltling der unorganischen Materie iiberhaupt zu betrachten sind, mag diese individualisirt seyn oder nicht. Aber urn dieses Chaos i n Massen ZLI

sondern, dienen uns beide als feste Vergleichungspunkte. Immer uiid uberall wirkein die Stoffe nacli den ihnen

eigenthiirnlichen Eigenschaften; in vielen Wirkungen siud wir Herren derselben, andere hlngen von Verhaltnissen ab, die uber unsere Krlfte siiid. Diese Verbtiltnisse zu erforschen, sie in allgemeiiien Bildern darzustellen, wird daher der Gegenstand unseres Studiums bei den Pseudo- lnorpbosen segn.

Unterstutzt von Temperatur, Differenz und Pressung, sind die allgemeinsten Stoffe, dcren Wirkung sicb be- merkbar rnacht, die sogenanuten almospharischen Agen- tien, Luft und Wasser. In dein letzteren insbesondcre sind die wichtigsteii, kraftvollstcn Stoffe, Oxygen und My- drogen, mit einander gesiittigt, uud erwarten, uin krzftigst auf andere einwirken zu kiinneii, nur die Zcrleguiig, wel- che durch die so allgcmein verbreitete Elektricitdt , i n ihrer galvanischen Wirksamkeit nicht aufser dcm Krcise uuserer Betrachtung liegt.

Uebereinstimmcnd wird die Vergleicliuog der Mi- schung ia den l%eadom&phosen mit der elektro- chemi- schen Reihung der eiiifachen Stoffe, und ihr rclativer Gc- gensalz fur ihre leichtere Uebersicht im Zusammenhange mit einander grofse Vorheile gewahren.

Eiue jede Yseudomorphose clruckt uus zwei feslc Punkte in der Reihung chernischcr Verbindungen aus. Die urspriingliclie Species ist der An faingspunkt, die neiic in der Pseudornorpliose auftretende die l\iclitung der Vcr- anderung. Setzen wir Oxygen als Anfang, Kaliuini i l ls Ende, so erscheiut iins Reduction als pvogressiv, Osytla- tion als retrograd. So wird dic Bildung voii Blci$anz iiach I’yromorphit ills der Hcductiou, tlic voi i I’yiwiiior-

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phit nach Bleiglanz als der Oxydation analog betracbtet werden kdnnen. Ein ganzlich paralleles Verhalten mit dem ersten Beispiel bat der gewasserte Brauneisenstein gegeniiber dem Schwefelkies; nebst der Oxydation tritt aber hier noch Wasser zu der Mischung. Wasser selbst spielt aber auch oft die Rolle einer Saure. Eiiie gewas- serte Verbindung steht dann dem Oxygen-Anfangspunkte nzher als eine wasserlose. Ein diesem Verhaltnisse ent- sprechendes Beispiel, wcnn auch mehr durch die Ver- haltnisse des Vorkommens in der Natur genahert, ist der Gyps in Anhydrit -Formen. W i r betrachten diefs als eine der Oxydation analoge Beweguiig.

Mennige statt Bleiglanz ist gewifs Oxydation, Weifs- bleien in Bleiglanzformen ebenfalls, letzteres noch dazu in Verbindung mit Saure, Salz statt Sulphuret. Aber die Bildung von Mennige in Weifsbleierzformen bleibt immer noch Oxydation, denn das Oxygen selbst ist doch der in der Keihe ganz am Anfange gestellte, der elektro- n ega t ivste S to ff.

Die Bildung von Quan, Kieselsaure, in seineii ver- schiedenen Abanderungen als Pseudomorphose, gehirrt bier- her, so wie er abgesetzt erscheint in den verschiedeoar- tigsten Formen nach so manchen theils kieselerdehaltigen Verbindungen, in welchen nur die Basen durch die Sarire ersetzt werden, und dalier das Gaiize mebr elektronega- tiv erscheiiit, theils nacli ganz fremdartigen Verbindungen von anderen Sauren mit Salzbaseu.

Bctrachten wir im Allgeineineu einige Umstsnde, welche das Vorkommen von Veranderungen in der Mi- schung der Korper in der Natur begleiten, so ist insbe- sondere die Bildung con Schwefelkies und Brauneiseu- steiii hirchst lehrreich. I n den Thonstrrrten, iiiancheu Sandsteiuen, Mergeln 11. s. w. fiuden wir eiiien grauen Kern, von Eisenoxydnl gefarbt, und Schwefelkies, inaoch- nial kolilensaures Eiseii entlialteiid , nmgeben voii einer gelbcii oder brauiien Kinde, die Eiseiioxydhydrat enthalt.

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Die Rinde und der Kern stehen in demVerhiiltnisse vou oxydirten und reducirten Korpern. Wahrend die Re- duction stattfand, mufste die Schicht in anderen Verhalt- nissen sich befunden haben als nun, wo der entgegenge- setzte Procefs vor sich geht. Sie befand sich in griile- rer Tiefe abgelagert, dadurch uuter stlrkerer Pressung, die jetzt entzogen wird. Die mindere Pressung ist also nun der Oxydation, die starkere war der Reduction giin- stig gcwesen.

Bei gleicher Pressung ruft Verliiiderung der Teinpe- ratur fur sicli neue Verwandtschafteii des Oxygens her- vor; so bekanntlich beim Merkur die Reilie von uuse- rer gewiihulichen bis zur schwachen Kothgluhhitze dreier- lei Zustanden entspricht. Bei der erstcn ist das Merkur und sein Oxyd unverandert, bei der letztereii wird das Oxygen aus dcin Oxyd geschieden und Metall gebildet. In einer Zwischenteinperatur cnlsteht aus dein Metall Oxyd durch Aufiiahme desselben Stoffes. Eisenvitriol, sehr langsam bis zum Gliiheii erhitzt, giebt Pseudoinor- phosen von Eiseiioxyd ; iclr inachte diese Bcobachtuiig gelegentlich in eiiieiii l’orzellan - Glulrofcii ; fiir das Eisen bedingt also eine hiihere Tcinpcratur bei glcichein I h c k e Oxydation, eiii Umslantl, der wohl zii inaiiclien Pseudo- inorphosen von Eisenglanz nach Magneteisenstein, z. B. bei den .Varietaten ails Brasilieu, Veranlassung gcwesen seyn mag.

Aber auch Osydation init gleichzeitiger Entwiisserung schliefst sich an Processe dieser Abtlieilung an, wie un- tcr Aiidern die Bildung voii Pyrolusit nach Manganit, oder von Rotlieisenstein iiacli Wurklerz. Alles d i e t in elektronegativer Riclituiig.

Die cntgegengesetzte Richtung, Veriniiideruiig dcs Wassergehaltes uebst dein Abgange einiger Bestandtheile, wie bei Prehiiit unch Analziin, oder Schwefeliing statt Oxydation, wie bei dein oben gegebeneii Beispielc des Blciglanzcs iincli l’yroiiiorpliit, die Bilduug des Scliwcfcl-

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173 kieses uberhaupt, die wir im Gefolge stirkerer Pressung sehen, strebt zum elektro -positiven Endpunkt der Reihe. Hier giebt uns aber der Wassergehalt ganz eigenthiimli- che Betrachtungen an die Hand. In einer nicht zu gro- fsen Tiefe vermehrt die Pressung die ,Qffinitlt des Was- sers Z U gewiss_en festen Stoffen, wshrend die h6here Tem- peratur in grbfserer Tiefe keinen wafsrigen Bestandtheil lnehr zultifst. Von dem erstern liefert der Kaolin nach Feldspath einen augenscheinlichen Beleg. In dem Kao- lin von Zettlitz in BBhmen finden sich Schwefclkiesku- geln. Ich verdanke meinein verehrten Freuude, dem Herrn Geheimeii Medicinalrathe M i t s c h e r 1 i c h , wit dem ich vor vielen Jahren diese Lokalitiit das erstemal be- suchte, die Berichtiguug der bis dahiii gelteiideii Ansich- ten. Man hatte den Kaolin als Resultat der Verwitte- rung ron Granitsand betrachtet. M i t s c h e r l i c h sprach ihn als an Ort und Stelle vermitterteii Granit aus, ge- stiitzt zuin Tlieil auf das Vorkoininen von nicht verln- derteiii Turmalin. Die Schwefelkieskugeln ans diesem Kaolin sah ich vielfaltig in den Lieferungen von diesem Materiale, wie es der Elbogner Porzellanfabrik zugefah- ren wurde. Ware der Verauderungsprocefs hierin der Oxydation analog gewesen, so wurden sich gewik nicht Schwefelkieskugeln zusammengezogen haben, sondern al- les Eiscii wlre zu Brauneiseustein verwittert. Der Pro- cefs der Kaolinbildung ist also ein in elektropositiver Richtung fortschreitender, der Reduction analog.

Die Bildung dioritischer Gesteine init ihren Schwe- felkiesen, aber auch ihre Verwitterung, bei der sie nls weifse wasserhaltige Massen erscheinen, denn auch in die- sen kommt der genannte orientirende K6rper vor, gehort zu dieser Abtheilung fortschreitender Bildungeu , wenn auch in verschiedeuen, jener in tieferen, dieser in .hdhe- ren Lageii inuerlialb der Erdriiide, wabrend das der Osy- dations- oder elektro -negativeu Richtung entsprechende Nebenproduct, der mit den Alkalien als ein Theil der

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174 Kieselerde aus der Mischung jener Gesteine verschwun- dene Kdrper in mannigfaltigen Varietaten, als: Qua& Horustein, Chalcedon, Jaspis u. s. w., in Gangen ausge- schieden erscheint.

Speckstein iiach Quarz, nach so manchen aiidereii Species in Pseudomorphosen erscheinend, gehiirt hierher, wiihrend wir geniithigt sind, denselben Kdrper nach Do- lomit gebildet fur der Oxydatiou oder Saurung analog zii nehmen.

Die Bildung von Braunspath, von Dolomit selbst, aus und nach Kalkspath ist deutlich fortschreitend in elektro- positiver Richtung. Fehlte uns Alles, so wiirden die Schwatzer Falilerze als Beweis gelten, die sich aus dcin Doloinit, also redncirt ausgeschieden haben. Eine spii- tere geognostisclie Hiilieiistellung gnb an diesein Ortc Ver- anlassung zu neuen Bildungen iin entgegengesctzten Wege, Malachit nach Kalkspathformen von B 1 u m beschriebcu, Kupferlasur nach Fahlerz, wovon ein schiioes Beispiel in dem k. k. montanistischen Museum zu sehen ist.

Zur Bezeichnung dieser zwei grofsen und wichtigen Abtheiluiigen der Vorgiinge in den Pscudoinorphose~i durcli eigene Ausdriicke passen keine von nllen denen vollst~ntlig, die im Vorbergehenden aiigewendet wurden, sobald man ein einzelnes allgemein gultiges Wor t aus-

' wahlen will. Die auf die verinderte geogriostische Hd- henstellung bezuglichen Ausdriicke m o p uud kafogen, voii den allgeniein gebrtiuchlichen griecliischen Wiirterri d;vw hinauf und x d t w hinab, scheinen alle wunschens- werthe Bcziehungen auszudrucken, intleni sic nebst die- sem Verhiiltiiisse auch auf den verschiedenen Grad der Pressung, endlich auf den galvanischeil Gegensatz der Pole eiiier Saule hindeuten, in welcher diese beiden Stammsylben in Anode, deln Zinkpole, an dein'sich dcr Sauerstoff entwickelt, und Kafhode, dein Kuyferpole, an &in sich der Wasserstoff entwickelt, enthalten sind.

W i r betrachten daher die Pseudoinorphoseii in zivci

Page 15: Ueber die Pseudomorphosen und ihre anogene und katogene Bildung

175

pbberen Abtbeilungen oder Klassen, den anogenen und den katogenen, eiue jede uuterabgetheilt nach der Ge- genwnrt oder dem Abgange des Wassers in dem Pro- ducte, urn die Anzahl der zugleich zu betrachtenden Fiille in etwas zu vermindern, obwohl auch hier, wie bei allen Reihcn, die Granzeii nicht fest sind; denii die Quantitst des Wassers ist oft an sich sehr geringe, oder es liangt vou theoretischen Betrachtungen ab, ob es als der Mi- schung wesentlich erscheine. So geben friiliere Analy- sen von K l a p r o t h und von B u c h o l z und B r a n d e s dem GGpfersgriiner Speckstein 5; pCt. Wasser. L y c h - n e l l fnnd gar keines, aber er hatte das Mineral im luft- leeren Raume iiber Schwefelsiiurc getrocknet. Es dad hier billig gefragt werden, ob nuu dieses letzle Resultat die wahre Mischung des Specksteines, wie er sich in cler Natur gehildet vorfindet, darstelle, oder vielmehr die Mischuug einer neuen kiinstlich hervorgebrachten Pseu- domorphose nach natiirlichem Speckstein, so wie etwa pulveriges wasserloses Glaubersalz auf die namliche Art aus dem krystnllisirten gewiisserten erhalten wiirde, obne dadurch die wahre Mischung jeuer Species darzustellen.

111 einer gewissen Tiefe der Schichten von der Ober- flache nieder ersclieinen Thon und andere nicht krystal- lisirte Mineralien im constanteu feuchten Zustande; die Untersuchung dieses Zustandes wlre gewiEs nicht nnwich- tig zur Beurheilnng des Abstandes dieser Kbrper von dein Zustande bei der gewGhnlichen Austrockiiung an der Atmosphare von einer gewisseu DurchschiiittsbeschaE- fenheit. Die Zweckmafsigkeit der Anwendung einer so gewaltsamen Austrocknungsniethode, als die bei ganzlich aufgehobener Pressuug, muG wohl immer dem Urtheile des Analytikers anheim gestellt werden.

Bei dem Speckstein giebt der Versuch in der Glas- rbhre oder im Kolben iiber der Spirituslalnpe stets Was- ser, sehs t bei Stiickeu, die lange Jahre in trockenen Sammlungen gelegen hatten.

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156 In dem nachstehenden Verzeichnisse liabe ich die

ineisten der von B1 urn gesalninelten Pseudolnorpliosen nach den .elektro -chemischen Gegeusatzen in den ange- fuhrten zwei grofsen Abtheilungen und innerhalb dersel- ben in kleinere Gruppen zur bequemeren Uebersicbt ge- sondert. Vollstaudigkeit suchte icb hier nicht zu errei- chen, so d d s auch inelirere, die ich theils selbst beschrie- ben, theils splter beobachtet, nicht wit registrirt sind. Manche problematische, auch die von Bluni als solche betrachteten, blieben weg. Es war inir hier mehr um das Princip , die allgemeinc Ansicht dieses Verhiiltnisses zu thun.

Ueberhaupt ist es keincswegs fur walire licrintnifs fiirdcrlich, die uiisichercn Angaben iilterer Schriftsteller gleichen Sclirittcs init den gcnauercn Angaben bewiilirter Mincralogen der neueren Zcit aulzufiiliren. Aucli verdie- nen diese Angaben selbst die iniiglichste Sichtuug. Bes- ser ist es weniger, und das init miiglichstcr Sicherheit zii geben. Sind die Daten erst festgestellt, dano gebie- tet die literarische Gerechligkeit, den Quellen niichzufor- scheii; nur heilse es immer ~~urnicus PIalo, scd rnugis arnica vcrifas.te

Eei den Pseudoinorpliosen so vieler Silicate entbeh- ren wir noch der genaueu Kenntnifs der Mischuiigen der neu gebilleten Species. Aber was noch jeder Schrift- stcllcr, der sicli mit diesem Gegenstand beschiiftigte, ge- wiinscht hat, wir werden nacli und nach von dem Eifer und der Anzahl der Naturforsclier alle VerhHltnissc, dic genaue Bestiinmring der Species, das vollstaudig beob- aclitete geognostische Vorkommen in der Natur, endlich die Mischung der beiden Species, mit einein W o r t die geuaue Kenntnifs der beiden festen Punktc in dcr cle- ktro - chemischen Reihe, erhalten.

Zn mehreren Abschnitten folgeo kurze Bemerkungen, da sie mehr das einzelne Detail berubren. O b ich hlies richtig gedeutet habe? Icli will cs niclit behauptcii, docli

schcint

Erst die Natur, dann die Autoritat.

.

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1’77 scheint mir dieser erste Versuch einer elektro-chemischen Reihu~ig vie1 fur die spltere Ausfiihrung zu versprechen.

I. A n o g e n e P s e u d o m orp h o s e n.

- 1) Wasser lose .

a) Sulfurete nach Sulfureteo.

1) Buntkupferen nach Kupferglanz, 2) Kupferkies nach Kupferglanz. Kupferglanz wird zu Buntkupferen, Cu zu Cu3 Fe,

durch Aufnahme von zwei Drittel Atomen des elektro- positiven Eisens gegen eines des elektro-ncgativen Schwe- fels, bei gleichbleibenden Kupferverkiltnissen zu Kupfer- kies, CuFe, durch Auftiahme von 2Fe und 3S, also mehr des elektro- negativen als des yositisen Elementes. Sic finden sich in Cornwall. Ich beobachtete sie unter andern in A 11 a II’S Sammlung.

I I VI

1 I l l

3) Schwefelkies nach 11 Arsenikkies. Diese Verbindung Fe nach FeS2 + FeAs2 ent-

steht durch Verschwinden des elektro -positives Fe As?. Sie wurde von B l u m an einer Freiberger VarietHt be- schrieben.

Der niehr negative Zustand der pseudomorphen ge- gen die urspriinglichen Species ist klar, weniger auffal- lend jedoch als -bei den nun nachfolgenden Abtheilun- gen bis zu ‘den Bildungeii von Salzen in den Formen anderer Salze.

a) Oxyde oaclc Metallen odcr Sulfurctcn.

1) .Antimonit nach Antimon, 2) Antimonit nach Antimonglanz, 3) Pyrantimonit nach Antimonglanz, 4 ) Wismuthocher nach Nadelen, 5) Mennige nach Bleiglanz, 6 ) Rotheisenstein nach Eisenkies.

Pogg&dorfPs A n d Bd. LXII. la

Page 18: Ueber die Pseudomorphosen und ihre anogene und katogene Bildung

178 c ) Salzc nach Sulfureten.

1 ) Bleivitriol nach Bleiglanz, 2) Pyrornorpliit nach Bleiglanz, 3) Weifsbleierz nach Bleiglanz, 4 ) Gelbbleien nach Bleiglanz.

1 ) Mennige nach Weifsbleierz, 2) Rotheisenstein nach Spatheisenstein, 3) Pyrolusit nach Kalkspath, 4 ) Hausinailnit nach Kalkspath, 5 ) Rotheisenstein 'nach Kalkspalh.

1 ) Eisenglanz nach Magneteisenstein, 2 ) Rotheisenstein nach Flufs.

1 ) Schwerspath nach Witherit. Bei der Bildung von Scliwerspatli BaS nach Withe-

rit Ba tritt die elektro-negativere Schwefelslure an die Stelle der Kohlenslure, welche als mehr positiv verschwin- det. Die Varietzten von Dufton.

d ) Oxyde naclr Salzen.

e ) Oxyde nacli Oxyden, Fluoriden.

J ) Sake naeh Salzen.

... ...

2) Pyromorpliit nach Weifsbleien. Die chemischen Zeichen des ersteren Pb C l+3Pb3P

und des zweiten Pb stellen keinen klaren Gegensatz dar. Dafs die Pseudornorphosen hier ihren richtigen Platz haben, schliefseii wir aus dem auf dem Gange zugleich vorkommenden Brauneisenstein nach Spatheisenstein (I. 3. e.), in melchem diese Richtung unverkennbar ist; wie diefs B l u m an. dem von ihm beobachteten Falle von Markirchen beschreibt.

3 ) Speckstein nach Dolomit oder Bitterspath. In den Formeln Mg'Si nach Ca C+Mg% erscheint

die Veranderung deutlich. Erst verschwindet das elektro- positive Element d a C, dann wechselt die positive Koh- lensaure C gegen die negativere Kieselslure Si.

Page 19: Ueber die Pseudomorphosen und ihre anogene und katogene Bildung

179 4 ) Specksein nach Spiuell. Hier weicht MgAl deln MgSi, theoretisch also die

Der positivere Alaunerde der negativeren Kieselssure. Pleonast von Monzon enthtilt nach Ab ich :

Kieselsaure I ,23 Thonerde 66,89 Talkerde 23,61 Eisenoxydul 8,07 '

99,so. In den pseudomorphen OctaEdern am dem Fassn-

thal fand einer meiner Zuhiirer, Hr. J o s e p h S t a d l e r , in L i iw e's Laboratorio

Kieselstiure 37,5 Thonerde 15,7 Talkerde 25,8 Kalkerde 8,7 Eisenoxy d 426 Manganoxyd 127 Wasser 690

100,O. Diese Analyse stimmt keineswegs mit der obigeii

theoretischen Formel fur das, was Speckstein seyn sollte, wobei noch uach L y c h n e l l ein gznzlicher Abgang an Wasser angenommen ist. Qie Fassaer Pseudomorpho- sen wurden iibrigeiis auch uber Schwefelseure, aber bei der gewahnlichen Pressung der Atmosphlre getrocknet.

g) Siuren nacl rerrchiedenen Kiirpern.

1 ) Q u a n nach Bleiglanz, 2) Q u a n (Qua- Cbalcedon, Hornstein) nach Flufs, 3) Q u a n (Quan , Prasem, Eisenkiesel, Chalcedon,

Karniol, Hornstein) nach Kalkspath, 4) Q u a n mit Feldstein nach Kalkspath, 5) Q u a n (Chalcedon, Q u a n ) nach Bitterspath, 6 ) Hornstein nach Spatheisenstein, 7) Quarz (Quan , Chalcedon) nach Baryt,

12 *

Page 20: Ueber die Pseudomorphosen und ihre anogene und katogene Bildung

180 8 ) Quarz nach Weifsbleierz, 9) Q u a n nach Pyromorphit,

10) Quarz nach Scheelit, 11) Quarz uach Datolith, 12) Jaspis nach Hornblende, 13) Horiistein aach C I ‘ J immer. Unbezweifelt ist das Vorkolninen dicser Kilrper ein

Fortschritt cler Rildung in elektro -negativer Richtung. Den Quarz mit Feldstein reillen wir billig hier an ( / I ) , so wic den nachfolgenden Quarz mit Zinnstein, wenn aiich letztern init ininderer Evidenz, bcidcs Gemenge.

/ I ) Sjuren und Oxydc, gcmcngt, nach Sdzcn. 1 ) Quarz und Zinnstein nach Feldspath.

1) I<alkspath nach Aragon. Vorziiglich deutlich lrilt n u s den Beobachtungen die

bestiinintc clcktro - negative Richtung dcr Umwandlung von Aragon zii Kalkspath hcrvor. 13ei gleichem Druck bildet sich namlich in hilherer Teinperatur unter dem Sicdpunkte des m’asscrs Aragon, bci geringerer Kalk- spah. Ucber dcr Teinpcratur der Aragonbiidung tritt zwar ebenfalls Kalkspalhbildung ein, doch lsfst sich jene erstere in den Pseudoinorphosen nachweisen. Die Tem- pcraturgriinzen sind tibrigens nicht erforscbt.

i ) Dimorplic K6rpcr.

2) E n t w s s s e r t c .

o) Ox$ naclr Oxyden.

1 ) Pyrolusit nach Manganit, 2) Hausmnnnit nach Manganit. Pyrolusi t ’ entsteht lipufig zugleich init Brauneisen-

stein aus der Verwitterring des Spatlieisensteines durch clektro-negativen Fortschritt. Er zeigt geringere Affini- tat zuin Wasser als der letztere, daher kann’auch in den oben benannten Pseudomorphosen ein vollkoinlnen analoger Fortschritt stattfinden, obwohl der Kbrper ent- wzssert wird.

Page 21: Ueber die Pseudomorphosen und ihre anogene und katogene Bildung

181

6) Oxyde oacli Salzeu.

1 ) Kotheiseiistein nach Wiirfelerz. Bei der Bildung vou Rotheisenstciii iiberliaupt neli-

men wir billig ohne Fehler eine hiilierc Temperatur als jene an, bei welchcr sich durch Hydro - Oxydation ebcn- falls elektro -negativ Brauneisenstein gebildet Iiatte.

Diese, so wie der nlchste Fall, Quarz nacli Gyps, schlieken sich vollstaiidig au die vorliergelieiide Abthei- lung an.

c) SSuren nach Salzm.

1) Q u a n nach Gyps.

3) Gewirscrte .

u ) Oxyde noch Sulfurelm.

1 ) Giithit und Brauneisenstein nach Schwefelkies, 2) Brauueiseiistein nach Strahlkies, 3) Brauneisenstein uach Bleiglanz, 4 ) Antimonocher nacb Antifnonglanz, 5 ) KupferschwBrze nach Kupfcrglanz, 6 ) Kupfcrpechcrz nach Kupferkies.

1) Eisenvitriol nach Eisenkics, 2) Kobaltbluthe nach Speikkobalt, 3) Malachit mit Brauneisehstcin nach Kuphkies, 4 ) Kieselziuk nacli Bleiglanz.

1) Brauneiseustein' nach Eisenglanz, 2) Brauneisenstein uach Rothkupferen, 3) Brauneisenstein nach Flufs, 4 ) Psilouielan nach Flufs.

b ) Salze nich Sulfureten, Arsenicten u. s. w.

c) Oxyde nacli Oxyden, Fluoriden u. a, w.

d ) Salze nach Oxyden, Eluoridcu U. a. w.

1) Malachit nach Rothkupferen, 2) Kupferlasur nach Rothkupfererz, 3) Steinmark nach Flufs.

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182 e) Oryde nach Salzen.

1 ) Brauneisenstein nach Spatheisenstein, - - Ankerit, - - Kalkspath, - - Bitterspath,

- - Pyromorphit,

- - Skorodit, - - Wiirfelerz,

2) 3) 4) 5) 6 ) 'i) 8 ) 9)

- Weifsbleien,

- Baryt,

10) Manganit nach Kalkspath, 11) Psilolnelan nach Baryt, 12) Psilolnelan nach Wurfelen. Bei alleii diescn Fsllcn ist wohl der elektro-nega-

tive Fortscliritt augenscheinlich und unzweifelhaft, nzm- licli bei dcr Bildung von gewzsserten Oxyden und Sal- zen nach Sulfureten, nach Oxyden, Fluoriden wid was- serlosen Salzen.

j ) Sake nach Salzen.

I ) Gyps nach Anhydrit. Diesc in geognostischer Beziehung wichtige Thatsa-

clle, die Entstehung von Gyps an der Oberflsche vou Anhydritmasscn, gehiirt offenbar hierher, es ist eine ano- gene Bildung.

2) Malachit nach Kupferlasur, 3 ) Malachit nach Kalkspath, 4) Malachit nach Weifsbleierz, 5 ) Chrysokolla nach Weifshleierz, 6 ) Kieselziok nach Kalkspath, 7 ) Kieselzink nach Bitterspath, 8) Meerschaum nach Kalkspath. Die Malachitbildung nach verschiedenen Carbonaten,

die Silicate nach Carbonaten beurkunden die elektro- negative Bildungsrichtung.

9) Kieselzink nach Pyromorphit, 10) Pseudotriplit nacli Triphylin.

Page 23: Ueber die Pseudomorphosen und ihre anogene und katogene Bildung

183 Ein phosphorsaures Lithion verschwindet, urn eiueui

11 ) Cimolit nach Augit. Bei den Silicaten fehlt oft ein bestimmter Anhalts-

punkt. I)er von R a m m e l s b e r g aialysirte Cimolit nach Augit von Bilin, zusammengehalten nit einein Augit aus dem Rhirngebirge von K u d e r n a tscli analgsirt, nicht mit dein Augit von dein gleichen Fundorte, der nicht analy- sirt ist, zeigt anstatt der elektro -1)ositiven Bascn, Magne- sia , Kalkerde 'und Eisenoxydul , welclie verscliwandcn, Alaunerde und Wasser. Auch Dr. R e u s s ' Beobachtung eines Oxydationsprocesses in den begleitenden Gesteinen spricht fur die anogene Bildung.

neuen Antheil Oxygen und Wasser Platz zu machen.

12) Serpentin nach hugit, 13) Serpentin iiach Amphibol, 14) Serpentin uach Chrysolith. Die Bildung von Serpentin in Augit und Ampbibol-

formen dcutet auf eine chemische Verlnderung in elektro- negativer Riclitung, durch Verlust von Kalkerde, Auf- nahlne von Magnesia und Wasser; (loch bleibt niclit ganz fest, ob er niclit eiu positiver Ruckstand eines, elektro- negativen Processes sey , dessen lnclir negatives' Er- ganzungsproduct sicli jedoch nachwcisen lassen miifsic. Diefs durfte jedoch mehr der Fall mit dem vielbespro- chenen Serpentin nach Chrysolith seyn, obwolil er hicr mit aufgefiihrt ist, da z. B. der von Snaruin von kry- stallinischem Doloinit, einem unzweifelhaft katogenen Kirr- per, begleitet ist.

g) Siiuren nach SJrcn.

1) Opal nach Kalkspath, 2) Opal (Kieselhydrat) nach Augit. Diese Bildungen sind wohl unbezweifelbar von ail0 ~

geier Natur, der Oxydation analog. (Sehlols i m niclistcn Heft.)